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Coburger Tageblatt, 21. September 2015

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21. September 2015 Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang: Celeste Siciliano als Norma und Milen Bozhkov als Pollione in Vincenzo Bellinis Oper am Landestheater Coburg Foto: Andrea Kremper Liebe in Zeiten des Krieges Mit Vincenzo Bellinis Oper „Norma“ startet das Landestheater in die neue Saison. Die Inszenierung von Konstanze Lauterbach entdeckt in dem Werk erschreckend aktuelle Seiten. PREMIERE JOCHEN BERGER Coburg — Diese Geschichte klingt nach einem Hollywood-Kassenschlager. Eine Frau verrät ihr Land für eine verbotene Liebe. Ihre Strafe? Sie wird von ihrem Geliebten, mit dem sie zwei Kinder hat, für eine andere Frau verlassen. Der Traum vom Glück endet in dieser Oper auf dem Scheiterhaufen. Liebe in Zeiten des Krieges? Eine Illusion ohne Happy End. Niemand entkommt der Wucht dieser Geschichte, der Macht dieser Musik. Fast 200 Jahre ist Bellinis „Norma“ alt, doch veraltet ist dieses 1831 in Mailand uraufgeführte Werk keineswegs. Publikum feiert Celeste Siciliano Jahrzehntelang stand Bellinis „Norma“ nicht mehr auf dem Spielplan des Landestheaters. Warum eigentlich? Aus Angst vor den immensen Ansprüchen der Titelpartie, die als Paraderolle von Maria Callas galt? Dass diese Angst unbegründet ist, beweist das Landestheater mit die- ser Eröffnungspremiere, die musikalisch zum ungetrübten Erfolg wird. Im Zentrum des ausdauernden Jubels: die Sopranistin Celeste Siciliano in der Titelpartie. Sie singt die Norma mit lyrischer Intensität und dramatischer Kraft. Sie lässt ihre schier endlosen Kantilenen nicht nur in der berühmten Arie „Casta Diva“ wunderbar zart aufblühen und die Hoffnung und die Verzweiflung gleichermaßen eindringlich Klang werden. Und sie spielt mit großem Einsatz, mit darstellerischem Nachdruck, lässt die Gewissensqualen dieser Frau nachvollziehbar werden. Ihren Geliebten Pollione, der bei Bellini und seinem Librettisten Felice Romani als Prokonsul Roms im besetzten Gallien firmiert, singt Milen Bozhkov mit packender Ausdruckskraft. Aber auch darstellerisch zieht Bozhkov in Bann, zeigt den inneren Zwiespalt dieser Figur zwischen dem Verrat an Norma und der heftig entflammten Liebe zur jungen Novizin Adalgisa. Kora Pavelic wiederum verleiht dieser Adalgisa stimmlich wie darstellerisch eindringliches Profil. Auch sie schwankt zwischen Liebesglück und schlechtem Gewissen. Adäquat besetzt sind auch die kleinen Partien: Michael Lion als Normas Vater Oroveso, David Zimmer als Polliones Freund Flavio und Heidi Peters als Normas Vertraute Clotilde. Bellinis melodienreiche Partitur ist bei Coburgs Generalmusikdirektor Roland Kluttig künstlerisch in besten Händen. Er begleitet die Solisten stets einfühlsam und beweist zudem feines Gespür für das richtige Tempo, für den Pulsschlag dieser Musik zwischen Elegie und Elan. Buh-Rufe gegen die Regie Unter seiner Leitung beweist das Philharmonische Orchester, dass auch für einen deutschen Klangkörper italienisches Brio kein Fremdwort sein muss. Spielfreudig und klangvoll: der von Lorenzo Da Rio sorgfältig einstudierte Chor des Landestheaters. Konstanze Lauterbach, die auch die Kostüme entwarf, holt „Norma“ unmissverständlich und dramaturgisch durchaus schlüssig aus ferner römischer Vergangenheit ins Heute. Sie arbeitet mit kraftvoller Symbolik, findet poetische Bilder, schreckt aber auch vor durchaus verzichtbaren plakativen Akzenten nicht zurück. Ihre Regie gerät dadurch stilistisch reichlich heterogen. Lauterbachs Personenführung ist in vielen Szenen stimmig und einfühlsam, wirkt aber bisweilen ein wenig manieriert. Karen Simons Bühnenbild unterstützt diesen Deutungsansatz, der auf zeitlose Aktualität zielt, und hilft dabei, die politische Dimension dieses Dramas deutlich werden zu lassen. Am Ende bejubelt das Coburger Premierenpublikum Sänger, Chor, Orchester und Dirigent beachtlich ausdauernd, hat aber für Konstanze Lauterbachs Regie auch einige Buh-Rufe parat. Bildergalerie Viele weitere Premieren-Fotos finden Sie bei uns online coburg.inFranken.de uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu Die Mitwirkenden und die weiteren Aufführungen uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED Opern-Tipp Bellini „Norma“, 24., 27., 30. September, 8., 16. Oktober, 20. November, 2., 6. Dezember, 5. Januar 2016, Landestheater Coburg Besetzung Pollione, römischer Prokonsul in Gallien: Milen Bozhkov/José Manuel Oroveso; Druiden-Oberhaupt: Michael Lion/Felix Rathgeber; Norma, Druidin und Orovesos Tochter: Celeste Siciliano; Adalgisa, Novizin: Ana Cvetkovic-Stojnic/Kora Pavelic*; Clotilde, Normas Vertraute: Heidi Peters; Flavio, Freund Polliones: David Zimmer; Kinder von Norma und Pollione: Albert Gassmann/Kenai Bug/Matthis Menzel; Casta Diva: Pauline Mertel/Jessika Puschak