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2. Prävention Von Nosokomialen Infektionen

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© Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum 2. Prävention von nosokomialen Infektionen 2.2. Primäre Sepsis Begriffsdefinitionen: • Bakteriämie Vorübergehendes Vorhandensein von Bakterien im Blut ohne Vermehrung der Erreger oder Abszedierung in Organen. Aus einer Bakteriämie kann sich eine Sepsis entwickeln. • Sepsis Durch in der Blutbahn zirkulierende Erreger hervorgerufene Allgemeininfektion als Resultat der pathogenen Potenz des Erregers und der immunolgischen Antwort des Organismus. Bedeutung Die primäre Sepsis gehört zu den wichtigsten nosokomialen Infektionen auf Intensivstationen (ca. 15 % aller NI auf Intensivstationen). Viert häufigste nosokomiale Infektion im Krankenhaus insgesamt (ca. 8% aller NI). Großer Einfluss auf Letalität des Patienten (zusätzliche Letalität bis zu 30%). Zusätzliche Aufenthaltstage im Krankenhaus (ca. 7 zusätzliche Tage auf Intensivstationen). Pathogenese der primäre Sepsis Einbringen von Keimen in die Blutbahn ohne andere Infektion (am häufigsten über Gefäßkatheter, aber auch durch Translokation intestinaler Bakterien via Mesenteriallymphknoten), temporäre Bakteriämie nach invasiven Maßnahmen. • Erreger der primären Sepsis Risikofaktoren endogen LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Häufig: Koagulase negative Staphylokokken, S. aureus, Enterokokken, Candida spp., E. coli. Niedriges (unter 1 Jahr) oder hohes Lebensalter, krankheits - oder therapeutisch bedingte Immunsuppression, schwere Grundkrankheiten, nicht intakte Haut (z.B. Verbrennungen). Seite 1 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum Risikofaktoren exogen Gefäßkatheter (wichtigster Risikofaktor der primären Sepsis), Intubation, Blasenkatheter, Operation. Zubereitung von parenteral verabreichten Medikamenten und Infusionslösungen Wenn möglich, Zumischung aller parenteral zu verabreichenden Flüssigkeiten in der Apotheke (laminar-air-flow – reine Werkbank- aseptische Arbeitstechnik) Wenn möglich Einzeldosenbehältnisse verwenden. Beim Richten von Infusionen und Zumischen von Medikamenten und der Verwendung von Mehrdosenbehältnissen ist eine aseptische Vorgehensweise erforderlich, um das Einbringen von Mirkroorganismen zu verhindern. Durchführung: • Hygienische Händedesinfektion • Desinfektion der Arbeitsfläche mit einem Flächendesinfektionsmittel • Materialien bereitstellen • Alle benötigten Medikamente und Infusionslösungen sollten erst unmittelbar vor Gebrauch (< 1 Std.) gerichtet werden. • Schutzkappe/Schutzfolie der Infusionsflasche/ -Beutels entfernen. • Grundsätzlich sind Sichtkontrollen durchzuführen. Infusionsflaschen / -Beutel auf Verfallsdatum und mögliche Defekte prüfen. Infusionslösung auf Trübung und Farbveränderung überprüfen. • Vor dem Anstechen ist der Gummistopfen mit einem alkoholischen Hautdesinfektionsmittel zu desinfizieren (Einwirkzeit 30 s). • Wird nicht der gesamte Inhalt einer Infusionslösung verwendet, muss die Restmenge verworfen werden. • Müssen Medikamente zugefügt werden, so sind deren Haltbarkeit, Kompatibilität und Stabilität zu prüfen (s. Hersteller-/Gebrauchsanweisung). Wenn möglich, Zumischen aus Einzeldosisbehältnissen. LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Seite 2 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum Infusionslösungen (prinzipiell ohne Konservierungsstoffe) Eine Mehrfachentnahme aus Infusionslösungen oder Lagerung nach Anbruch darf nicht erfolgen. Das Einspritzen von Luft beim Zumischen ist erlaubt. Injektionslösungen aus Einzeldosisbehältnissen (Medikamente ohne Konservierungsstoffe), z.B. - Isotonische Kochsalzlösung - Glucose 5%-Lösung Keine Mehrfachentnahme, nach Erstentnahme Reste verwerfen! Medikamente ohne Konservierungsstoffe sollen nicht vorgerichtet oder nach Anbruch gelagert werden. Werden kleinere Dosierungen benötigt, können Parenteralia in der Apotheke (nach Rücksprache) unter aseptischen Bedingungen hergestellt werden. Injektionslösungen aus Mehrdosenbehältnissen (Medikamente mit Konservierungsstoffen) z.B. - Insulin - Heparin - Lokalanästhetika Mehrfachentnahmen sind möglich. Für jede Entnahme neue sterile Kanüle verwenden, Ansatzstück darf nicht berührt werden. Minispike und dicklumige Kanüle bei Mehrfachentnahme nicht verwenden (großes Stanzloch). Ausnahme: Für direkt nacheinander durchgeführte Entnahmen kann eine Kanüle/Minispike verwendet werden. Kanüle/Minispike sollte jedoch nicht während der Lagerung in Behältnis belassen. Lagerung entsprechend Herstellerangaben! Das Einspritzen von Luft in Mehrdosenbehältnisse zur Erleichterung der Entnahme ist erlaubt. Injektions-/Infusionslösungen mit antimikrobiellen Wirkstoffen (z.B. Antibiotika) Herstellerangaben beachten! LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Seite 3 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum Präventionsmaßnahmen der primären (katheterassoziierten) Sepsis • Indikationsstellung und Katheterauswahl • • • Durchführung der Surveillance bezüglich der ZVK-assoziierten Sepsisrate auf Intensivstationen wird empfohlen Wichtigste Präventionsmaßnahme ist eine strenge Indikationsstellung. Indikation auch während des Liegens prüfen (ein abgestöpselter Katheter kann Hinweis auf eine nicht mehr weiterbestehende Indikation sein). Zentrale Venenkatheter haben höheres Infektionsrisiko als periphere Katheter. Indikation für zentrale Venenkatheter: o Totale parenterale Ernährung, o Gefäßschädigende Wirkung der Infusionslösungen o Überwachung des hämodynamischen Status o Schlechte periphere Gefäßsituation • Punktionsstelle Infektionsrisiko ist abhängig von der Insertionsstelle. Empfehlung aus infektionspäventiver Sicht: Ö Periphere Katheter bevorzugt an der oberen Extremität legen. Ö ZVK bevorzugt in die V. subclavia legen. (Infektionsrisiko: V. subclavia < V. jugularis < V. femoralis) Abwägen dieser Empfehlungen gegen die Risiken mechanischer Komplikationen (z.B. Pneumothorax). • Legen eines Gefäßkatheters (zentrale Venenkatheter (ZVK)/ Pulmonal-Arterien-Katheter (PAK)/ peripher inserierte ZVK (PICC)/ periphere Verweilkanülen (PVK)/ periphere arterielle Katheter) Keine routinemäßige Hautinzision zum Legen eines Katheters Zur Hautdesinfektion bevorzugt Kombinationspräparate (Alkohol und Jod) benutzen Angegebene Einwirkungszeit beachten (Bei Kombination mit Alkohol mind. 30 sec., sonst länger!) LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Durchführung: • Fenster und Türen schließen Seite 4 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum • • • • • • • • • • • • • • • LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Reine Arbeitsflächen schaffen Arbeitsfläche wischdesinfizieren Zum Legen eines ZVK/PAK/PICC: Mund-Nasen-Schutz, ggf. Kopfschutz hygienische Händedesinfektion – siehe Kapitel 6.2. Handschuhe/Kittel: - PVK: keimarme Handschuhe (Eigenschutz) - periphere arterielle Katheter: Sterile Handschuhe - ZVK/PAK/PICC: Sterile Handschuhe und steriler Schutzkittel Einstichstelle und Umgebung mit sterilen Tupfern, getränkt mit einem geeigneten Hautdesinfektionsmittel (siehe Kapitel 8.7. Desinfektionsmittelplan), großzügig desinfizieren. Einwirkzeit beachten! Desinfektionsmittel trocknen lassen! Nicht wieder abwischen! Nach der Desinfektion ist eine erneute Palpation der Einstichstelle nur mit sterilen Handschuhen! ZVK/PAK/PICC: Abdeckung mit sterilem Lochtuch, bei Seldinger-Technik zusätzlich das gesamte Umfeld mit großem sterilen Abdecktuch abdecken. Sichere Fixierung des Gefäßkatheters. Steriler Verband Wischdesinfektion der Arbeitsfläche Hygienische Händedesinfektion nach dem Ablegen der Handschuhe. Seite 5 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum • Katheterwechsel Kein routinemäßiger Wechsel von peripheren und zentralen Venenkathetern Entfernen des Katheters, wenn: • Patient Zeichen einer Phlebitis (Überwärmung, Schmerz, Rötung, tastbarer Venenstrang) entwickelt. • Bei Verdacht auf lokale oder systemische katheterassoziierte Infektion. • Bei Zeichen einer lokalen Infektion an der Einstichstelle kein Wechsel über Führungsdraht. • Pflege der Einstichstelle, Kontrolle der Insertionsstelle und Verbandwechsel (zentrale Venenkatheter (ZVK)/ Pulmonal-Arterien-Katheter (PAK)/ peripher inserierte ZVK (PICC)/ periphere Verweilkanülen (PVK)/ periphere arterielle Katheter) Keine routinemäßige Applikation von Salben (insbesondere keine Antibiotikasalben) oder Cremes auf die Einstichstelle. Händedesinfektion vor jeder Palpation oder Verbandwechsel. Tägliche Palpation der Einstichstelle durch den intakten Verband. Verbandwechsel notwendig, wenn • ein Verdacht auf katheterassoziierte Infektion (Druckschmerz, Fieber unklarer Genese oder anderer Zeichen einer lokalen Infektion oder Sepsis) besteht. • der Verband seine Schutzfunktion nicht mehr erfüllt (z.B. durch Durchfeuchtung, Ablösung, Verschmutzung) (bei steriler Gaze i.d.R. nach 2-3 Tagen, bei Folienverbänden nach 3-5 Tagen). Durchführung: • Hygienische Händedesinfektion • Anlegen von keimarmen Handschuhen (Eigenschutz) • Entfernung des alten Verbandes • Ablegen der Handschuhe • Hygienische Händedesinfektion LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Seite 6 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum • • • • • • • LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Anlegen von keimarmen Handschuhen (Eigenschutz). Ist eine Palpation der Einstichstelle geplant, Anlegen von sterilen Handschuhen Kontrolle der Einstichstelle auf Infektionszeichen Kontakt der Einstichstelle mit den Händen vermeiden (Ausnahme: Tragen von sterilen Handschuhen) Desinfektion der Einstichstelle mit wässriger PVP-Jod-Lösung Auflegen eines neuen sterilen Verbandes. Sterile Auflagefläche dabei nicht mit den Händen berühren. Verbandmaterial: sterile Gaze oder transparenter Folienverband Handschuhe ablegen Hygienische Händedesinfektion Seite 7 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum • Überleitungssysteme / Dreiwegehähne – Wechselintervalle Vor Manipulationen am Überleitungssystem oder Katheter Händedesinfektion. Desinfektion der Konnektionsstelle des Katheters, bevor Systeme angeschlossen werden (Überleitungssysteme, Systeme zur Druckmessung u.a.). Einspritzstutzen zum Zuspritzen von Medikamenten müssen vor der Benutzung desinfiziert werden (Verwendung alkoholischer Desinfektionsmittel) (gilt auch für 3Wegehähne). CAVE: Desinfektionsmittel vor dem Anschließen und Zuspritzen trocknen lassen, da ansonsten mit Materialbeeinträchtigung zu rechnen ist. Die Infusionssysteme können für mehrere Infusionsflaschen verwendet werden, ein Umstecken ist möglich. Bei kontinuierlicher Infusion routinemäßiger Wechsel des Überleitungssystems einschließlich der Hahnbänke und 3-Wege-Hähne aus infektionspräventiver Sicht nach 72 h (durch seltenen Wechsel werden die infektionsrelevanten Manipulationen am Hub des Katheters reduziert). Ausnahmen: Bei Verabreichung von: • Lipide und Lipidlösungen: Wechsel des Überleitungssystems innerhalb von 24 h • Blut- und Blutprodukte: Verwendung spezieller Überleitungssysteme und Wechsel nach spätestens 6 h (diese Lösungen stellen ideale Nährmedien für Mikroorganismen dar). Beim Einsatz von Infusionspumpen sind die Herstellerangaben zu beachten. Keine Wiederbefüllung von Perfusorspritzen. LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Seite 8 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum Es bestehen keine Empfehlungen zur Wechselfrequenz der Überleitungssysteme in der Neonatologie. Bei diskontinuierlichen Infusionen (z.B. Kurzinfusionen) vor jeder Infusion neues Überleitungssystem benutzen und nach Anwendung verwerfen. Nicht benutzte Konnektionsstellen des Katheters oder Öffnungen am Überleitungssystem (z.B. Drei-Wege-Hähne) sind bei Nichtgebrauch jeweils mit sterilem Verschlusstopfen zu verschließen. Sterilität des Luer-Look-Anschlusses ist zu gewährleisten. • Hängedauer von Infusionslösungen Lipidhaltige Infusionen zur totalen parenteralen Ernährung (TPN) sollten innerhalb von 24 h durchgelaufen sein. Blut und Blutprodukte müssen innerhalb von 6 h verabreicht werden. Die maximale Hängedauer aller anderen Infusionen ist ungeklärt. • Infusionsfilter Sog. Inline-Filter (auch Bakterienfilter genannt) eignen sich nicht zur Infektionsprävention. Sie dienen lediglich zum Partikelrückhalt. CAVE: Nicht alle Medikamente sind filtergängig; katheternahe risikoreiche Manipulationen nehmen zu. LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Seite 9 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum • ZVD / Arterielle Druckmessung Bevorzugter Einsatz von geschlossenen Systemen. Austausch von geschlossenen Systemen alle 96 Std. Offene Systeme sollten alle 24 Std. ausgetauscht werden (alles, inklusive NaCl-Flasche). Periphere Verweilkanülen Zur Einhaltung einer aseptischen Technik beim Zuspritzen und Infusionssystemwechsel kurze Verlängerungsstücke (Infusions-Verlängerung, ca. 10-15cm) am Gefäßzugang verwenden. Der Einsatz von Mandrins sollte aus infektionsprophylaktischen Gründen nicht erfolgen. Zum Abstöpseln jeweils neuen sterilen Verschluss verwenden. Durchspülen mit physiologischer Kochsalzlösung (Zusatz von Heparin auf ärztliche Anweisung). Umgang mit vollständig implantierten intravasalen Systemen (Ports) • • Implantation unter aseptischen Bedingungen (im OP oder Eingriffsraum) Punktion des Ports und Anschluss von Infusionssystemen: o Vor Manipulationen am System Händedesinfektion. o Punktionsfläche großflächig mit Hautdesinfektionsmittel desinfizieren (siehe Kapitel 8.7. Desinfektionsmittelplan). o Wenn für die Punktion eine Palpation und Fixierung der Portkammer notwendig ist: Verwendung steriler Handschuhe. o Es dürfen nur geeignete Spezialkanülen verwendet werden (Herstellerangaben beachten). o Aseptisches Vorgehen bei der Konnektion des Infusionssystems. o Keine Empfehlung zur maximalen Liegedauer von Portnadeln. • Verbandwechsel: o Bei angeschlossener Portnadel Vorgehen wie bei zentralen Venenkathetern. o Ruhende (nicht in Gebrauch befindliche) Portsysteme benötigen keinen Verband. LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Seite 10 von 11 © Institut für Hygiene und Umweltmedizin Campus Benjamin Franklin | Campus Mitte | Campus Virchow-Klinikum • LKH 2.2. Sepsis 12-05.doc / Geff Liegedauer von Portsystemen: o Kein Routinemäßiger Wechsel o Entfernung bei Therapieende oder bei nicht beherrschbaren Komplikationen (einschließlich therapierefraktärer Infektionen, irreversibler Katheterverlegungen, Beschädigung oder Dislokation des Systems). Seite 11 von 11