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Abenteuer Diagnose vom 15.03.16
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Abenteuer Diagnose – Perfekte Tarnung (Morbus Whipple) Es beginnt mitten im Urlaub: Axel V. hat plötzlich Schmerzen in den Beinen, kommt ohne die Hilfe seiner Frau kaum noch ins Ferienhaus. Schon bald kann er die Treppe in den ersten Stock nicht mehr hochgehen, sondern muss auf allen Vieren hochkrabbeln. Die Ärzte sind ratlos. Ein Orthopäde vermutet eine Zerrung der Adduktoren, die er zunächst erfolgreich mit Akupunktur behandelt. Doch der Erfolg hält nicht lange an. Ein befreundeter praktischer Arzt äußert den Verdacht, Axel V. könnte Rheuma haben. Der nimmt daraufhin für Jahre das Rheumamittel MTX ein, doch seine Schmerzen bleiben. Er kann nicht mehr Tennis spielen, kaum noch laufen und die Arme nicht mehr richtig bewegen. Mit den Jahren nehmen die Schmerzen vor allem im Bein und in der Hüfte weiter zu. Röntgenaufnahmen zeigen eine Schädigung der linken Hüfte, Axel V. bekommt daraufhin eine künstliche Hüfte. Doch die Schmerzen in den Beinen bleiben – und eine Erklärung dafür gibt es noch immer nicht. Axel V. nimmt weiter Rheuma-Medikamente, dennoch baut er körperlich und geistig immer weiter ab. Auch das Musizieren in seiner Band funktioniert nicht mehr, Axel V. muss schweren Herzens ausscheiden. Mittlerweile plagt er sich bereits acht Jahre mit seinen Beschwerden herum, er nimmt stark ab und wird vergesslich. Bei jedem Arztbesuch hat er schlechtere Laborwerte. Besonders auffällig ist der Entzündungswert CRP, doch auf die Ursache kommen die Ärzte nicht. EKG, Röntgenaufnahmen, Schluckecho und vieles mehr lösen das Rätsel nicht. Axel V. ist deprimiert, hat keine Kraft mehr, kommt kaum noch aus dem Bett. Seine Frau ist zutiefst beunruhigt. Eine gründliche Untersuchung in der Hamburger Rheumaklinik Eilbek ist für Axel V. der letzte Strohhalm. Hier teilt man ihm mit, er habe gar kein Rheuma, er setzt das MTX ab. Doch was genau Axel V. stattdessen hat, finden die Ärzte auch hier nicht heraus. Die nächste Station ist die Onkologie in der Uniklinik, doch einen Tumor hat er auch nicht. Die Onkologen schicken ihn zu den Infektiologen. Wieder wird das Blut von Axel V. untersucht. Doch die Spezialisten finden keine Infektion, entdecken aber Anzeichen für Rheumatoide Arthritis. Also doch Rheuma? Ein befreundeter ehemaliger Biologe vermutet schließlich eine Borreliose, als er sich erinnert, dass Axel V. vor vielen Jahren eine kreisrunde Rötung auf dem Oberschenkel gehabt hatte - ein typisches Symptom für eine durch einen Zeckenstich verursachte Borreliose, die später zu Gelenk- und neurologischen Schäden führen kann. Doch auch diese Spur verläuft im Sande – keine Borreliose. Bleibt nur noch Rheuma: Der Fall scheint sich im Kreis zu drehen. Bei der Blutuntersuchung fallen schlechte Kreatininwerte auf. Diese Werte geben Auskunft, ob die Niere richtig arbeitet. Die Rheumatologen fragen einen Nephrologen um Rat. Der findet schließlich eine Nierenmitbeteiligung der Krankheit, die bis dahin unbekannt war. Bei der Untersuchung einer Gewebeprobe aus der Niere reiben sich die Ärzte die Augen. So etwas haben sie noch nie gesehen: Kleine, rote Würmchen, die in der Niere nichts zu suchen haben. In einer zweiten Nierenbiopsie wird eine gezielte frische Probe genommen und sofort mikrobiologisch untersucht, um den Erreger zu entlarven. Eine Gendiagnostik der Bakterien bringt den Durchbruch: Es handelt sich um Tropheryma whipplei. Diese Bakterien vermehren sich sehr langsam und lösen eine sehr seltene Krankheit aus: Morbus Whipple. Normalerweise sitzen die Bakterien im Dünndarm, bei Axel V. waren sie aber in die Niere gelangt. Vermutlich gibt es einen Auslöser im Immunsystem. Die Symptome von Morbus Whipple reichen von Gelenkschmerzen bis zu Hirnschäden. Axel V. bekommt spezielle Antibiotika gegen die seltenen Bakterien und zum ersten Mal seit Jahren geht es ihm besser – der Körper erholt sich allerdings schneller als die Psyche. Zum einen können Krankheiten das Gehirn selbst mit beeinflussen, zum anderen führen eine chronische Krankheit und ein chronisches Leid auch zu psychischen Veränderungen, das ist für die Ärzte schwierig auseinanderzuhalten. Schon ein halbes Jahr später erscheint Axel V. wieder zu den Proben seiner Jazzband und spielt später bei Auftritten mit. Die Ärzte und die Entschlossenheit seiner Frau haben ihn ins Leben zurückgebracht. Zehn Jahre hatte sein Leidensweg gedauert, doch das, was seine Krankheit ausgelöst hat, ist noch seltener als selten. Morbus Whipple in der Niere – diese abenteuerliche Entdeckung gilt als weltweite Erstbeschreibung dieser Krankheit. Interviewpartner im Beitrag: Priv.-Doz. Dr. Christof Iking-Konert, Internist, Rheumatologe Dr. Matthias Janneck, Internist, Nephrologe III. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg Internet: www.uke.de/kliniken/medizinische-klinik-3 Dr. Stefan Schmiedel, Leiter Klinische Infektiologie Sektion Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Klinik I. Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Abenteuer Diagnose vom 15.03.16 Internet: www.uke.de
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