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Ausgabe 35
09. September 2016
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Deutschland gehört zu den größten Gewinnern der Globalisierung Die internationale Vernetzung zwischen den Staaten hat abgenommen. Nichtsdestotrotz profitiert Deutschland
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hinter Neuseeland und knapp vor Austram Zuge der TTIP- und CETA-Diskussion Studienautor Aart De Geus. Die Gewinner der Globalisierung sind lien. Das Schlusslicht bilden die Schwelgeht es bei den Kritikern oft auch um die Gefahren der zunehmenden Globali- jedoch nicht immer die vermeintlich gro- lenländer. Doch auch hier gibt es eine sierung. Tatsächlich aber ist die Verflech- ßen Staaten. „Der Globalisierungsindex Einschränkung: „Die schwachen Positionen der tung der Staaten seit der Finanzkrise von zeigt, dass mit Irland, den Niederlanden Schwellenländer im Hinblick auf 2007 kontinuierlich wieder zudie absoluten Globalisierungsrückgegangen. In 35 von 42 beobachteten Ländern schrumpfte gewinne – insbesondere Chinas der seit 1990 gepflegte Globali– sind unter anderem auf deren niedrige Wirtschaftsleistung je sierungsindex. Während er zwiEinwohner im Ausgangsjahr zuschen 1990 und 2007 von 46,4 auf 65,1 Punkte zulegte, liegt der rückzuführen. Ein abweichendes Index nun bei durchschnittlich Bild zeigt die Betrachtung der 62,6 Punkten, so der Globalisierelativen Globalisierungsgewinrungsreport 2016. ne: So beträgt der jahresdurchIn Deutschland sinkt der schnittliche globalisierungsinGlobalisierungsgrad sogar beduzierte Einkommensgewinn je Einwohner in Relation zum reits seit 2003. Er fiel von 72 Deutschland ist lang nicht so vernetzt wie Irland, profitiert aber dennoch stark von der Globalisierung. Foto: Flickr/Keoni Cabral/Cc by 2.0 Bruttoinlandsprodukt je EinPunkten auf zuletzt 65,7 Punkte. Pro Jahr hat die Globalisierung wohner im Jahr 1990 für China von 1990 bis 2014 das deutsche rund 17 Prozent, für Deutschland BIP durchschnittlich um 1.130 Euro pro und Belgien vor allem hoch entwickelte, hingegen gut 5 Prozent und für die USA Kopf erhöht „Deutschland profitiert wie gut vernetzte und tendenziell kleinere lediglich 1,5 Prozent. (…)Die Gruppe der kaum ein anderer Staat von der Vernet- Volkswirtschaften besonders hohe Aus- Schwellenländer hat relativ zur Gruppe zung und zeigt, dass Globalisierung nicht prägungen des Globalisierungsniveaus der Industrieländer zwischen 1995 und zu einem Wettrennen um die billigsten aufweisen“, so die Studie. Deutschland 2014 auf den Weltmärkten massiv an BeArbeitsplätze verkommen muss“, sagt beispielsweise befindet sich auf Rang 20, deutung gewonnen. Dabei zeigt sich, dass
Analyse
Deutschland überholt China mit Exportüberschuss Deutschland löst nach Prognose des Ifo-Instituts in diesem Jahr China als Land mit dem weltweit größten Exportüberschuss ab. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss summiere sich 2016 voraussichtlich auf 310 Milliarden Dollar, sagte Ifo-Experte Christian Grimme der Nachrichtenagentur Reuters. Das wären 25 Milliarden Dollar mehr als 2015. China dürfte in diesem Jahr einen Überschuss von etwa 260 Milliarden Dollar aufweisen. Auf Rang drei folgt demnach Japan mit rund 170 Milliarden Dollar. Allein im ersten Halbjahr übertrafen die deutschen Warenexporte die Importe um 159 Milliarden Dollar. „Haupttreiber
war der Anstieg der Warennachfrage aus Europa“, sagte Grimme. In die Leistungsbilanz fließen neben dem Warenaustausch auch alle anderen Transfers mit dem Ausland ein – von Dienstleistungen bis zur Entwicklungshilfe. Der deutsche Überschuss wird im laufenden Jahr auf 8,9 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, sagt das Ifo-Institut voraus. Die EU-Kommission stuft bereits Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent als stabilitätsgefährdend ein. Sie rügt die Bundesregierung daher regelmäßig und empfiehlt ihr, mehr zu investieren und so die Nachfrage im Inland zu stärken. Das US-Finanzministerium pran-
gert die deutschen Überschüsse als Risiko für die weltweite Finanzstabilität an. Das Hauptargument lautet: Länder mit hohen Überschüssen tragen dazu bei, dass andere Staaten sich hoch verschulden, um ihre Importe zu finanzieren. Chinas Leistungsbilanzüberschuss dürfte in diesem Jahr um etwa 70 Milliarden Dollar schrumpfen – vor allem wegen schwächerer Exporte. Sie fielen allein im ersten Quartal um 35 Milliarden Dollar niedriger aus als vor Jahresfrist. „Stärkere Rückgänge wurden das letzte Mal in der Finanzkrise 2008/2009 verzeichnet“, sagte Ifo-Experte Grimme. 1
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der Zuwachs der Schwellenländer zu einem sehr großen Teil auf dem enormen Wachstum Chinas beruht. Zudem ist zu erkennen, dass sich einige Industrieländer – insbesondere Deutschland – trotz der neuen Konkurrenz aus den aufstrebenden Volkswirtschaften gut behaupten konnten.“ Der Gesamtindex zur Globalisierung ist das Ergebnis von drei Teilindizes (Wirtschaft, Soziales und Politik). So sind die Irland, die Niederlande und Belgien auf den vorderen Plätzen, da sie vor allem bei den Teilindizes Wirtschaft und Soziales gut abgeschlossen haben. Andererseits ist China auf einem der hinteren Ränge im Gesamtindex, weil das Land im Teilindex Wirtschaft nicht so gut abschneidet. Das liegt daran, dass es bei dem Teilindex nicht nur um reine Transaktionen und deren Größe geht, sondern beispielsweise auch um Restriktionen, die den Handel erschweren. Und davon gibt es in China etliche. „Am stärksten ausgeprägt ist dies für den Indikator Kapitalkontrollen. China weist für diesen Indikator mit 3,5 Punkten den fünftniedrigsten Wert aller betrachteten Länder aus.“ Irland oder die Niederlande verzeichnen hier Werte zwischen 8 und 9 Punkten. Darüber hinaus sind die ausländischen Direktinvestitionen im Verhältnis zum BIP Chinas nicht sehr hoch (18 Prozent), der Handel mit Dienstleistungen erreicht hier sogar nur 5 Prozent zum BIP. Deutschland belegt im Gesamtindex und auch in den Teilindizes nur mittlere
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Ausprägungen des Globalisierungsindex für ausgewählte Länder im Zeitraum 1990 bis 2014. Grafik: Bertelsmann Stiftung
Plätze, obwohl es lange Zeit den inoffiziellen Titel „Exportweltmeister“ trug. „Bei der Interpretation solcher Ausprägungen ist zu beachten, dass hohe oder niedrige Werte nicht mit einer Wertung verbunden sind. Sie messen zunächst lediglich, inwieweit ein Land (in den jeweiligen Teilbereichen) mit der übrigen Welt vernetzt ist“, so die Studie. Unternehmen in kleineren Ländern wie Irland und Tschechien etwa sind viel stärker von Zulieferern aus anderen Ländern abhängig als Unternehmen in großen Volkswirtschaften wie Deutschland. Und so exportierte und importierte Tschechien 2014 Waren im Wert von 137 Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung – Deutschland nur 69 Prozent. Dennoch profitiert Deutschland von
der Globalisierung: Der Studie zufolge hat Deutschland „bei einem durchschnittlichen Anstieg des Globalisierungsindex von 0,53 Punkten pro Jahr zwischen 1990 und 2014 jährlich 0,16 Prozentpunkte seines Pro-Kopf-Wachstums der fortschreitenden Vernetzung mit der übrigen Welt verdankt“. Insgesamt betrug das durchschnittliche Wachstum des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner im selben Zeitraum 1,37 Prozent. „Damit kommt der Globalisierung eine wichtige Bedeutung zu.“ Das spiegelt sich auch bei den Einkommensgewinnen wieder. In Deutschland sind die Globalisierungsgewinne der Einkommen doppelt so hoch wie in den USA und auch höher als in Spanien, Frankreich und Kanada.
Wirtschaft
Exporteure blicken sehnsuchtsvoll nach Russland Seit 2013 sind die Exporte nach Russland um 40 Prozent gesunken. Die Sanktionen dauern an, die Ausfuhren gehen zurück
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er Deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) zeigt Verständnis für den Fortbestand der EU-Sanktionen gegen Russland. So verständlich die Sorgen der betroffenen Unternehmen seien, weil die Exporte nach Russland von 2013 bis 2015 um 40 Prozent zurückgegangen seien, „aber bei Krieg und Frieden gilt das Primat der Politik“, erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der Neuen Osnabrücker Zeitung. Es sei aber wichtig, mit Russland im Gespräch zu bleiben.
Der Ost-Ausschuss sieht zumindest eine kleine Besserung der aktuellen Lage. In der Ukraine zum Beispiel gebe es deutliche Steigerungen. „Erstmals seit dem Rekordjahr 2012 wachsen die deutschen Exporte in die vom Ost-Ausschuss betreuten Länder wieder stärker als die deutschen Ausfuhren insgesamt. „Während die Gesamtausfuhren Deutschlands im ersten Halbjahr um 1,5 Prozent zunahmen, lag das Plus für die Länder Ost- und Südosteuropas im Durchschnitt bei 3,3 Prozent.
„Es geht endlich wieder aufwärts“, sagte der Geschäftsführer des Ausschusses, Michael Harms. „Nach zwei rabenschwarzen Jahren geht eine lange Durststrecke zu Ende. Osteuropa ist und bleibt ein Chancen-Raum für die deutsche Wirtschaft und gewinnt als Absatzmarkt wieder an Gewicht.“ Im Gesamtjahr 2015 waren die Ausfuhren in die 21 Ost-Ausschuss-Staaten noch um fast zwölf Prozent abgesackt. Im Russlandgeschäft seien die Exporte im ersten Halbjahr 2016 nur noch um 2
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Der russische Präsident Wladimir Putin lässt sich von den Sanktionen nicht einschüchtern. Foto: Flickr/Jedimentat44/CC by 2.0
3,2 Prozent gesunken. Im Vorjahreszeitraum war es ein Viertel. Der Ost-Ausschuss sprach hier von einer absehbaren „Bodenbildung“. Die deutschen Handelsgeschäfte mit Russland litten in den vergangenen Jahren vor allem unter den Sanktionen, die die EU wegen der Annexion der Krim gegen Russland verhängt hatte, und den
russischen Gegenmaßnahmen. In die Ukraine lieferten die deutschen Exporteure fast ein Drittel mehr Waren im ersten Halbjahr. Der Reformprozess in dem Land trage erste Früchte, sagte Harms. Besonders stark angestiegen sind den Angaben zufolge die deutschen Lieferungen nach Südosteuropa, wo die Zahlen
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für Rumänien, Serbien und Kroatien um jeweils rund 14 Prozent im Halbjahr zulegten. „Die Gesamtregion Südosteuropa ist eine echte Wachstumslokomotive“, so der Verband. Schweitzer fordert außerdem den Abbau von Protektionismus. „Wir brauchen dringend mehr Wachstum“, sagte Schweitzer. Deshalb sollte auf dem Spitzentreffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Abbau von Handelshemmnissen ganz oben auf der Agenda stehen. Je mehr freien Handel ein Land zulasse und je mehr Qualifikation ermöglicht werde, desto größer sei der Wohlstand. Vor diesem Hintergrund warnte Schweitzer dringend davor, bei den Verhandlungen über das TTIP-Freihandelsabkommen der EU mit den USA „vorzeitig aufzugeben“. „Jetzt auf halber Strecke zu sagen, die Gespräche seien gescheitert, macht alles nur noch schwieriger“, meinte er mit Blick auf jüngste Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Oft werde der Knoten erst in der Schlussrunde durchschlagen. Die USA seien für Deutschland der wichtigste Exportpartner. „Je mehr wir verkaufen, desto besser geht es den Menschen in unserem Land“, betonte der DIHK-Präsident.
Innovation
Japan: 3D-Straßen für autonom fahrende Autos Spezielle Karten sollen helfen, die Autos sicher durch den Verkehr zu manövrieren
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eben dem Elektroantrieb steht bei den Autoherstellern und Technologieunternehmen immer stärker das autonome Fahren im Vordergrund. Hier sind derzeit vor allem deutsche Zulieferer und Autoproduzenten führend. In Berlin soll der fahrerlose Bus Olli aus dem 3D-Drucker entstehen. Google arbeitet weiterhin an autonom fahrenden Autos, Russlands Google-Nachahmer Yandex ebenfalls. Und während in Singapur bereist die ersten autonomen Taxis unterwegs sind, testet Uber selbstfahrende Autos nun auch in San Francisco. Japan will hier in nichts nachstehen. Die Regierung will bis 2020 autonome Autos auf die Straßen bringen: zu Olympia. Um diese auch sicher fahren zu lassen, verlässt sich Japans Regierung nicht
Der russische Präsident Wladimir Putin lässt sich von den Sanktionen nicht einschüchtern. Foto: Flickr/Jedimentat44/CC by 2.0 3
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nur auf das Können der Hersteller. Tatsächlich werden eigens dafür nun hochauflösende Straßenkarten in 3D erstellt. Hinter den 3D-Karten steckt das Joint-Venture Dynamic Map Planning, zu dem Mitsubishi Electric , dem Landkartenverlag Zenrin und neun Automobilhersteller gehören, berichtet die Zeitung Nikkei Asia Review. Zuerst sollen 300km der wichtigsten Straßen des Landes kartografiert werden. Die 3D-Karten sollen helfen, die Autos besser zur Umgebung und Straße in Relation setzen zu können, um deren Position bestimmen zu kön-
nen. So sollen die Karten beispielsweise das Auto darüber informieren, dass nach einer scharfen Kurve eine Ampel auf Rot geschaltet hat. Zuletzt hatte sich gezeigt, dass Sensoren am Auto nicht fehlerfrei gewährleisten können, dass Auto durch den Verkehr zu bringen. Die Karten sollen hier helfen. In Europa wird ebenfalls an hochauflösenden Karten gearbeitet. Im August des letzten Jahres hatten BMW, Daimler und Audi dafür den Kartendienst Here gekauft. Here wird eine Schlüsselrolle
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bei der digitalen Revolution der Mobilität spielen und dabei hochpräzise Karten mit Daten aus dem Fahrzeugumfeld kombinieren, um das Fahren für alle sicherer und einfacher zu machen“, sagte BMW-Chef Harald Krüger damals. Schätzungen zufolge werden vollautonom fahrende Autos ab 2040 die herkömmlichen Diesel und Benziner verdrängt haben. Aller Voraussicht nach werden demzufolge LKWs zu den ersten wie selbstverständlich autonom fahrenden Fahrzeugen auf den öffentlichen Straßen gehören.
Innovation
2040 gibt es nicht genug Energie für alle Computer Die Digitalisierung und Technisierung schafft immer mehr Geräte, die Strom verbrauchen
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leichzeitig steigt die Zahl der Rechenzentren, mit denen Daten gespeichert werden. Und auch diese Rechenzentren benötigen Energie, um zu laufen. Wissenschaftler warnen davor, dass wir unsere Computer schon 2040 gar nicht mehr mit ausreichend Strom versorgen können. Wir kämen gar nicht mehr hinterher, ausreichend Strom zu produzieren. Seit der Erfindung des ersten Personal Computers hat die Technologie eine rasante Entwicklung genommen. Immer mehr PCs und Macs wurden in den vergangenen Jahren gekauft. Selbst wenn sie im Privaten langsam von Smartphones und Tablets abgelöst werden, so sind Smartphones und Tablets ja auch nichts anderes als Computer. Und all diese Geräte benötigen Strom: Rechner im Privaten Bereich, Rechner in Unternehmen, intelligente Maschinen der Industrie 4.0 und Rechenzentren wie sie etwa von Google genutzt werden. Das Wachstum dieser Technologie ist jedoch so rasant, dass wir in ein paar Jahren auf einige Probleme stoßen könnten. Wissenschaftler des Branchenverbands Semiconductor Industry Association (SIA) kamen in der Studie „International Technology Roadmap for Semiconductors 2.0′“ zu dem Schluss, dass Computer 2040 weltweit mehr Energie verbrauchen werden, als produziert werden kann. „Die größte IT-Infra-
Immer mehr, immer schneller, immer besser. Macht der Stromverbrauch der Digitalisierung ein Ende? Foto: Flickr/You Bleong in Longmont/CC by nc nd 2.0
struktur der Welt nutzt bereits ein bedeutendes Stück der Weltenergie und die Auswertungen zeigen, dass die Struktur sich selbst begrenzt“, heißt es. „Computer werden 2040 nicht mehr nachhaltig sein, wenn die benötigte Energie für diese die geschätzte weltweite Energie-Produktion überschreiten wird.“ Außerdem werde es ab 2012 auch kaum mehr möglich sein, dass Computer noch schneller und Transistoren noch viel kleiner werden. Hier bedürfe es zukünftig neuer Technologien. „Ein minimaler
Energieverbrauch von Transistoren ist durch das neue Ökosystem der Elektronikindustrie zur wichtigsten Voraussetzung für die Halbleiterindustrie geworden“, so die Studie. Gleichzeitig werde nach einer immer größeren Anzahl von Transistoren gefragt. Entsprechend müssten ganz neue Innovationen zum Stromsparen entwickelt werden, doch gleichzeitig steigt der Bedarf an Strom weiter. Demzufolge bedürfte es, um weiterhin in der ElektronikWelt leben zu können, neuer effizienterer 4
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Energiequellen. Im Max Planck Institut arbeitet man deshalb am Wendelstein 7-X. „Ziel der Fusionsforschung ist es, ein klima- und umweltfreundliches Kraftwerk zu entwickeln. Ähnlich wie die Sonne soll es aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen.“ Nach
etwa 2.200 Plasma-Pulsen seit Dezember 2015 soll die Forschungsanlage nun neu aufgerüstet werden. „Mit den Ergebnissen der ersten Experimentierkampagne sind wir mehr als zufrieden“, sagt Projektleiter Thomas Klinger. Am Anfang waren die erreichba-
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ren Pulsdauern der Wasserstoff-Plasmen eine halben Sekunde lang, mittlerweile sind Pulsdauern von sechs Sekunden möglich. „Damit wurde viel mehr erreicht, als unsere eher vorsichtigen Vorhersagen erhoffen ließen“, so Thomas Klinger.
Wirtschaft
Reederei-Pleite belastet US-Einzelhändler US-Einzelhändler befürchten für die kommende Feiertagssaison leere Regale
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in Ende sei noch nicht absehbar, doch der Schaden erheblich, sagte Sandra Kennedy, Präsidentin der Retail Leaders Association dem WSJ. Die Insolvenz der Großreederei stelle eine „enorme Herausforderung für US-Speditionen dar (…)“ und habe „erhebliche Auswirkungen auf die Konsumenten und die Wirtschaft im Allgemeinen“. Die Handelsgruppe drängt die US-Regierung, Verhandlungen mit den Häfen, Frachthändlern und der Regierung Süd-Koreas aufzunehmen, um die weitreichende Krise des Containerhandels schnellstmöglich zu lösen. Denn nur Südkorea selbst könne Klarheit in dem Konkursverfahren bieten und dieses, falls nötig, beschleunigen. Hanjin Shipping bedient etwa 7,8 Prozent des transpazifischen Handels für den US-Markt, so Kennedy weiter. Wegen des Insolvenzantrags in Seoul habe Hanjin aus rechtlichen Gründen den Zahlungsverkehr stoppen müssen. Das wiederum habe dazu geführt, dass beispielsweise die Hafenschlepper nur noch gegen Bargeld ihre Arbeit aufnehmen wollten. Aus Angst, nicht bezahlt zu werden, haben auch andere logistische Einheiten ihre Arbeit niedergelegt, was weltweit Konsequenzen nach sich zieht. Vor allem in den USA kommt es zu verspäteten Lieferungen, Schiffe von Hanjin dürfen nicht einlaufen, Ware wird in den Häfen festgehalten, benötigte Container werden nicht ausgehändigt. Einige Schiffe wurden sogar von den Reedern beschlagnahmt, weil Hanjin weder sie noch die Gebühren noch die Arbeiter bezahlen konnte. Kunden würde zwar mitgeteilt, dass ihr Frachtgut in den Häfen sei, aber „wie es von dort weitergehe, wisse niemand“, so Jeff Bergmann, Geschäftsfüh-
Hanjin muss also schnellstmöglich die Insolvenz in Europa und den USA anmelden. Foto: Flickr/Je.T./CC by sa 2.0
rer der Toy Shippers Association. Zudem säßen die Matrosen auf den Schiffen fest. Nahrung und Wasser reiche zwar für einige Wochen, aber danach könnte ihnen nur gegen bares Geld geholfen werden. Ob die Verantwortlichen es jedoch rein menschlich wirklich so weit kommen lassen, bleibt abzuwarten. Da Hanjin Shipping Teil einer großen Kooperative ist, gehen die Probleme noch weiter. Ein Zwischenhändler verriet, dass etwa 540.000 Container verspätet geliefert würden. Die Verspätung könne sich dabei von einigen Tagen bis hin zu einem Monat oder sogar noch mehr ziehen. Die Frachtpreise erhöhen sich dadurch dramatisch. Ein US-Importeur musste Preise von 2.000 US-Dollar pro Container zahlen – im Vergleich: 700 US-Dollar vor der Hanjin-Krise. Die Konsequenzen treffen vor allem Großhändler und das aufstrebende E-Commerce zu einem sehr schlechten
Zeitpunkt in Hinblick auf die anstehende Verkaufszeit bis zum Weihnachtsgeschäft, die hauptsächlich Kunden der bankrotten Großreederei sind. Die nächsten Feiertage in den USA stehen an. Diese Zeit, die bis in das Weihnachtsgeschäft reicht, macht etwa 50 Prozent des Jahresumsatzes aus. Die Unternehmen müssen nun andere Wege finden, um ihr Frachtgut auslösen zu können. Leicht werde das jedoch nicht, meinen Analysten des WSJ. Kunden könnten unter Umständen Monate auf ihre Ware warten müssen. Als im Jahr 2001 eine viel kleinere Reederei, Cho Yang, bankrott gegangen war, habe es sechs Monate gedauert, bis die „nur“ 200 Container ausgeliefert werden konnten, sagt Lars Jensen von SeaIntelligence Consulting. „Es würde mich nicht wundern, wenn Teile des gestrandeten Hanjin-Guts niemals er Ziel erreichten“, so Jensen weiter. Hanjin muss also schnellstmöglich die Insolvenz in Europa und den USA an5
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melden, damit die Schiffe wieder fahren dürfen, fordert Jensen. Die Großreederei hat zwar eine einstweilige Verfügung erhalten, dass die eigenen Schiffe nicht beschlagnahmt werden dürfen – allerdings nur in Korea. „Die meisten Schiffe
sind jedoch auf See oder im Ausland. Das Beschlagnehmen wird weltweit anhalten, wenn das Konkursverfahren nicht schnellstmöglich abgeschlossen wird“, mahnt Jensen. Wie schnell diese Verfahren jedoch im Ausland bearbeitet wer-
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den, kann das Unternehmen nicht kontrollieren. Insgesamt werde Hanjin in 43 Ländern aktiv werden, um zu verhindern, dass die Schiffe festgesetzt und von den Gläubigern verwertet werden, teilte die Behörde mit.
Finanzen
Neue Banken-Krise in Europa Die neue Finanzkrise, von der immer wieder gewarnt wird, ist längst im Gang
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uch Deutschland als Wirtschaftsprimus Europas ist vor einer europäischen Banken-Krise nicht gefeit. Der Internationale Währungsfonds fand Ende Juni harte Worte für die Deutsche Bank: „Unter den global tätigen Banken mit systemischer Bedeutung scheint die Deutsche Bank am stärksten zu systemischen Risiken beizutragen.“ Die Notenbanker haben sich in Jackson Hole als hilflos erwiesen. Statt zu agieren, wollen sie den bekannten, falschen Weg weitergehen – wohl bis zum bitteren Ende. Die Verantwortlichen könnten reagieren. Könnten. Es hat aber nicht den Anschein, als ob in der EU-Kommission, im EU-Parlament oder in der EZB die Dimension der Gefahr erkannt wird. Bis vor kurzem haben sich auch die Unternehmerverbände und die Finanzwirtschaft nicht mit angemessenen Warnungen zu Wort gemeldet. Mittlerweile sind die Probleme so gravierend geworden, dass die Alarmrufe immer zahlreicher und deutlicher werden. Der Katalog der Krisenherde ist lang. Die Liste der notwendigen Korrekturen etwas kürzer. Krisenherd Nummer 1: Die niedrigen Zinsen ruinieren die Sparer Die von der Europäischen Zentralbank unter Präsident Mario Draghi erzwungenen Niedrigzinsen belasten alle Vorsorge-Maßnahmen. Die Sparguthaben sind unattraktiv. Die klassischen Lebensversicherungen können in der gewohnten Form nicht mehr angeboten werden, bei den bestehenden Verträgen ist die Einhaltung der Kapital- und Renten-Garantien unter Druck. Hier finden eine stille Enteignung der Sparer und eine Demontage der Altersvorsorge statt.
Krisenherd Nummer 2: Die offizielle Enteignung der Einleger Die EU hat im Rahmen der Bankenunion beschlossen, dass Einlagen grundsätzlich verloren sind, wenn eine Bank kracht. Die Einleger werden mit den Eigentümern der Bank gleichgestellt. Dem Publikum wird erklärt, man müsse sich eben ansehen, welcher Bank man seine Einlagen anvertraut. Allerdings besteht gleichzeitig der Grundsatz, dass Einlagen bis zu 100.000 Euro garantiert sind, wobei vorwiegend die Sparer gemeint sind. Unternehmen werden meist als weniger schutzbedürftig angesehen, obwohl Firmen, die den Zugriff auf ihre Einlagen verlieren, zahlungsunfähig sind und ihre Mitarbeiter und Lieferanten nicht bezahlen können. Die bestehenden, nationalen Einlagensicherungssysteme sind unter Druck, weil die Banken Ertragsprobleme haben und die Staaten nur mehr beschränkt bereit sind zu helfen. Angestrebt wird eine Europäische Einlagensicherung, bei der alle Banken für alle Banken haften würden. Da fragen aber die gesunden Institute, warum sie für PleiteBanken irgendwo in Europa einspringen sollen. Die Einlagensicherung wird zur Illusion. Krisenherd Nummer 3: Die Ertragsschwäche der Banken Die niedrigen Zinsen ruinieren nicht nur die Sparer, sie ruinieren gemeinsam mit anderen, falschen Maßnahmen der Finanzpolitik die Ertragslage der Banken. Bei niedrigen Zinsen ist die Spanne zwischen den Einlagenzinsen und den Kreditzinsen besonders stark unter Druck, weil die Kreditnehmer ebenfalls auf günstige Konditionen pochen. Das Problem verliert nur an Schärfe, wenn die Konjunktur blüht und die Nachfrage
nach Krediten groß ist. Das ist aber derzeit nicht der Fall. Außerdem haben die EU-Behörden erzwungen, dass die Banken enorm hohe Barmittel vorzuhalten haben. Eine Bank muss für einen dreißigtägigen Run gerüstet sein, obwohl man weiß, dass bei einem tatsächlichen Run innerhalb weniger Stunden und Tage jede Barreserve von aufgeregten Einlegern aufgezehrt wird. Die Barmittel bringen aber keine Zinsen und belasten die Ertragslage zusätzlich. Krisenherd Nummer 4: Die Kreditbremse Basel III verstärkt die Flaute Mit dem Regelwerk Basel III sollten die Banken sicherer gegen Krisen gemacht werden. Tatsächlich trägt Basel III entscheidend zur Krise bei. Die Grundregel beruht auf einer Doppelformel: Kredite dürfen nur an Kunden mit guter Bonität gegeben werden und zudem müssen die Banken zur Absicherung des Risikos die Kredite mit hohen Eigenmittelpolstern absichern. Dies gilt für alle Kredite – seit einigen Monaten wirken zusätzliche Einschränkungen bei der Finanzierung von Wohnungen und Eigenheimen. Was nach mehr Sicherheit aussieht, bedeutet in der Praxis die Kürzung bestehender Finanzierungen und eine Bremse bei der Vergabe neuer Kredite und Darlehen. Den Unternehmen und Privathaushalten fehlen die Kredite, wodurch die Konjunktur gebremst wird. Den Banken fehlen die Zinserträge aus den Krediten. Damit nicht genug: Die Bonitätsregeln bewirken, dass Kreditnehmern, die in Schwierigkeiten geraten, nicht geholfen werden darf, weil in dieser Situation das Risiko größer ist. Lösbare Probleme werden unweigerlich zu Pleiten. Krisenherd Nummer 5: Die Banken werden zur Spekulation gedrängt 6
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Auch bei den europäischen Banken ist auf dem ersten Blick nicht zu erkennen, wie tief sie wirklich in der Krise stecken.
Die Basel-III-Regeln und die Vorgaben der Bankenaufsicht und der Bankenabwicklungsbehörde zwingen die Banken, eine extrem hohe Eigenkapitaldeckung vorzuhalten. Die Ertragsprobleme bewirken, dass das Kapitalerfordernis nicht aus den Gewinnen gedeckt werden kann. Die schwache Ertragskraft der Institute dämpft aber naturgemäß auch die Bereitschaft der Anleger, Bankaktien zu kaufen. Unter diesen Umständen stellt die Spekulation eine attraktive Verführung dar, mit großen Risiken doch hohe Gewinne zu erzielen, um auf diese Weise das erforderliche Kapital zu generieren. Dass die Finanzkrise 2008 durch verlustreiche Spekulationen ausgelöst wurde, rückt nicht selten in den Hintergrund. Und so kommt es zur grotesken Situation, dass das Regelwerk Basel III, das dafür sorgen soll, dass eine Krise wie 2008 sich nicht wiederholt, genau diese Gefahr verschärft: Die Kreditfinanzierung, die die Krise nicht verursacht hat, wird gebremst, die Banken werden zur Spekulation animiert.
Krisenherd Nummer 6: Kapitalanlage bedeutet Risiko, also Chance und Gefahr. MiFID erzwingt die „risikolose“ Kapitalanlage Die Finanzpolitik ruiniert derzeit das traditionelle Bankgeschäft – die Sparer bringen ihr Geld zur Bank, die Bank vergibt Kredite. Nur: Die Sparer bekommen keine oder minimale Zinsen, die Unternehmen und die Privathaushalte bekommen keine oder kaum Kredite. Unter diesen Umständen wäre es naheliegend, das Beteiligungskapital zu forcieren. Das Modell würde also besagen: Die Sparer kaufen Aktien oder sonstige Anteile an Unternehmen, die Unternehmen schütten an die Kapitalgeber Gewinne aus. In Europa dominiert zwar traditionell die Kreditfinanzierung, doch wäre eine Umstellung möglich, wenn auch nur über einen längeren Zeitraum, da Gewohnheiten sich nicht rasch ändern lassen. Eine derartige Entwicklung wird aber durch eine weitere, falsche Maßnahme der Politik verhindert. Das Regelwerk MiFID zwingt die Berater in den Banken, alle Ri-
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Foto: Flickr/Rita Willaert/CC by 2.0
siken einer Veranlagung zu kennen und dem Kunden mitzuteilen. Geschieht dies nicht, besteht die Möglichkeit, die Bank zum Ersatz etwaiger Verluste zu zwingen. Es gibt schon eine Reihe entsprechender Gerichtsurteile. Da aber Bankmitarbeiter keine Hellseher sind und der Markt ständig für nicht vorhersehbare Überraschungen sorgt, ist eine aktive, die Chancen nutzende Anlageberatung nur mehr schwer möglich – die extreme Vorsicht nimmt überhand. Für die Kunden wird der Aufbau eines Vermögens erschwert, den Banken fehlen die Provisionserträge. Krisenherd Nummer 7: Die Staatshaushalte lähmen die Wirtschaft Die Staatsverschuldung in Europa bildet aus mehreren Gründen einen Krisenherd. Die Schulden sind in Relation zum BIP und zur Wertschöpfung zu sehen. Die aktuelle Stagnation in Europa bewirkt, dass das BIP nicht oder kaum wächst. Mit Ausnahme von Deutschland haben aber die meisten Staaten weiterhin beträchtliche Defizite, die die Schulden ständig ansteigen lassen. Somit ver7
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schlechtert sich die Relation Schulden zu BIP und somit die Bonität der Staaten. Wenn die Flaute länger anhält, werden unweigerlich die Anleger das Vertrauen in Staatsanleihen verlieren, das bereits durch die niedrigen Zinsen erschüttert ist. Die Staaten müssen dann andere Finanzquellen erschließen, also werden sie die ohnehin in Europa viel zu hohen Steuern weiter anheben, folglich die Wirtschaft zusätzlich bremsen, wodurch das Steueraufkommen weiter sinken muss. Derzeit übernimmt die Europäische Zentralbank Milliarden an Staatsanleihen und erleichtert außerdem den Staaten durch die niedrigen Zinsen die Finanzierung der laufenden Defizite. Die EZB ist aber nun als Großgläubiger der Staaten in der ständigen Gefahr, dass ein Land trotz aller Hilfen nicht mehr zahlen kann und damit die Zentralbank Europas und den Euro in die Krise stürzt. Die Liste der notwendigen Korrekturen ist kürzer. Korrektur Nummer 1: Die Reform von Basel III Basel III muss auf einige Vorschriften beschränkt werden, der Wust an Regeln ist zu beseitigen, die übertriebenen Kapitalvorgaben sind zu korrigieren. Für ein gesundes und somit ertragreiches Kreditgeschäft einer Bank ist vor allem die Streuung sowie die Begrenzung der Höhe der einzelnen Ausleihung entscheidend. Diese beiden Bestimmungen stellen eine bessere Absicherung dar als jede noch so hohe Kapitalausstattung, die letztlich wenig nützt, wenn das Kreditgeschäft nicht gesund ist. Womit nicht in Frage gestellt sei, dass Banken eine solide Kapitalausstattung brauchen. Nur die derzeit betriebene Überschätzung hoher Kapitalpolster ist abzulehnen. Für solide Ausleihungen können nur die Kreditreferenten sorgen, die die Kunden kennen und kontinuierlich begleiten. Das traditionelle Kreditgeschäft hat auch nicht zur Krise 2008 geführt. Die von Basel III erzwungenen, extremen Bonitätsanforderungen an die Kreditnehmer bewirken, dass letzt-
lich Kredite nur an Firmen und Personen vergeben werden, die, überspitzt formuliert, keinen Kredit brauchen. Unter diesen Umständen kann auch die größte Geldschwemme der EZB nicht in der Wirtschaft ankommen. Korrektur Nummer 2: Das Verbot von Spekulationen für Einlagen-Banken Banken, die mit Einlagen von Kunden arbeiten, müssten einem Spekulationsverbot unterliegen. Der Einsatz der Derivate, die als Spekulationsinstrumente missbraucht werden, wäre auf die Absicherung konkret bestehender Forderungen zu beschränken und auch da nur in einem begrenzten Umfang. Spekulationsgeschäfte mögen Banken betreiben, die dies mit eigenem Geld tun oder von risikobereiten Kunden explizit entsprechende Aufträge bekommen. Banken, die mit Einlagen spekulieren, nehmen bei Verlusten unweigerlich die Regierung und die Steuerzahler mit dem Argument in Geiselhaft, der Staat müsse doch die Einlagen der Sparer und der Unternehmen retten. Diese Praxis hat die Politik erfolglos versucht mit hohen Kapitalerfordernissen zu bekämpfen – ein Spekulationsverbot wäre wirksamer. Korrektur Nummer 3: Der Verkauf von Krediten müsste verboten sein Ebenfalls zu verbieten wäre der Verkauf von Krediten, der maßgeblich zur Krise 2008 beigetragen hat und jetzt paradoxerweise von der Bankenaufsicht den Instituten nahe gelegt wird, um das Risiko zu minimieren. Kredite, die in Fonds oder Anleihen gebündelt sind, werden nicht betreut. Bei Problemen der Schuldner stellen Computer ohne weitere Diskussion die gesamten Außenstände fällig, eine Sanierung ist somit unmöglich. Korrektur Nummer 4: Die Niedrigzinspolitik ist zur Falle geworden. Eine Korrektur erfordert großes Geschick. Zinsen haben eine offenbar vergessene Aufgabe: Sie müssen die Inflation abgelten, um das eingesetzte Vermögen zu erhalten, und darüber hinaus einen Ertrag abwerfen, um den Einsatz des
Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Redaktion: Anika Schwalbe, Nicolas Dvorak. Sales Director: Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: com. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de
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Vermögens zu rechtfertigen. Die Zentralbank kann und muss diese Grundregel verletzen, wenn die Wirtschaftsentwicklung dies erfordert. Die Grundregel selbst bleibt aber jedenfalls das Maß. Sicher ist eine überhitzte Wirtschaft zu bremsen, also mögen höhere Zinsen die Aufnahme von Krediten erschweren. Umgekehrt ist eine Flaute bekämpfbar, wenn niedrige Zinsen die Kreditfinanzierung erleichtern. Dass dieses Rezept derzeit nicht funktioniert, ist durch die Kreditbremse Basel III verursacht. Die Grundregel Inflationsabgeltung plus Ertrag kann aber nicht außer Kraft gesetzt werden – und genau das betreibt die EZB mit ihrer Niedrig- und Minuszinspolitik. Die lange Dauer der Niedrigzinspolitik hat allerdings zur Verzerrung aller Strukturen geführt, sodass eine rasche Rückkehr zu einem realistischen Zinsniveau enormen Schaden anrichten müsste: Alle in letzter Zeit begebenen Anleihen würden bei einer stärkeren Zinsanhebung sofort dramatisch an Wert verlieren. Der Zinssatz der Anleihen ist auch die Referenzgröße für viele andere Vermögenswerte, insbesondere für Aktien und für Immobilien. Folglich würde ein plötzlicher starker Anstieg der Zinsen unweigerlich zu einem Verfall der Aktienkurse und der Immobilienpreise führen und die Krise verschärfen. Die Rückkehr zu einer realistischen Zinspolitik muss Schritt für Schritt erfolgen und wird dennoch für zusätzliche Belastungen sorgen. Die offenbar unmögliche Korrektur Nummer 5 Die Staaten sorgen für eine effiziente Verwaltung, kommen mit 30 Prozent des BIP aus und brauchen nicht knapp 50 Prozent der Wertschöpfung.
Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.
Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: info@blogform-group. Jahr. Bezug:
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