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26. August 2016
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Immobilien
Deutsche Mieten sind nicht überzogen Ein Blick auf die Entwicklung der Löhne zeichnet ein anderes Bild. Und die teuerste Stadt ist nicht München, sondern Trier
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ohnraummangel, Mietwucher, Immobilienhaie – die Mietpreise haben sich einigen Statistiken zufolge in vielen Orten Deutschlands gerade im Zuge der Finanzkrise deutlich erhöht. Sicher sind die Mieten gestiegen, doch die Einkommen der Deutschen darf man hierbei nicht außer Acht lassen. Tatsächlich sind die Mieten in vielen Städten dann nämlich gar nicht so immens gestiegen. Deutschlandweit sind beispielsweise die Mieten im Geschosswohnungsbau seit 2010 um etwa 10,2 Prozent gestiegen. Das verfügbare Einkommen der Haushalte ist jedoch stärker gestiegen: um 11,5 Prozent. Das Verhältnis zwischen den Ausgaben für das Wohnen und dem verfügbaren Einkommen bietet einen sehr guten Anhaltspunkt für die Betrachtung der steigenden Mieten. „Darüber hinaus lässt sich aus dem Verhältnis der Mieten und der Kaufkraft ableiten, wieviel Quadratmeter Wohnungsfläche sich ein Durchschnittshaushalt vor Ort leisten kann“, heißt es in einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln:
Größe einer bezahlbaren Mietwohnung bei durchschnittlichen Einkommen.
„So kann sich ein Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen im Landkreis Dingolfing-Landau (Bayern) am meisten Mietwohnungsfläche in Deutschland leisten. Hier bekommt dieser bei 25-prozentiger Mietbelastung eine Wohnung mit 126
Grafik: iwkoeln
Quadratmetern“ In dieser Betrachtungsweise sind dann eben auch nicht Städte wie München und Hamburg die teuersten Städte. Tatsächlich sind es die Universitätsstädte Trier, Freiburg, Heidelberg und Würzburg.
Analyse
BIZ warnt vor wachsender Verschuldung von Unternehmen Die Bank für Internationalen Zahlungsverkehr warnt vor den stark gestiegenen Schulden der Schwellenland-Unternehmen. Zwischen 2006 und 2015 haben sich diese verdoppelt. Weil die Kredite hauptsächlich in Dollar aufgenommen wurden, könnte eine Aufwertung der US-Währung schwerwiegende Folgen haben. Die Zentralbank der Notenbanken warnt vor einem gefährlichen Anstieg der Unternehmerschulden in den Schwellenländern, berichtet Reuters. Der Zuwachs der Verschuldung seit der Finanzkrise mache diese Länder für Kapitalabflüsse anfällig, schrieben die Experten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in
einem am Donnerstag veröffentlichen Bericht. Dabei bereiten den BIZ-Volkswirten vor allem die gestiegenen Dollar-Verbindlichkeiten von Firmen Sorgen. Denn klettert der Kurs der US-Währung weiter, könnten stark verschuldete Unternehmen in Ländern wie China, Russland oder Südkorea in Bedrängnis geraten. Rund 9,7 Billionen Dollarschulden befanden sich den Experten zufolge Ende 2015 außerhalb der USA - etwa ein Drittel davon in den Schwellenländern. Die Firmenverschuldung in großen Schwellenländern stieg demnach insgesamt von weniger als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2006 auf rund 110 Prozent Ende 2015.
Eine zunehmende Anzahl von Firmen sei anfällig dafür, bei einer weiteren Konjunkturabkühlung oder bei schädlichen Preisentwicklungen zahlungsunfähig zu werden. „Weil es in mehreren großen Schwellenländern aufgrund der Kreditaufnahmen zu einer Überhitzung gekommen ist, könnten Ungleichgewichte (gemeint ist eine Aufwertung des Dollar – Red.) destabilisierende Dynamiken entfalten. Die Aufnahme von Schulden im Ausland durch Unternehmen aus den Schwellenländern ist zuletzt stark gestiegen und erhöht die finanzielle Verwundbarkeit der Firmen und des heimischen Finanzmarktes“, heißt es in der Studie. 1
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Hier erhält man mit einer 25-prozentigen Mietbelastung gerade einmal etwa 60 Quadratmeter. Dort müssen die vielen Studenten mit kleiner Kaufkraft verhältnismäßig hohe Mieten für ihren Wohnraum zahlen. In Berlin beispielsweise sind es immer noch 68 Quadratmeter, in München 70 und in Hamburg 68 Quadratmeter. „Im Mittel kann sich ein privater Haushalt heute 94 Quadratmeter an Wohnfläche leisten, wenn er 25 Prozent seines Nettoeinkommens hierfür einsetzt. Das sind 2 Quadratmeter mehr als noch vor sechs Jahren. Nur in 24 Prozent der Kreise kann sich ein Durchschnitts-
haushalt heute weniger leisten.“ So sind die Mieten in vielen deutschen Regionen zwar gestiegen, aber nicht überall sind die Auswirkungen die gleichen. Hintergrund der gestiegenen Mieten ist neben der Suche nach Sicherheit bei den Investoren infolge der Krisenjahre auch die demografische Entwicklung in Deutschland. Der Trend ging fünf bis sechs Jahre lang hin zum Leben in der Stadt. Berlins Bevölkerung ist zwischen 2010 und 2016 um 240.000 Einwohner gewachsen, Münchens Bevölkerung um 140.000. Die Nachfrage nach Wohnraum hat die Mieten steigen lassen. „Die nied-
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rigen Zinsen führen darüber hinaus zu einem generellen Anstieg der Nachfrage nach Immobilien“, so die Studie: „Die Politik muss daher keine neuen Programme initiieren oder die Wohnungsmärkte stärker regulieren. Die Wohnungsmärkte funktionieren, die Bautätigkeit zieht als Reaktion auf die gestiegenen Mieten spürbar an, wenn auch verzögert. (…) Die soziale Wohnraumförderung sollte nur gezielt an Standorten eingesetzt werden, wo ein erheblicher Anteil der privaten Haushalte Zugangsschwierigkeiten zum allgemeinen Wohnungsmarkt hat.“
Finanzen
Geldpolitik der EZB verhindert langfristige Sparen Das System der Vermischung von Banken ist an sein Ende gekommen - und braucht eine grundlegende Reform. Deutsche Mittelstands Nachrichten: Sie waren Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank und galten als Kandidat für das Amt des EZB-Präsidenten. Stattdessen sind Sie im Herbst 2011 als Chefvolkswirt zurückgetreten. Warum? Jürgen Stark: Mehrere Faktoren spielten eine Rolle. Entscheidend war aber der Bruch des Maastricht-Vertrages durch die europäischen Regierungen mit Unterstützung der EZB im Mai 2010. Innerhalb weniger Stunden wurde das Maastricht-Konzept der Wirtschafts- und Währungsunion ausgehebelt. Es wurde gegen das Prinzip der „Nicht-Beistandspflicht“, also gegen die „no bail-out“-Klausel verstoßen, mit der die Eigenverantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für ihre öffentlichen Haushalte festgelegt war. Die EZB hatte begonnen, griechische, dann irische und portugiesische Staatsanleihen zu kaufen. Dies wurde geldpolitisch begründet. In Wirklichkeit bedeutete das Staatsfinanzierung. Damit handelte sie außerhalb ihres Mandats und verstieß gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Staatshaushalten. Heute tut sie das in einem gigantischen Ausmaß. Welches war nun der konkrete Auslöser für Ihren Rücktritt? Das war die Entscheidung des EZB-Rates im August 2011, italienische und spani-
sche Regierungsanleihen zu kaufen. Dazu mussten sich die Regierungen beider Länder gegenüber der EZB und öffentlich zu Wirtschaftsreformen und zu weiterer Haushaltskonsolidierung verpflichten. Die EZB wurde also zum politischen Akteur. Ein solches politisches Mandat hat die EZB aber nicht. Eine unabhängige Zentralbank darf auch ihr Handeln nicht vom Verhalten Dritter abhängig machen. Tut sie es dennoch, betreibt sie keine Geldpolitik mehr. Auch fehlte in diesem Fall jegliche demokratische Kontrolle. Für mich war diese neue Rolle der EZB inakzeptabel. Daraus habe ich die Konsequenzen gezogen. Aber vor Ihrem Rücktritt und nachdem der damalige Bundesbank Präsident Axel Weber als Kandidat für die Nachfolge Trichets nicht mehr zur Verfügung stand, wurden Sie als möglicher deutscher Nachfolger gehandelt …. Das Amt des EZB-Präsidenten war für mich schon aus rechtlichen Gründen kein ernstes Thema. Ich war als Mitglied des EZB-Direktoriums für eine Amtszeit von acht Jahren bestellt und eine zweite Amtszeit ist nach den EZB-Statuten ausgeschlossen. Nachdem Weber das Handtuch geworfen hatte, gab es in der damaligen Regierungskoalition in Berlin die Überlegung, doch einen Deutschen zu präsentieren. Dabei soll mein Name genannt
worden sein. Es ging offenbar darum, für meine damalige Restamtszeit in der EZB von zweieinhalb Jahren übergangsweise das Präsidentenamt zu übernehmen. In einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin habe ich deutlich gemacht, dass dies für mich allein schon wegen der unklaren Rechtslage nicht infrage kommt. Hätten Sie sich denn, wenn alle juristischen Voraussetzungen erfüllt gewesen wären, den Aufgaben als EZB-Präsident gestellt? Das ist eine hypothetische Frage. Ich war damals außerdem der Meinung, dass zweieinhalb Jahre eine zu kurze Zeit für einen Präsidenten sind. Heute muss ich sagen, dass die EZB in diesen Jahren einen fundamentalen Strategie- und Politikwechsel vollzogen hat. Das wäre vermeidbar gewesen. Seit Jahren hält die EZB die Zinsen niedrig, angeblich, um die Realwirtschaft anzukurbeln. Inzwischen ist sie sogar dazu übergegangen, Unternehmensanleihen zu kaufen. Doch die Wirtschaft in der Euro-Zone kommt nicht richtig in Gang. Glauben Sie, dass diese Medizin noch wirken wird? Zunächst ist festzuhalten: Wir haben Preisstabilität im Euro-Raum. Das recht2
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fertigt sehr niedrige Zinsen, nicht jedoch Null- oder sogar Negativzinsen. Der gesamte Politik-Ansatz, den die EZB seit 2012 und verstärkt seit 2014 verfolgt, gründet auf einer falschen Diagnose, einer neuausgerichteten kurzfristigen ZentralbankStrategie und einem ungerechtfertigten und unverhältnismäßig hohen Mitteleinsatz. Gemessen an letzterem sind die Wachstumswirkungen eher mager und sie bleiben umstritten. Auch bestand und besteht keine wirkliche Deflationsgefahr! Das japanische Beispiel zeigt zudem, dass die Geldpolitik längst ihre Grenzen erreicht hat. „Noch mehr für länger“ löst nirgendwo die Wachstumsprobleme, insbesondere, wenn sie struktureller Natur sind. Wird es überhaupt möglich sein, von der „Droge Niedrigzinsen“ wieder wegzukommen? An einen Ausstieg aus der derzeitigen Politik denken weder die EZB, noch die englische oder japanische Zentralbank. Im Gegenteil man nährt die Illusion, durch eine Erhöhung der Dosis die Volkswirtschaften und Teile der Finanzmärkte weiter zu stützen. Die negativen Folgewirkungen dieser Politik werden ausgeblendet. Ein Null- oder Negativzins führt zu erheblichen Wettbewerbs- und Marktverzerrungen. Der Zinssatz, als einer der wichtigsten Preise in einer Volkswirtschaft, hat seine Signal- und Steuerungsfunktion verloren. Damit befinden sich die Volkswirtschaften im „Blindflug“. Das führt zwangsläufig zu wirtschaftlichen Verwerfungen. Der Kauf von Staatsanleihen durch das Eurosystem hat diesen Markt bereits ausgeschaltet und bei Unternehmensanleihen erheblich verzerrt. Aber manche Finanzmarktteilnehmer und die Finanzminister haben sich an diese Politik gewöhnt. Ein rascher geldpolitischer „Entzug“ würde zu abrupten Korrekturen auf den Finanzmärkten führen, an denen Übertreibungen festzustellen sind, also insbesondere bei den Vermögenspreisen. Und damit steuern wir in die nächste Krise. Vielen Banken mit klassischem Geschäftsmodell fällt es nun schwer, Gewinne zu erwirtschaften. Viele Lebensversicherer und Pensionsfonds wissen nicht, wie sie ihre
Renditezusagen einhalten können. Der Ankauf von Unternehmensanleihen führt – wie Sie sagen – zu Wettbewerbsverzerrungen, maßgeblich wohl zulasten des Mittelstandes. Wer aber profitiert von der Niedrigzinspolitik wirklich? Das, was wir heute im fortwährenden Krisenmodus erleben, hat kaum mehr etwas mit Marktwirtschaft zu tun. Es hat sich eine starke gegenseitige Abhängigkeit von Zentralbanken, Finanzmärkten und Politik ergeben. Das ist – um es vorsichtig zu sagen – eine wirtschaftlich suboptimale Konstellation. Die Negativzinsen der EZB und das Fluten der Märkte mit Liquidität gefährden die Geschäftsmodelle vieler Finanzmarktakteure. Auch klassische Instrumente der Altersvorsorge oder des langfristigen Sparens wie Lebensversicherungen und das Bausparen sind existenziell betroffen. Die Banken, deren Ertragsentwicklung im Wesentlichen von den Zinsmargen abhängt, haben ein ernst zu nehmendes Problem. Zwar können sie sich günstig bei der EZB refinanzieren, aber der negative Einlagenzins führt zu weiter sinkender Profitabilität. Und die europäischen Banken kämpfen ja mit einer Vielzahl von Problemen: einer vergleichsweise geringen Ertragskraft, den Folgen von Basel III, der unvollkommenen Bilanzbereinigung in einigen Ländern und der Digitalisierung. Es ist daher nicht zu verstehen, warum der jüngste Banken-Stresstest in seinen kritischen Szenarien nicht die Wirkungen des negativen Einlagenzinses als Parameter aufgenommen hat. Und wer sind die Gewinner dieser Politik? Kurzfristig insbesondere all diejenigen, die sich verschulden einschließlich der Finanzminister und solche, die rechtzeitig in Vermögenswerte investiert haben. Im Falle eines Anstiegs der Marktzinsen sieht das dann wieder anders aus. Dann werden Private und Regierungen Probleme bekommen, den Schuldendienst auf die aufgetürmten Schulden zu leisten und wer nicht rechtzeitig aus Vermögenswerten aussteigt, kann erhebliche Verluste erleiden.
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Glauben Sie, dass die EZB mit dem Ankauf von Staats- und jetzt auch von Unternehmensanleihen ihr Mandat überschreitet? Eindeutig ja. Meine Meinung dazu hat sich auch nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zu den „Outright Monetary Transactions“ (OMT) nicht geändert. Das sind politische Entscheidungen, wenn auch unter Auflagen. In der Argumentation folgte man mangels eigener Expertise der Linie der EZB, wie der Generalanwalt beim EuGH dies formulierte. Ich habe das Akronym „OMT“ von Anfang an als „Outside the Mandate Transactions“ bezeichnet. Die EZB begründet ihre heutige mengenmäßige Lockerung der Geldpolitik (Quantitative Easing – QE) mit Deflationsgefahren und schwachem wirtschaftlichem Wachstum. In Wirklichkeit ging es bei diesen fraglichen Instrumenten immer um eine temporäre Entlastung der Regierungen von schmerzhaften politischen Entscheidungen und der Reduzierung der Zinslasten auf steigende Staatsschulden. Die EZB betreibt damit Wirtschafts- und Fiskalpolitik. Das galt für das Securities Market Programme (SMP) von 2010 bis 2011, dann für OMT und gilt jetzt für QE. Die EZB hat Zeit gekauft, die Zinsen weiter gedrückt, aber die Wirtschaftsreformen sind in wichtigen Euro-Staaten nicht wirklich vorangekommen. Damit verlängert sich die Krise. Die verschärften Probleme des Bankensektors bestätigen das insbesondere in Italien. Ist denn eine Geldpolitik, die für alle Länder der Euro-Zone sinnvoll wäre, überhaupt möglich? Die Frage einer „one size fits all“-Geldpolitik, also einer einheitlichen Geldpolitik für alle Mitgliedstaaten trotz unterschiedlicher Konjunkturphasen und Wirtschaftsstrukturen wurde schon vor Beginn der Währungsunion gestellt. Die Antwort darauf war: „One size must fit all!“ Das hätte erhebliche dauerhafte Konvergenzanstrengungen aller Euro-Länder bedeutet. Das heißt: Bereitschaft zu den notwendigen Anpassungen auf nationaler Ebene an die Bedingungen der Währungsunion. Dazu waren viele Staaten nicht willens oder nicht in der Lage. Die Wirtschafts3
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und Währungsunion ist heute eher durch Divergenz als durch Konvergenz gekennzeichnet. Die EZB-Politik orientiert sich an den Reformnachzüglern und den schwachen Ländern. Sie hatten sich seinerzeit – wenn auch nur in beratender Funktion und nicht als Entscheider – gegen einen Beitritt Italiens zur Euro-Zone ausgesprochen. Anschließend waren Sie in Italien eine „persona non grata“. Fühlen Sie sich im Nachhinein in Ihrer damaligen Einschätzung bestätigt? Auch wenn ich mich bestätigt sehe, ändert das nichts an der Misere, in der wir uns heute befinden. Ich habe 1998 vor einer „Konvergenz-Illusion“ gewarnt, weil ich die Nachhaltigkeit der Konvergenz anzweifelte. Das richtete sich auch an die Finanzmärkte, die eine relativ große Zahl von Ländern am
Jürgen Stark.
Euro-Start sahen und durch ihr Verhalten signifikant zur Verringerung der Risikoaufschläge bei Staatsanleihen beigetragen hatten. Mit Blick auf die Euro-Einführung wurden die Risiken einiger Länder nicht angemessen bepreist. Richtig ist auch, dass vor 25 Jahren, als der Maastricht Vertrag unterzeichnet wurde, kaum jemand davon ausging, den Euro mit elf Ländern zu starten und das Euro-Gebiet rasch zu erweitern. Viele Länder, darunter Italien, wurden aus politischen Gründen und wegen der gegebenen Disziplin-Versprechen aufge-
nommen. Diese Versprechen wurden dann gebrochen, übrigens im Jahr 2003 auch von deutscher und französischer Seite. Finanzminister Schäuble hatte nach dem griechischen Referendum, bei dem sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen weitere Sparmaßnahmen ausgesprochen hatte, einen zeitweiligen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone ins Spiel gebracht. Glauben Sie, dass ein derartiger Schritt der griechischen Volkswirtschaft hätte helfen können? Es hätte nicht nur Griechenland geholfen, sondern auch dem Euro-Raum selbst. Man hätte sich vorübergehend von einem Mitglied getrennt, das mit seinen institutionellen, fiskalischen und wirtschaftlichen Defiziten nicht in die Währungsunion passt. Manche haben diese Überlegung auch als
Foto: Flickr/Metropolitico.org/Cc by sa 2.0
späte Strafe für die statistisch erschlichene Euro-Mitgliedschaft Griechenlands 2002 gesehen. Aber darum ging es doch nicht. Im Juli vergangenen Jahres hatte sich übrigens die Mehrheit der Euro-Finanzminister für einen „Grexit“ ausgesprochen. Die EUStaats- oder Regierungschefs haben dann anders entschieden, insbesondere auf Druck des französischen Staatspräsidenten. Seitdem ist eines klar: die derzeitige Länderzusammensetzung des Euro-Raums wird von niemandem infrage gestellt. Sie wird garantiert. Das wird nur möglich sein
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mit gegenseitiger Haftung für die öffentlichen Finanzen, einem dauerhaften substanziellen Finanztransfersystem und einer fortgesetzt extrem lockeren Geldpolitik der EZB, die an den Erwartungen der Peripherie ausgerichtet ist. Das ist für mich ein Szenario, von dem die eigentliche Sprengkraft für die Währungsunion ausgeht. Denn es überfordert die Solidarität sowie die politische und wirtschaftlich-finanzielle Kraft der potenziellen Geberländer bei wahrscheinlich rasch zunehmender Inflation. Also wurden die Weichen für Griechenland schon früh falsch gestellt? Nicht nur 2001/2002, als die wirtschaftliche Konvergenz Griechenlands geprüft wurde und man manipulierten Statistiken aufsaß. Wäre man 2010 dem MaastrichtVertrag gefolgt, hätte Griechenland bereits den Euro-Raum verlassen müssen, verbunden mit einem frühzeitigen Schuldenschnitt. Intern trat ich damals dafür ein und berührte damit ein absolutes Tabu: die Irreversibilität des Euro. Doch der Euro war nicht in Gefahr. Für mich bezog sich die Irreversibilität nicht auf die Ländermitgliedschaft im Euro! Sicherlich wäre dies ein Schock für die griechische Wirtschaft gewesen. Aber er hätte heilsam für beide Seiten sein können. Der Euro-Raum wäre gestärkt worden und europäisches Recht wäre wieder dem ihm gebührenden Rang zugekommen. Der Ökonom Wilhelm Hankel hatte ein Konzept entwickelt, nach dem der Euro als Referenzwährung bestehen bleiben, zusätzlich zu ihm aber nationale Parallelwährungen eingeführt werden sollten. Glauben Sie dass die Euro-Zone reformiert werden muss? Durch Parallelwährungsmodelle oder auch eine Aufspaltung in einen „Nord“- und einen „Süd-Euro? Ich kenne die Überlegungen. Ich halte nicht viel von solchen Hilfskonstruktionen oder von einer Aufteilung des Euro in Nord und Süd. Zu welchem Teil gehört z.B. Frankreich? Dennoch beruhen diese Überlegungen auf der Diagnose auseinander driftender Volkswirtschaften. Politisch relevant sind die Entscheidungen vom Sommer 2015 und die Garantie für den Zusammenhalt des Euro-Raums. Die Bedingungen unter de4
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nen diese Garantie ausgeübt werden kann, stoßen aber auf wahrscheinlich schwindende Akzeptanz bei der Wählerschaft der Geberländer. Da die politische und wirtschaftliche Heterogenität des Euro-Gebiets fortbestehen wird, schließe ich eine Korrektur vergangener Entscheidungen nicht aus. Das heißt, das eine oder andere Land wird vorübergehend den Euro-Raum verlassen. Das wurde zu lange tabuisiert. In Italien sitzen viele Banken auf faulen Krediten. Es ist die Rede von einer erneuten Bankenkrise. Ist nun eine solche Krise abgewendet? Zunächst ja. Aber man muss abwarten, ob die getroffenen Entscheidungen ausreichen und wie sie umgesetzt werden. Italiens Bankenprobleme, insbesondere das Volumen notleidender Kredite von 360 Milliarden Euro, das auf den Bilanzen lastet, ist seit langem bekannt. Man braucht dazu nur die Länderberichte des Internationalen Währungsfonds der letzten Jahre zu studieren. Aber die Probleme wurden von der Banca d’Italia, also der italienischen Bankenaufsicht, und den italienischen Regierungen heruntergespielt. Es erfüllte sich dann auch die Hoffnung, dass die EZB helfen würde. Erst kürzlich hat der ehemalige italienische Ministerpräsident Monti öffentlich dargelegt, dass das OMT-Programm der EZB den politischen Handlungsdruck gemindert und den italienischen Banken geholfen habe. Damit ist auch die Frage „OMT – cui bono?“ beantwortet. Könnte eine Bankenkrise in Italien auf andere Länder übergreifen? Der jüngste Banken-Stresstest hat auch Schwächen der Bankensysteme in anderen Ländern aufgedeckt, obwohl der Test nicht stringent genug war. Ich habe schon gesagt, dass wichtige Parameter wie negative Einlagenzinsen aus den Szenarien ausgeklammert wurden. Darunter leidet die Glaubwürdigkeit des Tests. Gleichzeitig demonstriert die EZB als Mitorganisator des Tests ihren Interessen- und Zielkonflikt zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht. Die anhaltenden Bankenprobleme gehen zurück auf eine andere Tabu-Entscheidung der Jahre 2008/2009. Keine große Bank sollte insolvent werden. Kein zusätzlicher
Schock für die Finanzmärkte nach dem Kollaps von Lehman Brothers sollte vom EuroGebiet ausgehen. Infolge staatlicher und EZB-Interventionen wurde eine eskalierende Bankenkrise verhindert, aber die Probleme wurden nur auf der Zeitachse verschoben. Die umfassende Konsolidierung und Sanierung der Bankensysteme unterblieb. In den USA ist man 2008/2009 radikaler vorgegangen. Viele insolvente Banken sind aus dem Markt ausgeschieden, andere wurden zwangsrekapitalisiert. Glauben Sie, dass es Ministerpräsident Renzi gestattet werden sollte, die italienischen Banken mit Steuergeldern zu retten? Oder hielten Sie es für geboten, die seit Anfang des Jahres geltenden Bail in-Regeln anzuwenden? Ich halte die Bail in-Regeln für die Marktteilnehmer - seien es nun Sparer, Anleger oder Aktionäre - bei der Sanierung von Banken für eine wichtige Grundentscheidung. Es ist ein marktwirtschaftlicher Ansatz. Negative Folgen privatwirtschaftlicher Entscheidungen sollen nicht sozialisiert werden, d.h. Banken sollen nicht mit Steuerzahlergeld gerettet werden. Die Glaubwürdigkeit dieses Ansatzes wäre dahin, wenn man im italienischen Fall davon abweichen würde. Deshalb verstehe ich auch nicht die Einlassung der EZB-Leitung zugunsten einer staatlichen Intervention. Man muss aber auch sagen, dass dieser Ansatz sehr anspruchsvoll ist. Er erfordert bei einer systemisch relevanten Bank die Verständigung aller relevanten Gruppen innerhalb weniger Stunden. Gelingt dies nicht, muss wieder Steuerzahlergeld fließen, wenn man eine systemische Krise vermeiden will. Eine Anwendung der Bail in-Regeln in Italien dürfte für Renzi problematisch sein und zu einem Erstarken der Fünf-Sterne-Bewegung führen, einer Euro-kritischen Partei. In Frankreich haben die geplanten Arbeitsmarktreformen zu massiven Protesten geführt. Hier konnte der Front National von der Lage profitieren. Gefährdet der Euro in seiner jetzigen Form das europäische Projekt? Es geht ja nicht nur um den Euro allein, der in manchen Ländern kritisch gesehen wird. Die EU befindet sich ja in einer Mehrfach-
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krise, auf die die Politik noch keine Antwort hat. Die gemeinsame Währung wird für vieles verantwortlich gemacht, was in Wirklichkeit auf nationaler Ebene auf politische Führungsschwäche und ungelöste wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme zurückgeht. Alles, was in diesem Zusammenhang von Europa erwartet werden kann, ist Zeit zu kaufen durch die EZB und andere Scheinlösungen. Es ist eher Symbolpolitik. Gerade die beiden genannten Länder haben erheblichen Nachholbedarf bei wirtschaftlichen und sozialen Reformen und im Fall Italiens bei der Bankensanierung. Diese Probleme sind nicht durch den Euro verursacht. Wenn man über den Euro hinaus über Europa spricht, geht es heute nicht mehr um „Mehr Europa“, sondern um ein „besseres Europa“. Von dem weiß aber niemand so recht, wie es aussehen soll und wie denn überhaupt darüber ein europäischer Konsens hergestellt werden kann. Auch vor dem Hintergrund des Brexit halte ich eine Reflektionsphase über die Zukunft Europas für dringend geboten, in der das Verhältnis zwischen Demokratie, Integration und Souveränität erörtert werden muss. Mit anderen Worten: Es geht um die Frage, wie die Bürger besser in das Europa-Projekt eingebunden werden können und um eine Revision der derzeitigen Kompetenzverteilung zwischen der supranationalen und nationalen Ebene. Info zur Person: Jürgen Stark war von 2006 bis 2012 Chefvolkswirt und Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB). Ende 2011 erklärte er vorzeitig seinen Rücktritt von seinen Funktionen in der EZB. Zwar gab er „persönliche Gründe“ an, es war jedoch der Protest gegen die Politik des Krisenmanagements der Regierungen und der EZB in Europa und die fundamentale Abkehr vom Maastricht Vertrag. Stark gilt als entschiedener Verfechter einer stabilitätsorientierten Geldpolitik, der Unabhängigkeit der Zentralbanken und solider Staatsfinanzen. Seit 2012 arbeitet Stark freiberuflich als Consultant. Darüber hinaus ist er u.a. Honorarprofessor der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen, Stellv. Vorsitzender des Verwaltungsrats und des Kuratoriums des ifo-Instituts in München und Kuratoriumsmitglied der Bertelsmann Stiftung. 5
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Innovation
Airbus entwickelt fliegende Taxis Dieses soll Passagiere nach der Landung mit dem Flugzeug nach Hause transportieren – natürlich auf dem Luftweg
CityAirbus soll Drohnentechnologie nutzen.
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ityAirbus heißt die neue Kreation von Airbus. Eine elektrisch betriebener Drohne, die zukünftig den Straßenverkehr entlasten soll. Dabei geht es um die „Zukunft der städtischen Mobilität“, um es mit den Worten des Flugunternehmens zu sagen. „Um das Jahr 2030 herum werden etwa 60 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – das sind zehn Prozent mehr als heute“, so die Airbus Group. Um auf die Sorgen hinsichtlich der dann massiv überlasteten Straßen einzugehen, arbeite Airbus deshalb an dem Traum vieler: Einfach über den Stau mit dem Drücken nur eines Knopfes hinweg zu fliegen. Einer Studie zufolge verlieren Londons Einwohner jährlich 35 Werktage allein durch das Feststecken im Verkehr. Und die immensen Staus in Sao Paulo kosten
Foto: Airbus
der brasilianische Wirtschaft jedes Jahr 31 Milliarden Dollar. Hier will Airbus ansetzen. Die Innovationsabteilung A3 arbeitet deshalb an dem fliegenden Taxi CityAirbus. Das Taxi soll später elektrisch und autonom fliegen und dabei sowohl einzelne Passagiere transportieren als auch als öffentliches Verkehrsmittel genutzt werden können. Letzteres könnte wie bei Carsharing-Unternehmen funktionieren. „Wir glauben, dass die globale Nachfrage für diese Art der Flieger eine Flotte von Millionen dieser Verkehrsmittel möglich machen könnte“, sagt der Leiter der Forschungsgruppe, Rodin Lyasoff. Ende 2017 soll es bereits erste Flugtests mit dem neuen Vehikel geben. Hintergrund für die Entwicklung sind dabei auch die stetig fortschreitenden Neue-
rungen in der Drohnentechnologie. Batterien, Rotoren etc., all das wird bereits heute erfolgreich für Multikopter eingesetzt. 2017 sollen die ersten Testflüge auf dem Campus der National University of Singapure stattfinden. Anfangs soll – für einen schnelleren Markteintritt – ein Pilot die Drohne steuern. Ziel ist es aber, die Taxidrohne autonom fliegen zu lassen. Über eine App sollen die Passagiere später einen Platz in dem Vehikel buchen können. Die Kosten sollen in etwa so hoch wie eine normale Taxifahrt ausfallen. „Eine Taxifahrt durch eine neue Stadt ist eine nette Erfahrung“, so Marius Bebesel von Airbus. „Aber ein Flug über eine unbekannte Stadt wäre natürlich viel aufregender.“ Die Idee eines quasi fliegenden Taxis ist jedoch nicht neu. Bereits zu Beginn des Jahres stellte das chinesische Unternehmen Ehang seine Drohne vor. Basierend auf Elektromobilität verfügt die Taxidrohne von Ehang über insgesamt acht Rotoren, wobei jeweils zwei übereinander angebracht sind. Ähnlich wie etliche Drohnen, die privat ferngesteuert geflogen werden, verfügt die AAV 184 über ein Fail-Safe-System. Dieses sorgt dafür, dass die Taxidrohne im Fall der Fälle bei Schwierigkeiten sofort zur Landung ansetzt. Das ist wichtig, denn die Drohne fliegt bis zu 100 km/h auf einer Höhe von bis zu 3.500 Metern und einem Umkreis von 20 Kilometern. Die AAV 184 fliegt autonom, ein Lenkrad im Inneren des Cockpits gibt es nicht. Der Passagier steigt ein, startet eine App und wählt ein Ziel aus. Den Rest erledigt die Taxidrohne selbst.
Innovation
Pilze helfen beim recycling von Akkus Batterien enthalten wertvolle Rohstoffe wie Kobalt und Lithium. Doch die Extraktion dieser aus alten Batterien ist kostspielig
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ieder aufladbare Batterien sind ein Segen für E-Autos, Drohnen, Smartphones etc. Doch auch sie haben keine unbegrenzte Lebensdauer. Und sind die Akkus einmal verbraucht, gehen die darin enthaltenen wertvollen Rohstoffe verlo-
ren. Zu teuer ist es, diese wieder aus den Akkus zu entfernen. Doch der stetige Griff nach neuen Rohstoffen ist ebenfalls nicht unbegrenzt möglich. Um hier eine Brücke zwischen ständiger Neuproduktion von Akkus und einem guten Recycling zu
schlagen, haben Wissenschaftler der University of South Florida nun einen neuen Ansatz präsentiert. Dabei setzen die Wissenschaftler auf natürlich auftretende Pilze. Diese sollen Lithium und Kobalt umweltfreundlich 6
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aus Tonnen weggesworfener Batterien und Akkus recyceln können. „Wir beobachteten das schnelle Wachstum der Smartphones und anderer Produkte, die wieder aufladbare Batterien nutzen“, sagt Jeffrey A. Cunningham, einer der leitenden Wissenschaftler. „Also haben wir unseren Fokus verschoben. Die Nachfrage nach Lithium steigt rapide, doch der Abbau von Lithium-Ressourcen ist nicht nachhaltig.“ Normaler Weise bedurfte es bisher hoher Temperaturen und aggressiver Chemikalien, um die Rohstoffe aus den Batterien zu extrahieren. Im Gegensatz dazu aber sind „Pilze sind eine sehr billige Arbeitskraft“, so Cunningham. dabei spricht der Wissenschaftler von drei Pilzen: Aspergillus Niger, Penicillium Simplicissimum und Penicillium Chrysogenum. Ersterer erzeugt meist den
Die drei verwendeten Pilze in Aktion. Foto: Aldo Lobos
schwarzen Schimmel auf Badfugen und Früchten. Der Penicillium Simplicissimum wird schon jetzt oft zum Abbau von Polyethylenen genutzt und Penicillium Chrysogenum wurde als erster Pilz
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zur Massenproduktion von Antibiotika eingesetzt. In einem ersten Schritt entfernen die Wissenschaftler die Ummantelung der Batterien und zermahlen die Kathoden. Die Überbleibsel werden dann den Pilzen ausgesetzt. „Pilze bilden auf natürliche Weise organische Säuren und die Säuren ermöglichen das Auslaugen der Metalle“, so Cunningham. „Dank der Interaktion zwischen Pilzen, der produzierten Säure und den zermahlenen Kathoden können wir das wertvolle Kobalt und Lithium extrahieren.“ Die von den Pilzen erzeugte Oxalsäure und Zitronensäure können 85 Prozent des Lithiums und 48 Prozent des Kobalts aus den Batterien lösen. Die Wissenschaftler arbeiten nun daran, die gelösten Rohstoffe aus der Pilz-Säure-Flüssigkeit zu extrahieren.
Politik
Was von der EU-Idee bleibt Die Regierungschefs Italiens, Frankreichs und Deutschlands haben über die Zukunft Europas gesprochen
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chon die Konstellation des „DreierGipfels“ zeigt, wie zerrissen und schwach die EU ist: Im Kreis der 27 geht gar nichts mehr, weil die Staaten in den wesentlichen Themen - Flüchtlinge, Banken und Schulden - diametral andere Pläne haben. Auch die drei „Großen“ haben nicht dasselbe Ziel: Italiens Matteo Renzi forderte bereits im Vorfeld, sich vom Primat des Geldes zu verabschieden. Er wolle „ein anderes Europa“ aufbauen, „das mehr auf Werte achtet und weniger auf das große Geld“, schrieb Renzi auf seiner Facebook-Seite. Nach dem Brexit-Votum solle ein Europa geschaffen werden, dessen Ideal „auf Einheit und Frieden, Freiheit und Träumen, Dialog und Identität“ basiere. Das ist alles heiße Luft. Mit „Träumen“ sind die Probleme Europas und auch der EU nicht zu lösen. Die Tatsache, dass sich drei beliebige Staaten zusammenfinden, ohne auch nur einen einzigen Vertreter aus dem EU-Rat, der EUKommission oder dem EU-Parlament hinzuziehen, zeigt, wie verfahren die Lage ist. Einer der Gründe, warum die EU so
schlecht dasteht, ist die Tatsache, dass sich die deutsche Kanzlerin hartnäckig weigert, die Realitäten und die Kausalitäten anzuerkennen. Die größte Krise der EU ist ohne Zweifel die Flüchtlingskrise. Sie wird Europa zerreißen – doch nicht, weil die Flüchtlinge gefährlich oder integrationsunwillig sind. Der Fluch der bösen Tat ist Merkels fortgesetzte Legendenbildung, dass es sich in Syrien um einen „Bürgerkrieg“ handle, der von außen weder vorherzusehen noch zu beeinflussen sei. Der Krieg in Syrien ist ein multinationaler Raubzug um Ressourcen, bei dem sich die westlichen Staaten mit ihren Verbündeten vom Golf an der Zerstörung ganzer Staaten beteiligen. Die meisten Flüchtlinge und Migranten kommen aus Syrien, dem Irak und aus Afghanistan. In allen drei Staaten hat der Westen militärisch interveniert, bestehende staatliche und ethnische Strukturen aufgelöst und Millionen Menschen der Vertreibung ausgesetzt. Mit der von ihr ausdrücklich als alternativlos dargestellte unkontrollierte Einwanderung hat Angela Merkel rechtsextreme und xenophobe Strömungen in Europa in ei-
nem solchen Ausmaß gestärkt, das auch in Europa dadurch bürgerkriegsähnliche Zustände ausgelöst werden können. Der sogenannte „islamistische Terror“ ist eine direkte Folge dieser Kriege. Der Einsatz von Söldnern aus dutzenden Nationen in Syrien ist der perfekte Nährboden für den Terror. Tausende Kämpfer aus aller Welt sind in Syrien im Einsatz, die meisten von ihnen sind bei privaten Firmen im Einsatz. Sie tragen dann zwar staatliche Uniformen, wie etwa die USSpezialkräfte, die sich mit dem Symbol der Kurden-Miliz YPG schmücken. Doch je nach Auftragslage wechseln die Milizen die Fronten und die Söldner ihre Feinde. Die islamistische Verbrämung des Kampfauftrags führt dann zu besonderen Grausamkeiten. Eine maßgebliche Rolle im SyrienKrieg spielen die Geheimdienste. Die CIA, die Briten, die Türken, die Saudis und viele andere sind verdeckt im Einsatz. Manchmal blitzt ihre Gesinnung auf, etwa, wenn der frühere CIA-Direktor Morell im amerikanischen TV sagt, man müsse Russen und Iraner ermorden und den Präsidenten Assad mit Kommando7
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aktionen in Angst und Schrecken versetzen. Diese Realität wird von Merkel ausgeblendet. Ihre Darstellung der Dinge lautet, so die dpa: „Wir spüren angesichts des islamistischen Terrors, angesichts des Bürgerkrieges in Syrien, dass wir mehr für unsere innere und äußere Sicherheit tun müssen.“ Das ist erbärmlich – vor allem, weil gegen die syrische Bevölkerung noch immer die massiven EU-Sanktionen in Kraft sind, deren Aufhebung ungeachtet der geopolitischen Interessen eine humanitäre Pflicht wäre. Nun sollen ausgerechnet die Geheimdienste die Lösung sein, obwohl Teile von ihnen doch eindeutig Teil des Problems sind. Es klingt wie eine Kapitulation der Politik, wenn Merkel, Renzi und Hollande auf der „Garibaldi“ sagen, die europäische Kooperation im Bereich der Verteidigung sollte ausgebaut werden – unter anderem durch mehr Austausch zwischen den Geheimdiensten. Hollande sagte im Hinblick auf die Übermacht der US-Dienste in Europa und im Nahen Osten: „Europa sollte stärker als heute seine eigene Verteidigung in die Hand nehmen.“ Die EU-Staaten sollten auch zusätzliche Mittel in die gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen stecken. Frankreich werde seinen Beitrag dazu leisten. Das sind bedeutungslose Sätze. Hollande beginnt mit dem Wahl-
kampf und seine antiamerikanischen Sprüche sind der Versuch, Marine Le Pen das Wasser abzugraben. Dass Hollande über Syrien schweigt, hat einen Grund: Die Franzosen kämpfen offiziell in Syrien und sind erst vor wenigen Wochen dafür kritisiert worden, dass bei Bombardements der französischen und der US-Luftwaffe zahlreiche Zivilisten getötet wurden. Auch Matteo Renzi schweigt über den Krieg – weil er vor allem darauf aus ist, einen Deal mit der EU für die sich in Italien befindlichen Flüchtlinge zu finden: Renzi sagte, es sei für Europa eine Verpflichtung, Menschen zu retten, die ihr Leben im Mittelmeer riskierten. Seit Jahresbeginn erreichten laut Renzi rund 102 000 Flüchtlinge und illegale Migranten Italien. Die meisten von ihnen kamen mit Schlepperbooten aus Libyen. Merkel sagte, die Küstenwache allein werde es nicht schaffen, die Grenzen zu kontrollieren. Es müsse mehr getan werden. Die Kooperation mit der Türkei in Bezug auf die Flüchtlinge sei richtig. Andernfalls sei es nicht möglich, den Kampf gegen die Schlepper zu gewinnen. Angesichts einer solch fundamentalen und kollektiven Realitätsverweigerung ist es nur logisch, dass den drei Regierungschefs auch zu den anderen Themen vor allem Allgemeinplätze ein-
Angela Merkel, Francois Hollande und Federica Mogherini.
Foto: EU-Kommission
26. August 2016
fielen. Merkel sagte: „Europa ist noch nicht in allen Bereichen der wettbewerbsfähigste Platz auf der Welt.“ Es gebe außerhalb Europas eine große Dynamik im digitalen Bereich. Europa müsse „die Ambition haben, hier vorne mit dabei zu sein“. Dies sei neben der inneren und äußeren Sicherheit ein weiterer Baustein, ebenso wie die Zukunft der Jugend, was vor dem Treffen der Rest-EU-27 in Bratislava am 16. September diskutiert werden müsse. Renzi forderte starke Maßnahmen für wirtschaftliches Wachstum und mehr Investitionen für Bildung und Jugend. Er kündigte an, das Gefängnis auf der nahen Insel Santo Stefano werde in einen Universitätscampus umgewandelt, um „neue europäische Eliten“ auszubilden. Hollande sagte, es gebe den Willen, das Erasmus-Förderprogramm zu erweitern. Er kündigte auch mehr Investitionen in die Kultur an. Renzi sagte: „Viele haben gedacht, nach dem Brexit ist Europa am Ende. Aber es ist nicht so. Wir glauben, dass Europa die Lösung für die schwerwiegenden Probleme unserer Zeit ist.“ Das Treffen schloss das Gedenken an den kommunistischen Vordenker Altiero Spinelli ein. Dieser hatte sich 1941 für die Abschaffung der Nationalstaaten zugunsten eines vereinigten europäischen Bundestaats ausgesprochen. Vieles von Spinellis Visionen ist zeitgebunden und kann heute nur noch historisch verstanden werden. In einem Punkt hat Spinelli das Dilemma des Europa von der „Garibaldi“ antizipiert, wenn er über die Lage 1941in seinem Manifest schreibt: „In einem Moment, da höchste Entschlusskraft und höchster Wagemut Not tun, fühlen sich die Demokraten verwirrt…Sie stellen sich an wie mahnende Prediger, während Führer gebraucht würden… Alles in allem vertreten sie mit ihren zahlreichen widersprüchlichen Tendenzen nicht den Willen zur Erneuerung, sondern das konfuse Machtstreben aller, das, indem es sich selbst lähmt, der Reaktion ein fruchtbares Startfeld bereitet. Die demokratische politische Methodologie wird in Zeiten revolutionärer Krisen zu einem Hemmschuh.“ 8
Deutsche
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26. August 2016
Wirtschaft
Rezession kündigt sich an: US-Insolvenzen steigen deutlich Zur Jahresmitte hatten schon mehr Unternehmen ihre Zahlungsunfähigkeit erklären müssen als im gesamten Jahr 2015
E
inem Bericht der Rating-Agentur Standard & Poor’s zufolge steigt die Zahl der bankrotten US-Unternehmen in den USA stark an. Ende Juni lag diese demzufolge bei 100 – die gesamte Konkursmasse stieg auf über 150 Milliarden Dollar. Mittlerweile, so der Finanzblog Zerohedge, sind sogar 113 Firmen betroffen. Damit mussten bereits Mitte des laufenden Jahres mehr Unternehmen Insolvenz anmelden als im gesamten vergangenen Jahr. Standard & Poor’s zufolge „liegt deren Anzahl 57 Prozent über dem Wert des Vergleichszeitraumes. Das letzte Mal, als die Zahl der Insolvenzen zu diesem Zeitpunkt des Jahres höher lag, war im Krisenjahr 2009 mit 208.“ In diesem Sinne können die Daten als Hinweis auf eine bevorstehende Rezession verstanden werden. Als Hauptgrund für die zunehmenden Pleiten nennt die Rating-Agentur den Verfall des Erdölpreises. Dieser habe der amerikanischen Fracking-Industrie schweren Schaden zugefügt und viele kleinere Firmen vom Markt genommen.
Die Anzahl großer Insolvenzen weltweit.
Die Prognose ist indes negativ. Standard & Poor’s geht davon aus, dass die Insolvenzrate in den USA im vorausliegenden Jahr um etwa 30 Prozent zunehmen und Ende Juni 2017 bei etwa 5,6 Prozent liegen werde. In diesem Zeitraum werden voraussichtlich weitere 99 Firmen der Erdölbranche Insolvenz anmelden müssen. Dies wäre dann deutlich höher als die 79 Firmen, die bis Ende Juni 2016 aus der ÖlwirtDie steigende Zahl der Insolvenzen wird den Demokraten auch nach Obama als wirtschaftliche Schwäche ausgelegt werden. Foto: Flickr/dcblog/CC by nc nd 2.0 schaft Konkurs Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Redaktion: Anika Schwalbe, Nicolas Dvorak. Sales Director: Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: com. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de
Grafik: Standard & Poor’s
anmeldeten. An den Anleihe- und Aktienmärkten macht sich der negative Trend bislang nicht bemerkbar. Ganz im Gegenteil, der breit gefasste S&P 500-Index stieg im laufenden Jahr um rund 8 Prozent und befindet sich auf dem Niveau eines Allzeit-Rekordes. „Während die Insolvenzen wahrscheinlich zunehmen werden, sind Investoren Aktien und Anleihen gegenüber positiv eingestellt. Der Unterschied zwischen den Renditen der ausfallgefährdetsten und der sichersten Anleihen fiel auf 5,6 Prozent – verglichen mit über 8 Prozent im Februar. Der Hauptgrund für den Anstieg der Anleihe-Preise sind die neuesten Interventionen der EZB und der Bank of England, welche aggressiv Unternehmensschulden aufkaufen und Investoren dadurch zwingen, Rendite in riskanteren Anlagen zu suchen“, schreibt Zerohedge.
Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: info@blogform-group. Jahr. Bezug:
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