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Person und Gesellschaft
19. Berliner Kolloquium der Daimler und Benz Stiftung 13. Mai 2015
Die gestresste Gesellschaft
Burnout vs. Depression
Volkskrankheit oder Modediagnose?
Person und Gesellschaft
Einführung
Die gestresste Gesellschaft
Burnout vs. Depression
Volkskrankheit oder Modediagnose? Der Begriff „Burnout“ ist in aller Munde. Nahezu jeder kennt in seinem sozialen Umfeld eine betroffene Person, die unter einem Burnout leidet oder zumindest über entsprechende Symptome berichtet. Obwohl wir eine vage Vorstellung da von besitzen, was einen Burnout charakterisiert – eine psychische Erkrankung, die ursächlich mit Stress am Arbeitsplatz in Zusammenhang steht – ist zugleich kaum jemandem bekannt, dass Burnout kein offiziell anerkanntes Krankheitsbild ist. Experten bestreiten zwar die Existenz von berufsbezogenen Belastungssymp tomen nicht, fordern aber mehr wissenschaftliche Belege dafür, dass das klini sche Bild eines Burnouts sich von jenem der Depression hinreichend unterschei det, um eine eigenständige Diagnose zu rechtfertigen. Dieses gesamtgesellschaftlich hochrelevante Forschungsdefizit gilt es zu über winden. Burnout sollte – falls gerechtfertigt – den Status einer anerkannten psy chischen Erkrankung erlangen. Dies wäre aus Sicht der Betroffenen wie auch aus Sicht der Kostenträger ein wesentlicher Fortschritt. So könnten nämlich nicht nur klar zugeschnittene Therapien besser zugänglich gemacht, sondern auch Ressentiments gegenüber psychischen Erkrankungen abgebaut werden. Das Berliner Kolloquium bringt zu dieser aktuellen Kontroverse „Burnout vs. Depression“ fachübergreifend Experten aus Wissenschaft und Forschung, Poli tik, Medizin und Wirtschaft zusammen. Sie treten auf der Tagung gemeinsam sowie mit der interessierten Öffentlichkeit in die Diskussion ein. DNA-Proben des Burnout-Projekts 2
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Barbara Steffens
Settingorientierte Prävention und vernetzte Versorgung als Grundlagen einer nachhaltigen Gesundheitspolitik
Welche Rahmenbedingungen unseres Zusammenlebens sind mitverant wortlich für die starke Zunahme psychischer Erkrankungen? Welche Wege führen aus der gestressten Gesellschaft? Welche konkreten Maßnahmen sind erforderlich? Ein Schlüssel liegt in einem Mehr an Prävention – und zwar settingorientiert: in den Schulen und am Arbeitsplatz, wo sich die Stressoren häufen, aber auch im privaten Umfeld und im Alter. Ebenso sind interdisziplinäre und sektorübergreifende Angebote erforderlich. Sie sind deutlich passgenauer und werden den Bedarfen der betroffenen Menschen viel eher gerecht.
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Barbara Steffens Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NordrheinWestfalen Seit 2010 Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen; von 2000 bis 2013 Abgeordnete des Landtags NRW.
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Dipl.-Psych. Martin Melchers Universität Bonn Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie Martin Melchers studierte von 2006 bis 2011 Psychologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Parallel dazu arbeitete er an Forschungsprojekten zu inzidentellen Lernprozessen sowie Lernen über die Lebensspanne mit. Aktuell ist Melchers wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in der Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie. Seine Arbeitsschwerpunkte sind neurobiologische Grundlagen empathischer Fähig keiten, Grundlagen sozialer Wahrnehmung, Intelligenzdiagnostik und die Erforschung der biologischen Grundlagen des BurnoutSyndroms. In diesem Jahr wird ein von Melchers mitadaptierter Intelligenztest für Kinder und Jugendliche erscheinen. Seine methodische Expertise liegt insbesondere in der Magnetresonanztomografie.
M. Sc. Thomas Plieger Universität Bonn Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie Thomas Plieger studierte von 2007 bis 2012 Psychologie an der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn. Parallel dazu arbeitete er an Forschungsprojekten zu genetischen Grundlagen von Persönlichkeitseigenschaften mit. Aktuell ist Plieger wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand in der Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie. Seine Arbeitsschwerpunkte sind neurobiologische Grundlagen akuter Stressreaktionen, das Antwortverhalten von Studienteilnehmern beim Ausfüllen von Fragebögen („response sets“) und die Erforschung der biologischen Grundlagen des Burnout-Syndroms. Pliegers Expertise liegt auf dem Gebiet der Neuropsycho endokrinologie und der Molekulargenetik. Er beherrscht molekulargenetische Techniken praktisch im Labor.
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Martin Melchers und Thomas Plieger
Burnout: Historische und soziodemografische Aspekte, aktueller Forschungsstand
Burnout wird vor allem seit den frühen 2000er-Jahren intensiv in den Medien und der Öffentlichkeit thematisiert. Tatsächlich besteht dieser Begriff in der Forschung jedoch viel länger. Das Phänomen wurde bereits in den 1950erJahren in Fallstudien beobachtet und im Jahr 1960 auch zum ersten Mal als „Burnout“ bezeichnet. Trotz sich daran anschließender jahrzehntelanger Forschungsbemühungen gibt es bis heute weder Einigkeit über die genaue Definition dieses Syndroms noch ist es eine medizinisch anerkannte Diagnose. Die aktuelle Forschung versucht daher, auf verschiedenen Ebenen mögliche Ursachen zu identifizieren und daraus Erklärungsmodelle sowie eine allge meingültige Definition von Burnout abzuleiten. Zunächst wird ein historischer Überblick zur empirischen Burnout-Forschung gegeben: Im Fokus der wissenschaftlichen Studien standen insbesondere ge sellschaftliche, demografische und berufsbezogene Variablen. Darüber hinaus zeigte sich, dass Faktoren, die dem Individuum immanent sind, in ursäch lichen Zusammenhang mit dem Burnout-Syndrom gebracht werden konnten. Dazu gehören Persönlichkeitseigenschaften, die Qualität der Partnerschafts beziehung, Strategien der Stressverarbeitung, Alter und Geschlecht. Außerdem wird ein Überblick zur aktuellen Forschungslage gegeben. In diesem Zusammenhang werden auch eigene empirische Daten vorgestellt, die im Rahmen eines von der Daimler und Benz Stiftung geförderten Pro jekts erhoben wurden. Neben an Burnout erkrankten Patienten, die sich zur Rehabilitation in psychosomatischen Kliniken befanden, wurden deutsch landweit Daten von berufstätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den unterschiedlichsten Branchen erhoben. Darauf basierend werden erste Prädikationsmodelle, die das Burnout-Syndrom von der Depression abgrenzen können, sowie erste Bildgebungsdaten (Magnetresonanztomografie, MRT) von Berufstätigen präsentiert, die im MRT-Scanner mit ihrer individuellen Arbeitsumgebung konfrontiert wurden.
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D i a g n o se u n d b i o l o g i s c h e G r u n d l a g e n
Peter Falkai
Differenzialdiagnose Burnout vs. Depressionen
Nehmen psychische Erkrankungen in ihrer Prävalenz zu? Diese Frage kann mit Ausnahme der Demenz für alle anderen Erkrankungen dieser Gruppe ver neint werden. Betrachtet man aber die Entität „Burnout“ in der Wahrnehmung der Krankenkassen und der Bevölkerung, dann handelt es sich um eine Epide mie, die einen substanziellen Teil der arbeitenden Bevölkerung erreicht hat. Das Anliegen dieses Vortrags ist es, den Begriff des Burnout zu definieren. Dabei ist klarzustellen, dass es sich um ein Risikostadium für die Entwicklung psychischer Erkrankungen und nicht um die Diagnose einer psychischen Er krankung handelt. Darüber hinaus muss festgehalten werden, dass für dieses Risikostadium keine evidenzbasierten Therapieansätze vorhanden sind. Viel mehr müssen im Sinne einer Prävention Maßnahmen ergriffen werden, um die Entwicklung einer manifesten psychischen Erkrankung nicht zu befördern. Betrachtet man die gesellschaftliche Dimension des Burnout, so hat es in der Menschheitsgeschichte durchaus ähnliche Epidemien gegeben – beispielsweise unter dem Bild der Neurasthenie. Als potenzielle Ursache für die Ausbreitung der Neurasthenie galten vor fast 100 Jahren der Schienenverkehr und die Ein führung moderner Kommunikationsinstrumente. Übertragen auf die heutige Welt sind es Begriffe wie Globalisierung oder auch Informationsgesellschaft. Sie charakterisieren die Überforderung des Menschen in seiner Arbeitswelt und bieten eine Erklärungsgrundlage, um das Phänomen des Burnout zu bestimmen.
Prof. Dr. Peter Falkai Ludwig-Maximilians-Universität München, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Peter Falkai studierte Medizin an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Von 1987 bis 1993 war er Assistenzarzt an der Rheinischen Landes- und Hochschulklinik Düsseldorf, Psychiatrische Klinik der Heinrich-Heine Universität. Parallel dazu forschte Falkai im Rahmen eines DFGProjekts. Im Jahr 1992 erhielt er seine Anerkennung als Facharzt für Psychiatrie, 1995 erfolgte die Habilitation und 1998 erlangte er den Zusatztitel für Psychotherapie. Nach diversen Düsseldorfer Stationen wechselte er 1996 nach Bonn an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität. Dort wirkte er als Abteilungsdirektor für Medizinische Psychologie, Professor für Medizinpsychologie und Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Von 2002 bis 2006 war Falkai Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Homburg/Saar, danach Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen. Seit 2012 arbeitet er als Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität München. Neben weiteren Mitgliedschaften war Falkai von 2010 bis 2012 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.
Molekulargenetische Analysen 8
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D i a g n o se u n d b i o l o g i s c h e G r u n d l a g e n
Prof. Dr. Martin Reuter Universität Bonn Leiter der Abteilung Differentielle und Biologische Psychologie Martin Reuter studierte an der Universität Gießen Psychologie und im Nebenfach Medizin. An der Universität Würzburg promovierte er zum Thema „Cortisol und Emotion“. Im Jahr 2005 habilitierte Reuter in Gießen über „Die Rolle des dopaminergen Systems für Nikotinabhängigkeit und Persönlichkeit“. Am National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism/National Institutes of Health in Washington verbrachte er einen Forschungsaufenthalt. 2006 erhielt Reuter einen Ruf auf die Professur für Differentielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung an die Universität Bonn. Es folgten sechs weitere Rufe nach Dresden, Leipzig, Ulm, Bochum, Göttingen und abermals Bonn (Professur für Differentielle und Biologische Psychologie). Seit 2009 ist Reuter einer der Direktoren des Center for Economics and Neuroscience. Reuter erhielt wissenschaftliche Preise und Auszeichnungen für exzellente Lehrveranstaltungen und herausragende Nachwuchsförderung. Er fungiert als Gutachter für zahlreiche internationale Zeitschriften sowie nationale und internationale Forschungsinstitutionen. Von 2001 bis heute hat er über 130 internatio nale Publikationen veröffentlicht.
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Martin Reuter
Peter Gass
Genetik und Epigenetik von Burnout
Depression bei Mäusen: Gibt es das und, wenn ja, was lernen wir daraus für den Menschen?
Unterscheiden sich Symptome und Ursachen von Burnout und Depression so stark, dass eine eigenständige Diagnose für Burnout gerechtfertigt ist? Während für Depression eine starke genetische Grundlage wissenschaftlich akzeptiert und erste Kandidaten-Gene identifiziert wurden, wurden Erblich keit und molekulargenetische Grundlagen von Burnout bisher nicht unter sucht. Diese Lücke wird nun geschlossen: Es werden Ergebnisse eines von der Daimler und Benz Stiftung geförderten Forschungsprojekts dargestellt, in dem erstmals die genetischen und epigenetischen Grundlagen von Burnout untersucht wurden. Die gefundenen genetischen Befunde zusammen mit soziodemografischen Daten und Umweltfaktoren sollen zu einem Modell integriert werden, das die Vulnerabilität bzw. die Resilienz gegenüber Burnout vorhersagen kann.
Manche Symptome für eine Depression sind menschenspezifisch, etwa Suizi dalität und Schuldgefühle, und daher nicht im Tiermodell darstellbar. Andere Symptome wie die Reduktion Freude machender Aktivitäten können auch bei Tieren beobachtet und untersucht werden. Mäuse trinken beispielsweise gerne Zuckerlösungen und stellen dies ein, wenn sie depressiv werden. Die Kernsymptome einer Depression – Verzweiflung, Freudlosigkeit und schnel le Ermüdbarkeit – lassen sich auch in speziellen Verhaltenstests bei Mäusen abbilden.
Ausgangspunkt der Studie waren tierexperimentelle Befunde an Mäusen. Sie konnten zeigen, dass chronischer sozialer Stress die Methylierung eines Gens der biologischen Stressachse modifiziert, wodurch das Sozialverhalten der Tiere nachhaltig negativ beeinflusst wird. Interessanterweise waren nicht alle Tiere gleichermaßen betroffen. Es handelte sich nicht um angeborene, statische Genmarker, sondern umweltbedingte Modifikationen des Gens, die Einfluss auf dessen Aktivität haben. Die molekularen Grundlagen, wie Um weltfaktoren die Aktivität der Gene beeinflussen, werden in der noch jungen Disziplin „Epigenetik“ erforscht. Bereits vor Start des Forschungsprojekts ließ sich aus der Verteilung der Stärke der Burnout-Belastung in der Bevölkerung ableiten, dass der genetische Anteil am Burnout – ebenso bei der Depression – durch die Interaktion zahlreicher Gene bedingt wird. Das Vorhandensein bestimmter Genvarianten stellt folg lich nur einen Risikofaktor dar, der erst im Zusammenwirken mit kritischen Lebensereignissen und Stressoren zu einer Erkrankung führen kann. Auf dem Berliner Kolloquium werden aktuelle Daten vorgestellt, die neben genetischen erstmals auch epigenetische Marker für Burnout und Depression aufzeigen. Diese Datenbasis kann völlig neue Perspektiven zur Differentialdiagnose sowie für mögliche neuartige Behandlungsstrategien eröffnen.
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Um depressionsähnliche Zustände bei Mäusen auszulösen, wurden unter schiedliche Modelle entwickelt. Alle basieren auf einer Stressexposition, was angesichts der vermuteten Pathogenese beim Menschen nicht verwundert. Im „chronisch milden Stress-Modell“ finden über mehrere Wochen täglich kleine Umweltveränderungen statt: Veränderungen des Lichtzyklus, des Futters oder der Käfiganordnung, die das Tier schließlich depressiv werden lassen. Im Mo dell des „chronisch sozialen Stresses“ werden männliche Tiere wiederholt mit dominanten Artgenossen zusammengeführt, sodass sie sozial unterliegen und depressive Symptome entwickeln. Die Modelle könnten eine ähnliche soziale Komponente beinhalten wie der Burnout beim Menschen. Im Modell der „erlernten Hilflosigkeit“, einem eher kognitiven Modell der Depression, wird getestet, ob ein Versuchstier aktive oder passive Bewältigungsstrategien in einer als unangenehm empfundenen Umweltsituation anwendet. Tiermodelle für Depression und für psychiatri sche Erkrankungen generell sind hilfreich, weil das Gehirn von Patienten „pre mortem“ nur indirekt durch Bildgebungsverfahren untersucht werden kann. Durch Untersuchungen an Nagern wurden auch für die mögliche Therapie von Stresserkrankungen durch eine stimulierende Umgebung („environmental enrichment“) und freiwilliges Laufradrennen („Sport“) wichtige biologische Erkenntnisse gewonnen. Ein weiteres Ziel ist das Finden von Biomarkern für psychiatrische Erkrankungen, um objektivierbare Zielgrößen für Diagnose, Schwere und Therapieerfolg zu gewinnen. Sie könnten zur Identifikation neu artiger und möglicherweise auch nebenwirkungsärmerer Therapieverfahren beitragen.
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Prof. Dr. Peter Gass Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim Leiter der Arbeitsgruppe Psychiatrische Tiermodelle Peter Gass studierte Medizin in Heidelberg, Chicago und New York. Für seine Promotion an der Universität Heidelberg untersuchte er die Expression von Markermolekülen auf Hirntumoren. Von 1990 bis 1996 arbeitete er als Neuropathologe an der Universität Heidelberg und habilitierte sich dort. Danach forschte Gass zwei Jahre lang am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg verhaltensbiologisch an transgenen Mausmodellen für psychiatrische Störungen. Die Facharztausbildung für Psychiatrie and Psychotherapie absolvierte er von 1999 bis 2003 am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Gass etablierte dort die Arbeitsgruppe für Psychiatrische Tiermodelle, die er seither leitet. Seit 2004 ist er außerplanmäßiger Professor und klinischer Oberarzt am Zentralinstitut. In dieser Funktion leitet er eine offene Station für schizophrene Patienten, bildet Assistenzärzte aus und unterrichtet Medizinstudenten. Im Jahr 2011 erhielt Gass zusammen mit seinem Doktoranden Johannes Fuss den Hans-Heimann-Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde.
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Martin E. Keck
Depression und Burnout als Stressfolgeerkrankungen: Ab wann behandeln wir wie?
Es sind große Anstrengungen nötig, um die Erfolge in der Therapie depressi ver Erkrankungen, zu denen als Risikozustand auch das Burnout gerechnet werden kann, zu verbessern. Heute erhalten lediglich zehn Prozent der Patienten eine wissenschaftlich abgesicherte Behandlung. Es gilt daher nicht nur die Breite der bereits möglichen Therapieverfahren – wie Medikamente, evidenzbasierte Psychotherapie, Ergo- und Arbeitstherapie, Sport- und Bewe gungstherapie oder Neuropsychologie – auszuschöpfen und hierdurch gegen die noch immer vorhandene Diskriminierung psychisch Kranker Stellung zu beziehen. Die adäquate Behandlung von Depression und Burnout setzt vielmehr eine hohe Interdisziplinarität innerhalb der Medizin voraus. Dazu gehören Fachgebiete wie Neurologie, Innere Medizin, Psychiatrie, Psycho therapie und Psychosomatik. Von großer gesundheits- und gesellschaftspolitischer Bedeutung ist darüber hinaus die Verbesserung der diagnostischen und therapeutischen Möglich keiten insgesamt. Was heute unter dem Überbegriff „Depression“ durch Konsenskriterien zusammengefasst wird, ist in der Realität eine Vielzahl von Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen. Diese Erkrankungen teilen lediglich das so bezeichnete Symptombild „Depression“ als gemeinsames und vermeintlich gleich aussehendes Endstadium. Erst durch die konsequente Anwendung der heute möglichen Methodik der personalisierten oder individualisierten Medizin kann es gelingen, die bis herige Diagnostik durch präzise und objektivierbare Befunde zu ergänzen. Mit Hilfe molekularbiologischer Gentests und Messungen der Genaktivität, labordiagnostischer Biomarker, Schlaf-EEG oder kernspintomografischer Bildgebung wird es in zunehmendem Maße möglich sein, Patienten bezüglich ihrer individuellen krankheitsauslösenden und -aufrechterhaltenden Mecha nismen in unterschiedlich zu behandelnde, homogene Untergruppen einzu ordnen. Damit lassen sich zusätzlich Risikoprofile definieren, die im Einzelfall eine deutlich frühere und gezieltere Behandlung oder gar eine Vorbeugung er lauben – ohne wie bislang das Vollbild der Krankheitsausprägung abzuwarten.
Prof. Dr. Dr. Martin E. Keck Direktor der Klinik und Chefarzt Max-Planck-Institut für Psychiatrie München Martin E. Keck ist Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie und Nerven heilkunde sowie Neurowissenschaftler. Nach seiner internationalen Ausbildung in München, Basel, London und Zürich war er von 1996 bis 2005 am Max-PlanckInstitut für Psychiatrie in München tätig. Im Anschluss war Keck Ärztlicher Direktor der Schweizer Privatklinik Clienia Schlössli in Oetwil am See. Im Jahr 2014 erfolgte seine Berufung als Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie an das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München (Deutsche Forschungsanstalt für Psychiatrie). Für seine wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Stressfolgeerkrankungen wurde ihm vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst der Bayerische Habilitationsförderpreis verliehen. Keck ist Autor von über 100 Publikationen in internationalen Fachzeitschriften. Darüber hinaus ist er Mitglied der medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München und zahlreicher Fachgesellschaften. Er ist Gründungsmitglied des Forschungs verbunds „Kompetenznetz Depression“.
Ergebnisse der massenspektrometrischen Genanalysen 12
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T h e r a p i e , P r äv e n t i o n u n d B e r u f s w e lt
Antje Ducki
Betriebliche Ansatzpunkte zur Prävention von Burnout
Prof. Dr. Antje Ducki Beuth Hochschule für Technik Berlin, Professorin am Fachbereich Wirtschafts- und Gesellschafts wissenschaften Nach ihrem Abschluss als Diplom-Psychologin an der Freien Universität Berlin war Antje Ducki als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin tätig. Mitte der 1990er-Jahre arbeitete sie in der betrieblichen Gesundheitsförderung für die AOK Berlin. Darüber hinaus war Ducki wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin. Nach ihrer Promotion in Psychologie im Jahr 1998 an der Universität Leipzig war sie Hochschulassistentin am Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg. Seit 2002 ist Ducki Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Beuth Hochschule für Technik Berlin und leitet dort seit 2009 zudem das Genderund Technik-Zentrum. Im Mittelpunkt ihrer Forschungsarbeiten stehen die Themen betriebliche Gesundheitsförderung, Stress management, Gesundheit und Arbeit, Mobilität und Gesundheit sowie geschlechtsspezifische Aspekte von Arbeit und Gesundheit. Ducki ist seit 2011 Mitherausgeberin des jährlich beim Springer Verlag erscheinenden Fehlzeitenreports, der von einem breiten Fachpublikum zum Thema Gesundheits förderung genutzt wird.
Leistungssteigerung x Flexibilität – Sicherheit = Burnout. Hillert und Marwitz haben die Zutaten der modernen Leistungsgesellschaft bereits im Jahr 2006 in diese „Burnout-Formel“ transferiert. Fast zehn Jahre später hat sich die Geschwindigkeit betrieblicher und lebensweltlicher Veränderungen nochmals vervielfacht: Digitalisierte Prozesse und mobile Anwendungen erleichtern es, raumzeitliche Grenzen zu überschreiten sowie schneller und unmittelbarer auf äußere Anforderungen zu reagieren. Befristete Beschäftigungsformen, Dauererreichbarkeit, Multitasking, Projekt-Tsunamis, wechselnde Arbeitsund Lebensorte gehören heute zum Alltag vieler Erwerbstätiger. Kontinuität, Verlässlichkeit, Stille, Langsamkeit und Fokussierung werden zunehmend aus dem Arbeitsleben in die Führungskräfteseminare von Mönchsorden und in Burnout-Kliniken verschoben. Damit besteht die Gefahr, dass betriebliche und außerbetriebliche Wertekulturen immer stärker auseinanderdriften. Der Vortrag zeigt auf, wie sich dieses Auseinanderdriften vermeiden lässt. Betriebe können ihre Strukturen und Unternehmenskultur so gestalten, dass Beschäftigte maßvoll und zugleich effektiv arbeiten können. Auf der Grund lage verschiedener Metaanalysen sowie neuerer Studien der Erholungsfor schung werden verhältnis- und verhaltensbezogene Maßnahmen dargestellt, die das Burnout-Risiko minimieren. Als verhältnispräventive Maßnahmen werden Möglichkeiten der Aufgabenund Organisationsgestaltung, aber auch der Urlaubsgestaltung und der „Grenzregulierung“ aufgezeigt. Beispiele für neuere Ansätze verhaltensbezogener Maßnahmen wie „mindfulness based stress reduction“ werden dargestellt. Wesentliche Stärken dieser Methode bestehen in den Prinzipien der bewertungsfreien Achtsamkeit, der Stille und des Mitgefühls. Sie bilden die langfristige Grundlage einer betrieblichen Mäßigungskultur. Am Ende wird das Modell des „health oriented leadership“ als Verbindungsglied zwi schen Verhaltens- und Verhältnisprävention vorgestellt. Dabei ist die Selbst achtsamkeit der Führungskräfte Ausgangspunkt einer angemessenen Gesund heitsfürsorge für die Mitarbeiter.
Berliner Kolloquium Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik treffen sich einmal im Jahr zum Berliner Kolloquium. Die fachübergreifenden Themen dieser Veranstaltungsreihe wechseln jährlich und werden vor dem Hintergrund des Span nungsfelds Mensch, Umwelt und Technik behandelt. Seit 17 Jahren ist das Berliner Kolloquium der Daimler und Benz Stiftung fest etabliert und zählt zu den gefragten wissen schaftlichen Veranstaltungen der Hauptstadt. Kommunikation: Dr. Johannes Schnurr, +49 176 - 216 446 92 Patricia Piekenbrock, +49 152 - 289 093 77
Daimler und benz Stiftung Die Daimler und Benz Stiftung verstärkt Pro zesse der Wissensgenerierung mithilfe zielge richteter Stimuli. Sie konzentriert sich auf die Förderung junger Wissenschaftler, fachüber greifende Kooperationen sowie Forschungsin halte aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen. Ihr jährlicher Förderaufwand beträgt derzeit etwa 2,1 Millionen Euro. Mit einem Vermögen von rund 125 Millionen Euro zählt die operativ tätige Stiftung zu den großen wissenschaftsfördernden Stiftungen Deutschlands. Kontakt: Dr. Jörg Klein Geschäftsführer Daimler und Benz Stiftung Dr.-Carl-Benz-Platz 2 68523 Ladenburg Tel +49 6203 - 1092 - 0 Fax +49 6203 - 1092 - 5
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