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Artikel Schöner Wohnen - Scheumar | Baumanufaktur Köln

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WOHNHALLE Im Erdgeschoss gruppieren sich Essbereich, Küche und Wohnecke um das neu geschaffene Atrium DUNKLE SCHÖNHEIT Mitten in Köln ist aus einer alten Bäckerei ein modernes Hofhaus entstanden, das Strom und Wärme weitgehend selbst erzeugt FOTOS C H R ISTIAN S C H AU L IN PRODUKTION + TEXT KR IST IN A RA DER S C H A D 106 SCHOENER-WOHNEN.DE FEBRUAR 2016 HAUS & BAUEN BAUPROFIS Yvonne (35) und Wiorel (36) Scheumar betreiben seit 2008 ihre Baumanufaktur, einen Meisterbetrieb für Ausbau- und Sanierungsarbeiten HAUS & BAUEN KÜCHE Selbst entworfen und maßgefertigt: Elemente aus geölter Eiche mit Linoleumoberflächen ESSEN Ein altes Scheunentor auf einem Stahlgestell dient als Esstisch, die Deckenleuchten sind Flohmarktfunde aus Skandinavien WOHNEN Wo einst der riesige Backofen stand, der aufwendig abgetragen wurde, befindet sich nun der Wohnbereich neben der Küche GRUNDRISSE m 7,3 Umrisse und Höhe des alten Gebäudes mussten erhalten werden. Wichtigste Neuerung ist der zentrale Innenhof, der dank umlaufender Fenstertüren Licht hereinbringt 17,3 m ERDGESCHOSS GRUNDRISSE WOLFGANG HELD B OBERGESCHOSS is zuletzt hatten Yvonne und Wiorel Scheumar ihrem neuen Zuhause den letzten Schliff gegeben, um es rechtzeitig zum Tag der Architektur 2015 fertigzubekommen. Und sie wurden belohnt: In Scharen strömten die Besucher in die ehemalige Printenbäckerei im Hinterhof und staunten. „Ich hätte nie gedacht, dass dunkle Töne so wohnlich wirken!“, „Das hätte ich mich nie getraut, sieht superedel aus!“, lautete der Tenor. Mit Euphorie hatte das Paar nicht gerechnet, eher mit höflicher Anerkennung, denn weder Raumaufteilung noch Materialien und Farben entsprechen gängigen Vorstellungen. „Vor dem Umbau war alles weiß, und die Sonne knallte durchs Oberlicht. Es war viel zu hell hier, wir fühlten uns ungeschützt, ausgeleuchtet“, sagt Yvonne Scheumar. Deshalb sollte ihr neues Domizil ein bisschen was von einer Höhle haben, ruhig und abgeschieden – ein Rückzugsort. Jetzt sind alle Wände dunkelgrau gestrichen, auf dem Boden liegt schwarzer Gussasphalt, die Decken sind mit grauen Holzwolleplatten verkleidet. „Die sorgen für eine gute Akustik, nehmen aber auch Feuchtigkeit auf und regulieren das Raumklima“, erklärt Wiorel Scheumar. Schwarze Geländer und Fensterrahmen, schwarze Möbel und die schwarzen Linoleumoberflächen der Küche wirken im Zusammenspiel mit dem Eichenholz der Kücheneinbauten, der Treppe und der Türen wohnlich und edel; das Ledersofa nimmt die Farbe auf. Ein kuscheliger wollweißer Teppich und schwarz-weiße Kissen setzen helle Akzente vor dunkelgrauem Fond. Die Räume wirken erstaunlich licht und hell, von Hinterhofatmosphäre ist nach dem Umbau nichts zu spüren. Wesentliches Element des Entwurfs ist das neu geschaffene zentrale Atrium, um das sich nun im Grundriss die Bereiche für Wohnen, Kochen und Essen gruppieren. „Alle Bereiche haben einen unmittelbaren Außenbezug“, erläutert Architekt Jochen Reetz sein Konzept. „Dabei ging es nicht nur um möglichst viel Tageslicht, sondern vor allem darum, die Räume nach außen zu öffnen.“ Die Glasfalttüren zum Atrium lassen sich bei schönem Wetter komplett aufschieben, dann gehen Innen- und Außenraum nahtlos ineinander über. Ein besonderer Clou und eine schöne Reminiszenz an die Vergangenheit des Gebäudes ist die Verklinkerung des Bodens im Innenhof mit den Backsteinen des alten Ofens. Der stand dort, wo sich heute der Wohnbereich befindet, und wurde Stein für Stein abgetragen. Abbruch, Rohbau, Trockenbau, Putz- und Malerarbeiten sowie die Verklinkerung übernahm Scheumar selbst, denn der Bauherr ist Bauunternehmer. „Die Kernsanierung der Printenbäckerei war ein Allround-Projekt“, sagt er – genau seine Kragenweite, denn als Maurer- und Betonbaumeister, Betriebswirt im Handwerk und Stuckateurmeister ist er selbst ein echter Allrounder. „Dabei haben wir viele intensiv konzipierte Details umgesetzt, die nicht der Norm entsprechen“, berichtet er bescheiden. In Wahrheit ist an einem exklusiven Ort ein spektakuläres Gebäude mit historischen Wurzeln entstanden. Was für ein Gewinn! www.scheumar.de  DATEN & FAKTEN ARCHITEKT Jochen Reetz, Köln BAUWEISE Ziegel (Bestand), Holzrahmenbau, teilunterkellert FENSTER Dreifachglas, Ug-Wert 0,9–1,3 HEIZ-, HAUSTECHNIK Luft-Wärmepumpe, Fußbodenheizung, kontr. Belüftung, Photovoltaik, Solarthermie BAUZEIT 10/13 bis 1/15 WOHNFLÄCHE 249 m2 GRUNDSTÜCK 326 m2 BESTANDSKOSTEN 374 000 Euro BAUKOSTEN 642 000 Euro DAS GEFÄLLT UNS MATERIALWAHL Materialien aus dem Industriesektor wie Guss­asphalt, Treppengeländer und Fensterrahmen aus Stahl und Holzwolleplatten beweisen Salonfähigkeit, wenn man sie mit warmen Hölzern und ausgesuchten Textilien kombiniert. FARBGEBUNG Schwarz und Grau sind konsequent eingesetzt und ergänzen sich mit der Materialität der Baustoffe. Dank vieler (Tages-)Lichtquellen und Außenbezüge wirkt die dunkle Tönung keineswegs düster, sondern gemütlich und intim. ÖKOLOGIE Extensive Dachbegrünung, Solarenergie, Wiederverwendung alter Baumaterialien und Holz als Baustoff zeugen von Natur- und Klimaschutz-Bewusstsein. VORHER Die bis 1950 aktive Printenbäckerei (Baujahr 1901) stand unter Bestandsschutz. Die Modernisierung musste also die originale Gebäudekubatur einhalten KÜCHE 2B BBENE MÖBELMANUFAKTUR BARHOCKER, SOFA HAY SIDEBOARD, VITRINE, TEPPICH HABITAT ESSTISCH, LEUCHTEN ÜBER ESSTISCH, SCHAUKELSTUHL PRIVAT/VINTAGE ESSTISCHSTÜHLE KARTELL KINDERSTUHL STOKKE SPOTS MOLTO LUCE AUSSENMÖBEL FERMOB AUSSENLEUCHTEN IKEA GLASFALTTÜREN SOLARLUX HERSTELLERINFO AM HEFTENDE FEBRUAR 2016 SCHOENER-WOHNEN.DE 109 IDYLL Der Blick aus dem Vor- derhaus zeigt die Intimität der neuen Hinterhofbebauung. Die Ziegelböden stammen vom alten Ofen der Bäckerei HAUS & BAUEN BADEZIMMER Schwarz, Weiß und Grau ziehen sich als eleganter und zeitloser Mix auch durch die Privaträume im Obergeschoss WOHNRESERVE Im Eingangsbereich führt eine Leiter auf eine flexibel zu nutzende niedrige Empore über dem Gäste-WC SCHLAFZIMMER Bett, Hockerchen, Leuchten – allein die minimalisierte Ausstattung beruhigt. Die Wände sind hochwärmegedämmt SAGEN SIE MAL, FRAU SCHEUMAR  … ... woher kommt Ihre Vorliebe für Grau und Schwarz? Vor dem Umbau gab es sehr viel Weiß im Haus, das hat uns regelrecht gestört, so stark hat es geblendet. Uns wurde klar, dass wir dunkle Töne um uns herum brauchen, wenn wir uns richtig wohlfühlen wollen. Müssen Sie eigentlich schon tagsüber Licht machen? In der Küche brauchen wir tatsächlich zu jeder Tagesund Jahreszeit Licht. Aber sonst ist es überhaupt nicht düster – im Gegenteil. Die Decken sind mit Rohbauplatten verkleidet. Warum dieses Material? Da die Räume sehr hoch sind, brauchten wir zualler­ erst eine akustische Lösung. Als wir dann bei unserem Öko-Baustoffhändler diese Platten an der Decke entdeckten, haben wir uns spontan dafür entschieden. Gab es beim Tag der Architektur auch mal ein kritisches Wort zu Ihrem Haus? Überraschenderweise gab es nur eine negative Äußerung – und zwar fand jemand, dass unser Haus zu perfekt und zu durchgestylt sei. Welches ist Ihr Lieblingsplatz im Haus? Ganz klar unsere Kücheninsel: wenn einer das Essen vorbereitet, der andere ihm Gesellschaft leistet und unsere dreijährige Tochter Emmi schon mal den Abwasch macht – und dabei die Küche flutet. FEBRUAR 2016 SCHOENER-WOHNEN.DE 111