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Bewertung Verschiedener Bolzenschussbetäubungsapparate Beim

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Dörfler, K. (2015) Mitteilungsblatt Fleischforschung Kulmbach 54, Nr. 208, 95-96 Bewertung verschiedener Bolzenschussbetäubungsapparate beim Rind hinsichtlich ihrer Effektivität und ihres Einflusses auf den Ausblutungsgrad K. Dörfler Institut für Lebensmittelhygiene, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig Zusammenfassung …der Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doctor medicinae veterinariae (Dr. med. vet.) durch die Veterinärmedizinische Fakultät der Universität Leipzig. Schlüsselwörter Bolzenschussbetäubung – Schlachtung – Rind – Tierschutz Kinetische Energie – Betäubungseffektivität - Ausblutungsgrad Seit Inkrafttreten des Verbotes der mechanischen Rückenmarkszerstörung wurde zunehmend über Probleme bezüglich des Tier- und Arbeitsschutzes bei der Bolzenschussbetäubung von Rindern an europäischen Schlachthöfen berichtet. In der aktuellen Literatur variieren die Angaben hinsichtlich der Fehlbetäubungsrate beim Rind zwischen 4 und 18 %, in Einzelfällen bis zu 32 % (ALGERS und ATKINSON, 2007; EFSA, 2004; ENDRES, 2005; FRIES et al., 2012; GOUVEIA et al., 2009; GREGORY, 2007; GREGORY et al., 2007; ILGERT, 1985; MARZIN et al., 2008; von WENZLAWOWICZ et al., 2012). Um eine nachhaltige Verbesserung dieser vermehrt medial thematisierten, tierschutzrelevanten Zustände zu erzielen, fordert die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 die Definition von Schlüsselparametern für die Bolzenschussbetäubung, basierend auf verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen, um sicherzustellen, dass die Tiere wirkungsvoll betäubt werden. tungsgrad der Schlachttierkörper zu analysieren, um anschließend verlässliche Empfehlungen für den Einsatz in der Praxis ableiten zu können. Die kinetische Energie der Bolzenschussapparate Typ KS, KR, KL und das Energieniveau korrespondierender Kartuschen mit unterschiedlicher Treibladungsstärke wurden hierfür mittels experimenteller Messungen in einem ballistischen Labor bestimmt. Zudem wurde die Betäubungseffektivität der Apparate anhand definierter Parameter an insgesamt 1938 Tieren, unterschiedlich hinsichtlich Alter, Geschlecht und Rasse, an zwei Schlachtbetrieben überprüft und die Schädigung einzelner Hirnregionen, speziell der Hirnstammstrukturen an 218 Rinderschädelhälften erfasst und diese Ergebnisse in Beziehung zur Betäubungseffektivität gesetzt. Die Hämoglobinbestimmung erfolgte mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) mit der Zielsetzung, den Einfluss der Bolzenschussapparatetypen auf den Ausblutungsgrad des Schlachttierkörpers zu untersuchen. Ziel dieser Arbeit war es daher, im Interesse eines hohen Tierschutzniveaus die neu konzipierten Bolzenschussapparate der KBaureihe der Firma Schermer (Ettlingen hinsichtlich ihrer physikalischen und tierschutzrelevanten Effektivität zu überprüfen und deren Einfluss auf den Ausblu- Bei Verwendung der stärksten, rot markierten Kartuschen lag die kinetische Energie des Bolzenschussapparates KR ( = 369,0 J) deutlich über den Werten der Apparate KL ( = 356,5 J) und KS 95 Dörfler, K. (2015) Mitteilungsblatt Fleischforschung Kulmbach 54, Nr. 208 Betäubung und der Zerstörung der Hirnstammstrukturen (p = 0,05 bzw. p = 0,01). Demzufolge ist die Effektivität der Bolzenschussbetäubung bei ausreichender kinetischer Energie vermutlich weitgehend unabhängig von der Verletzung einzelner Hirnareale. Der Bewusstseinsverlust der Schlachtrinder wird folglich in erster Linie durch den Aufprall des Schussbolzens auf das Schädeldach und der damit verbundenen Gehirnerschütterung hervorgerufen. ( = 343,9 J). Das bei Apparat KS vorhandene Rückholsystem führte zu einem höheren Energiedefizit im Vergleich zu dem Energieverlust, welcher durch die langsamere Beschleunigung des verlängerten Schussbolzens bei Apparat KL verursacht wurde. An Schlachthof A wurden bei Verwendung des Apparates KS 5,7 % der Untersuchungstiere unzureichend tief betäubt. Bei Apparat KR betrug der Anteil der fehlbetäubten Rinder 1,6 %, bei Apparat Typ KL 1,9 %. Am Schlachthof B zeigten 1,7 % (Apparat KS) bzw. 0,9 % (Apparat KR) der Tiere Anzeichen einer mangelhaften Betäubungstiefe. Bezogen auf die Anzahl der männlichen Tiere der Untersuchungsgruppe wurden demnach 8,1 % der Bullen an Schlachthof A unter Einsatz des Bolzenschussapparates Typ KS fehlerhaft betäubt. Dieses tierschutzrelevante Ergebnis bestätigt die in der Literatur bezifferten Werte und impliziert, dass der Apparat Typ KS mit automatischem Rückholsystem weniger für die Betäubung von männlichen Tieren geeignet ist. Insbesondere ab einem Schlachtgewicht von 400 kg, was einem ungefähren Lebendgewicht von 690 kg entspricht, steigt das Risiko für eine unzureichende Betäubungstiefe deutlich an, während die Apparate Typ KR und KL ohne automatisches Rückholsystem beide eine ausreichende Effektivität besitzen, um Jungbullen tierschutzgerecht zu betäuben. Die Verwendung dieser beiden Apparate ist allerdings aufgrund der hohen Verletzungsgefahr für den Bediener nur in Schlachtbetrieben praktikabel, welche über eine Betäubungsbox mit integrierter Kopffixierung verfügen. Bei Kühen oder Färsen spielt die Wahl des zur Betäubung eingesetzten Bolzenschussapparates bei vorhandener Kopffixierung eine untergeordnete Rolle, da alle Tiere unabhängig vom Gerätetyp sicher in einen Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt werden konnten. Obwohl hinsichtlich des Hämoglobingehaltes der untersuchten Zwerchfell- und Leberproben hoch und höchstsignifikante Unterschiede festgestellt wurden (p < 0,01 und p < 0,001), war an den Schlachttierkörpern makroskopisch keine Beeinflussung des Ausblutungsgrades erkennbar, da derart geringe Konzentrationsunterschiede vom menschlichen Auge vermutlich nicht erfasst werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen, insbesondere die hohe Fehlbetäubungsrate bei Jungbullen von 8,1 % (Apparat KS), verdeutlichen die Notwendigkeit, zuverlässige Parameter für den Einsatz von Bolzenschussapparaten bei unterschiedlichen Tierkategorien festzusetzen, um eine tierschutzgerechte Schlachttierbetäubung im Sinne der Gesetzgebung zu gewährleisten. Es scheint empfehlenswert, derartige Untersuchungen auf andere am Markt erhältliche Modelle auszuweiten, um verbindliche Anhaltspunkte zu schaffen an denen sich sowohl Hersteller als auch Schlachthofbetreiber und zuständige Überwachungsbehörden orientieren können. Literatur Die Literaturliste ist bei der Autorin auf Anfrage erhältlich. Für den Bolzenschussapparat KR konnten keine Abhängigkeiten zwischen der Betäubungswirkung und der Schädigung des Hirnstammes ermittelt werden (p > 0,05). Bei den Apparaten KS und KL zeigte sich ein signifikanter bzw. hochsignifikanter Zusammenhang zwischen der Wirksamkeit der Die Ausarbeitung der Dissertationsschrift wurde von der Förderergesellschaft für Fleischforschung e. V. mit einem sechsmonatigen Promotionsstipendium gefördert. 96