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3. SINFONIE KON Z E R T Rameau – Strauss – Rachmaninoff
3. Sinfoniekonzert Sonntag, 20. November 2016, 11.00 Uhr Montag, 21. November 2016, 20.00 Uhr Staatstheater Darmstadt, Großes Haus
„Man nennt diese einzelnen harmonischen Theile ‚Akkorde‘. Die Akkorde wurden in dem ersten Viertel des verwichenen Jahrhunderts von Rameau, mit der natürlichen Erzeugung der Töne durch das Mitklingen in eine gewisse Verbindung gebracht, nachdem sich ihr Zusammenhang untereinander auf eine vernünftige Art erklären läßt.“ Heinrich Christoph Koch Musikalisches Lexikon, Frankfurt 1802
Jean-Philippe Rameau (1683–1764)
„Une symphonie imaginaire“ 1. „Les Boréades“, Ouverture (1763) 2. „Les Fêtes d’Hébé“, Air tendre (1739) 3. „Dardanus“, Tambourins 1 und 2 (1739) 4. „Les Boréades“, Contredanse en Rondeau (Act 1, scene 4) (1763) Richard Strauss (1864–1949)
Konzert für Oboe und kleines Orchester D-Dur (1945) Allegro moderato – Andante – Vivace – Allegro Pause Sergej Rachmaninoff (1873–1943)
Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27 (1906/7) 1. Largo. Allegro moderato – 2. Allegro molto – 3. Adagio – 4. Allegro vivace Das Staatsorchester Darmstadt
Oboe Philippe Tondre Dirigent Eivind Gullberg-Jensen
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JEAN PHILIPPE RAMEAU
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Erst allmählich finden die Werke Rameaus zurück in die Spielpläne. „Les Boréades“ verschwand nach seiner Uraufführung in den Archiven und wurde erst über 200 Jahre später wieder „entdeckt“. Gerade einmal die „Eingeweihten“ spielten seine Cembalomusik und Triosonaten, die „Pièces de Clavecin en concerts“. Die Musikwissenschaftler kannten Rameau als einflussreichen und streitbaren Theoretiker (übrigens der erste seiner Zunft, der auch auf höchstem Niveau komponierte). Jean-Philippe Rameau bekleidete zu seiner Zeit in Frankreich den Rang wie Bach in Deutschland oder Händel in England. Camille Saint-Saëns, der sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts um die Wiederentdeckung der Musik Rameaus bemühte, urteilte: „Der unsterbliche Rameau ist das größte musikalische Genie, das Frankreich hervorgebracht hat.“ Jean-Philippe Rameau wurde 1683 unter der Herrschaft Ludwig des XIV., des „Sonnenkönigs“, in Dijon geboren. Zwei Jahre älter als Bach und Händel, wächst er als siebentes von elf Kindern eines Organisten auf. Er genießt eine musikalische Ausbildung, wenn auch seine schulische Erziehung in einem Jesuitenkolleg scheitert: Der Junge, der während des Unterrichts immer nur Noten schreibt, wird nach dem vierten Jahr von der Schule verwiesen. Autodidaktisch lernt er verschiedene Instrumente, assistiert dem Vater, wird schließlich Organist – und: Er komponiert. Um 1727 begegnete er seinem Mäzen Alexandre Le Riche de La Pouplinière, einem Generalsteuereinnehmer des Königs Ludwig XV., der Rameau und Familie in seinem Palast in der Rue de Richelieu wohnen lässt. Für mindestens zwölf Jahre leitet Rameau das Privatorchester seines Gönners, wo er mit dem Ensemble experimentieren kann. Schon 1722 hat er in seinem „Traité de l’harmonie réduite à ses principes naturels“, seine eigene Harmonielehre entworfen (von der wir heute noch viele Begriffe wie „Akkord“, „Dissonanz“ oder „Harmonie“ nutzen), und er plant gar die Gründung einer KompositionsSchule. Während er als Theoretiker bekannt wird, spricht sich seine Qualität auch bei Hofe herum. 1745 verleiht ihm Ludwig XV. einen Titel als Hofkomponist, adelt ihn, verbunden mit einer jährlichen Pensionszahlung von 2000 Livres. Im so genannten „Buffonistenstreit“ („Querelle des bouffons“) ist er Zentrum der erbitterten öffentlichen Auseinander-
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setzung über die Opern der italienischen Musiktruppen, die als frischer, volksnäher und weniger affektiert gelten. Als ein Gastspiel mit Pergolesis „La serva padrona“ in Paris einen Sensationserfolg erringt, beginnt die intellektuelle Kontroverse. „Der französische Gesang ist nur ein fortgesetztes Bellen, jedem Ohr, das nicht daran gewöhnt ist, unerträglich,“ poltert der auch selbst komponierende Philosoph Jean-Jacques Rousseau. Doch als er die Gelegenheit erhält, Rameaus „Platée“ kennenzulernen, zeigt er sich umgehend zur Revision seines Urteils bereit: „Lassen Sie sich nicht gereuen, sie als das Meisterwerk von Monsieur Rameau zu betrachten, als das hervorragendste musikalische Werk, das jemals auf unserem Theater zu hören war.“ Musikalischer und literarischer Geschmack werden am Hof geprägt. Versailles steht über allem, trotz des „Zeitalters der Aufklärung“, unter dessen Protagonist Voltaire sich ein intellektuelles Leben jenseits des Hofes etabliert. Rameau beginnt erst spät für das Theater zu schreiben: „Seit meinem zwölften Lebensjahr habe ich mich mit dem Theater beschäftigt, doch habe ich nie für die Oper gearbeitet, bevor ich 50 wurde. Ich fühlte mich noch nicht fähig, ich zögerte. Dann gelang mir etwas, ich hatte Glück. Schließlich wurde ich mutig, tollkühn … und habe weiter gemacht.“ Und er wird auch hier stilbildend mit seinen fünfaktigen „Tragédies lyriques“, auch wenn seine ersten Werke für erbitterten Streit sorgen: „Dissonanzen ohne Ende, viel Lärm, Furor, Getöse und Turbulenz an Stelle von Freude – nichts, das ans Herz gehen könnte …“ lautet die Kritik eines Zeitgenossen. Rameau bleibt unbeirrt, schreibt Oper über Oper und widmet sich den damals beliebten Tanzopern, dem heroischen oder dem komischen Ballett. Rameau hat keine eigenständigen Orchesterwerke geschrieben, all seine Orchesterwerke stammen aus Opern. Nach den zahlreichen „actes de ballet“ und „pastorales héroiques“ der 1750er Jahre tritt Rameau überraschenderweise mit einer großangelegte „tragédie“ in fünf Akten „Les Boréades“ (1763) hervor. Über seine Gründe für diese Wahl könnte man nur Mutmaßungen anstellen, und man weiss wenig über die Entstehung. Selbst der
Librettist ist nicht bekannt, und die Oper gelangte nie an die Öffentlichkeit, denn am 23. August erleidet der Komponist einen Anfall von Faulfieber, begleitet von Skorbut. Am 12. September stirbt er. Die Direktion bricht sofort die Proben ab und setzt statt dessen Campras „Tancrede“ – erst die sechste Wiederaufnahme innerhalb von 62 Jahren – als Eröffnungsvorstellung der Herbstsaison auf den Spielplan. Damit ist die Oper „Les Boréades“ „zu den Akten gelegt“. Unaufgeführt und unveröffentlicht werden die Partitur und die Stimmen von der Familie von Jean-Joseph Decroix, dem Sammler und großen Verfechter der Musik Rameaus, in der Bibliotheque Nationale konserviert. Er selbst tritt mit dem Gesuch an den jungen Ludwig XVI. heran, eine Ausgabe von Rameaus gesammelten Werken anzuordnen, und er drängt Theaterdirektoren, seine Mappe mit Opernmanuskripten von Rameau in Augenschein zu nehmen … Unmittelbar nach Rameaus Tod war jedoch Gluck in Mode, und die Zeit war reif geworden für eine Reaktion gegen die Konventionen der Barockoper. Der Geschmack hatte sich gewandelt. Das Barocktheater, das in den 1670er Jahren zur Erbauung eines Königs und der Höflinge geschaffen und am Hof und später auch in der Stadt als eine beliebte Unterhaltungsform beibehalten worden war, blieb im Wesentlichen eine Ausprägung der Ornamentalkunst, eine gleichermaßen visuelle wie musikalische Unterhaltung, wenn auch eine mit einem tragischen Stoff. Um erfolgreich zu sein, musste sie großen Spielraum für Gepränge bieten, und das nicht allein gesanglicher Art: Tanz, Spiel und vor allem spektakuläre Bühneneffekte waren ausschlaggebend. Diese episodische Schreibart hat man noch im 20. Jahrhundert kritisiert: Rameaus musikalische Formen, obgleich hervorragend gearbeitet und originell gehandhabt, sind „im Grunde eine Reihe von Miniaturen, die zum gewünschten Umfang erweitert worden sind“. (Winston Dean) In „Les Boréades“ erkundete Rameau neue Klänge. So neu sind sie, dass er vielleicht ahnte, dass das Werk in seiner Abwesenheit nicht aufgeführt werden würde, da es für das Opernorchester seiner Zeit zu schwer zu spielen und für das Pariser Publikum zu schwierig zu goutieren war. War
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Rameaus erstes Opéra-ballet, „Les Indes galantes“ (1735), an Campras „L’ Europe galante“ (1697) orientiert, so scheint „Les Fetes d’Hebé“ auf dessen „Les Muses“ (Paris 1703) zu rekurrieren, ein Werk, das verschiedene poetische Genres (Pastorale, Satire, Tragödie und Komödie) thematisiert. Im Gegensatz zu „Les Indes galantes“ fand „Les Fetes d’Hébe“ sofort eine positive Aufnahme, was einhellig der Musik zugeschrieben wurde. Der langwierige Entstehungsprozess von Rameaus dritter Tragédie-lyrique, „Dardanus“, die erst mehr als zwei Jahrzehnte nach ihrer Premiere einen triumphalen Erfolg erleben sollte, ist symptomatisch für die gattungsgeschichtliche Umbruchsituation, in der sich die französische Oper auf dem Höhepunkt der „Querelle des anciens et des modernes“ befand. Während in der 1. Fassung mit ihrem Schwergewicht auf den wunderbaren Erscheinungen, den Divertissements und dem Rekurs auf barocke Bühnenmaschinerie das „merveilleux“ (wunderbar) als ästhetische Kategorie bestimmend bleibt, orientiert sich die 2. Fassung durch die weitgehende Eliminierung dieser szenisch-spektakulären Elemente und die stärkere Dramatisierung der Handlung deutlich an der Tragödie des Sprechtheaters.
Es ist das vorletzte Werk von Richard Strauss, das er nach einer langen Karriere als Komponist und Kapellmeister schreibt, nach den „Metamorphosen für 23 Solo-Streicher“ und vor den „Vier letzten Liedern“. Es ist ein Alterswerk, wie es im Buche steht, abgeklärt im Ton und vor dem Hintergrund einer jahrzehntelangen Erfahrung als stilbildender Komponist von Opern und sinfonischen Dichtungen. Man muss im Alter nicht mehr sagen, was man sagen könnte. Man kann sich auf Weniges beschränken … Die Umstände der Entstehung fallen mit dem Ende des II. Weltkriegs zusammen. Als GI’s seine Garmischer Villa betreten, spricht ein 24-jähriger Oboist, John de Lancie aus Chicago, Strauss darauf an, ob er jemals an ein Konzert für die Oboe gedacht habe … Als Strauss die Komposition
STRAUSS
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Strauss komponiert in einem filigranen Ton, der trotz der nie in Frage gestellten Tonalität nicht antiquiert wirkt. Schon im zweiten „Hornkonzert“ (1942) ist die Verliebtheit in weit ausschwingende Melodien, auch die sanfte Wehmut nach tonalen Bezügen deutlich zu hören. Die kammermusikalische Dichte und das Sich-Ergehen in durchsichtigem Zierwerk, sind im Oboenkonzert noch schlüssiger weiterentwickelt. Stets herrscht eine rhapsodische Leichtigkeit und zurückhaltende Noblesse. Sie suchen Momente des Bukolischen und des Burlesken (im Finale) in eine Zeit zu retten, die diese Kategorien längst getilgt hat. „So wirkt das „Oboenkonzert“ wie ein großer, aber unpathetischer Abgesang auf eine zerstörte Musiksprache. Die Intensität, mit der dies gelang, macht das „Oboenkonzert“ zu einer der zentralen Kompositionen des späten Richard Strauss’.“ (Reinhard Schulz) Es ist übrigens ein überaus anspruchsvolles Werk
für den Solisten, denn gleich zu Anfang stehen eineinhalb Seiten in der Oboenstimme ohne Pause zum Luftholen. Strauss’ Opern, seine sinfonischen Dichtungen klingen in dem Konzert an, minimiert aufs Kleinformat und farbig-fein gezeichnet. Im letzten Satz des Konzerts scheint noch einmal die unbekümmerte Heiterkeit früherer Jahre auf. Sprunghaft schlüpft die Oboe von einer Rolle in die nächste. Am Ende hört man schließlich Anklänge an die untergegangene Welt des Walzers.
Rachmaninoff gehörte zu den besten Pianisten seiner Zeit, und er war überdies ein exzellenter Dirigent. Aber zu den gängigen (Vor-)Urteilen über seine Musik gehörte die Behauptung, sie klinge nach „Hollywood“. Als ob das ein Problem wäre … Rachmaninoff war vor den Wirren der Oktoberrevolution 1917 zunächst nach Stockholm und dann in die Vereinigten Staaten übersiedelt, hat aber (im Gegensatz zu anderen russischen Emigranten wie Vladimir Horowitz, Sergej Koussewitzky, Nathan Milstein oder Igor Strawinsky) nie die amerikanische Staatsbürgerschaft beantragt. Er ist in seinem Wesen und in seiner Musik Russe geblieben, wie er es noch 1941 in einem Interview bestätigt hat: „Ich habe mich in meinen Kompositionen nie darum bemüht, romantisch, national oder irgend etwas anderes zu sein. Ich bringe das, was ich in mir höre, so getreu wie möglich zu Papier. Ich bin ein russischer Komponist, und meine Heimat hat mein Temperament und meine Anschauungen geprägt. Meine Musik ist Ausdruck meines Temperaments, und also ist sie russische Musik.“ In der Sowjetunion hat man ihm seine Übersiedlung in die Vereinigten Staaten lange nicht verziehen, ihn als Abtrünnigen und Dissidenten verunglimpft und sein kompositorisches Schaffen nach 1917 mit Verachtung gestraft. In Amerika dagegen wurde Rachmaninoff mit offenen Armen empfangen, und er feierte als Pianist, Komponist und Dirigent spektakuläre Erfolge, aber dennoch hat die amerikanische Musik ihn nie wirklich als „einen der ihren“ betrachtet; seine Podiumsangst, seine strenge Selbstkritik, sein asketisches Auftreten, seine Wortkargheit und sein distanzierter, gewisser-
SERGEJ RACHMANINOFF
beginnt, sitzen er und seine Frau Pauline schon auf gepackten Koffern. Richard Strauss gilt als ehemaliger Präsident der „Reichsmusikkammer“ und Komponist der „Olympia-Hymne“ von 1936 als politisch belastet und würde sich einem Entnazifizierungsverfahren stellen müssen. Pauline ist krank, und am 9. Oktober 1945 verlassen beide in aller Frühe Garmisch. Ihr Ziel: die Schweiz, und im Gepäck zahlreiche Handschriften und das noch skizzenhafte Oboenkonzert. An der Grenze werden sie erst einmal verhaftet. Doch gegen ein Exemplar der Partitur der „Alpensinfonie“ lässt der französische Oberbefehlshaber sie die Grenze passieren. Sie erreichen Zürich, die Handschriften wandern in den Hotelsafe als Pfand gegen unbezahlte Hotelrechnungen. Am 25. Januar 1946 werden die „Metamorphosen“ in Zürich uraufgeführt – in Abwesenheit des Komponisten (obwohl er tags zuvor die Probe dirigiert hatte). Am 26. Februar 1946 findet dann, ebenfalls in Zürich, die Uraufführung des Oboenkonzerts statt. Strauss widmet es dem TonhalleOrchester Zürich und dessen langjährigem Leiter Volkmar Andreae, der selbst Komponist ist. Solist der Uraufführung ist der Solo-Oboist des Tonhalle-Orchesters, Marcel Saillet.
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maßen „sachlicher“ Interpretationsstil entsprachen so gar nicht dem Glanz- und Glamour-Image des Künstlers, das in Amerika favorisiert wurde. (Michael Stegemann) Gleichwohl war seine Musik so bekannt, dass die Marx Brothers in ihrem Film „A night at the opera“ (1935) das „cis-Moll Prélude“ nutzten, um damit einen Konzertflügel in seine Einzelteile zu zerlegen. Billy Wilder ließ 1955 Marilyn Monroe zu Rachmaninoffs „Zweitem Klavierkonzert“ dahin hinschmelzen („Das verflixte 7. Jahr“). Zigarette rauchend, im Abendkleid, auf der Klavierbank neben dem Pianisten haucht sie die schönen Sätze: „It quakes me, it shakes me, it makes me goose pimpels. (Es erschüttert mich, es schüttelt mich, es macht mir Gänsehaut.)“ Das „cis-Moll-Prélude“ brachte Rachmaninoff in Amerika aber auch den Ruf eines „virtuosen Salonromantikers“ (Stegemann) ein. Werke, in denen er dem Sprachmuster des „Préludes“ folgte, wurden mit demselben Enthusiasmus gefeiert; so errangen das „zweite Klavierkonzert“ oder die „Vocalise“ aus dem „Liederzyklus“ op. 34 eine Popularität, die von den Vertretern der sogenannten „ernsten“ Musik mit Misstrauen und Neid konstatiert wurde. Der Frühbegabte besuchte schon mit 12 das Moskauer Konservatorium. Unter dem strengen Regiment seiner Lehrer konzentrierte sich seine Ausbildung zwar auf das Pianistische, aber Rachmaninoffs eigentliches Interesse galt schöpferischer Arbeit. Hierin von seinem Harmonielehrer Anton Arensky bestärkt und mit einer Empfehlung Tschaikowskys versehen, begann er seine Studien bei Sergej Tanejev. Die Moskauer Uraufführung seines „Klavierkonzerts fis-Moll op. 1“ von 1892 und die glänzend aufgenommene Premiere seiner preisgekrönten Oper „Aleko“ 1893 brachten Rachmaninoff den Ruf ein, ein eigenständiger, zukunftsweisender Komponist und keinesfalls ein Traditionalist zu sein. Schon im Alter von 20 Jahren waren seine Erfolge märchenhaft. Für den Abschluss seiner Studien hatte er die höchst selten verliehene Goldmedaille erhalten, und einige Jahre lang verfolgte er seinen Weg als Komponist und schien alle Erwartungen zu bestätigen, die man in ihn gesetzt hatte. Dann aber fand
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(am 15. März 1897) in Petersburg die von Alexander Glasunow dirigierte Uraufführung der „Ersten Sinfonie d-Moll op. 13“, nach Themen der russisch-orthodoxen Liturgie statt. Es wurde ein katastrophaler Misserfolg; das Werk wurde als „modernistisch, banal, armselig in seiner thematischen Erfindung und krankhaft pervers in seiner Harmonik“ radikal abgelehnt. (Die Kritik richtete sich gegen den „Modernismus“ nicht gegen konservative Elemente!) Rachmaninoff war über diesen Misserfolg so enttäuscht, dass er in Depressionen verfiel und mehrere Jahre lang zu jeder schöpferischen Arbeit unfähig war. Im Sommer 1900 konnte er durch die Hypnosebehandlung des Psychiaters Nikolai Dahl diese Krise zwar überwinden, doch sie hatte sein Wesen grundlegend verändert. Eine unbeschwerte und kompositorisch fruchtbare Zeit erlebte Rachmaninoff nur noch von 1906 bis 1908 in Dresden (wohin er wegen der politischen Wirren in Russland gegangen war). Dort schrieb er unter anderem seine „Zweite Sinfonie e-Moll op. 27“, die sinfonische Dichtung „Die Toteninsel“ (op. 29, nach dem Gemälde von Arnold Böcklin, und das „Dritte Klavierkonzert“. Der Rest seines Lebens als Komponist wurde für ihn vom Misserfolg der ersten Sinfonie überschattet, „Ich habe kein Selbstvertrauen mehr“, schreibt er am 8. Mai 1912 an Marietta Schaginjan. „Wenn es je eine Zeit gab, in der ich Selbstvertrauen hatte, so liegt sie lange zurück – lange, sehr lange – in meiner Jugend. Seit zwanzig Jahren bin ich in der Behandlung von Doktor Dahl, der mich immer wieder anregt, Mut zu fassen. Aber die Krankheit hat mich ein für allemal gepackt und ist, fürchte ich, in den letzten Jahren eher schlimmer geworden. Irgendwann werde ich wohl das Komponieren ganz aufgeben …“ Uraufgeführt wurde die zweite Sinfonie 1908 am 26. Januar 1908 in St. Petersburg. Wenig später erhielt er dafür den mit 1000 Rubeln dotierten „Glinka-Preis“. Und bald schon lernte man die Sinfonie auch in den USA bei einer Tournee mit dem Philadelphia-Orchestra kennen. Widmungsträger wurde sein Lehrer Sergej Tanejev.
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PHILIPPE TONDRE
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Es ist ein Sinfonie, die hörbar in der Tradition der russischen Schule steht, glänzend für ein Orchester mit dreifachen Holzbläsern, vier Hörnern, drei Trompeten, drei Posaunen und Tuba, Pauken und Schlagzeug instrumentiert, formal an die Vorbilder des frühen 19. Jahrhunderts angelehnt. Der Formverlauf wird hier nicht – wie sonst oft in der Sinfonik des späten 19. Jahrhunderts – problematisiert, er ist leicht fasslich, wie auch die Themen, die oft aus sehr eingängigen Melodieverläufen bestehen. Die eigentlichen Themen sind recht kurz, dafür werden sie oft wiederholt und so transponiert, dass die Melodieverläufe sich zu langen Bögen verbinden. Ein dreiteiliges Scherzo steht an zweiter Stelle, der langsame Satz an dritter Stelle. Der vierte Satz – formal ein sonatenähnlicher Satz – beginnt und endet optimistisch schnell und kehrt in seinem zweiten Thema zur Stimmung des dritten Satzes zurück. Es ist ein langes Werk, ungekürzt mit einer Aufführungsdauer von fast einer Stunde, und Rachmaninoff hatte selbst noch Striche autorisiert, die die Architektur aber eher in eine Schieflage brachten. Dass diese Musik leider unter „Kitsch-Verdacht“ stand, hat ihrer Verbreitung hierzulande nicht geholfen. Es ist ein mitreißendes und effektvolles Orchesterstück, das nicht umsonst heutzutage Orchester als Ausweis ihrer Virtuosität spielen. Gernot Wojnarowicz
Der Oboist Philippe Tondre wurde 1989 in Mülhausen/Frankreich, geboren und begann im Alter von 15 Jahren sein Studium am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris, das er 2010 mit einem Masterdiplom abschloss. Von 2008 bis zum Sommer 2016 war er Solo-Oboist beim Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, sowie Solo-Oboist im Mito Chamber Orchestra und dem Saito Kinen Festival Orchestra Matsumoto Japan. Als Solist hat Philippe Tondre zudem mit dem Budapest Festival Orchestra, im Orchestre de Paris, im Rundfunk Sinfonieorchester Paris und im RSB Berlin gespielt.
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EIVIND GULLBERG-JENSEN
Als Kammermusiker spielte er mit dem Chamber Orchestra of Europe, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem New Mozart Orchestra London, dem Thai Philharmonic Orchestra und dem Collegium Musicum Basel. Mit Künstlern wie Maurice Bourgue, Radek Baborak, Olga Watts und Georg Friedrich Haas verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit, mit Dirigenten wie Sir Roger Norrington, Neeme Järvi, Marek Janowski und Daniel Harding. Philippe Tondre ist Preisträger aller wichtigen internationalen Oboen-Wettbewerbe. 2008 gewann er den Dritten Preis bei der Prague Spring International Music Competition. Ein Jahr später erhielt Tondre den Ersten Preis der „The Fernand Gillet – Hugo Fox Oboe Competition“ und den Zweiten Preis bei „The International Oboe Competition Karuizawa“. Beim 60. Internationalen Musikwettbewerb der ARD wurde Tondre mit dem Zweiten Preis geehrt sowie mit dem Publikumspreis und dem Sonderpreis für die beste Interpretation der Auftragskomposition ausgezeichnet. 2012 wurde ihm der Beethovenring verliehen. Seit Beginn der Saison 2016/2017 ist Philippe Tondre erster Solo-Oboist des Leipziger Gewandhaus-Orchesters. Der 1972 in Norwegen geborene Dirigent Eivind Gullberg-Jensen studierte zunächst Violine und Musiktheorie in Trondheim in Norwegen, bevor ein Dirigerstudium an der Sibelius-Akademie in Stockholm bei Jorma Panula und an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien bei Leopold Hager folgte. Seine musikalische Ausbildung ergänzte er durch zahlreiche Meisterkurse wie beispielsweise beim Aspen Music Festival in Polen und New York. Eivind Gullberg-Jensen war von 2008 bis 2013 Chefdirigent der NDR Radiophilharmonie und hat außerdem bereits mit vielen bedeutenden Orchestern zusammengearbeitet, darunter die Berliner Philharmoniker, das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra, das Orchestre de Paris, das WDR Sinfonieorchester Köln und das TonhalleOrchester in Zürich. Darüber hinaus dirigierte er an renommierten Opernhäusern wie der Komischen Oper Berlin, dem Opernhaus Zürich und der English National Opera.
Im April 2015 feierte Gullberg-Jensen sein erfolgreiches Debüt bei dem Helsinki Philharmonic Orchestra mit einem Werk von Jörg Widmann. Im Frühling 2016 kehrte er zurück, um in einer Produktion von Strawinskys „The Rake’s Progress“ sein Debüt an der Finnischen Nationaloper zu geben. Als international gefragter Dirigent hat Eivind Gullberg-Jensen die Eröffnungskonzerte des Casals Festival in Puerto Rico geleitet, sein Japandebüt mit dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra gegeben und im New National Theatre Tokyo „Tosca“ dirigiert. Im Mai 2017 wird er an der Wiener Staatsoper debütieren.
Soli fan tutti 2. Konzert
Sonntag, 27. November 2016, 11.00 Uhr, Großes Haus Giovanni Bottesini „Passione Amorosa“ für 2 Kontrabässe und Klavier
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3. Sinfoniekonzert
Das Staatsorchester Darmstadt
Enrique Granados Klavierquintett d-Moll op. 49
Erste Violinen Guillaume-Thomas Faraut, Sebastian Gäßlein,
Klarinette Michael Schmidt Violine Megan Chapelas und Martin Lehmann Viola Anja Beck Violoncello Theresia Rosendörfer Kontrabass Balázs Orbán und Stefan Kammer Klavier Joachim Enders und Friederike Richter
Gyula Vadasz, Susanne Apfel, Annette Weidner, Miho Hasegawa,
3. Kammerkonzert
Heri Kang* Violen Klaus Opitz, Tomoko Yamasaki, Uta König,
Antonín Dvořàk Klavierquintett A-Dur op. 81
Donnerstag, 15. Dezember 2016, 20.00 Uhr, Kleines Haus
Makiko Sano, Horst Willand, Jane Sage, Theodor Breidenbach, Damaris Heide-Jensen, Astrid Mäurer, Sachiko Kobayashi*
Zweite Violinen Sorin Dan Capatina, Emre Tamer, Sylvia Schade,
Anne Kathrin Wetzel, Martin Lehmann, Christiane Dierk, Kenneth Neumann, Almuth Luick, Evelyn Zeitz, Elisabeth Überacker,
Zeynep Tamay, Guillem Selfa-Oliver, Barbara Walz, Claudia Merkel-
Franz Schubert Vier Impromptus D 899
Hofmann, Almuth Kirch, Christoff Schlesinger* Violoncelli Michael
Klavier Lars Vogt
Schlesier, Alev Akcos, Kathrin Heintze* Kontrabässe Stefan Kammer,
Weihnachtskonzert
Knirsch Flöten Mareile Erten, Danielle Schwarz, Kornelia Hagel-
Johann Sebastian Bach Goldberg Variationen BWV 988
Sonntag, 18. Dezember 2016
11.00 Uhr und 18.00 Uhr, Großes Haus Georg Friedrich Händel/Wolfgang Amadeus Mozart
Veit, Kanghao Feng, Albrecht Fiedler, Friederike Eisenberg, Sabine
Bàlász Orbán, Friedhelm Maria Daweke, Jörg Peter Brell, Johannes Höfele Oboen Michael Schubert, Sebastian Röthig, Anna-Maria-
Hampel Klarinetten Michael Schmidt, Felix Welz, David Wolf Fagotte
Eberhard Steinbrecher, Jan Schmitz Hörner Juliane Baucke, Martin
„Der Messias“ Teil 1 Frederick Delius Walk to the paradise garden John Rutter Gloria
Walz, Ralf Rosorius, Christiane Bigalke Trompeten Manfred
Chor des Musikvereins Darmstadt e.V.
Gabriel López-Valcárel, Oliver Schwab*
Bass Nicolas Legoux Dirigent Thomas Eitler-de Lint
Stand der Besetzung: 16. November 2016 / * = Gäste
Neujahrskonzert
GMD Will Humburg Orchesterdirektion und Konzertdramaturgie Gernot Wojnarowicz Orchesterbüro Magnus Bastian Referentin GMD & Orchesterdirektion Franziska Domes Notenbibliothek Hie-Jeong Byun Orchesterwarte Matthias Häußler, Willi Rau
Das Staatsorchester Darmstadt
Sopran Katharina Persicke Alt Amira Elmadfa Tenor Raphael Pauß
Sonntag, 01. Januar 2017, 18.00 Uhr, Großes Haus Das Staatsorchester Darmstadt
Moderation Gernot Wojnarowicz Dirigentin Dalia Stasevska
Bockschweiger, Marina Fixle, Michael Schmeißer Posaunen Christian Künkel, Ulrich Conzen, Markus Wagemann Tuba Eberhard Stockinger Pauken Frank Assmann Schlagzeug Matthäus Pircher, Jürgen Jäger,
BESETZUNG
KONZERTHINWEISE
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Freundeskreis Sinfoniekonzerte Darmstadt e.V.
Liebe Musikfreunde, der Freundeskreis leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, den Sinfoniekonzerten am Staatstheater Darmstadt eine besondere Attraktivität zu verleihen. Er verdankt seine Gründung im Jahre 1989 einer Anregung von Herrn Drewanz, dem damaligen GMD, und er hat sich seitdem unentbehrlich gemacht. Höhepunkt der Spielzeit 2014/2015 war aus unserer Sicht das von uns geförderte Jubiläumskonzert am 16.11.2014. Außerdem ermöglichten wir 2014/2015 Konzerte mit Sabine Meyer und Frank Peter Zimmermann. Im Juni 2016 unterstützten wir das Konzert mit Lise de la Salle, und im Oktober 2016 förderten wir das Konzert mit Antoine Tamestit. Zeigen auch Sie Kunstverstand und Initiative! Werden Sie Mitglied im Freundeskreis Sinfoniekonzerte Darmstadt e.V. Wir freuen uns auf Sie! Anfragen und Informationen
Geschäftsführerin Karin Exner, Marienhöhe 5, 64297 Darmstadt
Tel. 06151.537165
[email protected] Vorsitzender Dr. Karl H. Hamsch stellvertretende Vorsitzende Jutta Rechel Schatzmeister Helmut Buck
„Music is enough for a lifetime, but a lifetime is not enough for music.“ Sergej Rachmaninoff
Wir danken dem Blumenstudio Petra Kalbfuss für die Blumenspende.
Bessunger Str. 54, 64285 Darmstadt, Telefon 06151 . 63984 IMPRESSUM
Spielzeit 2016 | 17, Programmheft Nr. 13 | Herausgeber: Staatstheater Darmstadt Georg-Büchner-Platz 1, 64283 Darmstadt, Telefon 0615 1.28 11-1 Intendant: Karsten Wiegand | Geschäftsführender Direktor: Jürgen Pelz Redaktion und Texte: Gernot Wojnarowicz | Mitarbeit: Daria Semenova Fotos: www.eivindgullbergjensen.com und www.philippetondre.com Sollte es uns nicht gelungen sein, die Inhaber aller Urheberrechte ausfindig zu machen, bitten wir die Urheber, sich bei uns zu melden
Gestalterisches Konzept: sweetwater | holst, Darmstadt Ausführung: Hélène Beck | Herstellung: Dinges & Frick GmbH, Wiesbaden
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