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Achtsamkeit Und Stabilisierungsübungen Für Traumatisierte Menschen

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Achtsamkeit und Stabilisierungsübungen für traumatisierte Menschen Sabrina Courtial Frauennotruf München Was ist ein Trauma? • Fischer, Riedesser: „Ein psychisches Trauma ist ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung des Selbst und Weltverständnisses bewirkt.“ Klassifikationen von Trauma Nach Dauer bzw. Häufigkeit: • Typ I: Monotrauma Einmaliges traumatisches Ereignis z.B. Naturkatastrophe, Unfall, Überfall, einmalige Vergewaltigung • Typ II: Sequentielle Traumatisierung Längerdauernde, wiederholte, u.U. regelmäßige traumatische Erfahrungen in der Regel durch Menschen -> Gewalt z.B. sexueller Missbrauch oder Misshandlung in der Kindheit, Folter, Geiselhaft Außerfamiliär verursachte Traumata, z.B. Entführung, Folter, sexueller Missbrauch Innerfamiliär verursachte Traumata (durch Bezugspersonen) z.B. körperliche Misshandlung, sex. Missbrauch, körperliche oder emotionale Vernachlässigung => Bindungstrauma, Entwicklungstrauma Was passiert bei einem Trauma? • Bedrohliche Situation, Informationsüberflutung mit aversiven Reizen • „Traumatische Zange“ (M. Huber): Keine Möglichkeit der Gegenwehr (fight), keine Fluchtmöglichkeit (flight) –> freeze) • Überforderung der individuellen Bewältigungsmöglichkeiten • Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit, Todesangst Bereiche des Gehirns Großhirn (bzw. Großhirnrinde/Neocortex): Sammlung u. Umsetzung der Informationen, Bewusstsein, rationales Denken, Sprache, Planung.. Zwischenhirn, z.B. Thalamus u. Hypothalamus: sensorische Schaltstelle Limbisches System: Basis für Emotionen, soziales Verhalten Hirnstamm, Kleinhirn: primäre Lebensfunktionen, Herzschlag, Atmung, Gleichgewicht, Temperatur… Regulation nach innen Bereiche des Gehirns Großhirn (bzw. Großhirnrinde/Neocortex): Sammlung u. Umsetzung der Informationen, Bewusstsein, rationales Denken, Sprache, Planung.. Zwischenhirn, z.B. Thalamus u. Hypothalamus: sensorische Schaltstelle Limbisches System: Basis für Emotionen, soziales Verhalten Hirnstamm, Kleinhirn: primäre Lebensfunktionen, Herzschlag, Atmung, Gleichgewicht, Temperatur… Regulation nach innen Erinnerung Getriggerte „Erinnerung“ Auswirkungen - Erregungskurve „Normale“ Erregungskurve: Übererregung ________________________________________________________ Window of tolerance ________________________________________________________ Untererregung Auswirkungen - Erregungskurve Nach Traumatisierungen meldet die Amygdala schneller „Alarm“. Die Toleranzzone wird enger: Übererregung ______________________ ________________ Window of tolerance __________________________ __ __________ Untererregung Posttraumatische Belastungsstörung – Typische Symptome • Intrusionen • Vermeidung • Übererregung/ Hyperarousal • Dissoziative Symptome Komplexe PTSD (DESNOS, Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung) • interpersoneller Gewalt (i.d. Regel durch Bezugspersonen) über längere Zeit • Gestörte Affekt- und Impulsregulation • Chronische Übererregung • Dissoziative Symptome • Beeinträchtigung des Identitätsgefühls (Entfremdung) • Störungen in der Beziehung zu anderen (feindliche, misstrauische Haltung, sozialer Rückzug) • Veränderungen des Wertesystems (Leere, Hoffnungslosigkeit) • Somatisierung, Komorbitität Komplextrauma - Beeinträchtigungen • Trauma wird u.U. nicht erinnert (nur körperlich oder als stark belastende Emotionen), kann nicht eingeordnet werden • Anpassungsreaktionen (fight-, flight-, freeze-Muster) sind u.U. habituell geworden, integrativere Strategien sind unterentwickelt, ein stabiles Selbst ist u.U. gar nicht entstanden • die (emotionale) Selbstregulation ist schwer beeinträchtigt, Beeinträchtigte Beziehung zum Selbst/ Körper, anderen Menschen, Welt… • Auslöser sind generalisiert (Menschen) • wenig soziale Unterstützung • Resilienzfaktoren konnten kaum entwickelt werden(Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl) • Dissoziative Symptome beeinträchtigen die Handlungsfähigkeit im Hier und Jetzt -> Gefahr wieder Opfer zu werden oder sich selbst zu schaden Das heißt: Komplex traumatisierte Menschen müssen i.d.R. lernen • Zwischen dem Damals des Traumas und dem Jetzt zu unterscheiden • Das Erregungsniveau zu senken • Sich sicher zu fühlen • Dissoziative Symptome zu überwinden, um im Hier und Jetzt handlungsfähig zu sein Hierzu können Achtsamkeitsübungen hilfreich sein! Was gilt es zu beachten? • Durch das chronisch übererregte Nervensystem ist Entspannung u.U. eher negativ besetzt und mit dem Gefühl von Kontrollverlust verbunden • Dies kann diffuse Angst auslösen und die Motivation, sich auf Achtsamkeitsübungen einzulassen, erschweren => Stresstoleranz-Skills first! Stresstoleranz-Skills Ziel: • unangenehme Gefühle aushalten, wenn sich die Situation nicht verändern lässt • Schnelle Senkung des Erregungszustandes Strategien, z.B.: • Stresstoleranz- Skills aus dem DBT • Techniken zum Dissoziationsstop • Atemübungen • Konzentration auf Körperempfindungen und Sinnesqualitäten (5-4-3-2-1) • „Hirn-Flic-Flacs“ • Gebet • Konzentration auf den Augenblick • Körperliche Aktivität • Skalenarbeit -> Festhalten im „Notfallkoffer“ Achtsamkeitsübungen Achtsamkeitsübungen können präventiv erlernt werden, am besten im mittleren Erregungsniveau Ziele: • Mehr Bewusstheit im Alltag; sich seiner/ihrer Selbst in der Ganzheit des Seins gewahr werden • Gefühle, Gedanken, Impulse, äußere Einflüsse wahrnehmen ohne zu bewerten und ohne sich damit zu identifizieren • Gefühl und Verstand in ein Gleichgewicht bringen • Perspektive des inneren Beobachters (wise mind) => Mehr Steuerungsmöglichkeiten über sich selbst Die Achtsamkeitspraxis kann dauerhaft biochemische Konditionierungen verändern Bei Entspannungs-, Achtsamkeits- und Imaginationsübungen beachten: • • • • • • • Vorsicht mit Entspannungs- und Tranceinduktion! Kontrollmöglichkeiten einbauen bzw. zulassen, z.B. einen Körperteil angespannt lassen Augen geöffnet lassen mit lauterer Stimme sprechen Input geben, kein langes Schweigen Zunächst eher Übungen anbieten, die auf die Außenwahrnehmung fokussieren • Übungen die nach innen gehen, in kleiner Dosierung anbieten und gut anleiten • Kein religiös-spiritueller Überbau • Fokus auf: Gefühle und Gedanken Wahrnehmen ohne zu bewerten und ohne sich zu identifizieren „Das Ziel der Meditationspraxis ist nicht die Erleuchtung, sondern die Fähigkeit, zu jeder Zeit nur der Gegenwart und nichts außer der Gegenwart Beachtung zu schenken, die Bewusstheit des Jetzt in jedem Moment des Alltagslebens zu bewahren.“ Peter Matthiesen, Auf der Spur des Schneeleoparden „Doch das wichtigste Ziel der Achtsamkeitspraxis ist, in Kontakt zu kommen mit sich selbst.“ Jon Kabat-Zinn Sekundärtraumatisierung und Psychohygiene • oder: Trauma ist „ansteckend“: Wiederholte Berichte von traumatischen Erlebnissen der KlientInnen können auch für die helfenden Personen extrem belastend sein und zu ähnlichen Symptomen führen wie bei den KlientInnen • Dies ist ein normales Phänomen, es ist kein Zeichen von persönlichem Versagen oder Unprofessionalität • Deshalb ist es jedoch wichtig, dass auch die Unterstützungspersonen gut auf sich achten und selbstfürsorglich mit sich umgehen. • Achtsamkeitsübungen sind auch für sie eine gute Möglichkeit, wieder Distanz zu gewinnen Literatur • • • • • • • • • Gottfried Fischer, Neue Wege aus dem Trauma. Erste Hilfe bei schweren seelischen Belastungen, Patmos 2003 Lydia Hantke, Stabilisierungsübungen zum Herunterladen, www.institut-berlin.de Michaela Huber, Trauma und Traumabehandlung. Teil 1 u. 2 Junfermann 2003 u. 2006) Michaela Huber, Der innere Garten; Ein achtsamer Weg zur persönlichen Veränderung. Junfermann 2005 (mit CD) Jon Kabat Zinn, Im Alltag Ruhe finden. Meditationen für ein gelassenes Leben, Knaur 2010 Thich Nhat Hanh, Das Wunder der Achtsamkeit, Theseus 2001 Luise Reddemann, Imagination als heilsame Kraft. Zur Behandlung von Traumafolgen mit ressourcenorientierten Verfahren, Pfeiffer bei Klett-Cotta 2001 (CD mit gleichnamigem Titel) Rothschild, Babette, Der Körper erinnert sich. Die Psychophysiologie des Traumas und der Traumabehandlung, Synthesis, Essen 2002 Spangenberg, Ellen, Dem Leben wieder trauen. Traumaheilung nach sexueller Gewalt, Düsseldorf, Patmos 2008