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Blick in den Alltag des vormodernen China /Ming‐Zeit (1368‐1644) − Lesung aus einer Neuübersetzung des Romans „Die Räuber vom Liangshan‐Moor“ Dr. Rainald Simon Freitag, 29. Juli 2016, 18:00 Uhr VHS/HAG, Bergheimerstr. 76 69115 Heidelberg Eintritt: 5 €, Abendkasse
„Die Räuber vom Liangshan‐Moor", ein Räuberroman, wildromantisch? Eine Art fernöstliche Räuber Hotzenplotz‐Idylle? Das wäre ein ganz falsches Verständnis. Ein „Ach, wie gruselt mir"‐Effekt bei der Rezeption? Es geht um Gerechtigkeit in einer hierarchisch geordneten, vormodernen Gesellschaft, die sich an dem ebenso einfachen wir brutalen Prinzip von „Herr und Knecht" ausrichtet. „Die das Volk auspressende Verwaltung übertraf die Räuber", heißt es in einem der Kommentar‐Gedichte. Und in einem anderen Begleitgedicht: „Sie nehmen, was nicht ihres ist: Sind alle Räuber, die Beamten, Wir schmälern deren Überfluss: Wir Räuber sind sozial." Allerdings wird die Gerechtigkeit nicht mit der Sanftheit des Lamms, sondern mit einer oft verstörenden Gewalt angestrebt. Es fließt viel Blut. So abschreckend es zunächst wirken mag: Es ist der unge‐ schminkte und nichts auslassende ganze Blick auf die Geschichte, die eine schwer erträgliche Abfolge von Aufbau und Zerstörung zu sein scheint. Es ist ein besonderer Zug der chinesischen erzählenden Literatur bis in allerjüngste Zeit, dass sie der menschlichen Gewalt nicht aus dem Wege geht. So ist die Gewalt ein auffallender Zug in vielen Facetten des sehr umfangreichen Textes, in dem der Alltag des vormodernen China in vielen, auch pikaresken Szenen aufscheint. Der Roman beruht auf der Tradition der professionellen Erzähler der Sòng‐Dynastie, spiegelt also die wahre, lebendige Erzähltradition und wurde 1370 zum ersten Mal in die Form des Buches gefasst. Wer nun das Material der Märchenerzähler zu dem Roman zusammenführte, ist bis heute nicht restlos bekannt, doch wird nun allgemein der Text dem Autor Shī Naìān 施耐俺 aus Qíantáng 錢塘 [Hángzhōu] im Süden Chinas zugeschrieben, der in der 100‐Kapitel‐Ausgabe von 1540 als Autor genannt wird. Der Episoden‐Roman gilt als ein großer Markstein in der Entfaltung der chinesischen Epik und seine Figuren und Episoden gehören bis in die Gegenwart zum kollektiven literarischen Gedächtnis Chinas. Dr. Rainald Simon, Sinologe & Übersetzer, Frankfurt Weitere Informationen: Medizinische Gesellschaft für Qigong Yangsheng e.V., Colmantstr. 9, D 53115 Bonn, Tel.: 0049‐228‐696004, Fax: ‐696006, info@qigong‐yangsheng.de, www.qigong‐yangsheng.de
In Kooperation mit der HAG/VHS Heidelberg