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Rehabilitationsklinik Katharinenhöhe in Schönwald
«Das tat gut, war aber anstrengend»
Séverine über ihre Jugend-Reha Die 19-jährige Séverine Jucker hat nach ihrer Leukämieerkrankung im letzten Winter einen Monat in der Rehabilitations klinik Katharinenhöhe im süddeutschen Schönwald verbracht. Dabei hat sie ihre Gangart und Fitness verbessert und neue Freunde gefunden. Die Klinik unterstützt von Krebs betroffene Kinder und Jugendliche medizinisch und psychosozial bei ihrer Rückkehr in den Alltag.
Kanton Zürich und erzählt von ihrem Aufenthalt in der Rehabilitationsklinik Katharinenhöhe. Eben hat sie die Journalistin empfangen, vorsichtig gehend in die Küche gelockt, um die Teeauswahl zu zeigen und an den Esstisch gebeten. Die ausladenden Fenster geben den Blick frei auf den frisch verschneiten Garten. Es ist Mitte Januar, vor einem Monat kam Séverine aus der Reha zurück nach Hause. «Die vier Wochen Reha taten gut, waren aber ziemlich anstrengend», findet sie. Die Tage und Wochen waren gefüllt mit einem vielseitigen Therapie-Programm. Um acht Uhr morgens gab es Frühstück, etwas früh für ihren Biorhythmus. Danach ging Séverine zum Gedächtnistraining, nicht in den Schulunterricht, hatte sie doch wenige Monate zuvor die Matura bestanden.
Séverine Jucker konnte viele positive Eindrücke mit nach Hause nehmen.
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Nach dem Gedächtnistraining folgte die Physiotherapie. Séverine sollte ihre Gangart verbessern. Die Therapeutin mobilisierte ihre Muskeln, drückte sie da und dort. Auch liess sie die Jugendliche den Gang hin- und hergehen, ermunterte sie, auf den Fuss zu schauen, das Becken zu kippen, das Knie rauszudrücken. Zweimal wöchentlich trainierten sie im Hallenbad. Als Séverine sich am Ende der Reha im Video gehen sah, fand sie: «Jetzt gehe ich normaler als zuvor.» Sie hatte sich allerdings mehr erhofft. Doch Schmerzen in den Gelenken, besonders in den Knien, hinderten sie daran, ihre Bewegungen weiter zu verbessern. «Mit anderen Jugendlichen zusammen zu sein, die Ähnliches erlebt haben, war schön», sagt Séverine Jucker. «So konnte ich die Krankheit gut verarbeiten.» Die 19-Jährige mit ihren dunklen, hochgesteckten Haaren und dem hellen Gesicht sitzt im luftigen Wohnzimmer ihres Elternhauses im ländlich gelegenen Hausen im
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Angegriffene Knochen Die Intensivtherapie gegen die Leukämie, die Séverine vom November 2010 bis Mitte 2011 durchmachte, hatte die Durchblutung ihrer Gelenke beeinträchtigt und Osteonekrose aus-
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Die Katharinenhöhe liegt e ingebettet in die eindrückliche Landschaft des Schwarzwalds.
gelöst. Im letzten Jahr mussten ihr künstliche Hüftgelenke eingesetzt werden. Vielleicht wird sie auch die Kniegelenke operieren lassen. Séverine hofft, danach nochmals in die Rehabilitation gehen zu können. Denn im Herbst möchte sie körperlich fit sein für ein Studium. In der Rehabilitation im vergangenen Dezember trainierte sie nach der Physiotherapie jeweils im Fitnessraum. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, so nahe so vielfältige Trainingsgeräte zur Verfügung zu haben. Tatsächlich konnte sie in den vier Wochen auf der Katharinenhöhe ihre Ausdauer merklich steigern. Viel Bewegung und Gespräche Nachmittags traf sich Séverine mit den anderen Jugendlichen zu rund zwei Stunden Gruppensport, den jeder für sich auswählen konnte. Séverine angelte sich mal die Kletterwand hoch, mal spielte sie Basketball oder Unihockey, tummelte sich im hauseigenen Hallenbad oder balancierte beim Zirkeltraining. Einmal wagte sie sich ans Hochseil in der Kälte draussen und kletterte auf den Pflock, während die
Bei winterlicher Kälte wagte sich Séverine (mitte) ans Hochseil.
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Das Gemeinschafts erlebnis ist ein wichtiger Bestandteil der Reha. Séverine (rechts) in der Jugendgruppe.
anderen sie mit Seilen sicherten. Bis aufs Hochseil selbst gelangte sie allerdings nicht. «Es war trotzdem schön», findet Séverine. Auch die Psyche fand Beachtung in der Reha. Mit ihrer persönlichen Betreuerin, einer Sozialarbeite-
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rin, hatte die junge Frau Gespräche, die einer Psychotherapie nahe kamen. «Es geschah in einem gesunden Mass», findet Séverine, «die Situation wurde nicht dramatisiert.»
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Auf die Frage, ob diese Gespräche wichtig gewesen seien für sie, zuckt Séverine mit den Schultern und meint, andere der Kolleginnen und Kollegen hätten sie wohl dringender gebraucht. Einmal wöchentlich traf sich die Jugendgruppe zu einer freiwilligen, geleiteten Gesprächsrunde. Die Jugendlichen bestimmten das
Thema, und jeder und jede erzählte etwas dazu. Wie geht es weiter in der Schule oder im Beruf, wurde etwa erörtert. Oder wie gehen Familie und Freunde mit unserer Krankheit um? Das half Séverine sehr. Weniger brachte ihr hingegen ein Gruppenausflug ins Berufsinformationszentrum nach Freiburg im Breisgau. Der deutsche Berufsberater wusste wenig über Studienmöglichkeiten und Universitäten in
Jugendliche rehabilitieren in Gruppen, Kinder mit ihrer Familie Die Rehabilitationsklinik Katharinenhöhe liegt wie ein kleines Dorf auf einem Bergrücken im Schwarzwald. Ein Haus reiht sich ans andere, hier ist ein Spielplatz, da ein Fussball- und ein Volleyballfeld, dort eine Anlage therapeutischer Geräte unter zwei Dächern. Hier werden Jugendliche und Kinder nach der Intensivphase der Krebstherapie während vier Wochen wieder für den normalen Alltag vorbereitet. Die Klinik ist aufgeteilt in einen Trakt, in dem Jugendliche leben, und einen für Familien. Die Rehabilitation der Jugendlichen ist gruppenorientiert. Die Jugendlichen, die ihre Reha normalerweise alleine auf der Katharinenhöhe verbringen, sind altersgemässen Gruppen zugeteilt. Ihre Behandlung besteht schwerpunktmässig aus Physiotherapie und psychologischer Betreuung. Die Reha will den Jugendlichen ihre Beweglichkeit zurückgeben, wo nötig auch mit Hilfsmitteln, einem Rollstuhl oder einer Prothese. Und sie unterstützt die jungen Männer und Frauen psychologisch. Dies ist insbesondere bei schmerzbedingten Blockaden oder gedanklichen Negativspiralen notwendig, wie Geschäftsführer Stephan Maier ausführt. Ausserdem setzen sich die jugendlichen Patienten, fachlich unterstützt, auch mit ihren altersspezifischen Fragen auseinander, etwa mit Sexualität, Partnerschaft und Berufseinstieg. Auf diese Weise soll der Einzelne mit Hilfe der Gruppe und des betreuenden Teams wieder zurück in den Alltag finden. 2014 waren 336 Jugendliche und junge Erwachsene in der Klinik. Die Rehabilitation der Kinder ist familienorientiert. Sie legt den Fokus auf das Familiensystem, das sie nach den Turbulenzen der akuten Krankheitsphase des Kindes wieder ins Gleichgewicht bringen will. Dabei wird nicht nur das an Krebs erkrankte Kind von Ärzten und Therapeuten behandelt und betreut und somit physisch und psychisch gestärkt, sondern auch seine Eltern und Geschwister. Denn auch sie leiden teilweise unter somatischen oder psychosomatischen Symptomen und erhalten in der Rehaklinik medizinische, gesundheitsfördernde und psychosoziale Unterstützung. Das kranke Kind und seine Familie müssten zur Normalität zurückfinden, Vertrauen wieder aufbauen und unter Umständen mit Behinderungen leben lernen, schreibt die Reha-Klinik auf ihrer Homepage. 2014 waren 399 Kinder mit ihren Familien auf der Katharinenhöhe.
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Jugendlichen gruppenweise frei und trafen sie am Abend im vereinbarten Restaurant. «Jede und jeder fand in der Gruppe einige, mit denen er oder sie sich wohlfühlte», sagt Séverine. Auch sie habe gute Freunde hinzugewonnen. Jede freie Minute verbrachte sie mit Kolleginnen beim «Brandy Dog»-Spielen, einer Art «Eile mit Weile». Ein paarmal kochten sie auch gemeinsam in der Küche der Piano-Bar. Die 19-Jährige war erstmals so lang allein von zuhause weg. «Am Anfang war ich ziemlich aufgeregt», erzählt Séverine. Doch alles lief gut. «Nach einer Weile vergass ich, dass ich einen ganzen Monat da verbringen würde». Auf der Katharinenhöhe hat Séverine neue Freunde gefunden, deutsche und österreichische, mit denen sie weiterhin über Whatsapp oder Facebook kommuniziert. Ansonsten geniesst sie das Leben zuhause. Sie schläft morgens lange, gibt ab und zu einem Kind Nachhilfe oder hütet Kinder im Dorf. Demnächst möchte sie auch Autofahren lernen. Welches Studium sie wählen möchte, ob sie ihre Knie operieren und eine zweite Reha machen wird, ist bei diesem Besuch noch unklar. Hoch zu Pferd durch den malerischen Schwarzwald.
der Schweiz. Séverine hätte viele Fragen dazu gehabt, um ihre Zukunft planen zu können. Spiel und Ausgang mit neuen Freunden Mittwochnachmittags unternahm die Jugendgruppe jeweils einen Ausflug. Meist ging’s nach Freiburg, zum Shoppen auf dem Weihnachtsmarkt. Betreuer fuhren mit, liessen die
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Vier Monate später weiss Séverine: Ihre Knie will sie nun doch nicht operieren lassen. Hingegen geht sie im Juli für einen weiteren Monat auf die Katharinenhöhe. Sie möchte für ihr Studium körperlich und seelisch fit sein. Ab September studiert sie nämlich Politikwissenschaften und Ethnologie in Luzern, wie sie inzwischen entschieden hat. Ihr schwebt ein Beruf in den Medien oder in der Kommunikation vor. Regula Pfeifer