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Das Magazin Zum Summit - Deutscher Marken

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Sonderpublikation von Ausgabe August 2015 MAGAZIN ZUM 9. DEUTSCHEN MARKEN-SUMMIT STORYTELLING MENSCHEN MACHEN MARKEN STRATEGISCHE MARKENFÜHRUNG MARKENKOMMUNIKATION FOKUS: Festhalten? Loslassen! Marken zwischen Beständigkeit und Erneuerung 9. DAS MAGAZIN www.marken-summit.de Inhalt/Impressum 06 Storytelling 04  Neue Formen des Erzählens – Expanded Senses 06  “Marketing is about Storytelling” Davide Zanolini, Member of the Management Board, Executive Vice President Marketing & Communication, Piaggio Group Menschen machen Marken 08  Unsicherheit und Angst: Neue Wege gehen 09 10 „ Vom Markenmanager zum Markenkurator werden“ Nachgefragt bei Nina Oswald, Managing Director Germany, Management Board Central and Eastern Europe, Interbrand 10  Emotionen, bitte! 12  Wie informieren sich Menschen über Marken? forsa-Umfrage „Konsumverhalten heute: ein Überblick“ 13  „Jeder Mitarbeiter muss den Wandel aktiv betreiben“ Nachgefragt bei Christian Rummel, Deputy Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG Strategische Markenführung 14  Zwischen Diktatur und Demokratie 14 16  Nur Relevanz schafft Akzeptanz 18 „Die Markenstrategie ist nicht verhandelbar“ Nachgefragt bei Arjan Sissing, Senior Vice President Corporate Brand Marketing, Deutsche Post DHL Group 19 „Die Marke vermittelt ein Monopolrecht“ Nachgefragt bei Christoph Holzbach, Partner, FPS Markenkommunikation 20 20 Die Kunst, den Moment zu planen 22  „Marktforschung ist Grundlage für Big Data“ Nachgefragt bei Corinna Güllner, Geschäftsführerin, forsa-Institut Rubriken HERAUSGEBER/VERLAG FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag Frankenallee 68–72 60327 Frankfurt am Main E-Mail: [email protected] Tel.: (069) 75 91-21 67 PROJEKTLEITUNG Cornelia Klaas 2 03 Editorial 23 Impressionen REDAKTION Dr. Tobias Anslinger (toa), Cornelia Klaas (verantw.; ckl), Josh Kongmany (jok), Kai Praum (kp), Vanessa Timter (van) GESTALTUNG Sandra Reich DRUCK & VERARBEITUNG Boschen Offsetdruck GmbH, Frankfurt am Main FOTOS/QUELLEN ©D  irk Beichert BusinessPhoto mit Ausnahme von: Titelbild: © Deutsche Bank AG Seite 3: © S erge Spitzer/Ai Weiwei, Ghost Gu Coming Down The Mountain, 2005/2006 Seite 7: © Piaggio Group Seite 12: © 2015 www.teambits.de – interactive your event 9. Deutscher Marken-Summit 2015 Editorial 9. Deutscher Marken-Summit: Beim Auftakt des 9. Deutschen Marken-Summits zeigte der Künstler und HfG-Hochschulpräsident Bernd Kracke im MMK Museum für Moderne Kunst, wie sich Kunst-Rezeption heute verändert: Künstler und Filmschaffende setzen Trends, die stilbildend für Design, multimediale Inszenierung und Bewegtbild sein können. FESTHALTEN ODER LOSLASSEN? „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte‘‘, das erkannte Bundespräsident Gustav Heinemann schon vor 50 Jahren. Sich ausschließlich an Bewährtem festhalten – diese Strategie hat sich heute erst recht überlebt. Vielmehr müssen wir als Unternehmenslenker und Markenverantwortliche im richtigen Moment Altbewährtes loslassen. Heute brauchen Markenmanager Mut, wenn sie trotz Widerständen und Ängsten neue Wege zu gehen wagen. Wie zeitgenössische Kunst und modernes Design unsere Wahrnehmung verändern, Trends setzen und Veränderungen anstoßen, das erlebten die Teilnehmer des 9. Deutschen Marken-Summits beim Vorabendprogramm im Frankfurter MMK Dr. Tobias Anslinger Museum für Moderne Kunst. Auch für die Markeninszenierung und -kommunikation gilt, dass wir zwischen Festhalten und Loslassen immer wieder abwägen müssen: Über Brand-Heritage und Markenführung in Zeiten digitaler Transformation und über ihre eigenen, ganz persönlichen Erfahrungen diskutierten 170 Markenmanager am 10. Juni 2015 in Frankfurt am Main. Für den regen Zuspruch und viele spannende Gespräche danken wir herzlich – auch im Namen unserer Mitveranstalter Deutsche Bank AG, Deutsche Post DHL Group, Interbrand, forsa und FPS. Wir laden Sie ein, nachzulesen und die Impulse des 9. Deutschen Marken-Summits weiterzudenken. Ihnen, den Teilnehmern und interessierten Markenmanagern, wünschen wir viel Erfolg bei der anspruchsvollen Aufgabe, über Ihre Markenstrategie zwischen Beständigkeit und Erneuerung zu entscheiden. Auf den intensiven Austausch und das Wiedersehen im nächsten Jahr freuen wir uns! Cornelia Klaas Dr. Tobias Anslinger Cornelia Klaas Leitender Redakteur Kommunikation, Marketing, CSR Projektleiterin Marken-Summit FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag Der F.A.Z.-Fachverlag 9. Deutscher Marken-Summit 2015  3 NEUE FORMEN DES ERZÄHLENS – EXPANDED SENSES Wie verändern neue digitale Technologien unsere Wahrnehmung? Wie werden sie im Kontext von Kunst und Gestaltung neu eingesetzt? Beim Vorabendprogramm im MMK Museum für Moderne Kunst erläuterte der Künstler und HfG-Präsident Professor Bernd Kracke Trends im Multimedia-Design und in der zeitgenössischen Kunst. Prof. Bernd Kracke, Präsident der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach und künstlerischer Leiter der B3 Biennale des bewegten Bildes (l.), im Gespräch mit Michael Hierholzer, Frankfurter Allgemeine Zeitung Arbeits- wie Freizeitwelten sind heute einer zunehmend auch taktilen Sinne stärker denn zu nicht-linearen Geschichten und vom großen Transformation unterworfen. Als eine je beanspruchen. Wir erleben, wie sich unse- passiven zum interaktiven Nutzerverhal- treibende Kraft des 21. Jahrhunderts haben re Wahrnehmungswelten substantiell än- ten fest. Das beeinflusst sowohl die Inhalte sich Bewegtbilder erwiesen. Sie sind, gerade dern. Es entstehen Trends, die die visuelle als auch die Art des Storytellings. durch die digitalen Entwicklungen, inzwi- Rezeption heute und in Zukunft maßgeblich schen weitverbreiteter als noch vor 10 oder verändern: Als Immersion bezeichnen wir das Eingehülltsein von Bildern: Immersion entsteht gar 30 Jahren. Neue Kommunikationstechnologien, Computerspiele und ästhetische Diese neue Art der Wahrnehmung führt zu durch eine periphere, bis zu den Augenrän- Innovationen in Kino und TV führen dazu, neuen Formen des Erzählens. Wir stellen dern wahrnehmbare Betrachtung. Dieser dass wir unsere akustischen, optischen und ­einen Paradigmenwechsel von linearen Trend des Sich-eingehüllt-Fühlens wird durch 4 9. Deutscher Marken-Summit 2015 sogenannte Dome-Filmprojektionen oder mit Traditionelle Medien wie das Kino sind damit Computer- und Onlinespiele galten früher als den neuen „vr-goggles“ befördert. Men- nicht tot, jedoch großen Veränderungen un- schmuddelig: Heute muss man das Entwick- schen tauchen intensiv in Bildwelten ein und terworfen. Das Kino als kollektiver Ort des lungsfeld Games sehr ernst nehmen. Es hat erleben sie unmittelbarer denn je. Solche ein- Erlebens wird in Frage gestellt. Allerdings großes Potential, sein Markt ist bereits jetzt dringlichen Bildwelten finden mittlerweile entstehen auch neue Publikumsmagnete für schon umsatzstärker als der des Films. Auch auch Eingang in Markeninszenierungen. Bei- das Kino, die von neuen Technologien be- beeinflussen sich die Film- und Game-Indus­ spielsweise hat VW in den USA ein Großpro- einflusst werden. So wurde für die Produkti- trie gegenseitig und erzielen interessante jekt mit einem mobilen Dome gestartet: In on des Kinofilms „Gravity“ eine eigene com- Wechselwirkungen: So wirkte Oscar-Preis­ Zusammenarbeit mit MoMA PS1 wurde er putergestützte Kameratechnik entwickelt: träger William Dafoe bereits über Motion- als mobiles Kultur- und Kommunikationszen- Ohne immersiv zu sein, hat es dieser Film Capturing, die Übertragung menschlicher trum konzipiert. geschafft, mittels Optoelektronik und Robo- Bewegungen auf im Computer generierte tik eine neue Visualisierung von Schwere­ 3-D-Modelle, als Schauspieler in einem Com- losigkeit im All zu zeigen, damit quasi eine puterspiel mit. Bis vor kurzem wäre diese Pseudo-Immersion zu erzeugen und sieben Produktion undenkbar gewesen. Es lohnt, Oscars zu gewinnen. Games als Trendsetter für filmische Inszenierungen einzubeziehen. Multimedia-Künstler treiben diese Veränderungen an. Sie agieren als Innovations- Expanded Senses – die neue Form des Erzäh- quelle, nähern sich Gewohntem mit neuen lens – zeigt also, wie sich Narratives und tech- Herangehensweisen und gestalten kreative nologische Veränderungen gegenseitig ver- Formate. Sie bringen fast utopisch erschei- stärken: Erst beide Treiber zusammen sorgen nende Installationen hervor, die sich über für neue Entwicklungsfelder im visuellen Jahre und Jahrzehnte zu neuen Standards ­Gestalten von Erlebniswelten. Hier entstehen entwickeln. Innovationen, die zeigen, wie wir auch künftig Spannung und Neugier erzeugen und er­ Neu erfunden hat sich bereits das Fernsehen. halten können. Markenmanager sind wohl Es galt als quasi überlebt und erlangte plötz- beraten, sich mit diesen Trendsettern der visu- lich neue Bedeutung durch TV-Serien. Serien ellen Gestaltung auseinanderzusetzen. (ckl)  haben völlig neue Produktionsbedingungen für sich genutzt und erzählen Long-time-Geschichten über Stunden und Tage. TV-Serien sind mittlerweile zum Land der Verheißung für Regisseure und Schauspieler geworden, die die starren Blockbusterformate nicht mehr bedienen wollen. Nicht nur im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, sondern auch bei HBO und Netflix haben sich Produzenten gefunden, die neue Wege gehen. In den USA zählt „Breaking Bad“ zu den populärsten neu produzierten Serien. Die multimedial verEin weiterer Trend ist Crossmedia, auch marktete Serie mit 62 Episoden ist ein Welter- Transmedia genannt: Künstler wie Produzen- folg geworden, obwohl ihr Plot – die Wand- ten deklinieren Inhalte medienübergreifend. lung eines krebskranken biederen Chemie- Sie erzählen über verschiedene Kanäle Ge- lehrers zu einem rücksichtslosen Kriminellen schichten und verknüpfen diese, um mehr – früher als aussichtslos gegolten hätte. An- Nutzer-Involvement zu produzieren. Bei- dere neue Serien, wie die vielfach prämierte spielsweise zeigt die Smartphone-App Cine- US-Serie „House of Cards“, die als Politthril- macity in einer Art Augmented Reality Orte ler exklusiv über den Streamingdienst Netflix in Paris, an denen berühmte Filme gedreht ausgestrahlt wurde, haben bewährte Erfolgs- wurden. rezepte des Fernsehens in Frage gestellt. 9. Deutscher Marken-Summit 2015  IN KÜRZE: Trends und Treiber für die visuelle Gestaltung: • nicht-lineares Erzählen: Storytelling neu definiert • interaktive Einbindung der Nutzer • Trans- oder Crossmedia: Involvement durch medienübergreifendes Erzählen • Wechselwirkung Games – Kino oder Fernsehen • Trendsetter TV-Serien: weg von starren Erzählmustern • Immersion: von Bildern eingehüllt durch Dome-Projektion oder VR-Brillen • Künstler als Inspirator: Bewegtbild neu inszeniert 5 “MARKETING IS ABOUT STORYTELLING” In a world in which consumer trends are continuously shifting and evolving, companies are faced with the question: ­ To rebrand or not to rebrand? But why just choose one when you can find something in between? By Davide Zanolini, Member of the Management Board, Executive Vice President Marketing & Communication, Piaggio Group We distill our past to reinterpret our present now household names that evoke images, to get their bikes and scooters serviced – and to build our future. Founded 130 years feelings and memories in our fans. ­Motoplex offers not only maintenance and repair, but customization as well. And to ago, Piaggio Group was the manufacturer of everything that did not run on two or three However, as new consumer trends replace complete the whole Piaggio experience, ­ wheels – from trains to boats and airplanes old ones, our brands might not elicit the same ­Motoplex provides entertainment for motor- to helicopters. But vehicle manufacturing is emotions in the next generation of cus­ cyclists and non-motorcyclists alike. an oversimplification of what we do – we tomers. This is the dilemma that challenges want to change the way people move. Piag- all heritage brands: Preserving decades of Strength lies in differences gio Group developed a nine-brand portfolio brand history or changing to stay relevant to Leveraging the differences among the over time, and due to our heritage, our brands the modern consumer? We avoided this brands would make them more effective. Our Vespa, Aprilia, Moto Guzzi and Piaggio are black-and-white approach and opted for aim was to provide each brand with its own something “gray” instead. We discovered ­ authentic personality. Through this strategy, that the best marketing solution for these each brand would have its individual territo- four ­ Piaggio Group brands was to find a ry and contribute something unique to the ­balance of efficiency and effectiveness. group. Synergy through similarities Vespa was a cultural legend – an icon of A common ground for these brands would ­elegance, class and Italian style. With the create synergy. This journey of self-discovery ­re­branding, we wanted to escape the realm required Piaggio Group to ask itself: “What of vintage. In order to create a brand that kind of business are we in?”, “What are our would stand the test of time, we had to competencies?” and “What defines our cul- make it work with its most dynamic factor: ture?” We came to this conclusion: Piaggio its drivers. There is a special bond between Group’s brands have a distinct image just like Vespa scoot-ers and their owners. You do our fans. not simply drive a Vespa, you wear one. Our Davide Zanolini, Member of the Management Board, Executive Vice President Marketing & Communication, Piaggio Group customer base is made of bold game chanTo celebrate the Piaggio Group lifestyle, we gers, and we wanted our Vespa scooters to rolled out a whole new global retail concept: be a reflection of that, which is why they Motoplex. Motoplex combines Vespa, Aprilia, now represent the free-spirited side of light Moto Guzzi and Piaggio all in one store. mobility. Along with motorbikes and scooters, Motogenerated at BeQRious.com plex also stocks accessories, apparel and of- Our motorcycle brand Aprilia, on the other ficial merchandise. Owners have the option hand, had poor iconography. At its essence, Davide Zanolini im Interview auf unserem YouTube-Channel 6 9. Deutscher Marken-Summit 2015 Vespa stands for the classy, free-spirited side of light mobility. Owning a Moto Guzzi motorcycle is something to be proud of. Piaggio scooters are revolutionizing urban commuting. Sport and racing is in Aprilia’s blood. Aprilia was geared toward sport and racing, Plain and simple, Piaggio was the scooter for side of mobility, appealing to different drivers but we wanted to steer away from that, so everyone – the urban scooter for “begin- and addressing different consumer segments. we focused on new brand values: technolo- ners”. A sharper personality was just what it gy, power and emotion. We wanted to trans- needed, so the focus shifted to its drivers, So, the heritage brand dilemma: Preserving fer the competition and adrenaline that are who will change the future of city mobility. decades of history or changing to stay already ingrained in the DNA of Aprilia Piaggio is the solution to daily connectivity, relevant? The answer lies somewhere in ­ ­owners to the brand, so we added the feel of going beyond just physical distances. We can between – preserving while changing. ­ the open road. That is why Aprilia is now redesign urban connectivity by linking cities ­Heritage is nothing if it is not accompanied ­advertised as bikes that are designed for with mobile scooter sensors and create a by strong relevance, and relevance can only ­racers, but built for riders. ­sustainable urban ecosystem through which come with change. Heritage should not information is transferred. Piaggio scooters ­dic­tate where one must stay, but rather whe- Moto Guzzi is the Italian vintage bike with a can make city life easier, urban commuting re one should go next. loyal following. However, this deep love sim­pler and traffic a thing of the past.  needs to be passed down to the next generation. The values that we wanted to instill in Making the switch the brand were tradition, authenticity, identi- Through Piaggio Group’s rebranding, we fication and especially, pride. Pride is the have reenergized our brands and given them trait that brings all Guzzi riders together. new life. This will change people’s percep- And for this reason, we have introduced the tions of them. With their new personalities, Guzzi Garage, where Guzzi owners can ­ each brand gets its own territory from which ­customize and show off their personalities it can create synergy with the others. At the through their pride and joys. same time, each brand represents a different 9. Deutscher Marken-Summit 2015  7 UNSICHERHEIT UND ANGST: NEUE WEGE GEHEN Wandel erzeugt Unsicherheit, und Unsicherheit erzeugt oftmals Angst. Wie wir diese Abwärtsspirale durchbrechen ­können, erläuterte Jürgen Margraf, Angst-Forscher an der Ruhr-Universität Bochum. Echte Angst mit Herzklopfen kennt jeder, Schatten sieht, und diejenigen, die überleben, nehm.“ Wollen Sie Raucher abschrecken, ebenso wie lähmende Angst, die ratlos springen 6 Millisekunden früher. ­zeigen Sie ihnen ein Fotoaging der Haut. ­Leistung? Das kommt darauf an, sagt Jürgen Angst ist ansteckend und hat im 20. Jahrhun- Doch es geht auch anders: Positiv motivieren Margraf. Denn Angst äußert sich auf drei dert signifikant zugenommen. Sie führt heißt, kurzfristig positive Konsequenzen ­Ebenen. Zunächst im Denken: Gefahr. Dann durchaus zu falschen Reaktionen. Die beste ­finden, also das entdecken, was Mitarbeiter im Körperlichen: Der Puls steigt. Schließlich Leistung rufen Menschen bei mittlerer Bean- wirklich freut. Erschwerend kommt hinzu, mit Reaktionen, die schnelles Handeln vor- spruchung ab, Über- wie Unterforderung sind dass Menschen ständig ihre persönliche Er- bereiten: Kampf, Flucht oder Schreckstarre. beide nicht zielführend. Entscheidend ist der fahrung überschätzen. (Fach-)Wissen allein Diese Programme werden automatisch abge- innere Monolog. Übertragen auf Unter- reicht nicht, um auf Bedrohliches besser zu rufen: So springt ein Frosch, wenn er einen nehmen heißt das: Wenn Sie sich ängstlich reagieren: Beispielsweise wissen neun von sagen: „Der Markt schrumpft, ich weiß nicht, zehn Deutschen, was zum gesunden Lebens- was ich tun soll“, ist das destruktiv. stil gehört, aber nur zwei leben danach. Oft reagieren Menschen ungünstig: Sie ver- Daher brauchen wir vor allem prozedurale zerren, neigen zu hektischem Aktivismus Hilfsmittel: Wie im Flugzeug, wo im Cockpit oder sind wie gelähmt. Die Psychologie lehrt zwei hochbezahlte Spezialisten eine Check- uns: Wir überschätzen alles, was außerge- liste wortwörtlich abarbeiten: „Tür zu?“ – wöhnlich, neu oder unfreiwillig ist. Und wir „Ja, Tür zu.“ Damit ist ein hohes Sicherheits- unterschätzen substantiell das Vertraute, All- niveau in der Luftfahrt entstanden. Was Un- tägliche oder das, was wir freiwillig tun. Ge- ternehmen ferner brauchen, ist eine Fehler- netisch betrachtet, sind wir geprägt durch kultur: Der typische Mensch macht jede 120.000 Generationen als Jäger- und Samm- Stunde mehr als einen Fehler. Wir müssen ler, und unsere Impulsreaktionen sind für eine anerkennen, dass Fehler Gelegenheit zum andere Welt entwickelt worden als die, in der Lernen wir leben. ­Führungskräfte eine Modellfunktion. Die macht. Hemmt oder verstärkt Angst die bieten. Und schließlich haben Psychologie unterscheidet das Mastery-Mo- Prof. Dr. Jürgen Margraf, Angst-Forscher und Psychologe, Ruhr-Universität Bochum 8 Was können Führungskräfte tun? dell, den vom Himmel gefallenen Meister, der Wer „richtig“ auf eigene Ängste oder die der alles kann, und das Coping-Modell, den, der Mitarbeiter reagieren will, muss die Motivati- hart arbeiten muss und anderen den Weg onslage des Einzelnen berücksichtigen: Hat zeigt. Es wird nicht überraschen: Es ist das man eher Furcht vor Misserfolg oder Hoff- Coping-Modell, das motiviert – und das soll- nung auf Erfolg? Wir müssen neue Wege ge- ten Führungskräfte sein. Vermeiden sollten hen, um Menschen, die Angst empfinden, zu sie einfache Heuristiken, z.B. bei Proble- motivieren. Die wenigsten werden von lang- men, nach dem Motto: „Das haben wir schon fristigen vorhersehbaren Effekten oder Zielen immer so gemacht.“ Hören Sie stattdessen gesteuert, wie: „Rauche ich, bekomme ich mehrere Meinungen. Und zu guter Letzt: Man wahrscheinlich später Krebs.“ Was uns steu- muss auch „loslassen“, d.h. man sollte er- ert, sind die kurzfristigen deterministischen kennen, was man ändern kann, den Rest Dinge: „Wenn ich rauche, rieche ich unange- muss man akzeptieren. (ckl)  9. Deutscher Marken-Summit 2015 Nachgefragt „VOM MARKENMANAGER ZUM MARKENKURATOR WERDEN“ Nachgefragt bei Nina Oswald, Managing Director Germany, Management Board Central and Eastern Europe, Interbrand Das Interview führte Tobias Anslinger. Frau Oswald, Märkte befinden sich sammenzuarbeiten. Konsistenz ist daher ein auch mit anderen Elementen spielen. Jäger- weltweit im Wandel. Welche großen Thema, das sich in der Markenführung heute meister hat etwa unglaublich viele „Spielva- Herausforderungen sehen Sie für die zunehmend auflöst. Als Markenmanager rianten“ für sein bekanntes Logo mit der Markenmanager aktuell? muss ich damit umgehen, flexibler zu arbei- Flasche entwickelt, um sie für neue Zielgrup- ten, ein Spielbein und ein Standbein zu ha- pen relevant zu machen und in neue Lebens- Die größte Herausforderung liegt sicherlich in ben. Die Deutsche Telekom etwa hat ein star- bereiche zu bringen. der weiter fortschreitenden Digitalisierung. kes Standbein in ihrer Markenführung mit der Wir teilen Daten und Informationen, und Farbe Magenta, hat es aber in vielen Instan- Angesichts dieser vielfältigen Mitwir- durch den Zugriff darauf sehen wir eine Ver- zen geschafft, die Marke weiter zu flexibili- kungs-, Meinungs- und Dialogflächen: änderung in der Art und Weise, wie wir kom- sieren und in neue Bereiche – etwa Health Wie gelingt es dennoch, die Hoheit über munizieren, wie sich Wertschöpfungsketten oder Mobility – Einzug halten zu lassen, wo die Marke zu behalten? entwickeln und wie sich Lebensräume für uns sie mit anderen großen Marken zusammenar- Menschen verbinden. Und dementsprechend beitet. Ich glaube, der feine Unterschied liegt heute zwischen Managen und Führen. Wenn ich et- spielt das Individuum eine immer größere Rolle. Ökosysteme verwandeln sich heute in Der zweite Hebel ist die Responsiveness. was manage, mache ich das in erster Linie „Mecosystems“, das heißt, das Zentrum ei- Marken müssen schnell sein. Wenn ich nur prozessual. Führen heißt hingegen, als Kura- nes Lebensraums oder einer Wertschöpfungs- reagiere, nur Teilnehmer an einem Marken­ tor aufzutreten, Anregungen zu geben, Ge- kette wird das Individuum. Dementsprechend dialog bin, dann werde ich nicht relevant schichten zu erzählen und die Dinge zu or- ist die Herausforderung für Unternehmen, sein. Daher: Aktiv agieren und kommunizie- chestrieren. Stets ausgerichtet an dem, was sich künftig am Individuum auszurichten. ren ist künftig sehr wichtig. mir die Kunden erzählen, Kundendaten also aufzunehmen, zu verstehen, intelligent zu Markenführung wird dadurch persönlicher, Marken stehen heute zwischen Be- verknüpfen und als Marke in der eigenen ständigkeit und Erneuerung. Wie kann Kommunikation anzuwenden. Darin sehe ich Was sind für Sie heute die zentralen dieser Spagat zwischen Festhalten und die Zukunft das Markenmanagers. Hebel in der strategischen Marken­ Loslassen gelingen? diversifizierter, aber auch komplexer.  führung? Veränderung macht grundsätzlich einmal Konsistenz in der Markenführung ist ein The- Angst. Es bedeutet, dass ich mich bewegen ma, das wir alle gelernt haben. Konsistent zu muss, nicht mehr an dem orientieren kann, bleiben, die eigene Marke zu schützen und was ich bislang gelernt habe. Aber wir müs- abzugrenzen. In Anbetracht einer immer sen loslassen, dafür plädiere ich stark. Und komplexer werdenden Welt ist es aber not- wenn ich eine starke Marke mit starken Sym- wendig, zu kollaborieren, mit anderen zu- bolen habe, dann kann ich auch loslassen, generated at BeQRious.c Nina Oswald im Interview auf unserem YouTube-Channel 9. Deutscher Marken-Summit 2015  9 EMOTIONEN, BITTE! Damit Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden, müssen die richtigen Voraussetzungen geschaffen sein. Starke Führungskräfte spielen dabei genauso eine Rolle wie Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen. Entscheidend ist in jedem Fall die Gefühlswelt. Christiane Schulz, CEO Weber Shandwick, spricht über die Reise, auf die man die Mitarbeiter mitnehmen muss, um die eigene Unternehmens- und Markenstrategie kennenzulernen. Jeder will eine „Lovebrand“ sein. Jeder? auch gewillt sind.“ Wo diese Reise hingeht, Dirigent weiß, dass er von seinen Musikern „Autoglas ist nicht sexy. Carglass ist viel- gilt es laut der Agenturchefin zunächst allen abhängig ist.“ Die Musikauswahl darf dabei leicht keine Lovebrand, aber wir wollen sym- zu erklären: „Laut einer unserer Studien ken- aber auch gern mal wechseln, empfiehlt der pathisch sein“, sagt Matthias Rolinski, der nen nur 44 Prozent der Mitarbeiter die Unter- ehemalige Spitzensportler und Mentalcoach Marketingdirektor des Servicedienstleisters. nehmens- und Markenstrategie, und nur Edgar Itt: „Auch eine Jazzcombo hat ihre Vor- 33 Prozent der Unternehmen kommunizieren züge. Da kann jeder mal den Ton angeben, diese aktiv an die Belegschaft.“ Gefordert und es entsteht Neues.“ Letztlich bleibt die Starke Marken entstehen von innen. sind dabei Personal- und Marketingabteilung Verantwortung für die Richtung aber bei den Mitarbeiter müssen die Kernwerte einer gleichermaßen: „Wir haben in beide Abtei- Führungskräften, die den Wandel vorleben Marke verinnerlichen, um sie auch lungen investiert, um gemeinsam und strin- müssen und dabei die richtige Mischung umsetzen zu können. gent zu kommunizieren“, sagt Thomas Schö- ­zwischen leitenden Strukturen und motivie- nen, Head of Brand, Communications & Digi- renden Freiräumen finden müssen. tal DACH von Philips Deutschland. Das niederländische Traditionsunternehmen hat sich Nina Oswald, Managing Director Germany, Management Board Central and Eastern Europe, Interbrand auf eine besondere Reise begeben, seit es sich vor zwei Jahren strategisch für eine integrierte Markenführung entschieden hat und sich Über den Grad der Zuneigung lässt sich seitdem von einem Elektronikmischkonzern ­sicher diskutieren, aber am Ende sind es im- zu einem Gesundheitsunternehmen wandelt. mer die Emotionen, die Kunden wie Mitarbei- „Es ist eine Frage der Haltung, die Mitarbeiter ter gleichermaßen ansprechen und mitneh- dabei mitzunehmen“, ergänzt Schönen und men. „Und zwar auf eine Reise“, wie es vergleicht dabei die Führungskräfte mit Diri- Christiane Schulz, CEO von Weber Shand- genten, die zwar das Plattencover zieren, aber wick, vorschlägt, „und nur diejenigen, die allein keinen Ton herausbrächten: „Ein guter 10 Edgar Itt, ehem. Spitzensportler und heutiger Persönlichkeitsund Mentalcoach 9. Deutscher Marken-Summit 2015 Führen und fördern Mitarbeiter, oder sind es am Ende doch mate- Wie das gelingt, klingt zunächst recht ein- rielle Anreizsysteme? „Die Bezahlung muss fach: „Wichtig sind die Basics: zuhören, Mit- fair sein“, weiß Christine Schulz, auch wenn tagessen gehen, nachfragen, Zeit nehmen“, sich für die jüngeren Angestellten der Fokus zählt Christiane Schulz auf. Doch was, wenn zu verschieben scheint: „Bei der Generation Y alle im Tagesgeschäft steckenbleiben? Helfen sinkt die Bedeutung dieses Faktors, allerdings digitale CEO-Fragestunden oder unterneh- werden andere Faktoren wichtiger: Vertrau- mensinterne Social-Media-Plattformen dann ensarbeitszeit, Homeoffice oder ein Sabbati- weiter? „Bei einer konsequenten Nutzung,“ cal.“ Auch wenn Geld ein Hygienefaktor ist die erfahrene Kommunikationsexpertin si- bleibt, sollte bei der Diskussion um eine cher, „können dies unterstützende Bestand- Work-Life-Balance laut Thomas Schönen im- teile sein.“ Der direkte Kontakt sollte jedoch mer beachtet werden, dass Arbeit auch Teil im Vordergrund stehen. Wie Philips diesen des Lebens ist. „Die Arbeit muss so viel Spaß Austausch fördert, erklärt Thomas Schönen: machen und motivieren, dass sie zu einer „Wir haben den Führungskräften auf jeder Ausgeglichenheit im Leben beiträgt.“ Dem Etage eine Coffee-Corner eingerichtet, wo sie entgegnet Edgar Itt: „Wir können Menschen sich mit den Mitarbeitern schnell und unkom- nicht motivieren.“ Der Persönlichkeits- und kultur kommt nur pliziert unterhalten können.“ Neben diesen Mentaltrainer ist der Meinung, dass Men- zustande, wenn informellen und individuellen Ansätzen stel- schen nur sensibilisiert, emotionalisiert und Mitarbeitermotivation, Transparenz und len Schulungen den richtigen Rahmen dar, inspiriert werden können. Diesen Umstand Teamwork von der Unternehmensführung um Mitarbeiter für die Marke und ihre Arbeit könnten Unternehmen dann auch auf ihre vorgelebt werden. Aktiv zuhören, Zeit und zu begeistern. Fort- und Weiterbildungsmaß- Anreizsysteme übertragen. Statt Boni könn- Raum schaffen für inspirierende Begegnun- nahmen spielen auch bei Carglass eine zent- ten sie Erlebnisse wie etwa Konzerte oder gen, rechtzeitig über Änderungen im rale Rolle, wie Matthias Rolinski bestätigt: Urlaubsreisen anbieten, um Emotionen zu „Bis zu 18 Tage im Jahr bilden wir die einzel- wecken. „Emotionen entstehen durch Bilder Unternehmen informieren, besondere nen Mitarbeiter fort.“ Im Vordergrund stehen und Geschichten“, ist Itts klare Botschaft. Auf dabei nicht nur die technischen Details, son- Emotionen zielten auch die Markenverant- dern auch die Kundenansp rache, Verkaufsge- wortlichen bei Philips ab, als sie ihre Beleg- spräche und eben die Vermittlung der eige- schaft Geschichten erzählen ließen, die diese nen Markenwerte und der Unternehmensvisi- mit ihrem Unternehmen und mit dem Thema on. „So wecken wir bei den Mitarbeitern die Gesundheit verbinden. Auf einer internen Bild. Dabei ist erwiesen, dass fast die Begeisterung, die erst nach innen wirken Plattform konnten sie dazu Filme hochladen. Hälfte der Mitarbeiter auf ihren privaten muss, bevor sie nach außen kommuniziert Die Aktion stieß auf viel Zustimmung. „Das Social-Media-Profilen über ihren werden kann.“ ist der beste Weg, die Mitarbeiter als interne Arbeitgeber redet, ob die Unternehmen Markenbotschafter mitzunehmen“, ist sich wollen oder nicht. Arbeitgeber sollten Emotionen wecken Thomas Schönen sicher. (kp)  KURZGEFASST Mitarbeiter sind das wichtigste Gut Christiane Schulz, CEO, Weber Shandwick „Kultur isst Strategie zum Frühstück.“ Und eine positive Unternehmens­ Leistungen mit kleinen Aufmerksamkeiten belohnen – das alles sind eigentlich Basics, die jede Führungskraft verinnerlicht haben sollte. Doch die Wirklichkeit in vielen Unternehmen zeigt häufig ein anderes daher die Stimmung in ihrer Belegschaft Ist richtige Führung und Förderung also der aufmerksam im Auge behalten. Zum einen, Schlüssel für die Motivation der einzelnen um die wahren Fürsprecher unter den Mitarbeitern, auch in Zeiten des Wandels, zu identifizieren. Zum anderen, um böse Überraschungen, beispielsweise aus dem Netz, zu vermeiden und die Reputation des Unternehmens nach außen zu stützen. Matthias Rolinski, Stiftungsvorstand von „Giving Back” und Director Sales & Marketing, Carglass GmbH 9. Deutscher Marken-Summit 2015  Thomas Schönen, Head of Brand, Communications & Digital DACH, ­Philips 11 WIE INFORMIEREN SICH MENSCHEN ÜBER MARKEN? In der forsa-Umfrage „Konsumverhalten heute: ein Überblick“ wurden 1.529 Personen ab 14 Jahren befragt, inwieweit sich die Veränderungen in der Mediennutzung auf das Konsum- und Informationsverhalten in Bezug auf Kaufentscheidungen auswirken. Die Studie wurde über computergestützte persönliche Interviews geführt. Mediennutzung ist stark altersabhängig. Informationsquelle, die für mindestens eine von zwölf Produktkategorien vor dem Kauf genutzt wird Bei der Mediennutzung zeigen sich starke al- Auswahl im Laden 96 tersabhängige Unterschiede vor allem bei der Beratung durch Verkäufer 88 Nutzung von Tageszeitungen und dem Internet. Werbung wie Prospekt oder Anzeige 74 22 Prozent der Bevölkerung – vorrangig die Persönliche Gespräche mit Freunden und Bekannten 67 Internet über PC 60 Zeitung/Zeitschrift 51 Fernsehen 32 Internet über Smartphone 20 Radio 11 60 Jahre und älter Soziales Netzwerk 9 insgesamt Apps 7 über 60-Jährigen – nutzen das Internet nicht. 14- bis 29-Jährige Smartphone dominiert bei den Jüngeren. 30- bis 44-Jährige Größter Unterschied: Je älter die Befragten 45- bis 59-Jährige sind, desto seltener nutzen sie Smartphones: Nur rund die Hälfte der Gesamtbevölkerung Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich © forsa „Konsumentenverhalten heute“, Umfrage anlässlich des 9. Deutschen Marken-Summits 2015 nutzt Smartphones aktiv, während die andere Hälfte meist gar kein Smartphone besitzt ferenz für Online- oder stationären Handel ist Onliner nutzen mehr Informationsquel- oder es nur selten nutzt. produktabhängig. Kunden, die online kaufen, len als Nicht-Onliner. Internetnutzer ver- erwerben Tickets, Reisen, Bücher und DVDs wenden im Schnitt mehr Quellen als Nicht- 39 Prozent kaufen nicht online ein. Fast lieber online als im stationären Handel. Klei- Internetnutzer. Das Internet ergänzt häufig vier von zehn Befragten geben an, nie online dung und Schuhe hingegen kaufen auch die andere Informationsquellen. einzukaufen. Von den Befragten, die nie on- Onlinekäufer überwiegend im Einzelhandel. Soziale Medien spielen für die aktive In- line einkaufen, sind 56 Prozent Nicht-Internetnutzer (mehr als ein Fünftel aller Befrag- „Traditionelle“ Informationsquellen do- formation über Produkte kaum eine Rolle. ten) und 44 Prozent Internetnutzer. minieren. Die häufigsten Informationsquel- Soziale Medien werden zwar gerade von Jün- len über Marken sind für alle Befragten die geren stark genutzt, spielen aber als Informa- Onlinekauf nur für bestimmte Produkt- Auswahl im Laden, die Beratung durch einen tionsquelle vor einem Kauf nur eine geringe gruppen. Online gekauft werden vorrangig Verkäufer, Werbung wie Prospekte oder An- Rolle. Als Informationsquellen im Internet Kleidung und Schuhe, Bücher und DVDs, Ti- zeigen sowie persönliche Gespräche mit werden vor allem Suchmaschinen, Preisver- ckets, Unterhaltungselektronik und Reisen. Freunden und Bekannten. Bei jüngeren Al- gleichsportale, Onlinehändler und Seiten von Am wenigsten werden Lebensmittel, Möbel tersgruppen (14–44 Jahre) steht die Informa- Herstellern, Anbietern und stationären Händ- und Versicherungen online gekauft. Die Prä- tion über das Internet an dritter Stelle. lern aufgesucht. (forsa, ckl) buzzword content unrealistischer Optimismus neue Geschäftsfelder neue Geschaftsmodelle höhere Markttransparenz Markenbotschafter brand engagement customer journey social media Anpassung Repositionierung Wendepunkte disruptive umbrueche Globalisierung Professionalisierung collaboration neugierig Messbarkeit employer branding purchase funnel content management Zielgruppen Integration Markenerlebnis Teamarbeit Evolution Retro Storytelling Markenführung Mitarbeiterkultur digitale Transformation Mensch im Mittelpunkt Silodenken Inspiration Marktstrategien heritage Mitarbeiter Motivation Simplicity integrierte Strategien experience Identifikation touchpoints Partizipation disruption Empathie Unsicherheit Emotion Prozessumsetzung mutig sein Unternehmenskultur brand extension Unternehmertum social CRM channel management Transaktionsmodelle Daten Loslassen permanente adaption Ressourcen nutzen ökonomische Treiber interne Mobilisierung Differenzierung brand reputation love for the brand 12 Orchestrieren Dialog Reaktion Fokusierung  Die Wordcloud, die während der Veranstaltung entstanden ist, stellt eine Zusammenfassung aus allem dar, was die Teilnehmer des Marken-Summits 2015 während der Veranstaltung bewegt hat. Sie ist eine Visualisierung der Stichpunkte und Schlagworte zum Leitthema „Festhalten? Loslassen!“ sowie zu den Vorträgen und Diskussionen der Referenten, durchgeführt von DIMA Digital Moderation Alliance. 9. Deutscher Marken-Summit 2015 Nachgefragt „JEDER MITARBEITER MUSS DEN WANDEL AKTIV BETREIBEN“ Nachgefragt bei Christian Rummel, Deputy Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG Das Interview führte Tobias Anslinger. Herr Rummel, die digitale Transformati- Zielgruppen als Marke relevant und dieses Thema für den Standort Deutschland on hat Einzug gehalten in die Unterneh- werde mit meinen Botschaften gehört? nach vorne zu bringen. Digitalisierung für die Markenführung Da reden wir in erster Linie über die verschie- Menschen machen Marken. Wie gelingt einer Bank? denen Kanäle, die man zur Verfügung hat. es, Menschen als Markenbotschafter zu Das beginnt bei uns als Deutsche Bank klar aktivieren und für eine neue Strategie Die digitale Transformation macht letztlich im Kerngeschäft, also im Banking, off- oder zu begeistern? auch vor einer Bank keinen Halt – das ist klar. online. Täglich landen etwa 1 Million Kunden Zunächst geht es dabei aber in erster Linie auf unserer Website und kommunizieren und Menschen als Botschafter für die Marke sind mal nicht um „digital“ im Sinne von Techno- interagieren mit uns. Das ist die Basis. Und die Basis allen Handelns. Man kann viel über logie, sondern es geht um den Menschen und von dort aus steigen wir ein, weitere Kanäle Werbung, Sponsoring und andere imageför- seine Bedürfnisse. Und darauf muss sich jede zu nutzen – online, aber auch im persönli- dernde Maßnahmen nachdenken – man Industrie und jede Marke einstellen, auch die chen Gespräch und in der Beratung. muss das auch tun, keine Frage. Am Ende ist menswelt. Welche Bedeutung hat die das größte Kapital einer Marke allerdings der Deutsche Bank. Welche Rolle kann die Deutsche Bank Mensch, wenn es darum geht, die Marke an In einem weiteren Schritt geht es dann dar- bei der Bewältigung gesellschaftlicher die Kunden oder die Öffentlichkeit zu trans- um, mit den Menschen, unseren Kunden, in Herausforderungen wie der Digitalisie- portieren. Die Deutsche Bank hat knapp der richtigen und modernen Art und Weise zu rung spielen? 100.000 Mitarbeiter, und wenn Sie so wollen, ist jeder einzelne Mitarbeiter ein Markenbot- kommunizieren und die neuen Dialogmöglichkeiten wie Twitter oder Facebook auch zu Die gesellschaftliche Verantwortung, die wir schafter, der die Marke weiterträgt und ver- nutzen. Aber immer – und das möchte ich als Deutsche Bank tragen, ist groß, und die mittelt. Es gilt also, diese Menschen auf die betonen – in Verbindung mit den nach wie nehmen wir auch sehr ernst. Ein Beispiel, das Markenreise mitzunehmen; eine Reise, die vor sehr starken physischen Möglichkeiten, zunächst mit dem Kerngeschäft nichts zu tun auf einem Erbe und auf gewissen Wurzeln wie etwa einem Beratungsgespräch oder ei- hat, indirekt aber doch wieder Auswirkungen basiert, sich aber in einem Veränderungspro- nem Filialbesuch. Die Vernetzung der Mög- auf die Marke hat, ist unser gemeinsam mit zess befindet und auch in eine neue Zukunft lichkeiten, die Multimedialität, das ist der der Standortinitiative Land der Ideen ausge- geführt wird. Diesen Wandel müssen nicht entscheidende Punkt. Die Möglichkeiten tragener Wettbewerb. In diesem Jahr ist das nur das Unternehmen, sondern auch die Mit- müssen zusammengeführt werden. Thema „Stadt. Land. Netz! Innovationen für arbeiter verstehen und aktiv betreiben.  eine digitale Welt.“. Wir prämieren dort 100 Diese Möglichkeiten ändern auch die Ideen, die sich um das Thema digitale Innova- Kundenkommunikation. Wie bleibe ich tion drehen. Indem wir diesen Ideen eine angesichts dieser Vielfalt für meine Bühne geben, leisten wir unseren Beitrag, generated at BeQRious.c Christian Rummel im Interview auf unserem YouTube-Channel 9. Deutscher Marken-Summit 2015  13 ZWISCHEN DIKTATUR UND DEMOKRATIE Markenführung „top-down“ funktioniert heute auch für starke Marken wie DHL nicht mehr. Die Kunden reden mit, wenn es darum geht, eine Marke erlebbar zu machen. Wie man trotz dieser Partizipation dennoch die Hoheit über die Marke behält, erklärte Arjan Sissing, Senior Vice President, Corporate Brand Marketing der Deutsche Post DHL Group in seiner Keynote. 64 Millionen Briefe, 3,5 Millionen Pakete und Markt mit standardisierten Dienstleistungen, Unternehmenszentrale in Bonn festgelegt ­ mehr als eine halbe Million Expresssendun- in dem für viele Kunden vor allem der Preis und mit Hilfe von Marktforschung entwickelt, gen täglich. Weltweit sorgen 480.000 Mitar- ausschlaggebend ist, muss die Marke für wie Sissing betont: „Wir haben Kundenbe- beiter der Deutsche Post DHL Group für einen ­Differenzierung sorgen. Dabei ist jedoch zu dürfnisse abgefragt, um darauf bei der Mar- Jahresumsatz von rund 55 Milliarden Euro. beachten, dass ein reiner Top-down-Ansatz in kenentwicklung eingehen zu können.“ Wenn der Markenführung heute kein Unternehmen es dem Unternehmen gelingt, zu wissen, was Vor allem DHL, die internationale Marke, ist mehr weiterbringt. „Eine Werbekampagne der Kunde will und wie es seine Reaktionen heute omnipräsent. 120.000 Fahrzeuge sind allein reicht nicht mehr aus“, sagt Arjan durch relevanten Inhalt positiv beeinflussen in 220 Ländern und Territorien im Einsatz, Sissing, Senior Vice President Corporate ­ kann, erhält die Marke mehr Autonomie und um ihre Logistikdienstleistungen an den Brand Marketing bei der Deutsche Post DHL nutzt die „Risiken“ zum beidseitigen Vorteil. Kunden zu bringen. Bei dieser hohen Markt- Group. Vielmehr legt das Unternehmen heute durchdringung ist es nahezu unmöglich, Wert auf die Partizipation seiner Kunden. Logos aufgeräumt beim Thema „Logistik“ nicht an DHL zu den- Durch die digitale Revolution stehen Marken Hilfreich für die Markenführung in der Praxis ken. Die Entwicklung der Marke ist jedoch immer mehr im Spannungsfeld zwischen Dik- ist sicherlich auch, dass das Unternehmen nie zu Ende, deshalb ist die Verknüpfung der tatur und Demokratie. „Die zentrale Frage ist seine acht unterschiedlichen Markenlogos Marke DHL mit dem Thema Logistik auch ein nun, wie wir als Markenbesitzer die Marke in aus der Vergangenheit radikal zusammenge- weiterer wichtiger Stellhebel der Unterneh- diesem Spannungsfeld steuern können“, ­ strichen hat und jetzt mit einem auskommt. mensstrategie. ­ergänzt Sissing. Mit „Diktatur“ meint Sissing „Wir wollen es unseren Kunden so einfach jene Elemente einer Marke, die das Unterneh- wie möglich machen“, erklärt Sissing die Mitwirkung der Kunden men vorgibt und die nicht verhandelbar sind: Überlegungen dahinter. Auch das Corporate Die Deutsche Post DHL Group arbeitet in zum Beispiel Markenstrategie, Logo, Corpo- Design wurde angepasst. Weg von ­ einem ­sogenannten Commodity-Märkten. In einem rate Design und Inhalt. Sie werden in der „leicht konservativen Image“, wie es Sissing Arjan Sissing erklärt den Teilnehmern des 9. Deutschen Marken-Summits, wie Unternehmen es schaffen, die ­Markenhoheit zu behalten. 14 9. Deutscher Marken-Summit 2015 ausdrückt, mit vollflächigen Farben hat das „Macht“ als früher. Hat das Internet zunächst Unternehmen ein modernes und lebhaftes ­Menschen nur miteinander verbunden, ­haben Corporate Design entwickelt. Auch dabei hat diese vor etwa zehn Jahren damit begonnen, die Deutsche Post DHL Group auf das Feed- sich auch spontan im Netz zu äußern – auch back ihrer Kunden reagiert und die „Dikta- zu Marken. Der Kunde konsumiert nicht mehr tur“ ein Stück weit aufgegeben. einfach nur passiv Inhalte, er kann jetzt aktiv seine eigenen Inhalte schaffen. „Deshalb In einem weiteren Schritt hat der Konzern müssen wir als Markenbesitzer aktiv zu­ schließlich die Content-Strategie angepasst. hören, was über unsere Marken gesagt wird, Einfach, kräftig, wahr und authentisch müs- und entsprechend authentisch reagieren“, sen die Aussagen sein, die sich auf das sagt Sissing. Wer eine nahtlose Kundenerfah- ­Markenversprechen „Excellence. Simply deli- rung und ein Markenerlebnis schaffen möch- vered.“ beziehen. Mit Hilfe von Storytelling in te, müsse alle relevanten Markenkanäle unterschiedlichen Kanälen wird dieses Markenversprechen für die Kunden erlebbar. Arjan Sissing, Senior Vice President Corporate Brand Marketing, Deutsche Post DHL Group ­bedienen. Die Gestaltung dieser CustomerJourney birgt auch einige Risiken. Wenn die „letzte Meile“ in der Customer-Journey ­negative Markenerlebnisse mit sich bringt, In der Beteiligung der Kunden an der kann dies Auswirkungen auf das Image der Entwicklung der Marke liegt die Chance möchte. In die Storys von DHL wurden auch Marke haben. Deswegen muss das Marken- für Unternehmen, die Markenhoheit zu Mitarbeiter mit eingebunden, etwa durch versprechen auch konsistent und wiederholt behalten und [...] zu verfestigen. kurze Geschichten ihrer täglichen ­Arbeit und an allen Kundenkontaktpunkten eingehalten darüber, wie sie die M ­ arke zum Leben werden, um so ein ganzheitliches Markener- ­er­wecken. lebnis zu schaffen. (toa) Dr. Christoph Holzbach, Partner, FPS  Auf die „letzte Meile“ kommt es an Für die Deutsche Post DHL Group ist klar, dass ihre Zielgruppe der Zukunft die sogenannten „Auch Storytelling ist heute partizipatorisch, Millennials sind. 40 Prozent der Weltbe­ da kommt ebenso Feedback von den Kunden. völkerung haben heute Zugang zum Internet. Kommunikation ist keine Einbahnstraße Tagtäglich gilt es zu prüfen, wie diese 3 Milli- mehr“, sagt Sissing. Für den Markenin­haber arden Internetnutzer auf die Marke DHL bedeute das, sich genau zu überlegen, wel- eingespielt werden können. Denn die Ver­ ­ che Themen er in welchen Kanälen p­ latzieren netzung gibt den Menschen heute viel mehr 9. Deutscher Marken-Summit 2015  15 NUR RELEVANZ SCHAFFT AKZEPTANZ Die zunehmende Digitalisierung der Märkte stellt Markenmanager vor neue Herausforderungen. Denn die Kunden ­machen heute über viel mehr Kanäle und Touchpoints Erfahrungen mit einer Marke als früher. Wer darauf in der Markenführung zu spät reagiert, dem droht der Wahrnehmungsverlust. Der Trendtalk zum „Thema“ Wendepunkte in der strategischen Markenführung: Wie sehen Strategien für Märkte im Wandel aus? Der Entschluss steht. Es muss sich etwas än- Digital denken tung für die Marke sind aber stets die Erfah- dern. Die alten Märkte gibt es nicht mehr, In einem Konzern ist eine solche Entschei- rungen der Kunden. „Die haben uns gezeigt, deshalb passt auch die Unternehmens- und dungsfindung nicht denkbar. Dennoch kann dass wir Versicherungsprodukte entmystifi- damit auch die Markenstrategie nicht mehr. Joseph Gross, Head of Group Market Ma- zieren müssen“, erklärt Gross. Nur was genau angepasst werden muss, ist nagement bei der Allianz, der Einfachheit weniger klar. Sind es die Markenwerte? Ist es dieser Vorgehensweise einiges abgewinnen. Auf diesem Weg hat die Allianz vor allem di- das Logo? Oder das Design? Oder müssen „Wir müssen weg von standardisierten Tabel- gital aufgerüstet. Ein neues Onlineportal ver- wir die Marke gar komplett neu positionie- len. Die geben Hinweise, aber keine wirkli- knüpft Online- und Offlineberatung. „Die In- ren? Was wollen die Kunden? Für viele Fir- chen Erkenntnisse über die Kunden“, sagt er. tegration der verschiedenen Silos ist die men ist an dieser Stelle der Weg zu einem Stattdessen setzt der Versicherer nun auf so- größte Schwierigkeit jedes größeren Unter- Marktforscher der erste Schritt, um diese Fra- genanntes Rapid Prototyping, also schnelles nehmens in der digitalen Transformation“, gen zu beantworten. Doch nicht für alle. „Wir Testen von neuen Produkten, was erst hinter- sagt Michael Töpler, Chief Relations Officer glauben nicht an Marktforschung“, sagt Ni- her mit Marktforschung – eher bestätigend bei der UDG United Digital Group. Hier erlebt colas Lecloux, Gründer und Geschäftsführer – abgeschlossen wird. Von zentraler Bedeu- er viele deutsche Unternehmen im Vergleich Marketing beim Smoothie-Hersteller true fruits, ohne Umschweife. Vielmehr glaubt vor allem er als Unternehmer genau zu wissen, was seine Kunden wollen. „Sonst hätte unser püriertes Obst zum Mitnehmen keine Berechtigung am Markt“, sagt er. Bislang habe das immer noch gut funktioniert. Gutes Marketing und eine positive Kundenerfahrung sind ihm zufolge die entscheidenden Stellschrauben in der Markenführung. Der Erfolg gibt ihm recht: Den Vorjahresumsatz hat true Axel Achten, Geschäftsführer, Deutsche Sport Marketing GmbH Joseph K. Gross, Head of Group Market Management, Allianz SE fruits in diesem Jahr bereits im Mai erreicht. 16 9. Deutscher Marken-Summit 2015 zu ausländischen Firmen als träge. Darüber sitionieren. Der Sport als Marktteilnehmer hinaus ortet er fehlendes technisches Ver- hat bis dato noch relativ wenig Markenfüh- ständnis im Marketing, das in diesem Pro- rung und Markenpflege erfahren. „Es treiben zess aber immer wichtiger wird, um die Kun- mehr als 40 Millionen Menschen in Deutsch- denrelevanz zu erhöhen. Bei der Suche da- land Sport. Diese alle anzusprechen ist nach, was die Kunden wirklich wollen, kann schwierig und umfangreich“, sagt der Ge- ein Unternehmen , das „digital“ denkt, sehr schäftsführer der Deutschen Sport Marketing viel schneller sein andere. (DSM). Er verweist in diesem Zusammenhang auf die zu Teilen unklare Positionierung KURZGEFASST Die Digitalisierung verändert das Markenerlebnis Jessica Peppel-Schulz, CEO, UDG United Digital Group Erfahrung und Wahrnehmung des Sports in der Bevölkerung. „Es ist unklar, Eine Marke setzt sich aus Sicht von Joseph wofür Sport eigentlich steht“, sagt er. Das Gross aus Erfahrung und Wahrnehmung zu- trifft folglich auch auf den Deutschen Olym- sammen. Die Wahrnehmung sei dem frühe- pischen Sportbund zu, der 2006 gegründet ren Procter & Gamble-Manager zufolge das wurde. Deshalb haben der DOSB und die einfacher zu steuernde Element der beiden. DSM gemeinsam einen Markenstrategiepro- Die viel schwierigere Aufgabe für ein Unter- zess initiiert, der den Sportbund zu einer pro- nehmen sei es hingegen, die Erfahrung mit fessionellen Marke werden lassen soll. Denn Loslassen der einer Marke zu managen. Denn einerseits diese sei notwendig, um im Markt auf richtige Weg ist, ändere sich das Kundenverhalten, anderer- ­Augenhöhe mit Wirtschaftspartnern kommu- haben sie möglicherweise schon den seits änderten sich aber auch die ökonomi- nizieren und noch besser zusammenarbeiten richtigen Zeitpunkt verpasst. Denn die schen Rahmenbedingungen, wie aktuell zu können. Die langfristige Perspektive ist Herausforderungen, die die Dynamik der etwa die Niedrigzinsphase. Auf beides müss- Achten dabei besonders wichtig. Dabei setzt Digitalisierung an eine Marke heutzutage ten Unternehmen reagieren und Produkte, auch er auf Marktforschung. stellt, sind immens. Auf der anderen Seite Prozesse und zuletzt auch die Marke anpas- Wenn Marken heute noch darüber nachdenken, ob Festhalten oder hat der Kunde seine Rolle schon längst sen. Erschwerend komme bei Versicherungen Blick nach links und rechts hinzu, dass sie sogenannte Intangibles sind, Auch wenn true fruits nicht auf Marktfor- also nichts, das man physisch besitzt oder schung zurückgegriffen hat, so hat das Un- angreifen kann. „Wir verkaufen ein Verspre- ternehmen zu Beginn den Blick in andere chen auf etwas, von dem die Kunden Länder gerichtet, die bereits Smoothies ­wünschen, dass es niemals eintrifft“, sagt kannten. ­Michael Töpler von UDG kann die- Joseph Gross. ser Strategie einiges abgewinnen: „Es wäre Erwartungshaltung nur noch gestiegen. fatal, nicht nach rechts und links zu schau- Der Wunsch: Seine Marke so personalisiert So weit, die Marke an ein sich änderndes en.“ Vor allem der Blick in die USA, wo viele wie nur möglich erleben. Sein ganz Kundenverhalten anpassen zu müssen, ist neue Trends herkommen, oder nach Asien ­persönliches Markenerlebnis. Marken Axel Achten noch nicht. Im Hinblick auf die lohnt aus seiner Sicht. Das Verhalten der müssen sich also digital transformieren, geplante Olympiabewerbung begriffen und kennt umgekehrt seine Bedürfnisse sehr genau. Er weiß mehr denn je, was er möchte und entscheidet über die Form der Interaktion mit seiner Marke. Mit der Digitalisierung ist seine Hamburgs Menschen zu studieren könne dabei wichti- weiterentwickeln, um auch in Zukunft möchte er den Deutschen Olympischen ge Aufschlüsse darüber geben, wie die erfolgreich Bestand zu haben. Denn eines Sportbund (DOSB) zunächst einmal als Mar- Markenstrategie ­ ke noch stärker profilieren und im Markt po- ­werden soll. (toa) ist klar: In der digitalisierten Welt, in der künftig ausgerichtet  Konsumenten ständig online sind und bespielt werden, ist und wird die Rolle und die digitale Führung der Marke von herausragender Bedeutung sein. Nicolas Lecloux, Geschäftsführer Marketing, true fruits GmbH 9. Deutscher Marken-Summit 2015  Michael Töpler, Chief Relationship Officer, UDG United Digital Group 17 Nachgefragt „DIE MARKENSTRATEGIE IST NICHT VERHANDELBAR“ Nachgefragt bei Arjan Sissing, Senior Vice President Corporate Brand Marketing, Deutsche Post DHL Group Das Interview führte Tobias Anslinger. Herr Sissing, Märkte befinden sich heute da er der oberste Markenhüter ist. Dann geht Wie kann es angesichts dieser viel­ im Wandel, über allen Veränderungen es darum, die Mitarbeiter zu aktivieren und fältigen Mitwirkungs-, Meinungs- und schwebt der Megatrend Digitalisierung. für die Markenanliegen zu begeistern und Dialogflächen gelingen, die Hoheit über Welche großen Herausforderungen diese Begeisterung dann an jeden Touchpoint die Marke zu behalten? sehen Sie in puncto Markenmanagement zu bringen. So kann letztendlich ein ganzheit- heute für die Deutsche Post DHL Group? liches Markenerlebnis geschaffen werden. Dies gelingt dadurch, dass Sie Ihre Geschichte Dabei gewinnen die digitalen Plattformen konsequent und konsistent erzählen und Wir haben eine große Unternehmensgruppe und Kanäle an Bedeutung, vor allem wenn dabei die Markenwerte und -inhalte sehr ­ mit knapp einer halben Million Mitarbeitern man nicht nur das Investment, sondern auch ­authentisch verkörpern und übersetzen. Wenn in mehr als 220 Ländern und Territorien. Wir die Variation dessen beobachtet. Das sind Sie das tun und dabei die Kundeninteressen befinden uns in einem sehr wettbewerbs­ jene Hebel, nach denen wir stark Ausschau und -anliegen in Betracht ziehen, dann intensiven Markt. Daher benötigen wir klare halten. ­können Sie die Balance zwischen Diktatur der Markenführung und Partizipation der Kunden Leitlinien für die Markenführung und stringente Strukturen. Nur so können die Bot- Wie selbst- oder fremdbestimmt sind finden. Aber trotzdem gilt: Nur wenn die schaften, die wir vermitteln wollen, an die Markeninhaber heute? Sind Marken zum ­Markenstrategie in Stein gemeißelt ist und Sie richtigen Spielball der Nutzer geworden? sicherstellen, dass jeder dieser folgt, dann ­ Kundenkontaktpunkte gebracht ­behalten Sie auch die Hoheit. werden. Zum Zweiten erfordert eine solche Unternehmensgröße natürlich auch Ge- Ein ganz klares Nein. Das sollte man als schwindigkeit bei Veränderung und Anpas- ­Markeninhaber auch gar nicht zulassen, denn sung aller Aktivitäten, die Sie vornehmen ansonsten verwässern die Markenkraft, -dar- möchten. Klare Rollen und Aufgabenstruk­ stellung und -botschaft. Wenn die Marken- turen sind für die gesamte Unternehmens- strategie einmal festgelegt ist, ist diese nicht gruppe daher eine zentrale Herausforderung mehr verhandelbar. Die Kommunikation kann des Markenmanagements. natürlich für unterschiedliche Zielgruppen,  Regionen und Geschäftsbereiche adaptiert Was sind für Sie heute die entscheiden- werden. Aber Spielball der Kunden ist die den Hebel in der strategischen Marken- Marke nicht. Wohl sollte man als Markenin­ führung? haber aber darauf vorbereitet sein, in den ­Dialog mit den Kunden zu gehen und die Zunächst einmal ist die Markenstrategie von Relevanz ­ der Unternehmensstrategie ab- und herzulei- Markenkommunikation ist keine Einbahn­ ­ ten. Daher ist es wichtig, dass der CEO mit straße mehr, wie wir das gelernt haben und voller Überzeugung hinter der Marke steht, wie es vielleicht noch vor ein paar Jahren war. generated at BeQRious.com ihrer Themen anzuerkennen. Arjan Sissing im Interview auf unserem YouTube-Channel 18 9. Deutscher Marken-Summit 2015 Nachgefragt „DIE MARKE VERMITTELT EIN MONOPOLRECHT“ Nachgefragt bei Christoph Holzbach, Partner, FPS Das Interview führte Tobias Anslinger. Herr Holzbach, haben Unternehmen Ist es trotzdem denkbar, dass Unterneh- ­Dieses System funktioniert sehr gut. Gerade angesichts neuer Kommunikationswege men ihr Eigentum an der Marke bei berühmten und bekannten Marken wird noch das Heft über die Markenkommu- gefährden? Worauf müssen sie dabei der Schutz immer weiter ausgedehnt. Haribo, nikation in der Hand, oder ist die Hoheit besonders achten? Inhaber der Marke „Goldbär“, wendet sich etwa gegen einen Schokoladenbär, der in über die Marke in Gefahr? Von juristischer Seite aus gesehen wird das Goldpapier eingewickelt ist, und versucht Ich glaube, dass auch bei den neuen Kommu- Markeneigentum dann gefährdet, wenn die ­dadurch, den Schutz der Wortmarke „Gold- nikationswegen die Unternehmen nach wie Marke nicht so genutzt wird, wie sie einge- bär“ entsprechend auch auf andere Produkte vor das Heft des Handelns in der Hand haben. tragen ist. Das heißt, in dem Moment, in dem auszudehnen. Wie die Sache ausgehen wird, Gerade aus juristischer Sicht ist die Marken- ein Unternehmen eine Marke weiterent-­ muss jetzt der BGH entscheiden. hoheit nicht in Gefahr. Der Inhaber einer wickelt, kann es passieren, dass diese Fort- ­Marke entscheidet, welche Kommunikation entwicklung dazu führt, dass man nicht mehr Wo liegen die Chancen, wo die Risiken er im Hinblick auf seine Marke betreibt, wie von einem Markenschutz der eingetragenen solcher Markendehnungsstrategien? er kommuniziert, wo er kommuniziert und Marke ausgehen kann. Ein zweiter Fall ist, Bei welchen Produkten oder Unterneh- welche Geschichte er aufbaut. Das ist dem wenn sich eine Marke in eine Gattungsbe- men ist eine solche Strategie erfolgver- Markeninhaber nach wie vor unbenommen. zeichnung verwandelt. So ist beispielsweise sprechend? „Fön“ eine eingetragene Marke der AEG, Vor dem Hintergrund neuer Kommunika-­ wurde aber zur Gattungsbezeichnung und hat Aus meiner Sicht sind Markendehnungsstra- tionsmöglichkeiten ist es sicherlich richtig, daher stark an Wert verloren. Deshalb strengt tegien dann erfolgversprechend, wenn wir dass die Verbraucher viel stärker in die sich auch Google sehr an, dass der Begriff eine starke Dachmarke haben, diese also im Markenkommunikation involviert sind. Sie ­ „googeln“ nicht als Synonym für „suchen im Bewusstsein des Verbrauchers stark verankert tauschen sich untereinander aus, sprechen Internet“ verwendet wird. ist. Hier kann dann der Versuch unternommen werden, über Markendehnung neue Produkte über Marken, kritisieren sie. Für den Juristen wird es dann spannend, wenn diese Kommu- Welchen Schutz kann eine Marke bei der oder neue Marken zusammenfassen. Das nikation in das Spannungsfeld zwischen den enormen Markenvielfalt heutzutage muss nicht immer gutgehen, wie der misslun- Rechten des Markeninhabers auf der einen überhaupt noch genießen? gene Versuch, die Marke „Tempo“ von Papiertaschentüchern auch auf Toilettenpapier zu Seite und dem Recht auf freie Meinungsäußerung andererseits gerät. Aber auch dafür Auch trotz dieser Markenvielfalt ist ein unein- erweitern, gezeigt hat. Positiv ist hingegen die steht dem Markeninhaber ein Instrumentari- geschränkter Schutz nach wie vor möglich. Übertragung der Marke „Mc Donald’s“, um zur Verfügung, das, was über die Marke Die Marke vermittelt ein Monopolrecht und ­ursprünglich eine reine Burgerbraterei, auf die nicht gesagt werden soll, in einem gewissen gibt dem Inhaber einer Marke sämtliche Marke „McCafé“, oder auch der Aufbau einer Rahmen entsprechend abzufedern. Möglichkeiten, sich gegen eine unrecht­ Vita-Serienmarke, ausgehend von der bekann- mäßige Verwendung durch Dritte zu wehren. ten Marke „Vita Cola“ der HassiaGruppe.  generated at BeQRious.c Christoph Holzbach im Interview auf unserem YouTube-Channel 9. Deutscher Marken-Summit 2015  19 DIE KUNST, DEN MOMENT ZU PLANEN Nicht der Kanal, sondern die Strategie bestimmt, wie die Marke vermittelt und erlebbar wird. Die Zeit, in der Unternehmen auf verschiedenen Plattformen vor sich hin experimentieren, ist vorbei. Das hat zunehmend Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur. Aber wie planbar sind Kundenerlebnisse? Antje Kruse-Schomaker (r.), Senior Managing Consultant and Creative Director, IBM Interactive Experience, betont, dass Kunden heute eine schnelle Kommunikation – im besten Fall online – mit dem Unternehmen erwarten. Neuland war gestern. „Wir beginnen gerade Keine geschlossenen Räume Kurznachrichtendienstes erhält aktuell die das dritte Jahrzehnt von ‚digital‘“, betont Ga- Der strukturelle Wandel will geplant sein. meisten Anfragen aus den Kommunikations- briele Hässig, die Geschäftsführerin Kommuni- „Wichtig ist, dass eine Digitalstrategie vor- abteilungen, die das Medium für sich ent- kation und Nachhaltigkeit von Procter & Gam- handen ist, sonst verheddert man sich ganz deckt haben, um Meinungsführer und Jour- ble (P&G). Die digitale Transformation ist noch schnell auf den unterschiedlichen Kanälen, nalisten zu erreichen. In der Verantwortung nicht abgeschlossen. Eine Vielzahl von Kom- ohne zu wissen, ob man erfolgreich war“, sieht er jedoch die Markenverantwortlichen: munikationskanälen und Touchpoints kommt weiß Panos Meyer, Senior Account Executive „Wir versuchen eher, in die Marketingabtei- immer wieder neu hinzu. Das weckt Ansprüche bei Twitter. Dabei stellt sich in den Unterneh- lung zu kommen, weil das Thema dort wächst bei Konsumenten, bietet Unternehmen und men schnell die Frage nach den Verantwor- und größer wird.“ Diese klaren Abgrenzun- Marken aber auch vielfältige Möglichkeiten, tungsbereichen. Der Vertriebsexperte des gen zwischen Kommunikation und Marketing sich zu präsentieren. „Mit Offenheit und Neugierde und nicht angstbeladen gilt es, diesem Wandel zu begegnen“, ergänzt die Kommuni- Müssen oder mussten Sie Ihre Marktstrategie überarbeiten? (in % der Befragten) kationsexpertin. Die Fortschritte sind dabei ganz unterschiedlich. Während manche Unternehmen gerade die ersten Schritte wagen und 6 5 häufig noch ohne Konzept experimentieren, aktuell kein Thema ter. Für Antje Kruse-Schomaker, Beraterin und Kreativdirektorin von IBM Interactive Experitegisch besser aufgestellt sind, haben auch angefangen, sich umzuorganisieren und eine sind gerade dabei wird in näher Zukunft angegangen steht bei anderen bereits eine Strategie dahin- ence, steht dabei fest: „Unternehmen, die stra- wurde bereits umgesetzt 20 69 Die Grafik zeigt ein Ergebnis der Teilnehmerumfrage beim 9. Deutschen Marken-Summit, durchgeführt von DIMA Digital Moderation Alliance. eigene Struktur aufzusetzen.“ 20 9. Deutscher Marken-Summit 2015 versuchen viele Unternehmen jedoch inzwi- auch immer den Nutzwert für ihre Kunden im schen bewusst aufzuheben. „Silodenken Blick haben sollten: „Es geht nicht nur um die kann es nicht mehr geben, und wir haben richtigen Kanäle, sondern auch um die richti- strukturell alles dafür getan“, erklärt Gabrie- gen Lösungen.“ le Hässig. Die P&G-Kommunikationschefin sieht den Markenartikler inzwischen auf ei- Der passende Moment nem guten Weg, wenn es um die Auflösung „Like a Girl“ heißt die Kampagne der Marke der Grenzen geht. Im Vordergrund stehe da- „always“, an deren Beispiel Gabriele Hässig bei ein effizientes Zusammenspiel der Abtei- veranschaulicht, wie die Klaviatur zu spielen lungen, die bei der Umsetzung integrierter ist und die Integration mehrerer Kanäle ge- Maßnahmen als Team funktionieren. So redu- lingt. Aufgrund der Markforschung und der ziere sich die Komplexität für die einzelnen Gespräche mit der Zielgruppe definierte P&G Mitarbeiter, und das ermögliche ihnen, krea- den Grundwert „Selbstvertrauen“ für die tiver und effektiver zu werden. Eine räumlich Marke, mit dem weltweit junge Mädchen an- und organisatorisch abgetrennte Digitalab- gesprochen werden. Mit Hilfe eines Youtube- teilung soll bald genauso der Vergangenheit Videos stellte das Unternehmen den Kontakt angehören wie eine heutzutage museal an- und den Austausch mit der Zielgruppe her, mutende Telefonabteilung. woraus ein neuer Film entstand, der beim Su- KURZGEFASST Unternehmen müssen flexibel bleiben Antje Kruse-Schomaker, Senior Managing Consultant and Creative Director, IBM Interactive Experience Digitale Markenstrategien müssen an die neuen Bedürfnisse, Verhaltensweisen und Regeln der einzelnen Kunden per Bowl zur besten Sendezeit platziert wur- Lösungen anbieten de. Der Dialog ging anschließend auf den individuell angepasst werden. Das kann Auch bei der Kommunikation einzelner Mar- verschiedenen Kanälen weiter und bescherte der Grad der gewünschten Kommunikation ken steht die Definition der Strategie am An- damit nicht nur 85 Millionen Klicks, sondern sein, die Bereitschaft, Feedback zu geben fang aller Maßnahmen. Die Bedürfnisse der steigerte auch spürbar den Abverkauf. „Denn – oder auch das Preisgeben persönlicher Konsumenten und die Definition des Marken- das Ziel ist es, am Ende auch zum Geschäfts- Daten mit einem guten Bauchgefühl. Nur werts bilden dabei das Fundament. Wenn erfolg beizutragen“, bekennt sich Hässig. so wird eine positive Brand-Experience also klar ist, mit wem und worüber gespro- geschaffen. chen wird, lassen sich die Kommunikations- Genau diese Erlebnisse sind es, die auch Pa- maßnahmen entsprechend ableiten. Die Aus- nos Meyer empfiehlt herzustellen: „Man wahl der Kommunikationskanäle erfolgt erst muss den passenden Inhalt zu den passenden im Anschluss. Der Stellenwert eigener Platt- Leuten im passenden Moment bringen.“ Der formen ist dabei in den vergangenen Jahren Vertriebsexperte hat dabei nicht nur das B2C- Schomaker allerdings zu bedenken, dass der deutlich gesunken. „Marken und Unterneh- Geschäft im Blick: „Am Ende sind wir alle Erstkontakt auch bei den sogenannten Digi- men müssen dahin gehen, wo die Kunden Menschen. 650.000 C-Level-Executives und tal Natives in der Regel nicht über 140 Zei- sind“, lautet das Credo von Antje Kruse- über 3 Millionen B2B-Kaufentscheider sind chen hergestellt wird: „Die Phase der Ver- Schomaker. Bei der Auswahl der richtigen weltweit auf Twitter vertreten.“ trauensbildung und Information findet auch in der jüngeren Generation auf der persönli- Social-Media-Plattform gibt es dann jedoch kein Patentrezept. Die Strategieexpertin von Mit Blick auf die IBM-Values-Studie über Mil- chen Ebene statt.“ Gewandelt hat sich aller- IBM verdeutlicht, dass Unternehmen dabei lennials im B2B-Marketing gibt Antje Kruse- dings der Anspruch an die bestehende Kundenbeziehung: „Hier besteht die Erwartung, möglichst schnell mit dem Unternehmen zu kommunizieren und Prozesse online abwickeln zu können.“ (kp) Gabriele Hässig, Geschäftsführerin Kommunikation und Nachhaltigkeit, Procter & Gamble (P&G) 9. Deutscher Marken-Summit 2015   Panos Meyer, Senior Account Executive, Twitter Germany 21 Nachgefragt „MARKTFORSCHUNG IST GRUNDLAGE FÜR BIG DATA“ Nachgefragt bei Corinna Güllner, Geschäftsführerin, forsa-Institut Das Interview führte Tobias Anslinger. Frau Güllner, Märkte und damit ver- forschung“, andere investieren sehr viel in Datenvorrat heraus. Dafür muss ich mit mei- bunden auch die Markenkommunikation Marktforschung. Es gibt natürlich auch ande- nen Kunden regelmäßig sprechen. Ich sehe befinden sich im Wandel. Welche re Datenquellen, die etwa aus den Verkaufs- Big Data daher als wunderbare Ergänzung zentralen Herausforderungen sehen Sie prozessen oder den sozialen Medien kom- zur Marktforschung. Die Marktforschung für Markenmanager heute? men. Unbestritten ist aber, dass es wichtig ist, wird bereichert durch Big Data – und Big dass ein Unternehmen seine Kunden kennt, Data kann ich viel besser einordnen, wenn Wir hatten im Vorfeld des Marken-Summits sonst hat es auf Dauer keinen Erfolg am ich eine vernünftige Marktforschung dazu eine Befragung unter 1.500 Personen zu ih- Markt. habe. ten durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, was Welche Rolle spielt in diesem Zusam- Unbestritten ist die zunehmende Anzahl auch durchaus schon bekannt ist: nämlich menhang Big Data? Was kann Big Data an Kontaktpunkten, die eine Marke wie vielfältig und wie unterschiedlich die leisten, und wo braucht es noch heute hat. Was bedeutet die Menge ­Mediennutzung heutzutage ist und dement- klassische Marktforschung? dieser Touchpoints für die Wahrneh- rem Medien-, Kauf- und Informationsverhal- mung von Marken? sprechend auch das Informations- und Kaufverhalten. Wir haben extreme Unterschiede Big Data liefert viele spannende Daten, die in in den Altersgruppen festgestellt. Für junge den kommenden Jahren auch noch zuneh- Die Vielzahl der Touchpoints zu managen ist Menschen ist das Smartphone ständiger men werden. Dennoch glaube ich nicht, dass die zentrale Herausforderung und genau der Wegbegleiter, in den älteren Gruppen ist es Big Data Marktforschung ersetzen kann, weil Grund, warum ein Unternehmen seine allerdings noch nicht für alle Teil des Alltags es immer nur einen Ausschnitt darstellt. Das ­Kunden gut kennen muss. Ich kann nicht alle geworden. Hier sehe ich die große Herausfor- heißt, dass ein Unternehmen nie alle Kunden davon bedienen, allein aus Budgetgründen, derung für Marketingmanager, sich nicht nur oder Kundengruppen damit analysieren und vielleicht erreiche ich auch nicht alle mei- auf die neuen Medien zu stürzen, sondern kann. Es ist eben nicht jeder Kunde mit einer ner Kunden gleichermaßen. Aber genau das alle Zielgruppen im Blick zu haben und diese Kundenkarte unterwegs und lässt jeden Ein- ist einerseits die Herausforderung, anderer- über die jeweils passenden Kanäle richtig an- kauf dokumentieren. Es ist auch nicht jeder seits aber auch die große Chance für die zusprechen. Kunde bereit, sein letztes Kauferlebnis im In- Marktforschung, hier den Verantwortlichen ternet zu kommentieren. Ich habe somit zwar zu helfen. Wie gut kennen die Unternehmen denn vielfältige Informationsquellen, das bedeutet überhaupt ihre Kunden? Wo brauchen sie aber nicht, dass ich dadurch ein vollständiges vielleicht noch bessere Informationen? Bild über meine gesamte Kundschaft habe.  An dieser Stelle brauche ich immer noch Das hängt natürlich in erster Linie stark von Marktforschung. Auch wenn es darum geht, den Unternehmen selbst ab. Manche Unter- Motive zu verstehen oder Emotionen zu mes- nehmen sagen „Wir brauchen keine Markt- sen, kriege ich das nicht über einen reinen generated at BeQRious.com Corinna Güllner im Interview auf unserem YouTube-Channel 22 9. Deutscher Marken-Summit 2015 Impressionen des 9. Deutschen Marken-Summits 2015 Teilnehmer beim Networking während des Vorabends im MMK Museum für Moderne Kunst Teilnehmer der BrandSpace-Führung in der Deutschen Bank Gero Kalt, Geschäftsführer, F.A.Z.-Institut (l.), und Robert Bruck, Head of Market Development & New Business, Deutsche Sport Marketing GmbH (r.), beim Networking Julia Löhr moderierte am 10. Juni den 9. Deutschen Marken-Summit. Christian Rummel, Deputy Global Head of Brand Communications & Corporate Citizenship, Deutsche Bank AG (r.), im Gespräch mit Ingo Müller, Gesamt­ leiter Werbemärkte & ­Media ­Solutions bei der F.A.Z. (l.) Im Dialog mit den Sprechern durch digitale Moderation via iPad Prof. Bernd Kracke sprach über veränderte Wahrnehmung in der heutigen Zeit. Gabriele Eick, Ehrenpräsidentin und Kuratoriumsvor-­ sitzende beim Marketing-Club Frankfurt, beim Networking Interessierte Teilnehmer beim 9. Deutschen Marken-Summit 9. Deutscher Marken-Summit 2015  Dieses Jahr war das Thema Rebranding ein wichtiger Aspekt des Summits. Hier am Beispiel der Marke Vespa. 23 Veranstalter Initiator Mitveranstalter Partner Partner für das interaktive Voting Kooperationspartner Wir danken unseren Fachbeiräten Hauptmedienpartner Medienpartner Professor Dr. Christian Belz Gabriele Eick Universität St. Gallen, Geschäftsführender Direktor, Institut für Marketing Marketing-Club Frankfurt, Ehrenpräsidentin und Kuratoriumsvorsitzende/ CLUK (Cluster der Kreativwirtschaft in Hessen), Beiratsvorsitzende/ Executive Communications, Inhaberin