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y u s u f s traumsegmente
Brunnenhof, Residenz: 08.10.-10.10.2015
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josefs traumsegment konzentriert sich auf die Bedeutung des Traumes in der Josefsgeschichte, deren Handlungsverlauf durch drei Traumpaare bestimmt wird. Diese Träume zeichnen den Protagonisten als Propheten, als Empfänger und Deuter göttlicher Zeichen aus. Josefs Traum ist die Voraussage seines eigenen Schicksals sowie des Schicksals seines Volkes. Traum und Prophetie sowie ihre Taggestalten Vision und Erscheinungen sind in allen Weltreligionen bestimmende Faktoren, durch die Gott zu den Menschen spricht, sie sind ein Mittel der Offenbarung des Göttlichen. Im islamischen Kontext ist die mystische Bedeutung der Traumdeutung ungebrochen, im christlichen wurde diese Auslegung nach der Aufklärung zurückgedrängt und in der Psychoanalyse säkularisiert und pathologisiert. Der Träumende ist als Mystiker ein Deutender der göttlichen Zeichen; als Rationalist ist er ein neurologischer Verarbeiter von multikomplexen Daten, die dem körperlichen Zweck der Erholung dienen. Derjenige, der im Wachzustand träumt, ist entweder ein Heiliger, der hinter die Fassade der Wirklichkeit blickt, sozusagen hinter den Schleier der Maja; oder er ist ein Kranker in neurologischer oder psychischer Hinsicht, weil sein Gehirn Delta-Wellen im Wachzustand erzeugt.
In josefs traumsegment wird die Komplexität von Traum und Traumdeutung und ihr wissenschaftlicher, mystischer wie technischer Umgang zu einem prozesshaften Gewebe, zur theatralpoetischen Versuchsanordnung. Hierbei werden die Grenzen zwischen Wachsein, Träumen, mystischem wie auch pathologischem Traum- u. Wachzuständen innerhalb des Kunstereignisses verwischt, die Unterschiede zwischen ästhetischem Erleben und Erkenntnisgewinn für psychotherapeutische Maßnahmen relativiert. Kunst wird zur Heilmaßnahme. Die Heilmaßnahme wird zur Kunst. (So wie es das Theater seit über 2000 Jahren in seinem kartharsischen Ritus beschwört).
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Zwei Stahlskulpturen werden im den Brunnenhof aufgestellt. Skulptur 1 ( Maße: 11 m x 1,3m 0,02m) dient der Klangerzeugung der Rezitative. Skulptur 2 (Maße: 14m x 3m 0,008m) zum Wahrnehmen und Fühlen der Rezitative. Rezitiert wird die alttestamentarische Josefs Erzählung/Offenbarung. Der Betrachter, der den Brunnenhof betritt sieht zwei in die Stahlskulptur (Skulptur 1) eingebetete Menschen, die Rezitatoren der Josefs Offenbarung. Ihre Stimmen sind sehr leise, kaum wahrnehmbar. Bewegt sich der Betrachter weiter am Brunnen entlang zur zweiten Skulptur, werden die Stimmen der Rezitatoren klarer und vernehmbarer (in einer angemessenen Lautstärker, eher leise, denn laut). Es wirkt auf ihn, als würde die „Stahlwand“ (Skulptur 2) leise sprechen, die Josefs Offenbarung erzählen. Tritt der Betrachter noch näher an die Skulptur heran, bemerkt er, dass die „Stahlwand“ vibriert. Er kann die Skulptur berühren, die Stimmen, die den Offenbarungstext sprechen, fühlen. Wandert sein Blick an der Stahlskulptur weiter, bemerkt er, daß das Wasser des Brunnens in die Skulptur einfließt, in ihr fließt und herabfließt an der Stahlwand — tränengleich. Wenn der Betrachter will, kann er sich in die Stahlskulptur (Skulptur 2) hineinlegen für einen kurzen Traum. Eingebettet in den Stimmen der Rezitatoren und deren mechanische Schwingungen kann er träumen. Seinen Traum kann er im Anschluß in die Stahlskulptur (Skulptur1) hineinsprechen. Auch in dieser Skulptur ist Wasser vom Brunnen. Der Betrachter spricht seinen Traum in das Wasser. Dieses Wasser wird durch ein Feldstärkenmeßgerät abgetastet, die physikalische Veränderung des Wassers wird als Sinustonklang wiedergegeben. Der erzählte Traum des Betrachters ist als Musik an der Stahlskulptur (Skulptur 2) wahrnehmbar. Der Traum des Betrachters erklingt zusammen mit der Josefs Offenbarung.
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Ereigniskomplex der poetischen Versuchsanordnung I. Der Betrachter Bevor der Betrachter den Brunnenhof betritt, begegnet er im Torbogen einer Monitorwand, die die zugeschalteten Pilgerorte in Altötting, Frankfurt und Ajmer live überträgt. Auf dem Monitor kann er sehen, wie Pilger ihre Träume in ein Wassergefäß (Skulptur) flüstern. Jede Feldstärkenveränderung des Wassers ist im Torbogen über einen Lautsprecher leise als elektronische Musik zu vernehmen. Betritt er den Brunnenhof, begegnet er zwei Skulpturen. In der Skulptur 1 liegen ein Sprecher und ein Sufi im Gebetsreigen. In der Skulptur 2 kann der Betrachter die Rezitation der Josefs Offenbarung leise wahrnehmen;die Stahlwand spricht. Er kann sich selbst in die Skulptur 2 hineinlegen und träumen. II. Gebetsreigen In der Skulptur 1 (siehe Skulpturskizzen) befindet sich ein Mönch im Gebetsreigen bzw. im Schlaf und Traum. Der Mönch verändert die Feldstärke des Wasser. Dies wird durch ein Messgerät aufgezeichnet und in mechanische Schwingung umgewandelt. Diese Schwingung ist zum einen in der Skulptur 2 des Brunnenhofes der Residenz wahrnehmbar. Die Stahlwand schwingt. Zum anderen wird dieses Signal via Internet an die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der LMU-München in der Nussbaumstrasse gesendet. Diese Daten werden auf die Körper von Patienten, die an ein EEG-Gerät angeschlossen sind, als mechanische Schwingungen aufgetragen. Die EEG-Muster der Patienten zeigen, ob eine Beeinflussung ihrer Gehirnwellen möglich ist.(Auch wird das Signal nach Ajmer/Indien übertragen. Dort können Pilger die mechanischen Schwingungen an einer Skulptur erfühlen). II. Klangreigen 1. Sollte der Betrachter, der sich im Brunnenhof in die Skulptur 2 in den Kurzschlaf gelegt hat, geträumt haben, so kann er seinen Traum dem Brunnenwasser, das durch die Skulptur fließt erzählen. Das Wasser wird in seiner Feldstärkenveränderung gemessen und diese physikalische Veränderung ist als elektronischer Klang/Musik in Skulptur 2 wahrnehmbar. Die Stahlwand singt den Klang der Träume. 2. Sollten sich bei einem Patienten in der Psychiatrie der LUM München durch den Versuch die GehirnDelta-Wellen verändern, so wird ein Klangsignal in der Skulptur 2 wahrnehmbar.
VersuchsOrt
Brunnenhof, München Zugeschaltete VersuchsOrte (via Internet) München/Deutschland, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der LMU-München
Istanbul/Türkei, Kloster des Rifai-Sufiordens Ajmer/Indien, Schrein des Heiligen Hazrat Khwaja Muinuddin Chishti Altötting/Deutschland, Gnadenkapelle. Frankfurt/Deutschland, Grab des Rabbiners Samson Rafael Hirsch Dauer: 72 Stunden
Versuchsdauer 72 Std. – 08.10-10.10.2015
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Ortskontext Der Residenzbau sowie der von Hubertus Gerhard geschaffene Brunnen mit seinem Standbild des Otto von Wittelsbach und den Figuren allegorischer Darstellung der vier bayerischen Flüsse Donau, Lech, Inn und Isar, betten und rahmen das Kunstwerk ein, verstärken seinen Deutungs- und Bedeutungssinn. Zum einen gemahnt die königliche Residenz als Herrschaftssitz an den Aufstieg des Sklaven Josef zum Stellvertreter des Pharao und „Vater des Landes“. So ist auch die Josefs Geschichte – im Gegensatz zur Exodustradition – eine positive biblische Konnotation des Königtums, in der Josef als der ideale (gottesfürchtige) Staatsmann geschildert wird. Auch der Wandel des Residenzbaus vom mittelalterlichen Zufluchtsort zur Residenzstätte mit repräsentativem und wohnlichem Charakter, der auch den geistigen Wandel von der mythosbehafteten zur rational, aufgeklärten Weltsicht in sich trägt, spiegelt die Anlage des Projektes und steht stellvertretend für den Umgang mit religiösen Offenbarungen, mit Traumgesichten, Prophetie und Psychiatrie. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Residenz – ein Kosmos im Kleinen – Theater und Konzertsaal, Kirche und Bibliothek, Apotheke und Skulpturensaal ebenso beherbergt wie heute die Akademie der Schönen Künste, die Bayerische Akademie der Wissenschaften und die Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Auch im Wittelsbacher Brunnen verschmelzen verschiedene Deutungen und Allegorien zu einem Kosmos. So werden die vier bayerischen Hauptflüsse Isar, Inn, Lech und Donau in den Gestalten von antiken Flußgöttern und Tritonen personifiziert, die Ihrerseits wiederum die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft repräsentieren. In ihrer Mitte der erste Herzog von Bayern, Otto von Wittelsbach, dessen Herrschaftsanspruch und den seines Hauses sie verweisen. Abgesehen von seiner künstlerischen Ausarbeitung und seiner allegorischen Aussage, war der Brunnen jedoch auch mit seinen 152 Wasserdüsen eine Aufsehen erregende technische Meisterleistung. Das Wasser dieses Brunnens fließt im Kunstwerk durch beide Skulpturen, in das Wasser werden die Träume eingesprochen, über Feldstärkenmessung werden sie zu Klang – Mythos und Technik verwischen. Josef wurde von seinen Brüdern in den Brunnen geworfen, nachdem sein Traum ihm die Herrschaft über die Brüder offenbart hatte. Der Brunnen(wurf) ist der Beginn von Josefs Herrschaft, nicht nur über seine Geschwister, sondern über ein ganzes Volk. Er ist der Anfang einer Geschichte, in der Wasser, eine schicksalshafte Rolle spielt, das Ausbleiben des Wassers führt die Israelisten nach Ägypten, das Teilen des Wassers wird sie jahrhunderte später wieder nach Israel führen, Ägypten aber den Tod bringen. All diese Kontexte manifestieren sich durch die Verortung des Kunstwerkes im Brunnenhof. Das geplante Kunstwerk oder auch die poetische Versuchsanordnung verschmilzt die Grenzen des Theatralen, der Bildenden Kunst, der Religion, des Mythos und der Wissenschaft zu einem Ganzen und sucht sich bewusst den Ort, an dem all dies selbstverständlich über Jahrhunderte gewachsen ist: die Residenz.
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In Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der LH München, LUM München (Klink für Psychiatrie und Psychotherapie, Nußbaumstraße München), TUM München (Lehrstuhl für Baurobotik)
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