Transcript
Der Nachthimmel im Mai 2016 Zu den mit bloßem Auge sichtbaren Planeten: Merkur bot Mitte des Vormonats die günstigste Abendsichtbarkeit des gesamten Jahres. Der flinke Planet eilt rückläufig auf die Sonne zu. Schon am 9. kommt er in untere Konjunktion mit ihr. Da er an diesem Tag auch seinen absteigenden Knoten passiert, befindet er sich zur Konjunktion fast genau in der Erdbahnebene. Er zieht deshalb von 12h 12m (= 13h 12m Sommerzeit) bis 19h 41m als dunkler Punkt vor der Sonnenscheibe vorbei, es kommt zu einem Merkurdurchgang. Mit bloßen Augen ist der Merkurtransit nicht zu sehen. Vor unvorsichtigen Beobachtungen mit Ferngläsern oder Teleskopen sei auch an dieser Stelle dringend gewarnt. Niemals darf man einen Feldstecher oder ein Fernrohr ohne Sonnenfilter direkt auf die Sonne richten! In unterer Konjunktion erreicht Merkur einen Minimalabstand von der Erde von 0,55 AE (= 83 Millionen Kilometer), dies entspricht einer Lichtlaufzeit von vier Minuten und 37 Sekunden. Seine Konjunktionsschleife zieht Merkur im Sternbild Widder.
wegs. Noch viel näher wird uns Mars bei der Opposition am 31. Juli 2018 kommen, wo der Minimalabstand nur 57,6 Millionen Kilometer (= 0,385 AE) betragen wird. Der Vollmond besucht Mars am 21..
Scheinbare Merkurschleife im Gebiet der Sternbilder Widder und Stier.
Nach seiner unteren Konjunktion wächst der westliche Winkelabstand bis Monatsende auf beachtliche knapp 24° an. Wegen der flach zum Osthorizont verlaufenden morgendlichen Ekliptik reicht dies jedoch nicht für eine Morgensichtbarkeit. Auch die enge Begegnung mit Venus am 13. bleibt unbeobachtbar. Am 21. beendet Merkur seine Rückläufigkeit und wird wieder rechtläufig.
Venus strebt ihrer oberen Konjunktion mit der Sonne entgegen, die sie aber erst Anfang Juni erreicht. Vom Morgenhimmel hat sich der innere Nachbarplanet der Erde längst zurückgezogen. Venus hält sich mit der Sonne am Taghimmel auf und bleibt nachts unbeobachtbar. Mars steht am 22. in Opposition zur Sonne. Der rote Planet wandert rückläufig durch den Skorpion und überschreitet am 28. die Grenze zur Waage. Am Oppositionstag strahlt Mars mit –2,1m unübersehbar am südlichen Firmament. Er übertrifft dabei bei weitem sowohl Saturn als auch Antares (α Scorpii; 0,9m bis 1,1m) an Helligkeit. Das Marsscheibchen erreicht zur Opposition einen scheinbaren Durchmesser von fast 19". Dabei kann man in einem guten Teleskop schon Einzelheiten auf Mars erkennen. Allerdings steht Mars in unseren Breiten relativ weit südlich (fast -22° Deklination). Zu Monatsanfang geht der noch –1,5m helle Mars um 21h 51m (= 22h 51m Sommerzeit) auf. In der Oppositionsnacht geht Mars um 20h 02m auf, kulminiert um 0h 18m und geht morgens um 4h 29m unter.
Scheinbare Bahn des Planeten Mars im Jahr 2016. Der rote Planet zieht seine Oppositionsschleife im Gebiet Schlangenträger/Skorpion. Die Zahlen geben die Marsposition jeweils zum Monatsersten an (5 = 1. Mai).
Am Monatsende geht Mars schon um 19h 12m auf und um 3h 41m (= 4h 41m MESZ) unter. Wegen der elliptischen Bahnen von Erde und Mars wird die geringste Entfernung Erde - Mars nicht am Tag der Opposition, sondern eine Woche später erreicht. Am 30. um Mitternacht ist Mars mit nur 75,3 Millionen Kilometer (= 0,503 AE) der Erde bei der diesjährigen Opposition am nächsten. Das Licht oder ein Funksignal ist dann vier Minuten und elf Sekunden zu uns unter-
Himmelsanblick am 21. Mai gegen 22h MEZ (= 23h MESZ). Am Südosthimmel sind horizontnah die Planeten Mars und Saturn zu sehen, an denen der Vollmond vorüberzieht.
Jupiter kommt in der Nacht vom 9. auf 10. im Sternbild Löwe zum Stillstand und wird wieder rechtläufig. Dabei entfernt er sich von Regulus, dem Hauptstern im Löwen. Mit seinem zweiten Stillstand in diesem Jahr beendet der Riesenplanet seine Oppositionsperiode und damit die Zeit seiner besten Sichtbarkeit. Vom Morgenhimmel zieht sich Jupiter völlig zurück. Seine Helligkeit sinkt von –2,3m im Laufe des Mai auf –2,0m ab.
- 2 Am 1. geht Jupiter um 3h 24m (= 4h 24m Sommerzeit) unter, am 15. um 2h 29m und am 31. schon um 1h 27m.
Saturn beschleunigt seine rückläufige Wanderung durch den Schlangenträger und strebt seiner Opposition zur Sonne entgegen, die er Anfang Juni erreicht.
Die scheinbaren Bahnen der Planeten Mars und Saturn im Gebiet der Sternbilder Schlangenträger und Skorpion. Die Zahlen geben die Positionen zum Monatsersten an (6 = 1. Juni). m
m
Seine Helligkeit nimmt abermals um 0,2 auf 0,0 zu. Saturn wird allmählich zum Planeten der gesamten Nacht. Am 1. geht der Ringplanet um 22h 20m auf und am 15. um 21h 20m. Am letzten Maitag steigt Saturn schon um 20h 12m (= 21h 12m Sommerzeit) über die südöstliche Horizontlinie. Am 22. begegnet der Vollmond dem Ringplaneten, wobei er 3° nördlich an ihm vorbeizieht.
Begegnung des Vollmondes mit Saturn am 22. Mai gegen Mitternacht. Fernglasanblick um 23h MEZ (= 24h Sommerzeit) bei 5° Gesichtsfelddurchmesser.
Der Mond zieht an Saturn vorbei 22. Mai 22h MEZ 23. Mai 4h MEZ
Der Fixsternhimmel Der Frühlingssternhimmel entfaltet im Wonnemonat Mai seine volle Pracht. Zwar sind die Frühlingssternbilder nicht so reich an hellen Sternen wie die des Winters, dennoch hat diese Jahreszeit am Himmel ihre eigenen Reize. Der Himmelswagen steht hoch über unseren Köpfen, fast im Zenit. Er passiert gerade den Meridian. Auch die Jungfrau schreitet eben durch die Mittagslinie. Den Südwesten beherrscht der Löwe. Südlich der Jungfrau fällt ein kleines, markantes Sternenviereck auf: der Rabe. Seine Figur ist recht einprägsam. Die östliche Hemisphäre wird nun von Bootes mit dem hellen Arktur, der Nördlichen Krone, Herkules und der noch horizontnahen Wega in der Leier beherrscht. Auch der Schwan mit Deneb ist schon im Nordosten auszumachen. Leicht kann man nun das Frühlingsdreieck erkennen - es setzt den Schwerpunkt am Südhimmel und besteht aus den drei hellen Sternen Regulus im Löwen, Arktur im Bootes und Spica in der Jungfrau.
Ein Blick nach Südosten Der Südosthimmel macht einen recht sternarmen Eindruck. Das Sternbild Waage ist nicht besonders auffällig, man muss es schon bewusst suchen. Der Waage folgt im Tierkreis der Skorpion, der sich eben anschickt, aufzugehen. Sein heller, roter Hauptstern Antares passiert gerade die Horizontlinie. In der Antike deuteten die Sterne der Waage noch die Scheren des Skorpions an. Aus dieser Zeit leiten sich auch die arabischen Namen für die beiden hellsten Sterne α und β Librae ab, Zuben el Genubi und Zuben el Chamali, was südliche und nördliche Schere bedeutet. Der helle, rötliche-gelbe Lichtpunkt im Grenzgebiet Waage/Skorpion ist Mars, der gegenwärtig durch diesen Tierkreisbereich wandert. Im Südosten erhebt sich der Schlangenträger (griech.-lat.: Ophiuchus) mit der Schlange. Gelegentlich wird auch die ebenfalls lateinische Bezeichnung Serpentarius für den Schlangenträger verwendet. Von der Schlange ist allerdings vorläufig nur der Vorderteil (lat.: Serpens Caput) zu sehen. Das Ende der Schlange (Schwanz der Schlange, lat.: Serpens Cauda) dieses ausgedehnten und durch den Schlangenträger geteilten Sternbildes ist noch nicht aufgegangen. Der helle Planet Saturn verändert zurzeit das Aussehen des Schlangenträgers. Zwischen der Jungfrau und dem Großen Wagen ist außer dem Sternbild Jagdhunde auch das Haar der Berenike zu finden. Dieses Sternbild ist recht lichtschwach, setzt sich aber aus zahlreichen Sternen zusammen. Es wirkt besonders gut, wenn man diese Gegend mit einem lichtstarken Fernglas absucht. Dabei ist störendes Mondlicht ebenso zu vermeiden wie irdische Lichtquellen.
Objekte für Feldstecher und Fernrohr
Himmelsanblick am 21. Mai gegen 22h MEZ (= 23h MESZ). Am Südosthimmel sind horizontnah die Planeten Mars und Saturn zu sehen, an denen der Vollmond vorüberzieht.
Zu den fernsten Deep-Sky-Objekten zählen Galaxien, also Milchstraßensysteme. Amateurastronomen sprechen gerne von „DeepSky-Objekten", zu Deutsch „Tiefer-Himmel-Objekte". Gemeint sind dabei Beobachtungsobjekte außerhalb unseres Sonnensystems wie Planetarische Nebel, offene und kugelförmige Sternhaufen, Gas- und Staubnebel sowie Galaxien. Ein beeindruckender Kugelsternhaufen am abendlichen Frühlingshimmel ist M 13 im Sternbild Herkules. Unter sehr guten Sichtbedingungen kann man M 13 sogar mit bloßen Augen ausmachen. Im Fernglas sieht man ein diffuses Lichtfleckchen. Es befindet sich in der westlichen Hälfte des zentralen Herkulestrapezes. In größeren Teleskopen - so ab 25 cm freier Öffnung - und bei nicht zu hoher Vergrößerung wirkt M 13 sehr eindrucksvoll. Die Sterne im Kugelhaufen M 13 sind recht alt. Mit zehn Milliarden Jahren sind sie doppelt so alt wie unsere Sonne. Sie gehören zur Population II, der älteren Sterngesellschaft. Mit 25.000 Lichtjahren Entfernung zählt M 13 zu den ferneren galaktischen Objekten. Der Kugelhaufen befindet sich weit nördlich der Milchstraßenhauptebene in der Nähe des galaktischen Nordpols, der im Sternbild Coma Berenices liegt. Ebenfalls nahe am galaktischen Nordpol liegt der Kugelhaufen M 3. Man findet ihn in der Südostecke des Sternbildes Jagdhunde (lat.: Canes Venatici) an der Grenze zum Bootes. Um ihn zu finden, gehe man vom hellen Arktur aus in Richtung Nordwest. Im Fernglas ist M 3 leicht zu erkennen. Im Teleskop lassen sich die Randbereiche in Einzelsterne auflösen. Mit 34.000 Lichtjahren ist M 3 deutlich weiter entfernt als M 13. In den Jagdhunden liegt auch die prominente Strudelgalaxie, ein klassisches Beispiel für einen Spiralnebel, auf den man fast senkrecht blickt. Er trägt die Messier-Nummer 51. Die Strudelgalaxie (engl.: whirlpool galaxy) wurde von Lord Rosse im Jahre 1845 mit seinem Riesenteleskop (für damalige Verhältnisse) Leviathan (1,80 Meter Öffnung) als Spirale erkannt. Die vielen Milliarden
- 3 Sonnen von M 51 sind immerhin 25 Millionen Lichtjahre von uns entfernt.
Eine echte Herausforderung für erfahrene Beobachter stellt der lichtschwache Planetarische Nebel NGC 4361 im Sternbild Rabe dar. Er ist knapp 6000 Lichtjahre von uns entfernt. Seine Gesamthelligkeit beträgt nur 10,3m, der heiße Zentralstern leuchtet mit 13,2m. Er zeigt eine Quadrupol-Struktur mit Ausdehnungen von 68" × 90". Dies lässt auf zwei getrennte Massenausstöße schließen, einen vor 5.000 und einen vor 10.000 Jahren. Um die Struktur besser zu erkennen, sollte man stärker vergrößern. Die Koordinaten von NGC 4361 lauten: α = 12h 24,5m und δ = 18°47' (J2000.0). Algorab, δ Corvi, ist ein ausgesprochen leichter Doppelstern im Raben, wenn auch der Helligkeitskontrast erheblich ist. Die blauweiße, 2,9m helle Hauptkomponente (Spektraltyp B9) hat in 25" Distanz einen nur 9,5m hellen Begleiter. Der Positionswinkel beträgt 217°. Diese Doppelsonne trennen 88 Lichtjah re von der Erde. Als weiterer Doppelstern im Raben sei Σ 1669 (Struve-Nr. 1669) genannt. Die beiden weißen, fast gleich hellen Komponenten (5,9m und 6.0m hell,beide vom Typ F5 V), stehen 5,3’’ auseinander und sind ab 40-facher Vergrößerung leicht aufzulösen. Die Entfernung von Σ 1669 beträgt 280 Lichtjahre. Im Raben sind auch die beiden „Tentakelgalaxien" NGC 4038/ 4039 beheimatet. Sie sind zwei verschmelzende Milchstraßensysteme.
Sternbild Jagdhunde: Eingetragen sind die Positionen des Kugelhaufens M 3, der Strudelgalaxie M 51 und des Doppelsterns 25 CVn.
In den Jagdhunden findet sich ferner der Doppelstern 25 CVn. Er wurde schon 1827 von Friedrich Wilhelm Struve als Doppelstern erkannt. 25 CVn steht in einer relativ sternarmen Gegend.
Scheinbare relative Bahn des Doppelsterns 25 CVn.
Die beiden Komponenten sind 5,0m und 7,0m hell und nur 1,7’’ voneinander getrennt (Positionswinkel: 96°). Beide Sterne erscheinen weiß (Spektraltyp: A7). Ihre Umlaufzeit beträgt 228 Jahre. Zurzeit nimmt die Distanz ab. Das Periastron von 0,2’’ (mit P = 356°) werden sie im Jahre 2091 erreichen. Das S ternenpaar ist 190 Lichtjahre entfernt.
Das Sternbild Rabe mit den Doppelsternen Algorab (δ Corvi) und Σ 1669, dem Planetarischen Nebel NGC 4361 sowie den Antennengalaxien NGC 4038/NGC 4039.