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I. Eröffnungsveranstaltung Mittwoch, 14. September 2016 ǁ 18 Uhr Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz Geschwister-Scholl-Str. 2, Plenarsaal Programm
Max Reger Grussworte Festvortrag
Max Reger
Sonate für Klarinette und Klavier Nr. 3 in B-Dur, op. 107 III. Adagio IV. Allegretto con grazia (vivace) Christoph Brecht (Klarinette) und Sumi Lee (Klavier) Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan Hradil, Vizepräsident der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz Prof. Dr. Wolfgang Hofmeister D. Sc. h. c., Vizepräsident für Forschung der Johannes Gutenberg-Universität | Mainz Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz Prof. Dr. Wolfgang Auhagen, Präsident der Gesellschaft für Musikforschung Dr. Gabriele Buschmeier und Prof. Dr. Klaus Pietschmann, Kongressleitung Musicologists without Borders. The Role of Musicology in the Present Society Prof. Dr. Dinko Fabris | Rom und Neapel, Präsident der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft Sonate für Klarinette und Klavier Nr. 1 in As-Dur, op. 49 II. Vivace (ma non troppo) IV. Prestissimo assai
Im Anschluß (gegen 20.00 Uhr) findet ein Empfang statt.
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Band 1: Von Hildegard von Bingen bis Haydn
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Band 2: Von Mozart bis Sofia Gubaidulina
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Bärenreiter
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I.1 | Hauptsymposion »Musikwissenschaftliche Editionen in Deutschland, 1930-1960« Mittwoch, 14. September 2016 ǁ 10 – 17 Uhr Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz Geschwister-Scholl-Str. 2, Plenarsaal
10.00 – 11.30 11.30 – 12.00 12.00 – 13.15 13.15 – 14.00 14.00 – 15.15 15.15 – 15.45 15.45 – 17.00
Begrüßung und Eröffnung (Albrecht Riethmüller │ Berlin, Gabriele Buschmeier │ Mainz) Neue Bach-Ausgabe (Peter Wollny │ Leipzig) Die Entwicklung der Hallischen Händel-Ausgabe von einer praktischen „Volksausgabe“ zur Kritischen Gesamtausgabe (Lars Klingberg │ Halle/Saale) — Kaffeepause — Neue Mozart-Ausgabe (Ulrich Leisinger │ Salzburg) Ein Österreicher in Köln: Joseph Haydn Werke (Armin Raab │ Köln) — Mittagsimbiss — Das Beethoven-Archiv und seine Gesamtausgaben: Konzepte und Projekte 1927 bis 1961 (Christine Siegert │ Bonn) Gesamtausgaben als musikhistorische Institutionalisierungsmodelle (Michael Custodis │ Münster) — Kaffeepause — Round Table (Matthias Brzoska, Michael Custodis, Friedrich Geiger, Ursula Krechel, Siegfried Oechsle und Christine Siegert, Gesprächsleitung: Albrecht Riethmüller)
Derzeit ist es ein Bündel von 18 musikwissenschaftlichen Editionen, die in Deutschland als Langzeitvorhaben im Akademienprogramm versammelt sind, von Bund und Ländern gefördert; davon werden 14 durch die Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz koordiniert. Das Symposion will dazu beitragen, geschichtliche Entwicklung und Praxis der Editionsprojekte zu reflektieren. Im Zentrum steht dabei der Zeitrahmen von 1930 bis 1960. Zwischen die beiden Weltkriege fällt im damaligen Deutschen Reich nicht nur die Konsolidierung des universitären Faches Mu-
27 sikwissenschaft, sondern es wurde auch der Grund gelegt für neue Vorhaben, die dann hauptsächlich nach 1945 in der Bundesrepublik Deutschland Früchte getragen haben. Thematisiert werden demnach Kontinuitäten und Diskontinuitäten im historischen Kontext und politischen Ambiente, aber ebenso Wandlungen in der speziellen Editionstechnik von Noten sowie der Auffassung von Gesamtausgaben der Werke einzelner Komponisten, die, von Katalog- und Lexikonprojekten abgesehen, sehr viel mehr als regional bezogene Denkmälerausgaben das Hauptgeschäft der musikwissenschaft-lichen Editionen bildeten und noch bilden. Im Einzelnen werden am Vormittag Entstehungsumstände, Voraussetzungen und Ziele der vier Musiker-Ausgaben Bach, Händel, Mozart und Haydn bis zur Etablierung von Kritischen Gesamtausgabenvorhaben bzw. Komponisten-Instituten in den 1950er Jahren vorgestellt. Im Fokus soll dabei die Frage stehen, welche Gründe dazu führten, das im 20. Jahrhundert nach den „alten Gesamtausgaben“ erneut das Gesamtschaffen eines tradierten Komponistenkanons in Großprojekten in den Blick genommen wurde. Am Nachmittag folgt mit Beethoven noch ein fünfter Komponist und damit zugleich ein Beispiel für die Editionsvorhaben jenseits des Akademienprogramms. Die Frage nach der Position von Musiker-Gesamtausgaben in der Institutionengeschichte und dem Interesse des Staates an diesen Ausgaben wird zu einer abschließenden Gesprächsrunde überleiten, in der, bezogen auf den Berichtszeitraum, allgemeinere Horizonte beleuchtet werden sollen wie zum Beispiel die Parallelisierung mit literarischen Werkausgaben oder die Relevanz musikalischer Gesamtausgaben für das Musikleben.
Leitung und Konzeption: Prof. Dr. Albrecht Riethmüller │ Freie Universität Berlin, und Dr. Gabriele Buschmeier │ Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
Neue Bach-Ausgabe (Peter Wollny) Die zu Beginn der 1950er Jahre begründete Neue Bach-Ausgabe sah sich im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens mit zwei Problemen konfrontiert: 1. den seit der ersten Gesamtausgabe – insbesondere durch die Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs – eingetretenen Quellenverlusten und 2. den oftmals zweifelhaften Prämissen und Ergebnissen der älteren Bach-Forschung. Der ursprüngliche Plan, eine aktualisierte Neuausgabe der alten Gesamtausgabe zu liefern und das Projekt innerhalb eines Jahrzehnts abzuschließen, erwies sich schon bald als nicht praktikabel. Das Referat untersucht den grundlegenden Sinneswandel, der die Entwicklung neuer Methoden der Quellenbewertung und Editionspraxis nach sich zog.
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Die Entwicklung der Hallischen Händel-Ausgabe von einer praktischen „Volksausausgabe“ zur Kritischen Gesamtausgabe (Lars Klingberg) Im Referat wird die Geschichte der HHA von ihren Anfängen bis zu ihrer Etablierung als Kritische Ausgabe Ende der 1950er Jahre beleuchtet. Die HHA war nicht nur in editionstechnischer Hinsicht ein Kind ihrer Zeit, sondern auch in Bezug auf die politischen Rahmenbedingungen während der NS-Diktatur und während der Epoche der deutschen Teilung. Sie entstand aus einer symbiotischen Verbindung der Interessen des Gründers des Bärenreiter-Verlages, Karl Vötterle, und der Verwaltung von Händels Geburtsstadt Halle. 1943 schlossen beide Seiten einen Vertrag über die Herausgabe einer elfbändigen Händel-Ausgabe ab, deren erster Band 1945 erschien. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden diese Bemühungen fortgesetzt, und so nahm im Jahr 1952 das Projekt einer gesamtdeutsch ausgerichteten praktischen Händel-Gesamtausgabe Gestalt an. Massive Kritik britischer Händel-Forscher an den Editionsrichtlinien führte 1957 zum Wechsel zu einer Kritischen Gesamtausgabe mit starker internationaler, vor allem britischer Beteiligung.
Neue Mozart-Ausgabe (Ulrich Leisinger) Zwischen 1955 und 1960 hat die Neue Mozart-Ausgabe 22 Notenbände, also gut ein Fünftel des geplanten Gesamtvolumens, im Druck veröffentlicht und damit einen mehr als respektablen Start hingelegt. Die Grundüberlegungen für eine neue Gesamtausgabe reichen in ihrem Kern bis in die Kriegsjahre zurück. Sie wurden erstmals im Jahre 1940 in Salzburg bei einer Arbeitstagung des Zentralinstituts für Mozart-Forschung (wie die heutige Akademie für Mozart-Forschung an der Stiftung Mozarteum in Salzburg damals hieß) diskutiert und fand im Mozart-Jahr 1941, durch den offiziellen Auftrag Adolf Hitlers an das „Mozarteum“, das sein hundertjähriges Bestehen feierte, zur Durchführung des Editionsprojekts. Die Planungen kamen kurz vor Kriegsende zum Erliegen und wurden erst mit Blick auf das Gedenkjahr 1956 unter günstigeren politischen, zugleich aber schwierigen äußeren Bedingungen – dem massiven Verlust an wissenschaftlicher Kompetenz und an Quellen – wieder aufgenommen. Vor diesem vielschichtigen Hintergrund ist mit Augenmaß an die Frage heranzugehen, inwieweit das Zustandekommen eines musikalischen Editionsprojekts zugleich die politischen Bedingungen seiner Gründung widerspiegelt.
Ein Österreicher in Köln: Joseph Haydn Werke (Armin Raab) Anders als bei Bach, Händel, Mozart oder Beethoven ersetzt Joseph Haydn Werke keine Ausgabe des 19. Jahrhunderts. Zudem blieben zwei Vorgängerprojekte, die 1907 und 1950 zu erscheinen begannen, mit elf bzw. vier Bänden Fragment. Doch sind die drei Editionen untereinander mehrfach verbunden, teils personell, teils durch Übernahme von bereits vorbereiteten Bänden – was beides die Gefahr der Verwässerung von Editionsprinzipien mit sich brachte. Dass nach den österreichisch bzw. (über die Haydn-Society Boston-Wien) amerikanisch dominierten Projekten das 1958 gegründete Haydn-Institut in Deutschland und noch dazu in einer Stadt
29 angesiedelt wurde, die keinen Bezug zu Haydn aufweist, war der Initiative des Verlegers Günter Henle zu verdanken. Die Entscheidung bedurfte nicht nur (im Hinblick auf die Finanzierung) einer ideologisch unterfütterten Rechtfertigung, sie blieb auch keineswegs ohne Auswirkung auf die Gestaltung der Ausgabe und ihre Rezeption in Wissenschaft und Praxis.
Das Beethoven-Archiv und seine Gesamtausgaben: Konzepte und Projekte 1927 bis 1961 (Christine Siegert) Als 1927 das Bonner Beethoven-Archiv gegründet wurde, lag der Fokus zunächst auf der Sammeltätigkeit. Dennoch wurden, teilweise auch schon vor 1927, verschiedene Gesamtausgaben-Projekte diskutiert: eine Gesamtausgabe der Briefe Beethovens, eine Ausgabe der Konversationshefte, eine Gesamtausgabe der Skizzen sowie eine Werkausgabe. Dass keines dieser Vorhaben vor 1945 umgesetzt wurde, lag im Einzelfall an Konkurrenzen innerhalb der deutschen Musikwissenschaft, hauptsächlich wohl aber daran, dass die Statuten des Beethoven-Archivs keine Vorgaben hinsichtlich der Auswertung der gesammelten Bestände enthielten. Schiedermairs Nachfolger Joseph Schmidt-Görg initiierte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst die Edition der Skizzenbücher, die als „Erste Kritische Gesamtausgabe“ geplant war. Erst neun Jahre später erschien der erste Band der Neuen Beethoven-Gesamtausgabe, die „alle vollendeten Kompositionen des Meisters umfassen“ sollte. Die grundsätzliche Haltung des Beethoven-Archivs erwies sich dabei als durchaus sachorientiert, doch setzte Schmidt-Görg, um seinen Anliegen bei Geldgebern Nachdruck zu verleihen, offenbar gezielt Nationalismen ein.
Gesamtausgaben als musikhistorische Institutionalisierungsmodelle (Michael Custodis) Die erst seit einigen Jahren ideologiekritisch hinterfragte Editionspraxis verbindet in seltener Deutlichkeit Personengeschichten mit Themenpräferenzen und Methodentraditionen. In großformatige Forschungsprojekte ließen sich diese Interessen allerdings erst übersetzen, wenn langfristige finanzielle Ressourcen erschlossen werden konnten. Unter Zuhilfenahme politikwissenschaftlicher Institutionalisierungsmodelle lassen sich in der Entstehung musikwissenschaftlicher Gesamtausgaben Prinzipien erkennen, wie sich aus Arbeitsschwerpunkten einzelner Wissenschaftler und aus Kollektivinteressen von Fachverbänden im 19. Jahrhundert gemeinsame Forschungsschwerpunkte entwickelten, diese bei Wissenschaftsorganisationen und staatlichen Kulturinstanzen platziert wurden und tatsächlich über alle politischen Systemwechsel hinweg relativ intakt bleiben konnten.
Das Symposion wird gefördert von
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| Symposion »Analyse und Aufklärung, ›Public History‹ und Vermarktung. Methodologie, Ideologie und gesellschaftliche Orientierung der Musikwissenschaft in (und zu) Nordeuropa nach 1945« Mittwoch, 14. September 2016 ǁ 9 – 17.30 Uhr Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz Geschwister-Scholl-Str. 2, Mathematisch-naturwissenschaft liche Klasse
9.00 – 9.15 9.15 – 10.00 10.00 – 10.45 10.45 – 11.00 11.00 – 11.45 11.45 – 12.30 12.30 – 13.15 13.15 – 14.30 14.30 – 15.15 15.15 – 16.15
Eröffnung des Symposiums (Daniel M. Grimley │Oxford, und Tomi Mäkelä │ Halle-Wittenberg) Panel I. Aufklärung Blinde Flecken. Grundzüge der norwegischen Musikhistorio grafie nach 1945 (Michael Custodis │ Münster) Niels W. Gade als Ikone des Nordens? Deutsch-dänische Rezeptions- und Marketingmuster nach 1967 (Yvonne Wasserloos │ Düsseldorf) — Kaffeepause — Panel II. Análysis Austerity Symphonies: Nordic Music in the British Cultural Imagination in the 1950s–60s (Daniel M. Grimley │ Oxford) Robert Simpson, Carl Nielsen and Jean Sibelius (Florian Schuck │ Halle-Wittenberg) Dialogues with Deformation in the Nordic Symphony (Christopher Tarrant │ Bristol) — Mittagspause — Panel III. Monumente und Medien Swedish Monuments of Music as Instrument of National Profiling (Lars Berglund │ Uppsala) Positionen und Diskussion. Teil 1 Carl Nielsen, das Flaggschiff des Dänischen Kulturexports? (Michael Fjeldsøe │ Kopenhagen) Das Musikerbe – Musikarven, Grieg-Institut und andere Formen der Förderung norwegischer Musikkultur
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16.15 – 16.30 16.30–17.30
(Arnulf Mattes │ Bergen) Forgotten Repertory and the Norwegian Orchestras vs. Production of Critical Editions: Case Fartein Valen (Thomas E. Møller │ Oslo) — Kaffeepause — Positionen und Diskussion. Teil 2 Populäre Musikgeschichtsschreibung und die neuen Medien (Mattias Lundberg │ Uppsala) From Lordi to Sunrise Avenue. Current Strategies of Popular Music Export and Research in Finland (Markus Mantere │ Helsinki) Schlusswort: Angewandte Musikwissenschaft als methodologische und fachpolitische Herausforderung am Beispiel des europäischen Nordens (Tomi Mäkelä │ Halle-Wittenberg)
Der Begeisterung über die nordeuropäischen Kulturen schon im Kaiserreich (einschließlich der Ära Ibsen-Strindberg-Jacobsen) und danach im NS-Deutschland (mit Bücherreihen, Dissertationen, Ehrungen und vielen Plänen) folgte als Reaktion ein gewisses Desinteresse, das die Publizistik und Kulturpolitik in nordeuropäischen Ländern herausforderte. So lautet die Ausgangshypothese dieses Symposiums. Das Pendeln zwischen Euphorie und Kritik gegenüber dem Norden scheint allerdings auch für viele außermitteleuropäische Milieus typisch und bildet ein herausforderndes Forschungsdesiderat. Aus der Sicht der nordeuropäischen Publizistik und „Populärvetenskap“, womit wichtige Gebiete der sog. angewandten Musikwissenschaft gemeint sind, sowie der Musikwirtschaft bzw. Kulturpolitik und -exports, stellte sich nach 1945 die Frage, ob die vergangenen Erfolge der Nordeuropäer irgendwann mit neuen Akteuren wiederholbar wären, zumal man an Künstlern wie Edvard Grieg und Jean Sibelius erkannt hatte, dass sie auch volkswirtschaftlich und nicht nur „kulturell“ relevant für die jeweilige Region sein können. Für das Symposium stellt sich die Frage, ob die aus solchen Erfolgen abgeleiteten Erwartungen die Strategien der Förderung nordeuropäischer Kunst und auch Populärmusik bis heute prägen, zumal insbesondere die Populärmusik anderenorts meistens (so lautet zumindest unsere Ausgangsthese) eher als Teil der freien Kulturwirtschaft und weniger der Denkmalpflege verstanden wird. Vor allem geht es uns aber methodologisch-fachgeschichtlich darum, wie die angewandte Musikwissen schaft des Nordens mit der Notwendigkeit der kritischen Aufklärung und theoretisch-analytischen Aufarbeitung einerseits und dem Streben nach Untermauerung eines neuen Interesses an der nordeuropäischen Kultur nach 1945 andererseits umging, ohne wie Kulturpropaganda „von gestern“ zu wirken. Für uns steht fest, dass die Musikwissenschaft einen wichtigen Anteil an der kulturellen Wertschätzung der kreativen Praxis einer Region hat (eben auch publizistisch und
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32 strategisch) der bis heute eher unterschätzt wird – nicht nur in Nordeuropa (abgesehen davon, dass die Legitimation dieser regionalen, wenngleich primär durch die untereinander eng verwandten skandinavischen Sprachen bedingten, Abgrenzung, wie jeder anderen auch, prinzipiell hinterfragt werden muss). Wir fragen uns gegenseitig, was musikwissenschaftlich fundierte „Vermarktung“ (Interpretation und Erklärung anstelle von Propaganda und Werbung) bedeutet und wann sie zu den Aufgaben unseres Faches zählt oder ob sie doch eher (oder gar primär) zur Wirtschaft oder gar Außenpolitik gehört. Einen Untersuchungsgegenstand für sich stellen die sog. Forschungs- und Begegnungsstätten für nordeuropäische Komponisten sowie Fördergesellschaften, die sowohl fachgeschichtlich als auch sozialgeschichtlich analysewürdig sind, dar. Dasselbe gilt für Denkmalreihen, nationale und regionale Beispielsammlungen, historische und biographische Überblicksdarstellungen, Gesamtausgaben und Forschungsprojekte zum regionalen „Erbe“ sowie Jubiläumskultur, Förderinstitutionen und Stiftungen. Auch Strategien der Identitätsfindung ausführender Künstler (Karriereplanung mit Blick auf Repertoire) lassen sich in diesem Rahmen beleuchten. Nordeuropäische Traditionen der Wissenschaft, die schon in den 1980er Jahren hinsichtlich ihrer methodischen und ideologischen Eigenständigkeit in ambitionierten Dissertationen (etwa Dahlstedt 1986 und Huttunen 1993) untersucht wurden, werden zwar angesprochen. Die Teilnehmer bemühen sich aber in erster Linie um die Analyse der Strategien des Umgangs von nordeuropäisch engagierten Wissenschaftlern im Spannungsfeld von Analyse, Vermarktung, Aufklärung und Quellenerfassung resp. Geschichtswissenschaft vs. praktische Anwendungen. Bewusst gemacht und analysiert wird die Balance zwischen wissenschaftlichem und patriotischem Ethos genau so wie der Ausgleich zwischen Informationspolitik und Kommerz. Die Analyse der Gegenwart und Zukunft des Faches in Nordeuropa ist auch deshalb sinnvoll, weil die dortige Musikwissenschaft längst andere Tätigkeitsfelder als die Erforschung von Geschichte und Gegenwart komponierter Musik präferiert. Doch inwiefern können Antworten auf diese Fragen als regionalspezifische Besonderheit angesehen werden oder den Anspruch auf universelle Gültigkeit erheben? Das Symposium thematisiert das Verhältnis des Faches Musikwissenschaft zum gegenwärtigen Musikleben und hinterfragt Relevanz und die Folgen seiner Anwendung. Musikwissenschaftler aus sechs europäischen Ländern, die über nordeuropäische Sujets geforscht haben, aber auch die Arbeitsformen der Musikwirtschaft, Kulturpolitik und Medien in Nordeuropa wie auch anderswo kennen, haben ihre Teilnahme zugesichert. Die Sprachen des Symposiums sind abwechselnd Deutsch und Englisch.
Leitung und Konzeption: Prof. Dr. Tomi Mäkelä │ Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
[email protected] [Kontaktperson] Prof. Dr. Daniel M. Grimley │ Oxford University, Merton College
[email protected]
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Vorträge: Prof. Dr. Michael Custodis │ Münster
[email protected] Prof. Dr. Lars Berglund │ Uppsala
[email protected] Prof. Dr. Daniel M. Grimley, Lecturer │ Oxford
[email protected] Florian Schuck, M.A. │ Halle-Wittenberg
[email protected] Dr. Christopher Tarrant │ Bristol
[email protected] PD Dr. phil. habil. Yvonne Wasserloos │ Düsseldorf
[email protected]
Panelbeteiligungen: Prof. Dr. Michael Fjeldsøe │ Kopenhagen
[email protected] PD Dr. Mattias Lundberg │ Uppsala
[email protected] Prof. Dr. Tomi Mäkelä │ Halle-Wittenberg
[email protected] PD Dr. Markus Mantere │ Helsinki
[email protected] Dr. Arnulf Mattes │ Bergen
[email protected] Thomas Erma Møller, M.A. │ Oslo
[email protected]
Swedish Monuments of Music as Instrument of National Profiling (Lars Berglund) In an article from 1942, Stig Walin proposed a strategy for Swedish historical musicology. His starting point was the notion that Sweden did not have a very strong musical tradition and no “national” composers that could be compared with the greatest European names. Instead, Walin proposed, the driving force for Swedish musicologists would have to be patriotism, and a general interest in the social and cultural history of music. I would like to claim that such ideas have been defining for the musicology in Sweden. They can be traced back and analyzed in memorial or documentary projects such as the edition series Monumenta Musicae Svecicae (with the Berwald edition as an exception), the phonogram series Musica Sveciae, the historical handbook Musiken i Sverige and the recent project Levande musikarv (Living Musical Heritage). At the same time, Walin’s approach gave rise to a strong
I.
34 focus on socio-cultural contexts and historical-anthropological approaches, thanks to which Swedish musicology was so well prepared for he re-negotiation of musicological methodologies during the last decades.
Blinde Flecken. Grundzüge der norwegischen Musikhistoriografie nach 1945 (Michael Custodis) Obgleich das norwegische Musikleben über Jahrhunderte auf Deutschland ausgerichtet war, wurde es bislang nicht systematisch ins Verhältnis zur politischen Landesgeschichte gesetzt, was vor allem auf die ambivalente Historiografie der Okkupation durch NS-Deutschland (1940–1945) zurückzuführen ist. Die musikwissenschaftliche Fachgeschichte setzte in Norwegen erst nach 1945 ein und im Unterschied zu Deutschland hatte sie kein kompliziertes biografisches und methodisches Erbe anzutreten. Explizit klammerte man daher alle politischen Kontexte aus, um sich auf folkloristische Meistererzählungen zu konzentrieren. Der Vortrag setzt beim Zusammenhang autonomieästhetischer Methodenpräferenzen und kollektiver heroisierender Geschichtsnarrative ein, um zu rekonstruieren, weshalb die norwegische Musikwissenschaft aufgrund ihres Erfahrungsdefizits auf das seit zehn Jahren stetig wachsende Bedürfnis, das Kulturleben während der Okkupationszeit aufzuarbeiten, bislang kaum reagieren konnte.
Austerity Symphonies: Nordic Music in the British Cultural Imagination, 1945–1965 (Daniel M. Grimley) In the twenty years following the end of the Second World War, British cultural attitudes to Nordic music underwent a significant change of emphasis. Having frequently been seen as the heroic exemplar of an Anglo-Nordic nationalism (often tinged with problematic assumptions about race and national character), or inescapably tied to metaphors of landscape and nature, Nordic music was increasingly conceived as part of a modern wave, one oriented more toward internationalism and away from the supposedly extreme expressions of the mid-twentieth-century avant-garde. Conventionally understood as a rather conservative, traditionalist trend, this viewpoint suggests strong parallels with broader cultures of austerity in post-war Britain, and their concern with economy of means, localism and community. Tracing these shifts through symphonic works by composers such as Vaughan Williams, Michael Tippett, and Edmund Rubbra offers one angle on this shift of cultural and regional perspective. Tracing the reception of early twentieth-century Nordic music, especially Carl Nielsen, in the writing of authors such as Robert Simpson and Hugh Ottaway, offers another. In conclusion, the promotion of the Nordic symphony in the British cultural imagination during this period is far from straightforwardly backward-looking, and offers a more complex response to its historical, musical, and geopolitical contexts.
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Populäre Musikgeschichtsschreibung und die neuen Medien (Mattias Lundberg) Erwachsenenbildung in der Musik hat eine lange Tradition in der schwedischen Mediengeschichte, und oft interagierte diese eng mit musikologischer Forschung. Zu einer der wichtigsten Maßnahmen gehörte „Radiokonservatoriet“ (Radiokonservatorium; vgl. Funk-Kolleg), aus dem schwedischen Rundfunk der 1960er Jahre. Dies war eine umfangreiche Kampagne mit Studienmaterialien und Vorträgen, die sowohl Musikgeschichte , Musiksoziologie, Organologie und Musiktheorie thematisierten. Das einzig vergleichbare Gegenstück in den letzten Jahren ist „Den svenska musikhistorien“ (Die Musikgeschichte in Schweden), eine Podcast-Serie über bisher vierundsechzig Sequenzen, in denen Repertoire, Musikumgebungen, Komponisten und Musiker vor 1900 von den schwedischen Musikforschern Mattias Lundberg, Esmeralda Moberg und weiteren Experten sorgfältig behandelt werden. Dieser Vortrag skizziert einen methodologischen Vergleich zwischen den beiden öffentlichen Bildungsinitiativen, die sowohl auf Ähnlichkeiten in den akademischen Bestrebungen basieren, sich jedoch im Hinblick auf die Medien- und Technologieentwicklung unterscheiden.
Angewandte Musikwissenschaft als methodologische und fachpolitische Herausforderung am Beispiel des europäischen Nordens (Tomi Mäkelä) In diesem Schlusswort werden, Bezug nehmend auf die Diskussionen des Symposiums, die pädagogischen und wissenschaftlichen Perspektiven der kulturpolitisch anwendungsorientierten Musikwissenschaft zusammengefasst und analysiert. Dabei gilt es zu überprüfen, inwiefern die fachgeschichtlichen und womöglich auch paradigmatischen Unterschiede in der Orientierung der Musikforschung in den nordeuropäischen Ländern und in Mitteleuropa auf Unterschiede in der politischen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zurückführbar sind. Möglicherweise bildet weniger die politische Geschichte die Grundlage der nordeuropäischen Entwicklungen der letzten 70 Jahre, zumal in Bezug auf die Kriegsjahre (die in jedem nordeuropäischen Land individuell zu analysieren wären), als vielmehr spezielle regionale Akzente der Hochschul- und Wissenschaftskultur sowie die zufällige Orientierung der Machfiguren des Faches.
From Lordi to Sunrise Avenue. Current Strategies of Popular Music Export and Research in Finland (Markus Mantere) This presentation provides an overview of two acute areas of music life in Finland – the musicological research of popular music on one hand, and the export of Finnish popular music on the other. Both of these musical domains are affected by supranational currents – the former above all by the Anglo-American paradigm of cultural musicology, characterized by a wide and diverse, in principle limitless repertory of music studied within the paradigm; and the latter by the international cultural industry that governs any given music’s access to international music market. Curi-
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36 ously enough, there is not much interface between the two domains. In addition to exploring the current state of affairs in the research and export of popular music in Finland, I will also present some ideas of how Finnish music industry could make use of the potential of current musicological research. Related to this, particularly in our economically insecure times in the university, it is also relevant to probe how and to what extent we, as music scholars, should take into account this commercial need for musicological research in planning our research projects and the musicological curricula in universities in the future.
Historical Grieg Research and National Memory Culture: Consensus and Divergence (Arnulf Mattes) From the beginnings of Norwegian music historiography, Edvard Grieg was at its center as he is still a natural part of national cultural memory. The relationship between academic historiography and public memory culture has been consensus-oriented, and thus it laid the foundations for the institutionalization of musicology in Norway, which in turn yielded narratives that should legitimize collective ideas of historical continuity and cultural identity. This paper questions the ideological premises of traditions in Norwegian Grieg research based on a retrospective survey. The goal is thus to encourage a discussion on approaches which might break the consensus of national historiography and collective memory in order to actualize Grieg’s legacy as part of diverging contemporary discourses.
Robert Simpson, Jean Sibelius and Carl Nielsen (Florian Schuck) Anders als in Deutschland war das Ansehen der Musik Nordeuropas im Großbritannien des 20. Jahrhunderts nie starken Schwankungen unterworfen, was sich namentlich an der anhaltenden Beliebtheit der symphonischen Werke von Sibelius und Nielsen in britischen Konzertsälen zeigt. Begünstigt wurde dies nicht zuletzt durch ähnliche musikgeschichtliche Entwicklungen beider Kulturräume, in welchen die Dodekaphonie eine Strömung unter vielen blieb, während Tonalität und traditionelle Gattungen ungebrochene Anziehungskraft ausübten. Innerhalb der vielfältigen, traditionalistisch fundierten Musiklandschaft Großbritanniens kann Robert Simpson (1921–1997) als derjenige Komponist gelten, der am intensivsten nordeuropäische Einflüsse rezipierte. Er strebte im eigenen Schaffen eine direkte Fortsetzung der Leistungen Nielsens und Sibelius’ an, und beteiligte sich als Musikschriftsteller wie als Redakteur der BBC aktiv an der Vermittlung ihrer Musik. Zu ihrer heutigen Wertschätzung im Vereinigten Königreich hat seine Kulturarbeit einen wesentlichen Teil beigetragen.
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Dialogues with Deformation in the Nordic Symphony (Christopher Tarrant) This paper will review and assess how recent analytical methods, especially theory produced in North America in the last 20 years, might inform our understanding of the Nordic instrumental repertoire of Sibelius, Grieg, and Nielsen. This is particularly timely now in 2016, the tenth anniversary of the publication of James Hepokoski’s and Warren Darcy’s long-awaited and near-biblical Elements of Sonata Theory (OUP, 2006). This paper will consider the relationship between Hepokoski’s earlier work on Sibelius’s modernism and his mature theory, which focuses almost exclusively on a narrow canon of Viennese classics. The cadential/punctuation model of musical form, which has its roots in late-eighteenth-century treatises such as those of Koch and Reicha, I argue, is especially useful for clarifying our understanding of the much later symphonic repertoire of the Nordic region, and for the study of Nordic musical modernism. I will demonstrate this with a case study of Nielsen’s 4th Symphony.
Niels W. Gade als Ikone des Nordens? Deutsch-dänische Rezeptions- und Marketingmuster nach 1967 (Yvonne Wasserloos) Niels W. Gade brach in den 1840er Jahren mit seinen Kompositionen Konventionen und Traditionen auf und euphorisierte damit hochgradig das mitteleuropäische Musikleben. Diesen Vorgang und den vermeintlichen „Exotismus“ des Dänen versuchten Musikkritik wie Musikwirtschaft mit dem Konstrukt des nationalen oder auch Nordischen Tones gleichermaßen zu fassen, wie zu vermarkten. Trotz des immensen und bis dato einzigartigen Erfolgs eines dänischen Komponisten geriet Gade nach seinem Tod 1890 rasch in Vergessenheit. Erst anlässlich seines 150. Geburtstags 1967 erwachte erneut das Interesse, als musikwissenschaftliche Abhandlungen, Noten- und Briefausgaben erschienen. Infolgedessen kam es zu einer beidseitigen Beanspruchung Gades und seiner Relevanz für das deutsche wie dänische Musikleben. Während die dänische Forschung die nationale Strahlkraft Gades betonte, wurde diese Zuschreibung von deutscher Seite aus dazu benutzt, den Wandel des Dänen vom Nordischen Ton hin zur Leipziger Schule zu unterstreichen. Der Beitrag fragt nach den verschiedenen länderspezifischen Einordnungen und Bildlichkeiten Gades und der dahinter sichtbar werdenden Motivation, weiter greifende mittel-, wie nordeuropäische Kulturimages zu entwerfen.
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| »Zuständigkeiten der Musiksoziologie?« FG-Symposium Soziologie und Sozialgeschichte der Musik Mittwoch, 14. September 2016 ǁ 9 – 17.30 Uhr Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz Geschwister-Scholl-Str. 2, Geistes- und Sozialwissen schaftliche Klasse
9.00 – 10.30 10.30 – 11.00 11.00 – 12.30 14.00 – 15.30
15.30 – 16.00 16.00 – 17.30
Begrüßung und kurze Einleitung (Wolfgang Fuhrmann │ Mainz. Fachgruppensprecher) Kontextanalyse: das Bindeglied zwischen Musikwissenschaft und Musiksoziologie? (Tasos Zembylas │ Wien) Gesellschaft aus kompositorischer und soziologischer Perspektive (Boris Voigt │ Hamburg) — Pause — Qualitativ-rekonstruktiv informierte Musikanalyse als Zugang zu musikalischem Erleben und musikalischer Form (Holger Schwetter │ Dresden) Was heißt: soziale Dechiffrierung von Musik? Weberns Orchesterstücke und der „Kanonendonner von Verdun“ (Andreas Meyer │ Stuttgart) Aufführungsorte, Handlungsräume, Musik-Topographien: Raumsoziologische Perspektiven auf Musikgeschichte (Anna Langenbruch │ Oldenburg, Carolin Stahrenberg │ Innsbruck, und Gesa zur Nieden │ Mainz) Die Medialität musikalischer Praxis als Ausdruck gesellschaftlicher Kontingenz (Franziska Hohl │ München) — Pause — Kognition und Kultur. Musikalische Maskulinitätsforschung als Gegenstand der Musiksoziologie (Karsten Mackensen │ Dresden) Ideen zu einer Sozialgeschichte der musikalischen Emotionen (Marie Louise Herzfeld-Schild │ Köln, Wolfgang Fuhrmann │ Mainz)
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Kontextanalyse: das Bindeglied zwischen Musikwissenschaft und Musiksoziologie? (Tasos Zembylas) Musikwissenschaftliche und soziologische Forschungsarbeiten bauen auf theoretische und konzeptionelle Vorannahmen auf. Diese breit anerkannte Einsicht, die für die gesamte Wissenschaftsforschung gilt – Ludwik Fleck sprach von „Urideen“, Robin Collingwood von „presuppositions“, Thomas S. Kuhn von „Paradigmen“, Michel Foucault von „Episteme“ –, ist allen Wissens- und Erkenntnisprozessen immanent. Der Kontextbegriff stellt in den Sozial- und Kulturwissenschaften eine solche zentrale Vorannahme dar. Er ist konzeptionell wichtig, wenn es darum geht, empirische Forschungsgegenstände (z.B. kulturelle Phänomene, Artefakte, Diskurse, Interaktionen, Praktiken und Ereignisse) verstehbar und für eine Theoretisierung fruchtbar zu machen. Hinter dem Kontextbegriff der zeitgenössischen Sozial- und Kulturwissenschaften – ob Musiksoziologie, Musikethnologie oder Musikgeschichte und Musiktheorie – liegt die Grundüberzeugung, dass empirische Forschungsgegenstände in Bündeln von Relationen organisiert sind. Dies impliziert eine Sozialontologie: Da soziale und kulturelle Phänomene keinesfalls als isolierte Monaden betrachtet werden, werden sie erst durch ihre soziale und kulturelle Einbettung bedeutungsvoll und verstehbar. Auf den ersten Blick würde vermutlich die große Mehrheit von MusiksoziologInnen und MusikwissenschaftlerInnen dieser Annahme zustimmen. Ein kritischer Blick würde aber bald deutlich machen, dass die einzelnen Auffassungen darüber signifikant divergieren. PoststrukturalistInnen sowie ForscherInnen aus der hermeneutischen und sozialphänomenologischen Tradition neigen dazu, Kultur und Musik im Speziellen als ein vielstimmiges „diskursives Gewimmel“ (M. Foucault) zu begreifen. Musikalische Phänomene sind demnach in ein komplexes textuelles Gewebe verwoben. Die Analogie „Kultur als Text“ (in Anlehnung an R. Barthes) wird jedoch nicht von allen geteilt. ForscherInnen, die sich stärker auf Karl Marx, den Pragmatismus eines John Dewey oder auf Ludwig Wittgensteins Spätphilosophie berufen, verstehen unter „Kontext“ einen praktischen Untergrund, der weitgehend präreflexiv wirkt. Konsequenterweise interpretiert die erste Gruppe den Kontextbegriff primär als Intertextualität, die gelegentlich so breit aufgefasst wird (z.B. von J. Derrida), dass der Kontextbegriff erodiert. Die zweite Gruppe betont wiederum die konstitutive Rolle von Konventionen, impliziten Regeln, Habitus und stummen Überzeugungen und versteht Kontext als Bündel an sozial konstituierten und organisierten Praktiken.
Kognition und Kultur. Musikalische Maskulinitätsforschung als Gegenstand der Musiksoziologie (Karsten Mackensen) Musikalische Maskulinitätsforschung tangiert zwei unmittelbar miteinander zusammenhängende Forschungsbereiche, die im Kontext einer sowohl kulturwissenschaftlich und historisch orientierten wie auch empirisch arbeitenden Musiksoziologie integriert werden können: Es handelt sich um Bedeutungsforschung und Genderforschung. Kulturwissenschaftlich-historische und empirische Methoden können nicht nur, sondern müssen hier zusammenwirken, um die implizite (und
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40 wohl auch unbeabsichtigte) Affirmation traditionell-musikhistorischer Paradigmen zu vermeiden, die der inzwischen schon älteren New Musicology durch die jüngere kulturwissenschaftlich orientierte Musiksoziologie vorgeworfen wird. Dies betrifft nicht zuletzt Fragen der musikalischen Konstruktion und Vermittlung sozialer Geschlechterrollen. Jüngere Untersuchungen zu Maskulinität in Musik bieten Hinweise für eine Lösung dieses Problems, indem sie zusätzlich zur kulturellen Kontextualisierung des Phänomens empirische Befunde der Musikpsychologie und Konzepte der Kognitionsforschung heranziehen. Zweierlei ist indes zu bemerken: Die Ansätze beziehen sich praktisch ausschließlich auf zeitgenössische populäre Musik, insbesondere das Genre Heavy Metal, und sie konzentrieren sich jeweils nur auf Teilaspekte der für die Bedeutungsbildung relevanten Faktoren. Das hier projektierte Vorhaben zielt darauf ab, systematische und kulturwissenschaftliche Zugänge zu integrieren. Konkret geht es um einen Vergleich der Maskulinitäten in ausgewählten Werken Robert Schumanns und in bestimmten Spielarten des Heavy Metal. Jeweils wird zu fragen sein: Welche Elemente der Musiken lassen sich identifizieren, die eine Einordnung in kognitiven, prototypischen Kategorien möglich oder wahrscheinlich machen, die mit maskulinen Geschlechterrollen assoziiert werden? Gibt es Invarianzen vor dem Hintergrund der grundsätzlichen kulturellen Kontingenz der Geschlechterbilder oder sind auch die zugeschriebenen Bedeutungen gänzlich konventionell? Wie lässt sich musiksoziologisch die Kopplung bestimmter musikalischer Phänomene mit sozialen Geschlechterrollen erklären?
Ideen zu einer Sozialgeschichte der musikalischen Emotionen (Marie Louise Herzfeld-Schild und Wolfgang Fuhrmann) Emotionen und emotionale Praktiken werden seit ca. fünfzehn Jahren für historische und kulturwissenschaftliche Fragestellungen von immer größerer Relevanz. In der Musikwissenschaft sind emotionshistorische Themen und Methoden bisher jedoch erst peripher vertreten, was verwundern mag, gilt doch die Musik als diejenige Kunst, die den unmittelbarsten Einfluss auf das emotionale Leben der Menschen hat. Emotionshistorische Ansätze bringen scheinbar für die Musik(wissenschaft) zahlreiche v.a. methodische Schwierigkeiten mit sich, was dazu geführt haben mag, dass bisher überwiegend andere Disziplinen wie die Geschichtswissenschaft oder die Musikpsychologie/Neurologie die Aufgabe übernommen haben, Musik und Emotionen zu erforschen. Geschichtswissenschaftliche Ansätze jedoch verstehen die Musik fast ausschließlich als bloße Bezugsgröße, an der sich emotionale Gruppenbildungen, emotionale Praktiken, emotionale Diskurse etc. beobachten und für sozialgeschichtliche Forschung fruchtbar machen lassen. Über die Musik als solche und die ihr eigenen emotionalen Dimensionen wird bei einem solchen Ansatz vergleichsweise wenig ausgesagt. Dies wiederum versucht die naturwissenschaftliche Musik- und Emotionsforschung, die dafür jedoch dazu neigt, historische und kulturelle Dimensionen außer Acht zu lassen. Beide Ansätze bringen wertvolle Ergebnisse, werden der Musik mit all ihren ästhetischen, historischen, kulturellen, performativen und sozialen Dimensionen jedoch nur teilweise gerecht.
41 Den Versuch, beide Seiten aus einer kulturwissenschaftlich-historisch ausgerichteten Perspektive miteinander zu verbinden und dabei die Zuständigkeitsbestimmung der Musikwissenschaft in Fragen der Verbindung von Emotionsgeschichte und Musik zu stärken, macht sich dieser Vortrag zur Aufgabe. Dabei soll in einem ersten Teil aufgezeigt werden, welche Nutzen und Notwendigkeiten musikhistorische, -analytische, -theoretische, -ästhetische etc. Kenntnisse für Aussagen über Musik und Emotionsgeschichte haben. In einem zweiten Teil soll an einigen Beispielen diskutiert werden, welche Fragestellungen und Methodenwahl sich aus einem sinnvollen emotionshistorischen Zugang für musikwissenschaftliche Themen ergeben, welche Quellen dafür herangezogen werden und welche Forschungsperspektiven daraus für die Zukunft unseres Faches erwachsen können. Als Ausgangsthese dafür mag dienen, dass das Verhältnis von Emotion und Musik zumindest innerhalb der europäischen Musikgeschichte durch die jeweiligen soziokulturell zur Verfügung gestellten Subjektivitätskonzepte geprägt wird. Damit wird auch versucht, eine genuin musikalische – und nicht nur eine auf Musik bezogene – Sozialgeschichte zu entwerfen.
Aufführungsorte, Handlungsräume, Musik-Topographien: Raumsoziologische Perspektiven auf Musikgeschichte (Anna Langenbruch, Carolin Stahrenberg und Gesa zur Nieden) In den letzten Jahren haben raumsoziologische Forschungen die Perspektive auf eine Sozial- und Kulturgeschichte der Musik grundlegend erweitert. Der Vortrag erläutert dies beispielhaft anhand dreier Forschungsfelder – der Kulturgeschichte des Musik-Exils, der Institutionengeschichte und der historisch orientierten Popularmusikforschung – und zeigt, dass musikwissenschaftliche Untersuchungen zudem einen Beitrag zur raumsoziologischen Theoriebildung leisten können. Die Vortragsgruppe nimmt gegenwärtige raumsoziologische Theorien (Löw, Schroer, Böhme, Steets) zum Ausgangspunkt und lotet unter den Stichworten „Topographien/Vernetzung“, „Bauten/Repräsentation“ und „(An)Ordnungen/Routinen/ Macht“ das wechselseitige Transferpotential raumsoziologischer und musikwissenschaftlicher Ansätze aus. Im Fokus stehen dabei nicht primär musikalische Werke als statische „Produkte“, sondern prozessorientierte Formen des musikalischen Handelns, die Akteure als gesellschaftlich verortete Produzenten von Bedeutung und ihre (musikbezogene) Interaktion in den Mittelpunkt stellen. Durch die Verschiebung der Perspektive entstehen neue Blicke auf (Musik-)Geschichte, die heterogene Quellenbestände – etwa auch städtebauliche und architektonische Quellen – und Musiken ganz unterschiedlicher Ästhetiken stringent zu verknüpfen erlauben. Damit werden auch tradierte Wertigkeiten, Hierarchisierungen und Kategorisierungen hinterfragt. Insofern zielt der Vortrag auf eine raummusiksoziologische Theoriebildung, die Orte und Räume der Musik in ihrer Spezifik historisch greifbar macht und damit auch der Raumsoziologie neue Perspektiven eröffnet.
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Die Medialität musikalischer Praxis als Ausdruck gesellschaftlicher Kontingenz (Franziska Hohl) Sich aus soziologischer Sicht mit Musik zu beschäftigen, öffnet Perspektiven. Im Horizont des Gesellschaftlichen schafft Musik eine Gegenwelt, die nicht greifbar ist und damit auf Alternativen hinweist. Kunst, und damit eben auch Musik, expliziert in einem Luhmann’schen Sinne Kontingenz, indem sie Unsichtbares sichtbar macht und konkret offenlegt, dass gesellschaftliche Strukturen auch anders aussehen können. Im Fall der Musik zeigt sich dies insbesondere in musikalischen Praktiken, die dezidiert mit Erwartungen brechen und damit verdeutlichen, wie stark sich unsere Hörpraxis an gewohnten klanglichen Strukturen orientiert. Insbesondere die Improvisation changiert zwischen Regelhaftigkeit und Unabhängigkeit, zwischen Kalkulation und Spontanität, zwischen Zwang und Freiheit. Sie macht somit das Spiel mit Erwartungen hörbar. Situativ operiert improvisatorische Praxis mittels Medien, die einen musikalischen Akt hervorbringen. Bei diesen Medien handelt es sich in der Unmittelbarkeit eines musikalischen Prozesses zunächst um etwas Fragiles, etwas Nicht- Beobachtbares, etwas Unabgeschlossenes. Sobald die Zurechnungspunkte der Praxis reflektiert werden, handelt es sich bereits um eindeutig benennbare Formen: Es wird beispielsweise auf musikalische Regelhaftigkeiten, musikalisches Material, die musizierende Person selbst, Erwartungshaltungen und Instrumente verwiesen. Im Moment des Spiels bleibt das zu erwartende Klangerlebnis, das aus der Kombination dieser Komponenten resultiert, für Musizierende wie auch Rezipierende unbestimmbar. Die unbestimmbare Medialität geht schließlich in konkret hörbarer und letztendlich auch reflektierbarer Form auf. Indem sie verschiedene Kopplungsweisen von Medien hörbar macht, schafft die Medialität neue Möglichkeitsräume. Musik versorgt uns auf diese Weise mit unterschiedlichen Formen der Realität, die als eigengesetzliche Verdopplung im Sinne eines Gegenentwurfs entstehen. Die Aufgabe einer musiksoziologischen Untersuchung kann gerade darin bestehen, diese gesellschaftliche Funktion der Musik ernst zu nehmen und damit die potenzielle (Selbst-)Reflexion gesellschaftlicher Praxis zu ermöglichen. Musiksoziologische Untersuchungen machen gesellschaftliche Ordnung folglich reflektierbar und schärfen damit den soziologischen Blick.
Qualitativ-rekonstruktiv informierte Musikanalyse als Zugang zu musikalischem Erleben und musikalischer Form (Holger Schwetter) Nachdem die Musikanalyse im Rahmen der Forschung zu populärer Musik lange Zeit ein Schattendasein fristete, ist in den letzten Jahren eine verstärkte Debatte darum festzustellen, die sich in zahlreichen Veröffentlichungen niederschlägt. 1 Zudem sind eine ganze Reihe interessanter neuer methodischer Zugänge vorgestellt worden (Bennett 2015, Butler 2006, Ismaiel-Wendt 2011, Moore 2012). Ein seit langem zu Recht vorgetragener Kritikpunkt an der Musikanalyse ist, dass jeweils zu untersuchende Werk als absolutes zu konstruieren, von seinen Rezeptionskontexten zu lösen und dadurch nur bedingt aussagekräftig zu sein. Gerade die
43 Ber cksichtigung der Produktions- und Rezeptionssituationen könnte also, positiv formuliert, das Erkenntnispotenzial musikalischer Analysetätigkeiten erweitern. So fordert bspw. Döhring, bei der Analyse von Tanzmusik die Tanzerfahrung der Tänzer zu ber cksichtigen (Doehring 2015), Bøhler ergänzt die Analyse kubanischer Tanzmusik durch Interviews mit Musikern (Bøhler 2015). Derartige Forderungen und Analysen weisen den Weg in Richtung einer Kombination und im besten Falle Integration musikanalytischer und empirisch sozialwissenschaftlicher Methoden hin zu einer „empirical aesthetic theory“ (Bøhler 2013). Ein derartiger methodischer Zugang wird von mir als qualitativ-rekonstruktiv informierte Musikanalyse bezeichnet. Im Vortrag wird dieser Zugang an dem musikalischen Repertoire der »progressiven« Rockdiskothek der 1970er Jahre in Norddeutschland als einem konkreten historischen Beispiel entwickelt. Über diese Einrichtungen ist bislang wenig bekannt. Zwar waren sie weit verbreitet (Schmerenbeck 2007), sind aber sowohl in der damaligen (Forschungs-) Literatur als auch in der heutigen Musikforschung kein Gegenstand der Beschäftigung. Dabei wurde gerade in ihnen der Chronotopos Diskothek als spezifischer Erlebnisraum für popmusikalisches Erleben entwickelt und auch für nachfolgende Jugendkulturen etabliert. Als Zugang zur Rekonstruktion des dortigen Geschehens wird eine Methodentriangulation aus Quellenstudium, biografischen Interviews und Gruppendiskussionen sowie Musikanalysen gewählt. Am Korpus des Musikrepertoires lässt sich zeigen, welche Erkenntnisse durch die Integration von Interviewforschung in die Musikanalyse möglich werden: Es wird deutlich, wie das Musikerleben und Handeln in der Diskothek durch die musikalischen Formen strukturiert wird und wie andererseits die Anforderungen der Diskothek auf die Kompositionsprinzipien der dort gespielten St cke zur ckwirken. Die musikalische Form und der Erlebnisraum Rockdiskothek stehen in einer wechselseitigen Beziehung und Sinngebung, die durch qualitativrekonstruktiv informierte Musikanalyse sichtbar wird.
Was heißt: soziale Dechiffrierung von Musik? Weberns Orchesterstücke und der „Kanonendonner von Verdun“ (Andreas Meyer) In einer berühmten Passage seines Webern-Aufsatzes von 1959 beschreibt Theodor W. Adorno das „dreifache piano“ in „Weberns Orchesterstücken“ – gemeint sind die später als op. 6 und op. 10 veröffentlichten Kompositionen der Jahre 1909 bis 1913 – als fernes Echo des „Kanonendonners von Verdun“; darin berühre sich Webern „mit den Lyrikern Heym und Trakl, den Propheten des Krieges von 1914“. Inzwischen ist nicht nur manches bekannt über die biographischen Hintergründe bei Adorno – der 1916 tatsächlich im Schwarzwald Kanonendonner gehört hat –, bekannt ist auch Weberns eigene, autobiographische Deutung von op. 6, die mitnichten auf den Krieg verweist. Aufgearbeitet wurden und werden die zum Teil überaus komplexen philologischen Grundlagen oder auch analytische Aspekte; zum Beispiel lässt sich op. 6, Nr. 4 – ein naheliegender Kandidat für Adornos Beschreibung – als apokalyptische Vision eines Trauermarschs im Detail analysieren. Nicht zuletzt ergibt eine Lektüre von Weberns Briefen aus der Zeit um 1914 eine sehr ernüchternde Sicht auf Weberns erschreckend naive, mitunter martialische Haltung zum Krieg.
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44 Dennoch hat Adornos Bild eine eigenartige Evidenz – und berührt sich mit vergleichbaren Fällen dieser Art, unter denen Strawinsky Le sacre du printemps wohl der prominenteste ist. Offenbar lässt die – mit Jan Mukařovský gesprochen – „ästhetische Funktion“ dieser Werke eine entsprechende Lesart zu. Andererseits musste man kein Prophet sein, um in den Jahren nach 1910 die drohende Kriegsgefahr und die Militarisierung des öffentlichen Diskurses zu erkennen; zum Teil dokumentieren Beispiele der populären (Musik-)Kultur diese Vorgänge viel drastischer. Der Vortrag diskutiert die verschiedenen methodischen Optionen, die sich aus der Arbeit an einer Studie über Musikgeschichte im synchronen Schnitt („1913“) ergeben haben. Plädiert wird für eine Musiksoziologie, die sich nicht auf empirische Sozialforschung beschränkt und nicht auf musikalische Sozialgeschichte, sondern auf dem gegebenen Niveau „klassischer“ und aktueller Positionen der Theoriebildung Musik als Kunst reflektiert – eine Musiksoziologie aber auch, die allfällige Mythen dekonstruiert und nicht einer Komponisten- und Werke-Idolatrie erliegt.
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I. Ausstellung »MEIN RADIO MOZART« von Roland Siegrist Eröffnung der Ausstellung an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz: Dienstag, 13. September 2016
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Ausstellung: 14. September bis 14. Oktober 2016 Mo-Do 9-16 Uhr | Fr 9-13 Uhr Geschwister-Scholl-Straße 2 | 55131 Mainz Die Akademie lädt ein zur Eröffnung der Ausstellung ›Mein Radio Mozart‹. Die Ausstellung zeigt 349 Aquarelle des Grafikkünstlers Roland Siegrist. Die gezeigten Werke sind inspiriert von Kompositionen Wolfgang Amadeus Mozarts, die innerhalb eines Jahres im Radio zu hören waren. Roland Siegrist hörte sich von April 2013 bis April 2014 alle Kompositionen von Mozart an, die in den Programmen der Radiosender SWR 2, HR 2 und Bayern Klassik gesendet wurden. Die von ihm unmittelbar nach den Rundfunkübertragungen angefertigten Sendeprotokolle erfassen jeweils das Datum, die Bezeichnung der Komposition, das Köchelverzeichnis und die Interpreten. Eine intuitiv gewählte Farbe ergänzt die Aufzeichnung des Gehörten. So entstanden 349 Aquarelle, überlagert von handschriftlichen Aufzeichnungen. Die Farbe ist der Versuch, das Gehörte fassbar zu machen, das Geschriebene drückt das Profane der Radiosendung aus. Die künstlerischen Protokolle sind in der Ausstellung in verschiedenen Rahmen chronologisch zusammengefasst. Der Grafiker Roland Siegrist, geboren 1941 in Basel, lehrte als Professor im Fach Design von 1973 bis 2006 an der Hochschule Mainz. Auslandsaufenthalte führten ihn an die University of Utah, Salt Lake City und an die Pyongtaek University, Korea. Er kuratierte mehrere Ausstellungen in Mainz, unter anderem im Gutenberg Pavillon im Jahr 2000 oder für den Mainzer Kunstverein, dessen Leiter er von 1976 bis 1982 war. Auch auf internationaler Ebene wirkte er als Kurator, beispielsweise für die Ausstellung ›World Format: Swiss Poster Design‹ (2010) in Seoul. Darüber hinaus war er an zahlreichen Kunstprojekten in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und Italien beteiligt. Der Eintritt ist frei.
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