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ETHNOCINECA.AT
20 16 17. – 22. MAI PRESSE
1 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
INHALT Willkommen Seite 3 Über das Festival
Seite 4
10 Jahre ETHNOCINECA
Seite 5
Programmstruktur Seite 6 Awards 2016
Seite 7
Eröffnung I ETHNOCINECA 2016
Seite 11
Eröffnungsfilm I FEST OF DUTY Seite 12 Interview I FIROUZEH KHOSROVANI
Seite 13
Anwesende FilmemacherInnen und JurorInnen
Seite 14
Ausgewählte Pogrammeinblicke
Seite 15
Rahmenprogramm
Seite 20
ALLE FILME 2016 I Überblick
Seite 22
Über uns I Team
Seite 24
Kontakt I Presse I Tickets I Kino
Seite 25
Sponsoren Seite 26
2 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
WILLKOMMEN Vom 17. bis 22. Mai verwandelt die ethnocineca Wien in ein Zentrum des dokumentarischen Films! Anlässlich des 10-jährigen Bestehens des internationalen Dokumentarfilmfestivals erwaret das Publikum und die Fachwelt zahlreiche Überraschungen, internationale Gäste und spannende Neuigkeiten! So vielfältig wie die Menschen und ihre Lebensentwürfe, so divers gestaltet sich das Genre des Dokumentarfilms. Auch dieses Jahr erlauben 61 Filme und ein umfangreiches Rahmen- und Vermittlungsprogramm eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit den drängenden Themen unserer Zeit und bringen uns gleichzeitig jenen „vergessenen“ Orten und Schicksalen näher, die im schnelllebigen Alltagsgeschehen oft untergehen und in der gegenwärtigen Medienwelt kaum Platz finden. Ein Festival, das für den Dokumentarfilm begeistert!
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ETHNOCINECA 2016
ÜBER DAS FESTIVAL Die ethnocineca ist ein Publikumsfestival, das sich dem Austausch und dem Erleben gewidmet hat. Mit dem Mut zur Andersartigkeit, zum genauen Hinsehen und sich Zeit nehmen, macht das Filmfestival Wien um einen Ort des Dialogs reicher: Rund 3500 BesucherInnen und zahlreiche internationale Gäste aus Film, Kunst und Wissenschaft bestätigten im Jahr 2015 wieder einmal den Erfolg des Filmfestivals. Welt- und Österreichpremieren schmücken das Filmprogramm der ethnocineca mit 61 Filmen. Drei neue Wettbewerbskategorien und die Auszeichnung für NachwuchsfilmemacherInnen sorgen neben dem Hauptprogramm, in dem alle Filme außer Konkurrenz laufen, für einen gelungenen Rundumblick in das breite Spektrum des Dokumentarfilmschaffens. In allen drei Wettbewerben, IDA – International Documentary Award, EVA – Excellence in Visual Anthropology, ADA Austrian Documentary Award und ESSA – Ethnographic Students Shorts Award, werden inspiriert durch den Ursprung des Festivals im ethnographischen Film, existenzielle Bereiche des Lebens behandelt: Fragen der Identität und der Zugehörigkeit, der Religion, soziale Dynamiken wie Migration, des Aufwachsens und der Kognition sowie der Bedeutung von Umwelteinflüssen nähern sich die Filme auf ganz unterschiedliche Weise. In der Jury der diesjährigen Awards sind mit Grit Lemke (Programm DOK Leipzig), Barbara Pichler (Leitung Diagonale bis 2015, GKB Film Produktion seit 2016) und Jakob Brossmann (österreichischer Filmpreis bester Dokumentarfilm 2015), bedeutsame Persönlichkeiten aus der nationalen wie internationalen Filmbranche vertreten.
Ebenso bereichern Susi Anderle (Filmladen Filmverleih, freie Journalistin und Kulturvermittlerin), Doris Bauer (Mitbegründerin und Sprecherin FÖFF, Freie Kuratorin u.a. VIS, 2008-2013 Leitung Espresso Kurzfilmfest) und Fritz Ofner (Österreichischer Filmemacher) die Jury mit ihrem langjährigen Fachwissen. Aber auch KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen sind für die ethnocineca ein prägsamer Bestandteil. Wir freuen uns, das wir Andrew Irving (Director Granada Centre of visual Anthropology), Chris Wright (Goldsmith University London) und Ulrike Davis Sulikowski (Universität Wien) ebenfalls für die diesjährige Aufgaben der Jury gewinnen konnten. Das abwechslungsreiche Rahmen- und Vermittlungsprogramm der Jubiläumsausgabe, unter anderem mit Diskussionen, Workshops, Masterclasses und dem innovativen „Filmwork-Slam“ ist in einer eigenen Location im Volkskundemuseum Wien beheimatet. Auf diese Weise spannt das Festival einen inhaltlich Bogen von den Ursprüngen des Festivals, dem ethnographischen Film und seinen Wurzeln in der Wissenschaft, bis hin zu aktuellen Entwicklungen im Dokumentarfilmschaffen. Vieles ist im Wandel begriffen, Bewährtes bleibt erhalten – das ist die gelungene Mischung für Österreichs einzigartiges Dokumentarfilmfestival. Zum zehnjährigen Jubiläum wird das Filmprogramm auf sechs Tage erweitert, das Rahmenprogramm um zahlreiche Veranstaltungen ergänzt. Wir freuen uns, gemeinsam mit mehr internationalen Gästen aus Film, Kunst und Wissenschaft denn je, zu diskutieren und zu feiern. Die Vernetzung zu zahlreichen lokalen wie internationalen wissenschaftlichen Einrichtungen sorgt darüber hinaus für spannende Diskussionen über die sozialpolitische Macht des Dokumentarfilms sowie über die schwierigen Fragen der Repräsentation und der Instrumentalisierung von Bildern.
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ETHNOCINECA 2016
10 JAHRE ETHNOCINECA Voll Freude auf das was vor uns liegt, blickt das Dokumentarfilmfestival mit der diesjährigen Ausgabe gleichsam dankbar und stolz auf 10 Jahre Festivalgeschichte zurück. Was als Werkschau für den ethnographischen Film im Institut für Kultur- und Sozialanthropologie begann, gestaltet sich heute als eine international vernetzte Plattform für den Facettenreichtum des Dokumentarfilms. Die ethnocineca zählte in den vergangen Jahren neben dem RAI, dem Jean-Rouch Filmfestival, dem GIEFF und ASTRA zu den wichtigsten ethnographischen Filmfestivals Europas. Obwohl sehr beliebt und gut besucht, bedienen diese Festivals vorwiegend ein Nischenpublikum, das sich bewusst mit dem ethnographischen Film auseinandersetzt und dem die Debatten darüber vertraut sind. In der Praxis allerdings hat sich zunehmend gezeigt, dass sich der ethnographische Film der Frage seiner Definition, insbesondere in Hinblick auf das Genre des weitaus populäreren Dokumentarfilms, immer wieder auf‘s Neue stellen muss. Im geschichtlichen Kontext macht die Abgrenzung des Genres durchaus Sinn, da es sich oft um Filme handelte, die im Rahmen von Feldforschungen entstanden sind, oftmals von ungeschulten Kameramännern und –frauen gedreht wurden und in erster Linie die Kommunikation wissenschaftlicher Inhalte zum Ziel hatte. Doch auch in diesen Anfängen gab es bereits heftige Debatten um die Definition des ethnographischen Films, besonders wenn es um die Frage ging, wie viel „Inszenierung“ sein darf. Obwohl sich das Genre von diesen Anfängen maßgeblich emanzipiert hat und heute als eigenständige und experimentierfreudige Kunstform gilt, haftet dem ethnographischen Film der Staub vergangener Zeiten hartnäckig an.
Zahlreiche (Neu-)Entdeckungen des gegenwärtigen ethnographischen Films, wie etwa die Werke aus dem sensory ethnography lab (SEL) in Harvard, haben es mühelos und ohne Rechtfertigungsdruck in das Programm großer Dokumentarfilmfestivals geschafft und wurden dort gefeiert. Methoden wie die Reflexion im Film durch eine Metaebene der Interviews und der Sichtung des Materials mit den ProtagonistInnen beispielsweise, wurden nicht zuletzt durch Joshua Oppenheimers Oscar-würdiges Werk „The Act of Killing“ salonfähig, und Filme die sich der Sprache fast zur Gänze entziehen („My name is salt“ von Farida Pacha), ebenso wie jene, die auf jahrelanger Begleitung und Beobachtung aufbauen (wie letztes Jahr beispielsweise der gefeierte „Über die Jahre“ von Nikolaus Geyrhalter) sind keine Seltenheit mehr. Auf Grund dieser Entwicklungen hat sich die ethnocineca dazu entschieden, das „ethnographic“ im Titel wegfallen zu lassen, und das dokumentarische in den Vordergrund zu stellen. In der Filmauswahl – unter anderem in den neu eingeführten Awards – spiegelt sich allerdings weiterhin die Vielfalt wieder und der ethnographische Film ist dem Festival als Herzstück und besonderer Fokus erhalten geblieben.
Muss man den ethnographischen Film heute also aus dem breiten Pool an Dokumentarfilmschaffen herausnehmen und eigenständig behandeln, oder ist es nicht, auch im Sinne der Wirkung und Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit sinnvoller, von dem Dokumentarfilm an sich zu sprechen?
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ETHNOCINECA 2016
PROGRAMMSTRUKTUR Anlässlich des Jubiläums und mit der neuen programmatischen Öffnung lässt die ethnocineca das breite Spektrum des Dokumentarfilms erahnen und spannt einen Bogen von den Ursprüngen des Festivals, dem ethnographischen Film im Kontext der Wissenschaft – hin zu einem Verständnis von Dokumentarfilm, welches das Genre als eine sich stets im Wandel befindliche Kunstform begreift. Der Call for films gestaltet sich nach wie vor offen. Es erreichten uns dieses Jahr über 380 Filme aus insgesamt 31 Ländern. Die Kuration des Programms übernahmen dieses Jahr Martin Lintner und Sophie Wagner (EVA), Marie-Christine Hartig und Elena Staroste (IDA), Marieluise Röttger, Nóra Soponyai und Simone Traunmüller (ESSA). Allen Filmen im Programm der ethnocineca liegt seit jeher – und somit auch heuer – das Thema Mensch in seiner ganzen Komplexität zu Grunde. Mit unserer Programmauswahl und den neuen Wettbewerben verfolgen wir den Wunsch, durch das Kinoerlebnis und die Diskussionen mit den KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen die Auseinandersetzung und das Kennenlernen mit den Themen unserer Zeit zu fördern und den Filmen auf diese Weise eine ihnen gebührende Öffentlichkeit zu schenken.
Das geschieht einerseits durch die Filmauswahl und die neu eingerichteten Wettbewerbe (siehe Seite 7), andererseits durch ein maßgeschneidertes Rahmenprogramm. Angefangen bei einer Keynote Speech der Sozialanthropologin Shalini Randeria (unter anderem Rektorin des Instituts für die Wissenschaft vom Menschen (IWM) in Wien), über die diesjährige Podiumsdiskussion zum ethnographischen Film und seiner Öffentlichkeit bis hin zu philosophisch-künstlerischen Interventionen im Sinne der angewandten Anthropologie von Andrew Irving (University of Manchester, Department for Visual Anthropology). Über die Filme hinaus sind es unter anderem diese Beiträge, die sich der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft, Fachpublikum und Öffentlichkeit widmen. Dabei wird die ethnologische Wissensproduktion ebenso hinterfragt wie die sozialpolitische Relevanz des Filmschaffens an sich. In Kooperation mit dem Technischen Museum begeben wir uns außerdem auf Spurensuche und durchforsten gemeinsam mit ExpertInnen das breit angelegte Archiv des Wissenschaftlichen Films in der Mediathek. Wir widmen uns aber auch der Praxis des rezenten Filmschaffens, wie beispielsweise in den Masterclasses mit Jakob Brossmann oder der legendären Filmprojektwerkstatt und dem innovativen „Filmwork-Slams“. Hier laden wir das Publikum dazu ein, den persönlichen Anekdoten der FilmemacherInnen zu lauschen, die von Schwierigkeiten, Hoppalas und Missverständnissen in der Produktion und beim Dreh berichten. Mehr dazu und den weiteren Programmpunkten finden Sie in der Rubrik Rahmenprogramm auf Seite 20.
STAT EM EN T ARASH T. RIAHI Filmemacher, golden girls Filmproduction, Kurator der ETHNOCINECA 2015 „Es ist bereichernd Filme zu sehen, die weder dem Mainstream des TV Narrativs mit ihrer hochglanz-erprobten Dramaturgie entsprechen, noch dieser anderen Mainstream-Logik folgen – nämlich der, einen „hardcore-Kunstanspruch“ verfolgen zu müssen. Es sind Filme, die nicht dem Ruf nach größtmöglicher Medienwirksamkeit großer Filmfestivals um jeden Preis gehorchen wollen, sondern solche, die ehrlich, lebendig und unaufdringlich von Lebenswelten erzählen, deren Bereisen sich lohnt.“
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ETHNOCINECA 2016
AWARDS 2016 Drei neue Awards erweitern das Festivalpaket dieses Jahr erstmals um die Möglichkeit, den diversen Ausdrucksformen im Dokumentarfilm Aufmerksamkeit zu verleihen. Sie machen die Vielfalt des Dokumentarfilms in ihrer Gesamtheit sichtbar, gestalten sie übersichtlich für das Publikum und fördern letztendlich die KünstlerInnen durch je € 1000,und verstärkte Aufmerksamkeit.
Im internationalen Dokumentarfilm Award der ethnocineca sind jene Dokumentarfilme vertreten die ein Eintauchen in die Diversität einer vielfältigen und sich stets im Wandel befindlichen Kunstform ermöglichen. Es ist eine große Bandbreite an Werken verschiedenster Techniken, Stilarten und Stimmen, die nicht den Anspruch haben von einer ‚Wahrheit‘ zu berichten, sondern vielmehr von der Realität ausgehen. Wie sie verarbeitet und erzählt wird ist höchst subjektiv. Es sind Kunstwerke die Gegenentwürfe anbieten, andere Sichtweisen und Blickwinkel aufmachen und nicht zuletzt auch jene Fragen stellen, die in einer kritischen Gesellschaft auch gestellt werden müssen. Ein Film wird zu einem Kunstwerk und wächst über seinen dokumentierenden Charakter hinaus, wenn er es schafft, über die Information an der Oberfläche hinaus zu gehen, so dass der Betrachter sich zu der vor ihm entfaltenden Welt in Beziehung setzen kann und in diesem Austausch etwas Neues, Drittes entsteht. Mit dem Award wollen wir den Filmen eine verstärkte Aufmerksamkeit ermöglichen, aber auch eine differenzierte Wahrnehmung für die vielseitigen Kreativleistungen des Dokumentarfilms schaffen. Kuration: Marie-Christine Hartig und Elena Staroste Gestiftet vom Weltmuseum Wien. Die Jury: Jakob Brossmann (Filmemacher & Gewinner Österreichischer Filmpreis für den besten Dokumentarfilm 2015), Andrew Irving (Direktor des Granada Centre for Visual Anthropology, Universität Manchester) und Barbara Pichler (Kuratorin, Autorin & Lektorin; bis 2015 Intendantin der Diagonale. Festival des österreichischen Films, seit 2016 GKB Film Produktion).
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AWARDS 2016
EVA trägt der Vielfalt des ethnographischen Films Rechnung und honoriert herausragende Werke, die zu einem progressiven Verständnis der Visuellen Anthropologie beitragen. Er kürt somit jenes Genre, dem sich das Festival seit Anbeginn gewidmet hat. Dieser Award soll den Blick des Publikums auf die besonderen Qualitäten ethnographisch-dokumentarischen Arbeiten lenken. Filme, die im Hinblick auf anthropologische Ideen und Gestaltungsweisen produziert wurden, die fremde Lebensrealitäten aus sich heraus erfahrbar und nachvollziehbar machen und einen weniger konstruierten Blick von außen einnehmen, fallen unter diese Kategorie. Ebenso kennzeichnet diese Werke oft, aber nicht immer, eine Produktionsökonomie, die sich durch ein geringes Budget und den damit verbundenen, geringen finanziellen Erfolgsdruck auszeichnet. Dieser Umstand ist in vielerlei Hinsicht ein Hindernis, erlaubt aber gleichzeitig die Freiheit, sich nicht an narrativen Erzählkonventionen orientieren zu müssen. Es wurden nicht ausschließlich Arbeiten von anthropologisch geschulten FilmemacherInnen für den Award ausgewählt, sondern bewusst auch Filme von Nicht-AnthropologInnen, welche aber auf Grund ihrer Herangehens- und Gestaltungsweise einen bereichernden Beitrag für den innerfachlichen Diskurs dastellen. EVA stellt somit in erster Linie ein Experiment dar, um die Ideen der Visuellen Anthropologie etwas distinktiver von den Methoden des Dokumentarfilms allgemein zu betrachten und so einer größeren Öffentlichkeit zugänglicher und verständlicher zu machen. In zweiter Linie geht es um das Voranbringen des innerwissenschaftlichen Diskurses im Sinne eines öffentlichkeitswirksamen Austausches zwischen anthropologischem Verständnis und dokumentarfilmischen Prinzipien.
Kuration: Martin Lintner und Sophie Wagner Gestiftet vom Institut für Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien. Die Jury: Ulrike Davis-Sulikowski (Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien), Grit Lemke (Leiterin des Filmprogramms DOK Leipzig) und Christopher Wright (Goldsmiths University London) die Köpfe zusammen.
ULRIKE DAVIS-SULIKOWSKI Kultur - und Sozialanthropologin, Kuratorin der ETHNOCINECA 2015
S TAT E M E N T
„Ich liebe Film, jede Art Film, doch ganz besonders liebe ich den dokumentarischen Film und da immer wieder am meisten die Blickvektoren der Anthropologie. Die wollen und müssen sich nicht um visuelle Standards, kommerzielle Formate, etablierte Rezeptionsgewohnheiten oder zeitgeistige thematische Moden kümmern, sondern können sich auf die Menschen und Lebenswelten, von und mit denen sie erzählen, konzentrieren. Dabei werden ständig verschiedenste Grenzen überschritten, durchlässig oder wenigstens sichtbar gemacht. Genau das gefällt mir so sehr am anthropologischen Kino, beziehungsweise dem Filmschauen und Filmzeigen wie es das ETHNOCINECA Team praktiziert – alles steht zur Debatte.“
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AWARDS 2016
Der Austrian Documentary Award trägt der dieses Jahr erstmals ausdrücklich zur Stärkung und Förderung der österreichischen Dokumentarfilmszene bei. ADA gestaltet sich als programmübergreifender Überraschungswettbewerb, der aus allen Einreichungen, die im Programm der Ethnocineca 2016 laufen und deren RegisseurInnen ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben, den besten kürt. Seit Jahren zieren internationale Weltprämieren das Programm der Ethnocineca, das bisher Filmschaffende aus aller Welt nach Wien lockten. Mit dem ADA soll nun vor allem der Austausch mit der heimischen Szene angekurbelt, lokale Filmschaffende gewürdigt und langfristig dadurch die österreichische Dokumentarfilmproduktion angeregt werden.
Gestiftet von F&MA, dem Fachverband der Film und Musikwirtschaft. Die Jury: Susi Anderle (Filmladen Filmverleih), Doris Bauer (Mitbegründerin und Sprecherin des Forums der Österreichischen Filmfestivals, 2008-2013 Leiterin Espresso Kurzfilmfest) und Fritz Ofner (Österreichischer Filmemacher)
STATEM ENT S DR. ANDREW IRVING Director, The Granada Centre for Visual Anthropology, University of Manchester „Ethnocineca has rapidly become one of the most interesting and vital forums for Visual Anthropology in Europe and also created an important space for more innovative and experimental forms. It has been key to introducing anthropological films on many subjects to academics, anthropologists and the wider public, and as importantly inspires those interested in film and anthropology by running film-making, editing and media workshops to enable students and others to make films themselves. It is this spirit of openness and collaboration that makes it unique.“
DR. CHRISTOPHER WRIGHT Senior Lecturer, Visual Anthropology, Goldsmiths „The ethnocineca film festival continues to bring together an exciting and eclectic mix of films that always creatively challenge the term ‘ethnographic film’ in productive new ways. The films range from lengthy professional-looking productions that have small teams of people involved, to short films made by lone postgraduate students; from highly collaborative work to films with clearer directorial control; and from the broadly cinematic to more experimental work. The anthropologist and filmmaker Hugh Brody complained about what he called ‘the reverse alchemy of anthropology’ – how it turns the gold of ethnographic encounters into the lead of anthropological writing. But in its commitment to keep asking new questions about the use of audiovisual material in ethnographic encounters, this festival clearly demonstrates how ethnography is a vital and powerful creative force within the current documentary renaissance.“
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AWARDS 2016
Mit dem ethnocineca Students Shorts Award (ESSA) werden heuer bereits zum dritten Mal junge Filmtalente unterstützt und gefördert. Das Festival legt mit dem Wettbewerb für studentische Abschlussarbeiten und Erstlingswerke auch einen Schwerpunkt auf junges Dokumentarfilmschaffen und fördert den Austausch und die Vernetzung junger internationaler FilmemacherInnen, indem das Publikum als Jury den Gewinnerfilm kürt. Das Besondere an der jungen Filmszene ist, dass mehr Raum und Ansporn zum Ausprobieren gegeben ist, wodurch sich inhatlich wie filmisch mutige Zugänge zu Themen ergeben. Entsprechend legt das diesjährige Kuratorinnenteam sowohl Wert auf fundierte und gut recherchierte Inhalte, als auch auf Herangehensweisen an Themen, die neue, innovative und teils experimentelle Erzähl- und Sichtweisen erlauben. Aus den 107 ESSA-Einreichungen 2016 wurde ein Programm zusammengestellt, das die Vielfalt des jungen und studentischen Dokumentarfilms widerspiegelt. So sind die 12 ausgewählten Filme nicht nur thematisch und regional verschieden, sondern verweisen auch auf neue technische Ansätze und Spielereien im Filmschaffen – daher sind künstlerische Filmexperimente oder anthropologische Filme genauso vertreten wie klassische Dokumentarfilmumsetzungen. Inhaltlich decken die ausgewählten Filme aktuelle (und wiederkehrende) Themen wie Flucht und Migration, Zugehörigkeit und Identität ab, thematisieren aber auch Geschehnisse, die medial bereits fast in Vergessenheit geraten sind.
Kuration: Marieluise Röttger, Simone Traunmüller, Nóra Soponyai Gestiftet von OKTO TV Die Jury: Publikumsaward
STAT EM EN T
GRIT LEMKE Head of Filmprogramm, DOK Leipzig „Ethnocineca überzeugt durch eine Auswahl von Filmen, die höchsten künstlerischen Ansprüchen gerecht wird und dabei zugleich mit politisch wachem Blick Diskurse aufnimmt und erweitert. Das Anliegen der Ethnographie, fremde Kulturen zu beschreiben und verstehen zu wollen, wird hier mit Spaß neu definiert und die Macht der Repräsentation selbst in Frage gestellt. Eine Bereicherung für die internationale Festivallandschaft wie für das Wiener Kulturleben.“
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ETHNOCINECA 2016
ERÖFFNUNG DER ETHNOCINECA 2016 Was ist die zeitgenössische Relevanz und kritische Funktion einer Wissenschaft wie der Anthropologie, in Zeiten, in denen sich AnthropologInnen um Positionen als WeltraumjournalistInnen und AktivistInnen drängeln? Die traditionelle Keynote Speech am Eröffnungsabend dieses Jahres hält die Sozialanthropologin Shalini Randeria. Sie ist derzeit neben ihrer Tätigkeit als Professorin für Ethnologie und Soziologie am Graduate Institute in Genf auch Rektorin des Instituts für die Wissenschaft vom Menschen (IWM) in Wien. Indem sie in ihrer Rede die Besonderheiten und die Anwendbarkeit der ethnologischen Wissensproduktion an sich ins Zentrum der Debatte stellt, knüpfen wir an die Ursprünge des Festivals und den wissenschaftlichen Kontext an, aus dem es entsprungen ist. Randeria skizziert wichtige Veränderungen in der Praxis der Disziplin, sowohl im Hinblick auf die Objekte anthropologischer Studien, als auch auf die dazugehörigen Forschungsmethoden und das vielfältige Publikum, an das anthropologisches Wissen heute adressiert wird. An diese Fragestellungen knüpft auch die diesjährige Podiumsdiskussion am zweiten Tag des Festivals an (mehr dazu siehe Seite 20).
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ETHNOCINECA 2016
ERÖFFNUNGSFILM
FEST OF DUTY
Dienstag, 17. Mai 2016, großer Saal: 20:30, und Votiv 3: 21:00,
Der Eröffnungsfilm Fest of Duty der Iranerin Firouzeh Khosrovani adressiert die Komplexität von Religion anhand der unterschiedlichen Auffassungen zweier junger Mädchen, die im Laufe ihres Heranwachsens gegensätzliche Umgangsformen mit ihrer Religion entwickeln. Als Kinder nehmen sie beide am so genannten „fest of duty“ teil, eine klassische „rite de passage“ im Iran, die Feier des Übergangs vom Kind-sein zur erwachsenen Frau. Hier lernen sie, wie sie sich als verantwortungsvolle Mitglieder ihrer Gesellschaft zu verhalten haben. Doch einige Jahre später sieht die Realität der beiden Cousinen bereits anders aus. Zwischen familiären Verpflichtungen, Tradition, jugendlichen Träumen und gesellschaftlicher Normen loten die beiden ihren persönlichen Weg aus, Testen Grenzen, diskutieren mit Gott und Freundinnen und erlauben den ZuseherInnen spannende Einblicke in das Leben in Teheran. Ein Film, der durch die Nähe zu den beiden Protagonistinnen besticht und einige die vielen, hierzulande oft unbekannten Facetten des Lebens und Umgangs mit dem Islam aufzeigt. Ein wichtiger Beitrag in Zeiten der Reduktion, der Vereinfachungen, der Pauschalisierungen und Dominanz der Stereotype, der die Möglichkeiten und Grenzen des individuellen Handeln herausstreicht. Was ist freier Wille, wo ziehen wir die Linie zwischen persönlichem Glück und gesellschaftlicher Verantwortung und wie viel Freiheit verträgt Religion?
Firouzeh Khosrovani In Teheran geboren, zog die junge Iranerin für ihr künstlerisches Studium an der Accademia di Belle Arti di Brera nach Italien. 2002 ging sie für einen Master in Journalismus in ihre Heimatland zurück. Seither hat sie für zahlreiche italienische Zeitschriften und Magazine gearbeitet. Ihr Debüt als Filmemacherin feierte sie 2014 mit Life Train, eine Dokumentation über die Spieltherapie für die, nach einem zerstörerischen Erdbeben traumatisierten, Kinder aus Bam. Für Rough Cut, ein Film über entstellte Plastik-Mannequins in den Auslagen von Shops in Teheran, bei dem sie 2007 Regie führte, erhielt sie dreizehn Auszeichnungen von internationalen Dokumentarfilm Festivals. 2008 folgte Cutting Off, eine Installation und Videokunst für die Triennale di Milano. 1001 Iran (2010) ist ein Dokumentarfilm über den Iran, wie er vom Rest der Welt gesehen wird. 2011 arbeitete sie gemeinsam mit RegiseurInnen aus drei Kontinenten an einer spanischen Produktion über das Konzept von Schönheit und die physische Erscheinung von Frauen, genannt Espelho Meu, mit dem sie den Best National Documentary Award bei der Documenta Madrid erhielt. Daraufhin führte sie Regie bei Iran, Unveiled and Veiled Again, produziert vom Istituto Luce, Cinecittà, in Rom. 2014 nahm sie an einem kollaborativen Projekt namens Profession: Documentarist teil, ein Film in sieben Episoden von sieben weiblichen, iranischen Filmschaffenden. Fest of Duty ist ihr bisher letztes Werk.
12 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
Interview with Firouzeh Khosrovani
FEST OF DUTY What came first, in the making of this film: the girls or the complex, underlying story behind the film? The mechanism to introduce the Islamic duties and values through the “Fest of Duty” ceremony attracted me first. How they teach little girls their religious duties as a Moslem adult woman. In my opinion, it is really early for a nine-year-old girl to cover her body, do praying, fasting during Ramadan etc. I found the school performances, which are designed to give a warning that even immature bodies could provoke sin, very interesting! As well as the idea, that respecting the Hijab might prevent it. Did you first know the girls and then developed the idea to follow them over the years, or did you intentionally look for a way to talk about the complexity of religion, the power of tradition and the struggles with independence and individuality? Yes, I knew the girls. I’ve met more girls at the age-of-duty (coming of age) in 2005 when I did the first shooting. Then, eight years later, when I got back to them, I did a casting among them to choose the best representative of two different poles of Iranian society. I was very concerned to select the characters from religious and non-religious families from the equal socio-economical class and cultural backgrounds. I absolutely didn’t want to create judgments a priori. I wanted to focus on these two ideologies and life styles, which are functioning in their own spheres.
The proximity, intimacy and closeness of you, the filmmaker, to the protagonists is characteristic for “Fest of Duty”. How close were you to the two girls during and between the two shootings? I got closer to them especially before the second shootings, when they were fifteen. It was very sensitive and a delicate age of puberty. I’ve preferred to be present in their lives and thoughts without camera for six months. They indeed made me feel welcome in their personal and family life. Plus they are both lovely, we have close friendships now. How did the young women perceive the film and how did their environment react? They found it, fair, subtle and well balanced, without any judgments. Are there autobiographic elements to the story you tell? Sure, some how it is autobiographic as well. I’ve received the same Islamic teachings at school. Even though the Fest of Duty ceremony has not been invented at that point. This ceremony became commonplace a few years later, after the Islamic Revolution of 1979 in Iran.
Where do you live at the moment and what do you think of the portrayal of Iran in western media and how is it linked with an image of the Islam? I live in Iran. From when I was studying in Italy until today I often travelled in and through Europe. I always notice the controversial image of Iran in western media. It is difficult to portray this complex and ambiguous reality. And it is easy to produce negative images to condemn the system and its authorities. But in my opinion foreign press does not fully consider the different fascinating aspects of Iranian society. The hijab is still a “hot topic” in European countries – some whish to ban it completely from the public space, while others think women should be “free to chose” – if that is an option at all. What is your view on this? I am for “free to chose”. I completely respect it when it is a personal and autonomous choice. I am against the imposition of Hijab. What are you currently working on? My new film is a personal account of my family‘s turbulent experiences with westernization and Islam. Starting from a time when the Shah actively promoted a western lifestyle to the Islamic Revolution, to the austerity of the Iran-Iraq war – all under one roof in a house in Tehran.
13 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
ANWESENDE FILMEMACHER/INNEN Harald Aue (Varanasi – City of Light) 17. - 22. Mai
Pablo Tosco (District Zero) ca. 20. - 21. / 22. Mai
Efrat Berger (Gezoindelach) 17. - 21. Mai
Sofie Husum Johannesen, Amalie Vilslev Juelsgaard (Exchanging Experiments) 17. - 22. Mai
Jessica Bollag (I’m not leaving Eldon) 17. - 22. Mai Ascan Breuer (Riding my Tiger) 17. - 22. Mai Jakob Brossmann (Lampedusa im Winter) 17. - 22. Mai Chris Caliman, Kim Münster (Coming and Going) 17. - 22. Mai Ro Caminal (Moi, un Noir. Reloaded.) 17. - 22. Mai Benjamin Colaux, Christopher Yates (Reveka) 17. - 22. Mai Emiliano Dante (Habitat – Personal Notes) 17. - 22. Mai Jordi Esteva (Socotra, the Island of Djinns) 19. - 22. Mai Johannes Grenzfurthner (Traceroute) 17. - 22. Mai
Firouzeh Khosrovani (Fest of Duty) 17. - 22. Mai Lisbeth Kovacic (Minor Border) 17. - 22. Mai Miki Polonski (1 Building 40 People Dancing) 20. - 23. Mai Jana Richter (Traces of War) 18. - 19. Mai Gisela Carbajal Rodríguez, Konstantin Steinbichler (La Bestia) 19. - 20. Mai Alexey Sukhovey (Gäste) 17. - 22. Mai Bernhard Wenger (Gleichgewicht) ca. 17. - 22. Mai Valerie Wolf Gang (Distant Memory) 19. - 20. Mai
ANWESENDE JURORINNEN Susi Anderle (Freie Journalistin, Kunstvermittlerin & Jurorin ethnocineca 2016) 17. - 22. Mai Doris Bauer (FÖFF & Jurorin ethnocineca 2016) 17. - 22. Mai Jakob Brossmann (Filmemacher & Juror ethnocineca 2016) 17. - 22. Mai
Fritz Ofner (Filmemacher & Juror ethnocineca 2016) 17. - 22. Mai Barbara Pichler (GKB Film Produktion und Jurorin ethnocineca 2016) 17. - 22. Mai Chris Wirght (Goldsimths University London & Juror ethnocineca 2016) 17. - 19.Mai
Andrew Irving (University of Manchester & Juror ethnocineca 2016) 17. - 22. Mai
14 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
AUSGEWÄHLTE PROGRAMMEINBLICKE Im International Documentary Award, IDA ist eine große Bandbreite an Techniken, Stilarten und Stimmen des Dokumentarfilms vertreten. Dies ermöglicht ein Eintauchen und eine Auseinandersetzung mit der Diversität einer vielfältigen und sich stets im Wandel befindlichen Kunstform. Im Folgenden bekommen Sie einen Einblick in die acht Filme des diesjährigen Wettbewerbs.
Magisch erscheint die Welt der Minenarbeiter des Cerro Rico, des ‚reichen Bergs‘ Boliviens. Benjamin Colaux und Christopher Yates präsentieren mit Reveka eine bemerkenswert ästhetische Annäherung an die verborgenen Tiefen der majestätischen Anden. Mit ihrem unverkennbaren Stil einer konzentrierten und unkommentierten Beobachtung, machen die belgischen Regisseure dem Publikum faszinierende Erfahrungsräume zugänglich. Ein bildgewaltiger Film, der sich lohnt. In einem kleinen Dorf im benachbarten Chile, stößt der in Berlin lebende Dokumentarfilmer Robert Anjari-Rossi, getrieben von der Neugierde an dem Leben seines Großvaters, auf dessen zurückgebliebene Frau und ihre Enkelin. Mit seinem ersten Langdokumentarfilm zeichnet er ein einmaliges Porträt über die Beziehung und das Leben dieser beiden Frauen, umgeben von Machismo und männlicher Dominanz. El Legado (2015) ist ein Film der unaufgeregt und intuitiv eine ganz besondere Intimität erzeugt und nicht verpasst werden darf. Mit 2016 sind gleich zwei Werke persischer RegisseurInnen im internationalen Dokumentarfilmwettbewerb vertreten. Der mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfilmer Mohammadreza Farzad dessen Filme Into Thin Air (2011) und Blames and Flames (2012) jeweils auf der Berlinale premierten, war zuletzt auf der IDFA mit Revolutionary Memories of Bahman who loved Leila (Directed by Farahnaz Sharifi ) als Co-Writer vertreten. Mit seiner neusten collagenhaften und selbstreflexiven filmischen Auseinandersetzung Wedding: A Film (2015) durchforscht er lustvoll das Film- und Fotoma-
terial seiner eigenen, sowie anderer iranischer Hochzeiten nach Anzeichen der künftigen Entzweiung. Wohlwissend, dass es den Bildern nicht möglich ist, die Wahrheit, der er nachspürt, zu verraten, kann er es doch nicht lassen, immer wieder in ihnen danach zu suchen. Formal eine gelungene Mischung von Archiv-, Amateur- und eigenem Filmmaterial – im Schitt vereint zu wunderbaren Sequenzen. Einen weiteren intimen Einlick in das alltägliche Leben im Iran gewährt uns die Journalistin und Filmemacherin Firouzeh Khosrovani. In dem diesjährigen Eröffnungsfilm begleitet sie, die Kamera geschultert und mit bemerkenswertem Gespür für das Leben zweier Mädchen, ihren Alltag. Fest of Duty (2014) ist ein ‚Coming of Age‘ Film der zugleich lebendig und berührend über die Vielstimmigkeit von Religion und Familie erzählt. Ein Film der besonders in der heutigen Situation eine unumstrittene Notwendigkeit ist! Atl Tlachinolli (2015) ist ein kluger Essayfilm der in episodenhaften Erzählungen ein kühnes Porträt eines Ortes zeichnet: Mexiko-Stadt. Der Filmemacher begibt sich auf die Spuren des Axolotl, einem Schwanzlurch der es vermag sich selbst zu regenerieren. Sogar sein Herz und sein Gehirn können nachwachsen – nur sein Lebensraum existiert nicht mehr. Aus seinen Gewässern erhebt sich heute die 20 Millionen Stadt Mexico City. Das Mythen umwobene Tier dient dem mehrfach preisgekrönten Dokumentarfilmer Alexander Hicks als Metapher. Mit seinem ersten Feature Film legt er eine episodenhafte Skizze der Bewohner dieser Megacity dar und wirft die Frage auf: wie der Mensch mit seinem eroberten Paradies umgeht? >>
15 DI 17. MAI – SO 22 MAI
AUSGEWÄHLTE PROGRAMMEINBLICKE 2016
Birobidjan – The Nest Has Fallen Into The Flames (2015) erzählt von einem Ort im fernöstlichsten Teil des heutigen Russland. Noch vor der Gründung Israels rief Stalin hier 1934 einen unabhängigen Staat für kommunistische Juden aus. Jüdische Familien kamen aus allen Teilen der Welt. Der belgische Regisseur, Schriftsteller und Produzent Guy-Marc Hinant nährt sich dem Ort über verschiedene Dokumente und Zeugen ihrer Zeit und lässt sie auf ihre ganz eigene Art sprechen. Ein inventarisierendes filmisches Porträt, eine letzte Bestandsaufnahme vor dem leisen Verschwinden des autonomen Staates Birobidschan. Was passiert, wenn sich Grenzen auflösen, Gesellschaften und Menschen näher zusammenrücken und wieder neue Distanzen und Grenzen entstehen? Die beiden RegisseurInnen Anita Lamanna und Erwan Kerzanet porträtieren mit Magna Graecia Kalabrien als hoch politisches Grenzgebiet zwischen der Nord- und Südhalbkugel. In fünf fragmentarischen Konversationsstücken holen sie Menschen aus dem Schatten ans Licht und lassen so ein vielstimmiges Abbild Europas entstehen, das in Zeiten ökonomischer, sozialer und kultureller Rezession beständig seine demokratischen Werte auslotet. Ein weiterer Film, der uns dem Alltag enthebt und zu Zeugen gesellschaftlicher Abläufe und Umbrüche macht, ist Gäste – der erste Langdokumentarfilm von Alexey Sukhovey. Der Regisseur entführt das Publikum in eine kleine, abgelegene russische Siedlung, in der eine Gemeinschaft von Holzfällern lebt. Es sind illegale tadschikische ArbeitsmigrantInnen, die als SaisonarbeiterInnen in der Hoffnung auf ein besseres Leben kommen – tausende Kilometer von ihren Familien und ihrem vorherigen Leben getrennt.
Filme IDA Alexander Hick | Mexiko, Deutschland 2015 | 76 Min. | OmdU ATL TLACHINOLLI / SCORCHED WATER Österreichpremiere Samstag 21.5.2016, 20.15 Uhr, VotivKino, Großer Saal Guy-Marc Hinant | Russland, Belgien 2015 | 124 Min. | OmeU BIROBIDJAN Mittwoch 18.5.2016, 21.30 Uhr, VotivKino, Votiv3 Roberto Anjari-Rossi | Chile, Deutschland 2015 | 83 Min. | OmeU EL LEGADO Österreichpremiere Freitag 20.5.2016, 21.15 Uhr, VotivKino, Votiv3 ERÖFFNUNGSFILM | Firouzeh Khosrovani | Iran 2014 60 Min. | OmeU FEST OF DUTY Dienstag, 17.5. 2016, 20.30 Uhr, VotivKino, Großer Saal & Votiv3 Donnerstag 19.5.2016, 19.30 Uhr VotivKino, Großer Saal in Anwesenheit der Regisseurin Alexey Sukhovey | Russland, Deutschland, Frankreich 2015 64 Min. | OmeU GÄSTE – GUESTS Österreichpremiere Donnerstag 19.5.2016, 18.00 Uhr, VotivKino, Großer Saal In Anwesenheit des Regisseurs Anita Lamanna & Erwan Kerzanet | Italien 2015 | 77 Min. | OmeU MAGNA GRAECIA / EUROPA IMPARI Österreichpremiere Mittwoch 18.5.2016, 19.30 Uhr, De France Benjamin Colaux & Christopher Yates | Bolivien, Belgien 2015 | 75 Min. | OmeU REVEKA Österreichpremiere Freitag 20.5.2016, 21.15 Uhr, VotivKino, Großer Saal In Anwesenheit der Regisseure Mohammadreza Farzad | Iran 2015 | 57 Min. | OmeU WEDDING: A FILM Österreichpremiere Freitag 20.5.2016, 23.00 Uhr, VotivKino, Votiv3
16 DI 17. MAI – SO 22 MAI
AUSGEWÄHLTE PROGRAMMEINBLICKE 2016
KUNST UND WISSENSCHAFT Die Exzellenz des ethnographischen Films
Mit dem Award für Exzellenz im Bereich der Visuellen Anthropologie feiern wir die Vielfalt an Stilrichtungen des ethnographischen Films und regen zu einer Reflexion über die Frage an, anhand welcher Kriterien man ihn vom Dokumentarfilm unterscheiden könnte.
Bintou von Simone Catharina Gaul kann als wunderbares Beispiel für „engaging ethnography“ gesehen werden. Es ist ein schlicht gestalteter Film, der durch „Co-Ästhetik“ glänzt – denn es ist die Protagonistin selbst, die den Stil des Films vorgibt. Durch das nahe Verhältnis von Gaul zur Protagonistin sowie die intim beobachtenden Kamera, erzeugt der Film eine vereinnahmende Unmittelbarkeit, aus welcher wir die Lebensgeschichte von Bintou, einer jungen Frau aus Burkina Faso, miterleben. Bintou ist kein politischer Film per se, reflektiert aber durch die Konzentration auf eine individuelle Geschichte die Komplexität und Missstände des Systems, in dem sie sich ereignet. Socotra – The Island of Djinns von Jordi Esteva ist hingegen von der externen Konstruktion der visuellen Ästhetik geprägt. In schwarz-weiß gehalten, unterwirft sich seine Bildgestaltung ganz der mythenumwobenen, kargen Felslandschaft der Insel, die es im doppelten Sinne zu erkunden gilt. Esteva, selbst gelernter Fotograph und bereits im Vorjahr mit seinem Film Komian bei der ethnocineca vertreten, folgt einer Karawane in die entlegene Bergwelt Socotras und taucht dabei zugleich Tief in die Mythenwelt vergangener Jahrhunderte ein. Socotra leugnet den Blick von außen nicht, er zelebriert ihn durch klare Bildkompositionen und verspielten Schnitt, welche es erlauben, sich den eindrucksvollen Impressionen hinzugeben.
Traces of War ist ein Zeitzeugnis aus der Region Bergkarabach, das nach wie vor umkämpfte Gebiet zwischen Armenien und Aserbaidschan – stets aktuell und doch medial kaum präsent. Die Filmemacherin Jana Richter verfolgt die Bewegungen der Menschen in ihrem eigenen Terrain, ihren selbstbestimmten Orten. Sie sprechen über den Krieg und üben sich in Selbstdarstellung – kämpferisch aber auch gelassen, voller Hoffnung auf eine friedliche Zukunft, aber nicht von Illusionen geblendet. Traces of War ist ein bescheidener aber komplexer politischer Film, der durch seine geschickt eingesetzte assoziative Montage überzeugt und durch diese auch die Gradwanderung zur politischen Instrumentalisierung vermeidet. Teboho Edkins zeigt in Coming of Age das Erwachsenwerden von vier Jugendlichen im Königreich Lesotho. Die einen hüten das Vieh der Familie und verbringen Tag und Nacht bei jedem Wetter in den Bergen, während die anderen schulische Ausbildung genießen und sich fragen müssen, wie weit sie, im wahrsten Sinne des Wortes, bereit sind dafür zu gehen. Edkin’s Kamera und Schnitt passen sich ganz an den Rhythmus des Alltagslebens der ProtagonistInnen und deren Lebensraum an, wodurch dieser zum Vermittler jener, uns fremden, Lebenswelten wird. Man entwickelt das Gefühl, die jungen Menschen und ihre Sorgen aus sich heraus zu verstehen – ein Kernmerkmal der Bemühungen ethnographischer Filmemacher. >>
17 DI 17. MAI – SO 22 MAI
AUSGEWÄHLTE PROGRAMMEINBLICKE 2016
I’m not leaving Eldon ist im Rahmen von Jessica Bollags Abschlussarbeit im Masterstudium der Kultur- und Sozialanthropologie in Bern entstanden und entführt das Publikum in die Welt der, sich selbst als „white trash“ bezeichnenden, „hillbillys“ in einer Kleinstadt in Iowa. Der Wunsch zu verstehen ist es, was die Filmemacherin antreibt – und das gelingt auch ohne großen Fingerzeig, moralische Wertung oder das Bedienen gängiger Stereotype. Bollag liefert eine Talentprobe ab, die ihr eine aussichtsreiche Zukunft als ethnographische Filmemacherin verheisst, da sie es versteht wissenschaftliche Erkenntnisse, basierend auf langer Feldforschung, öffentlichkeitswirksam auf die Leinwand zu bringen. Coming and Going spielt in China, wo uns Tianlin Xu die harte Realität eines Lebens zeigt, in der das Geld regiert – oder besser gesagt seine Abwesenheit. Wanderarbeiter lassen ihre Familien zurück, bis die Kinder es ihnen gleich tun und ebenfalls ihr Glück in den Städten versuchen. Dort ist es hart ohne Ausbildung, Netzwerke und Familie. Geprägt von körperlicher Arbeit ist das Leben am Land zwar entbehrungsreich, doch dank der sozialen Strukturen doch vergleichsweise simpel. Doch wer kann den Verlockungen des Gedanken an Luxus schon widerstehen? Schön und gekonnt in Szene gesetzt, trauen sich die Protagonisten an ihre Grenzen. Wir dürfen sie begleiten, mitleiden und mithoffen.
Filme EVA Simone Catharina Gaul | Burkina Faso, Deutschland 2015 64 Min. | OmeU BINTOU Österreichpremiere Samstag 21.5.2016, 19.20 Uhr, VotivKino, Votiv3 In Anwesenheit der Kamerafrau Tianlin Xu | China, Deutschland 2015 | 89 Min. | OmeU COMING AND GOING Österreichpremiere Samstag 21.5.2016, 18.20 Uhr, VotivKino, Großer Saal In Anwesenheit der Regisseurin Teboho Edkins | Lesotho, Deutschland 2015 | 63 Min. | OmeU COMING OF AGE Freitag 20.5.2016, 21.15 Uhr, VotivKino, Votiv3 Pablo Iraburu, Jorge Fernández, Pablo Tosco Jordanien, Spanien 2015 | 67 Min. | OmeU DISTRICT ZERO Österreichpremiere Freitag 20.5.2016, 17:45 Uhr, VotivKino, Großer Saal In Anwesenheit eines Regisseurs Jessica Bollag | USA, Schweiz 2015 | 49 Min. | OmeU I’M NOT LEAVING ELDON Österreichpremiere Samstag 21.5.2016, 18:00 Uhr, VotivKino, Votiv3 In Anwesenheit der Regisseurin Jordi Esteva | Jemen, Spanien 2015 | 64 Min. | OmeU SOCOTRA, THE ISLAND OF DJINNS Österreichpremiere Freitag, 20.5.2016, 19:15 Uhr, VotivKino, Großer Saal In Anwesenheit des Regisseurs Jana Richter | Armenien 2015 | 55 Min. | OmeU TRACES OF WAR Österreichpremiere Donnerstag 19.5.2016, 16:30 Uhr, VotivKino, Großer Saal In Anwesenheit der Regisseurin
18 DI 17. MAI – SO 22 MAI
AUSGEWÄHLTE PROGRAMMEINBLICKE 2016
BEING AND BELONGING
Identitätssuche und die Magie des dokumentarischen und ethnographischen Films!
Filme, die Menschen auf der freiwilligen Suche oder erzwungenen Flucht begleiten, sind seit Bestehen der ethnocineca zentraler Bestandteil des Festivals. Diese Einzelschicksale behandeln jene „großen Fragen“ nach Lebenssinn und -unsinn, Identität und Zugehörigkeit, in denen sich oftmals die großen sozialen, politischen und ökonomischen Entwicklungen unserer Zeit widerspiegeln. Es ist dieses, zu neuen Perspektiven und zur Reflexion anregendes Kino, dem sich das Festival seit je her verschrieben hat. Daher freut sich die ethnocineca besonders, District Zero zu seiner Österreichpremiere zu verhelfen – ein Film, der bereits am Vittoria Peace Film Festival als besten Dokumentarfilm ausgezeichneten wurde. Pablo Iraburu, Jorge Fernández und Pablo Tosco erzählen vom Leben syrischer Flüchtlinge in einem jordanischen Flüchtlingslager. Dort betreibt Maamun einen Handyshop und hilft den CampbewohnerInnen dabei, die auf ihren Smartphones gespeicherten Erinnerungen zu bewahren. Durch ihre Geschichten erschließen sich dem Publikum die Schicksale und Beweggründe für Flucht, aber auch die Heimatverbundenheit der Menschen. Ein Film, der den Zustand des „Gestrandet-Seins“ einfängt und zu einem bildungspolitischen Diskurs aus Sicht der Betroffenen beiträgt. Zu einer Reflexion der Narrative und einem Einblick in die Sicht der Betroffenen, denen in der medialen Berichterstattung kaum Gehör geschenkt wird, lädt auch die spanische Filmemacherin Ro Caminal ein. Sie möchte die Betitelung ihres Films Moi, un Noir. Reloaded als Hommage an Jean Rouch, die Ikone des ethnographischen Films, verstanden wissen. Seine Ethnofiktion Moi, un Noir (1958), die sich durch das Zusammenspiel von Kunst und Wissenschaft auszeichnete, prägte sowohl die Visuelle Anthropologie als auch den Dokumentarfilm nachhaltig. Caminal – ebenfalls
bildende Künstlerin und Anthropologin – knüpft inhaltlich an dieses Vorbild an. Es gelingt ihr ein intimer Einblick in das Leben zweier senegalesischer MigrantInnen in Barcelona, die in bestechender Unmittelbarkeit über ihre Erfahrungen, ihr Ringen um Anerkennung und Ankommen-dürfen in einem neuen Leben in Europa sprechen. Vom ökonomischen Druck als Grund für die Suche nach neuen Perspektiven und dem identitätsstiftenden Merkmal „Heimat“, erzählt Gäste von Alexey Sukhovey. In einem russischen Holzfällerdorf leben illegale tadschikische ArbeitsmigrantInnen als SaisonarbeiterInnen – tausende Kilometer von ihren Familien getrennt. Auch hier geht es um die Hoffnung auf ein besseres Leben, das sich am besten darin verwirklicht zeigen würde, könnte es aufgrund besserer politischer und wirtschaftlicher Umstände bei den Verwandten in der Heimat geführt werden. Eine ähnliche Thematik greift Tianlin Xu in Coming and Going auf. Vor dem Hintergrund des starken Stadt-Land-Gefälles in ökonomischer Hinsicht und der damit verbundenen Wanderarbeit zeichnet Xu ein einfühlsames Portrait von zwei Brüdern, die auf die Suche nach Wohlstand aus der Geborgenheit ihres Dorfes in die Anonymität der Städte ziehen, wo jedoch auch diese bald mit Fragen nach den Wurzeln des eigenen Wohlbefindens konfrontiert sind.
19 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
RAHMENPROGRAMM Podiumsdiskussion: DER ETHNOGRAPHISCHE FILM UND SEINE ÖFFENTLICHKEIT Die diesjährige Podiumsdiskussion am zweiten Tag des Festivals knüpft inhaltlich vertiefend an die Fragestellung der Eröffnungsrede an und widmet sich der so-genannten „applied anthropology“, einer anwendungsorientierten und öffentlichkeitswirksamen Wissenschaft: Wie leisten AnthropologInnen Beiträge zu aktuellen Fragen unserer Gesellschaft? Ist es überhaupt die Aufgabe von WissenschaftlerInnen, sich in öffentliche Debatten einzumischen oder sie gar zu kreieren, und wenn ja, ist Film ein geeignetes Medium, um wissenschaftliche Einsichten einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Woher stammt die Idee der Trennung von Wissenschaft und Kunst und wie sieht die gelebte Verbindung der beiden Bereiche heute aus – speziell mit dem Fokus auf den ethnographischen Dokumentarfilm? Andrew Irving (Department for Visual Anthropology, University of Manchester), Christopher Wright (Visual Anthropology, Goldsmiths University London) und Ulrike Davis-Sulikowksi (Universität Wien) legen hier den besonderen Fokus auf das Medium Film als anthropologische Ausdrucksform und Kommunikationsmittel an eine, über akademische Sphären hinausgehende, Öffentlichkeit. Andrew Irving wird an Tag drei außerdem mit seinem Projekt „Wandering Scholars“ die Praxis der angewandten Anthropologie unterhaltsam und philosophisch für ein breites Publikum aufbereiten.
JAKOB BROSSMANN Bühnendesigner und Filmemacher. Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Filmpreis 2015
Masterclasses mit Jakob Brossmann In zwei Einheiten gibt Jakob Brossmann einen Überblick über sein bisheriges Schaffen und Einblicke in grundlegende Themen und Fragestellungen des Dokumentarfilmschaffens. So spricht er in der Einheit ‚Beobachten und Begleiten‘ über das beobachtende Kino und seine eigenen Gesetze. Davon, dass es von der Konzeption, über den Dreh bis hin zum Schnitt eine besondere Kraft entfaltet, aber auch ungeahnte Gefahren mit sich bringt. Im Dialog mit den TeilnehmerInnen werden Erfahrungen aus dem Prozess des Dokumentarfilmschaffens beschrieben und unterschiedliche Strategien beleuchtet.
Mit dem Titel ‚Untertitel‘ findet eine zweite Masterclass im Rahmen des Filmfestivals statt. Stefania Schenk und Jakob Brossmann widmen sich in dieser Einheit der Diskussion über die Herausforderungen der Untertitelung, die eine zentrale, leider aber oft unterschätzte Rolle im Dokumentarfilm spielen. Das Medium und der Inhalt stellen die Translation oft vor schwierige Aufgaben, die nur bewältigt werden können, wenn sich translatorische und filmische Zugänge ergänzen.
Die ethnographische Kochshow Ein Streifzug durch die Geschichte des Films und seine Bedeutung in der Wissenschaft An die Ursprünge des wissenschaftlichen Films treten wir in Zusammenarbeit mit dem Technischen Museum und der Mediathek heran. Ausgewählte, repräsentative und unterhaltsame Werke aus der Geschichte des Wissenschaftsfilms – darunter frühes audiovisuelles Material aus dem Jahr 1905 – kann das Publikum mit FilmwissenschaftlerInnen und AnthropologInnen diskutieren. Dabei können wir mitverfolgen, wie sich der Blick durch die Kamera auf die Forschungssubjekte verändert hat. Der inhaltliche rote Faden des Abends ist das Thema Ernährung und die komplexe Kulturleistung der Nahrungszubereitung und –verteilung. Denn: Essen verbindet und fasziniert, und das war anscheinend immer schon so. >>
„Ethnocineca steht für einen respektvollen Blick auf die Welt. Genau darum eröffnet das Festival so viele Perspektiven.“
20 DI 17. MAI – SO 22 MAI
RAHMENPROGRAMM 2016
Filmwork Slam Ein Battle um die aufregendsten und berührendsten Setgeschichten Beim erstmals stattfindenden „Filmwork-Slam“ kommt das Publikum der Praxis des Filmschaffens ganz nahe. Es ist ein Experiment der noch nie dagewesen Art, denn hier berichten, im Stil der Poetry-Slams, internationale FilmemacherInnen in Anekdoten über ihre Erlebnisse beim Dreh und in der Produktion. Die ProtagonistInnen falsch übersetzt, den Recordbutton nicht gedrückt, oder bei den Dreharbeiten von der Polizei aufgegriffen worden? Wer an diesen Abend besonders tief im eigenen Erfahrungsschatz kramt und sich sogar an die Hoppalas traut, hat gute Chancen, sich des größten Applauses des Publikums sicher zu sein – der im Endeffekt den Gewinner des Abends kürt. Ein Kennenlernen bei entspannter und unterhaltsamer Atmosphäre – und bei Schönwetter im lauschigen Garten des Volkskundemuseums Wien.
Kurzfilm und Poetry Eine Kombination von Kurzfilmen und dazu vorgetragenen Poetry-Slams in einem eigenen Programmblock, erlaubt eine kreative Anbahnung zweier künstlerischer Welten: assoziativ widmen sich die KünstlerInnen den filmischen Werken und geben neue Denkanstöße. Im Anschluss wird mit den FilmemacherInnen diskutiert. Moderiert wird der Abend von Diana Köhle (Slam B & Tagebuch Slam). Die SlammerInnen des Abends zu den jeweiligen Kurzfilmen sind: Avus Saliva – Hotel der Diktatoren Alice Reichmann – EOHA Schreibi – Minor Border Valentin Feichtenschlager – Transition Blu
Performance und Präsentation: WANDERING SCHOLARS ...or how to get in touch with strangers Andrew Irving von der Universität Manchester (GB) ist Anthropologe, Philosoph, Autor und Lebenskünstler. Wie in anderen, vielfach ausgestellten Projekten zuvor, verknüpft er in seiner interaktiven Straßenperformance und deren anschließenden Präsentation progressive Methoden der Anthropologie mit spannenden philosophischen Einsichten in die Psyche des Menschen. Er sucht und findet auch hier Wege, um in kürzester Zeit in das Leben von „Fremden“ hinein zu schnuppern und stellt schon deswegen jede Regel der anthropologischen Feldforschung auf den Kopf. Was wir davon mitnehmen, kann unseren Blick auf die Welt verändern. Ein stimulierender Abend, der dem Motto der ethnocineca mehr als gerecht wird: We need to see the world from as many perspectives as possible!
Projektwerkstatt | Junges Kino Das Förderprogramm für junge Filmschaffende und deren Erstlingswerke findet 2016 ebenfalls eine Fortsetzung. Neben einem Programmslot, der eigens dem studentischen Wettbewerb ESSA gewidmet ist, zeigen wir außerdem diejenigen Filme, die in dem zehntägigen Workshop Projektwerkstatt, zwei Wochen vor dem Festival, entstehen. Dieser bietet Interessierten die Möglichkeit, an drei Tagen Experteninputs von FilmemacherInnen, ProduzentInnen, AnthropologInnen sowie aus dem Vertrieb zu erhalten. In kleinen Teams werden dann eigenständig Ideen herausgearbeitet und anschließend in einer Woche umgesetzt. Die Kreativität und der Mut der TeilnehmerInnen des Workshops versprechen einen abwechslungsreichen, unterhaltsamen und gewohntermaßen rasch ausverkauften Kinoabend. Wir freuen uns sehr, mit unserem Schwerpunkt auf junges Dokumentarfilmschaffen und der Förderung von Austausch und Vernetzung junger, internationaler FilmemacherInnen schon den einen oder anderen Anstoß für eine erfolgreiche Tätigkeit im Dokumentarfilmschaffen gegeben zu haben.
Preisverleihung und Abschlussparty Selbstverständlich darf auch eine gebührende Jubiläumsfeier zum Abschluss des Festivals nicht fehlen. Sie findet am Samstag den 21. Mai ab 21:30 in der Tanzbar Curtain im Werk X-El Dorado statt. In diesem musikalischen und festlichen Rahmen findet auch die Preisverleihung der diesjährigen Awards statt.
SA, 21.05.2016 TANZBAR CURTAIN IM WERK X-ELDORADO Petersplatz 1, 1010 Wien Band: Cafe Helga Isle Riedler – Saxophon, Raphael Keuschnigg – Drums, Oliver Steger – Bass DJ Line Up dj nietzsche (funk, soul, house) dj Le Band (elektro) Eintritt: 5 EUR
21 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
ALLE FILME 2016 Branko Istvancic | Kroatien 2013 | 52 Min. | OmeU ALBUM Österreichpremiere
Roberto Anjari-Rossi | Chile, Deutschland 2015 | 83 Min. | OmeU EL LEGADO Österreichpremiere
Simon Gillard | Burkina Faso, Belgien 2014 | 18 Min. | OmeU ANIMA Österreichpremiere
Vladimir Perović | Montenegro, Serbien 2015 | 22 Min. | kein Dialog EOHA Österreichpremiere
Daphné Heretakis | Griechenland, Frankreich 2014 | 25 Min. | OmeU ARCHIPELAGOS, NAKED GRANITES
Sofie Husum Johannesen, Amalie Vilslev Juelsgaard, Anne Scherrebeck Hansen | Deutschland, Dänemark 2015 | 7 Min. | OmeU EXCHANGING EXPERIMENTS Österreichpremiere
Alexander Hick | Mexiko, Deutschland 2015 | 76 Min. | OmdU ATL TLACHINOLLI / SCORCHED WATER Österreichpremiere Lesia Kordonets | Ukraine, Schweiz 2013 | 29 Min. | OmeU BALAZHER. KORREKTUREN DER WIRKLICHKEIT Adeline Gonin | Mali, Frankreich 2015 | 57 Min. | OmeU BARAKEDEN - THE LITTLE HOUSE MAIDS OF BAMAKO Österreichpremiere Simone Catharina Gaul | Burkina Faso, Deutschland 2015 | 64 Min. | OmeU BINTOU Österreichpremiere Guy-Marc Hinant | Russland, Belgien 2015 | 124 Min. | OmeU BIROBIDJAN Tianlin Xu | China, Deutschland 2015 | 89 Min. | OmeU COMING AND GOING Österreichpremiere Teboho Edkins | Lesotho, Deutschland 2015 | 63 Min. | OmeU COMING OF AGE Stéphane Breton | Russland, Frankreich 2014 | 52 Min. | OmeU DARK FORESTS Maria Zhukova | Weißrussland 2015 | 28 Min. | OmeU DAWN Österreichpremiere Valérie Wolf Gang | Kroatien, Slowenien 2014 | 3 Min. | OmeU DISTANT MEMORY Österreichpremiere Pablo Iraburu, Jorge Fernández, Pablo Tosco | Jordanien, Spanien 2015 | 67 Min. | OmeU DISTRICT ZERO Österreichpremiere Anne-Katrine Hansen & Janna Kyllästinen | USA 2014 | 13 Min. | OmeU DIVISION AVENUE Europapremiere Francesca Phillips | Spanien 2015 | 26 Min. | OmeU EL BARBERO Österreichpremiere
Linas Mikuta | Litauen 2015 | 17 Min. | OmeU FELLOW TRAVELERS Österreichpremiere ERÖFFNUNGSFILM | Firouzeh Khosrovani | Iran 2014 | 60 Min. | OmeU FEST OF DUTY Ina Ivanceanu | Luxemburg, Österreich 2015 | 60 Min. | OmeU FREE SPACES Alexey Sukhovey | Russland, Deutschland, Frankreich 2015 | 64 Min. | OmeU GÄSTE – GUESTS Österreichpremiere Efrat Berger | Israel 2015 | 28 Min. | OmeU GEZOINDELACH Österreichpremiere Bernhard Wenger | Österreich 2015 | 5 Min. | OmeU GLEICHGEWICHT Emiliano Dante | Italien 2014 | 55 Min. | OmeU HABITAT - PERSONAL NOTES Österreichpremiere Florian Hoffmann | Zentralafrikanische Republik, Deutschland 2015 | 16 Min. | OmeU HOTEL DER DIKTATOREN Jessica Bollag | USA, Schweiz 2015 | 49 Min. | OmeU I’M NOT LEAVING ELDON Weltpremiere Christina Tynkevych | Ukraine, Großbritannien 2015 | 27 Min. | OmeU KRAINA Österreichpremiere Gisela Carbajal Rodríguez & Konstantin Steinbichler Mexiko, Deutschland 2015 | 29 Min. | OmeU LA BESTIA Österreichpremiere Jakob Brossmann | Italien, Österreich 2015 | 95 Min. | OmeU LAMPEDUSA IM WINTER
22 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
ALLE FILME 2016 Elkan Spiller | Belgien, Deutschland 2014 | 93 Min. | OmeU L‘CHAIM! - TO LIFE! Österreichpremiere Anita Lamanna & Erwan Kerzanet | Italien 2015 | 77 Min. | OmeU MAGNA GRAECIA / EUROPA IMPARI Österreichpremiere Tea Škrinjarić | Indonesien, Kroatien 2014 | 13 Min. | kein Dialog MAKING OF SLENDRO LIMO Österreichpremiere Martin Svinkløv & Rune Bundgaard | Grönland, Dänemark 2015 85 Min. | OmeU MATUP TUNUANI (BEHIND THE DOOR) Österreichpremiere Lisbeth Kovacic | Österreich 2015 | 25 Min. | OmeU MINOR BORDER Ro Caminal | Spanien 2015 | 65 Min. | OmeU MOI, UN NOIR. RELOADED Blandine Huk & Frédéric Cousseau | USA, Frankreich 2015 | 85 Min. | OmeU MY NAME IS GARY Tonislav Hristov | Spanien, Finnland 2015| 62 Min. | OmeU ONCE UPON A DREAM - A JOURNEY TO THE LAST SPAGHETTI WESTERN Österreichpremiere
Ana-Maria Vîjdea | Rumänien, Portugal 2015 | 59 Min. | OmeU REHEARSALS Benjamin Colaux & Christopher Yates | Bolivien, Belgien 2015 75 Min. | OmeU REVEKA Österreichpremiere Ascan Breuer | Indonesien, Österreich 2014 | 42 Min. | OmeU RIDING MY TIGER Jordi Esteva | Jemen, Spanien 2015 | 64 Min. | OmeU SOCOTRA, THE ISLAND OF DJINNS Österreichpremiere Pavel Borecký | Estland 2014 | 25 Min. | kein Dialog SOLARIS Österreichpremiere Edward Owles | Indien, Großbritannien 2015 | 85 Min. | OmeU THE AUCTION HOUSE: A TALE OF TWO BROTHERS Österreichpremiere Eliezer Arias | Venezuela 2015 | 92 Min. | OmeU THE SILENCE OF THE FLIES Österreichpremiere Kim Beamish | Ägypten, Australien 2015 | 94 Min. | OmeU THE TENTMAKERS OF CAIRO (SUNNA‘ AL-KHEYAM FE AL-QAHIRA) Österreichpremiere
Miki Polonski | Israel 2015 | 48 Min. | OmeU ONE BUILDING AND 40 PEOPLE DANCING Europapremiere
Johannes Grenzfurthner | USA, Österreich 2016 | 120 Min. | OmeU TRACEROUTE Österreichpremiere
Jake Witzenfeld | Israel 2015 | 83 Min. | OmeU ORIENTED Österreichpremiere
Jana Richter | Armenien 2015 | 55 Min. | OmeU TRACES OF WAR Österreichpremiere
Adrian Arce & Antonio Zirion | Mexiko, USA 2013 | 36 Min. | OmeU OUT OF FOCUS Österreichpremiere
Dorothea Braun | Österreich, Italien 2015 | 29 Min. | OmeU TRANSITION BLU Österreichpremiere
Jørgen Leth & Olatz González Abrisketa | Spanien 2015 | 71 Min. | OmeU PELOTA II Österreichpremiere
Maxime Bultot | China, Belgien 2015 | 14 Min. | OmeU UNDERGROUND Österreichpremiere
Haobam Paban Kumar | Indien 2014 | 52 Min. | OmeU PHUM SHANG Anneta Papathanassiou | Afghanistan, Deutschland 2014 | 58 Min. | OmeU PLAYING WITH FIRE Österreichpremiere Nena Hedrick | USA 2015 | 27 Min. | OmeU RATTLE THEM BARS Österreichpremiere
Harald Aue | Indien, Österreich 2015 | 94 Min. | kein Dialog VARANASI - CITY OF LIGHT Ingo J. Biermann | Norwegen, Deutschland 2015 | 93 Min. | OmeU VOICE - SCULPTING SOUND WITH MAJA S. K. RATKJE Mohammadreza Farzad | Iran 2015 | 57 Min. | OmeU WEDDING: A FILM Österreichpremiere
23 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
ÜBER UNS Die ethnocineca ist als Verein organisiert und versteht sich als offene Plattform in einem Netzwerk aus kulturellen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen und Initiativen. Die gemeinsame Leidenschaft für den ethnographischen und dokumentarischen Film ist Antrieb und Grund, warum es die ethnocineca gibt. Wir bedanken uns bei allen Fördergebern, Sponsoren und Kooperationspartnern, ohne deren finanzielle und auch ideelle Unterstützung das Projekt ethnocineca nicht realisierbar wäre.
TEAM 2016: Sophie Bitzinger Matthias Grausgruber Marie-Christine Hartig Annika Kirbis Martin Lintner Marieluise Röttger Katja Seidel Cornelia Selch Nóra Soponyai Elena Staroste Simone Traunmüller Sophie Wagner Stefan Staller – Grafik Melissa Pflug – englisches Lektorat
24 DI 17. MAI – SO 22 MAI
ETHNOCINECA 2016
KONTAKT WEB: FACEBOOK: TWITTER:
www.ethnocineca.at ETHNOCINECA – Ethnographic and Documentary Filmfest @ETHNOCINECA
PRESSE
TICKETS
Alle Logos und Pressetexte sowie sonstige notwendige Materialien für die Berichterstattung über die ETHNOCINECA sind auf der Homepage www.ethnocineca.at zu finden. Für alle Anfragen seitens der Presse, sowie für die Koordination von Interviews mit den FilmemacherInnen vor Ort, wenden Sie sich bitte an:
[email protected].
Tickets sind an der Abendkassa sowie im Vorverkauf ab 18. April erhältlich, (solange der Vorrat reicht). Es gilt freie Sitzplatzwahl. Alle Kinosäle mit Ausnahme von De France sind barrierefrei zugänglich. Ticketreservierungen sind im Internet unter www.votivkino.at oder während den Öffnungszeiten telefonisch unter 01 / 317 35 71 möglich.
Unter dieser Adresse sind bis 11. Mai für KollegInnen der Presse und Branche auch Akkreditierungsanfragen für den Eröffnungsabend möglich.
7 € Einzelticket 6 € ermäßigtes Einzelticket (StudentInnen & SeniorInnen) 5 € ab Kauf von 5 Tickets
Mag. Elena Staroste, Mag. Sophie Wagner, MA., Mag. Cornelia Selch
FESTIVAL KINOS VotivKino Währinger Straße 12, 1090 Wien De France Schottenring 5 / Heßgasse 7, 1010 Wien Österreichisches Museum für Volkskunde Laudongasse 15-19, 1080 Wien
25 DI 17. MAI – SO 22 MAI
SPONSOREN 2016
DANKE AN
KULTUR F Ö RDERUNG JOSEFSTADT
WI R LE BE JETZ N BEW T USST
ETHNOCINECA.AT
26 DI 17. MAI – SO 22 MAI