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Prof. U. Gerland Theory of Complex Biosystems Physik Department, TUM
Statistische Mechanik und Thermodynamik (4A) WS 2015/16, Blatt 1 12. Okt. 2015
Aufgabe 1: Binomialverteilung F¨ ur ein Bernoulli-Experiment (ein Zufallsexperiment mit nur zwei Ausg¨angen, z.B. Kopf/Zahl oder Spin up/down) sei P rob(Kopf ) = a und P rob(Zahl) = b, mit a + b = 1. Man betrachte f¨ ur eine Folge von N Wiederholungen die Zufallsvariable “Zahl der W¨ urfe, die Kopf lieferten”. Der Ereignisraum ist Ω = {1, 2, . . . , N } und die Wahrscheinlichkeitsverteilung auf Ω, N n N −n pn = a b , n hat die Parameter N und a. Hinweis: Der Trick bei allen Berechnungen zur Binomialverteilung ist (i) zu bemerken, dass pn der n−te Term in (a + b)N ist, und (ii) erst am Ende der Rechnung a + b = 1 zu setzen. (a) Der Erwartungswert sei mit E[.] bezeicnet. Zeigen Sie, dass E[n] = a∂a (a + b)N ist und berechnen Sie den Erwartungswert. Analog verfahren Sie f¨ ur E[n2 ]. (b) Zeigen Sie allgemein, dass die mittlere quadratische Abweichung (∆n)2 := E[(n − E[n])2 )] auch als (∆n)2 = E[n2 ]−E[n]2 berechnet werden kann. F¨ ur die Binomialverteilung berechnen Sie die relative Schwankung ∆n/E[n] und finden die Wurzel-N -Regel. (c) Berechnen Sie die Momenterzeugende Funktion und die ersten beiden Momente. (d) Berechnen Sie die Kumulantenerzeugende Funktion und die ersten beiden Kumulanten. Man erkennt den allgemeinen Zusammenhang, dass sich die Kumulanten von unabh¨ angigen Zufallsvariablen addieren. (e) (Freiwillige Zusatzaufgabe) Begr¨ unden Sie, warum f¨ ur große N die Binomialverteilung in eine Normalverteilung u ¨bergeht und bestimmen sie µ und σ. Als Anwendung betrachte man ein Idealgases bei Normbedingungen in einem Volumen von 1 mm3 und denke sich das Volumen in zwei H¨alften geteilt. Als Maß f¨ ur zuf¨allige Abwechungen von der Gleichverteilung auf beide H¨alften betrachte man die relative Schwankung. Wie wahrscheinlich sind relative Schwankungen gr¨oßer als 10−6 ? Dr¨ ucken Sie das Ergebnis durch die Fehlerfunktion aus.
Aufgabe 2: Poissonverteilung Ein Poissonprozess ist durch eine Rate λ von Ereignissen gegeben, die unkorreliert erfolgen, z.B. Klicks in einem Geigerz¨ ahler. Die Poissonverteilung ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung, pro Zeiteinheit genau n Klicks zu registrieren, wobei n ∈ {0, 1, 2, . . . }. 1
(a) Herleitung als Grenz¨ ubergang der Binomialverteilung: Man denke sich das Einheitsintervall in N Intervalle der L¨ ange ∆t = 1/N unterteilt, in jedem ist die Ereigniswahrscheinlichkeit demnach a = λ∆t. Betrachte nun N → ∞, also auch a → 0. Die Wahrscheinlichkeit f¨ ur mehr als ein Ereignis in ∆t kann im Limes vernachl¨assigt werden. In ∆t hat man demnach ein Bernoulli-Experiment, die Wahrscheinlichkeit f¨ ur n Ereignisse in [0,1] kann also mit der Binomialverteilung aus Aufgabe 1 angen¨ahert werden. F¨ uhren Sie den Grenz¨ ubergang durch und finden Sie die Poissonverteilung pλ (n) = e−λ
λn n!
Warum hat die Poissonverteilung nur einen Parameter, die Binomialverteilung aber zwei? (b) Bestimmen Sie die Momenterzeugende Funktion. (c) Bestimmen Sie die Kumulantenerzeugende Funktion und berechnen Sie alle Kumulanten. Gilt f¨ ur die Poissonverteilung die Wurzel-N -Regel?
Aufgabe 3: Zentraler Grenzwertsatz (a) Die Zufallsvariable X habe eine uniforme Wahrscheinlichkeitsverteilung auf [−1, 1] ( 1/2 f¨ ur |x| ≤ 1 pX (x) = 0 sonst √ PN Es sei YN = 1/ N i Xi die (standardisierte) Summe von N Kopien von X. Berechnen Sie explizit pY2 (x) (durch benutzen der Faltung). (b) Skizzieren Sie pX (x), pY2 (x), sowie pY∞ (x). Wenn Sie wollen, f¨ ugen Sie, z.B. per Computer, pY3 (x) hinzu. Ist mit dem bloßen Auge noch ein Unterschied zwischen pY3 (x) und pY∞ (x) feststellbar?
Aufgabe 4: Bayes-Formel Angenommen bei einem Fahrradrennen mit 1000 Teilnehmern sein 10% aller Fahrer gedoped. Der verwendete Dopingtest habe eine Verl¨asslichkeit p(positiv|doped) von 90% und eine Falsch-Positivrate p(positiv|clean) von 1%. Dabei bezeichnet p(A|B) die bedingte Wahrscheinlichkeit p(“A, falls B”). (a) Berechnen Sie p(doped|positiv), den positive Vorhersagewert. (b) Wiederholen Sie die Berechnung f¨ ur eine geringere Pr¨ avalenz von nur 1% gedopeden Fahrern. Ist der positive Vorhersagewert eine Eigenschaft des Tests selbst? (c) Eine oft durchsichtigere Herangehensweise als die Bayes-Formel ist das Verwenden von absoluten H¨ aufigkeiten: Berechnen Sie die Ergebnisse nochmals mithilfe von Entscheidungsb¨ aumen (starten sie mit 1000 Teilnehmern, davon sind ... gedoped, ...).
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