Transcript
29.-31. oktober 2015
Infos und Videostream: jazzfestival.hr2-kultur.de Live-Übertragung in hr2-kultur
Eine Veranstaltung des Hessischen Rundfunks in Zusammenarbeit mit dem Dezernat für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt
Ihr Kulturradio für Hessen!
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Editorial Ist die Avantgarde müde geworden? Schlägt die große Stunde der Nachahmer? Wer sich in der aktuellen Jazzszene umschaut, wird Schwierigkeiten haben, etwas originär Neues zu entdecken. Leider begnügt man sich allzu oft mit der bloßen Wiederaufbereitung von schon tausend Mal Gehörtem. Gleichwohl gibt es sie noch, die Musiker, die den Innovationsgedanken nicht aufgeben möchten. Nur dass sie nicht mehr einer radikalen Erneuerung nachjagen – im Sinne eines ästhetischen Umsturzes – sondern das Neue in ungewohnten Versuchsanordnungen suchen. Michael Mantlers visionäre Gründung des Jazz Composer’s Orchestra im Jahr 1968 hat auch im Jahr 2015 nichts von ihrer ästhetischen Sprengkraft eingebüßt, weil der Trompeter und Komponist die alten, legendären Aufnahmen einem zeitgemäßen Update unterzieht. Auch die neue Formation HOPE mit Alfred 23 Harth und Chris Cutler erinnert an die Provokationen der Frankfurter Kult-Band Cassiber, ohne sich auf den historischen Vorleistungen auszuruhen. Das Bandprojekt schreibt die Kollisionen der Genres fort, natürlich mit den elektronischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts.
_UND DEIN FESTIVAL IST DA wO DU BIST
ERLEBE DAS 46. DEUTSCHE JAZZFESTIVAL FRANKFURT LIVE UND IM REPLAY AUF CONCERT.ARTE.TV
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Zum 50-jährigen Jubiläum der schwarzen Musikerselbstorganisation AACM präsentiert das diesjährige Festival einen generationsübergreifenden Themenschwerpunkt: von den Gründungsheroen wie Roscoe Mitchell und Jack DeJohnette bis zu den jungen Fackelträgern der AACM ›Now‹ Generation. Noch im aktuellen Slogan der Chicagoer Musikerkooperative: »Together – A Power Stronger Than Itself« klingt das berühmte Motto »Great Black Music – Ancient to the Future« nach. Auch die anderen Festivalprojekte – ob das waghalsige Zappa-Programm der hr-Bigband, das kammermusikalische Duo Peirani/Parisien, das groovende Contrast Trio + 1 aus Frankfurt oder die ätherischen Höhenflüge des Saxophonisten Mark Turner – sind nicht gerade AllerweltsKonstellationen. Wagemutig klingen sie allemal.
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Das 46. Deutsche Jazzfestival Frankfurt 2015 ist eine Veranstaltung des Hessischen Rundfunks / hr2-kultur in Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt am Main / Dezernat für Kultur und Wissenschaft.
Hotelpartner:
Medienpartner:
Donnerstag, 29. Oktober
CONTRAST TRIO + 1 MICHAEL MANTLER & hr-BIGBAND: “JAZZ COMPOSER’S ORCHESTRA UPDATE” VINCENT PEIRANI & ÉMILE PARISIEN DUO: “BELLE ÉPOQUE” FREItag, 30. Oktober
Great Black Music -- Ancient to the Future!
Tickets Kartenvorverkauf beim hr-Ticketcenter 069 155-2000 www.hr-ticketcenter.de und bei allen bekannten Vorverkaufsstellen Keine freie Platzwahl Tageskarte Do – Sa, je Tag: 37,50 € Kombiticket Do, Fr, Sa: 95,50 € Das Festival wird in hr2-kultur live übertragen und der Konzertabend am Samstag wird im Videostream auf folgenden Internet-Plattformen zu sehen sein: jazzfestival.hr2-kultur.de und im ARTE-webchannel concert.arte.tv/de 46. Deutsches Jazzfestival Frankfurt 2015 im hr-Sendesaal, Bertramstraße 8, 60320 Frankfurt
AACM VOCAL ENSEMBLE AACM ‘NOW’ GENERATION JACK DEJOHNETTE / ROSCOE MITCHELL / MATTHEW GARRISON SAMStag, 31. Oktober
“JAZZ FROM HELL”-Hr-BIGBAND PLAYS ZAPPA MARK TURNER QUARTET: “LATHE OF HEAVEN” HOPE
Programmänderungen vorbehalten! Stand Juli 2015
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Donnerstag, 29. Oktober CONTRAST TRIO + 1 Seit das Contrast Trio (das damals noch Contrast Quartet hieß) 2008 das Arbeitstipendium Jazz der Stadt Frankfurt bekam, herrscht Kontinuität: Bis heute sind die Drei noch immer die Speerspitze, wenn es um die »Next Generation« in der Frankfurter Jazz-Szene geht. Ihre Musik hat sich freilich weiterentwickelt: »Es geht uns weniger um individuelle Virtuosität als um eine gemeinsam kreierte Klangästhetik«, sagt der Pianist Yuriy Sych mit Bezug auf das Anfang des Jahres erschienene Album »2«. »Wir wollen bei diesem Album bewusst weg von Soli und der Präsentation einzelner Instrumente«. Ein Plädoyer für Kompaktheit und variierende Trio-Klangfarben von Yuriy Sych, der es eigentlich wie kaum ein anderer versteht, einen ganzen Saal mit seiner überbordenden Virtuosität in einen Taumel zu spielen. Tatsächlich agiert das Trio auf der genannten CD als geschlossene Band ohne Zurschaustellung von HochleistungsHandwerkelei einzelner. Dennoch ist die Dynamik enorm. Es gibt viele energiegeladene Passagen, die sich immer
wieder aus den changierenden Klangflächen herausschälen. Dabei ist Yuriy Sych mit seinen Langzeit-Partnern, dem Bassisten Tim Roth und dem Schlagzeuger Martin Standke, so traumhaft eingespielt, dass das Ganze auch unverabredet als vital sprudelnder Organismus funktioniert: Groove, repetitive Miniaturen, subtile elektronische Effekte – dieser modernen Pop-Musik, gespielt von Vollblut-Jazzern, fehlt es an nichts, um zeitgemäß, ja modern rüberzukommen. Aber wer weiß schon, an welchen Transformationen die Kontrastler im Moment gerade wieder arbeiten? Für ihr Konzert auf dem Deutschen Jazzfestival Frankfurt haben sich die Drei einen Gast ins Boot geholt, den Perkussionisten Florian Dressler. Der Schlagwerker Martin Standke hat in seinem Drumming eine solch individuelle Akzentuierung und Präsenz, dass man sich kaum vorstellen kann, dass eine Verstärkung der Impulse an den Trommeln eine zusätzliche Dimension in die Musik bringen kann, aber wir vertrauen auf den Spürsinn der Musiker. Denn sie wissen, was sie tun. Schon oft haben sie mit Gastmusikern gespielt, immer gab’s auch inhaltlich Surplus. Und so viel Experimentier-Geist, wie er sich hier bei Frankfurts Vorhut artikuliert, kann man nur unterstützen. Überraschungen werden gern billigend in Kauf genommen. Yuriy Sych | p, synth Tim Roth | b, sound effects Martin Standke | dr, samples Florian Dressler | perc, electronics
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Obwohl das Original noch heute, fast ein halbes Jahrhundert nach der Aufnahme-Session, ausgesprochen frisch klingt, kam Mantler beim Digitalisieren seiner alten Aufnahmen die Idee, das Material nach einer gründlichen Überarbeitung mit zeitgenössischen Musikern neu aufzunehmen. Dabei ging es ihm aber keineswegs um ein »Re-do«, sondern um ein »Update«, wie er es nennt: Die aus den 60er-Jahren stammenden Kompositionen wurden für das 21. Jahrhundert neu aufbereitet. Die damaligen Partituren waren auf die gravitätischen Neuerer wie Sanders und Taylor zugeschnitten, jetzt sollte der Anteil an freier Improvisation zugunsten von ausgeschriebenen Passagen begrenzt werden. Mantler ging es nicht darum, irgendwelche Imitatoren der Stimmen seiner damaligen Solisten zu finden, bewusst wollte er sich davon absetzen. Mit der Wiener Big Band Nouvelle Cuisine, ihrem Leiter Christoph Cech und dem Streicher-Ensemble radio.string.quartet. vienna spielte Mantler 2013 sein »The Jazz Composer’s Orchestra Update« im Wiener Club »Porgy & Bess« neu ein. Die im letzten Jahr bei ECM erschienene CD ist wiederum ein Meilenstein des orchestralen Jazz.
Donnerstag, 29. Oktober MICHAEL MANTLER & hr-BIGBAND: “JAZZ COMPOSER’S ORCHESTRA UPDATE” Der einstige Visionär kehrt zurück: Mit dem Album »The Jazz Composer’s Orchestra« hat der Komponist und Trompeter Michael Mantler 1968 einen bahnbrechenden Klassiker des modernen Jazz geschaffen. Der Österreicher, der damals in den USA lebte und ein langjähriger Partner von Carla Bley wurde, leitete seinerzeit ein großes Orchester, in dem einige Ikonen der damaligen »free playing«-Szene versammelt waren: vom Pianisten Cecil Taylor über den Kornettisten Don Cherry bis zum Posaunisten Roswell Rudd, von Larry Coryell an der Gitarre bis zu den Tenoristen Pharoah Sanders und Gato Barbieri.
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So wie bei Mantler klingt kein anderes Jazzorchester weltweit – nicht unbedingt wegen der dort versammelten Solisten, sondern vielmehr wegen der einzigartig nuancierten Tonsätze, die Mantler geschrieben hat. Sie sind inspiriert von der klassischen europäischen AvantgardeMusik, sie haben die Komplexität von Neuer Musik. Aber sie sind in der Kombination von Partiturarbeit und jazzbezogener Improvisation, trotz ihrer kompakten Dichte und labyrinthischen Verwobenheit ausgesprochen unakademisch und vital. Schöner als hier lässt sich musikalisch kaum ein kalter Schauer über den Rücken jagen.
Frank Wellert | tp Martin Auer | tp Thomas Sonnen | french horn Charles Petit | french horn Peter Feil | tb Manfred Honetschläger | b-tb Wolf Schenk | tuba
Nina Hacker | b Thomas Stabenow | b Thomas Heidepriem | b Jean Paul Höchstädter | dr
Heinz-Dieter Sauerborn | ss, fl Oliver Leicht | ss, cl Steffen Weber | as, cl, bcl Rainer Heute | bs
Mit diesem musikalischen Material von Michael Mantler betritt die hr-Bigband, die wahrlich schon so einige Sujets erfolgreich bearbeitet hat, tatsächlich fremden Boden und versucht, neue musikalische Territorien zu erobern. Für das Konzert auf dem Deutschen Jazzfestival Frankfurt bringt Mantler das elektro-akustisch bewanderte radio.string.quartet.vienna mit, ebenso den jungen Wiener Tasten-Derwisch David Helbock und mit dem Gitarristen Bjarne Roupé einen langjährigen Interpreten der Kompositionen von Michael Mantler. Die Haupt-Solisten an den Saxophonen sind Tony Lakatos und ein Mann, dessen Mitwirkung allein schon eine kleine Sensation ist: Peter Brötzmann, der große Vorsitzende des freien Spiels der Kräfte in Deutschland und weltweit, ist durchaus schon mal in den frühen Jahren mit Mantler auf der Bühne gewesen. Dass er bei diesem speziellen Festival-Projekt mit der hr-Bigband zusammen auf der Rampe steht, das allein schon lässt eigentlich jedem große Ohren wachsen. Michael Mantler | comp, tp Christoph Cech | cond Peter Brötzmann | reeds Tony Lakatos | reeds Bjarne Roupé | g David Helbock | p
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radio.string.quartet.vienna Bernie Mallinger | violin Igmar Jenner | violin Cynthia Liao | viola Sophie Abraham | cello
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Donnerstag, 29. Oktober VINCENT PEIRANI & ÉMILE PARISIEN DUO: “BELLE ÉPOQUE” Zwei Djangos können nicht irren. Beide Musiker wurden schon mit dem »Prix Django Reinhardt« geehrt, und nicht nur mit dieser renommierten Auszeichnung. Der Akkordeonist Vincent Peirani, Mitte 30, ist in Frankreich bereits seit zwei Jahren der Shooting Star der Jazzszene, etwa das, was Michael Wollny der hiesigen Gemeinde bedeutet. Ähnliches gilt für den Saxophonisten Émile Parisien, knapp über 30, der wie Peirani in den unterschiedlichsten musikalischen Zusammenhängen immer neue Lorbeeren erntet. Wenn bei Peirani gar von einem »Jahrhundert-Talent« geschwärmt wird, dann gehen der Presse da vielleicht ein bisschen die Gäule durch, aber wer ein Duo-Konzert der beiden erlebt hat, der kann in Anbetracht dieser überschäumenden Virtuosität und Spiellust gar nicht anders, als bislang unerreichte musikalische Dimensionen zu bescheinigen.
die man auf einem Akkordeon noch nicht erlebt zu haben meint. Die große französische Akkordeon-Tradition von Richard Galliano und Jean-Louis Matinier wird hier aufgegriffen, weitergetragen und nicht selten überholt. Bei Autoreifen nennt man das Runderneuerung: danach greifen sie wieder gut, haben besondere Haftwirkung. Peirani und Parisien greifen musikalisch nach allem, was sie berührt, stilistisch und genrebezogen sind sie offen, frei von irgendwelchen Scheuklappen. Da greift eine fast musikantische und deshalb erfrischende Unbedarftheit – das passiert allerdings auf einem atemberaubenden musikalischen Niveau. Vincent Peirani | acc Émile Parisien | ss
Die beiden wechseln ganz unverstellt mit schlafwandlerischer Intuition zwischen ätherischer Meditation und flirrender, geradezu rauschhafter Intensität. Ihre Zwiegespräche schaukeln sich nicht selten hoch zu hyperdynamischen Parforce-Ritten, wenn sich die beiden in eigenen Stücken austauschen oder sich vor Sidney Bechet und dessen »Egyptian Fantasy« verneigen, mit »Dancers In Love« bei Duke Ellington klingeln und Irving Mills mit »St. James Infirmary« einen Besuch abstatten. Ihre stupende Technik explodiert immer wieder. Aber nicht um ihrer selbst willen. Hier werden keine GeläufigkeitsMeisterschaften abgehalten, da geht ganz einfach der spielerische Enthusiasmus mit den beiden durch. Das fiebernde Sopransaxophon von Parisien zitiert ganz nebenbei alle möglichen Klang-Facetten von Bechet, Coltrane, Steve Lacy und Wayne Shorter – und legt dann immer noch etwas oben drauf. Peirani entlockt seinem »Wunderkasten« fortwährend neue Farben und Nuancen,
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Great Black Music -Ancient to the Future! Zum 50-jährigen Jubiläum der AACM Vor fünfzig Jahren fand sich an der Chicagoer South Side eine Gruppe schwarzer Musiker zusammen, die eines gemeinsam hatten: Sie standen mit dem Rücken zur Wand. Immer mehr Jazzclubs der »Windy City« machten dicht, die lokalen Radiosender spielten fast nur noch Pop und der kulturelle Mainstream Amerikas tendierte zunehmend in Richtung einer jugendorientierten Rockmusik. Für experimentierwillige Jazzmusiker gab es kaum noch Arbeitsmöglichkeiten. Zugleich waren es die Jahre der Bürgerrechtsbewegung und der Selbstermächtigung von Afro-Amerikanern durch eine genuine »Black Music«: Im Heulen und Kreischen der Saxophone sollte sich schwarzer Protest gegen soziale Diskriminierung artikulieren. In dieser Situation wurde der Pianist Muhal Richard Abrams zu einer Art Katalysator der Misere. Getreu der Devise »Hilfe durch Selbsthilfe« hatte er schon 1962 die Experimental Band ins Leben gerufen, eine Art Probenensemble, das sich zur Aufgabe machte, nur Original-Kompositionen seiner Mitglieder aufzuführen. Und zu denen zählten neben Abrams u. a. der Schlagzeuger Jack DeJohnette, sowie die Saxophonisten Roscoe Mitchell und Joseph Jarman. Mitchell erinnert sich: »Wir suchten einen Ort, an dem wir unsere musikalischen Vorstellungen mit Gleichgesinnten zusammen erarbeiten, wo wir Konzerte veranstalten, wo wir Studienprogramme für Nachwuchsmusiker organisieren, wo wir unser Gemeinschaftsgefühl als schwarze Künstler stärken konnten.« Im Mai 1965 war es dann soweit: Man gründete die Non-Profit-Organisation AACM (Association for the Advancement of Creative Musicians), aus der in den Folgejahren so wegweisende Künstler wie Anthony Braxton, Lester Bowie, Henry Threadgill, Leo Smith, Amina Claudine Myers oder George Lewis hervorgehen sollten. Sie alle siedelten ihre Improvisationen im Spannungsfeld von
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Neuer Musik und uralten afrikanischen Ritualen an, griffen aber ebenso auf frühe Formen des New Orleans Jazz zurück. Beispielhaft für diese Ästhetik einer »African American Art Music« sollte das Art Ensemble of Chicago werden. Diese weltweit erfolgreichste AACM-Formation verkörperte zugleich das Gemeinschaftsideal der Organisation: Der Kollektiv-Gedanke hatte stets Vorrang vor den Leistungen des Einzelnen. Mehr und mehr stand das Kürzel AACM für eine moralische Haltung, für eine schöpferische Atmosphäre. Dies dokumentierte sich nicht zuletzt im kommunalpolitischen Engagement der AACM, im Angebot kostenloser Musikkurse für Jugendliche, in den vielfältigen WorkshopAngeboten der »AACM School of Music«. AACM-Musiker traten auch nicht primär in Jazzclubs, sondern in Museen, Kirchen, kleinen Theatern, Galerien und Gemeindesälen auf. Als eine »Schule ohne Wände« (Chico Freeman) hat die AACM bis heute die Landkarte der improvisierten Musik nachhaltig verändert. Erst kürzlich bekannte der Trompeter Leo Smith: »Die heutige Bedeutung der AACM besteht vor allem darin, dass es sie noch gibt.« Es ist die älteste und erfolgreichste Musiker-Selbsthilfe-Organisation des Jazz geblieben. Was aber repräsentiert die AACM heute: einen Organisationszusammenhang, eine besondere Spielhaltung, ein Ethos, ein Arsenal bestimmter kultureller Praktiken? All das und noch mehr! Der 88-jährige Mitbegründer der AACM, der Trompeter Phil Cohran, präzisiert: »Vor allem ist es ein spirituelles Zuhause!«. Zum 50-jährigen Jubiläum der AACM präsentiert das Festival einen generationsübergreifenden Themenschwerpunkt, der die ungebrochene Kreativität dieses Schmelztiegels beispielhaft belegt: Während die AACM ›Now‹ Generation die jüngsten Verfechter der »Great Black Music« versammelt, rekrutiert sich das AACM Vocal Ensemble aus der ›dritten Generation‹ der Chicagoer Visionäre. Das Trio um Roscoe Mitchell, Jack DeJohnette und Matthew Garrison schlägt den Bogen zurück in die aufregenden 60er-Jahre, als die Gründung der AACM einem sozialrevolutionären Akt gleichkam und schaut zugleich in eine befreite Zukunft.
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FREItag, 30. Oktober AACM VOCAL ENSEMBLE »Mouth Percussion« – die Fähigkeit, allein mit dem Atem, der Stimme und dem Mund rhythmische Muster zu erzeugen, wurzelt tief in der afrikanischen Musiktradition. Das AACM Vocal Ensemble greift bewusst auf diese archaischen Techniken zurück und erweckt so das AACM-Motto »Ancient to the Future« zu neuem Leben. Mal klingt das Quartett wie eine vokale Rhythmusmaschine, dann wieder glaubt man, in ihrem melodischen Schnalzen, Zischen und Schnattern zwischen Naturlauten, Tierstimmen und menschlichen Gesängen nicht mehr unterscheiden zu können. Die beiden Brüder Taalib-Din Ziyad und Saalik Ziyad haben sich mit den Sängerinnen Ann E. Ward und Dee Alexander verbündet, um den Jazzgesang zu revolutionieren. Während der sanfte Bariton von Saalik nicht zuletzt aus der klassischen Balladentradition schöpft, wird die Stimme von Taalib immer wieder mit der Bassstimme des in der ›black community‹ noch heute hochverehrten Bürgerrechtlers, Schauspielers, Sängers und Sportlers Paul Robeson verglichen. Saalik begann im Alter von sieben Jahren seine Gesangsfähigkeiten zu entdecken, die er zunächst im Chicago Children’s Choir erprobte. Nach einem weiterführenden Studium an der Northern Illinois University begann sein »lebenslanges Lernen«, als er sich Ende der Neuziger der AACM anschloss. Auch Saalik Ziyad erhielt nach ersten Chor-Erfahrungen eine Ausbildung als klassischer Sänger an der Chicago Music School.
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Doch nachdem er das Album »John Coltrane and Johnny Hartman« gehört hatte, war er von den Möglichkeiten des Jazzgesangs fasziniert. 1991 schloss er sich der AACM an und leitete dort zunächst das Trio 7th Sphere. Seine Kollegin, die Sängerin Ann E. Ward, wurde dagegen in ihrer Kindheit vor allem durch die Musikalität schwarzer Gottesdienste und durch die Stimmkraft von Theateraufführungen sozialisiert. Bevor sie ihren eigenen Gesangsstil im Ensemble der Ken Chaney Experience weiter kultivieren konnte, verlegt sich Ann E. Ward zunächst auf das Studium von Piano und Orgel. Ende der 90er begann sie dann, an der AACM School of Music zu unterrichten, wo sie auch ihre Gesangskollegin Dee Alexander kennen lernte. Dee gilt als die vielseitigste Stimmartistin des AACM-Zirkels. Berührungsängste kennt sie keine, denn sie oszilliert in ihrem Vokalstil beständig zwischen Gospel, Rhythm’n’Blues, Jazz und Neo-Soul. So wurden ihre brillanten Scat- und Swing-Fähigkeiten immer wieder in Bands von Ahmad Jamal, David Sanborn, Earl Klugh oder Joshua Redman abgerufen. »African Chants – American Songs« – vielleicht lässt sich so das Programm des AACM Vocal Ensemble am besten umschreiben. Auch für diese Gruppe gilt das Diktum des Gründungsvaters Muhal Richard Abrams: »Unser Zusammenhalt ist so stark, weil wir einander als Individuen respektieren.« Ann E. Ward | voc Dee Alexander | voc Saalik Ziyad | voc Taalib-Din Ziyad | voc
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FREItag,30. Oktober AACM ‘NOW’ GENERATION Einen einheitlichen AACM-Stil sucht man vergebens. Muhal Richard Abrams, der bis heute unverzichtbare Ratgeber der Bewegung, hat jüngst erklärt: »Unser Stil besteht darin, die Leute zu ermuntern, selbstsicher zu werden.« Dies haben auch die Musiker der jüngsten AACM-Generation beherzigt. Die Mitglieder ihres ›Now‹-Generation-Ensembles kommen aus den unterschiedlichsten Kulturszenen: Während die Vokalistin und Komponistin Coco Elysses ihre Inspirationen aus dem Schauspiel und der Literatur schöpft, ist Khari B. in der amerikanischen Slam-Poetry-Szene zu Hause. Bandleader und Trompeter Ben LaMar Gay wiederum versteht sich als Geschichtenerzähler auf seinem Horn in der Tradition eines Clifford Brown oder Miles Davis. Nebenbei hat er sein Instrument in Rap-Duos oder 50-köpfigen Sinfonieorchestern im Spiel.
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Die Cellistin Tomeka Reid, die erst im Jahr 2000 nach Chicago kam und sich fünf Jahre später der AACM anschloss, begreift sich als Vertreterin der Avantgarde. In ihrem Quartett mit der Gitarristin Mary Halvorson – deren Auftritt war im vergangenen Jahr ein Highlight des 45. Deutschen Jazzfestivals Frankfurt – gelingt ihr immer wieder die Illusion, ganze Passagen der Musik auskomponiert wirken zu lassen, obwohl sie komplett improvisiert sind. Der gebürtige Chicagoer Trompeter und Trap-Drum-Virtuose Jerome Croswell bezieht sich dagegen explizit auf westafrikanische Trommeltraditionen. Seine Stilistik an der Trompete erinnert bisweilen an die Vorleistungen von Freddie Hubbard und Wynton Marsalis. Komplettiert wird die AACM ›Now‹Generation-Formation durch den Sänger Saalik Ziyad – ebenfalls Mitglied im AACM Vocal Ensemble. Was dieses Septett, das noch nie zuvor in Europa aufgetreten ist, auf die Bühne bringt, erinnert in seinen besten Momenten an die Performance-Qualitäten des Art Ensemble of Chicago. Wellenförmig breiten sich die Stücke aus, entwickeln einen scheinbar nie versiegenden Atem. Meditative Passagen, in denen sich Gesangsstimmen zu einem versunkenen Jazzgebet versammeln, kontrastieren mit hektischen, fast bebopartigen Passagen. Aus dickflüssigen Klangschichten stechen immer wieder Ben LaMar Gays spitze Trompetenkürzel hervor und verbünden sich mit den Saxophonlinien Fred Jacksons. Das »soul food«,
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FREItag, 30. Oktober JACK DEJOHNETTE / ROSCOE MITCHELL / MATTHEW GARRISON das Khari B. dazu mit seiner House-Music-geschulten Stimme serviert und nebenbei in eine Art »tänzerische Unruhe« übersetzt, schafft eine szenisch-dichte Atmosphäre. Auch die jüngste AACM-Generation vertraut auf den RitualCharakter ihrer Musik: Rein instrumentaler Ausdruck auf stimmähnlich modulierten Blasinstrumenten, Rufe, Schreie, perkussive Signale, Stimmfetzen, Gedichte, Gesang und kontrastive Geräusche – all das schafft ein rätselhaft-komplexes Klangkontinuum.
Als 1966 unter dem Titel »Sound« das erste Solo-Album des Saxophonisten Roscoe Mitchell herauskam, war damit zugleich ein Manifest der AACM-Ästhetik geschaffen: Stille und Pausen wurden plötzlich ebenso wichtig wie Töne und Klänge. Hier setzte jemand dem konventionellen Free Jazz-Ideal einer riskanten Kakophonie das Konzept eines penibel organisierten Klangraums entgegen. Melodische Themen tauchen darin eher zufällig auf, expressive Soli – oft Vehikel persönlicher Selbstentgrenzung – fehlen fast vollständig. Stattdessen erhalten einzelne Noten oder kürzelhafte Phrasen völlig neues Gewicht.
Ben LaMar Gay | tp, voc, electronics, comp Coco Elysses | perc, voc, comp Discopoet Khari B. | spoken word poetry, voc, comp Fred Jackson Jr. | woodwinds, voc, comp Jerome Croswell | trap drums, voc, comp Saalik Ziyad | voc, comp Tomeka Reid | cello, voc, comp
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Mit dieser musikalischen Vision sollte die Chicagoer AACM die Vorherrschaft von New York im Jazz nachhaltig in Frage stellen. Während dort zeitgleich »New Thing«-Vertreter wie der Pianist Cecil Taylor oder der Saxophonist Archie Shepp den »Energie-Gedanken« im Jazz stark machten und auf eine Art »kinetische Kraft« in ihren Improvisationen vertrauten, ging es den Chicagoer Musikern vor allem um Fragen einer homogenen Sound-Architektur. 1967 formierte Mitchell mit seinen Chicagoer Weggefährten Lester Bowie, Joseph Jarman und Malachi Favors das Roscoe Mitchell Art Ensemble, schon bald einfach Art Ensemble genannt, bevor die Gruppe 1969 endgültig zu ihrem Markennamen Art Ensemble of Chicago fand. Das Kollektiv trat in afrikanischen Gewändern und mit Gesichtsbemalung auf und emanzipierte die sog. »little instruments« – kleine afrikanische Geräuscherzeuger – als vollwertige Musikinstrumente, um damit Perkussionsteppiche und Klangflächen zu schaffen. Neben seiner Mitwirkung im Art Ensemble of Chicago erprobte Mitchell in unzähligen Duo- und Solo-Einspielungen seine eruptiven Klangkaskaden, die sich – girlandengleich – zu immer neuen hypnotischen Mustern formen. »Ich denke, ich spreche auch für meine Kollegen, wenn ich sage, dass wir unsere Musik für Menschen mit freiem Geist, mit offenen Ohren und keinerlei Berührungsängsten spielen, es ist schöpferische Musik – mit dem nötigen Ernst geschaffen und aufgeführt.« Das Credo des Schlagzeugers Jack DeJohnette, der mit Mitchell bereits Anfang der 60er in einer Schulband am Wison Junior College in Chicago jammte, gilt für die gesamte Karriere des 72-Jährigen. Anders als seine AACM-Kollegen ging DeJohnette 1966 nach New York, um bald darauf in den Bands von Charles Lloyd, Keith Jarrett, Bill Evans und Miles Davis zu trommeln. DeJohnette entwickelte sich in der Folgezeit zu einem der vielseitigsten und feinnervigsten Drummer des modernen Jazz. Jetzt kehrt er zu seinen Wurzeln an
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der Chicagoer South Side zurück, indem er sich erneut mit seinem früheren Dialog-Partner Mitchell zusammenrauft. Das neue Trio, das auf dem Deutschen Jazzfestival Frankfurt seine Weltpremiere feiert, wird durch den Bassisten Matthew Garrison komplettiert. Ihm war die Jazzkarriere dank seines Vaters Jimmy – Bassist im legendären John Coltrane Quartet – schon in die Wiege gelegt. Nach dem Tod seines Vaters wanderte die Familie nach Italien aus, wo Garrison Bass- und Piano-Unterricht erhielt. 1988 kehrte er in die USA zurück und lebte für zwei Jahre im Haus von Jack DeJohnette, der ihn mit den Entwicklungen im zeitgenössischen Jazz vertraut machte. Matthew Garrison entwickelte sich schnell zu einem Virtuosen am E-Bass. In seinem Spiel amalgamiert er Einflüsse aus Jazz, Funk, World Music, Ambient und Drum’n’Bass. Kein Wunder, dass er in den letzten Jahren immer wieder in den Bands von Herbie Hancock, John McLaughlin, Chaka Khan, John Scofield, Paul Simon, Joni Mitchell und Pat Metheny mitwirkte. Anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums hat sich die AACM einen neuen Claim gesetzt: »Together – A Power Stronger Than Itself«. Das Trio von Jack DeJohnette, Roscoe Mitchell und Matthew Garrison lässt ihn im Konzert Wirklichkeit werden. Jack DeJohnette | dr, p Roscoe Mitchell | reeds Matthew Garrison | el-b
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Täglich Jazz in hr2-kultur Jazz Now Aus dem Dschungel der Neuveröffentlichungen montags 22.30–23.00 Uhr donnerstags 22.30–23.00 Uhr
Jazzgroove An den Rändern des Jazz dienstags 22.30–23.00 Uhr
Jazzfacts What’s going on? – Features, Interviews und was die Szene bewegt mittwochs 22.30–23.00 Uhr
Swingtime mit Bill Ramsey As time goes by: Ein Jahrhundert in Schwingungen freitags 22.30–23.00 Uhr
Live Jazz Konzerte, die es (noch) nicht oder nie auf Platte gibt samstags 19.05–20.00 Uhr
hr-Bigband Rhapsody in Blech: Konzerte, Produktionen, Aktuelles sonntags 19.05–20.00 Uhr
DIE NEUE KONZERTBROSCHÜRE (069) 155-2000
www.hr2-kultur.de
hr-bigband.de
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SAMStag, 31. Oktober “JAZZ FROM HELL”-Hr-BIGBAND PLAYS ZAPPA Frank Zappas Verhältnis zu Bigbands ist – wie so oft bei ihm – von einer merkwürdigen Hassliebe geprägt. Dabei bieten sich seine Kompositionen für Bigband-Arrangements förmlich an: Sie verblenden Doo-Wop, Motown, Bebop, Surf Music, Varèse-Geräuschmelodien, Musique concrète, Rock’n’Roll, Jazzrock, Country Music und ComicSounds wild miteinander und gehorchen dabei doch immer Zappas manischer Präzision. Dazu kommen sein legendärer anarchischer Witz und seine überbordende, weil unberechenbare Vitalität. Nicht zufällig zählt der Mann mit dem markanten
Schnauzbart heute zu den großen Außenseiter-Ikonen der musikalischen Moderne – lebenslang von einer fast wahnwitzigen Arbeitswut getrieben: In dreißig Jahren hat er mehr als achtzig Alben aufgenommen, bevor er 1993 im Alter von zweiundfünfzig Jahren starb. »Seit den frühesten Tagen der Mothers of Invention wollte ich gern eine Art ›elektrisches Orchester‹ zusammenstellen, das in der Lage ist, vertrackte Kompositionen mit der gleichen Soundintensität zu spielen, wie man sie normalerweise mit kleinen Rockbands assoziiert« (Frank Zappa). Mit seinem umständlich benannten »The Mothers of Invention/Hot Rats/Grand Wazoo«-Orchestra – einer 20-köpfigen Bigband mit zwei E-Gitarren, Cello, fünf Saxophonisten, Fagott, drei Trompeten, drei Posaunen, Keyboard, Bass, Schlagzeug und zwei Vibraphonen – glaubte Zappa im September 1972, sich seinen lang gehegten Wunsch erstmals erfüllen zu können. Doch es sollte ein kurzer Traum bleiben. Nach einer Tour mit acht Konzerten zerfiel das unprofitable Ensemble: »Die Band ist einfach zu groß, um damit durch die Weltgeschichte zu tingeln.« Dabei hatte Zappa sich für seine Verhältnisse ganz nah an den zeitgenössischen Jazz herangewagt – Miles Davis mit »Live-Evil« ließ grüßen – und in kurzer Folge die beiden Alben »Waka/Jawaka« und »The Grand Wazoo« veröffentlicht: Rockjazz mit streng modalen Soli und labyrinthischen Melodien, Jazzgrößen wie Ernie Watts, George Duke, Tom Malone und Bruce Fowler waren mit von der Partie. Die hochkomplexen Arrangements von Stücken wie »Big Swifty« oder »Approximate«, voller Takt- und Rhythmuswechsel, waren vom gängigen Pop-Mainstream um Lichtjahre entfernt. Hier konnte Zappa seiner lebenslangen Liebe zu den Komponisten Charles Mingus, Thelonious Monk und Eric Dolphy endlich freien Lauf lassen. Für jede Bigband bleibt es gleichwohl eine Herausforderung, sich die artistische Virtuosität anzuverwandeln, die sich in den asymetrischen Mustern seiner Musik mitteilt. Dazu kommt, dass sich viele seiner Stücke nicht in Form
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von Harmonieschemata oder Akkordfolgen denken lassen, weil sie um eine Fülle von tonalen Zentren kreisen, die sich ständig ändern. Umso aufregender dürfte das Zappa-Programm des amerikanischen Arrangeurs Mike Holober werden, das er jetzt der hr-Bigband verordnet. Vielleicht gelingt ihm ja einzulösen, was Dweezil Zappa, Franks Sohn, kürzlich als Hoffnung äußerte: »Ich glaube, junge Leute, die heute Zappas Stücke zum ersten Mal hören, können dadurch ihr ganzes Verhältnis zur zeitgenössischen Musik schlagartig ändern!«
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Mike Holober | cond, arr Frank Wellert | tp Thomas Vogel | tp Martin Auer | tp Axel Schlosser | tp Günter Bollmann | tb Peter Feil | tb Christian Jaksjø | tb Manfred Honetschläger | b-tb
Heinz-Dieter Sauerborn | as Oliver Leicht | as Tony Lakatos | ts Steffen Weber | ts Rainer Heute | bs Martin Scales | g Peter Reiter | p Thomas Heidepriem | b Jean Paul Höchstädter | dr
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SAMStag, 31. Oktober MARK TURNER QUARTET: “LATHE OF HEAVEN” Zart und feingliedrig beginnt er seine Soli, steigert sich langsam, verlässt fast nie das Terrain der Melodiösität. Die allerdings erlebt so manche ungeahnte und wohl auch bislang ungespielte Wendung. Turner verfügt über eine fast grenzenlose Lufthoheit in den obersten Lagen seines Horns. Die Altissimo-Register, die beim Tenorsaxophon zum großen Teil durch Überblas-Flageolettos erzeugt werden, sind bei Turner abrufbar ohne jene sonst dabei übliche schrille Eindringlichkeit. Der Mann ist ein Lyriker durch und durch. Seine magische Intensität erreicht er mit Verhaltenheit und schwebender Leichtigkeit. Er lässt Pausen, seine Musik hat Space: Raum fürs Geheimnisvolle. Mark Turner ist anders als die meisten seiner Instrumentalkollegen. Er ist zwar auf vielen Alben als Sideman vertreten, aber seit 2002 hatte er keine eigene Band mehr, bis sich im letzten Jahr mit »Lathe Of Heaven« das Mark Turner Quartet präsentierte. Der Titel bezieht sich auf einen Science-Fiction-Roman aus den 70ern. Wie Wayne Shorter hat Turner ein Faible für dieses Genre. Turner bezieht sich in seinem Spiel aber nicht nur auf die üblichen Altvorderen von John Coltrane bis Joe Henderson. Bei ihm gibt es deutliche Bezüge auf Warne Marsh, einen weniger bekannten weißen Tenoristen aus dem Umfeld des CoolJazz-Gurus Lennie Tristano.
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Turners Band spielt ohne ein Harmonie-Instrument, das fördere die Spannung, Leerstellen gehören für ihn wesentlich zur Dramaturgie. Das alles zusammen hat dazu geführt, dass sich einige Medienvertreter bei Turner schon mit Superlativen gegenseitig zu übertreffen versuchten. Sein Spiel scheint die Gravitation auf den Kopf zu stellen. Mit wenig erreicht er sehr viel Gewicht. Zur Verstärkung der ätherischen Eleganz seiner Musik hat sich Turner den Trompeter Avishai Cohen in die Band geholt. Die beiden haben eine ähnliche Spannweite, mit der sie durch den Raum schweben. Manchmal erinnern sie in ihrem intuitiven Formationsflug in Quart- und Quint-Abständen ein wenig an Miles und Wayne. Oft ist es gar nicht so leicht, die komponierten von den gemeinsam improvisierten Parts zu unterscheiden, so gut sind sie zusammen. Mehr als nur das Fahrgestell sind in dieser Versuchsanordnung der Bassist Joe Martin und der Schlagzeuger Obed Calvaire. Mit beiden hat Turner bereits in anderen Bands zusammengespielt. Menschliche Vertrautheit, gegenseitige Verlässlichkeit sind beim Familien-Menschen Turner – der sich in den letzten Jahren eine lange Auszeit genommen hat, um mit seinen Kindern zusammen sein zu können – Kategorien, die ihm auch wesentlich sind fürs Erreichen von nahezu transzendentaler Tonzauberei.
Mark Turner | ts Avishai Cohen | tp Joe Martin | b Obed Calvaire | dr
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SAMStag, 31. Oktober HOPE Bis heute hat sich die Musik von Cassiber etwas Verstörendes, Undomestizierbares bewahrt. Es sind Klangmanifeste der permanenten Unruhe. Als sich 1982 die drei Frankfurter Radikal-Fantasten Heiner Goebbels, Alfred 23 Harth und Christoph Anders mit dem englischen Schlagzeuger Chris Cutler verbündeten, hatte sich ein Kollektiv aus musikalischen Querschlägern zusammen gefunden, das in Europa seinesgleichen suchte. In einer Zeit, in der tendenziell alle Klänge und musikalischen Materialien historisch wie geographisch verfügbar wurden, ging es den Vier um die strukturelle Genauigkeit ihrer Neuordnung. Sie entwarfen aufstörende Geräusch-Rätsel mit politischem Anspruch, zwischen ausuferndem Experiment und formallogischer Geschlossenheit changierend. Die zehn Jahre, 1982 – 1992, in denen Cassiber in Quartett-, später in Trio-Besetzung aktiv war, materialisierten sich in vier Studioalben und einem Live-Album. Zum 30-jährigen Bühnenjubiläum erschien eine opulente Box mit unveröffentlichtem Material und der Botschaft: Die Legende lebt! Jetzt haben sich zwei der Gründungsmitglieder von Cassiber, Alfred 23 Harth und Chris Cutler, mit zwei japanischen Klangforschern, dem Gitarristen Kazuhisa Uchihashi und
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dem Bassisten Mitsuru Nasuno zusammengetan, um das Cassiber-Konzept unter den Bedingungen der Gegenwart noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Ihr neues Bandprojekt HOPE schreibt die Kollision der Genres fort und nutzt dabei die elektronischen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts. Seit fünfzehn Jahren lebt und arbeitet Alfred 23 Harth in Fernost und kollaboriert dort ständig mit einheimischen Musikern. Neben seinen Hauptinstrumenten, Tenor- und Sopransaxophon, erforscht er in bester Ornette-ColemanManier als genialer Dilettant längst auch Kornett und Posaune. »Wenn ich mental gut gepolt bin, dann öffnen sich mir im Spiel winzige Nischen, in denen ganz seltene Klangblüten entstehen, scharfe, stechende, schneidende Gebilde.« Der japanische Gitarrist Kazuhashi Uchihashi ist umgekehrt seit Jahren in den Szenen von Wien und Berlin unterwegs, wo er seine Vorliebe für freie Improvisationen auslebt. Angefangen hatte er mit dem Gitarrenspiel im Alter von zwölf Jahren. Nach ersten Rock- und Jazz-Erfahrungen gründete er 1990 zusammen mit dem Drummer Yasuhiro Yoshigaki und dem Bassisten Mitsuru Nasuno das No-Wave-Trio Altered States. 1993 ging Uchihashi dann mit dem Gitarristen Hans Reichel auf Tour und ist seitdem – wie sein Wuppertaler Mentor – in das seltsame Streichinstrument »Daxophon« vernarrt.
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Arne Wahlers
Jazz-Fabrik
Max Frankl 4tet
Jazz in Rüsselsheim für Rhein-Main
Max Frankl 4tet 08.11.2015 | 20:30 Uhr Marc Ribot & The Young Philadelphians & Strings 12.11.2015 | 20:30 Uhr
Ort: Kulturzentrum „das Rind“
Ort: Theater Rüsselsheim
Stephan Völker triolog: Bruders Reise 06.12.2015 | 20:30 Uhr
Frankfurter Hörschule Jazz is the Teacher, Funk is the Preacher! 27.11.2015 | 19 Uhr
Birgit Hupfeld
Alfred 23 Harth | ts, ss, cl, pocket-tp, tb, electronics Kazuhisa Uchihashi | g, electronics, daxophon Mitsuru Nasuno | el-b, electronics Chris Cutler | dr, electronics
Ort: Festungskeller Rüsselsheim
Barbara Rigon
Im November 2014 schloss sich im Londoner Barbican Center ein Kreis: Alfred 23 Harth und Chris Cutler standen zusammen beim »Lindsay Cooper Memorial Project« auf der Bühne. Und hier wurde mit den Frankfurter Festivalmachern auch die Idee geboren, sich 33 Jahre nach dem Debüt von Cassiber auf dem Deutschen Jazzfestival 1982 in der Alten Oper Frankfurt noch einmal in neuer Besetzung (Überraschungen nicht ausgeschlossen!) den Herausforderungen »improvisierter Komposition« zu stellen. Dann kann es passieren, dass wieder einmal jener Charme des Vertrauten mit der Fremdheit des Unerwarteten kollidiert.
Swingin‘ Fireballs 07.11.2015 | 20 Uhr
Ernst Gerstle
Uchihashi und Mitsuru Nasuno sind ebenfalls Mitglieder in dem international besetzten Quartett The Expats. Vielleicht verbindet sie deshalb eine Art telepathisches Einverständnis. Nasuno, der mit 17 zum Bass fand, hat ebenfalls eine Rocksozialisation durchlaufen, interessiert sich heute aber vor allem für die Möglichkeiten von ›Noise Music‹, für die elektronischen Sounderweiterungen seines Bassinstruments. Chris Cutler, Kazuhisa Uchihashi und Mitsuru Nasuno kennen und schätzen sich ebenfalls seit langem, nicht zuletzt durch ihre gemeinsame Arbeit in den Bands des Multiinstrumentalisten Yoshihide Otomo. Noch immer benutzt Cutler sein Schlagzeug wie eine feingliedrige Geräuschskulptur. Seine rhythmischen Störmanöver und perkussiven Verwirrspiele faszinieren die Musikwelt seit den Anfängen der britischen Avantgarde-Rock-Gruppe Henry Cow in den späten 60ern.
Ort: Theater Rüsselsheim
Ort: Kulturzentrum „das Rind“
Veranstalter:
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Infos zu Konzerten, Tickets und mehr: www.jazz-fabrik.de
jEDEN DiENSTAG + DONNERSTAG 21:00 - 24:00 UHR
live Jazz Musik
iN DER CASABLANCA BAR (EiNTRiTT FREi)
ABSCHALTEN. ENTSPANNEN. GENiESSEN. Letzteres gleich doppelt – mit Cocktails und jazz vom Feinsten.
special zuM Jazzfestival
JAZZ A’CASA
After-Hours-Sessions
mehr informationen zum jazz A`Casa Programm finden Sie auf casablancabar.de oder auf facebook.com/lemeridienfrankfurt.
Mittlerweile ist es eine gut eingeführte und immer wieder spannende Hausmarke: Während des Festivals finden in unserem Partner-Hotel »Le Méridien Parkhotel Frankfurt« ab 22 Uhr After-Hours-Sessions statt. Der Eintritt ist frei. – »Spiel’s noch einmal, Sam!« signalisiert die Eingangstür der Casablanca Bar im Hotel, eine originalgetreue Nachbildung aus dem Kino-Klassiker mit Humphrey Bogart. Viele Musiker der letzten Festival-Ausgaben, die nach ihrer Performance im Sendesaal hier ihren Absacker zu sich genommen haben, sind dieser Devise gefolgt und in die Sessions eingestiegen: Club-Atmosphäre, Akteure zum Greifen nahe. Die dafür geeignete Betriebstemperatur erzeugen auch diesmal hochkarätige Musiker aus der Frankfurter Szene. Der Multi-Instrumentalist Oliver Leicht ist nicht nur in der Reed-Section der hr-Bigband zuhause, sondern auch in diversen kleineren Formationen. Er ist der agile »ChefMaschinist«, wenn es um’s Kreieren von immer neuen Band-Zusammenhängen geht. Am Freitag animiert er zum Jam. Auch der Frankfurter Gitarrist Martin Lejeune gilt als produktiver »Unruhe-Geist«, der immer wieder neue Sachen und Konstellationen ausprobiert. In der Hotel-Bar lädt er am Samstag in einer für diese Session zusammengestellten Band zum Einsteigen ein.
SaMstag, 31.10.15 ab 22 Uhr
GutscHeiN
Martin Lejeune | g Valentín Garvie | tp, piccolo-tp, flh Ralf Cetto | b Jan Philipp | dr
mit ihrer Eintrittskarte zum 46. Deutschen jazzfestival Frankfurt erhalten Sie bei der After-Show Session zum jazzfestival ein freigetränk (Bier oder Sekt) in der Casablanca Bar.
Freitag, 30.10.15 ab 22 Uhr Oliver Leicht | reeds Mike Holober | p Matthias Eichhorn | b Jean Paul Höchstädter | dr
facebook.com/lemeridienfrankfurt CASABLANCA BAR im LE mERiDiEN PARKHOTEL FRANKFURT WiESENHÜTTENPLATZ 28-38 60329 FRANKFURT, GERmANY T +49 69 2697 0 casablancabar.de
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N 50° 6’ E 8° 40’
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Fotografie: Mathias Bothor
IMPRESSUM
Gesamtleitung: Olaf Stötzler Produktion: Stefan Hoffmann (Ltg.), Lorena Maccioni, Nicole Wunderlich Texte: Guenter Hottmann, Peter Kemper Marketing/Redaktion: Judith Mehrmann Pressebetreuung: Hanni Warnke hr-Grafik und Design: Ursula Lessenich (Titel), Sybille Ring hr2-Programmchefin: Angelika Bierbaum
Herausgeber: Hessischer Rundfunk, Kommunikation, 60222 Frankfurt am Main Foto/Illustration: Moon Flower by Denise Bentulan; Thinkstock/ mlle_carotte; Thinkstock/Askola Romanov; Thinkstock/lianella (Titel); Yannic Pöpperling (6); Seth Carnill (7); Sascha Rheker/hr (8); Ziga Koritnik (9); Sascha Rheker/ hr (11); ACT / Grosse-Geldermann (13); aacmchicago.org (16 – 20); CarlosPericás (21); Fortuna Sung (22); Paul Natkin (23); Anna Meuer (26); Sascha Rheker/hr (28/29); John Rogers/ECM Records (30/31); Wolfgang Becker (32); Johan Ahn ´ledz´ (34); Ben (33); Grzegorz S Knabe/hr (37); B7UE (37)
14. Oktober 2015 Silje Nergaard
Jazz thing: Die vielen Seiten DeS Jazz
Jazz
FLOWS
IN
30.09. Dhafer Youssef Quartet 02.10. Lynne Arriale, Cécile Verny & Grace Kelly 15.10. Quadro Nuevo 28.10. Amparo Sánchez 09.11. Marcus Miller & Band 11.11. OqueStrada 13.11. Oregon & hr-Bigband 21.11. Eric Bibb & Habib Koité Trio 03.12. Irit Dekel & Eldad Zitrin 16.01. Wolfgang Dauner zum 80ten Geburtstag: Dauner//Dauner im Duo! 16.04. Nils Petter Molvær & hr-Bigband feat. Eivind Aarset
www.formalin.de
Künstlerische Konzeption: Guenter Hottmann, Peter Kemper, Olaf Stötzler
Centralstation: vom E-Werk zum Kulturwerk
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Info, Abo und kostenloses Probeheft:
[email protected], www.jazzthing.de
CENTRALSTATION / IM CARREE / DARMSTADT TICKETS ZUM AUSDRUCKEN: WWW.CENTRALSTATION – DARMSTADT.DE HOTLINE: 06151 7806–999 FACEBOOK.COM/CENTRALSTATION DARMSTADT
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