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überall Lauert Der Versteckte Zucker - Ludwig-erhard

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ZEITJUNG Nr. 66 / Rhein-Neckar-Zeitung Samstag/Sonntag, 19./20. März 2016 33 Zucker, viel Zucker nehmen wir im Alltag oft unbemerkt auf. Die Schüler der Ludwig-Erhard-Schule in Mosbach setzten sich einen Vormittag mit dem Thema auseinander – mit überraschenden Erkenntnissen. Fotos: Benjamin Auber (3) E s ist schon erstaunlich, in welchen Lebensmitteln Zucker versteckt ist. Beim genaueren Hinsehen, und wenn man mal seinen Blick auf die Verpackungen richtet, gibt es da doch einiges zu entdecken. „Ich sitze doch nicht jedes Mal mit einem Taschenrechner vor den Nährwerttabellen, bevor ich etwas esse“, bemerkt Adrijana Juric von der Ludwig-Erhard-Schule in Mosbach. So ergeht es wohl sehr vielen Jugendlichen, aber auch Erwachsene schauen nicht immer genau darauf, was so in den Magen kommt, vor allem wenn es im Alltag schnell gehen muss. Die Rhein-Neckar-Zeitung nahm diese Woche über 60 Schüler der LudwigErhard-Schule mit auf eine kleine Reise in die berauschende Welt des Zuckers. Mit der tatkräftigen Unterstützung von Ernährungsberaterin Hanna Bender und Praktikantin Sarah Schulz entdeckten die angehenden Abiturienten an vier unterschiedlichen Stationen einiges über das Lebensmittel, das oft versteckt, ganz nebenbei daherkommt. Wie können die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln besser von der Industrie ge- Überall lauert der versteckte Zucker Über 60 Schüler der Ludwig-Erhard-Schule nahmen an RNZ-Aktion teil – Zuckeranteile überraschen – Von Benjamin Auber und Christian Mayer kennzeichnet werden? Da hat Lisa-Marie Tuppi eine ganz klare Meinung: „Von einer Lebensmittelampel halte ich überhaupt nichts. Ich glaube von einem roten Signal lassen sich die Wenigsten wirklich abschrecken“. Vielmehr solle sich bei den unüberschaubaren Siegeln etwas ändern. Man brauche ein Siegel, das jeder verstehe und mit dem jeder etwas anfangen kann. Beim Lebensmittelquiz, bei dem die Schüler zehn unterschiedliche Produkte in die richtige Reihenfolge bringen mussten, und zwar aufsteigend nach Anteil an Würfelzuckern pro 100 Gramm, war das Ergebnis überraschend. Ohne Smartphone – nur auf das eigene Gefühl ver- HINTERGRUND Viele Namen für Zucker Jeder kennt ihn, den Zucker, aber er kann verschiedene Formen annehmen: Monosaccharid (Glycose, Fructose), Disaccharid (Lactose, Saccharose) und Polysaccharid (Cellulose). Diesen Begriffen begegnet man selten, aber in der Naturwissenschaft werden sie ständig benutzt. Fructose ist beispielsweise einer der Hauptbestandteile von Honig. In der Industrie wird er als GlukoseFructose-Sirup HFCS zugesetzt, sodass Produkte mit Zucker versetzt werden, ohne dass der Verbraucher dies bemerkt. Eine Alternative zum Zucker ist das bekannt gewordene Stevia. Eine Pflanze, aus der ein Stoffgemisch gewonnen, und dann als Süßstoff verwendet wird. Es kann eine 450-fache Süßkraft von Zucker entwickeln. Für Diabetiker hat Stevia keinen Vorteil. lassend – kamen ganz schön viele falsche Tipps zustande. In der Reihe der Süßigkeiten lag der Marsriegel (20,5 Würfelzucker), deutlich vor dem Corny (11,5) und dem Butterkeks (8). Butterkekse sind wohl, falls der Heißhunger mal da ist, eine Alternative, um den industriegefertigten Zucker in Grenzen zu halten. Auch bestimmte Arten von Nachos können einen hohen Zuckeranteil haben, genauso wie Marmelade oder die beliebten Gummibärchen. „Ich finde, man sollte jetzt nicht am Rad drehen und den Blick nur auf den Zucker richten. Es gibt auch viele Konservierungsstoffe und Fette, auf die man achten sollte“, sagt Mara Adelsberger. Und Sascha Kessler fügt hinzu, dass alles in „Maßen“ sicherlich nicht schädlich sei. Trotzdem könne es ratsam sein, öfters mal zu unverarbeiteten Lebensmitteln zu greifen. In der Liste weiter hinten angesiedelt rangierte der Ketchup (7) und die Cola (3,5). Nach der Auflösung haben die Schüler gemerkt, dass die Irreführung mit den verschiedenen Lebensmitteln gelungen ist. Viele Schüler haben nicht auf die Grammzahl geachtet, weswegen der Ketchup oft ganz oben im Ranking gelandet ist. Viele wissen, dass Cola nicht zu den gesündesten Getränken zählt, und deshalb war sie ebenfalls oft weiter oben an- gesiedelt worden. Nun bekamen die Schüler auch eine wirkliche Kostprobe des Zuckers. Sie sollten verschiedene Flüssigkeiten probieren, die teils unterschiedlich stark mit Zucker oder Zucker enthaltenden Produkten gesüßt waren. Das stinknormale Leitungswasser erkannten die Schüler sofort, ein anderes Getränk war nur mit Zucker gesüßt, dass manche sogar unangenehm empfanden. Das letzte Schlückchen sah wie eine Zitronenlimonade aus, schmeckte aber nicht ganz so süß. Die Mixtur, die Ernährungsexpertin Hanna Bender den Schülern präsentierte, überdeckte den wahren Zuckergehalt. Ein beliebtes Mittel, dass die Industrie verwendet, um die zu schmeckende Süße zu steuern. Trotzdem waren viele Schüler nicht der Meinung, dass der Industrie deshalb engere Schranken auferlegt werden sollten, denn – so war der Tenor – denn jeder könne auf sich selbst aufpassen. Mündigen Bürgern sei es zuzutrauen, sich selbstständig um ihre Ernährung zu kümmern. Außerdem gebe es immer die Möglichkeit, auf die Verpackungen zu schauen und sich im Internet zu informieren. Neben der Kostprobe und dem Lebensmittelquiz sorgten die Diskussionen mit Hanna Bender auch für regen Austausch. Sich „einfach mal über den Zucker Gedanken zu machen“ und ausnahmsweise mal Religion ausfallen zu lassen, fanden die Schüler eine gute Idee, um Abwechslung in den Schullalltag zu bekommen. Die „Zuckerlehre“ als Schulfach in den Stundenplan zu integrieren? Das sei in den Augen der Schüler etwas überzogen, schmunzelten viele. „Brokkoli-Allergiker“ müssen jetzt stark sein Ernährungsexpertin Hanna Bender im Gespräch – Viele sind nur einseitig informiert – Von Annelie Brandner W äre „Ernährung“ eine Sportart, wäre wohl jeder ein bisschen Bundestrainer. Dass das eigene Wissen oft überschätzt wird, bestätigt die Mosbacher Ernährungsexpertin Hanna Bender. An sie wenden sich nicht nur Menschen, die ihr Gewicht redu- Hanna Bender. zieren wollen, sondern auch unter Erkrankungen, wie Diabetes, oder Allergien und Unverträglichkeiten leiden. > Du warst im Gespräch mit 60 Schülern: Wie haben sie sich geschlagen? Gar nicht schlecht. Alle wussten, dass Zucker nicht gesund ist, einige hatten auch schon von Kohlenhydraten gehört. > Bei der Ernährung kann jeder mitreden: Was sind die häufigsten Irrtümer, mit denen Patienten zu dir kommen? Viele sind sehr einseitig informiert. Es gibt inzwischen ja tausend Ernährungsratgeber, und alle sagen etwas anderes. Oft ist meinen Patienten nicht bewusst, dass sich Zucker hinter verschiedenen Namen verbirgt oder, dass „light“ und „ohne Zucker“ nicht unbedingt gesund bzw. tatsächlich ohne Zucker ist. Ich rate immer, die Zutatenliste zu beachten: Hersteller sind verpflichtet, in absteigender Rei- henfolge anzugeben, was in dem Lebensmittel enthalten ist. Das heißt: Umso weiter vorne Zucker gelistet ist, desto mehr ist auch drin. Auch bei der Verpackung aufpassen: Nicht alles, was grün daherkommt, ist ein Naturprodukt, Pastelltöne machen den Inhalt nicht „leichter“. > Zu welcher Ernährung rätst du deinen Patienten, und wie stehst du zu Diäten? Zu Ernährungsumstellung mit Genuss, mit Süßigkeiten. Gemeinsam schauen wir uns die Lebensmittelgruppen an, sprechen über ideale Mengenverhältnisse: Was braucht unser Körper jeden Tag? Ich gebe in meiner Beratung den Fahrplan vor, fahren darf der Patient selbst. Ob Brötchen oder Müsli, Wurst oder Käse; das Wichtigste ist, dass die Patienten in der Lage sind, Gelerntes selbstständig fortzuführen. Von Diäten halte ich daher wenig. Auf lange Sicht funktioniert in der Regel nur eine Umstellung. > Thema Zucker: Ist Verzicht das Allheilmittel? Nein. Verzicht führt meist zu Frustration und so zu Frustessen. Ich rate von Verboten ab, lieber bewusst genießen und auch Leckerreien fest einplanen. Kleinigkeiten können schon viel ausmachen, z.B. die Tomatensoße selbst machen, statt zu einem Fertigprodukt zu greifen. > Zählt nur eine gesunde Ernährung? Nein. Ernährung ist die erste Säule eines gesunden Lebensstils, Bewegung und Entspannung die anderen beiden. Viele unterschätzen die negativen Auswirkungen von Stress, auch dieser bringt den Stoffwechsel durcheinander. > Gibt es Fragen, die du immer wieder beantwortet musst? Soll man nach 18 Uhr nichts mehr essen bzw. keine Kohlenhydrate? Meine Antwort: Mit einer Scheibe Brot im Bauch schläft man sogar besser. > Letzte Frage: Wie gefährlich ist Brokkoli nun wirklich (immerhin kostete er Homer Simpson schon das Leben)? (lacht) Auch wenn ich es schon häufiger gehört habe: Eine Brokkoli-Unverträglichkeit gibt es nicht. Im Gegenteil, Brokkoli ist sehr gesund – man sollte ihm noch einmal eine Chance geben.