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Ausgabe 48
09. Dezember 2016
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Wirtschaft
Trumps Super-Protektionismus Donald Trump will keine multilateralen Handelsabkommen, sondern einen bilateral orientierten Protektionismus
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as für die USA aufgehen könnte, ist brandgefährlich für den Rest der Welt. Denn die USA können mit dem Dollar, ihrer militärischen Dominanz und ihrem politischen Einfluss in einem neuen Handels- und Währungskrieg enormen Druck auf einzelne Staaten und Unternehmen ausüben. Einer von Trumps Kernpunkten ist die Etablierung eines primär binnenwirtschaftlich getriebenen Wachstumsmodells. Schon diesbezüglich sind die Vorstellungen jedoch sehr konfliktträchtig. In der Situation einer im internationalen wie intertemporalen Vergleich viel zu niedrigen Sparquote will Trump ein längst überfälliges Infrastruktur-Programm lancieren. Darüber hinaus will er die Verteidigungsausgaben erhöhen und die Einkommens- und Kapitalgewinn-Steuersätze für die höchsten Einkommen sowie die Steuersätze für Unternehmen drastisch kürzen. Würde all dies effektiv umgesetzt, könnten die Zinsen in den USA und der Dollar zu einem ungeahnten Höhenflug ansetzen. Das hätte wiederum vernichtende Rückwirkungen für die amerikanische Industrie, welche durch den Wech-
Donald Trump. Foto: Flickr/ Gage Skidmore/Cc by sa 2.0
selkurs geschädigt würde. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt hat, dass er die Industrie in den USA wieder groß machen will – eine der vielen Ungereimtheiten, aber eine politisch zentrale. Wohl nicht zuletzt deshalb will Trump eine tiefgreifende Abkehr vom bisherigen Modell der Globalisierung, welches die amerikanische Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklung der letzten beiden Jahrzehnte geprägt hat. Damit sollen die Nachteile für die amerikanische Industrie aufgehoben werden. Dies in einer Weise, welche eine Form von Importsubstitution darstellt: Produkte, welche bisher auch ge-
rade von amerikanischen Unternehmen im Ausland (China, Mexiko) produziert und von dort in die USA exportiert worden sind, sollen nun wieder vor Ort in den Vereinigten Staaten hergestellt werden. Das ist ein Modell, das in der Geschichte eher von Entwicklungs-Ökonomen anvisiert worden ist. Man könnte es als eine Form von nicht-akademischem NeoStrukturalismus bezeichnen: Exportorientiertes Handelsmodell, fokussiert auf hohe Wertschöpfung, bei gleichzeitiger Import-Substitution, wo immer es geht. Raul Prebisch lässt grüßen, nachdem er während einiger Jahrzehnte gerade von amerikanischen Ökonomen belächelt und vergessen worden ist. Dass der neue Präsident eine radikale Kehrtwende anvisiert, kann seiner Ankündigung entnommen werden, das während 10 Jahren bzw. von den USA seit 7 Jahren in komplexen multilateralen Verhandlungen abgestimmte TPP-Abkommen an seinem ersten Arbeitstag zu streichen. Dieses Abkommen hätte einerseits alle erdenklichen Interessen der amerikanischen Großunternehmen oder Multinationalen zum Programm gemacht. Es wäre
Analyse
Autohersteller erhöhen Eigenzulassungen Der deutsche Automarkt ist ein stark gesättigter Markt. Um sich ihren Marktanteil zu sichern, setzen die Autohändler und Autobauer auf Rabatte und Eigenzulassungen. Den Eigenzulassungen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die Eigenzulassungen sorgen einmal dafür, die Marktanteile in die Höhe zu schrauben, und gleichzeitig ermöglichen sie es den Händlern und Herstellern, eigene Autos zu günstigeren Preisen auf den Markt zu bringen. Mittlerweile sind 30 Prozent der Neuwagen Eigenzulassungen. Von September auf Oktober hat sich der Anteil der Eigenzulassungen noch einmal erhöht. „Be-
sonders die beiden Marken mit der sonst größten Zurückhaltung bei dieser Art der Absatzförderung, Ford und Skoda, lagen im September deutlich über ihrem bisherigen Jahres-Durchschnitt“, heißt es im aktuellen Überblick des CAR-Center Automotive Research, dem Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vorsteht. Während Fiat, Kia, Hyundai und Mazda ihre Eigenzulassungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum reduzierte, erhöhten Nissan, Opel und Audi diese. Bei Nissan sind mittlerweile 46,8 Prozent der Gesamtzulassungen Eigenzulassungen. Bei Opel sind es 47,4 und bei Audi beispielsweise 31,5
Prozent. „Obwohl der Neuwagenmarkt in den letzten neun Monaten Wachstum zeigte, verharren die Rabatte auf hohem Niveau – ja sogar sind im Monat Oktober wieder gestiegen“, sagte Dudenhöffer den Deutschen Mittelstands Nachrichten. Der deutsche Automarkt ist einer der am stärksten rabattierten Märkte der Welt. Zusammen mit den Auswirkungen der erhöhten Eigenzulassungen sorgten die neuerlichen Rabatte für einen Anstieg des Rabatt-Index auf 126 Punkte. So hoch war der Wert des Index seit Mai 2016 nicht mehr gewesen. 1
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auch von den Republikanern im Kongress mitgetragen worden. Natürlich zum Preis von Investorenschutz und fragwürdigen Handelsgerichten. Andererseits enthielt TPP effektiv Elemente, die gegenüber den bisherigen Handelsabkommen als Fortschritt anzuerkennen sind. So enthält TPP Arbeitsschutzbestimmungen, Recht auf gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiter, und Umweltschutzvorschriften. Ob diese Punkte in der Praxis durchzusetzen wären, ist eine andere Frage. Das Abkommen in diesem Stadium zu verwerfen, ist ein Signal an die ganze Welt. Was Trump explizit anstelle dessen anstrebt, ist ein System bilateraler Handelsbeziehungen, wobei in jedem Einzelfall die USA nicht benachteiligt sein dürfen. Genau dies hat der neu ernannte Handelsminister Ross bei seiner ersten öffentlichen Wortmeldung hervorgehoben. In solchen bilateralen Verhandlungen werden die Vereinigten Staaten aufgrund ihrer Macht – Größe der Wirtschaft, Dollar, Militär, Politik – immer in einer starken, ja dominierenden Position sein. Doch diese binnen- und außenwirtschaftliche Wende hat weitreichende Konsequenzen, die von den Autoren dieser Strategie nicht voll durchdacht sein dürften. Offenbar ist die Periode multilateraler Abkommen, die ein Kernelement der Globalisierung waren, zumindest für einige Jahre, möglicherweise auch für viel länger beendet. TPP und TTIP stellen zwei Abkommen dar, welche diese Richtung weiterentwickelt und dem amerikanisch beherrschten Multilateralismus neue Dynamik verschafft hätten. Für die vorhersehbare Zukunft scheinen wir einer Periode des Regionalismus und bilateraler oder selektiv multilateraler Abkommen zwischen Wirtschaftsregionen entgegen zu steuern – oder versteckten und offenen Handels- und Währungskriegen. Denn so spektakulär diese Ankündigung in Bezug auf TPP ist, so geht sie doch am Kern vorbei. Das TPP ist ein multilaterales Abkommen mit zahlreichen asiatischen, lateinamerikanischen und pazifischen Ländern, unter anderem auch mit Mexiko, nicht aber mit China oder Südkorea – oder mit Europa. Und dort liegt die Krux. Denn die Defizite der Außenhandels- und der Leistungsbilanz der Vereinigten Staaten entspringen fast ausschließlich den Han-
delsbeziehungen mit China, mit der Eurozone und nur an dritter Stelle mit Mexiko. Die Fokussierung auf bilaterale Handelsbeziehungen impliziert, dass die USA vor allem gegenüber diesen Ländern oder Ländergruppen mit Maßnahmen verschiedener Art auftreten werden. Die Administration hat in diesem Bereich im Übrigen weitgehende Handlungsfreiheit. Weder muss sie den Kongress einbeziehen, noch hat sie erfolgsversprechende Rechtsschritte der eigenen oder ausländischen Unternehmen zu befürchten. Sie kann den betroffenen Handelspartnern einfach Einfuhrquoten oder selektive Schutzzölle auferlegen und mit ihnen Verlagerungsziele vereinbaren. Das hat im Übrigen die Reagan-Administration damals mit den japanischen Autobauern gemacht. Man kann, um offene Konfrontation zu meiden, auch mit einzelnen in- und ausländischen Unternehmen direkte bilaterale Gespräche führen, um sie zu Produktionsverlagerungen zu drängen. Das führt zu einer Verwilderung der Handelspraktiken, zu einer Kombination von Druck und Anreizen. Offenbar hat der designierte Präsident telefonisch in diesem Sinne bereits mit dem CEO von Apple diskutiert und vielerlei Erleichterungen in Aussicht gestellt. Gegenüber einem mittelständischen Unternehmen in Indiana wurde ein medienwirksamer Kurswechsel in letzter Sekunde erreicht – um den Preis von Steuerkrediten für 10 Jahre. Man kann solche Gespräche mit den US-Autoherstellern führen, mit Apple, mit vielen anderen Großunternehmen, um sie zur Rückkehr nach Amerika zu ermuntern bzw. zwingen. Oder bedeutende ausländische Hersteller wie den großen koreanischen Autobauer Hyundai oder den Technologiekonzern Samsung zu Investitionen in den USA ‚einladen’. Auch deutsche Unternehmen – etwa die Autound Maschinenbauer – eignen sich hervorragend für solche Gespräche. Donald Trump stellt sich dies wohl so vor, dass mit seiner Machtposition dann ‚the art of the deal‘ voll zum Tragen kommt. Für ausländische Hersteller bedeutet dies nichts anderes, als dass ein Teil ihrer bisherigen Produktionskapazität an anderen Standorten obsolet wird. Die Bilateralisierung des Außenhandels würde ohne jeden Zweifel China und mit
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weitem Abstand Deutschland und andere europäische Länder sowie Mexiko zu prioritären bilateralen ‚Verhandlungspartnern‘ machen. China, Europa und Mexiko sind von Trump mehrfach im Wahlkampf als unfaire Handelspartner gebrandmarkt worden. Er hat den Bruch oder die Neuaushandlung der WTO und des NAFTAAbkommens in Aussicht gestellt. China und Deutschland, letzteres mit seinen Überschüssen in der Leistungsbilanz von fast 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, stehen nicht nur aufgrund ihrer bilateralen Handelsbilanz-Salden gegenüber den USA im Verdacht, mit merkantilistischen Konzepten in der Wirtschaftspolitik zu operieren. Kommt noch hinzu, dass in beiden Fällen die Notenbank in der Vergangenheit aktiv die Währung durch ihre Geldpolitik gedrückt hat. Im Falle Chinas kommt ein zusätzliches, langes Sündenregister von Verletzungen durch Abschottung des Marktes und anderen bürokratischen Hürden hinzu. Der Bilateralismus und der angedrohte Bruch von Handelsabkommen schaffen vor allem eines, nämlich Unsicherheit. Niemand weiß, wohin die Reise gehen wird. Die Unternehmen werden damit ihre globalen Investitionspläne vorsichtig gestalten. Vor allem bei Neuinvestitionen werden sie sich zurückhalten – zumal wenn daraus Exportströme zunächst in Richtung der USA entstehen könnten. Dabei wird es auch harsche Retorsionsmaßnahmen geben. China wird sich nicht alles gefallen lassen. Das Land könnte auch versucht sein, seine Überschüsse verstärkt dort abzuladen, wo es weniger Widerstände gibt – etwa in Europa. Der Vorteil multilateraler Handelsabkommen ist die Rechtssicherheit, welche den Unternehmen eine langfristig stabile Kalkulationsbasis gewährt. Sie können eine einigermaßen vernünftige Investitionsrechnung erstellen. Plötzliche Überraschungen aus dem Nichts sind so nicht zu erwarten. Mit Bilateralismus, mit Retorsionsmaßnahmen, mit dem Rückgriff auf ein ‚Catch as catch can‘, mit einer Politik von ‚Deals‘ ist das nicht mehr der Fall. Es würden auf globaler Ebene große regionale Wirtschaftsblöcke begünstigt, welche den Austausch im Innern der Wirtschaftsund Handelszone favorisieren. Generell würde der interregionale Welthandel im 2
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Wachstum eingeschränkt werden oder sogar deutlich fallen. Multinationale sind als Gesprächspartner wie in Bezug auf ihre Handlungsmöglichkeiten bei bilateralen Deals sicher flexibler. Mittelständler sind eher benachteiligt, weil sie weniger Zugang zur Macht haben. Die Vereinigten Staaten sind nicht der einzige Freihandels-Champion der Vergangenheit, der einen rabiaten Kurswechsel vornehmen will. Das Vereinigte Königreich, Mutterland des Freihandels, will mit dem Brexit die größte oder zweitgrößte Freihandelszone der Welt – die Europäische Union – verlassen. Natürlich will sie am Freihandel mit der EU festhalten und sich zusätzlich Freiheitsgrade im Außenhandel gegenüber Drittländern verschaffen. So können die Commonwealth-Vergangenheit und die speziellen Beziehungen mit den USA nützlich und hilfreich gemacht werden. Premierministerin Theresa May hat vor dem britischen Industriellenverband CBI angekündigt, dass das Vereinigte Königreich die niedrigsten Steuersätze für Unternehmen der G-20 einführen will. Das ist keine Kleinigkeit, denn Donald Trump will die offiziellen Steuersätze für Unternehmen in den Vereinigten Staaten auf 15 Prozent absenken. Das hat der designierte Finanzminister Mnuchin bekannt gegeben. Die effektiven Steuersätze werden dann auf plus minus 10 Prozent zu stehen kommen – für systematisch Gewinn machende, große Unternehmen. Alle anderen zahlen weniger oder nichts. Wenn Theresa May das noch unterbieten will, dann werden die Steuersätze dort gegen Null tendieren. Zusätzlich hat die britische Regierung angekündigt, dass sie nach Jahrzehnten des Abseitsstehens eine kohärente Industriepolitik einführen will. Das ist löblich. Nur stellen sich offene Fragen im Anschluss an die ersten Gespräche mit Nissan, bei denen offenbar Versprechungen gemacht worden sind. Viele andere Unternehmen mit einer gewissen Bedeutung werden nun auch das Gespräch – oder den ‚Deal‘ mit der Regierung suchen – keine Steuern für so und so lang, Subventionen für ein neues Werk, Regierungsaufträge usw. Mit Steuerdumping, mit wettbewerbsverzerrenden Formen der Industriepolitik, mit der Abwertung des Pfunds und mit
Freihandel – mit allen will die britische Premierministerin also die Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens verbessern. Sie will die Industrie auf diese Weise, weniger über Importsubstitution wie Trump in den USA, vor allem über den Güterexport beflügeln – nicht zuletzt in die Europäische Union. Das ist eine unmaskierte ‚beggar-thy-neighbour‘-Politik, die das Land auf dem Rücken der Europäischen Union implementieren will. Das Vereinigte Königreich ist nicht ein Kleinstaat an der Peripherie, sondern eine hochentwickelte Volkswirtschaft, die zweitgrößte in Europa, direkt als Eingangstor oder Hub für überseeische Unternehmen. Diese geplante Politik zu verhindern, muss die oberste Priorität für die Europäische Union bei den Austrittsverhandlungen sein. Von daher tönt es ominös, dass die EU dem Vereinigten Königreich tatsächlich weiteren Marktzugang nur um den Preis einer Fortsetzung der Zahlungen offeriert hat. Damit wäre die EU endgültig als unbrauchbar diskreditiert – und zwar auf ihrem Kerngebiet, den Handelsbeziehungen. Der deutsche Finanzminister Schäuble hat darauf scharf reagiert. Er hat an die Beschlüsse von Gipfeln erinnert, die solchen Steuerwettbewerb unterbinden. Er hat vollkommen Recht. Denn das Ganze ist ein fürchterlicher Unsinn. Die Unternehmenssteuern zu senken, wurde seit Jahrzehnten von neoliberalen Ökonomen immer damit begründet, dass so die Investitionen – der Wachstumsmotor par excellence – stimuliert würden. Als zweiter Faktor müssten nur noch die Löhne begrenzt oder gekürzt werden. Damit sollen höhere Investitionen, damit zusammenhängend erhöhte Produktivitätszuwächse und wachsender Wohlstand verbunden sein. Die empirische Evidenz ist grauenvoll. Es ist genau umgekehrt. Wir haben heute weltweit die niedrigsten Steuersätze für Unternehmen der Nachkriegszeit. Doch die Investitionsquoten, definiert als Anteile der Unternehmensinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt, sind zusammengebrochen, ebenso die gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritte. Dies gilt für viele Länder in der EU, aber auch für die USA. Dafür sind die Budgetdefizite und die Verschuldungsquoten der öffentlichen Haushalte explosionsartig an-
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gestiegen – Tendenz ungebrochen, auch dort wo die offiziellen Zahlen eine Stabilisierung vortäuschen, wie in Deutschland. Eine Eskalation der Politik weiterer Steuersenkungen, wie dies Trump und Theresa May anstreben, kann nur eine Politik des ruinösen Steuerwettbewerbs und des Aushöhlens der Staatshaushalte sein – eine klassische ‚beggar thy neighbour‘-Politik gegen Außen und gegen die eigene Bevölkerung zugunsten des ‚shareholder value‘ oder für die ‚1 Prozent‘. Wenn die beiden historischen Länder des Freihandels auf Neo-Strukturalismus, auf selektiven, machtpolitisch geprägten Bilateralismus‚ auf offene und versteckte Formen von ,beggar thy neighbour‘-Politik umsteigen, kann man sich leicht ausmalen, wohin die Reise im Welthandel gehen kann. Die Abkehr von der Politik des Multilateralismus hat verschiedene Hintergründe. Einer davon ist China, ein anderer die WTO-Handelsabkommen mit ihren vielen Ungereimtheiten. Die heute dominant gewordene Welthandelsmacht China bewegt sich in einem solchen Umfeld, dem WTOAbkommen. China hat aber darin in einer historisch präzedenzlosen Weise Grauzonen ausgelotet und Vorteile für sich herausgeholt – zum Schaden des Rests der Welt. China nutzt seinen potentiell riesigen und immer noch verhältnismäßig rasch wachsenden Binnenmarkt, etabliert zahlreiche Handelsbarrieren und Schikanen gegen Importe, und erlegt einen Zwang zur lokalen Produktion für viele Sektoren und Unternehmen auf, die für diesen Binnenmarkt produzieren wollen. China bietet sich umgekehrt als Plattform für Exportindustrien an, unter Ausnutzung frühindustriell ausbeuterischer Arbeitsbeziehungen und Verletzung von Umweltstandards. China subventioniert seine eigenen Exportindustrien mit Steuerprivilegien, staatlichen Krediten, finanziert jahrelange Dumpingpraktiken in als vital angesehenen Kernindustrien, verletzt Patente und betreibt in einem einmaligen Umfang Industriespionage. China finanziert mit staatlichen Mitteln die Expansion seiner Firmen, um strategische Akquisitionen in Zukunftssektoren im Ausland zu tätigen, und manipuliert seine Währung, die systematisch weit unterbewer3
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tet ist. Dabei muss noch nach Perioden unterschieden werden: Bis vor wenigen Jahren waren solche Praktiken teilweise der mangelnden Kontrolle der Zentrale über die Provinzen zuzuschreiben. Seit der Machtübernahme durch Xi Jinping sind diese Praktiken zunehmend zentral gesteuert und viel effektiver. In einem gewissen Sinn ist China Opfer einer restlos gescheiterten Geld- und Kreditpolitik, welche zu einer der größten Blasen der Wirtschaftsgeschichte geführt hat. Die neue Führung versucht verzweifelt, sich aus dieser misslichen Situation durch eine zentral gesteuerte Politik, auch zulasten Dritter, hinauszumanövrieren. Der Rest der Welt sitzt angesichts der Handels-, Industrie- und Währungspolitik Chinas gebannt da und lässt sich seine eigenen Industrien schrittweise dezimieren. Die Europäische Union ist ein Paradebeispiel für völlige Desorientierung mit dem Effekt, dass praktisch in allen Industrieländern Europas die Industrie selektiv und in Etappen geschwächt wird. Auf einer analytischen Ebene nutzt China alle Schwachstellen des WTO-Abkommens aus, dies bis zur Schmerzgrenze. China profitiert von Interessengegensätzen zwischen Handelspartnern, Unternehmen und Sektoren, welche durch lokale Präsenz und Produktion an seinem Wachstum teilhaben wollen, und solchen, die in ihren Herkunftsländern dem Druck oder der vollen Wucht der chinesischen Exportindustrien ausgesetzt sind. China nutzt diese unterschiedlichen Interessenlagen virtuos aus. Vieles ist in den WTO-Verträgen nicht geregelt, und es gibt keine multilaterale Instanz, welche Verstöße diagnostiziert und mit Autorität bestrafen und korrigieren könnte. Solche multilateralen Verhandlungen wieder auf Ziel zu bringen, wäre zeitraubend, schwierig, würde Jahre und wohl länger als eine erste Amtszeit von Präsident Trump erfordern. Der radikale, konzentrierte bilaterale Durchgriff verspricht oberflächlich raschere Erfolge. Das Bild kann so zusammengefasst werden, dass China innerhalb von 15 Jahren die größte Handelsmacht der Welt geworden ist – Trend ungebrochen. Die Ausweitung seines Marktanteils zu Lasten der USA, Japans und der EU/Eurozone wird sich fortsetzen – möglicherweise sogar beschleunigen. China hat, ermöglicht durch
eine exzessive Kreditvergabe, eine heillos überdimensionierte Industrie aufgebaut. China schützt diese einerseits durch selektive Importbarrieren. Andererseits wird die überschüssige Kapazität durch eine systematische Unterbewertung des Yuan und durch ein eigentliches Dumping auf die Exportmärkte geworfen. Die Überschüsse in der Handelsbilanz haben 2015 wieder 6 Prozent des BIP erreicht. In den Vorjahren waren sie aufgrund rekordhoher Importpreise für Rohstoffe optisch reduziert. Für das Jahr 2016 deuten die ausgewiesenen Salden der Handelsbilanz einen Rückgang der Überschüsse Chinas an. Dies muss aber relativiert werden. China hat 2015/16 seine strategischen Erdölreserven massiv aufgestockt, zieht Vorteil aus der globalen Überproduktion und dem Fall der Erdölpreise. Die Importe sind dadurch einmalig überhöht. Letzteres gilt noch aus einem anderen Grund. Spätestens seit der mit Pauken und Trompeten vorgenommenen Abwertung des Yuan im Sommer 2015 gibt es eine Kapitalflucht aus China. Verschiedene Analysten messen diese mit den Zahlen der Devisenreserven und Komponenten aus der Finanzierungsbilanz. Diese Kapitalflucht spielt sich aber auch gut versteckt in der Handels- und Dienstleistungsbilanz ab. In- wie ausländische Unternehmen überfakturieren Importe und unterfakturieren Exporte, um so Kapital ins Ausland zu schaffen. Dies ist möglich im Austausch mit konzerneigenen oder nahestehenden Handelsgesellschaften, mit Tochter- oder Holdinggesellschaften im Ausland etc. Gegenwärtig sind wir in einer präzedenzlosen Phase global schwachen Wirtschaftswachstums. Ausgerechnet das größte Überschussland der Welt wertet seine Währung gegenüber dem Dollar deutlich ab. Seit August 2015 ist der Yuan um rund 13 Prozent gegenüber dem Dollar gefallen. Dies trotz der Tatsache, dass China Gewinne bei den Austauschrelationen (‚terms of trade’) verzeichnen kann, weil seine Importe – Rohstoffe und Halbfabrikate – durch den Zerfall der Rohstoffpreise verbilligt sind. Die Abwertung erfolgt unter Berufung auf einen falsch konstruierten Index des handelsgewichteten Wechselkurses des Yuan. Es ist absehbar, dass eine solche Politik auf eine Eskalation
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zusteuert und dass eine geharnischte Antwort erfolgen wird. Der designierte Handelsminister hat dies bereits angedeutet. Analytisch steckt dahinter ein Rahmenwerk (WTO-Gründung von 1995), das löchrig ist, und vom Newcomer China vom Beitritt im Jahr 2001 weg immer geschickter ausgenutzt wird. Dann eine Unfähigkeit und Unwilligkeit der Handelspartner, dies zu erkennen, geblendet vom scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg Chinas und den grenzenlosen Möglichkeiten von dessen Binnenmarkt. Schließlich ein unkoordiniertes Vorgehen auf internationaler Eben. Die Bush-Administration hat sich bis 2008 praktisch nie mit China auseinandergesetzt. Die Obama-Administration hat mehr dafür getan, aber primär multilaterale Handelsabkommen mit Dritten unter explizitem Ausschluss von China ausgehandelt, die jetzt offenbar ersatzlos gestrichen werden. Immerhin wurde eine Zeit lang dem Wechselkurs mehr Bedeutung geschickt. Der IWF, die USA und Europa haben China 2016 in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte aufgenommen, obwohl für jeden halbwegs qualifizierten Ökonomen klar war, dass der Index, an dem sich die chinesische Währungspolitik orientiert, eine Fehlkonstruktion ist und keinen Referenzpunkt für die chinesische Währung darstellen sollte. Der deutsche Wirtschaftsminister Gabriel ist mit einer Delegation nach Peking gereist, um den deutschen Unmut über die neuen Praktiken in China darzulegen. Er wäre sinnvoller im Rahmen einer europäischen Delegation angereist. Nur wenn alle am gleichen Strick ziehen, hat man gegenüber China Verhandlungsmacht. Neben der wichtigsten neuen globalen Handelsnation, die merkantilistisch operiert, will jetzt offenbar das bisherige Führungsland im Welthandel und im Weltwährungssystem ins gleiche Fahrwasser einschwenken. Die Trump-Administration will nicht nur selektiv – bilateral – den Binnenmarkt abschotten, sondern dem dollarhungrigen Rest der Welt auch noch das Kapital absaugen, um dieses selber für sein Infrastruktur-Programm investieren zu können. Historisch haben Weltwährungssysteme gut funktioniert, wenn die Kern- oder Ankerländer bereit waren, Freihandel vorzuleben und zu fördern, Defizite in der eigenen Handelsbilanz zuzulas4
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sen und als Kapitalgeber für den Rest der Weltwirtschaft aufzutreten. Das galt für Großbritannien vor dem Ersten und für die Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Weder China noch anscheinend die Vereinigten Staaten unter Trump erfüllen diese Bedingungen. Das wenig erfreuliche Bild, historisch durchaus mit Vorbildern aus der Zwischenkriegszeit, wird dadurch abgerundet, dass Europa als dritte große
Wirtschafts- und Währungszone daran ist, sich selbst zu zerlegen. Nicht nur ist ihr Leistungsausweis seit Jahren gegenüber den Handelspraktiken Chinas äußerst bescheiden. Gegenüber dem Vereinigten Königreich und gegenüber einer TrumpAdministration warten ganz andere Herausforderungen. Dies in einem Moment, wo die Konzentration und Förderung des internen regionalen Austauschs im Vordergrund steht angesichts der vie-
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len Fragezeichen im interregionalen Welthandel. Mit dem Brexit ist der erste Dominostein gefallen. Die italienische Bankenkrise zeigt die Unfähigkeit der Führung der Eurozone, rechtzeitig auf Bedrohungen zu reagieren. Agonie und Lähmung scheint die Operateure ausgerechnet im Moment gepackt zu haben, wo eine systemgefährdende Krise für jedermann ersichtlich kurz vor der Eskalation steht.
Energie
Elektroautos erfordern neue Energiepolitik Bis 2022 soll der Atomausstieg vollzogen sein. Die Elektroautos werden dabei zur Herausforderung Deutsche Mittelstands Nachrichten: Herr Wendler, zuletzt sind die Investitionen in Erneuerbare Energien gesunken, geplante Gas-Pipelines wie Nord Stream 2 stehen angesichts neuer Sanktionen gegenüber Russland in der Kritik. Wie schätzen Sie das aktuelle Klima bezüglich der Atomkraft in Deutschland und in der EU ein? Nicolas Wendler: Hinsichtlich der Positionierung zur Kernenergie ist in Deutschland keine Veränderung im Vergleich zu den vergangen Jahren feststellbar. Die beschlossene Politik des Ausstiegs aus der Kernenergienutzung wird weder im politischen Raum, noch in der breiten Öffentlichkeit – soweit dies in Umfragen ermittelt wird – in Frage gestellt. Auch in jüngster Zeit ist keine Veränderung der Bewertung der Kernenergie in Deutschland erkennbar. Bei Betrachtung auf EU-Ebene ergibt sich ein differenziertes Bild, da die Bestimmung des Stromerzeugungsmix‘ in nationaler Zuständigkeit liegt. In der EU ist das ganze Spektrum von energiepolitischen Positionen zur Kernenergie vertreten: Staaten, die Kernenergie schon immer abgelehnt haben, Staaten die aussteigen wollen bzw. ausgestiegen sind, Staaten, die Kernenergie als Übergangstechnologie nutzen, Staaten, die Kernenergie langfristig nutzen wollen, und ein Staat, der neu die Kernenergie nutzen will. Mit Ausnahme einer nun wieder positiveren Haltung zur Kernenergie seitens der schwedischen Re-
gierung ist mir aus den vergangenen Monaten keine Veränderung in den Positionen bekannt. Auch die Einstellung der Bevölkerung zur Kernenergie variiert stark zwischen den Ländern, ohne dass ich dazu einen aktuellen Überblick benennen kann. Deutsche Kernkraftwerke erzeugten im Jahr 2015 insgesamt 91,786 Milliarden kWh Strom (brutto). Bis 2030 sollen immer mehr Elektroautos statt Autos mit Verbrennungsmotoren fahren. Wird Ihrer Meinung nach ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien und Kohle erzeugbar sein, um diese neue Energielast zu tragen? Die Kernenergie leistet in Deutschland aktuell nach wie vor ihren Beitrag zur Deckung des Strombedarfs und zur Versorgungssicherheit. Der Einfluss der Elektromobilität ist derzeit und für die kommenden Jahre absehbar eher gering im Vergleich zum gesamten Strombedarf. Ob und wann sich das ändert, hängt wohl in erster Linie von der technisch-industriellen Entwicklung der Elektromobilität ab und ist entsprechend schwer abzuschätzen. In jedem Fall muss nach den aktuellen Planungen die Versorgungsicherheit in Deutschland ab spätestens 2022 ohne Nutzung von Kernkraftwerken in Deutschland sichergestellt werden. Es ist letztlich Aufgabe der Energiepolitik, die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten und dies bei Themen wie dem
Der Ausstieg aus der Atomkraft beruhte auch auf Berechnungen, dass der Stromverbrauch aufgrund neuer Technologien sinke. Doch neue smarte Geräte und Elektroautos werden für einen Anstieg des Strombedarfs sorgen. Foto: Flickr/Michael Kopp/CC By 2.0
Ausbau der Elektromobilität oder einer diskutierten Politik des Ausstiegs aus der Kohleverstromung entsprechend zu berücksichtigen. Glauben Sie, Deutschland wird trotz des stetig wachsenden Bedarfs an Energie und trotz neuer Atomkraftwerke im Ausland am Ausstieg festhalten? Die Beendigung der Kernenergie-Nutzung zur Stromerzeugung beruht auf einer gesetzlichen Grundlage und soll bis 2022 abgeschlossen sein. Mir sind keine Anhaltspunkte dafür bekannt, dass von diesem Pfad abgewichen werden soll. Eine solche Abweichung würde in jedem Fall eine Gesetzesänderung erfordern. Was wird Ihrer Meinung nach geschehen, wenn Deutschland am Atomausstieg festhält, der Energiebedarf aber weiter steigt? 5
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Dem Energiekonzept der Bundesregierung liegen verschiedene Energieszenarien zu Grunde, von denen die meisten von einem deutlichen Sinken des Strombedarfs ausgehen. Zugleich werden ein starker Ausbau der Erneu-
erbaren Energien sowie ein Rückgang des Gesamtenergiebedarfs angenommen. Szenarien, in denen im Zuge einer klimapolitisch bedingten Dekarbonisierung zwar der Energiebedarf sinkt, aber der Strombedarf deutlich
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steigt, werden erst seit kurzem diskutiert und haben meiner Kenntnis nach bislang keinen konzeptionellen Niederschlag gefunden. Auch diese Fragestellung ist letztlich energiepolitischer Natur.
Innovation
BMW will autonom fahrende Autos testen BMW will im kommenden Jahr eine kleine Flotte selbstfahrender PKW in der Münchner Innenstadt testen
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MW will im kommenden Jahr eine kleine Flotte selbstfahrender PKW in der Münchner Innenstadt testen. Im Jahresverlauf sollen rund 40 computergesteuerte Fahrzeuge an den Start gehen, sagte BMW-Manager Klaus Büttner der Nachrichtenagentur Reuters. „Hinter jedem Steuer sitzt ein trainierter Testfahrer“, der bei Bedarf eingreifen und das Auto per Hand lenken könne. Zudem sei zur Sicherheit jeweils ein Folgefahrzeug dabei. Wie Büttner weiter sagte, sollen später auch in anderen Städten im Inund Ausland solche Testflotten den Betrieb aufnehmen. Details wollte er nicht nennen. Gegenverkehr, Parkplatzsuchende, Radfahrer und Fußgänger – was für geübte Autofahrer im Stadtverkehr Alltag ist, macht Computern und Sensorik bei der Erfassung von Verkehrssituationen noch Probleme. Tausende Testkilometer und -situationen sollen hier Abhilfe schaffen. Versuche mit selbstfahrenden Autos fanden lange Zeit vor allem auf der Autobahn statt. Das autonome Fahren gilt als eine der Schlüsseltechnologien für die Mobilität der Zukunft. Autobauer wie BMW oder die Konkurrenten Daimler und Audi stecken Milliarden in Forschung und Erprobung der Technik – in der Hoffnung, irgendwann eine Führungsrolle einzunehmen. Neben der Fahrzeugindustrie liebäugeln auch Anbieter aus der IT-Branche damit. Der US-Internetkonzern Google und der italienischamerikanische Autobauer Fiat Chrysler wollen etwa gemeinsam eine Flotte von 100 selbstfahrenden Minibussen auf die Straße bringen. Andere Fahrzeughersteller scheuen vor solchen Kooperationen zurück, weil sie fürchten, zum Zulieferer
degradiert zu werden, während die Technologiekonzerne die Gewinne abschöpfen. Denn autonom fahrende Flotten könnten künftig ganz neue Geschäftsfelder eröffnen – fernab vom klassischen Modell: Autos bauen und verkaufen.
andere ärgern.“ Bei manchen Dingen wie Kartendiensten oder Ladeinfrastruktur für Elektroautos seien indes Allianzen sinnvoll. BMW will gemeinsam mit dem US-Chipriesen Intel und dem israeli-
Die Münchner Innenstadt wird im kommenden Jahr zum neuen Testfeld für selbstfahrende Autos. Foto: Flickr/sanfamedia.com/CC by nd 2.0
Dem Fahrdienst-Anbieter Uber wird beispielsweise nachgesagt, autonom steuernde Fahrzeuge bei einem Autobauer kaufen zu wollen. „Jeder spricht von Uber oder Lyft“, sagte BMW-Chef Harald Krüger. „Wir setzen andere Schwerpunkte.“ Der Münchner Konzern werde die Mobilitätsdienstleistungen ausweiten und habe mit seinem Flottengeschäft dabei langfristig viele Möglichkeiten. BMW wolle in der Lage sein, dank eigener starker Finanzkraft Innovationen zu stemmen. „Wir wollen ganz vorne mitspielen und auch
schen Kameratechnik-Spezialisten Mobileye 2021 selbstfahrende Autos auf die Straße bringen. Krügers Angaben zufolge ist es noch zu früh zu sagen, ob sie gleich für Gewinn sorgen. Aber mit Fahrerassistenzsystemen, von denen immer mehr angeboten werden, verdiene BMW schon heute Geld. Experten des Autobauers zufolge machen bei Fahrdienst-Anbietern derzeit die Fahrer die Hälfte der Kosten aus. BMWManager Tony Douglas sagt: „Wenn der Fahrer weg ist, hat man die Lizenz zum Gelddrucken.“ 6
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Deutsche Industrie kritisiert Anleihenkäufe Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat die EZB-Entscheidung zur Verlängerung ihrer Anleihen-Käufe kritisiert
EZB-Chef Mario Draghi.
Foto: Flickr/European Central Bank/CC by nc nd 2.0
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Höhe von 540 Milliarden Euro hinzu. Das Gesamtprogramm schwillt auf 2,28 Billionen Euro an, so Reuters. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sagte am Donnerstag: „Die heutige EZB-Entscheidung geht in die falsche Richtung.“ Vor dem Hintergrund der bereits überaus lockeren Geldpolitik habe der Reformeifer der europäischen Staaten zuletzt nachgelassen. Die zurückhaltenden Investitionen belegten trotz der niedrigen Zinsen, dass es weniger an der Finanzierung, sondern vor allem an
ie Europäische Zentralbank geht mit ihrem billionenschweren AnleihenProgramm in die Verlängerung. Die umstrittenen Wertpapier-Käufe sollen nun nicht mehr Ende März 2017 auslaufen, sondern mindestens bis Dezember 2017 fortgesetzt werden, teilte die EZB am Donnerstag in Frankfurt mit. Das ist länger als die meisten Volkswirte erwartet hatten. Das monatliche Volumen von derzeit 80 Milliarden Euro soll dabei aber ab April 2017 auf 60 Milliarden gesenkt werden. Damit kommen weitere Geldsalven in
attraktiven wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mangele. „Politische Ereignisse dürfen nicht die Geldpolitik in Europa bestimmen – auch Italien stellt hier keine Ausnahme dar“, sagte Treier mit Blick auf die Regierungskrise in Rom nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum. Entscheidend müsse der Blick auf die Preise sein, und die hätten in Deutschland auch wegen der guten Arbeitsmarktsituation und der damit verbundenen Lohnzuwächse bereits zugelegt. „Deshalb wäre es wichtig, dass die EZB zeitnah einen schrittweisen Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik vornimmt.“ Ifo-Präsident Clemens Fuest begrüßte zwar, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ab April 2017 die Käufe von Staatsanleihen verringern will. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Nach seiner Auffassung wäre es aber besser gewesen, den Umfang Monat für Monat noch stärker zu reduzieren. Angesichts der steigenden Euro-Inflationsrate trage das Argument der EZB für die Anleihekäufe 2017 nicht mehr. Insgesamt träten bei den Transaktionen die negativen Nebenwirkungen in den Vordergrund. Der Chefvolkswirt des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Klaus Wiener, wertete die EZBEntscheidung als ein erstes Signal für das Ende der ultra-lockeren Geldpolitik.
Italien
Regierungskrise trifft Italiens Wirtschaft Die hohe Schuldenlast des Landes und die politische Unsicherheit werden die Wirtschaft Italiens hart treffen
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inisterpräsident Matteo Renzi reichte am Mittwochabend seinen Rücktritt ein. Zuvor hatte das Parlament in Rom den Haushalt für 2017 verabschiedet, was Staatspräsident Sergio Mattarella zur Bedingung für Renzis Entlassung gemacht hatte. Er muss nun entscheiden, wem er den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erteilt. Das Budget für 2017 zeigt die Prob-
leme Italiens deutlich auf: Die EU-Kommission geht davon aus, dass mit dem Zahlenwerk die EU-Vorgaben gebrochen werden. Eigentlich sollte das Defizit nur 1,8 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) betragen, nun wird es voraussichtlich bei 2,3 Prozent liegen. Das chronisch wachstumsschwache Italien ist mit rund 130 Prozent des BIP stark verschuldet. Schlechter steht in der Euro-Zone nur noch Griechenland
da. In Deutschland ist die Schuldenstandsquote des Staates lediglich halb so hoch. Dazu kommen die Probleme der Banken, die rund 300 Milliarden Euro an faulen Krediten in den Büchern haben. Das drittgrößte Institut Monte dei Paschi braucht dringend frisches Kapital. Der ursprüngliche Plan sah vor, bis zum Monatsende über eine Kapitalerhöhung fünf Milliarden Euro am Markt einzusammeln. 7
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Wegen der Regierungskrise ist das fraglich geworden. Die Sorgen um die Banken und die politische Zukunft des Landes hatten zudem die Risikoaufschläge für Staatsanleihen nach oben getrieben. Am Mittwoch schossen die Aktien von Monte dei Paschi um neun Prozent in die Höhe, der heimische Bankenindex zog um fast fünf Prozent an. Die Regierung hatte zwar zuvor einen Medienbericht dementiert, wonach sie einen Milliarden-Kredit beim Euro-Rettungsschirm ESM zur Stützung der Banken erwägt. Die Ratingagentur Moody’s hat inzwischen den Ausblick für die Kreditwürdigkeit Italiens wegen der hohen Schuldenlast auf „negativ“ von „stabil“ gesenkt. Italiens Wirtschaft ist angeschlagen. 2015 erlebte Italien das erste Mal seit dem Einbruch seiner Wirtschaftsleistung um 9 Prozent gegenüber dem Vorkrisenniveau 2008 ein Wachstum in Höhe von 0,8 Prozent. Im dritten Quartal 2016 hatte das BIP gegenüber dem Vorjahreszeitraum lediglich um ein Prozent zugelegt. Im Vergleich zum 2. Quartal war das BIP um 0,3 Prozent gewachsen. Die Nachfrage aus dem Ausland war der nationalen Statistikbehörde zufolge zurückgegangen. Das einzige EULand mit einem geringeren BIP-Wachstum im dritten Quartal war Lettland. Die Industrieproduktion des Landes war im September um 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat geschrumpft. Die Inlandsnachfrage ist ebenfalls zurückgegangen. Dementsprechend ist für die kommenden Monate angesichts der politischen Unsicherheit mit einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Beschaffenheit des Landes zu rechnen. Die Zuversicht der Unternehmen ist im November zurückgegangen. Die starke industrielle Verflechtung
09. Dezember 2016
Der Rücktritt von Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi wird nicht ohne wirtschaftliche Folgen für das Land bleiben. Foto: EU-Kommission
zur deutschen Wirtschaft birgt demzufolge für die kommenden Monate auch für die deutsche Wirtschaft Unsicherheiten. „Brexit, Regierungswechsel in den USA, Italien-Referendum, in 2017 anstehende Wahlen in den EU- und Euro-Kernländern Frankreich und Deutschland – all das überschattet die wirtschaftliche Entwicklung“, teilten die Forscher des Hamburgischen Welt Wirtschafts Instituts in dieser Woche mit. Deshalb senkten sie ihre Wachstumsprognose auf 1,1 von 1,4 Prozent und gehören damit eher zu den Skeptikern. Für das laufende Jahr setzen die Ökonomen auf einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 1,8 (bisher 1,9) Prozent. Wie sich die Risiken konkret auf die Wirtschaft auswirken werden, sei schwer abzuschätzen, aber einige Ankündigungen sorgten bereits für Verunsicherung. „Alles in allem haben sich die ökonomi-
schen Rahmenbedingungen dadurch tendenziell eher verschlechtert.“ Die deutliche Abwertung des Euros in den letzten Monaten spiegele diese Tendenzen wider. Die Währung notierte im August noch bei rund 1,13 Dollar, lag aber am Vormittag nur noch bei etwa 1,07 Dollar. Die Hamburger Forscher erwarten, dass sich im Laufe des kommenden Jahres einige der „politisch bedingten Unwägbarkeiten“ weitgehend auflösen und weniger drastisch ausfallen könnten als derzeit noch befürchtet. Somit dürfte sich etwa die Zurückhaltung der Firmen bei Investitionen normalisieren „und die konjunkturelle Dynamik könnte 2018 wieder zulegen“. „Deutschland ist wichtigster Handelspartner Italiens mit einem Anteil von 12,6 Prozent an den italienischen Exporten und 15,2 Prozent an den italienischen Importen“, so das Auswärtige Amt.
Ressourcen
Fracking-Industrie könnte Ölpreise weiter unter Druck setzen Die Einigung der OPEC auf eine Förderkappung ermöglicht US-Fracking-Anbietern die Rückkehr auf den Erdöl-Markt
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er von der OPEC-Einigung ausgelöste Preisanstieg hat den US-Firmen überraschend neue Perspektiven eröffnet. Für viele lohnt es sich bei den aktuellen Ölpreisen oberhalb der Marke von 50 Dollar pro Barrel (159 Liter) wieder, die Produktion
hochzufahren. Die Aktienkurse von mehr als 50 Öl- und Gasunternehmen aus den USA sind durchschnittlich um mehr als 10 Prozent gestiegen. Der S&P 500 Energy Sector Index gewann 5 Prozent. Schon vor der OPEC-Entscheidung deu-
tete sich in der amerikanischen FrackingIndustrie eine Wende an. „Der Umschwung bei den Ölpreisen könnte zu einer Renaissance der US-Fracking-Anbieter führen. Die gesamte Produktion in den USA ist seit April 2015 durchschnittlich um eine Million 8
Deutsche
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Barrel auf aktuell 8,6 Millionen Barrel am Tag gesunken. Aber die Förderung hat sich zuletzt stabilisiert und auch die Anzahl der Bohrlöcher ist seit dem Tiefpunkt vom Mai 2016 bei 400 Bohrstellen auf jetzt etwa 600 Bohrlöcher gestiegen. Diese frühen Anzeichen der Stabilisierung zeigten sich, als die Ölpreise noch unterhalb der 50 Dollar-Marke lagen. Höhere Preise dürften den Umschwung verstärken“, schreibt oilprice.com. Verharren die Preise dauerhaft über der 50-Dollar-Marke, könne die Produktion in allen amerikanischen Fördergebieten steigen. Diese haben unterschiedliche Kosten und Break-Even-Punkte. Repräsentanten des Bundesstaates North Dakota behaupten beispielsweise, dass die Bohrlöcher im Dunn County ein Barrel Öl für 15 Dollar fördern. Im Delaware Basin betragen die Kosten 30
Dollar. Ob die OPEC-Staaten jedoch tatsächlich die Drosselung einhalten, ist nicht absehbar. Immerhin kam es im November zu einer Rekordförderung. Mitte der Woche kostete das US-Leichtöl WTI mit 50,92 Dollar 1,7 Prozent weniger. Die Sorte Brent verbilligte sich im fernöstlichen Handel um 0,9 Prozent auf 54,44 Dollar je Barrel (159 Liter). Kurz vor der Entscheidung der OPEC zur Drosselung der Produktion hatten die Ölstaaten offenbar ihre Förderung hochgefahren. Nach einer Reuters-Umfrage produzierten die Staaten des Ölkartells im November zusammen ein Rekordvolumen von 34,19 Millionen Barrel täglich – nach 33,92 Millionen Barrel im Oktober. Russland hatte erst kürzlich mit einer Ölfördermenge von 11,21 Millionen Fässern pro Tag den höchsten Förderstand seit fast
09. Dezember 2016
30 Jahren bekanntgegeben. Damit haben die OPEC und Russland im November etwa die Hälfte der weltweiten Nachfrage von rund 95 Millionen Barrel täglich befriedigt. Zur Skepsis trug auch Saudi-Arabien bei, das den Preis für seine asiatischen Kunden für Januar um 1,20 Dollar für arabisches Leichtöl senkte. Dennoch sagten Analysten vorerst keine weitere Talfahrt der Preise voraus. Nur wenn der ganze Deal platze, könnten die Preise stärker fallen, erklärten die Analysten von Morgan Stanley. Sollten die OPEC-Staaten ihre Fördermenge dennoch kürzen, würde das zwar dank steigender Ölpreise die US-FrackingIndustrie wiederbeleben, allerdings könnte sich das zusätzliche Angebot durch das Fracking wieder dauerhaft negativ auf den Ölpreis auswirken.
Die Abfallprodukte von Fracking könnten das Grundwasser verseuchen, befürchten Kritiker. Foto: Flickr/ Simon Fraser University – University Communications/CC BY 2.0
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