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An Der Leine Auf Angriff Abschlussarbeit

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An der Leine auf Angriff Leinenaggression verstehen und richtig damit umgehen Abschlussarbeit zum Lehrgang „Ganzheitlich Orientierte Hundeverhaltenstrainerin“ beim Verein „Tiere Helfen Leben“ von Marielies Steindl Wien, August 2015 Inhaltsverzeichnis   A. Einleitung ............................................................................................................ 1 B. Aggression .......................................................................................................... 3 I. Definition ....................................................................................................................... 3 II. Entstehung von Aggression ...................................................................................... 4 III. Affektive und nicht affektive Aggression ................................................................ 5 IV. Motivation für Aggression ......................................................................................... 6 V. Ziele des Aggressionsverhaltens .............................................................................. 9 VI. Das Ausdrucksverhalten ......................................................................................... 10 VII. Einfluss des Menschen auf die Aggressivität ...................................................... 12 VIII. Die Eskalationsleiter .............................................................................................. 13 C. Leinenaggression ............................................................................................. 15 I. Definition ..................................................................................................................... 15 II. Entstehung von Leinenaggression ......................................................................... 15 D. Grundlagen zum Lernverhalten ...................................................................... 18 I. Lerntheorie .................................................................................................................. 18 II. Wie lernt der Hund? .................................................................................................. 18 III. Wann lernt der Hund? ............................................................................................. 18 IV. Verschiedene Lernformen und Lerntheorien ........................................................ 19 1. Lernen durch Assoziation ......................................................................................... 19 2. Klassische Konditionierung ...................................................................................... 20 3. Operante Konditionierung ........................................................................................ 22 V. Training mit Belohnung ............................................................................................ 22 VI. Strafe und Druck ...................................................................................................... 24 VII. Trainingsprinzipien ................................................................................................. 25 1. Timing....................................................................................................................... 25 2. Belohnungskriterien.................................................................................................. 26 3. Belohnungsrate ........................................................................................................ 26 VIII. Unterschiedliche Belohnungssysteme ................................................................ 27 E. Stress ................................................................................................................. 29 I. Definition ..................................................................................................................... 29 II. Unterscheidung von Eustress und Distress........................................................... 29 III. Unterscheidung verschiedener Stressoren .......................................................... 30 IV. Fünf wichtige Aspekte in Bezug auf Stress ........................................................... 31 V. Stressmodelle ............................................................................................................ 32 1. Stressreaktion in drei Stufen nach Selye ................................................................. 32 2. Stressreaktion in drei Stufen der Bewertung nach Lazarus ..................................... 34 VI. Stresssymptome ...................................................................................................... 36 VII. Stressfaktoren bei Hunden .................................................................................... 38 VIII. Stress senken ........................................................................................................ 44 F. Die Körpersprache der Hunde ......................................................................... 46 I. Körpersprache und Kommunikation von Hunden .................................................. 46 II. Eskalationsleiter ........................................................................................................ 47 III. Beschwichtigungssignale ....................................................................................... 47   I   IV. Rasseunterschiede in der Kommunikation ........................................................... 49 V. Die verlorene Sprache............................................................................................... 50 G. Trainingsansätze zur Überwindung von Leinenaggression ......................... 52 I. Allgemeines ................................................................................................................ 52 II. Markersignal .............................................................................................................. 53 III. Leinenführigkeit ....................................................................................................... 54 IV. Marker für Blick ........................................................................................................ 55 V. Zeigen und Benennen ............................................................................................... 58 VI. Aufbau eines Alternativverhaltens ......................................................................... 58 VII. Trainingsvariante im Freilauf ................................................................................. 60 VIII. Konditionierte Entspannung ................................................................................ 61 IX. Notfalllösungen ........................................................................................................ 62 X. Maulkorbtraining ....................................................................................................... 63 H. Ausrüstung ....................................................................................................... 64 I. Allgemeines ................................................................................................................ 64 II. Halsband oder Brustgeschirr, eine Glaubensfrage? ............................................. 64 III. Die Passform ............................................................................................................ 66 IV. Geschirrarten ............................................................................................................ 67 V. Die Auswahl der Leine .............................................................................................. 68 VI. Weitere Hilfsmittel .................................................................................................... 70 VII. Maulkorb .................................................................................................................. 72 VIII. Aktion „Gelber Hund“ ........................................................................................... 72 I. Rechtliche Aspekte der Leinenaggression ..................................................... 74 I. Allgemeines ................................................................................................................ 74 II. Verwaltungsrecht ...................................................................................................... 74 III. Strafrecht .................................................................................................................. 75 IV. Zivilrecht ................................................................................................................... 76 Literaturverzeichnis.................................................................................................77 Abbildungsverzeichnis............................................................................................80     II   A. Einleitung Nur mit wenigen Themen befasst sich ein Hundetrainer so oft wie mit dem Problem der Leinenaggression. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Städte immer enger werden und der Asphalt immer weiter wächst und jegliches Grün verschluckt, kommt es gehäuft zu Konflikten zwischen Hunden, an denen diese Reizüberflutung nicht spurlos vorübergeht. Die Grundmotivation Hunde zu halten hat sich geändert. Der beste Freund des Menschen soll Spaß und Freude bringen und unsere spärliche Freizeit versüßen. Wenn dann Probleme auftauchen, ist der Traum vom besten Freund schnell vorüber und die Realität holt einen ein. Aggressives Verhalten belastet unsere Beziehung zum Hund. Wer schon einmal einen Hund, der an der Leine Probleme mit anderen Hunden hat, mitten in Wien spazieren geführt hat, kann ein Lied davon singen. Nicht nur die Handlung unserer Hunde an sich, sondern in hohem Maße auch der Druck durch unser Umfeld, die Missgunst unserer Mitmenschen und Schuldgefühle plagen uns. Die Akzeptanz gegenüber Hunden die aggressiv auffallen, ist niedrig und durch immer neue Schlagzeilen über beißende Hunde in den Medien werden Hunde, die sich nicht „normkonform“ verhalten, gemeinsam mit ihren Besitzern immer weiter an den gesellschaftlichen Rand gedrängt. Wenn ein Hund einen anderen an der Leine verbellt, erntet der an der Leine hängende Besitzer meist böse Blicke, Unverständnis und schüttelnde Köpfe. Jeder Spaziergang wird zum Spießrutenlauf, aus Angst andere Hunde zu treffen. "Der ist ja aggressiv, der braucht einen Maulkorb!" schallt es von der Seite. Der Besitzer des "Rivalen-Hundes" schüttelt missbilligend den Kopf und geht, ohne den Abstand zu vergrößern, unbeirrt an dem tobenden Hund vorbei. Der berühmte Satz "Meiner tut eh nix" lässt jeden Besitzer eines leinenaggressiven Hundes erschauern. Leider kann ich aus Erfahrung sagen, dass man gerade von Hundebesitzern oft am wenigsten Verständnis für den eigenen Hundes erntet, wird ein solches Verhalten doch oft als ein Erziehungsfehler oder Dominanzproblem dargestellt. Die gemeinsame Zeit im Freien wird zur Qual. Während der Hund seinen Frust dem fremden Artgenossen entgegenwirft, lassen die Besitzer manchmal an ihren tobenden Hunden den Dampf ab und verschärfen mit Strafmaßnahmen das Problem zusätzlich. Das Vertrauensverhältnis zu unseren Hunden verschlechtert sich zunehmend.   1   Doch welche Ursachen hat Leinenaggression wirklich und was kann man dagegen tun? Dieser und vielen anderen Fragen widme ich meine Abschlussarbeit. Im ersten Abschnitt der Arbeit geht es um das Thema Aggression, das die Basis der Leineaggression bildet. Ich gehe der Frage nach was Aggression ist und wie sie entsteht. Danach gehe ich ausführlich auf die Leinenaggression ein. Um die Gedanken und Lernvorgänge unserer Hunde besser zu verstehen, beschreibt das Kapitel Lernverhalten alles rund um das Thema lernen und Denkprozesse unserer Hunde. Diese Basis brauchen wir, um zu verstehen, warum Hunde so reagieren wie sie eben reagieren und warum auch der verträglichste Hund ein Problem an der Leine entwickeln kann. Da Stress gerade in unserem Zeitalter ein immer größer werdendes Thema ist, befasse ich mich anschließend mit diesem Thema und gehe auf Stresssymptome und Stressfaktoren ein. Gerade wenn es um das Thema Aggression geht, ist es wichtig die Körpersprache der Hunde zu verstehen. Mit dem Wissen über die Signale der Hunde, kann man frühzeitig erkennen, wenn eine Situation zu eng und für den Hund unangenehm wird, noch bevor dieser zum Angriff übergehen muss. Darauf gehe ich im Kapitel über die Körpersprache der Hunde ein. Im darauf folgenden Kapitel geht es um Trainingsansätze und Möglichkeiten, wie man an dem Problemverhalten arbeiten kann. Dabei zeige ich verschiedene Trainingsansätze auf. Den einzig richtigen Trainingsplan gibt es nicht und man muss jedem Hund ein individuell angepasstes Training zukommen lassen, um erfolgreich zu sein. Anschließend folgt ein Kapitel über die richtige Ausrüstung, auch darüber sollte man sich Gedanken machen, bevor man sich auf das Training stürzt. Abschließend gehe ich im letzten Kapitel noch auf rechtliche Aspekte der Leinenaggression ein.   2   B. Aggression I. Definition Aggression ist die Auseinandersetzung mit einem Gegner und dadurch ein Bestandteil der Kommunikation. Es leitet sich vom lateinischen „aggredī” ab, was übersetzt „angreifen“1 heißt. Aggressives Verhalten umfasst eine Vielzahl von Handlungen: Es beginnt bei Drohungen und Einschüchterungen des Gegners, der Vergrößerung der eigenen Individualdistanz, Angriff und Schmerzzufügung mit Beschädigungsabsicht und geht bis zur Tötung des Gegenübers. Dieses biologisch verankerte Verhaltensprogramm ist stark ritualisiert und in seinem Ausdrucksverhalten sehr eindeutig, um Missverständnisse zu vermeiden. Von einem gehemmten Aggressionsverhalten spricht man, solange dieses noch ritualisiert ist. Durch die ritualisierte Kommunikation werden Missverständnisse verringert. Kommt es zum Ernstkampf, spricht man von einem freien Aggressionsverhalten.2 James O`Heare beschreibt Aggression in seinem Buch „Das Aggressionsverhalten des Hundes“ folgendermaßen: Aggression ist ein artspezifisches Droh- oder Angriffsverhalten, mit dem das Tier auf einen bestimmten Reiz reagiert. Der Begriff Aggression wird dabei nicht als präziser diagnostischer Terminus verwendet, sondern als allgemeine Bezeichnung für Drohund Angriffsverhalten. Es ist schwierig, eine genaue Definition des Begriffes zu finden. Für viele Menschen zählt jedes Verhalten, das zu einer Verletzung führen kann, zur Aggression, andere sprechen nur dann von Aggression, wenn der Hund damit die Absicht verfolgt jemanden zu verletzen. Die Abgrenzung, wann aus allgemeiner Aufregung und Erregung Aggression wird, ist also umstritten. Hier wird der Begriff Aggression als allgemeine Bezeichnung für Verhaltensprobleme angewendet, die aus Droh- und Angriffsverhalten entstehen. Aggression kann 3 innerartlich, also zwischen Hund und Hund, als auch zwischenartlich, zum Beispiel zwischen Hund und Mensch, entstehen und ist eine natürliche Strategie der Verhaltensanpassung. Die Aggressivität, also die innere Bereitschaft zur gegnerischen Auseinandersetzung, wird von vielen Faktoren                                                                                                                         1  Duden,  http://www.duden.de/rechtschreibung/Aggression,  zugegriffen  am  08.08.2015.    Neumann  (2015):  1f.   3  O´Heare  (2003):16.   2   3   beeinflusst, wie zum Beispiel der genetischen Disposition, den gemachten Erfahrungen, Umwelteinflüssen, dem sozialen Umfeld, der Erziehung, Krankheiten, etc. Die Agonistik beschreibt dabei alle Verhaltensweisen, die mit einer kämpferischen Auseinandersetzung in Verbindung stehen, also Drohverhalten, Angriff, Verteidigung, Kampf und Flucht.4 II. Entstehung von Aggression Wenn Hunde sich in einer Konfliktsituation befinden, reagieren sie mit dem Verhalten, das für sie den meisten Erfolg bringt. Welche Strategie ein Hund dabei verfolgt, ist von vielen verschiedenen Dingen abhängig, wie zum Beispiel dem Charakter des Hundes, seiner Vorerfahrung, von seinem sozialen Umfeld, von seinem Geschlecht und Alter, etc. Der Hund hat vier Möglichkeiten auf eine Konfliktsituation zu reagieren. Diese werden „Die 4 Fs“ genannt. Der Name leitet sich aus englischen Wörtern dafür ab. Abb. 1: Grafik übernommen von Reichel, Leinenrambo (2014): 6.                                                                                                                         4    Neumann  (2015):2   4   Aggressionsverhalten gehört zum natürlichen Verhaltensrepertoire, nicht nur bei unseren Hunden sondern bei allen Lebewesen. Es ist genetisch verankert und sichert das Überleben.5 Um das eigene Überleben sichern zu können, muss jedes Lebewesen die Fähigkeit besitzen sich an seine Umwelt anzupassen. Jede Reaktion auf einen Reiz ist letztendlich eine Anpassung an unsere Umwelt, auch das Aggressionsverhalten. Der Hund setzt aggressives Verhalten ein, um das zu bekommen was er will und das zu Vermeiden was er nicht will. III. Affektive und nicht affektive Aggression Wir können Aggression in zwei Kategorien einteilen, affektives und nicht affektives Verhalten.6 Die nicht affektive Aggression wird auch Beuteaggression genannt und umfasst alle Elemente der Jagd. Eine Jagd besteht aus verschiedenen Verhaltenssequenzen, die von Ray und Lorna Coppinger7 folgendermaßen beschrieben werden: Orten > Fixieren > Anpirschen > Hetzen > Packen > Töten > Zerreissen > Konsumieren Im Laufe der Domestizierung des Hundes wurden Teile dieser Verhaltensabfolge verstärkt, andere abgeschwächt oder gelöscht. Bei der Zucht von verschiedenen Hunderassen, wurden auf einige Verhaltensmerkmale besonders geachtet, während andere Verhaltensweisen für den Einsatzort des Hundes unbrauchbar gewesen wären. So wurden zum Beispiel bei Hütehunden wie Border Collies die Jagdverhaltenssequenzen Orten > Fixieren > Anpirschen > Hetzen durch gezielte Zucht verstärkt, womit sie bestens ausgerüstet sind, um eine Schafherde zu treiben. Die Verhaltenselemente Packen und Töten sind bei dieser Rasse hingegen nur stark abgeschwächt vorhanden und gelten bei der Zuchtauslese als Fehler. Die Verhaltenselemente Zerreißen und Konsumieren wiederum sind von der Jagdsequenz abgekoppelt, so dass sie bei der Arbeit keine Probleme damit bekommen. Bei Herdenschutzhunden sind nach Coppinger alle Elemente der Jagdsequenz unterdrückt, bis auf „Fressen“.                                                                                                                         5  Reichel  (2014):  6.    O’Heare  (2003):  18ff.   7  Coppinger  (2013):  123ff.   6   5   Wichtig zu wissen ist, dass nicht affektive Aggression zu keiner Erregung der sympathischen Nervensystems führt, es führt zu keiner emotionalen Erregung und muss deshalb deutlich von der affektiven Aggression unterschieden werden. Das Ziel des Beutefangverhaltens ist die Distanzverringerung und das Töten der Beute, während das Aggressionsverhalten Distanz schafft und nicht auf die Vernichtung des Gegners abzielt. Das Beutefangverhalten ist lustbetont und Dopamin wird ausgeschüttet, das Aggressionsverhalten wird hingegen immer durch negative Gefühle ausgelöst und vom Körper wird Adrenalin ausgeschüttet. Die affektive Aggression ist die hochgradig emotionale Reaktion auf einen aversiven Stressor (negative Gefühle) und führt zu einer Erregung des sympathischen Nervensystems. Das limbische System im Gehirn spielt dabei eine zentrale Rolle. Emotionen und Gefühlslagen lösen die affektive Aggression aus. Als wahrscheinlichste Auslöser für affektive Aggression gelten nach O`Heare Wut und Angst.8 IV. Motivation für Aggression Aggressives Verhalten kann aus unterschiedlichsten sich überschneidenden Motivationen entstehen, deren Unterscheidung wichtig ist, um geeignete Trainingsmethoden zu entwickeln. „Gegen Menschen gerichtet Aggression ist üblicherweise angstbedingt. [...] Aggression, die sich gegen andere Hunde richtet, ist im Gegensatz dazu üblicherweise auf ein Konkurrenzverhältnis oder auf Frustration zurückzuführen.“ 9 Es können folgende Arten von Aggressionen unterschieden werden10: • Angstbedingte Aggression: Sie dient der allgemeinen Verteidigung gegen Schmerz, Schreck oder Feinde und soll die Bedrohung vermeiden, vertreiben oder unter Kontrolle bringen. Angst löst zuerst das Fluchtverhalten aus, der Hund kann aber in beängstigenden Situationen aggressiv reagieren, wenn die Flucht „[…] keine größere Entfernung zum                                                                                                                         8  O’Heare  (2003):  18.    Vgl.  ebd.:  36.   10  Vgl.  ebd.:  33ff.   9   6   angsteinflößenden Reiz […]“ verschafft.11 Auch wenn die Flucht von vornherein unmöglich ist, z. B.: weil der Hund an der Leine festgehalten wird, oder der Hund bereits gelernt hat, dass die Flucht keinen Erfolg bringt, kann er zum offensiven Verteidigungsverhalten überwechseln. Manche Hunde neigen auch von vornherein zum Angriff. • Aggression durch Frustration: Frust ist ein häufiger Auslöser für Aggression und kann in vielen Situationen entstehen. Der Hund scheitert dabei daran, ein Ziel zu erreichen bzw. wird an einer Aktion gehindert. Die Erregung und der Stresspegel steigern sich und eskalieren irgendwann in aggressivem Verhalten. Ein Hund, der an der Leine gerne andere Hunde begrüßen will und das nicht darf, kann diese Situationen als sehr frustrierend empfinden und mit steigender Frustration leinenaggressiv reagieren. • Territoriale Aggression: Das Territorium als wichtige Lebensgrundlage wird gegen alle Unbekannten verteidigt. Ein typisches Merkmal ist das Verbellen, das als Warnung und sehr deutliches, offensiv drohendes Verhalten dient. Ein besonderer Fall ist die von Kettenhunden gezeigte Aggression. Ihre aggressiven Verhaltensweisen sind eine Folge von Frustration, die durch das Angebunden sein und die fehlende Fluchtmöglichkeit ausgelöst werden. Das führt zu verstärkter Angst und einem hohen Frustrationspegel und hat daher vermutlich weniger mit Territorialität zu tun. • Ressourcenverteidigung und Aggression: Dabei handelt es sich um ein genetisch fixiertes Anpassungsverhalten, zu dem jeder Hund neigen kann. Je größer die Motivation ist, eine Ressource zu behalten um so eher wird er diese verteidigen (z.B.: ein hungriger Hund hat einen Knochen gefunden). • Aggression von Muttertieren: Dieses Verhalten, welches stark durch genetische Faktoren und Hormonstatus beeinflusst wird, ähnelt der Ressourcenverteidigung, kommt aber nur bei Hündinnen während der (Schein-)Trächtigkeit, beim Werfen und bei der Welpenaufzucht vor. Dabei verteidigt die Hündin ihre Welpen oder – bei Scheinträchtigkeit – einen weichen Gegenstand. • Pathophysiologische Aggression: Aggression kann auch verschiede medizinische Ursachen haben. Darum sollte in jedem Fall ein kompetenter                                                                                                                         11  Vgl.  ebd.:  38.     7   Tierarzt eine Untersuchung durchführen. Durch Schmerzen wird die Stresstoleranz und damit die Reizschwelle herabgesetzt, was unter andrem dazu führen kann, dass ein sonst unproblematischer Hund anfängt leinenaggressiv zu reagieren, wenn er auf andere Artgenossen trifft. • Idiopathische Aggression („Cockerwut“/„Retrieverwut“): Unter diese Kategorie fallen Aggressionsfälle, die besonders heftig und ohne vorherige Warnung auftreten. Die betroffenen Hunde haben Phasen besonders heftiger Aggressivität, sind aber nicht generell aggressiv. Nachdem dieses Phänomen gehäuft bei bestimmten Rassen und Zuchtlinien auftritt, geht man davon aus, dass es zu einem großen Teil erblich bedingt ist. • Aggressives Jagdverhalten: Jagdbedingte Aggression kommt am häufigsten bei Terriern und Hütehunden vor, dabei werden Elemente des Jagdverhaltens in unerwünschter Weise an den Tag gelegt. Es handelt sich nicht um eine emotionale Reaktion, wie das bei allen anderen Aggressionsformen der Fall ist. Der Angriff erfolgt meist lautlos ohne vorherige Warnsignale, in den meisten Fällen mit Bissen in die Rückseiten der Beine. • Übertragung des Jagdverhaltens: Wenn ein großer Hund einen kleinen Hund angreift, sollte man ebenfalls Jagdverhalten als mögliche Ursache in Betracht ziehen. Es handelt sich um eine Übertragung des Beuteschemas, wobei der kleine Hund den Beutereflex des großen durch schnelle Bewegungen auslöst. • Aggressive Übersprungs- und Ersatzhandlungen/umadressiertes Verhalten: Dabei reagiert der Hund auf einen bestimmten Reiz aggressiv und wird gleichzeitig mit einem zweiten Reiz konfrontiert, auf den er die Aggression überträgt. Das kann zum Beispiel passieren wenn ein Hund leinenaggressiv auf seinen Erzfeind reagiert, der Besitzer ins Halsband greift, um ihn weiterzuziehen und der Hund dann in die Hand beißt. • Aggression zwischen Geschlechtsrivalen: Diese Form der Aggression betrifft meistens Hunde des gleichen Geschlechts. Häufig fallen Konflikte unter Hündinnen heftiger aus als unter Rüden. Ursächlich dafür ist oft der Hormonstatus. So kann es während der Läufigkeit zu Konflikten zwischen Hunden des gleichen Geschlechtes kommen. „Man diskutiert, dass aggressive Hündinnen als Föten freiem Testosteron im Uterus ausgesetzt   8   waren.“12 Bei diesen Hündinnen spricht man umgangssprachlich auch von „Rüdinnen“. Aggression gegenüber fremden Hunden betrifft vermehrt unkastrierte Rüden und ist meist angstbedingt oder dient dem Selbstschutz.13 V. Ziele des Aggressionsverhaltens Das Ziel des Aggressionsverhaltens unserer Hunde ist das Sichern des eigenen Lebens, also Selbstverteidigung gegen Bedrohungen, der Erhalt der körperlichen Unversehrtheit und die Herstellung einer bestimmten Distanz. Der Hund möchte einen gewissen Abstand zwischen sich und einem anderen Individuum oder zwischen einer wichtigen Ressource und einem anderen Individuum gewahrt wissen. Wir können dabei folgende Distanzen unterscheiden:14 • Die Territoriumsdistanz ist stark rasseabhängig und wird von den Genen beeinflusst. Einigen Rassen ist die Sicherung des eigenen Territoriums besonders wichtig, nachdem sie über Jahrhunderte Territorialität gezüchtet wurden. Dazu gehören zum Beispiel Herdenschutzhunde und Molosser. Was zum zu beschützenden Territorium dazu gehört, hängt vom einzelnen Individuum ab. Neben den eigenen vier Wänden und dem Garten kann ein Hund zum Beispiel auch die im Blickfeld des Hauses befindliche Umgebung als sein Territorium betrachten oder auch den täglichen Spazierweg und den Hundeplatz. • Die Beutedistanz kann sich auf Spielzeug, Nahrung, Beute und ähnliches beziehen. • Die Sozialverbandsdistanz (wurde früher oft Rudeldistanz genannt) beschreibt die Distanz zwischen Hunden bzw. Menschen aus der eigenen Gruppe und fremden Individuen, das können Menschen, Hunde oder andere Tiere sein. Diese Distanz kann zum Beispiel variieren wenn ein Baby dabei ist. • Während die bisher genannten Arten von Distanz relativ konstant sind, kann die Individualdistanz ständig variieren, weshalb sie einen Sonderfall darstellt. Die Individualdistanz wird permanent neu bestimmt und hängt                                                                                                                         12  Vgl.  ebd.:  60.    Vgl.  ebd.:  2003:36ff   14  Vgl.  Neumann  (2015):  3.   13   9   sehr stark von der Art der Begegnung und der Tagesverfassung ab. Dabei sind folgende Faktoren wichtig: o Ist das Gegenüber bekannt oder fremd? o Welche Erfahrungen hatte der Hund bisher mit dem Gegenüber? o Wie verhält sich das Gegenüber? o Ist das Gegenüber dem Hund sympathisch oder nicht? o Hat der Hund Schmerzen? o Wie ist die momentane Stimmung des Hundes? o Hat der Hund körperliche Beeinträchtigung, z. B. eingeschränktes Sehvermögen? o Wie wirkt der Besitzer auf den Hund ein? Beispielsweise wird durch Verkürzen der Leine das Gefühl ausgelöst der Situation nicht ausweichen zu können. o Rassespezifische Eigenschaften VI. Das Ausdrucksverhalten Offensives und defensives Aggressionsverhalten ist sehr unterschiedlich. Während eine offensiv-aggressive Reaktion nach vorne gerichtet ist und einen Angriff ankündigt, zeigt der defensiv-aggressive Hund, dass er einen Fluchtweg sucht und bereit ist, sich zu verteidigen. Bis zum Ernstkampf ist das Aggressionsverhalten stark ritualisiert. Bei einem Ernstkampf spricht man von freiem Aggressionsverhalten, welches Verletzung und Tötung des Kontrahenten zum Ziel hat.   10   Abb. 2: Grafik übernommen vom Skript „Aggressionsverhalten“ von Sabine Neumann (2014):7 (Quelle: animal Learn), Das Agonistische Ausdrucksverhalten im Detail: Abb. 3: Grafik übernommen und adaptiert von Dorit /Feddersen-Petersen, Ausdrucksverhalten beim Hund (2008): 296.   11   VII. Einfluss des Menschen auf die Aggressivität Wir können aus verschiedenen Gründen negativen Einfluss auf die Aggressivität von Hunden haben. Durch entsprechende Zuchtziele und bewusste Zucht auf hohe Aggressivität, entstehen Hundepopulationen mit gesteigerter Aggressionsbereitschaft und Reizbarkeit. Das heißt zwar nicht, dass diese Hunde automatisch aggressiver als andere sind, aber es kann eine genetische Disposition bestehen. Grundsätzlich kann jeder Hund bei der Begegnung mit Artgenossen oder Menschen abwehrend reagieren, unabhängig von seiner Rassezugehörigkeit. Ausschlaggebend für das individuelle Hundeverhalten ist viel mehr eine Kombination aus genetischer Disposition und Erfahrungen.15 Trainingsmethoden, die über Druck, Strafe und Gewalt arbeiten, erzeugen Gegengewalt, Frust und zerstören die Vertrauensbasis zwischen Hund und Halter. Trotzdem erscheint es vielen Haltern logisch, ihren Hund für aggressives Verhalten zu bestrafen um ihm zu zeigen, dass sein Verhalten unangemessen ist. Oft wird das mit längst überholten und veralteten Dominanztheorien begründet. Auch Fehlverknüpfungen und unbewusste Bestätigung können ein Aggressionsproblem verstärken. Bekommt der Hund zum Beispiel jedes Mal einen Leinenruck wenn er an der Leine zu einem anderen Hund will, kann der Hund die schmerzhafte Einwirkung an der Leine mit seinem Artgenossen verbinden. Durch eine mangelnde Sozialisierung auf Menschen, Hunde, andere Tiere und Umwelteinflüsse können Hunde nicht die Fähigkeiten erlernen, die sie brauchen, um sicher und entspannt durch das Leben zu gehen. Auch eine falsche Fütterung mit hohem Getreideanteil kann durch einen Serotonin-Mangel zu erhöhter Aggression führen. Auch die Übertragung menschlicher Moralvorstellungen auf Hunde kann zu Frust und Unverständnis führen, weil diese für den Hund keinen Sinn machen. Wenn man zum Beispiel einen Hund dafür bestraft, dass er ein gammeliges Wurstbrot auf der Straße frisst und es ihm mit Gewalt abnimmt, dann reagiert der Hund das nächste Mal vielleicht mit einem Knurren, wenn er wieder einen körperlichen Übergriff seines Besitzers vermutet, während er seine Beute noch schneller schluckt. Er kann nicht verstehen, dass wir uns vor verdorbenen Lebensmitteln ekeln und nach den                                                                                                                         15  Hallgren  (2006):  48.     12   Moralvorstellungen des Hundes ist die gewaltsame Abnahme der Beute aus dem Maul eine grobe Missachtung seiner „Hunde-Rechte“. Nicht zuletzt führt mangelndes Fachwissen und Unwissenheit des Hundehalters zu vielen Problemen. VIII. Die Eskalationsleiter Abb. 4: animal Learn, http://www.animal-learn.de/images/tipps/Eskalationsleiter.pdf, zugegriffen am 08.08.2015. Diese Grafik beschreibt die normale Reaktion von einem Hund auf einen bedrohlichen Reiz. Die Eskalationsleiter beginnt mit normaler Kommunikation im grünen Bereich, mit Beschwichtigungssignalen (auf welche im Kapitel „F – Die Körpersprache der Hunde“ genauer eingegangen wird). Werden diese nicht beachtet oder dauert die Situation unverändert an, wird der Hund in einigen Situationen zu stärkeren Mitteln greifen, Abwehrsignale zeigen (gelber Bereich) und zunächst knurren oder vielleicht abschnappen. Hält die Bedrohung dennoch an und ist eine bestimmte Distanz, in der sich der Hund noch einigermaßen sicher fühlt, bereits unterschritten, kann die Situation eskalieren und der Hund beißt zu (roter Bereich).   13   Hat der Hund einen hohen Stresspegel, kann es passieren, dass er bei einer Hundebegegnung die unteren Stufen der Leiter auslässt und sofort knurrt oder die Zähne zeigt. Stufen, die nicht funktionieren, werden ausgelassen. Lernt ein Hund zum Beispiel, dass ein Mensch die Distanz trotz starker Beschwichtigungssignale nicht vergrößert, wird der Hund die ersten Stufen auslassen und direkt bei der Annäherung eines Menschen knurren.16 Wird ihm dann auch noch das Knurren verboten, bleibt ihm nur noch das Abschnappen, welches die meisten Menschen zurückweichen lässt und der Hund lernt dass das Schnappen wirkungsvoll ist. Der Hund kann so lernen sein Verteidigungsverhalten in unangenehmen Situationen vorweg zu nehmen und auf gewisse Auslösereize direkt offensiv verteidigend zu reagieren. Im nächsten Schritt kann es zur Generalisierung kommen. Der Hund verknüpft dabei seine Angst und Frustration mit immer mehr Reizen, die sein Verhalten auslösen, bis es kaum noch möglich ist, den ursprünglichen Auslöser zu finden.17                                                                                                                         16  Scholz/v.  Reinhardt  (2004):  57.    O`Heare  (2003):  106.   17   14   C. Leinenaggression I. Definition Man spricht von Leinenaggression, wenn ein angeleinter Hund gegenüber einem anderen Hund aggressives Verhalten, im Freilauf aber normales kommunikatives Sozialverhalten zeigt. Meistens ist die Leinenaggression gegen Artgenossen gerichtet, seltener kann sie sich auch gegen Menschen richten. Wenn ein Hund mit und ohne Leine aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Hunden zeigt, handelt es sich nicht um Leinenaggression. Hierbei hat der Hund generell Probleme bei der Begegnung mit Hunden und/oder Menschen und es sollte grundlegend an der Verfeinerung des Sozialverhaltens gearbeitet werden. Hunde, die generell Probleme mit anderen Hunden oder Menschen haben, können sich durch die Leine in ihrem Aktionsradius eingeschränkt fühlen wodurch sich ihre Probleme verschärfen. II. Entstehung von Leinenaggression Es gibt mehrere Ursachen, die zur Leinenaggression führen können. Die Dominanztheorie oder das Rangordnungsproblem gehören erwiesener Maßen nicht dazu, denn ein leinenaggressiver Hund ist unsicher oder sogar ängstlich. Dies hat mit Dominanz nichts zu tun. Meist entsteht das Aggressionsverhalten an der Leine schleichend und wird nach und nach intensiver gezeigt. Es gibt mehrere Ursachen, die sich meistens überschneiden. Die Ursachen können sein: • Fehlverknüpfung: Die wohl häufigste Ursache für Leinenaggression ist die so genannte „Fehlverknüpfung“. Dazu kommt es zum Beispiel wenn ein Hund etwas Negatives mit dem Anblick eines anderen Hundes verknüpft. Das könnte so ablaufen: Bei einem Spaziergang an der Leine begegnet man mit dem eigenen Hund einem anderen Spaziergänger mit Hund. Der Hund möchte hin und den fremden Hund begrüßen während der Besitzer weitergehen möchte. Er ruckt einmal heftig am Halsband, um dem Hund zu signalisieren, dass er weiter gehen möchte. Der Hund ist in dem Augenblick total auf seinen Artgenossen fokussiert und spürt genau in diesem   15   Augenblick den Schmerz durch den Leinenruck. Wenn es ein paar Mal zu solchen Situationen gekommen ist, wird der Hund den Anblick anderer Hunde an der Leine mit einem unangenehmen Gefühl verknüpfen. Um den Auslöser des unangenehmen Gefühls von sich fern zu halten, kann der Hund zunehmend abwehrend bei Hundebegegnungen reagieren.18 Zu negativen Einwirkungen kommt es schnell und manchmal realisiert man den Zusammenhang anfangs nicht. Bei vielen Hunden reicht oft schon das unangenehme Gefühl des einschneidenden Halsbandes aus, das sie spüren wenn sie zu einem anderen Hund hinziehen, um die negativen Gefühle in Verbindung mit anderen Hunden oder Menschen ansteigen zu lassen. „Mit jeder neuen Episode, sammelt der Hund neue Daten, die direkt mit der Angst oder Wut verknüpft werden.“19 Außerdem wird das Gehirn bei Aggression mit verschiedenen chemischen Stoffen überfluten, die selbstbelohnend wirken und sogar süchtig machen und damit das Verhalten noch zusätzlich verstärken. Deshalb darf man nicht zulassen, dass ein Verhaltensmuster eingeübt wird. • Frustration: Auch Frustration kann zur Leinenaggression führen, denn Frustration und Aggression liegen eng bei einander. Frust entsteht dann, wenn der Hund daran gehindert wird, eine momentane Verhaltenstendenz auszuführen. Ein kontaktfreudiger Hund, der gerne alle fremden Hunde begrüßen möchte, kann Situationen, in denen er mit der Leine davon abgehalten wird, als sehr frustrierend und damit als negativ empfinden. Der Erregungszustand baut sich mit jeder frustrierenden Begegnung weiter auf, bis der Hund beim Anblick anderer Hunde bellend und knurrend in der Leine hängt. • Negative Erlebnisse: Ein einzelnes Erlebnis kann „ […] eine heftige emotionale Reaktion beim Hund auslösen und zu einem aggressiven Zwischenfall führen.“20 Hunde, die von einem anderen Hund angegriffen und verletzt wurden und durch die Leine daran gehindert wurden wegzulaufen oder sich zu wehren, können aus Angst, dass sich dieses Ereignis widerholen könnte, künftig leinenaggressiv reagieren.                                                                                                                         18  Reichel  (2014):  8.    O`Heare  (2003):  30.   20  Vgl.  ebd.:  39.   19   16   • Individualdistanz: Alle Lebewesen haben eine gewisse Individualdistanz, die sie gewahrt wissen möchten, um sich sicher zu fühlen. Ein angeleinter Hund wird in seiner Bewegung eingeschränkt und kann einem Hund, dem er nicht begegnen möchte, nicht ausweichen. Frontales aufeinander zugehen ist unter Hunden keine freundliche Annäherung und kann zu abwehrendem Verhalten gegenüber Artgenossen führen. Die Individualdistanz schwankt ständig und ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig, wie zum Beispiel Tagesverfassung und Art der Begegnung. • Stimmungsübertragung: Hunde sind Meister im Lesen von Körpersprache. Sie nehmen kleinste Anzeichen von Erregung bei uns wahr, wie stockenden Atem oder verkrampfte Haltung und können unseren Stress sogar riechen. Kein Wunder, dass sie in Alarmbereitschaft sind, wenn der Halter beim Anblick eines näherkommenden, fremden Hundes verkrampft mit angehaltener Luft und pochendem Herz die Leine kürzer nimmt und zu schwitzen beginnt. Während manche Hunde in so einer Situation ängstlich und nervös werden, gehen andere in Verteidigungsverhalten über. Diese Stimmungsübertragung funktioniert natürlich auch von Hund zu Hund. So können Hunde von ihren Freunden in eine aggressive Stimmung mitgerissen werden.   17   D. Grundlagen zum Lernverhalten I. Lerntheorie Zu wissen wie, wo und warum Lernen stattfindet, ist die Basis von artgerechtem, modernem Hundetraining. Das Internet ist voll mit Tipps und Tricks. Es gibt für jedes Problem unzählige Trainingsanleitungen und „Rezepte“, die sich oft widersprechen und mit „Das haben wir schon immer so gemacht“ sehr fragwürdig begründet werden. Es ist oft nicht leicht herauszufinden, welche Trainingsmethode die richtige ist. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist aber das Verständnis für das HundeLernverhalten. II. Wie lernt der Hund? Lernen ist das Ändern von Verhaltensweisen aufgrund von Erfahrungen.21 Das Ziel jedes Lernprozesses ist Gefahren zu vermeiden und den eigenen Zustand zu optimieren. Dabei schließen sich Nervenzellen zusammen und bilden eine neuronale Repräsentation im Gehirn. Je häufiger und intensiver eine solche neuronale Repräsentation aktiviert wird, umso größer wird sie ausgebaut und vom Gehirn als besonders wichtig eingestuft. Die „[…] Datenweiterleitung innerhalb des Gehirns und des Körpers erfolgt zunehmend schneller und geübter.“22 Bildlich gesprochen entsteht eine Art Daten-Autobahn zwischen den betreffenden Nervenzellen, der Informationsfluss läuft zunehmend schneller ab. III. Wann lernt der Hund? Hunde lernen ohne Pause, rund um die Uhr, auch außerhalb der Trainingszeiten. Sogar im Schlaf wird Gelerntes abgespeichert. Nicht zu lernen ist also unmöglich. Im Schlaf werden genau die Teile im Gehirn noch einmal aktiv, die kurz davor im Training neue Nervenzellen-Verbindungen geknüpft haben, was zu einer Festigung des Gelernten im Gedächtnis führt. Lernen ist für alle Lebewesen überlebenswichtig und findet von Geburt an in jeder Situation ein Hundeleben lang statt. Ein Hund ist also auch nie zu alt, um etwas Neues zu lernen.                                                                                                                         21  Schneider  (2005):  11.    Schneider  (2014):  1.   22   18   IV. Verschiedene Lernformen und Lerntheorien Jeder Lernprozess beinhaltet mehrere unterschiedliche Arten des Lernens, die fließend ineinander übergehen. Man kann sich nicht aussuchen ob man eine Lernform anwendet oder nicht, da die unterschiedlichen Lernformen rund um die Uhr unbemerkt ablaufen. Man kann sich aber überlegen wie man die verschiedenen Arten des Lernens beim Training am sinnvollsten einsetzt. Wenn wir verstehen wie Hunde lernen, können wir auch besser beurteilen warum sie etwas tun. Vor allem im Zusammenhang mit Leinenaggression sind folgende Lernformen besonders wichtig und werden von mir hier genauer beschrieben: 1. • Assoziationslernen • Klassische Konditionierung • Operante Konditionierung Lernen durch Assoziation Assoziationslernen ist das Verknüpfen von zwei gleichzeitig oder annähernd gleichzeitig auftretenden Reizen. Hunde sind Meister der Verknüpfung. Auch wir Menschen verknüpfen ständig Reize, allerdings nehmen wir unsere Umwelt ganz anders wahr als Hunde, weshalb es für uns oft schwer zu verstehen ist, welche Reize sich im Gehirn unseres Hundes miteinander verknüpft haben. So kann es im Training mit Hunden zu unbeabsichtigten Assoziationen kommen, da eine Situation aus Sicht des Hundes vollkommen anders aussehen kann als in unserer eigenen Wahrnehmung. Lernen durch Assoziation ist ein häufiger Grund oder Verstärker von Leinenaggression. Ich beobachte häufig Hundehalter die bei der Begegnung mit anderen Hunden die Leine kurz nehmen, um den eigenen Hund an dem anderen vorbeizuführen. Der Hund, der gerne zu seinem Artgenossen hin möchte, hängt mit vollem Gewicht in der Leine, während der Besitzer ihn kurz zurückzieht, um ihn vom Ziehen abzuhalten. Der Hund ist in diesem Augenblick aber so auf seinen Artgenossen fixiert, dass er den unangenehmen Zug an der Leine und den schmerzhaften Ruck nicht damit verbindet, dass er ruhig an dem anderen Hund vorbei gehen soll. Er verknüpft die Schmerzen in dem Moment mit dem anderen Hund und bildet eine   19   Fehlverknüpfung. Kommt er noch ein paar Mal in so eine Situation und widerholt sich diese falsche Verknüpfung, dann lernt der Hund den Anblick eines anderen Hundes mit Schmerzen zu verknüpfen und der Hund reagiert leinenaggressiv.23 „Damit der Hund durch Verknüpfung Ursache und Wirkung (bzw. Nicht-Wirkung) erlernen kann, muss beides zeitlich eng zusammenfallen. […] Beim Training sollten Ursache und Wirkung nicht länger als maximal 1 Sekunde aufeinander folgen, damit der Hund beides optimal miteinander verbinden kann.“ 24 Die Assoziation erfolgt ganzheitlich und bezieht alle Umweltfaktoren mit ein, auch Reize die wir Menschen nicht wahrnehmen können wie zum Beispiel Gerüche. Das nennt man kontextbezogenes Lernen. Unerwünschte Nebenverknüpfungen reduziert man, indem das Training in ablenkungsarmer Umgebung begonnen wird, der Mensch die Aufmerksamkeit seines Hundes hat und das Verhalten nach und nach sorgfältig generalisiert wird. Dabei festigt man das Gelernte in möglichst unterschiedlichen Situationen mit steigendem Schwierigkeitsgrad.25 Beim „Changing the Association“-Programm macht man sich das Assoziationslernen bei leinenaggressiven Hunden zunutze, indem man ihnen den angst- bzw. aggressionsauslösenden Reiz auf große Distanz präsentiert und mit Hilfe von Belohnungen eine positive Assoziation zum Auslöser herstellt. Das kann zum Beispiel so aussehen, dass man dem Hund in dem Moment, in dem er den anderen Hund in einer für ihn angenehmen Distanz wahrnimmt, ein attraktives Leckerlie anbietet.26 2. Klassische Konditionierung Die klassische Konditionierung hängt eng mit dem Assoziationslernen zusammen. Während beim Assoziationslernen gedankliche Verknüpfungen gelernt werden, wird bei der klassischen Konditionierung eine physiologische Reaktion gelernt. Wird einem Hund nach einem zuerst unbedeutenden Reiz wie einem Glockenton wiederholt Futter angeboten, so lernt der Hund den Glockenton mit Futter zu verbinden. Nach einer solchen klassischen Konditionierung löst bereits der                                                                                                                         23  Schneider  (2005):  56ff.    Vgl.  ebd.:  59   25  Vgl.  ebd.:  63   26  Scholz/v.  Reinhardt  (2004):  70.   24   20   Glockenton den Speichelfluss des Hundes aus, auch wenn noch kein Futter zu sehen oder zu riechen ist. „Zunächst ist wichtig, dass man sich klar macht, dass die klassische Konditionierung bei jedem Training eine Rolle spielt. […] Das Tier hat im Training entweder ein gutes Gefühl oder ein schlechtes. Das ist klassische Konditionierung. Sie bewirkt das Gefühl, das hinter dem Verhalten steckt.“ 27 Deswegen spielt klassische Konditionierung als Gegenkonditionierung eine ganz große Rolle in Fällen, wo es zum Beispiel um Angst und Aggression geht und ist somit bei der Leinenaggression von entscheidender Bedeutung. Der russische Forscher Iwan Pawlow (1849 – 1936) erforschte die klassische Konditionierung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts und setzte seine Forschung bis zu seinem Tode fort, weshalb diese Lernform heute auch als „Pawlow´sche Konditionierung“ bezeichnet wird.28 „Damit eine klassische Konditionierung eintreten kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Ein unbedingter Reiz (zum Beispiel Futter), der zuverlässig eine Reaktion/Reflex (Speichelfluss) hervorruft, ein Reiz (zum Beispiel Ton), der diese Reaktion ursprünglich nicht hervorruft, und eine wiederholte, zeitlich enge Darbietung beider Reize (Ton-Futter).“29 Die klassische Konditionierung macht man sich beim Klickertraining zunutze, wo ein Klickgeräusch mit Futter verknüpft und so ein sekundärer Verstärker erzeugt wird. Da emotionale Reaktionen stark nach den Prinzipien der klassischen Konditionierung ablaufen, können viele Aggressionsprobleme durch konditionierte Reaktionsmuster verschärft werden, aber man kann sich die klassische Konditionierung auch zunutze machen. Um bei einem leineaggressiven Hund eine negative emotionale Reaktion zu verändern, kann der Hund über die klassische Konditionierung lernen, den gefürchteten Reiz – in dem Fall ein Zusammentreffen mit einem Artgenossen – mit angenehmen Emotionen zu verbinden. Man spricht von einer so genannten Gegenkonditionierung.30                                                                                                                         27  Theby  (2012):  123.    Schneider  (2005):  64.   29  Vgl.  ebd.:  66.   30  O`Heare  (2003):  133ff.   28   21   3. Operante Konditionierung Bei der operanten Konditionierung ist der Hund aktiv am Lernprozess beteiligt, er handelt. Er kann entscheiden ob er eine gewisse Handlung ausführt oder nicht. Der Hund lernt ob seine Verhaltensweisen sich lohnen und künftig öfter gezeigt werden, oder ob sich ein Verhalten nicht lohnt und in Zukunft seltener gezeigt wird. Das Verhalten wird also durch seine Konsequenzen bestimmt.31 Folglich muss man, um ein Verhalten zu ändern, die bisherigen Konsequenzen so verändern, dass dieses Verhalten für den Hund nicht mehr lohnenswert ist.32 Im Unterschied zur klassischen Konditionierung werden bei der operanten Konditionierung nicht reflexartige, unbewusste Reaktionen verknüpft, sondern zufällige oder bewusste, freiwillige Verhaltensweisen des Hundes belohnt. Was der Hund als angemessene Belohnung empfindet, hängt von der Situation ab. So kann ein leinenaggressiver Hund, der an der Leine Angst vor dem Zusammentreffen mit Artgenossen hat, lernen auszuweichen oder umzudrehen, wenn er einen anderen Hund sieht. Der belohnende Effekt steigert sich nicht nur durch Futter vom Hundehalter sondern auch das Ausweichen und Umdrehen wirkt belohnend, da der Hund sich der unangenehmen Situation entziehen kann. V. Training mit Belohnung Oft haben Menschen, wenn sie von Training mit Belohnung sprechen, nur die Gabe von Leckerlie im Kopf. Belohnung kann aber noch viel mehr sein. Alles, was beim Hund positive, angenehme Gefühle hervorruft, kann als Belohnung eingesetzt werden, zum Beispiel auch das Buddeln in einem Mäuseloch, das Spiel mit einem anderen Hund, ein Bad in einem Schlammloch, positive Zuwendung, etc. „Eine Belohnung wird charakterisiert als positive Erfahrung, die einem Verhalten des Hundes direkt nachfolgt. Positive Erfahrungen während des Verhaltens bezeichnet man hingegen als Bestätigung.“ (Bestätigung = Verstärkung) Beides bewirkt, „[…] dass ein Verhalten künftig häufiger und intensiver gezeigt wird.“ 33                                                                                                                         31  Schneider  (2005):  67f.    Reichel  (2014):  16.   33  Schneider  (2005):  98.   32   22   Abb. 5: Universität Duisburg-Essen, https://www.uni-due.de/edit/lp/behavior/skinner.htm, zugegriffen am 08.08.2015. Über positive Verstärkung Gelerntes wird im Gehirn von Säugetieren dauerhafter abgespeichert als Dinge, die über Meidemotivation, also Strafe, beigebracht werden. Bei der Auswahl der Belohnung gibt es einiges zu beachten. Wenn man mit Futter arbeitet, dann muss man darauf achten etwas zu füttern, was dem Hund auch wirklich schmeckt und eine ausreichende Belohnung für sein Verhalten darstellt. Je höher der Arbeitsaufwand des Hundes ist, umso attraktiver muss die Belohnung ausfallen.34 Verhalten entsteht durch die Motivation, ein Bedürfnis zu befriedigen. Um ein Verhalten effektiv verstärken zu können, muss man das Bedürfnis des Hundes befriedigen. Wenn sich ein Hund an der Leine aggressiv verhält, ist es wichtig herauszufinden, was er mit dem Verhalten erreichen will. Möchte er mehr Abstand zu dem anderen Hund oder will er eigentlich hin? Je nach Motivation muss hier eine andere Belohnung gewählt werden.35 Wichtig ist auch zu unterscheiden, ob man ein „teures“ oder ein „billiges“ Verhalten belohnt. Ein „Sitz“ ist für Hunde ein billiges Verhalten, es erfordert Dank der Schwerkraft kaum Energie und für die meisten Hunde wird ein Stück Trockenfutter als „Bezahlung“ reichen. Ein teures Verhalten, wie zum Beispiel ein Herankommen aus Entfernung, muss besser belohnt werden. Wenn es für das Herankommen aus Entfernung das gleiche Stück Trockenfutter gibt wie für ein einfaches Sitz, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Motivation nicht reicht, um den Hund aus einem Spiel abzurufen.36                                                                                                                         34  Riepe  (2012):  37ff.    Reichel  (2014):  19.   36  Theby  (2012):  74ff.   35   23   VI. Strafe und Druck Das Thema Strafe wird unter Trainern und Hundebesitzern heiß diskutiert und wenn es um das Thema Leinenaggression geht, gibt es leider noch immer viele Trainingsanleitungen, die auf Strafreizen basieren. Immer wieder beobachte ich Hundehalter auf der Straße, die ihre aggressiv auf Artgenossen reagierenden Hunde anschreien, an der Leine reißen und zur Seite rempeln, während die Leine so kurz genommen wird, dass der Hund mit den Vorderbeinen in der Luft hängt. Fernsehtrainer, die Aggression mithilfe von Wasserspritzpistolen, körperlichen Bedrohungen und anderen Strafreizen unterdrücken, tun ihr übriges dazu. Was man einem Hund mit diesen Maßnahmen sicher nicht beibringen kann ist, dass andere Hunde etwas Positives sind. Das unerwünschte Verhalten wird kurzzeitig gehemmt, die Symptome werden bekämpft, die Ursache und die damit verbundenen Emotionen der Leinenaggression werden aber nicht verändert, sondern eher noch verschlechtert. „Beim Training über Strafreize wird nicht auf die Motivation des Hundes eingegangen und die emotionale Grundlage wird völlig außer Acht gelassen.“37 Mit einer Strafe können viele Nebenwirkungen einhergehen. Das negative Gefühl, das durch Bestrafung entsteht, kann der Hund durch klassische Konditionierung mit der Situation verknüpfen. Im Fall von Leinenaggression erfährt der Hund durch Strafe eine negative Konditionierung auf andere Hunde, genau das Gegenteil von dem was man erreichen will. Im Sinne der Eskalationsleiter (siehe Kapitel B.VII.), wird sich der Hund, der aggressiv auf einen anderen Hund reagiert, im orangen bis roten Bereich befinden. Ein Strafreiz wird zwar vielleicht die körpersprachliche Reaktion des Hundes unterbinden, emotional befindet er sich aber weiter im orangen bis roten Bereich. So kann es dazu kommen, dass Hunde jegliche Frühwarnsignale wie Erstarren oder Knurren einstellen und sofort zu stärkeren Mitteln greifen. Gefühle können das Lernen blockieren. Das Gehirn ist in verschiedene Bereiche aufgeteilt, im Cortex findet das logische Denken statt, während das limbische System die Gefühle steuert.                                                                                                                         37  Reichel  (2014):  19ff.     24   „[…] Strafe und schon die Angst vor Strafe beeinflussen das Tier in seinen Gefühlen negativ, wodurch es zu einer Herabsetzung, evtl. sogar Blockade des logischen Lernens und Denkens kommt.“38 Wie schon weiter oben erwähnt, wird sich beim Training mit Strafe das Verhalten oberflächlich kurzfristig verbessern, weil der Hund das unerwünschte Verhalten nicht mehr zeigt. Da die Ursachen aber nicht beseitigt werden, werden die Schwierigkeiten bald wieder auftauchen, womit die Anforderungen und damit die Strafen steigen und der Halter immer tiefer in eine Gewaltspirale hineingezogen wird.39 VII. Trainingsprinzipien Um ein Training erfolgreich gestalten zu können, müssen einige Trainingsprinzipien beachtet werden, auf die ich hier eingehen werde. Gutes Training baut auf 3 Säulen auf: • Timing • Belohnungskriterien • Belohnungsrate Wenn es im Training nicht vorwärts geht, dann stimmt meistens bei einem oder mehreren dieser Punkte etwas nicht.40 1. Timing Das richtige Timing ist beim Belohnen extrem wichtig, damit der Hund überhaupt versteht was man von ihm will. Wenn man zum Beispiel ein Sitzen belohnen will und man hat das Leckerlie erst aus der Hosentasche gefischt, wenn der Hund schon wieder aufsteht, wird der Hund nicht verstehen, dass man das Sitzen belohnen wollte, sondern glaubt vielleicht das Aufspringen ist Ziel der Übung.41 Damit der Hund ein Verhalten mit einer Konsequenz verknüpfen kann, hat man nur einen Spielraum von etwa 0,5 – 1 Sekunde.                                                                                                                         38  Hallgren  (2006):  93.    Vgl.  ebd.:  97f.   40  Theby  (2012):  28.   41  Vgl.  ebd.:  28.   39   25   2. Belohnungskriterien Auch über die Belohnungskriterien, also darüber was man eigentlich belohnen will und was man nicht belohnen will, muss man sich vor dem Training Gedanken machen. Wenn man sich überlegt hat was man belohnen will, kann man den Schwierigkeitsgrad langsam erhöhen und die Belohnungskriterien an den Hund und die aktuelle Situation anpassen. So kann beim Training mit einem leinenaggressiven Hund zum Beispiel die Distanz zu einem anderen Hund ein Belohnungskriterium sein. Oft kommt es vor, dass Trainingskriterien zu schwierig gewählt werden. Ist ein Hund mit der gestellten Aufgabe überfordert und macht Fehler, kann man die Übung in kleinere Teilschritte zerlegen und gibt dem Hund so eine Chance zu verstehen was man von ihm will. 3. Belohnungsrate Die Belohnungsrate beschreibt wie oft ein Hund in einer gewissen Zeitspanne belohnt wird. Die Belohnungsrate wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst42: • Die Erfahrung des Hundes: Um die Motivation aufrecht zu erhalten, muss die Belohnungsrate bei einem unerfahrenen Hund deutlich höher sein als bei einem Hund, der schon weiß worum es bei einer Übung geht. Mit steigender Erfahrung sollte auch die Herausforderung steigen und durch komplexere Übungsabläufe sinkt die Belohnungsrate. • Die Qualität der Belohnung: Je höher die Wertigkeit einer Belohnung ist, desto seltener braucht belohnt werden. • Die Ablenkung: „Je höher die Ablenkung, desto höher muss die Belohnungsrate sein“43, da eine größere Ablenkung eine Übung schwieriger macht. Man kann Ablenkung auch als konkurrierende Motivation bezeichnen. • Die Trainingskriterien: Es ist die Aufgabe des Trainers, Trainingskriterien so leicht oder schwer zu gestalten, dass der Hund Erfolg haben kann. • Die Art der Aufgabe: Die Höhe der Belohnungsrate wird auch davon beeinflusst, wie schwierig ein Verhalten ist.                                                                                                                         42  Theby  (2012):  43.    Vgl.  ebd.:  41.   43   26   Man kann sagen, dass eine hohe Belohnungsrate dem Hund mehr Informationen über das gewünschte Verhalten liefert, was dem Hund wiederum mehr Sicherheit gibt, auf dem richtigen Weg zu sein. „Timing, Kriterium und Belohnungsrate sind die drei absoluten Grundlagen jedes Trainings!“44 VIII. Unterschiedliche Belohnungssysteme Um ein Verhalten zu belohnen, gibt es unterschiedliche Belohnungssysteme, die verschiedene Auswirkungen auf das Verhalten haben. Ich stelle hier die gängigsten Modelle vor. • Regelmäßige Belohnung nach einer bestimmten Anzahl von Verhalten: Verhalten so zu belohnen, ist einfach und wirkungsvoll, es wird jedes Mal nach dem gewünschten Verhalten belohnt, was zu einer sehr hohen Belohnungsrate führt und die besten Ergebnisse bringt. Man kann auch regelmäßig jedes zweite oder dritte Verhalten belohnen, das Belohnungsschema bleibt dabei aber vorhersehbar für den Hund. Der Nachteil davon ist, dass es den Hund verunsichern kann, wenn er noch nicht verstanden hat was von ihm verlangt wird und nur jedes zweite Verhalten belohnt wird. Wenn der Hund das Belohnungsmodell der Belohnung von jedem zweiten oder dritten Verhalten verstanden hat, besteht außerdem die Gefahr, dass das Verhalten direkt nach der erfolgten Belohnung langsamer erfolgt, weil der Hund weiß, dass es dafür keine Belohnung gibt.45 • Variable Belohnung nach einer bestimmten Anzahl von Verhalten: Bei der variablen Belohnung wird nicht jedes Verhalten belohnt, sondern variabel nach einer bestimmten Anzahl. Es ist nicht vorhersehbar wann die Belohnung kommt, was theoretisch zu einer gesteigerten Motivation führt und das Verhalten ist resistenter gegen Löschung.46 Spielautomaten bedienen sich dieses Effekts, man weiß nie wann der Jackpot geknackt wird und mit jeder weiteren eingeworfenen Münze steigt die Vorfreude und Motivation den großen Gewinn zu knacken. Der Effekt der variablen Belohnung ist wissenschaftlich nachgewiesen und wurde in verschiedenen                                                                                                                         44  Vgl.  ebd.:  44    Vgl.  ebd.:  94.   46  Vgl.  ebd.:  94f.   45   27   Versuchsreihen bestätigt und doch bleibt die Frage, ob die Ergebnisse von Labor-Untersuchungen auf den Alltag mit Hunden so leicht übertragen werden können. Der Hund muss bei der variablen Belohnung genau wissen was von ihm verlangt wird und dieses Verhalten schon sicher ausführen. Ist das Verhalten noch nicht gefestigt, dann kann die variable Belohnung zu Verunsicherung führen. Obwohl in vielen Büchern geraten wird beim Training bald von der regelmäßigen Belohnung zur variablen zu wechseln, um ein Verhalten zu festigen, bleibt die Frage ob Laborergebnisse auf alltägliche Trainingssituationen übertragen werden können. Durch unterschiedliche Belohnungen (Trockenfutter, Käse, Streicheln, Stimmlob, Spielzeug,…) hat man die Möglichkeit jedes Verhalten variabel zu belohnen, was einen ähnlichen Effekt wie die variable Belohnung erzielt, aber die unerwünschten Nebenwirkungen gering hält. • Regelmäßige Belohnung nach einer bestimmten Zeitdauer: Bei diesem Belohnungsschema wird nach einer vorgegebenen Zeit belohnt, unabhängig vom Verhalten. Dieses Belohnungsschema nutzt man in abgewandelter Form beim Training von „Bleib-Übungen“. Dabei ist die Belohnung zwar auch abhängig vom Verhalten, erfolgt aber erst nach einer bestimmten Zeit. Wenn der Hund in diesem Zeitraum aufsteht, wird die Übung abgebrochen und nicht belohnt.47Variable Belohnung nach einer bestimmten Zeit: Hier ist es für den Hund wieder nicht vorhersagbar wann die Belohnung kommt, daher lohnt es sich ein Verhalten beizubehalten. Das kann zum Beispiel bei einer „Bleib-Übung“ bedeuten, dass mal nach 5 Sekunden und mal nach 3 Minuten die Belohnung kommt und der Hund sie quasi jeden Moment erwartet.48                                                                                                                         47  Vgl.  ebd.:  95f.    Vgl.  ebd.:  95.   48   28   E. Stress I. Definition „Stress, Angst und Aggression laufen im Körper fast völlig gleich ab.“49 Um ein Problemverhalten beim Hund zu lösen, ist es wichtig die Stressfaktoren in seinem Leben zu analysieren, weil sie ein wichtiger Bestandteil von Problemen sind. Der Stressmechanismus sorgt dafür, dass sich der Körper optimal an bestimmte Situationen anpassen kann, er kann aber auch fehlschlagen. Eine gewisse Stressbelastung kann jeder Organismus vertragen, jedoch nur begrenzt. Durch Stress wird die Reizschwelle gegenüber verschiedenen Umweltfaktoren vermindert, was das Thema Stress gerade in Bezug auf Leinenaggression zu einem wichtigen Punkt macht. Stress tritt auf wenn ein Organismus sich an eine Situation anpassen muss und sorgt für eine Vorbereitung und Mobilisierung von Reserven. Normale Stresssituationen, die gut zu bewältigen sind, werden als Eustress bezeichnet und stellen eine positive Stimulation dar. Werden die Bewältigungsstrategien des Körpers überfordert, kann Stress schädlich sein und wird als Distress bezeichnet. In Gefahrensituationen erhöht sich durch die Stressreaktion der Sauerstoffgehalt des Blutes, das Blut wird mit Fett und Nährstoffen angereichert und durch einen beschleunigten Herzschlag schneller durch den Körper transportiert. In Sekundenbruchteilen wird die Energie enorm gesteigert, der Körper ist auf die Gefahr vorbereitet. Alles, was in dem Moment unwichtig ist, wird vom Gehirn ausgeschaltet, logische und kognitive Gedanken werden blockiert.50 II. Unterscheidung von Eustress und Distress Der Begriff Eustress leitet sich von der griechichen Vorsilbe „eu“ ab, was „gut“ bedeutet und beschreibt positiven Stress, der nicht als Belastung empfunden wird. Es gibt zahlreiche Beispiele für Eustress, zum Beispiel das Ausarbeiten einer Fährte, Vorfreude auf den bevorstehenden Spaziergang, das Spiel mit einem Hundefreund etc. Diese Ereignisse bedeuten zunächst Stress für den Hund, es werden dieselben Stresshormone wie in einer Gefahrensituation ausgeschüttet.                                                                                                                         49  Hallgren  (2013):  9.    Vgl.  ebd.:  17f.   50   29   Durch die gleichzeitige Ausschüttung von Glückshormonen wie Serotonin werden aber Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit gesteigert und Glücksgefühle hervorgerufen. Distress hat demgegenüber eine Verschlechterung des Wohlergehens, der Leistungsfähigkeit und Gesundheit des Tieres zur Folge und ist schädlich und nicht alltäglich. „Mit Distress wird der Zustand eines Tieres bezeichnet, das nur noch über unzureichende biologische Reserven verfügt, um die körperliche Belastung der Stressreaktion auszugleichen. Somit müssen Ressourcen umgeleitet werden, die eigentlich anderen biologischen Vorgängen vorbehalten sind.“ 51 Wie ein Tier mit Distress umgeht und welche Bewältigungsstrategien gewählt werden, hängt von vielen Faktoren ab und ist individuell unterschiedlich. Situationen, die für den einen Hund gar nicht belastend sind, können für einen anderen Hund starken Stress bedeuten. Innerlich entsteht Stress zum Beispiel dann, wenn ein Hund an eine Anforderung denkt. Stellt hingegen ein Umweltfaktor eine Anforderung, wird der Stress von außen erzeugt. III. Unterscheidung verschiedener Stressoren Man kann folgende Stressauslöser unterscheiden52: • Äußere Stressoren sind zum Beispiel reale oder simulierte Gefahrensituationen, eine Überflutung mit Reizen wie auch der Entzug von Reizen (Deprivation) und Schmerzreize. • Werden die Grundbedürfnisse wie Wasser, Nahrung, Schlaf und Bewegung nicht erfüllt, führt das zu Stress. • Soziale Stressoren sind etwa die Isolation des Hundes oder auch das Zusammenleben mit Artgenossen oder Menschen, mit welchen sich der Hund nicht versteht. • Psychische Stressoren sind zum Beispiel Angst, Trauer, Konflikte, Erwartungsunsicherheit und Trennungsangst.                                                                                                                         51  Moberg  (2000)  zitiert  nach  O`Heare  (2009):  31.    Scholz/v.  Reinhardt  (2012):  12.   52   30   • Stressoren im Bezug auf die Leistung sind zum Beispiel Überforderung wie auch Unterforderung oder die Angst vor einer drohenden Strafe. • Zu den inneren Stressoren gehören Krankheit und Behinderung. Bei einer akuten Stressreaktion wird das Gehirn von verschiedenen Botenstoffen überflutet, die Reaktions- und Aggressionsschwelle wird herabgesetzt und das rationale Denken wird gehemmt. Der Hund ist in voller Alarmbereitschaft und bereit für Flucht oder Angriff.53 IV. Fünf wichtige Aspekte in Bezug auf Stress Alles, was ein Individuum versucht, um sich an eine Situation anzupassen, ist Stress. Dabei ist Stress nicht als negativ zu betrachten, auch positive Gefühle wie zum Beispiel Erfolgserlebnisse beim Training bedeuten Stress für den Organismus. Entscheidend ist die innere Ausgeglichenheit, die zum Beispiel in einer Gefahrensituation durch eine Stressreaktion wieder stabilisiert wird. Diesen Vorgang bezeichnet man Homöostase oder Selbstregulation, mit deren Hilfe man sich auf bevorstehende Situationen vorbereiten und sich an ein sich änderndes Umfeld anpassen kann.54 Fünf wichtige Aspekte in Bezug auf Stress: • Summe aller Stressfaktoren: Man sollte versuchen alle Stressfaktoren nicht einzeln zu sehen, sondern muss sie in Summe betrachten. Ein angeleinter Hund, der normalerweise kein Problem mit Artgenossen hat, kann durch einen Stresspegel, der durch verschiedene kleine Stressoren wie Hunger, Unterforderung, leichte Schmerzen und Angst vor einer Strafe durch den Besitzer in die Höhe getrieben wird, unerwartet leinenaggressiv reagieren. Eine Trainerin hat mir dies mit folgender Metapher veranschaulicht: Jedes Individuum hat eine „Stress-Tasse“, die sich im Laufe des Tages immer weiter füllt. Jeder Stressfaktor lässt den Stresspegel in der Tasse weiter ansteigen, bis diese übergeht. In Erholungs- und Ruhephasen leert sich die Tasse wieder langsam, was auch veranschaulicht wie wichtig Erholung ist. • Kurzzeitiger Stress: Der Stressmechanismus ist dafür vorgesehen, kurzzeitige, schwierige Situationen mithilfe einer Stressreaktion zu                                                                                                                         53  O`Heare  (2009):  33.    Hallgren  (2013):  25.   54   31   meistern. Das System ist nicht auf langanhaltenden Stress ausgerichtet, auch wenn der Stresspegel im jeweiligen Moment niedrig erscheinen mag. • Die Reaktionen sind individuell unterschiedlich: Die Stressresistenz von Hunden ist genetisch bedingt und kann sich von Rasse zu Rasse stark unterscheiden. • Stressreaktionen hängen von der individuellen Wahrnehmung bzw. den individuellen Erfahrungen ab: Eine Situation, die von dem einen Hund als kaum stressig empfunden wird, kann von einem anderen Hund als große Belastung wahrgenommen werden. Zum Beispiel kann eine Begegnung mit einem fremden Artgenossen für einen Hund, der keine guten Erfahrungen gemacht hat, belastend sein, während ein Hund der nie schlechte Erfahrungen gemacht hat, die Begegnung als positiv erlebt. • Stresserfahrungen sind davon abhängig, wie Situationen gemeistert werden: Begegnet ein Hund einem bedrohlichen Artgenossen, wird er diesen beschwichtigen und die Hunde werden sich begrüßen können. Das Problem ist gelöst. Hätte der Hund das Problem nicht lösen können, weil zum Beispiel der Besitzer die Leine straff hält und der Artgenosse hätte angegriffen, hätte das eine starke Stressreaktion bei unserem Hund ausgelöst.55 V. Stressmodelle 1. Stressreaktion in drei Stufen nach Selye Der ungarische Arzt Hans Selye beschäftigte sich in den 1930er-Jahren mit Stressmechanismen und fand heraus, dass Stressreaktionen in drei Stufen ablaufen.56 • Die Alarmreaktion: Die Alarmreaktion ist das Erste, was in einer Stresssituation passiert. Dabei werden alle Körperressourcen mobilisiert, es kommt zu einem Zustand allerhöchster Leistungsbereitschaft und der Körper macht sich bereit für Flucht oder Abwehr. Das Reaktionsvermögen nimmt innerhalb von Sekunden stark zu, Nervenimpulse und Hormonausschüttungen sorgen für die optimale Reaktionsbereitschaft. Der                                                                                                                         55  Hallgren  (2013):  27ff.    Scholz/v.  Reinhardt  (2012):  11ff.   56   32   Blutdruck erhöht sich durch eine Blutgefäßverengung, die Herzfrequenz steigt, die Pupillen weiten sich und durch Kontraktion der Haut stellen sich die Haare auf. Weiters erweitern sich die Bronchien, die Magen-DarmTätigkeit verlangsamt Blutzuckerspiegel sich, erhöht, Fettsäuren die werden Muskulatur freigesetzt, stärker der durchblutet, Körpertemperatur und Schweißabsonderung (Pfotenabdrücke auf dem Boden) steigen, die Wahrnehmung wird sensibilisiert und Schmerzen und komplexe Denkvorgänge werden gehemmt. • Die Widerstandsphase: In der zweiten Phase wird versucht die Gefahr zu meistern oder zu kontrollieren. Der Körper versucht eine Gegenreaktion zu starten, um den hohen Energieverbrauch zu senken und die Alarmreaktion abzuschwächen. Dafür ist der Parasympathikus zuständig. Er sorgt unter anderem für ein zusammenziehen der Bronchien, vermehrten Speichelfluss sowie für Anregung der Magen-, Darm-, und Blasentätigkeit. Allerdings bleibt die Adrenalin-, Noradrenalin- und Cortisolausschüttung hoch. Somit wird die Schilddrüsenfunktion geschwächt, die Fortpflanzungsorgane werden in Mitleidenschaft gezogen, außerdem werden entzündliche Prozesse gefördert. Die Gedächtnisleistung und die Immunabwehr sind beeinträchtigt, die Resistenz gegenüber neu auftretenden Stressfaktoren ist deutlich reduziert. • Die Erschöpfungsphase: Hält der Stress zu lange an oder treten ständig neue Stressoren auf, kann der Organismus die Widerstandsphase nicht länger aufrecht erhalten. Die Anpassungsmöglichkeiten des Körpers gehen verloren, durch die hohe Ausschüttung energierelevanter Stoffe kommt es zu Energiebereitstellungsproblemen. Die Funktion des Immunsystems und der Geschlechtsdrüsen wird beeinträchtigt, der Appetit ist gestört und Fortpflanzungs- und Wachstumsprozesse funktionieren nicht mehr. Langzeitfolgen sind zum Teil schwere Erkrankungen wie Herz-KreislaufErkrankungen, Nierenerkrankungen, Allergien, Entzündungskrankheiten, Krebs und im Extremfall kann es sogar zum frühzeitigen Tod kommen.   33   Abb. 6: „General Adaptation Syndrome“ von David G. Myers - Exploring Psychology 7th ed. (Worth) page 398.. Lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:General_Adaptation_Syndrome.jpg#/media/File:General_Adaptation_Syndrome.jpg 2. Stressreaktion in drei Stufen der Bewertung nach Lazarus Lazarus differenziert danach, ob ein Individuum glaubt die Situation kontrollieren zu können und ob die Gefahr als die eigenen Kräfte übersteigend eingeschätzt wird. Bedeutsam für den Stressgehalt einer Situation oder eines Ereignisses sind seiner Meinung nach nicht die objektiven Merkmale der Situation, sondern die Empfindungen, Gedanken und Überlegungen des betreffenden Individuums. Ein Reiz ist nicht deshalb stressend weil er eine bestimmte Intensität übersteigt, sondern wird erst durch die subjektive Wahrnehmung des Individuums zu einem Stressreiz. Lazarus Stressmodell unterscheidet drei Stufen der Bewertung57: • Die Primärbewertung: In der ersten Phase werden Umweltreize wahrgenommen und es wird bewertet ob sie eine Bedrohung enthalten. Dabei kann die Situation als positiv, irrelevant oder potentiell gefährlich beurteilt werden.                                                                                                                         57  Van  der  Bellen  (2014):  3ff.     34   • Die Sekundärbewertung: In der zweiten Phase wird geprüft, ob die verfügbaren Ressourcen ausreichen, um eine Situation zu bewältigen und nur wenn die Ressourcen nicht ausreichend sind, wird eine Stressreaktion ausgelöst. Die Bewältigungsstrategie ist abhängig von der Situation, von der Persönlichkeit und den kognitiven Strukturen des Individuums. Diese als Coping bezeichneten Abläufe stellen eine Art Selbstregulierungsmechanismus dar. Über Erfolg und Misserfolg lernt das Individuum Bewältigungsstrategien selektiv einzusetzen. • Neubewertung: In der dritten Phase wird aufgrund der veränderten äußeren und inneren Bedingungen die ursprüngliche Situation noch einmal bewertet. Wird die individuelle Ausgangslage nicht wieder erreicht, erfolgt eine Anpassung und es werden neue Sollwerte erstellt. Lazarus unterscheidet zwei Arten der Stressbewältigung, problemorientiertes und emotionsregulierendes Coping. Beim problemorientierten Coping versucht das Individuum aktiv durch Informationssuche oder Handlungen bzw. unterlassene Handlungen eine Problemsituation zu überwinden. Diese Bewältigungsstrategie bezieht sich auf die Situation und den Reiz. Beim emotionsregulierenden Coping wird in erster Linie versucht entstandene Emotionen abzubauen, ohne sich mit der Ursache auseinander setzen zu müssen.58                                                                                                                         58  Kriegl  (2015),  1ff.     35   Abb 7: „Stressmodell von Richard Lazarus“ von Philipp Guttmann (Diskussion) - selbst erstellt. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Stressmodell_von_Richard_Lazarus.png#/media/File:Stressmodell_von_Richard_Lazarus.pn g VI. Stresssymptome Es gibt viele verschiedene Symptome die auf einen erhöhten Stresspegel schließen lassen. Meist treten mehrere Symptome gleichzeitig auf, man muss aber immer den Gesamtzusammenhang und die Häufigkeit, in der sie auftreten, beobachten. Ein Hecheln kann zum Beispiel ein Anzeichen für Stress sein, bei heißen Temperaturen kann es aber auch einfach der Versuch des Hundes sein, sich abzukühlen. Jeder Hund zeigt auf eine ganz spezielle Art, wenn er gestresst ist. Es gibt auch rassespezifisch, unterschiedliche, spezielle Stresssymptome, bei der die besondere Fähigkeit einer Rasse ein ungesundes Ausmaß annimmt, zum Beispiel zwanghaftes Hüten bei Hütehunden. Die häufigsten Stresssymptome sind:59                                                                                                                         59  Scholz/  v.  Reinhardt  (2012):  40ff.     36   • Nervosität und Schreckhaftigkeit • Ruhelosigkeit - der Hund kann sich schlecht entspannen und wirkt gehetzt • Überreaktion in Situationen, in denen der Hund normalerweise ruhig bleiben würde • Vermehrter Einsatz von Beschwichtigungssignalen • Einstellen der Beschwichtigungssignale und „einfrieren“, geistiges Abtauchen • Vermehrtes Koten und Urinieren durch die Aktivierung des sympathischen Nervensystems • Ausschachten des Penis beim Rüden • Aufreiten • Hypersexualität und Hyposexualität • Veränderter Sexualzyklus • Übertriebene Körperpflege bis hin zum Wundlecken, häufig an den Pfoten und im Genitalbereich   • Zerstören von Gegenständen • Übertriebene Lautäußerungen wie Dauerbellen oder ständiges Winseln • Störungen im Magen-Darm-Trakt wie Durchfall und Erbrechen • Allergien • Appetitlosigkeit und Fresssucht • Unangenehmer Körpergeruch und Mundgeruch • Die Tasthaare am Kopf werden aufgestellt und vibrieren vielleicht auch • Das Fell im Nacken- und Rückenbereich wird aufgestellt • Verhärtete Muskeln durch erhöhten Muskeltonus • Schuppenbildung • Plötzlicher Haarausfall • Schlechte Fellbeschaffenheit und starker Haarausfall • Ungesundes Aussehen • Gehetzter Gesichtsausdruck • Hautprobleme wie Ekzeme und Juckreiz • Veränderung der Augenfarbe • Hecheln • Vermehrte Produktion von Nasenflüssigkeit und dadurch tropfende Nase 37   • Schweißpfoten hinterlassen feuchte Pfotenabdrücke auf glatten Böden • Zittern • Hektisches Um-sich-Schnappen • Weit aufgerissene Augen und flatternder Blick • Vermehrter Speichelfluss • Übermäßiges Fixieren eines anderen Lebewesens oder eines Gegenstandes • Stereotypien wie Schwanzjagen oder monotones Dauerbellen • In die Leine beißen • Schlechte Konzentrationsfähigkeit • Vergesslichkeit - der Hund scheint „neben sich zu stehen“ • Übersprungshandlungen und umorientiertes Verhalten • Fixierung auf Reize wie Lichtkegel oder Fliegen • Passivität • Schütteln soll die eigene Anspannung lösen VII. Stressfaktoren bei Hunden In diesem Abschnitt möchte ich beschreiben, welche Erfahrungen Stressfaktoren darstellen und die Stresstoleranz von Hunden beeinflussen. Dabei wird alles, was Stressreaktionen auslöst, als Stressfaktor bezeichnet. Diese Zusammenfassung stellt die häufigsten Stressfaktoren dar, erhebt dabei aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit, nicht zuletzt auch deshalb, weil Stress immer von den eigenen, individuellen Empfindungen und Erfahrungen abhängt.60 • Vererbte Eigenschaften: Wenn man verschiedene Hunderassen auf ihre Stresstoleranz hin vergleicht, wird offensichtlich, dass die Gene wohl eine wichtige Rolle spielen. Während manche Rassen kaum aus der Ruhe zu bringen sind, sind andere sehr temperamentvoll und leicht gestresst. • Pränataler Stress: Man hat herausgefunden, dass Welpen, deren Mutterhündin während der Trächtigkeit starkem Stress ausgesetzt war, eher zu einer verringerten Stresstoleranz neigen. Durch das Blut gelangen die Stresshormone der Hündin schon im Mutterleib zu den Föten und beeinflussen diese.                                                                                                                         60  Vgl.  zu  den  Stressfaktoren  etwa  Scholz/v.  Reinhardt  (2012):  56ff.     38   • Frühe Einflüsse: In der ersten Lebensphase ist das Gehirn in gewisser Weise noch offen für neue Programmierungen, um sich bestmöglich an das zukünftige Leben anzupassen. „Frühe Erfahrungen, die in irgendeiner Form die Stressempfindlichkeit vergrößern oder vermindern, können eine lebenslange Wirkung haben.“61 Welpen, die von Anfang an Kontakt zu Menschen haben und täglich betreut werden, entwickeln durch diese leichte Form von Stress eine höhere Stresstoleranz. Natürlich muss dieser tägliche Umgang mit einem kleinen Welpen in einem gewissen Rahmen bleiben und darf nicht übertrieben werden, denn das kann einen Stressfaktor darstellen, der sich negativ auf die künftige Stresstoleranz auswirkt. • Sozialisierung: Der Welpe hat eine sensible Phase (ca. 8.-16. Lebenswoche), der besondere Beachtung geschenkt werden sollte, weil er in dieser Zeit besonders schnell und nachhaltig lernt. In dieser Phase soll der junge Hund unterschiedliche Artgenossen, Tiere und Menschen verschiedener Altersstufen positiv kennenlernen. Bei der Sozialisierung geht es um die soziale Interaktion mit Lebewesen. Lernt der Welpe verschiedene Untergründe, Umgebungen und Verkehrsmittel kennen, spricht man von Gewöhnung, weil es sich um keine soziale Interaktion handelt. Sozialisierung und Gewöhnung reichen aber weit über die 16. Lebenswoche hinaus. Hunde lernen ihr ganzes Leben lang. • Anpassung an verschiedene Umgebungen: Ein Hund braucht die Gelegenheit, sich an unterschiedliche Umgebungen zu gewöhnen. Hunde, die mit sehr wenigen Reizen heranwachsen und nicht genügend Erfahrungen im Welpenalter machen können, können in ihrem späteren Leben Probleme mit neuen Situationen haben und auf diese mit Stress reagieren.62 Im Zusammenhang mit Sozialisierung und Gewöhnung an Umweltreize hört man immer wieder von Welpenspielgruppen. Welpenspielstunden gehören für viele Hundehalter zu einem guten Start ins gemeinsame Leben, allerdings ist Vorsicht geboten, denn bei nicht professionell geführten Gruppen kommt es schnell zu einer Überreizung. Die Welpen werden dadurch nicht nur für den Augenblick gestresst. Eine schlecht geführte                                                                                                                         61  Hallgren  (2013):  82.    Vgl.  ebd.:  87   62   39   Welpenspielgruppe kann starke Auswirkungen auf das spätere Verhalten haben. Faktoren wie Dauer der Einheit, Gruppengröße und gestellte Aufgaben können schnell zu Überforderung führen und Mobbing sowie raues Spiel unter den Welpen kurbelt den Stresspegel weiters kräftig an.63 • Ernährung: Das Verhalten des Hundes kann erheblich durch seine Ernährung beeinflusst werden. Futter von minderer Qualität kann zu Mangelernährung und damit zu Stress im Organismus führen. „Nebenerzeugnisse und Füllstoffe aus Getreide sind schon schlimm genug, doch gewisse chemische Konservierungsmittel, Farbstoffe und Chemikalien, die dazu dienen, das Futter feucht zu halten, können zu Problemen führen. Viele Hunde reagieren auf diese Inhaltsstoffe negativ, was sich auch in Verhaltensproblemen manifestieren kann.“64 • Krankheit und Verletzung: Krankheiten und Schmerzen sind ein häufiger und oft unterschätzter Stressfaktor. Abhängig davon, was dem Hund fehlt, können Krankheiten und Schmerzen auf verschiedene Arten geringen bis sehr starken Stress verursachen. Laut Hallgren sind Schmerzen die häufigste Ursache für Verhaltensprobleme.65 Laut Untersuchungen haben zum Beispiel 60% einer normalen Hundepopulation Rückenschmerzen. Krankheit und Schmerz bedeuten unabhängig vom Alter immer Stress, aber ein kranker Hund hat nicht nur Schmerzen, auch der Tierarztbesuch bedeutet Stress und kann weitere Schmerzen verursachen. Auch eine Beeinträchtigung der Sinnesorgane wie Taubheit und Blindheit erhöhen den Stresspegel, weil der Hund ständig sein Defizit ausgleichen muss, da er nicht die gleichen Möglichkeiten wie ein gesunder Hund hat, sich mit der Außenwelt zu verständigen.66 Unsere Hunde zeigen kaum Anzeichen bei Schmerzen, oft sind es nur kleine Veränderungen in ihrem Blick, weshalb es schwer für uns ist zu glauben, dass der Hund Schmerzen hat. • Hormone: Viele Hormone können die Stresstoleranz negativ beeinflussen. So ist Testosteron zum Beispiel auch ein mögliches Stresshormon. Auch                                                                                                                         63  Scholz/Clarissa  v.  Reinhardt  (2012):  61f.    O`Heare  (2009):  51.   65  Hallgren  (2013).   66  Scholz/v.  Reinhardt  (2012):  56.   64   40   eine Läufigkeit bringt einige Stressfaktoren wie beispielsweise das Abwehren von aufdringlichen Rüden mit sich. • Das Vorbild: Auch der eigene Einfluss als Vorbild auf den Hund darf nicht außer Acht gelassen werden. „Es gibt eine plausible Korrelation zwischen autoritären, strafenden Hundehaltern und dem Aggressionsverhalten von deren Hunden gegenüber Artgenossen.“67 • Schlafdefizite und Erschöpfungszustände: Diese können Krankheit und Schmerzen, fehlende Rückzugsmöglichkeiten und Überbeanspruchung verursachen. • Plötzliche Veränderungen: Für jedes Lebewesen bedeuten plötzliche Veränderungen Stress. Veränderungen wie Familienzuwachs oder Umzug können die Stresstoleranz vorübergehend herabsetzen und so zu Überreaktionen in verschiedenen Situationen führen. Auch der plötzliche Tod eines Bindungspartners und die damit verbundene Trauer können einen Hund negativ beeinflussen. • Bedrohung: Bei einer möglichen Bedrohung, egal ob imaginär oder real, wird der Körper in eine Alarmbereitschaft versetzt. • Verunsicherung: Wenn ein Hund nicht weiß was ihn erwartet und er die Situation nicht einschätzen kann, kommt er in eine Erwartungsunsicherheit. Das kann passieren, wenn beim Training Kommandos verlangt werden, die der Hund noch nicht verstanden hat. Ein zusätzlicher Stressfaktor kann die Ungeduld des Halters sein. Die Angst vor Strenge und Strafen können den Stresspegel weiter nach oben treiben. Auch ein unberechenbarer Halter bringt seinen Hund in eine unangenehme Erwartungsunsicherheit. So eine Situation entsteht wenn der Hund beispielsweise manchmal auf die Couch darf, ein anderes Mal wird er aber genau dafür bestraft.68 Das ist häufig bei Hunden mit autoritären oder unter Stimmungsschwankungen leidenden Besitzern der Fall. Oft sind unzureichendes Wissen über Hunde und mangelndes Einfühlungsvermögen der Grund für Strafe, Verbote und das Gefühl den Hund „dominieren“ zu müssen. Dabei verliert der Hund das Gefühl Situationen kontrollieren zu können. Gerade bei Aggressionsproblemen wie der Leinenaggression wird in den Medien                                                                                                                         67  Hallgren  (2013):  91.    Scholz/v.  Reinhardt  (2012):  58f.   68   41   meistens eine autoritäre, auf Strafe basierende Trainingsphilosophie propagiert und den Zusehern suggeriert, der Hund dürfe nichts selbst kontrollieren und müsse stets unter unserer Kontrolle sein. „Wir können aber Kontrolle über unsere Hunde haben, ohne ihnen das Gefühl zu nehmen, Eigeninitiative zu entwickeln und einen freien Willen zu haben.“69 Es gibt viele Dinge die einen Hund verunsichern können. Dazu gehört zum Beispiel auch sich über einen Hund lustig zu machen und ihn auszulachen. Hunde verstehen keine Scherze und Sticheleien, weshalb solche Situationen für den Hund unverständlich und stressig sind. Auch Streitigkeiten innerhalb der Familie können ein „versteckter“ Stressfaktor sein. Die meisten Hunde reagieren sehr sensibel auf Familienstreitigkeiten und können die Aufregung ihrer Besitzer mit sich selbst in Verbindung bringen. Hunde brauchen eine gewisse Vorstellung davon, was geschieht und was auf sie zukommt. Dinge nicht vorausberechnen zu können, verunsichert. Auch Situationen, in denen sie Drohung, Zwang oder Aggression des Besitzers nicht verstehen, können zu einer großen Stressbelastung führen. Im Falle einer Leinenaggression beobachte ich manchmal Menschen, die ihre Hunde durch eine bedrohliche Stimme und teilweise auch durch körperliche Übergriffe für etwas Strafen, was sie vielleicht tun könnten, noch bevor der Hund etwas getan hat. In so einer Situation wird der eigene Hund zum Beispiel schon gestraft, bevor er den in Sichtweite befindlichen Artgenossen anbellt. Eine weitere Verunsicherung erfährt ein Hund, der an kurzer Leine an einem fremden Hund vorbeigeführt wird, ohne die passenden Körpersignale aussenden zu können.70 • Harte Ausbildungsmethoden (siehe auch Kapitel Lernverhalten): Trainingsmethoden die Angst und Schmerzen beinhalten, verursachen großen Stress. Leinenruck, schmerzzufügende Ausrüstungsgegenstände wie Stachelhalsbänder oder Erziehungsgeschirre, Reizstromgeräte und auch die Ängstigung einschüchternde durch Körperhaltung scharfe Kommandos verursachen und und steife, verstärken Stresszustände und zerstören das Vertrauen zwischen Hund und Halter.                                                                                                                         69  Hallgren  (2013):  91.    Vgl.  ebd.:  98f.   70   42   • Leistungsdruck: Agility, Dog-Dancing, Obedience und ähnliche Hundesportarten können, vor allem auf Wettkampf-Niveau, zu einem stark erhöhtem Stresspegel führen. Leistungsdruck und hohes Tempo bringen die Hunde an ihre körperlichen und auch mentalen Grenzen. • Überreizende Stressfaktoren wie raues und wildes Spiel, Jagd- und Rennspiele: Ein zu grobes, hektisches und aggressionsgeladenes Spiel unter Hunden und auch zwischen Hund und Mensch ist ein Stressfaktor. Durch körperlichen Einsatz wie starkes Beschleunigen und übermäßige Geschwindigkeit wird das Stresssystem im Körper aktiviert und der Adrenalin-Pegel steigt, was eine vorübergehende Erhöhung der Körperkraft bewirkt. Bei zu vielen Jagd-, Kampf- oder Rennspielen besteht die Gefahr einer Überreizung. Die Jagd auf ein Beutetier besteht aus verschiedenen Handlungssequenzen. Es beginnt mit der Suche nach Beute, was Tage in Anspruch nehmen kann. Ist die Beute aufgespürt, wird die Fährte bis zu dem Tier und dann das Tier selbst verfolgt. Der nächste Schritt ist das Beutetier bis zu seiner Erschöpfung zu hetzen. Dann erfolgt der Angriff, bei dem es zu hohen Adrenalin-Ausschüttungen kommt, um Geschwindigkeit und Kraft zu erhöhen und die Sinne zu schärfen. Eine echte Jagd findet bei den wild lebenden Verwandten unserer Hunde aber relativ selten statt, durchschnittlich ein bis zweimal pro Woche. Das bedeutet, dass auch der Körper unserer Haushunde darauf ausgerichtet ist, nicht zu oft in eine solch extreme Jagdsituation gebracht zu werden. Das tägliche Werfen von Spielzeugen und Stöcken, viele Male hintereinander, überreizt das Stresssystem und imitiert nur ein Element der Jagdhandlungskette, das Hetzen. Auch sich gegenseitig spielerisch jagende Hunde sowie Kampf-, Beute- und Zerrspiele können zu einer Überreizung und einem erhöhten Stresshormon-Pegel führen. „Bei Tieren, die über lange Zeit überreizt werden, vergrößert sich die Nebennierenrinde und produziert ständig erhöht Stresshormone.“71 • Unterforderung: Langeweile und viel zu wenig Beschäftigung sind die häufigsten Gründe für Unterforderung beim Hund. Heutzutage haben zwar viele Hunde einen ausgefüllten Tagesplan und finden oftmals keine Ruhe,                                                                                                                         71  Hallgren  (2013):  92.     43   es kann aber auch das Gegenteil der Fall sein. Wenn Hunde die meiste Zeit des Tages zuhause verbringen und keine mentale Stimulation haben, kann es bei den täglichen Spaziergängen als einziges Highlight des Tages durch den vorhandenen Energieüberschuss schnell zu Verhaltensproblemen kommen. Hunde sind intelligente, in sozialen Verbänden lebende Jäger, die genau wie wir Menschen mentale Stimulation, Herausforderungen und Auslastung brauchen um glücklich zu sein. „Tiere und Menschen brauchen Erfahrungen auf dreierlei Art: durch die Sinne, durch kognitive Erfahrungen und durch soziale Kontakte, aber sogar hiervon kann ein Zuviel Stress auslösen. Auch die körperliche Bewegung ist eine weitere Erfahrung, die zum Wohlfühlen beiträgt. […] Monotonie steht oft in Verbindung mit dem Nebennieren-Stresshormon Cortisol, was sowohl für seelische Spannung als auch für unangenehme Gefühle sorgt.“72 • Körperliches Unwohlsein: Auch körperliches Unwohlsein führt zu Stress. Das kann zum Beispiel verursacht werden durch Hunger, Durst, Lärm, keine Möglichkeit zum Kot- oder Harnabsatz, Hitze und Kälte, Unwetter, etc.73 • Zu hohe Populationsdichte und falsche Zusammensetzung mehrer Hunde in einem Haushalt: Überbevölkerung und die damit verbundene soziale Konfrontation bedeuten Stress für Hunde. Stress durch Überbevölkerung kann auftreten wenn mehrere Hunde über längeren Zeitraum eng zusammenleben und erhöht die Freisetzung von Stresshormonen, was zu einer Vergrößerung der Stresshormon-produzierenden Nebenniere führt. Noch größer wird das Risiko wenn die Hunde sich nicht mögen. Dabei muss es nicht unbedingt gleich zu Beißereien kommen. Die gegenseitige Anwesenheit und der Versuch, sich aus dem Weg zu gehen, bedeuten einen enormen Stress für die Hunde. VIII. Stress senken Jedes Verhaltensproblem, auch Leinenaggression, kann Stress als Auslöser haben, verursacht aber auch gleichzeitig Stress. Ein erfolgreiches Training muss alle Stressfaktoren mit einbeziehen und senken. Die in Kapitel E.IV. beschriebene Stress                                                                                                                         72  Hallgren  (2013):  94ff.    Scholz/v.  Reinhardt  (2012):  67f.   73   44   Tasse verdeutlicht, wie wichtig es ist, alle Faktoren mit einzubeziehen und nicht nur die Symptome zu bekämpfen. Was ein Hund als stressend empfindet, ist individuell und hängt von vielen verschiedenen Faktoren wie Genetik und Erfahrung ab.   45   F. Die Körpersprache der Hunde I. Körpersprache und Kommunikation von Hunden Um den Hund richtig zu verstehen und darauf reagieren zu können, ist es für jeden Hundehalter wichtig, die hundliche Körpersprache lesen zu lernen. Hunde sprechen hauptsächlich durch ihren Körper und geben durch kleine Zeichen eine Vielzahl von Informationen preis. Einen ersten Anhaltspunkt liefert die Geometrie des Hundekörpers. Wenn man sich den Körper des Hundes wie ein Quadrat vorstellt, kann man Anhaltspunkte dafür erhalten, welche Absichten der Hund verfolgt. „Je mehr Körperteile des Hundes nach vorne oder oben ausgerichtet sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund die Distanz zum Auslöser verringern wird. […] Reicht die große Anzahl der Körperteile des Hundes nach hinten oder unten, wird er eher zurückweichen.“74 Diese Geometrie kann uns einen ersten Eindruck geben. Abb. 8: Geometrie des Hundekörpers (Foto: privat) Das Ausdruckverhalten der Hunde umfasst eine große Menge an kleinen, subtilen Signalen, aus welchen man viel ableiten kann. Diese Signale lesen zu lernen und zu verstehen, ist die Grundlage jedes erfolgreichen Trainings.                                                                                                                         74  Reichel  (2014):  23.     46   II. Eskalationsleiter In diesem Zusammenhang ist es wichtig sich noch einmal die Eskalationsleiter (Kapitel B.VIII) ins Gedächtnis zu rufen. Wenn der Hund auf einen Artgenossen trifft, startet er – um aufkommende Aggression zu unterbrechen und Konflikte zu lösen – mit seiner Kommunikation normalerweise im grünen Bereich, mit leichten Beschwichtigungssignalen. Wenn die Situation sich dadurch nicht entspannt, wird der Hund mit seiner Kommunikation in den gelben Bereich übergehen und dadurch signalisieren, dass er auch bereit ist, sich zu verteidigen. Wenn auch das keinen Erfolg bringt, wird der Hund in den roten Bereich wechseln und sich verteidigen. Ein häufig falsch verstandenes Kommunikationssignal des Hundes ist zum Beispiel das Knurren. Viele Menschen halten einen knurrenden Hund für aggressiv und bestrafen ihn dafür. Der Hund versucht mit dem Knurren eine Distanzvergrößerung zwischen sich und den bedrohlich wirkenden Artgenossen oder Menschen zu bewirken. Es ist eine Warnung, dass es ihm zu viel oder zu eng wird. Durch das Abstrafen des Knurrens wird der Hund lernen, diese Treppe der Eskalationsleiter zu überspringen. Der Hund wird nicht mehr warnen, sondern gleich zum Angriff übergehen.75 III. Beschwichtigungssignale Die Beschwichtigungssignale, oder auch „Calming Signals“ genannt, sind ein wichtiger Teil des Ausdrucksverhaltens von Hunden und wurden von Turid Rugaas viele Jahre erforscht und in Beschwichtigungssignale der Hunde“ ihrem 76 Buch „Calming Signals – Die zusammengefasst. „Beruhigungssignale unterbrechen Aggression, Stress, Angst und unerfreuliche Dinge aller Art, oder lassen diese gar nicht erst aufkommen. Beruhigungssignale bauen Vertrauen auf, vermitteln ein Gefühl der Sicherheit, und vor allem: helfen verstanden zu werden.“ 77 Sie dienen als Vorbeugungsmaßnahme, um Konflikte gar nicht erst entstehen bzw. eine Situation eskalieren zu lassen und können auch der eigenen Beruhigung                                                                                                                         75  Riepe  (2012):  23f.    Rugaas  (2001).   77  www.dogz.at,  http://www.dogz.at/artikel/34-­‐fremdartikel/54-­‐calming-­‐signals-­‐qbeschwichtigungssignaleq-­‐ bei-­‐hunden.html,  zugegriffen  am  15.07.2015.   76   47   dienen. „Hunde verwenden Sprache und Signale die ganze Zeit, in der sie wach sind und die geringste Kleinigkeit um sie herum geschieht.“78 Entstehen Missverständnisse zwischen Hund und Mensch, dann geschieht das oft wegen sprachlicher Probleme. Zur Veranschaulichung möchte ich hier ein Beispiel, dem ich im Alltag schon einige Male begegnet bin, anführen. Ich beobachte immer wieder gestresste Menschen, die ihre Hunde hektisch zu sich her rufen. Der Hund wird auf dem Weg immer langsamer, leckt sich die Nase und schaut nach links und rechts. Der Besitzer wiederholt das Kommando in scharfem Ton. Der Hund wird noch langsamer, dreht den Kopf immer wieder zur Seite und beginnt am Boden zu schnüffeln. Wutentbrannt stampft der Besitzer auf und schreit nochmals den Namen seines Hundes in barschem Ton. Der Hund kommt ganz langsam einen Bogen gehend angeschlichen, setzt sich und dreht den Kopf weg. Während der Besitzer denkt, sein Hund würde absichtlich die Kommandos nicht befolgen, hat der Hund die ganze Zeit nur versucht seinen Besitzer zu beruhigen und zu beschwichtigen.79 Beginnt man Hunde zu beobachten, so erkennt man schnell, dass alle Hunde Beschwichtigungssignale einsetzen. Man beginnt zu erkennen was die Hunde einem mitteilen wollen und kann dementsprechend darauf auf angebrachte Art und Weise reagieren. Man ist in der Lage zu erkennen, wenn der Hund unsicher, müde oder unkonzentriert ist und Kommandos nicht versteht. Turid Rugaas hat ungefähr 30 verschiedene Beschwichtigungssignale erforscht.80 Ich liste hier die am häufigsten zu beobachtenden Signale auf: • Wegschauen, den Kopf abwenden • Blick „verkürzen“, Augenzwinkern und Augenlider senken • Sich abwenden und die Seite oder den Rücken zudrehen • Nase lecken • Langsame Bewegungen • Erstarren/Einfrieren • Vorderkörpertiefstellung • Hinsetzen/Hinlegen • Gähnen • Boden beschnüffeln                                                                                                                         78  Rugaas  (2001):  19.    Mayr  (2014):  1ff.   80  Vgl.  ebd.  25ff.   79   48   • Schlangenlinien gehen, im Bogen gehen • Schwanzwedeln • Welpe spielen, den Mund der anderen lecken, ein Welpengesicht machen • Urinieren/Markieren • Pfote hochheben • Zungenschlagen • Übersprungshandlungen All diese Signale müssen immer ganzheitlich und auf den Kontext bezogen betrachtet werden und können in verschiedenen Situationen unterschiedliche Bedeutungen haben. Gähnen ist zum Beispiel ein häufig eingesetztes Beschwichtigungssignal, wenn ein Hund aufgeregt oder gestresst ist, wie im Wartezimmer vom Tierarzt. In entspannten, angenehmen Situationen wie Zuhause auf der Couch wird es aber vermutlich einfach nur bedeuten, dass der Hund müde ist. IV. Rasseunterschiede in der Kommunikation Die Fähigkeit der Konfliktvermeidung über Beschwichtigungssignale ist bei allen Hunden, egal welcher Rasse sie angehören, genetisch fixiert. So können Hunde auf der ganzen Welt miteinander kommunizieren, sie sprechen eine Sprache. „Einige Rassen verwenden eher einfache Signale, weil es besser zu den ihnen zur Verfügung stehenden Ausdrucksmöglichkeiten passt. Für einen Hund mit stark behaartem Gesicht ist es schließlich effektiver, sich das Maul zu lecken oder den Kopf abzuwenden, als seine Augenmimik einzusetzen, wie es viele andere Rassen oft tun. [...] Deshalb läuft Kommunikation auch nicht nach einem festen Schema ab, jeder Hund kommuniziert ein bisschen anders, allerdings mit Signalen, die alle Hunde verstehen. Diese Art Konflikte zu lösen sorgt in der Gruppe für Ruhe und Frieden und spart Kräfte, die für die Jagd und Nahrungsbeschaffung nötig sind. 81                                                                                                                         81  Vgl.  ebd.  21f.     49   V. Die verlorene Sprache Das Ausdrucksverhalten unserer Hunde verfügt über viele verschiedene Signale, um Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Neben den Beschwichtigungssignalen können Hunde auch Droh- und distanzfordernde Signale wie knurren, Zähnefletschen und bellen einsetzen, um ein Individuum auf Distanz zu halten oder zu verscheuchen. All diese Signale sind wichtig für die Kommunikation unserer Hunde, die Fähigkeit diese einzusetzen, können aber verloren gehen. Wenn Hunde nie die Möglichkeit dazu haben, mit anderen Hunden zu Kommunizieren und all diese Signale einzusetzen, verlieren sie langsam ihre Sprache. Auch wenn Menschen alle Signale von Hunden ignorieren und nicht auf ihre Art der Kommunikation entsprechend reagieren, lernen sie, dass ihre Versuche der Kontaktaufnahme bei uns nicht funktionieren, wir sie nicht verstehen. Dadurch verlieren Hunde allmählich Elemente ihres Ausdrucksverhaltens. Ein weiterer Grund, warum Hunde verlernen zu kommunizieren ist, dass sie dafür bestraft werden. Zum Beispiel wenn ein Hund beim Heranrufen am Boden schnüffelt oder wenn er sich in ganz langsamen Bewegungen seinem Besitzer nähert und dafür bestraft wird. Der Hund lernt, dass diese Signale keinen Sinn haben und wird sie künftig seltener oder gar nicht mehr einsetzen. Probleme gibt es auch häufig wenn es um Drohsignale wie das Knurren geht. „Viele Menschen glauben noch immer, ein knurrender Hund sei aggressiv und generell sei es einem Hund nicht erlaubt, einen Menschen anzuknurren, weshalb er bestraft werden müsse, wenn er dies tut. Dabei ist das Knurren nichts weiter als eine Mitteilung, dass der Kommunikationspartner die Handlung die er gerade ausführt, unterlassen soll.“82 Wird dem Hund durch Bestrafung das Warnen abgewöhnt, dann knurrt der Hund zwar nicht mehr, aber an seinen negativen Gefühlen und Emotionen hat sich nichts geändert. Der Hund wird, so lange er es aushält, seine Gefühle unterdrücken und danach gleich ins Abwehrverhalten übergehen. Im Umgang mit Hunden hat man immer die Wahl freundlichem bzw. beschwichtigendem Verhalten. zwischen drohendem und Die Wahl wird immer Auswirkungen auf die Beziehung zu unserem Hund haben.                                                                                                                         82  Riepe  (2012):  23f.     50   „Wenn Sie eine drohende Haltung einnehmen, muss der Konfliktlöser Hund versuchen, Sie zu beschwichtigen. Falls das nicht gelingt, wird er versuchen, Sie zu vertreiben. Aber warum in aller Welt sollten wir einem Hund drohend gegenübertreten?“83                                                                                                                         83  Rugaas  (2001):  22.     51   G. Trainingsansätze zur Überwindung von Leinenaggression I. Allgemeines Sucht man im Internet nach Tipps zum Thema Leinenaggression, so stößt man auf eine unendliche Zahl an Trainingsanleitungen, Regeln und Weisheiten. Dabei die Spreu vom Weizen zu trennen, ist oft nicht leicht, zumal man sich mit einem leinenaggressiven Hund vielfach selbst in einer emotionalen und bedrückenden Lage befindet. Wenn der Spaziergang zum Spießrutenlauf wird und der Frustpegel bei uns Menschen und auch bei unserem Hund steigt, so sind viele Halter verleitet, nach einer schnellen Methode zur Verhaltenskorrektur zu suchen. Auch in den Medien versprechen hochumworbene Hundetrainer schnelle Erfolge bei Aggressionsproblemen und arbeiten mit Schreckreizen wie Spritzpistolen oder Wurfketten und anderen aversiven Trainingsmethoden. Die Nebenwirkungen dieser vermeintlich schnellen Methoden sind aber, wie in Kapitel D.VI beschrieben, groß und man kann mit diesen Methoden lediglich ein Verhalten abbauen und unterdrücken, das ändert aber nichts an den Emotionen des Hundes, er kann keine positiven Emotionen und kein positives Verhalten aufbauen. Ich fasse hier einige Trainingsansätze zusammen, die dem angeleinten Hund helfen, Begegnungen mit Hunden positiv zu erleben. Das stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein des Hundes und senkt seinen Stresspegel, sondern der Halter kann mit positivem Training auch die Beziehung zu seinem Vierbeiner vertiefen und ein neues Vertrauensverhältnis schaffen. Die hier zusammengefassten Trainingsansätze erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ich werde keine Trainingsanleitungen geben, sondern lediglich mögliche Trainingselemente aufzeigen. Zusätzlich muss im Training jeder Hund als Individuum gesehen werden und das Training auf ihn, seinen Halter und alle Begleitumstände angepasst werden. Es gibt nicht den einen richtigen Weg sondern viele Möglichkeiten, das Leben unserer Hunde zu verbessern. In einem Mehrhundehaushalt entwickeln die Hunde Beziehungen zueinander, beeinflussen sich gegenseitig und übernehmen manchmal auch Verhaltensweisen des anderen. So kommt es häufig vor, dass der eine Hund der Gruppe leinenaggressives Verhalten zeigt und die anderen sich von der hohen Erregung mitreißen lassen. Im Prinzip ist der Trainingsablauf im Mehrhundehaushalt derselbe   52   wie in einem Haushalt mit nur einem Hund, allerdings sollte man am Anfang mit den Hunden getrennt trainieren. II. Markersignal Im Kapitel über Lernverhalten habe ich mich schon mit der klassischen Konditionierung und primären Verstärkern befasst. „Primäre Verstärker sind alle Dinge, die ein Tier von Natur aus angenehm findet. […] Dazu gehören zum Beispiel Futter, Wasser, Sozialkontakt, Sex, ein schützender Unterschlupf und was sonst noch zum Überleben wichtig ist.“84 Ein positiver Verstärker trägt in Verbindung mit einer Handlung dazu bei, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Handlung wiederholt wird. Im Training verwenden wir hierzu meistens Futter. In vielen Situationen ist es aber unmöglich, dem Hund das Futter genau in dem Moment zu geben, in dem er das Verhalten zeigt, welches wir belohnen wollen. Zur Lösung dieses Problems setzen wir konditionierte Verstärker, also Markersignale ein. Ist ein Markersignal einmal konditioniert, so kann man damit das gewünschte Verhalten markieren.85 Das Markersignal sagt dem Hund nichts anderes als „Gut gemacht!“, das gezeigte Verhalten war korrekt, du bekommst eine Belohnung. Als Markersignal kann man ein Zungenschnalzen, einen Clicker oder ein Wort einsetzten. „Bevor ein Markersignal im Training eingesetzt werden kann, muss seine Bedeutung gelernt werden ("Click = Belohnung"). Viele Hunde motivieren kleine, weiche Leckerchen zur Mitarbeit, andere finden ein gemeinsames Spiel mit dem Menschen, streicheln, rennen oder schnuppern besser. Der Click kündigt eine beliebte Belohnung an, die der Hund auch als solche empfindet. Das müssen nicht unbedingt Leckerchen sein!“86 Das Markersignal schafft eine Brücke zwischen Belohnung und Verhalten, darum wird es auch Brückensignal genannt und ermöglicht es deutlicher mit unserem Hund zu kommunizieren. Ein Verhalten und seine Konsequenz können vom Hund nur binnen ca. einer Sekunde verknüpft werden. Das Brückensignal verschafft mehr Zeit,                                                                                                                         84  Theby  (2012):  14.    Pryor  (2006):  27.   86  Easy  Dogs  –  Alltagstraining  für  Familienhunde,  http://www.easy-­‐ dogs.net/home/blog/training/claudia_matten/was_hat_es_mit_dem_clickern_auf_sich.html,  zugegriffen  am   25.07.2015   85   53   um diese Verknüpfung zu schaffen. Zusätzlich löst das Markersignal eine positive Grundstimmung und eine freudige Erwartung aus, weil es mit vielen für den Hund wichtigen Sachen wie Futter und Spiel verknüpft ist. Diese positiven Emotionen wirken den negativen Emotionen einer Aggression entgegen. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass sich auch die Einstellung des Besitzers zum Training mit dem Hund durch das Klicker-Training verändern kann. Der Fokus liegt auf dem Belohnen von erwünschtem Verhalten und Hundebesitzer sind dadurch motiviert, vermehrt auf positive Verhaltensweisen des Hundes zu achten, statt sich auf Negatives zu konzentrieren. III. Leinenführigkeit „Die Leine ist mehr als nur eine Verbindung zum Hundehalter. Die Leine des Hundes ist nicht zum Führen da, sondern zum Sichern und Leiten.“87 Ein an der Leine ziehender Hund ist nicht nur für den an der Leine hängenden Menschen unangenehm, sondern schadet auch seiner eigenen Gesundheit. Der empfindliche Halsbereich und der Rücken werden durch den Zug stark beansprucht und der ganze Körper wird in Mitleidenschaft gezogen. Durch den Zug an der Leine verändert sich auch die Körpersprache des Hundes. Der Körperschwerpunkt wird nach vorne verlegt. Wird der Hund an einem Halsband geführt, wird zusätzlich sein Hals und Kopf durch den Zug aufgerichtet und er wirkt auf Artgenossen bedrohlich. Auch das starke Atmen und Röcheln, das durch den Zug an der Leine entsteht, kann von Artgenossen als bedrohlich wahrgenommen werden und zu Konflikten führen. Druck erzeugt Gegendruck, das ist auf den Oppositionsreflex zurückzuführen und Hunde müssen erst lernen, diesen zu überwinden und einem Zug nachzugeben. Durch die gespannte Leine kann sich eine negative Anspannung aufbauen, die ein erfolgreiches Training schwer bis unmöglich macht.88 Um beim Leinentraining erfolgreich sein zu können, muss man auch genau definieren, was eine gute Leinenführigkeit ausmacht. Ziel ist das Gehen an lockerer Leine. Ein kurzes Anspannen der Leine, weil der Hund etwas beschnuppert, würde ich aber nicht sofort als mangelnde Leinenführigkeit bezeichnen und als Problem ansehen. Ich habe meine Hunde im Alltag an 3 Meter langen Leinen und passe die                                                                                                                         87  Reichel  (2014):  40.    Vgl.  ebd.   88   54   Leinenlänge der Situation an. Auf einem engen Gehsteig ist es nicht möglich, dem Hund die volle Leinenlänge zu lassen. Aber sobald es die Situation zulässt, lasse ich die Leinen lang und ermögliche meinen Hunden dadurch die Umgebung zu beschnuppern und entspannt mit mir gemeinsam vorwärts zu kommen. Für das Leinentraining gibt es viele Methoden und fast jeder Trainer macht es ein bisschen anders. Natürlich ist auch beim Training der Leinenführigkeit jede aversive Trainingsart abzulehnen. Leinenruck und Erziehungsgeschirre erzeugen Angst und Verunsicherung und zerstören das Vertrauen zum Menschen. Eine Methode, welche mir besonders gut gefällt, ist das Leinegehen als Targetaufgabe. Unter einem Target versteht man im Hundetraining normalerweise ein Ziel, das der Hund berühren soll, also zum Beispiel das Ende eines Stabes. Wenn ich das Gehen an lockerer Leine trainieren will, kann ich mir ein Bodentarget vorstellen, welches sich mit mir mit bewegt und ca. einen Durchmesser von 5 Metern hat. Der Hund wird belohnt, wenn er in diesen Bereich hinein läuft. Indem man das Leckerlie beim Belohnen hinter sich wirft, ist die Wahrscheinlichkeit groß dass der Hund, nachdem er seine Belohnung gefressen hat, gleich wieder in den Targetbereich läuft und belohnt werden kann. Nach einigen Wiederholungen wird der Hund langsamer an seinem Besitzer vorbeilaufen, sich neben ihm einbremsen und genau diese Entschleunigung kann man wieder markern. In weiterer Folge kann man dann langsam den Targetbereich schrumpfen lassen, bis auf den Bereich, in dem der Hund an der Leine laufen soll.89 IV. Marker für Blick Hängt ein Hund springend in der Leine und verbellt einen Artgenossen, ist er meist kaum ansprechbar. Das Verhalten wird durch viele negative Emotionen wie Wut, Frust und am häufigsten durch Angst und Verunsicherung ausgelöst. Die Angst eine Ressource zu verlieren und die Angst um die eigene Sicherheit sind die größten emotionalen Antriebe einer Aggression. Aber Hunde sind auch frustriert wenn sie nicht bekommen was sie wollen, zum Beispiel an der Leine einen Artgenossen begrüßen. Frust lässt ebenfalls aggressives Verhalten wahrscheinlicher werden. Ist der Hund einmal in einem hohen emotionalen Erregungslevel, hemmt das sein logisches Denken und er wird nur schwer ein neues, erwünschtes Verhalten lernen                                                                                                                         89  Hunde  Denken  Markertraining,  http://markertraining.de/an-­‐lockerer-­‐leine-­‐gehen-­‐als-­‐targetaufgabe/,   zugegriffen  am  25.07.2015.     55   können. Deshalb ist ein wichtiger Schritt zur Überwindung einer Leinenaggression diese negativen Emotionen zu mildern und ins Positive zu verändern. In einer kontrollierten Trainingssituation wählt man die Distanz zum Auslöser, in der der Hund den Artgenossen zwar wahrnimmt, aber noch nicht auf ihn reagiert. Wie groß diese Distanz gewählt werden muss, hängt ganz individuell vom Hund ab und wird von verschiedenen Faktoren wie Tagesverfassung, Ablenkung und Sympathie des erblickten Artgenossen ständig beeinflusst. So kann ein Hund zum Beispiel im Training auf einer ruhigen Wiese eine Wohlfühldistanz von 50 Metern zu einem Artgenossen haben, während derselbe Hund in der Stadt zwischen Autos und Menschengetümmel möglicherweise schon beim Anblick eines Hundes in 100 Metern Entfernung reagiert. Der Hund muss sich für ein erfolgreiches Training also in seiner Wohlfühldistanz zum Auslöser befinden. Wenn der Hund zum Auslöser sieht, wird genau dieses Verhalten mit dem Markersignal „markiert“ und belohnt. Zusätzlich kann auch jedes gezeigte Beschwichtigungssignal gelobt werden. Der Hund muss jederzeit die Möglichkeit haben die Distanz zum Auslöser zu vergrößern, wenn er das möchte. Das Markersignal werden ist für den Hund mit lauter positiven Dingen verknüpft, es Glückshormone freigesetzt. Dieses positive Gefühl, welches das konditionierte Markersignal auslöst, färbt für unseren Hund auf den Auslöser ab und nach vielen Wiederholungen ändert sich die Erwartungshaltung des Hundes. „Ziel des Trainings ‚Marker für Blick’ ist, dass sich Ihr Hund selbstständig von dem Auslöser abwenden kann und Kontakt mit Ihnen sucht. Der andere Hund wird zum Signal, dass sich Ihr Hund Ihnen zuwendet.“90 Auch wenn sich der Hund nach dem Markersignal nicht dem Halter zuwenden kann, findet eine erste Stimmungsveränderung statt. Freudige Stimmung und Lob des Halters wirken auf sehr viele Hunde positiv. Hunde gehen nicht gerne frontal aufeinander zu, sie bevorzugen es sich im Bogen anzunähern. Das gemeinsame Bogenlaufen mit dem Hund und die damit verbundene Distanzierung zum Feind kann gerade für ängstliche Hunde eine nicht zu unterschätzende Belohnung sein. Auch die Art, wie man dem Hund die Belohnung gibt, kann die Situation für den Hund erleichtern. Die Belohnung weg vom Auslöser zu geben, nimmt den Hund ein wenig aus der Situation.                                                                                                                         90  Reichel  (2014):  50.     56   Die oft von Hundehaltern und auch Hundetrainern befürchtete Gefahr, man könne Aggression und Angst durch Belohnung verstärken, kann man verneinen. Positive Gefühle können durch weitere positive Dinge noch positiver gemacht werden. Umgekehrt können negative Gefühle durch das Hinzufügen von etwas Unangenehmen noch negativer gemacht werden. Bestrafe ich also zum Beispiel einen Hund für Aggression gegen einen Artgenossen, so werden seine Gefühle beim Anblick eines Artgenossen noch negativer sein. Man kann sich das auch wie eine mathematische Gleichung vorstellen, addiert man positive Zahlen miteinander, kommt immer etwas Positives dabei heraus, addiert man negative Zahlen miteinander, so ist das Ergebnis negativ. Fügt man aber zu einer negativen Zahl etwas Positives hinzu, so wird das Ergebnis ins Positive gerückt. „Aggressionsverhalten kann durch Belohnung nicht verschlimmert werden.“91 Man kann sich überlegen, wie es uns Menschen gehen würde, wenn wir in einer furchteinflößenden Situation ein Stück Torte bekämen. Die Torte würde unsere Angst nicht verschlimmern. Es gibt auch einige schlaue Hund, die eine Verhaltenskette bilden und verknüpfen, dass sie immer ein Keks bekommen, wenn sie bellen. Dabei hat sich aber auch ihre Erwartungshaltung ins Positive geändert, die Motivationsgrundlage hat sich geändert und der Hund bellt nicht mehr aus Angst. Dem Hund kann jetzt beigebracht werden, dass das gewünschte Verhalten ist, den Artgenossen ruhig anzusehen. Nur bei einem Punkt muss man vorsichtig sein, nämlich bei der Wahl der richtigen Belohnung. Manche gut gemeinten Belohnungen können in beängstigenden Situationen genau das Gegenteil bewirken und die Angst verstärken. Dies ist dann der Fall, wenn die Belohnung für den Hund in dem Moment unangenehm, also eine Strafe ist. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn man einen aufgebrachten Hund beim Anblick eines anderen Hundes versucht zu beruhigen, indem man ihn körperlich bedrängt und zum Beispiel streichelt oder umarmt. Die negativen Emotionen werden durch das zusätzliche negative Gefühl, welches der Besitzer auslöst, noch verstärkt.92                                                                                                                         91  Vgl.  ebd.  51.    Vgl.  ebd.  51.   92   57   V. Zeigen und Benennen Beim Zeigen und Benennen soll der Hund lernen, dass ein Signal, zum Beispiel „Hund“, das Auftauchen eines Artgenossen bedeutet. So hat der Halter in Situationen, in welchen der Hund einen fremden Hund nicht bemerkt hat, die Möglichkeit, seinen Hund auf die Begegnung vorzubereiten und erspart dem Hund eine Schrecksekunde, wenn er plötzlich einem Fremden gegenübersteht. „Denn wenn man weiß, was auf einen zukommt, kann man sich vorbereiten, mental und körperlich.“93 So beziehen wir uns in die Umwelt unserer Hunde mit ein und übernehmen eine Führungsrolle. Hat der Hund verstanden, dass es für den Blick zu einem anderen Hund eine Belohnung gibt, wird er anfangen andere Hunde anzuzeigen. Das heißt, der Hund wird, wenn er einen Artgenossen entdeckt, den Blick zum Halter werfen, weil er gelernt hat, dass der andere Hund eine Belohnung für ihn bedeutet. Als nächstes wird der Auslöser benannt. Dabei muss man unbedingt darauf achten, dass der Hund entspannt ist und sich in seiner Wohlfühldistanz zum Auslöser befindet. Sonst ist die Gefahr groß, das neue Signal mit Aufregung zu verknüpfen. Das wäre genau das Gegenteil von dem, was man erreichen will. Kann der Hund schon mindestens 3 Sekunden lang den Auslöser anschauen, ohne sich aufzuregen, kann man das Signal einführen. Schaut der Hund zu dem Auslöser, sagt man das Signalwort und danach folgt das Markersignal und die Belohnung. Schaut der Hund danach gleich noch einmal zum Auslöser, kann das neue Signal gleich wiederholt werden. Der Hund lernt seine Aufmerksamkeit zu teilen und stärkt seine Impulskontrolle. VI. Aufbau eines Alternativverhaltens Mit den zuvor beschriebenen Trainingsansätzen versucht man die emotionale Grundlage des Hundes zu verändern und baut teilweise schon erwünschtes Verhalten auf, zum Beispiel beim Erblicken des Auslösers den Blick von diesem abzuwenden und sich zum Menschen umzuorientieren. Diese wünschenswerten Verhaltensweisen sind jedoch oft nicht stark genug, um beim Hund als neue Strategie abgespeichert zu werden. „Je mehr Strategien unser Hund in einer                                                                                                                         93  Vgl.  ebd.  52     58   auslösenden Situation lernt, umso größer ist die Chance, dass er eine von uns gewünschte anwendet.“94 Dabei kann der Aufbau eines Alternativverhaltens helfen. Hierbei bringt man dem Hund ein Verhalten bei, das er statt dem unerwünschten Verhalten zeigen soll. Als Alternativverhalten eignen sich alle positiv aufgebauten Verhaltensweisen, die als funktionaler Verstärker dienen, deeskalieren und entspannen. Im Falle von Leinenaggression wären mögliche Alternativverhalten zum Beispiel: • Handtouch: Beim Handtouch lernt der Hund die Handfläche oder den Handrücken mit der Nase zu berühren. Alternativ kann man ihm auch ein Fußtouch beibringen, wobei der Hund mit der Pfote auf den Fuß des Halters tapst. Mit dem Handtouch kann man dem Hund in angespannten Situationen eine Aufgabe geben und ihn ablenken, gleichzeitig hat er aber noch die Möglichkeit den anderen Hund weiterhin wahrzunehmen. Die Aufmerksamkeit zu teilen und sich nicht nur auf den Auslöser zu fixieren, hilft dem Hund die Situation besser auszuhalten. Zusätzlich kann man den Hund mit dem Handtouch wortwörtlich aus der Situation rausführen. Ich habe meinem eigenen Hund Timo das Touchen meiner Hand beigebracht und habe dadurch auch die Möglichkeit, ihn an stressigen Situationen vorbei zu führen, ohne dass er sich voll auf einen zu nahe kommenden fremden Hund konzentrieren muss. Gerade wenn man in der Stadt unterwegs ist, bleibt manchmal nicht genug Platz, um in einem für den Hund angemessenen Abstand auszuweichen. Hinzu kommt, dass vielen Hundehaltern das Problem der Leinenaggression nicht bekannt ist und sie dadurch nicht angemessen reagieren oder oft auch nicht die Notwendigkeit sehen auszuweichen. In solchen Situationen darf Timo im Gehen einen Handtouch nach dem anderen machen und wir kommen aus brenzligen Situationen, ohne uns direkt zu konfrontieren. • Bogen laufen oder Seite wechseln: Eine weitere Alternative wäre das Bogen gehen oder die Seite neben dem Besitzer zu wechseln. Bei einer höflichen Hundebegegnung kommen Hunde im Bogen aufeinander zu, sie laufen nicht frontal aufeinander zu. Wir Menschen sind es gewöhnt auf Wegen und Straßen geradeaus zu gehen und bringen unsere Hunde dadurch manchmal in unangenehme Situationen. Man kann dem Hund die                                                                                                                         94  Vgl.  ebd.  54.     59   Begegnung mit Artgenossen erleichtern, wenn man ihm beibringt, einen Bogen zu gehen. Einigen Hunden reicht es auch aus, die Seite neben dem Besitzer zu wechseln und so den Halter zwischen sich und dem fremden Hund zu haben, der Seitenwechsel schafft Distanz und ist so wie das Bogen laufen ein funktionaler Verstärker, also eine Belohnung. Ist der Grund für die Leinenaggression allerdings Frust, weil der Hund nicht zu dem anderen Hund hinlaufen darf, ist die Distanzvergrößerung kein Verstärker, schließlich liegt die Motivation beim Hund ja darin, die Distanz zu verringern. • Nachschnüffeln: Gerade für Hunde, die gerne Kontakt zu fremden Hunden aufnehmen möchten, kann das Nachschnüffeln ein gutes Alternativverhalten darstellen, um mit dem anderen Hund so indirekt in Kontakt zu treten, ohne ihm zu nahe zu kommen. Dabei belohnt man den Hund für ruhiges Verhalten bei einer Begegnung, in dem man ihn die Spur des Artgenossen nachschnüffeln lässt. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten an Alternativverhalten. Dies sind nur drei Beispiele. Ich habe schon öfter gehört, dass von leinenaggressiven Hunden bei Begegnungen mit dem Auslöser ein durchgehender Blickkontakt mit dem Menschen verlangt wird. Der Hund kann dabei den Auslöser nicht mehr wahrnehmen, er kann sich nicht mehr mit der Situation auseinandersetzten und weiß nicht, was auf ihn zukommt, weshalb ich diesen Trainingsvorschlag nicht empfehlen würde. VII. Trainingsvariante im Freilauf Bei Hunden, deren Leinenaggression dadurch ausgelöst wird, dass sie mit allen anderen Hunden Kontakt aufnehmen wollen, kann das Training im Freilauf begonnen werden. Im Freilauf fallen alle das aggressive Verhalten auslösenden Faktoren weg. Die Hunde haben dabei die Gelegenheit sich kennenzulernen und die Leine wird immer wieder für kurze Sequenzen eingesetzt und die Hunde danach direkt wieder in den Freilauf entlassen. Dabei lernt der Hund das Körpergefühl an der Leine mit einer positiven Situation zu verknüpfen. Im Trainingsverlauf sollte man mit verschiedenen Hunden üben, die erste Begegnung sollte aber immer im Freilauf stattfinden. Erst wenn der Hund sehr fortgeschritten im Training ist, kann auch die erste Begegnung an einer langen Leine stattfinden.   60   „Besonders effektiv ist diese Methode übrigens bei Hunden, die aus Frustration leinenaggressiv wurden, denn durch die vorherige Begegnung im Freilauf wird Frust gar nicht erst aufgebaut.“95 VIII. Konditionierte Entspannung „Erregung und Entspannung sind gegenläufige Prozesse, die im Gehirn entstehen und gesteuert werden. Beide beeinflussen die Reaktion auf Umweltreize und das daraus resultierende Verhalten.“96 Umso höher das Erregungsniveau ist, umso heftiger fallen emotionale Reaktionen wie Aggression aus. Deshalb ist die Beeinflussung des Erregungslevels eine wichtige Grundlage zur Veränderung von unerwünschtem Verhalten. In vielen Situationen kann man die konditionierte Entspannung unterstützend einsetzen um Hunde zu beruhigen und die Erregung zu senken. Emotionen und eine hohe Erregung hemmen das logische Denken und damit auch die Fähigkeit, Neues zu lernen. Das Hormon Oxytocin spielt beim Aufbau der konditionierten Entspannung eine große Rolle. Das Hormon ist unter anderem für Entspannung und soziale Bindung verantwortlich und die Ausschüttung im Gehirn kann von außen durch sanfte Berührungen stimuliert werden. Das macht man sich bei der konditionierten Entspannung zu Nutze, indem man den Hund in einer sehr entspannten Situation berührt und streichelt und diese Entspannung mit einem Signalwort, Geruch oder einem Gegenstand verknüpft. „Konditionierte Entspannung bedeutet nicht, dass der Hund auf die Seite fällt und schläft. Es bedeutet, dass sein Erregungsniveau ein wenig absinkt und er dadurch wieder auf unsere Signale reagieren kann.“97                                                                                                                         95  v.  Reinhardt  (2014):  62.    www.easy-­‐dogs.net,  Artikel  von  Dr.  Ute  Blaschle-­‐Berthold,  http://www.easy-­‐ dogs.net/home/blog/training/gastautor/dr_ute_blaschke_berthold/konditionierte_entspannung/entspannung _grundlagen.html,  zugegriffen  am  31.07.2015.   97  Vgl.  ebd.:  http://www.easy-­‐ dogs.net/home/blog/training/gastautor/dr_ute_blaschke_berthold/konditionierte_entspannung/konditionieru ng_der_entspannung.html,  zugegriffen  am  31.07.2015,   96   61   IX. Notfalllösungen Auch wenn man versucht anderen Artgenossen aus dem Weg zu gehen, wird es doch immer wieder Situationen geben, in welchen man unerwartet und zu knapp auf einen anderen Hund trifft und nicht mehr rechtzeitig ausweichen kann. Für solche Situationen sollte man sich einen Notfallplan zulegen, der dann zum Einsatz kommt, wenn man mit dem Hund in eine unausweichliche Situation kommt. „Haben Sie das Training mit Ihrem Hund begonnen, ist es wichtig, dass das unerwünschte Verhalten Ihres Hundes nicht mehr ausgelöst wird, damit ein Umlernen effektiv stattfinden kann.“ 98 Die folgenden Notfalllösungen verändern das unerwünschte Verhalten nicht, sie verschlimmern es aber auch nicht. • Die Kehrtwendung: Bei einer Kehrtwendung lernt der Hund auf ein Signal gemeinsam mit dem Halter einen Richtungswechsel weg vom Auslöser zu machen. Das kann zum Beispiel in einer engen Gasse ohne Ausweichmöglichkeiten den einzigen Ausweg darstellen, ohne den Hund in eine sehr unangenehme Situation zu bringen, die vermutlich unerwünschtes Verhalten auslösen würde. Ziel bei der Kehrtwendung ist es, den Hund möglichst schnell aus der unangenehmen Situation herauszubekommen. Mit einer Kehrtwendung wird die Distanz zum Auslöser schnellstmöglich vergrößert und der Blickkontakt zum Auslöser wird dadurch unterbrochen. Ich nutze bei meinen Hunden die Kehrtwendung oft wenn wir auf der Straße einem Hund begegnen und das Ausweichen nicht möglich ist. Auch im Training kann man die Kehrtwendung nützen, wenn man unbeabsichtigt zu nahe zum Auslöser gekommen ist und der Hund darauf zu reagieren beginnt. • Die Futterhand: In Situationen, in welchen man weder Ausweichen noch Umkehren kann, reiche ich meinen Hunden eine Hand voll Futter und öffne diese nur soweit, dass sie langsam und Stück für Stück an das Futter kommen. Diese Notfalllösung soll den Hund von seinem Auslöser ablenken und beschäftigen. Dabei geht es wirklich lediglich darum, zu verhindern, dass der Hund unerwünschtes Verhalten zeigt.                                                                                                                         98  Reichel  (2014):  60.     62   • Der konditionierte Geschirrgriff dient dem Verhaltensabbruch und der Umorientierung des Hundes. Der Hund lernt durch den Griff ins Geschirr eine körperliche Bewegungseinschränkung durch den Menschen zu akzeptieren und später auch diesem nachzugeben, also den Oppositionsreflex zu überwinden.99 Ist die Übung gut aufgebaut, veranlasst das Signalwort den Hund zu stoppen und sich zu seinem Halter umzuorientieren und kann so auch ohne Leine oder auf Entfernung eingesetzt werden. Der Geschirrgriff ist universell einsetzbar und kann zum Beispiel auch zur Kontrolle von unerwünschtem Jagdverhalten eingesetzt werden. X. Maulkorbtraining Um das Risiko zu minimieren, dass andere Hunde und Menschen durch einen leinenaggressiven Hund zu Schaden kommen, können Maulkörbe sehr hilfreich sein. Bei der Wahl des richtigen Maulkorbes ist auf eine gute Passform zu achten (siehe dazu Kapitel H.VII.). Auch das Tragen eines Maulkorbes sollte geübt und positiv verknüpft werden. Durch eine schrittweise Gewöhnung an den Maulkorb kann der Hund lernen, diesen ohne Probleme zu tragen. Bei der Gewöhnung sollte man in möglichst kleinen Schritten die Anforderungen steigern. Man kann zum Beispiel damit beginnen, den Hund Leckerlies in einem Umkreis von 20 cm um den Maulkorb herum am Boden suchen zu lassen und steigert das langsam, bis der Hund freiwillig seine Nase in den Maulkorb steckt, um an ein Leckerlie zu kommen. Später kann man etwa auch Leberwurst in den vorderen Teil des Korbes schmieren und so die Tragezeit langsam ausdehnen. Wenn man das Training ins Freie verlegt, muss man darauf achten, den Maulkorb in unterschiedlichsten Situationen nur für kurze Zeit anzulegen. Würde man den Maulkorb nur in für den Hund unangenehmen Situationen anlegen, so hätte er den Maulkorb schnell mit diesen negativen Gefühlen verknüpft.                                                                                                                         99  www.dogwalker-­‐ausbildung.com,    Der  Geschirrgriff  –  Ein  universelles  Abbruchsignal  ,http://dogwalker-­‐ ausbildung.com/der-­‐geschirrgriff-­‐ein-­‐universelles-­‐abbruchsignal/,  zugegriffen  am  31.07.2015.     63   H. Ausrüstung I. Allgemeines Die passende Ausrüstung ist für ein erfolgreiches Training sehr wichtig. Im Handel gibt es heute gerade auch im Bezug auf Leinenaggression ein kaum überschaubares Angebot an Ausrüstungsgegenständen und Trainingshilfsmitteln, auf die ich in diesem Kapitel gerne etwas genauer eingehen möchte. II. Halsband oder Brustgeschirr, eine Glaubensfrage? Immer wieder kommt es auf Hundeplätzen und in diversen Internetforen zu hitzigen Diskussionen zum Thema Halsband oder Brustgeschirr und gerade im Bezug auf Leinenaggression gehen die Meinungen weit auseinander. In vielen Hundevereinen ist es heute noch Vorschrift den Hund am Halsband zu führen, auf Prüfungen sind Brustgeschirre verboten. Gerade bei Aggressionsproblemen wird den Besitzern oft zur Verwendung eines Kettenhalsbandes geraten, mir selbst wurde sogar einmal von einer Hundetrainerin erklärt, dass die Versicherung im Schadensfall durch einen aggressiven Hund nicht zahlt, wenn dieser nicht an einem Kettenhalsband geführt wird. Das Halsband sitzt an einer sehr empfindlichen Stelle am Hundekörper. Zug auf der Leine und ruckartige Bewegungen haben Auswirkungen auf Kehlkopf, Luftröhre und Schilddrüse. Durch eine verringerte Blutzufuhr in den Kopf kann ein erhöhter Augeninnendruck entstehen und es kommt zu Fehlbelastungen und Verspannungen in Nacken- und Halsmuskulatur. Gerade ein leinenaggressiver Hund springt oft mit viel Kraft in die Leine, was sich negativ auf die Gesundheit des Hundes auswirkt und zusätzlich noch die Gefahr birgt, dass der durch das Halsband verursachte Schmerz mit den fremden Artgenossen verknüpft wird.100 Das Ziehen am Halsband hat folgende Auswirkungen auf die Gesundheit: • Schäden an der Wirbelsäule • Traumatisierung der Hals- und Rückenwirbelsäule • Schädigung des Bewegungsapparates                                                                                                                         100  Hunde  Denken  Markertraining,  http://markertraining.de/halsband-­‐oder-­‐geschirr/,  zugegriffen  am   12.07.2015.     64   • Schädigung der Haut- und Fellstruktur • Quetschungen am Kehlkopf • Schäden an der Luftröhre • Schäden an der Lunge • Zu hoher Blutdruck • Erhöhter Augeninnendruck, was wiederum das Risiko für ein Glaukom erhöht • Bildung von Arthrosen durch Schonhaltung und Fehlbelastungen Mögliche Konsequenzen für das Verhalten sind: • Gesteigerte Aggressionsbereitschaft durch einen durch Stress erhöhten Cortisolspiegel • Veränderte und eingeschränkte Körpersprache • Erlernte Hilflosigkeit • Durch die Fehlverknüpfung Schmerz und Umwelt kann es zu erhöhten Angst- und Aggressionsreaktionen kommen Der Zug am Halsband schränkt den Hund in seiner Körpersprache stark ein und eine kurz geführte, straffe Leine richten Kopf und Oberkörper des Hundes auf. Dies lässt den Hund für seine Artgenossen bedrohlicher aussehen, was von entgegenkommenden Artgenossen leicht Fehlinterpretiert werden kann. Zusätzlich kann diese körperliche Einschränkung und der Druck im Halsbereich mit dem entgegenkommenden Hund negativ verknüpft werden. Ein zusätzlicher Leinenruck durch seine Vertrauensperson lassen den Hund auch die entstandenen Schmerzen mit dem anderen Hund verknüpfen. Die Vorteile eines gut sitzenden Brustgeschirrs sind die Schonung des gesamten Bewegungsapparates, der Wirbelsäule, des Kehlkopfes, der Luftröhre, der Lunge, der Schilddrüse und der Hautoberfläche. Gleichzeitig ermöglicht ein gut sitzendes Geschirr dem Hund seine Körpersprache nahezu uneingeschränkt einzusetzen. „Das Führen am passenden Geschirr ist nach unseren Erkenntnissen die schonendste Art, den Hund zu sichern. Im Alltag passiert es immer wieder, ob gewollt oder ungewollt, dass Zug über die Leine auf das Geschirr und damit Kräfte auf den Hundekörper wirken. Dies lässt sich situationsbedingt oftmals nicht vermeiden. Trägt   65   der Hund in diesen Situationen allerdings ein gut sitzendes Geschirr, minimieren wir das Risiko, dass er ernsthaft geschädigt wird.“ 101 Wie ein zusätzlicher Puffer wirkt dabei eine weiche Unterfütterung, die die Kräfte abfedert. Breite, gut abgepolsterte Gurte haben dabei einen höheren Tragekomfort als schmale, ungepolsterte Gurte. Auch alle Ringe, Verschlüsse und Schnallen sollten abgepolstert sein. Ringe die auf das hervorstehende Brustbein oder die Dornfortsätze am Rücken drücken, können Schäden hervorrufen, wenn Druck aufgebaut ist. Man kann sich vorstellen welche Kräfte auf den Hundekörper einwirken, wenn man unabsichtlich auf die Schleppleine steigt. III. Die Passform Eine wissenschaftliche Studie über das Bewegungsverhalten unserer Hunde, die Jenaer Studie aus dem Jahr 2011102, hat unter anderem ergeben, dass Hunde ihre Schulterblätter zur Vorwärtsbewegung drehen. Daher sollten weder Schultergelenk noch Schulterblatt in der Bewegung eingeschränkt oder gehemmt werden. Das Geschirr muss dem Bewegungsapparat des Hundes ideal angepasst sein, große Auflageflächen auf den Schulterblättern und Geschirre, die die Schulterfreiheit einschränken, stellen sich als ungeeignet dar. Das Material, aus dem das Geschirr gefertigt ist, sollte weich und anschmiegsam sein. Ein leicht waschbares und schnell trocknendes Material hat sich ebenfalls als Vorteil erwiesen, vor allem wenn man einen Hund hat, der sich gerne in übel riechenden Dingen wälzt. Geschirre, die an beiden Seiten leicht zu öffnen sind und so dem Hund ohne großen Aufwand angezogen werden können, sind Geschirren, in die erst Pfoten hineingehoben oder durchgezogen werden müssen, auf jeden Fall vorzuziehen. Die meisten Hunde empfinden derartige körperliche Manipulationen als unangenehm. Der Rückensteg sollte breit sein und nicht verrutschen. Der Bauchgurt sollte bei großen Hunden circa eine Hand breit und bei kleinen ungefähr drei Finger breit hinter den Achseln liegen, um ein Scheuern in den Achselhöhlen zu vermeiden. Falls das Geschirr einen Ring vorne an der Brust hat, muss man darauf achten, dass dieser nicht auf das Brustbein drückt. Das Geschirr sollte auch nicht zu eng                                                                                                                         101  Wuff  Hundemagazin,  http://www.wuff.at/cms/Brustgeschirre-­‐Um.2124.0.html,  zugegriffen  am  12.07.2015.    Universität  Jena,  http://www.uni-­‐jena.de/Mitteilungen/PM110527_Hundestudie.html,  zugegriffen  am   12.07.2015.   102   66   verschnallt werden und auf die Wirbelsäule drücken. Zwischen Geschirr und Hund sollte man noch mit der Hand durchgleiten können.103 IV. Geschirrarten Es gibt viele verschiedene Geschirrarten mit unterschiedlichen Funktionen. Ich werde hier die gängigsten vorstellen. Abb. 9: Norwegergeschirre (Foto: privat) Norweger- und Sattelgeschirre, die im Prinzip die gleiche Form haben, haben den Vorteil, dass sie schnell an- und ausgezogen werden können. Zudem werden sie von manchen Hunden wegen dem fehlenden Steg zwischen den Vorderbeinen besser toleriert, allerdings verrutscht es dadurch auch leichter. Ein weiterer Nachteil dieser Geschirrvariante ist, dass die Hunde sich relativ leicht aus dem Geschirr winden können. Zusätzlich bieten die meisten Geschirre dieser Art wenig Verstellmöglichkeiten und sind daher schwer individuell an den Hund anzupassen. Der Brustgurt und auch schwere, unflexible Sättel liegen bei vielen Hunden direkt auf den Schulterblättern und schränken dadurch die Bewegung ein. Unter dem Sattel kann sich Wärme und auch Feuchtigkeit anstauen und bei längerem Fell bilden sich Verfilzungen oder die Fellstruktur wird zerstört.104                                                                                                                         103  Scholz/v.  Rainhardt  (2014):  21f.    Wuff  Hundemagazin,  http://www.wuff.at/cms/Brustgeschirre-­‐Umden.2139.0.html,  zugegriffen  am   12.07.2015.   104   67   Abb. 10: Führgeschirr in T-Form (Foto: privat) Führ- und Sicherheitsgeschirre gibt es in verschiedenen Ausführungen und Formen, die häufigste ist die so genannte T-Form, bei der das angezogene Geschirr von oben betrachtet wie ein „T“ aussieht. Sicherheitsgeschirre unterscheiden sich von normalen Führgeschirren nur durch einen zusätzlichen Bauchgurt hinter dem üblichen Bauchgurt, der verhindert, dass Hunde aus dem Geschirr auskommen können. Der größte Vorteil dieser Geschirre ist, dass sie von den meisten Hunden ohne Einschränkung des Bewegungsapparates getragen werden können. Zusätzlich sind diese Geschirre meist mehrfach verstellbar und so an den Hund individuell anpassbar.105 V. Die Auswahl der Leine Auch bei der Auswahl der Leine sollten einige Dinge bedacht werden. Die meisten, im Handel erhältlichen Leinen sind, meiner Meinung nach, für das Training mit einem leinenaggressiven Hund zu kurz. Die Leine ist der entscheidende Faktor bei einer Leinenaggression – ohne Leine hätte der Hund schließlich kein Problem. Dabei ist wohl das größte Problem, dass sie Druck und Spannung erzeugt, dem Hund das Gefühl gibt, nicht flüchten zu können und zusätzlich wird die Anspannung des Besitzers übertragen. Ich verwende, je nach Größe und „Aktionsradius“ des Hundes, 3 bis 5 Meter lange Leinen. So kann man dem Hund ermöglichen, sich möglichst frei zu bewegen und eine angespannte Leine zu vermeiden. Die lange Leine erfordert bei den Haltern oft eine kurze Eingewöhnungszeit, das Aufnehmen                                                                                                                         105  Wuff  Hundemagazin,  http://www.wuff.at/cms/Brustgeschirre-­‐Umden.2139.0.html,  zugegriffen  am   12.07.2015.     68   und wieder lang lassen der Leine automatisiert sich aber erfahrungsgemäß recht schnell. Leinen werden in den unterschiedlichsten Materialien erzeugt. Fettlederleinen liegen angenehm in der Hand, müssen aber gepflegt werden und saugen sich bei Regen schnell mit Wasser voll und werden dadurch schwer. Nylon- und Biothaneleinen (Biothane ist eine mit Gummi überzogene Nylonleine) sind sehr Pflegeleicht und robust, es gibt sie in unterschiedlichen Breiten und Farben. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass der Leinen-Karabiner der Größe des Hundes entspricht. Die meisten Leinen sind mit einem recht schweren und großen Karabiner ausgestattet. Gerade bei kleinen Rassen sollte man auf einen kleinen und leichten Karabiner achten. Abb. 11: Leinen in unterschiedlichen Materialien und Längen (Foto: privat) Ausziehbare Leinen, auch Flexi-Leinen genannt, verwende ich aus folgenden Gründen nicht: Ein großer Nachteil ist, dass man in Gefahrensituationen die Leine kaum aufnehmen kann. Während ich mich bei einer langen Leine oder Schleppleine einfach durch nachgreifen nach vorne arbeiten kann, um bis zu meinem Hund zu gelangen, hab ich in der selben Situation mit einer Flexileine wenig Möglichkeiten die Leine zu verkürzen. Auch die Verletzungsgefahr darf nicht unterschätzt werden. Die dünnen Schnüre und scharfkantigen Bänder von Flexi-Leinen können tiefe Schnitte und Verbrennungen erzeugen. Fällt der schwere Handgriff aus der Hand, so reagieren viele Hunde panikartig wenn der laut polternde Handgriff sie „verfolgt“ und ihnen um die Ohren fliegt. In einer solchen Panik können Hunde nicht mehr logisch denken und rennen blind vor ihrem „Verfolger“ davon. Ich habe selbst schon so eine   69   Szene beobachtet und man kann nur von Glück reden, dass sich die Leine des geschockt davon laufenden Hundes um einen Baum gewickelt hat und den Hund ruckartig ausgebremst hat, da er gerade in blinder Panik auf eine viel befahrene Straße zugelaufen ist. VI. Weitere Hilfsmittel Im Handel sind die unterschiedlichsten Trainingshilfen erhältlich, die eine schnelle Verbesserung der Probleme, vor allem auch in Bezug auf Leinenaggression, versprechen und das Internet ist voll mit Trainingsanleitungen. „In der Regel wird versucht, Stachelhalsband, Reizstromgerät, Kettenwürger, Gentle Leader, Anti-Bell-Halsband, Klapperbüchse, Leg Leader und Co. mit einer Mischung aus Verharmlosung (‚So schlimm ist das gar nicht!’ zum Beispiel beim Reizstromgerät) und unsinnigen Versprechen (‚Nie wieder ziehen, sobald Sie den Gentle Leader angelegt haben’) anzupreisen. […] Der weitaus größte Teil an Ausrüstungsgegenständen in der Hundeerziehung zielt darauf ab, dem Hund Schmerzen zuzufügen oder ihn einzuschüchtern, wenn er nicht so funktioniert, wie 106 Herrchen, Frauchen oder der Trainer sich das vorstellen.“ Das heißt, viele dieser so genannten Hilfsmittel verursachen Schmerzen oder sind unangenehm. Hilfsmittel, die Schmerzen zufügen, ein Tier einschüchtern, erschrecken oder physisch und psychisch unter Druck setzen, sind unbedingt abzulehnen. Diese Hilfsmittel fallen im österreichischen Tierschutzgesetz unter das Verbot der Tierquälerei, wo unter anderem folgendes steht: §5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. (2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer […] 3. a) Stachelhalsbänder, Korallenhalsbänder und elektrisierende oder chemische Dressurgeräte verwendet oder                                                                                                                         106  Riepe  (2012):  65.     70   b) technische Hilfsmittel oder Vorrichtungen verwendet, die darauf abzielen, das Verhalten eines Tieres durch Härte oder durch Strafreize zu beeinflussen; 107 So sollte man bei jedem Hilfsmittel überlegen wie es wirkt und was es bewirkt. Auch das Arbeiten über Schreckreize wie Wurfketten oder Schepperdosen und das Anspritzen mit Wasser ist zu hinterfragen. Für den Hund ist nicht nachvollziehbar warum und woher der Strafreiz kommt. Er versteht den Zusammenhang nicht und es entsteht eine Erwartungsunsicherheit, die sich zu einer erlernten Hilflosigkeit entwickeln kann. Man kann also nicht sagen, dass Reize, die keine Schmerzen zufügen, harmloser sind als Schmerzreize. Darüber hinaus kann es auch zu den in Kapitel C.II. erwähnten Fehlverknüpfungen kommen.108 Im Fall einer Leinenaggression kann ein Leinenruck am Kettenhalsband zwar bewirken, dass der Hund durch den Schmerzreiz kurzfristig aufhört zu bellen, das unerwünschte Verhalten wird kurzzeitig unterdrückt. Seine Emotionen können dadurch aber nur verschlechtert, nicht verbessert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Hund zusätzlich den Schmerz mit den fremden Artgenossen verbindet und in Zukunft noch heftiger reagiert, ist groß. Die Strafen werden härter und eine Gewaltspirale kann entstehen, in der der Halter Frust loswird und das unerwünschte Verhalten kurzzeitig unterdrückt wird. Zusätzlich wird dabei die Kommunikation des Hundes bestraft, was auf längere Sicht dazu führt, dass der Hund verschiedene Elemente seines Ausdrucksverhaltens nicht mehr zeigt bzw. Stufen der Eskalationsleiter überspringt (siehe Kapitel B.VIII.). Eine Wurfkette wirkt auf den ersten Blick harmloser, da sie keine unmittelbaren Schmerzen zufügt, hat über kurz oder lang aber denselben Effekt wie ein Leinenruck. Die Wurfkette kann zwar bewirken, dass der Hund vor Schreck aufhört zu bellen, wir verbessern aber seine Emotionen beim Anblick des fremden Artgenossen nicht. Zusätzlich verliert der Hund das Vertrauen zu seinem Halter und wird verunsichert. All die erwähnten Hilfsmittel behandeln lediglich die Symptome, nicht aber die Ursache des Problems.                                                                                                                         107  Bundesgesetz  über  den  Schutz  der  Tiere  (Tierschutzgesetz  –  TSchG),  BGBl  I,  2004/118  idF  2013/80.    Riepe  (2012):  65f.   108   71   VII. Maulkorb Gerade wenn es um das Thema Aggression geht, macht es Sinn, den Hund schonend an den Maulkorb zu gewöhnen. Bei der Auswahl des richtigen Modells hat die Passform natürlich oberste Priorität. Der Maulkorb sollte der Kopfform entsprechen, im Handel gibt es Modelle speziell für lange, kurze, breite und schmale Schnauzen. Bei der Auswahl der richtigen Größe ist es wichtig zu beachten, dass der Hund mit Maulkorb ungestört hecheln und Wasser trinken können muss. Das ist auch der Grund warum Maulschlaufen und eng anliegende Nylonmaulkörbe ungeeignet sind. Der Hund kann damit nicht hecheln und seine Körpertemperatur regulieren. Abb. 12: Maulkorb aus Biothane (Foto: privat) Ein großer Vorteil ist, wenn der Maulkorb so gefertigt ist, dass man leicht Leckerlies durchstecken kann, um eine Möglichkeit zu haben, den Hund auch mit Maulkorb zu belohnen. Maulkörbe werden in unterschiedlichen Materialien gefertigt, die gängigsten sind aus Metall, Plastik, Leder oder Biothane. Wie man einen Hund schonend an den Maulkorb gewöhnt, ist im Kapitel G.X. beschrieben. VIII. Aktion „Gelber Hund“ Die Kampagne „Gelber Hund“ wurde für Hunde entwickelt, die mehr Freiraum brauchen als andere. Den Hunden wird eine gelbe Schleife an das Brustgeschirr oder die Leine gebunden, diese können andere Hundehalter schon von weitem sehen und ausweichen. Warum mancher Hund mehr Freiraum braucht, kann   72   verschiedene Gründe haben, zum Beispiel weil er krank ist, sich in Ausbildung befindet, alt ist oder Angst vor fremden Hunden hat. Die Kampagne startete am 27. Juni 2012 in Schweden und verbreitet sich vor allem über die Sozialen Medien wie „facebook“ über die ganze Welt. Die Homepage der Kampagne lautet www.gulahund.de. Dort findet man unter anderem auch Downloads für Flyer. Abb. 13: Aktion „Gelber Hund“, www.gulahund.de   73   I. Rechtliche Aspekte der Leinenaggression I. Allgemeines Wenn man das Thema Leinenaggression aus rechtlicher Sicht betrachtet, so kann man dies in verwaltungsrechtlicher, strafrechtlicher und zivilrechtlicher Hinsicht tun.109 Während es beim Verwaltungs- und Strafrecht darum geht, dass der Staat unter anderem aus Sicherheitsüberlegungen ein bestimmtes Verhalten vorschreibt und bei einem Fehlverhalten Strafen vorsieht, geht es beim Zivilrecht um das Verhältnis zwischen Privatpersonen und um Fragen des Schadenersatzes oder Schmerzengeldes bei Verletzungen. II. Verwaltungsrecht Vorweg ist zwischen der artgerechten Hundehaltung, bei welcher das Wohl des Tieres im Mittelpunkt steht, und der sicheren Verwahrung, die den Schutz Dritter zum Inhalt hat, zu unterscheiden. Während die artgerechte Haltung ein Thema des Tierschutzes ist und die Gesetzgebung in diesem Bereich dem Bund zukommt, sind für das Problem der sicheren Verwahrung die Länder zuständig. Diesbezüglich möchte ich beispielhaft das Wiener Gesetz über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz)110 hervorheben111 , welches gemäß § 1 Abs 1 „dem Schutz von Menschen vor Gefahren, die sich aus der Tierhaltung ergeben“ dient. In § 3 Z 1 dieses Gesetzes ist zu lesen, dass Tiere „so zu halten oder zu verwahren [sind], dass Menschen nicht gefährdet werden“. Diese Bestimmung wird unter anderem in § 5 konkretisiert. So müssen Hunde an öffentlichen Orten gemäß Absatz 1 entweder Maulkorb tragen oder „so an der Leine geführt werden, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist.“ Wenn der Hund bissig ist, muss er gemäß Absatz 3 jedenfalls einen Maulkorb tragen. Als bissig gilt ein Hund nach § 2 Abs 3 des Gesetzes dann, wenn er „einmal einen Menschen oder einen Artgenossen gebissen hat oder von dem auf Grund seiner Aggressivität eine Gefahr                                                                                                                         109  Vgl.  etwa  die  Übersicht  „Hundehaltung  in  der  Gemeinde  –  Rechtsfragen“  der  Gemeinde  Göfis,   http://www.goefis.at/uploads/media/Hundehaltung_rechtliche_Grundlagen.pdf,  zugegriffen  am  08.08.2015.   110 LGBl 1987/39 idF 2015/05. 111  Vgl.  hierzu  den  Artikel  zur  Tierhalterhaftung  von  Braun  auf  http://www.rechtsanwaeltin-­‐ braun.at/news/tierhalterhaftung/,  zugegriffen  am  08.08.2015.     74   für die Sicherheit von Menschen oder anderen Hunden ausgeht“. Wenn die Leinenaggression des jeweiligen Hundes also sehr stark ausgeprägt ist und er eine Gefahr für seine Umwelt darstellt, wird man rein rechtlich von einem bissigen Hund und somit von der Maulkorbpflicht ausgehen müssen. Jedenfalls erscheint bei Leinenaggression aber eine entsprechend aufmerksame Leinenführung geboten, was aber auch bei nicht leinenaggressiven Hunden selbstverständlich sein sollte. Wer gegen die genannten Regeln verstößt, kann mit Geldstrafen bis zu EUR 20.000,-- bestraft werden. III. Strafrecht Was das Strafrecht angeht, so sind je nach Sachverhalt verschiedene strafbare Handlungen denkbar. Geht man davon aus, dass ein Hundehalter mit leinenaggressivem Hund vorsätzlich handelt, so wäre sogar Mord nicht ganz ausgeschlossen, da Vorsatz nämlich schon dann vorliegt, wenn man etwas ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet.112 Dass jemand mit einem sehr leinenaggressiven Hund ganz bewusst an der langen Leine durch eine Einkaufsstraße spaziert und jemanden tödlich verletzt, wird aber wohl kaum vorkommen. Bei Vorsatzdelikten Körperverletzungsdelikte und wäre daneben Sachbeschädigung an (Verletzung verschiedene eines anderen Hundes) zu denken. Für gewöhnlich wird ein Halter aber wohl nicht vorsätzlich sondern nur fahrlässig handeln. Fahrlässig handelt, wer gemäß § 6 Abs 1 Strafgesetzbuch (StGB) „die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.“ 113 Fahrlässig handelt man vereinfacht gesagt also dann, wenn man sorglos handelt bzw. die nötige Sorgfalt außer Acht lässt. In diesem Zusammenhang wird man bei einem leinenaggressiven Hund ohne Maulkorb wohl in einigen Fällen Fahrlässigkeit annehmen müssen. Das erhöhte Risiko, das von seinem Hund ausgeht, ist dem                                                                                                                         112  Perthold-­‐Stoitzner  (2014):  40.    Bundesgesetz  vom  23.  Jänner  1974  über  die  mit  gerichtlicher  Strafe  bedrohten  Handlungen,  BGBl  1974/60   idF  BGBl  I  2014/106.   113   75   Halter nämlich bekannt und er muss daher auch entsprechende Sorgfalt an den Tag legen. Je nach strafbarer Handlung sind bei Fahrlässigkeit Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren möglich. IV. Zivilrecht In § 1320 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)114 ist die Tierhalterhaftung geregelt.115 Grundsätzlich ist wie beim bisher Gesagten auch im Zivilrecht wichtig, dass ein leinenaggressiver Hund besonders gewissenhaft und sicher verwahrt wird. Wenn ich mit dem Hund ohne Maulkorb im städtischen Gebiet unterwegs bin, wo jederzeit Menschen oder andere Hunde um die Ecke biegen können, werde ich recht schnell schadenersatz- bzw. schmerzengeldpflichtig, wenn mein Hund einen Menschen oder andere Hunde verletzt. Es gilt: Je größer die Gefährlichkeit des individuellen Hundes, desto sorgfältiger muss dieser vom Halter verwahrt bzw. beaufsichtigt werden. Will man rechtliche Probleme bei einem leinenaggressiven Hunden weitgehend ausschließen, wird man daher wohl zum Maulkorb greifen müssen. Was man dadurch aber nicht verhindert kann, sind beispielsweise Schäden, die ein Hund verursachen kann, wenn er aufgrund seiner Leinenaggression abrupt auf die Straße springt und es zu einem Unfall kommt. Insgesamt gilt bei leinenaggressiven Hunden rechtlich also weitgehend dasselbe wie auch faktisch, nämlich erhöhte Vorsicht.                                                                                                                           114  Allgemeines  bürgerliches  Gesetzbuch  für  die  gesammten  deutschen  Erbländer  der  Oesterreichischen   Monarchie;  JGS  1811/946  idF  BGBl  2015/35.   115  Vgl.  hierzu  den  Artikel  zur  Tierhalterhaftung  von  Braun  auf  http://www.rechtsanwaeltin-­‐ braun.at/news/tierhalterhaftung/,  zugegriffen  am  08.08.2015.     76   Literaturverzeichnis Monographien Coppinger, Ray & Lorna (2013): Hunde: Neue Erkenntnisse über Herkunft, Verhalten und Evolution der Kaniden Feddersen-Petersen, Dorit Urd (2008): Ausdrucksverhalten beim Hund Hallgren, Anders (2006): Das Alpha-Syndrom Hallgren, Anders (2013): Stress, Angst und Aggression bei Hunden. O`Heare, James (2003): Das Aggressionsverhalten des Hundes O`Heare, James (2009): Die Neuropsychologie des Hundes Perthold-Stoitzner, Bettina (2014): Einführung in die Rechtswissenschaften und ihre Methoden. Teil I: Öffentliches Recht Pryor, Karen (2006): Positiv bestärken – sanft erziehen Reichel, Sabrina (2014): Leinenrambo v. Reinhardt, Clarissa (2014): Leinenaggression Riepe, Thomas (2012): Herz, Hirn, Hund Rugaas, Turid (2001): Calming Signals. Die Beschwichtigungssignale der Hunde Schneider, Dorotheé (2005): Die Welt in seinem Kopf Scholz, Martina/v. Reinhardt, Clarissa (2004): Calming Signals - Workbook Scholz, Martina/v. Reinhardt, Clarissa (2012): Stress bei Hunden Theby, Viviane (2012): Verstärker verstehen Skripten zur Ausbildung zum ganzheitlich orientierten Hundeverhaltenstrainer beim Verein THL v. d. Bellen, F. (2014): Stress Kriegl, Carina (2015): Unerwünschte Copingstrategien des Hundes Mayr, Gabriele (2014): Calming Signals, Die Beschwichtigungssignale des Hundes   77   Neumann, Sabine (2015): Aggressionsverhalten Schneider, Dorotheé (2014): Lerntheorie Internetquellen animal Learn, http://www.animal-learn.de/images/tipps/Eskalationsleiter.pdf, zugegriffen am 08.08.2015 www.dogwalker-ausbildung.com, Der Geschirrgriff – Ein universelles Abbruchsignal, http://dogwalker-ausbildung.com/der-geschirrgriff-ein-universellesabbruchsignal/, zugegriffen am 31.07.2015 Dogz.at – Teamwork works, http://www.dogz.at/artikel/34-fremdartikel/54-calmingsignals-qbeschwichtigungssignaleq-bei-hunden.html, zuletzt zugegriffen am 02.08.2015 Duden, http://www.duden.de/rechtschreibung/Aggression, zugegriffen am 08.08.2015 Easy Dogs – Alltagstraining für Familienhunde, http://www.easydogs.net/home/blog/training/claudia_matten/was_hat_es_mit_dem_clickern_auf _sich.html, zuletzt zugegriffen am 02.08.2015 Easy Dogs, Artikel von Dr. Ute Blaschle-Berthold, http://www.easydogs.net/home/blog/training/gastautor/dr_ute_blaschke_berthold/konditionierte_ entspannung/entspannung_grundlagen.html, zugegriffen am 31.07.2015 Gemeinde Göfis, Hundehaltung in der Gemeinde – Rechtsfragen, http://www.goefis.at/uploads/media/Hundehaltung_rechtliche_Grundlagen.pdf, zugegriffen am 08.08.2015 Gulahund – Yellowdog, www.gulahund.de, zuletzt zugegriffen am 02.08.2015 Hunde denken Markertraining, http://markertraining.de/an-lockerer-leine-gehen-alstargetaufgabe/, zuletzt zugegriffen am 02.08.2015 Hunde Denken Markertraining, http://markertraining.de/halsband-oder-geschirr/, zugegriffen am 12.07.2015 Rechtsanwältin Mag. Katharina Braun, Tierhalterhaftung, http://www.rechtsanwaeltinbraun.at/news/tierhalterhaftung/, zuletzt zugegriffen am 08.08.2015 Universität Duisburg-Essen, https://www.uni-due.de/edit/lp/behavior/skinner.htm, zugegriffen am 08.08.2015 Universität Jena, http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM110527_Hundestudie.html, zugegriffen am 12.07.2015   78   Wuff Hundemagazin, http://www.wuff.at/cms/Brustgeschirre-Um.2124.0.html, zuletzt zugegriffen am 02.08.2015 Wuff Hundemagazin, http://www.wuff.at/cms/Brustgeschirre-Umden.2139.0.html, zugegriffen am 12.07.2015   79   Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Grafik übernommen von Reichel, Leinenrambo (2014): 6 Abb. 2: Grafik übernommen vom Skript „Aggressionsverhalten“ von Sabine Neumann (2014):7 (Quelle: animal Learn) Abb. 3: Grafik übernommen und adaptiert von Dorit /Feddersen-Petersen, Ausdrucksverhalten beim Hund (2008): 296 Abb. 4: animal Learn, http://www.animal-learn.de/images/tipps/Eskalationsleiter.pdf, zugegriffen am 08.08.2015 Abb. 5: Universität Duisburg-Essen, https://www.unidue.de/edit/lp/behavior/skinner.htm, zugegriffen am 08.08.2015 Abb. 6: „General Adaptation Syndrome“ von David G. Myers - Exploring Psychology 7th ed. (Worth) page 398.. Lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:General_Adaptation_Syndrome.jpg#/m edia/File:General_Adaptation_Syndrome.jpg Abb. 7: „Stressmodell von Richard Lazarus“ von Philipp Guttmann (Diskussion) selbst erstellt. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Stressmodell_von_Richard_Lazarus.png#/me dia/File:Stressmodell_von_Richard_Lazarus.png Abb. 8: Geometrie des Hundekörpers (Foto: privat) Abb. 9: Norwegergeschirre (Foto: privat) Abb. 10: Führgeschirr in T-Form (Foto: privat) Abb. 11: Leinen in unterschiedlichen Materialien und Längen (Foto: privat) Abb. 12: Maulkorb aus Biothane (Foto: privat) Abb. 13: Aktion „Gelber Hund“, www.gulahund.de   80