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Abegglen: Service Excellence als Ziel gesetzt. Wirksame Stellhebel erkannt. Bewährte Tools genutzt. Ankommen! Dienstleistungsunternehmen sind faszinierende Organisationen. Ob Kantinenbetreiber, Akutspital, internationale Law Firm oder globaler Übersetzungsdienstleister: Die Gestaltung und das Management von Dienstleistungen ist ebenso reiz- wie anspruchsvoll. Der 'Chief Service Officer' gleicht dabei einem Zehnkämpfer, der nur im Ziel ankommt, wenn er ein breites Spektrum unterschiedlichster Aufgaben meistern kann. Im Kern geht es um die folgende Frage: Wie schaffen es Dienstleister, ihre Services so zu definieren und zu erbringen, dass sie für die Kunden hochattraktiv und gleichzeitig für die Dienstleister selber wirtschaftlich interessant sind? Diese Frage ist strategisch wie operativ knifflig. Eine Vielzahl von Teilaspekten muss berücksichtigt werden. In dieser Situation ist es hilfreich, über ein geeignetes Denkmodell zu verfügen und
wirksame Werkzeuge für Design und Optimierung von Dienstleistungen und deren Erbringung zu kennen. In der nachfolgenden Übersicht sind vier solcher Denkhilfen und Werkzeuge aufgeführt. Ihre Praxisrelevanz wird durch illustrierende Aussagen aus vier Dienstleistungsunternehmen unterstrichen.
Service Delivery System Denkmodell für Service-Strategien und Target Operating Models
"Es ist eine nicht endende Aufgabe in der Führung meines Unternehmens, die Verantwortlichen aus Marketing, Sales und Operations auf eine gemeinsame Service-Strategie so einzuschwören, dass wir alle wirklich vom selben reden." --- CEO, ICT Provider
Service Design Customer Experience Management und Spezifikation von Dienstleistungen
"Wir haben ein einfaches, aber entscheidendes Problem: Unsere ServiceStrategie ist ambitioniert und sie stellt die Kunden in den Mittelpunkt. Aber sie ist zu wenig griffig, zu wenig operationalisiert. Deshalb fehlt es uns an Stringenz und Durchsetzungskraft, wenn wir unsere Leute auf die Service-Strategie hin verpflichten wollen." --- Head Service Marketing, Facility Management Gesellschaft
Service Prozessoptimierung Gestaltung von Customer Journeys und erfolgreicher Moments of Truth
"Wir haben in der Vergangenheit bereits viele Prozessoptimierungen durchgeführt. Eine interne Analyse hat uns vor Kurzem aber zu unserer aller Überraschung gezeigt, dass wir Service-Prozesse fast immer verbessert haben, ohne die Kundenperspektive ausreichend zu berücksichtigen oder gar in den Mittelpunkt zu rücken." --- Leiter Unternehmensentwicklung, Softwarehaus
Operatives Service Management Sicherung der PerformanceZiele und lokale Optimierung
"Ich unterstütze unsere übergreifend definierten Service-Prozesse zu 100%. Aber die Prozesseigner müssen auch verstehen, dass ich gleichzeitig die Leistungsfähigkeit meines Verantwortungsbereichs sicherstellen und meine KPI erreichen muss." --- Leiter Backoffice, Versicherungsgesellschaft
Abbildung 1: Relevante Stellhebel und Werkzeuge des Service Management
1. Service Delivery System Die Diskussionen um Service-Strategien und Operating Models sind immer facettenreich. Nicht selten sind sie von Bereichsinteressen geprägt. Und manchmal fehlt angesichts komplizierter Ausgangslagen schlicht der ordnende Überblick. Um die Vertreter der relevanten Unternehmensbereiche in einer produktiven Diskussion zusammenzuführen, hat sich in der Praxis das 'Service Delivery System' als Framework bewährt (Abbildung 2)1. Darin sind alle wichtigen Aspekte eines Dienstleistungsunternehmens ausgewogen berücksichtigt. So kann vermieden werden, dass entweder kundenseitige oder operative Themen einseitig gewichtet werden. Das Service Delivery System illustriert fünf wesentliche Elemente • Service-Trichter: Kundenanforderungen treffen in der Regel in weit grösserer Vielfalt auf die Serviceorganisation, als diese aus wirtschaftlichen Überlegungen adressieren kann und will. Externe Erwartungen und interne Flexibilität müssen kontinuierlich abgeglichen werden • Horizontale Dimension: Prozesse der Leistungserbringung müssen als End-toEnd-Wertströme funktionsübergreifend kohärent gestaltet, ausgeführt und kontrolliert werden
• Vertikale Dimension: Neben der Beherrschung von Wertströmen muss auch die alltägliche, operative Leistungserbringung in den Front Office- und Back Office-Einheiten beherrscht und optimiert werden. Dies kann zu Zielkonflikten mit der horizontalen Dimension führen • Line of Interaction: Kunden treten an sog. Touch Points in direkten Kontakt mit der Service-Organisation (z.B. ServiceMitarbeiter, aber auch die Website des Unternehmens). Diese Interaktionen müssen sehr genau verstanden und aktiv gestaltet werden • Line of Visibility: Aktivitäten des Front Office und des Back Office werden durch die 'Sichtbarkeitsgrenze' (sichtbare vs. nicht sichtbare Elemente der Organisation) getrennt. Front Office und Back Office werden nach unterschiedlichen Kriterien gestaltet und optimiert (Flexibilität vs. Stabilität). Service Design, Service-Prozessoptimierung und lokale Verbesserungen in den Service Operations sind entscheidende Ansatzpunkte für die Gestaltung von Dienstleistungsorganisationen (in der Abbildung rot hervorgehoben). Diese wollen wir nachfolgend vertiefen.
Abbildung 2: Service Delivery System1 als Framework für Gestaltung und Optimierung von Dienstleistungsunternehmen
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Für eine detaillierte Betrachtung: Jørgen Kjærgaard, Jacob S. Sørensen, Service Operations in Viewpoints on Change, Implement Consulting Group, 2011
2. Service Design Aus Sicht des Kunden sind zwei Punkte entscheidend: seine Wahrnehmung der Dienstleistung (Service Experience) und die konkrete Wertschöpfung, die er als Resultat der Dienstleistung erhält (Service Result). Service Experience und Service Result stehen im Zentrum des Designs von Dienstleistungen. Die unterschiedlich adressierten Kundensegmente müssen nach Massgabe ihrer Bedürfnisse und ihres Segmentwerts mit spezifischen, klar differenzierten Dienstleistungskonzepten angegangen werden. Die Dienstleistungskonzepte sind nur erfolgreich, wenn ihre Definition von Marketing, Sales und Service Operations gemeinsam vorgenommen (bisweilen 'erstritten') wird und sie dann auch einhellig umgesetzt werden. Hierbei sind konkrete Service-Spezifikationen als 'interne Verträge' zwischen den beteiligten Organisationseinheiten hilfreich. Sie legen die gemeinsam zu erbringende Dienstleistungsqualität fest. Weiterhin ermöglichen sie es, den Mitarbeitenden in unterschiedlichen Funktionsbereichen übereinstimmende Leistungsziele und Verhaltensrichtlinien vorzugeben. Wie werden die Dienstleistungen in Ihrem Unternehmen definiert und vereinbart? Und wie stellen Sie sicher, dass die Services auf dem erforderlichen Niveau tatsächlich erbracht werden? Die folgenden Tools haben sich in der Praxis bewährt. Toolbox 'Service Design' -
Kundensegmentierung Voice of the Customer Experience Mapping Service Blueprinting Storytelling Service Delivery-Analysen
3. Service Prozessoptimierung Das Problem der klassischen Prozessoptimierung war lange, dass der Kundenperspektive zu wenig Raum gegeben wurde. Im Vordergrund standen interne Abläufe – eventuell auf einzelne Funktionsbereiche beschränkt – sowie technische und IT-bezogene Problemfelder. Versteht man einen Dienstleistungsprozess konsequent aus der Kundensicht, dann interessiert man sich für
die 'Reise', die ein Kunde während der Nutzung einer Dienstleistung durchläuft und die Wertschöpfung, die er dabei erfährt. Hier bietet sich das Konzept der 'Lean Customer Centricity' (LCC) an. Es vereint die besten Elemente von Customer Experience Management und Lean Service Management • Kundenbegeisterung und Prozesseffizienz werden simultan und dadurch ausgewogen optimiert • Steht die Kundensicht glaubwürdig im Zentrum der Optimierung, können Grabenkämpfe und Schuldzuweisungen zwischen einzelnen Organisationsbereichen besser vermieden werden. Die Outsidein-Perspektive übersteuert die InsideOut-Egoismen der Silos im Unternehmen • Optimierungsgründe, die im Service Design liegen, werden bereits auf Ebene Service-Konzept korrigiert und damit an der Wurzel behoben. So wird die Gefahr operativer Symptombekämpfung auf Prozessebene vermieden. Um 'Customer Journeys' integral zu gestalten und zu verbessern, bewährt sich eine Kombination aus Werkzeugen des Lean Management und des Customer Experience Management. Toolbox 'Service Prozessoptimierung' -
Servicestrukturanalyse Swimlane Process Mapping Touchpoint-Analyse Moments of Truth Service Experience Mapping Verschiedene Lean Service-Prinzipien (Wastes, Flow, Levelling, etc.)
4. Operatives Management und lokale Optimierung Service-Organisationen bedienen in der Regel nicht nur ein, sondern mehrere oder sogar zahlreiche Kundensegmente. Die Folge ist, dass in den einzelnen Organisationsbereichen viele unterschiedliche Service-Prozesse abgewickelt werden. Denken wir beispielsweise an ein Inbound Call Center, das Kundenanfragen für verschiedene Drittfirmen behandelt oder an die Notfallstation eines Spitals mit Patienten unterschiedlicher Schweregrade. In den einzelnen Service-Teams stellt dies grosse Anforderungen punkto Kompetenzen und zeitlicher Verfüg-
barkeit der Mitarbeitenden. Um hier erfolgreich zu agieren, müssen die Verantwortlichen nicht nur die Prozesse im Auge behalten, sondern auch die Performance ihrer 'Silos' auf Tagesbasis sicherstellen • Service Operations Manager müssen vorausschauend Kapazitäten planen, auf Tages- oder Stundenbasis flexibel auf Schwankungen reagieren. Unerwartete Abweichungen müssen sie als Impulse für Verbesserungen verstehen • Zentral ist dabei, dass Leistung und deren Messung zum selbstverständlichen Bestandteil des Dialogs mit den Mitarbeitenden wird. Hier geht es nicht nur um Controlling. Vielmehr darum, permanent in Erinnerung zu rufen, was wichtig ist: die bestmögliche Erfüllung von Kundenwünschen und die Erreichung von Kundenbegeisterung • Die Erfüllung von (bekannten) Kundenbedürfnissen wird mit Service-Standards durchgesetzt. Gleichzeitig müssen die Mitarbeitenden im Rahmen einer kontinuierlichen Verbesserung in die Weiterentwicklung dieser Standards eingebunden werden. Der Operations Manager wird hier zum Coach und zum Moderator von Verbesserungsaktivitäten.
Ausblick: Service Excellence als Ziel Der Trend im Service Management zeichnet ein klares Bild: Die Gestaltung und die kontinuierliche Optimierung von Dienstleistungen wird immer integrativer angegangen. Ein getrenntes Vorgehen in Service Marketing einerseits und Service Operations andererseits wird den Anforderungen im ServiceWettbewerb nicht mehr gerecht. Deshalb bieten integrierende Ansätze wie das 'Service Delivery System' oder 'Lean Customer Centricity' das notwendige methodische Rüstzeug auf dem Weg zu Service Excellence. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Anwendung!
Toolbox 'Operatives Service Management' -
Aufgaben- und Kompetenzmatrix Training within Industries Service Standards Visual Performance Management Root Cause-Analysen (u.a. Ishikawa Diagramm) PDCA, Kaizen Board und Blitz-Kaizen
Autoren Markus Dörflinger, Partner bei Abegglen Management Consultants AG, Zürich
[email protected] Tammo Lüken, Berater bei Abegglen Management Consultants AG, Zürich
[email protected]
Quellen Jørgen Kjærgaard, Jacob S. Sørensen (2011): Service Operations in Viewpoints on Change, Implement Consulting Group Fabienne Buschor, Rolf Epp (2015): Lean Customer Centricity. Herausragende Kundenerlebnisse effizient erbracht – wie geht das?, Abegglen Management Consultants