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Der Mittelalterliche Choral

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Der mittelalterliche Choral NEUE STUDIEN ZUR MUSIKWISSENSCHAFT herausgegeben von der Kommission für Musikwissenschaft der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Band II Der mittelalterliche Choral Art und Herkunft Ewald Jammers Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-95983-024-9 (Paperback) ISBN 978-3-95983-025-6 (Hardcover) © 2015 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz unveränderter Nachdruck der Originalausgabe © 1954 Schott & Co. Ltd., London www.schott-campus.com Alle Rechte vorbehalten Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags. Printed in Germany INHALTSVERZEICHNIS Seite Der mittelalterliche Choral 7 0 Tradition und neue Triebkräfte 17 o Der Rhythmus 33 Die Tonalität 59 0 Die melodische Gestalt und ihre Herkunft 0 77 DER MITTELALTERLICHE CHORAL Der Leser wird vielleicht zunächst vermuten, daß mit dem " mittelalterlichen Chorale" der gregorianische Gesang gemein t ist, obwohl diese Bezeichnung keineswegs üblich wäre. Er würde dabei von der Annahme ausgehen, daß der gregorianische Choral im Mittelalter, genauer i m frühen Mittelalter, entstan­ den ist. Diese Annahme trifft aber doch wohl nicht zu. Freilich ist die Zeit­ bestimmung " Mittelalter" reichlich ungenau, und man könnte dieses Zeitalter bereits mit der Völkerwanderung o der dem Sturze des Römischen Reiches beginnen lassen. D a es sich aber um den kirchlimen Gesang handelt, tun wir simer gut, es in unserem Falle dort beginnen zu l assen, wo die Kirch e ihr Altertum aufhören läßt, mit dem Ende der Väterzeit. Bertedikt und Gregor der Große sind letzte Römer, letzte Vertreter der kirchlichen Antike. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wann nun der gregorianische Choral entstanden ist. Einwandfrei lesbar überliefert ist er uns erst von der Zeit an, da es eine Liniennotierung gibt, seit Guido von Arezzo, also etwa seit dem 11., 12. J ahrhundert. Doch ergibt sim zweifelsfrei, daß auch die Neumen­ handschriften ohne Linien dieselben Melodien verzeimnen ; sie reimen bis ins 1 0. , allenfalls ins 9 . Jahrhundert zurück. Aber da diese Quellen auf ältere Oberlieferungen zurückgehen, die weitgehend voneinander unabhängig sind, dürfen wir als gesichert annehmen, daß der gregorianische Choral in seinen wesentlimen Teilen, die nachher festgelegt werden sollen, noch vor der karo­ lingischen Zeit vorlag. Wir dürfen in ihm also tatsächlich den Choral Gre­ gors I . erblicken. Gregors Leistung ist dabei aber nicht so zu verstehen, als hätte er den gregorianischen Choral als etwas Neues geschaffen, persönlich oder durm seine Beauftragten, so daß man diesen also doch nom an den Anfang einer geschichtlichen Periode zu setzen hätte. Allerdings hat man sim neuerdings entsmlossen, der Gregorianik eine vorgregorianische Periode vorangehen zu lassen. Trotzdem ist der gregorianisme Choral nur ein Ab­ schluß, wenn er aum als solcher verschieden ist von früheren Formen. Gregor war Sammler ; er war auch Ordner und Umgestalter1. Er gründete oder gestaltete eine Schola aus, die den Kirchengesang pflegen, die aber auch die Gestalt, die der Papst ihm gab, festhalten sollte. Und diese Gestalt mit ihren 1 Neuerd ings schlägt freilich B r . S täblein vor, dem späteren Papste Vltalian die eigentl iche musikaliSChe T ätigkeit Gregors zuzuweisen (vgl. zuletzt in "Musik in Geschichte u nd Gegenwart". li Sp. 1271-76) . H i e r Ist l