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Physikalisches Praktikum A9 Zeeman-Effekt
Literatur /1/ T.Mayer-Kuckuk
Atomphysik
/2/ PHYWE Versuchsanleitung
Zeeman Effect with CMOS-Camera
1. Grundlagen Im Wasserstoffatom bewegt sich das Elektron im Coulomb-Potential 𝛷(𝑟) = −
𝑍𝑒 2 𝑟
des Kerns. Die Energieeigenwerte des H-Atoms ergeben sich daraus zu:
𝐸𝐶𝑜𝑢𝑙 (𝑛) = −
mit der Rydberg-Konstanten 𝑅𝑦
𝜇𝑒 4
8𝜀0
=
2 ℎ2
𝜇𝑒 4
∙
8𝜀0 2 ℎ2
1
𝑛2
= − 𝑅𝑦 ∙
1
(1)
𝑛2
.
Das heißt, die Energien hängen nur von der Hauptquantenzahl n ab. n kann die ganzzahligen Werte n = 1, 2, 3, … annehmen. Zu jedem Wert für n können Bahndrehimpulsquantenzahl l und magnetische Quantenzahl m die Bereiche
l = 0, 1, 2, …, (n-1) m = - l, (- l + 1), …, l durchlaufen. Dementsprechend gibt es zu jedem Wert von n 2 ∑𝑛−1 𝑙=0 (2 ∙ l + 1) = 𝑛
(2)
Kombinationen der anderen Quantenzahlen, die zu der gleichen Energie führen. Wenn ein solcher Fall auftritt nennt man das System entartet.
a) Normaler Zeeman-Effekt Atome in äußeren magnetischen, elektrischen oder elektromagnetischen Feldern erfahren jedoch Aufspaltungen und Verschiebungen ihrer Energieniveaus. Bereits 1896 beobachtete der holländische Physiker Zeeman, dass sich die Spektrallinien von Atomen in homogenen äußeren Magnetfeldern in mehrere, separierte Komponenten aufspalten. Dies bezeichnet man entsprechend als Zeeman-Effekt. 1
Beschränken wir uns auf das Wasserstoffatom, so kann man den Zeeman-Effekt durch ein semiklassisches Modell beschreiben. Gemäß dem Bohrschen Atommodell bewegt sich das negativ geladene Elektron auf einer Kreisbahn um den positiv geladenen Kern. Durch dieses kreisende Elektron wird ein Kreisstrom I erzeugt, welcher ein magnetisches Moment 𝜇⃗ antiparallel zur Flächennormalen 𝑛�⃗ hervorruft
𝜇⃗ = 𝐼 ∙ 𝐴 ∙ 𝑛 ���⃗ = −𝑒𝑓𝜋𝑟 2 ∙ 𝑛 ���⃗
(3)
wobei A = 𝜋 ∙ 𝑟 2 die von der Kreisbahn eingeschlossene Fläche und 𝑓 die Umlauffrequenz der Elektronenladung −𝑒 bezeichnet. Für den Drehimpuls 𝑙⃗ des Elektrons gilt
𝑙⃗ = 𝑚𝑒 𝑣𝑟 ∙ ���⃗ 𝑛 = 2𝜋𝑓𝑚𝑒 𝑟 2 ∙ ���⃗ 𝑛
(4)
Dies ergibt eingesetzt in (3):
𝜇𝑙 = − ���⃗
𝑒
2𝑚𝑒
𝑙⃗
(5)
In einem externen Magnetfeld ist die potentielle Energie eines magnetischen Dipols mit magnetischem Moment 𝜇⃗ gegeben durch
�⃗ = 𝐸𝐵 = −𝜇 ���⃗𝑙 ∙ 𝐵
𝑒
2𝑚𝑒
�⃗ 𝑙⃗ ∙ 𝐵
(6)
Wählt man das Koordinatensystem so, dass die z-Achse in Richtung des Magnetfeldes zeigt
�⃗ = {0,0, 𝐵𝑧 = 𝐵} ) und berücksichtigt man das quantenmechanisch die z-Komponente (𝐵 des Drehimpulses gegeben ist durch 𝑙𝑧 = 𝑚ℏ, dann lässt sich (6) schreiben als 𝐸𝐵 =
𝑒ℏ
2𝑚𝑒
𝑚𝐵
(7)
Mit der magnetischen Quantenzahl m, die die Werte −𝑙 ≤ 𝑚 ≤ +𝑙 annehmen kann. Der konstante Faktor in (7)
𝜇𝐵 =
𝑒ℏ
2𝑚𝑒
= 9,274014 ∙ 10−24 𝐽⁄𝑇 = 0,579 ∙ 10−4 𝑒𝑉 ⁄𝑇
heißt Bohrsches Magneton.
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(8)
Für die Energiezustände des H-Atoms in einem externen Magnetfeld gilt daher mit (1) und (7):
𝐸𝑛,𝑙,𝑚 = 𝐸𝐶𝑜𝑢𝑙 (𝑛) + 𝐸𝐵 = − 𝑅𝑦
1
𝑛2
+ 𝜇𝐵 𝑚𝐵
(10)
Das bedeutet, dass durch ein homogenes externes Magnetfeld die durch die magnetische Quantenzahl 𝑚𝑙 bewirkte (2l + 1)-fache Entartung der Energiewerte En aufgehoben wird. So wird ein d-Zustand (l = 2) in fünf Energieniveaus aufgespalten:
Abb.1: Energieaufspaltung für einen d-Zustand (l = 2) /1/ Diese Aufspaltung der Energieniveaus führt zu zusätzlichen Übergängen und damit zu zusätzlichen Spektrallinien im Spektrum des Wasserstoffatoms. Erlaubt sind jedoch nur bestimmte Übergänge, für die gilt (Auswahlregeln für Dipolstrahlung): ∆𝑙 = ±1
∆𝑚 = 0, ±1
(12)
Benachbarte, aus derselben Bahndrehimpulsquantenzahl 𝑙 hervorgehende Energieniveaus haben die gleiche von 𝑙 unabhängige Energiedifferenz ∆𝐸 = 𝜇𝐵 𝐵. Infolge dieser für beide Zustände des atomaren Übergangs gleich großen Aufspaltung fallen unabhängig von der Zahl der Termkomponenten alle Übergänge mit gleichem Δm zusammen; es entstehen drei Linien, der sog. normale Zeeman‐Effekt (s. Abb. 2).
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Abb. 2: Normaler Zeeman-Effekt am Beispiel des Cd-Übergangs 3 1𝐷2 → 2 1𝑃1 Beobachtet man parallel zur Magnetfeldrichtung (longitudinaler Zeeman-Effekt), so sieht man bei den Übergängen mit ∆𝑚 = −1 rechts-zirkular polarisiertes Licht (𝜎 − -Polarisation) und bei den Übergängen mit ∆𝑚 = 1 links-zirkular polarisiertes Licht (𝜎 + -Polarisation), das bei transversaler Beobachtung als senkrecht zur Feldrichtung linear polarisiert erscheint. Durch die Übergänge mit ∆𝑚 = 0 wird die ursprüngliche, unbeeinflusste Linie emittiert. Der Übergang mit ∆𝑚 = 0 kann also nur dem vom Magnetfeld nicht beeinflussten Bewegungsanteil des Elektrons in Feldrichtung korrelieren. Daher wird die ursprüngliche, unbeeinflusste Linie emittiert. Ein in z-Richtung oszillierender Dipol emittiert eine in dieser Richtung linear polarisierte elektromagnetische Strahlung. Die mittlere 𝜋-Komponente des Zeeman-Tripletts offenbart sich mithin nur bei transversaler Beobachtung.
b) Anormaler Zeeman-Effekt Eine ganze Riehe von Spektrallinien zeigt im (schwachen) Magnetfeld genau das oben beschriebene klassisch zu erwartende Aufspaltungsbild. Alle anderen Aufspaltungsbilder heißen anormal. Es muss berücksichtigt werden das auch mit dem Spin des Elektrons ein magnetisches Moment
𝜇𝑠 verbunden ist. Statt Gl. (6) muss dann geschrieben werden: ���⃗ �⃗ 𝐸𝐵 = −𝜇 ���⃗𝚥 ∙ 𝐵 4
mit
(13)
𝜇𝚥 = 𝜇 ���⃗ ���⃗𝑙 + 𝜇 ���⃗𝑠 Bei einem schwachen externen Feld ist die Wechselwirkung der inneren magnetischen Momente wesentlich größer, und Spin und Bahndrehimpulse aller Hüllenelektronen koppeln zu einem resultierenden Drehimpuls 𝐽⃗ :
𝐽⃗ = ∑ �𝑙⃗𝚤 + ∑ ��⃗ 𝑠𝚤 = 𝐿�⃗ + 𝑆⃗
(14)
Für die energetische Korrektur zum Spektralterm im Magnetfeld erhält man dann:
∆𝐸𝐵 = 𝜇𝐵 𝐵𝑚𝐽 �1 +
𝐽(𝐽+1)+𝑆(𝑆+1)−𝐿(𝐿+1) 2𝐽(𝐽+1)
� = 𝜇𝐵 𝐵𝑔𝐽 𝑚𝐽
(15)
Die Größe 𝑔𝐽 in den geschweiften Klammern ist der Landersche g-Faktor.
Gl. (15) sagt aus, dass im Magnetfeld 2𝐽 + 1 äquidistante Niveaus auftreten, entsprechend
den Werten von 𝑚𝐽 und dass deren Abstand proportional zu B ist. Weiter hängt die
Aufspaltung ab vom Lande-Faktor, der für jedes Niveau verschieden sein kann. Wenn der Übergang zwischen zwei Niveaus 1 und 2 erfolgt, die beide 𝑆 = 0 haben, so ist 𝐽 = 𝐿 und
𝑔𝐽
= 1. Bei Emission gilt dann für die Energieverschiebung der Linie im Magnetfeld
Das heißt
∆𝐸1 −∆𝐸2 ℏ
=
𝜇𝐵 𝐵 ℏ
�𝑚𝐽1 − 𝑚𝐽2 � = ∆𝜔
∆𝜔 = ±
𝜇𝐵 𝐵
(16)
für ∆𝑚𝐽 = ±1
ℏ
Und
∆𝜔 = 0
für ∆𝑚𝐽 = 0
Also gerade der normale Zeeman-Effekt von Gl. (10). Er tritt immer dann auf, wen die Spins der Elektronen in beiden Niveaus exakt zu Null koppeln.
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Zur Untersuchung des normalen Zeeman-Effekts wird im Praktikum der Cd-Übergang 3 1𝐷2 → 2 1𝑃1 mit der Wellenlänge 643,8 nm verwendet. In der Spektroskopischen Notation nach Russel und Saunders wird der Zustand eines Atoms folgendermaßen geschrieben: n
(2𝑆+1)
𝐿𝐽
Dabei bezeichnet n die Hauptquantenzahl, L den Gesamtbahndrehimpuls, J den Gesamtdrehimpuls und S den Gesamtspin. Die Größe (2S+1) wird auch Multiplizität genannt. Da beim normalen Zeeman-Effekt S = 0 gilt, tritt der normale Zeeman-Effekt nur bei Zuständen mit der Multiplizität 1 auf, sog. Singulett-Zuständen. Ein Termschema mit erlaubten Übergängen ist in Abb. 3 angegeben.
Abb. 3: Termschema mit erlaubten Übergängen für Cadmium. Wellenlängen in Å = 0,1 nm /2/
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2. Aufgabenstellung Es soll das Bohr‘sche Magneton μB mittels normalem Zeeman- Effekt bei transversaler Beobachtung bestimmt werden.
3. Versuchsaufbau Die Anordnung, die zur Bereitstellung der optischen Strahlung und deren Beeinflussung durch ein Magnetfeld benutzt wird, ist die folgende:
Abb. 4: Strahlungserzeuger Ein Eisenkern mit durchbohrten Polschuhen ist von einer Spule umwickelt. Durch die Polschuhe wird das Magnetfeld des Eisenkerns bei stromdurchflossener Spule auf eine Cd- Niederdrucklampe (CdDampf bei Drücken << 1bar) in Röhrchenform fokussiert. Das Röhrchen steht senkrecht auf der Papierebene und wird mit Speisung mit Hochspannung gespeist. Mit dem Magnetfeld ist auf atomarer Ebene die Festlegung der z- Achse der Cd-Atome verbunden (= Richtung des Magnetfeldes). Wertet man die in Richtung der z- Achse emittierte Strahlung der Cd- Röhre aus, so beobachtet man in longitudinaler Richtung, wertet man die Strahlung in einer dazu senkrechten Richtung aus, so beobachtet man in transversaler Richtung. Die Lampe erscheint nach Einschalten weiss, emittiert also mehrere Spektrallinien. Eine davon, bei der Wellenlänge λ = 508,588nm (ohne Magnetfeld!) zeigt den anormalen Zeeman- Effekt, eine 7
andere, die im roten Spektralbereich bei λ = 643,847nm liegt, zeigt den normalen Zeeman- Effekt. Diese wird hier im Versuch benutzt. Da durch das Aufschalten des Magnetfeldes die Energieniveaus der Elektronen im Cd abgeändert werden, ändern sich die Wellenlänge der emittierten Strahlung: aus 643,847nm werden drei dicht beieinanderliegende Linien. Sie können von einem der üblichen Spektralapparate auf der Basis von Beugungsgittern mit 1000 und mehr Strichen nicht mehr getrennt werden. Stattdessen muß ein Fabry- Perot- Interferometer eingesetzt werden. Das funktioniert in etwa so:
Abb 5: Fabry- Perot- Interferometer Das Fabry- Perot- Interferometer (FPI) besteht aus zwei exakt parallelen Glasplatten (hier Quarzglas), die auf ihren Innenseiten verspiegelt sind. Der Reflektionsgrad ist also sehr hoch (> 98%). Nur ein kleiner Teil des Lichtes kann die Glasplatten durchdringen. So wird das unter einem bestimmten Winkel ankommende Licht viele Male zwischen den Platten reflektiert, wobei bei jeder Reflektion ein kleiner Teil aus der unteren Glasplatte austritt. Es entsteht am „Ausgang“ des FPI ein paralleles Strahlenbündel unter dem gleichem Winkel wie das einfallende Licht. Im austretenden Strahlenbündel besteht aber ein Gangunterschied zwischen den einzelnen Teilstrahlen, die die Intensität des austretenden Bündels bestimmt (konstruktive oder destruktive Interferenz). Da die Beleuchtung des FPI mit einem geöffnetem Strahlenbündel erfolgt, werden die einzelnen Spektralanteile in bestimmten Winkelrichtungen konstruktiv interferieren, in anderen destruktiv, bestimmten Wellenlängen entsprechen also bestimmte Austrittswinkel. Werden diese Strahlen durch eine Linse in deren hinterer Brennebene gebündelt und befindet sich dort die lichtempfindlichen Fläche einer CCD- Kamera so entstehen als Interferenzbild konzentrische 8
Kreisringe für eine Wellenlänge: die Interferenzordnungen. Verschiedene Wellenlängen haben dabei verschiedene Radien. Dieser Radien- Unterschied ist bei FPI’s erheblich höher als für Gitter (Faktor 10..1000), die spektrale Auflösung des FPI ist also sehr hoch. Hier ein Bild der FPI- typischen Interferenzringe für eine Wellenlänge:
Abb. 6: Kamerabild des FPI nach vorheriger Rotfilterung (kein Magnetfeld) Der helle Kreis in der Mitte zeigt die 0. Interferenzordnung (Direktabbild der Lampe), der direkt umgebende Kreisring die 1. Interferenzordnung usw. Abgebildet ist die rote Linie bei ca. 644nm ohne Magnetfeld. Mit Magnetfeld sieht die Sache so aus:
Abb 7: Kamerabild des FPI nach vorheriger Rotfilterung (mit Magnetfeld) Man kann im Vergleich erkennen: Die 0. Interfernzordnung bleibt gleich, ab der 1. Interfernzordung stehen an der Stelle von einem Kreis jetzt drei (Energieaufspaltung). Der Abstand dieser drei Kreise ist umso größer, je stärker das Magnetfeld ist. Demzufolge müssen diese Kreisringe bzw. deren Verschiebung ausgewertet werden. 9
4. Versuchsdurchführung Für 4 Ströme im Bereich von 2,5A … 5A mittels des Programms Motic- Image jeweils ein Abbild des FPI- Interferenzbildes aufnehmen. Mittels der Funktion Measure -> Circle (3 Points) von allen noch vollständig auswertbaren Beugungsordnungen deren Kreisfläche bestimmen und notieren. Das sollte dann etwa so aussehen:
Abb. 8 Normale Zeeman- Aufspaltung nach Anwendung von Measure -> Circle C3P1..3 ist das Tripel mit der 1. Interferenzordnung (die3 kleinsten Kreisringe). Die Indizes a, b, c meinen im Folgenden: a: kleinster Kreisring, b: mittlerer und c: äußerer Kreisring derselben Interferenzordnung mit dem Flächeninhalt A1,a= 10,9, A1,b=13,8 bzw A1,c=16,9μm2. Analog liefert C3P4..6, C3P7..9 und C3P10..12 die Flächeninhalte der 2., 3. und 4. Interferenzordnung derselben Spektrallinie und damit die Flächeninhalte A2,a..c, A3,a..c und A4,a..c. Es muß für jeden Strom (Strom mitnotieren!) bestimmt werden: δ(B) = Mittelwert(Ai,c - Ai,a) / 2 über alle Interferenzordnungen i, Δ(B) = (Amax,b – A1,b) / (max - 1), max = Ordnung der größten vermessenen Interferenzordnung. Daraus q(B) = δ(B) / Δ(B) bestimmen (ergibt 5 Werte für diese Größe: 4 aus obigen Messungen + q(0) = 0). Die Ströme mittels untenstehender Eichkurve noch in magnetische Flußdichten B1,…,B5 umwandeln. Alle 5 Werte in ein Diagramm q(B) eintragen und Steigung m der Ausgleichsgeraden ermitteln. 10
μB kann daraus ermittelt werden durch: μB = m⋅
ℎ𝑐 , 2𝜇𝑡
mit
h = 6,626⋅10-34Js (Plancksches Wirkungsquantum), c = 3⋅108m/s (Vakuumlichgschwindigkeit),
μ = 1,456 (Brechungsindex von Quarzplatte in Fabry- Perot- Interferometer), t = 3mm (Plattenabstand der Quarzplatten im Fabry- Perot- Interferometer).
Literaturwert für μB: 9.274⋅10-24 J/T
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