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Gesundheitsgespräch Diabetes Typ 1 und 2 Sendedatum:
02.04.2016
Experten: Dr. med. Christoph Neumann, Internist und Diabetologe in MünchenSchwabing Dr. med. Marianne Koch, Internistin
Autorin: Prisca Straub, Monika Dollinger
Diabetes mellitus hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu einer wahren Volkskrankheit entwickelt. Falsche Ernährung und mangelnde Bewegung sind dabei Ursache Nummer eins. Laut dem Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2015 (DDG und diabetesDE) sind in Deutschland etwa 7,6 Mio. (inkl. Dunkelziffer) von Diabetes betroffen. Etwa 400.000 Menschen sind an einem Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt, etwa 7,2 Mio. haben einen Diabetes mellitus Typ 2. Die Krankheit Diabetes: Erklärung Bei Diabetikern produziert die Bauchspeicheldrüse entweder kein Insulin mehr (Typ-1-Diabetes), oder aber es besteht eine unzureichende Insulinbildung bei gleichzeitig verminderter Insulinwirkung (Typ-2-Diabetes), man spricht hier von Insulinresistenz. Der Körper braucht aber Insulin, um Energie in Form von Kohlenhydraten über das Blut in Muskulatur und Fettgewebe einschleusen zu können. Ist dieser Mechanismus gestört, kommt es zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Unbehandelt führt die Zuckerkrankheit zu einer Schädigung von Augen, Nerven, Nieren, hirn- und beinversorgenden Gefäßen sowie Herzkranzgefäßen. Das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und schwere Durchblutungsstörungen der Füße und Beine bis hin zu einer Amputation ist deutlich erhöht.
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Typen - Krankheit mit zwei Gesichtern Diabetes mellitus (griechisch für "honigsüßer Durchfluss") - eine der ältesten bekannten Stoffwechselerkrankungen überhaupt - tritt in zwei unterschiedlichen Varianten auf. Diabetes mellitus Typ 1 Etwa 0,5 Prozent der Bundesbürger sind von dieser Form betroffen. Der Erkrankungsgipfel liegt im Kinder- und Jugendlichenalter; die Krankheit kann jedoch in jedem Lebensalter auftreten. Es handelt sich hierbei um eine Autoimmunerkrankung: Das körpereigene Abwehrsystem zerstört aus bisher ungeklärter Ursache die insulinproduzierenden Zellen (beta-Zellen) in der Bauchspeicheldrüse. Folge ist ein Versiegen der Insulinproduktion. Im Blut lassen sich häufig bestimmte Abwehrzellen (Antikörper) finden, die das Vorliegen eines Typ-1-Diabetes bestätigen. Diabetes mellitus Typ 2 Die frühere Bezeichnung "Altersdiabetes" ist heute nicht mehr zutreffend, da zunehmend auch junge Menschen einen Diabetes mellitus Typ 2 bekommen. Ca. 7,2 Prozent der Deutschen sind daran erkrankt. Bei ca. 2,1 Prozent wurde der Diabetes bisher noch nicht diagnostiziert. Ursache ist eine zunehmende Resistenz der Zellen gegen das Insulin, ausgelöst durch Übergewicht und Bewegungsmangel. Der Zustand führt zunächst zu einer erhöhten Insulinproduktion, bevor dann die Bauchspeicheldrüse überfordert ist und die Insulinproduktion nachlässt oder ganz versiegt. Regel: In beiden Diabetes-Typen ist Glucose (Zucker) im Blut erhöht und führt zu Schädigungen der Arterien und dadurch zu Organschäden, vor allem an Augen, Nieren, Herz und Gehirn.
Diabetes erkennen - Offensichtliche und nicht so klare Diagnose Der eine Typ des Diabetes (Typ 1) ist relativ leicht zu erkennen, der andere (Typ 2) eher schwerer. In beiden Fällen ist aber der Arzt gefragt. Diabetes mellitus Typ 1 ist in der Regel leicht zu erkennen, denn er bricht meist schlagartig oder innerhalb weniger Wochen aus. "Durst, vermehrtes Wasserlassen, Schwächegefühl bis hin zum Gewichtsverlust sind typische Symptome einer Typ-1-Erkrankung." Diabetologe Dr. Neumann
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In diesem Fall muss der Betroffene sofort einen Arzt aufsuchen. Dort wird zunächst der Blutzucker bestimmt: "Folgende Normwerte sind für den Blutzucker im venösen Blutplasma definiert: Nüchtern kleiner als 100 mg/dl. Zwei Stunden nach Trinken einer standardisierten Zuckerlösung kleiner als 140 mg/dl. Bei Auftreten der oben genannten Symptome liegen die Werte meist sehr viel höher. Dann wird sofort mit einer Insulin-Therapie begonnen. Hilfreich zur Diagnosefindung ist die Bestimmung der oben genannten Antikörper." Diabetologe Dr. Neumann Schwierige Diagnose Ganz anders sieht es bei dem Typ-2-Diabetes aus. Die Krankheit entsteht meist über einen längeren Zeitraum und wird oft nur durch Zufall diagnostiziert - nicht selten sind zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Folgeschäden eingetreten. Die meisten Menschen, bei denen ein Diabetes mellitus Typ 2 festgestellt wird, sind übergewichtig und bewegen sich zu wenig. "Durch Überernährung und Bewegungsmangel treten auch bei Kindern immer mehr Fälle von Diabetes mellitus Typ 2 auf." Dr. Neumann
Risiko und Schutz - Erkrankungsrisiko und Vorbeugung Das Risiko für Typ-1- und Typ-2-Diabetes wird durch entsprechende Erbanlagen weitergegeben. Aber ein Schutz ist durch entsprechende Lebensweise möglich. "Ist ein Elternteil Typ-1-Diabetiker, bekommen die Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von zwei bis sieben Prozent ebenfalls einen Diabetes. Ein Typ-2 wird hingegen mit 30 bis 50 Prozent Wahrscheinlichkeit vererbt. Warum ein Diabetes mellitus Typ 1 ausbricht, ist bisher unbekannt. Beim Typ-2Diabetes spielen Fehlernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel eine entscheidende Rolle." Diabetologe Dr. Neumann Kann man Diabetes vorbeugen? Werden Kinder in den ersten Lebensmonaten gestillt anstatt sie mit Fremdeiweiß wie Kuhmilch zu füttern, so scheint dies eine gewisse Schutzfunktion vor Typ-1-Diabetes zu haben. "Die bisher vorliegenden Studien zur weiteren Prävention des Typ-1-Diabetes waren leider nicht erfolgreich." Diabetologe Dr. Neumann
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Zum Schutz vor einem Typ-2-Diabetes empfiehlt sich: • Rasch resorbierbare Kohlenhydrate (Fruchtsäfte, Limonaden, Süßigkeiten) vermeiden, stattdessen Vollkornprodukte, Obst und Gemüse verzehren • Auf fettarme Kost achten • Unbedingt Übergewicht abbauen • Regelmäßig bewegen (mind. 150 min./Woche) "Letztlich schützt eine allgemein gesunde Lebensweise davor, einen Typ-2Diabetes zu bekommen. Existiert außerdem eine erbliche Vorbelastung, sind regelmäßige Blutzuckerkontrollen dringend notwendig. Diabetische Folgeerkrankungen wie etwa Nieren-, Augen-, Nervenschäden oder Durchblutungsstörungen im Beinbereich bis hin zur Amputation sind oft eine Folge eines zu spät erkannten oder unzureichend behandelten Diabetes." Diabetologe Dr. Neumann Tipp: Zuckerbelastungstest Zur Beurteilung der Blutzuckerregulation beziehungsweise zur Abschätzung des eigenen Risikos empfiehlt sich die Durchführung eines Zuckerbelastungstests (insbesondere, wenn Typ-2-Diabetes in der Familie vorkommt). Die korrekte Durchführung des Tests erfordert gutes Fachwissen und sollte möglichst von darauf spezialisierten Ärzten vorgenommen werden.
Therapie - Diät, Pillen oder Spritze? Der Blutzucker wird von vielen Faktoren beeinflusst, daher ist eine regelmäßige Kontrolle sehr wichtig. Ein wichtiger Bestandteil der Diabetes-Therapie ist deswegen die Blutzuckerselbstkontrolle. "Während früher nur der Zucker im Urin gemessen werden konnte, so ist heute die Bestimmung des Blutzuckers mit einfachen, handlichen Geräten innerhalb von Sekunden und einem winzigen Tropfen Blut aus der Fingerkuppe möglich." Diabetologe Dr. Neumann Seit 2014 steht in Deutschland ein kontinuierliches Messsystem (Flash Glucose) zur Verfügung. Dieses ermöglicht eine lückenlose Darstellung des Gewebszuckers. Kohlenhydratmenge und Insulindosen können direkt ins Messsystem eingebeben werden. Da eine Listung als Hilfsmittel noch nicht erfolgt ist, besteht derzeit allerdings kein Anspruch auf Kostenerstattung durch die Krankenkassen. Es handelt sich jeweils um Einzelfallentscheidungen. Die Kosten für zwei Messsysteme à 14 Tage belaufen sich auf 120 Euro.Das Dieses Manuskript wird ohne Endkorrektur versandt und darf nur zum privaten Gebrauch verwendet werden. Jede andere Verwendung oder Veröffentlichung ist nur in Absprache mit dem Bayerischen Rundfunk möglich! © Bayerischer Rundfunk 2016 Bayern 2-Hörerservice Bayerischer Rundfunk, 80300 München; Service-Nr.: 0800 / 5900 222 Fax: 089/5900-46258
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Messgerät, das gleichzeitig als Scanner fungiert, kostet rund 60 Euro. Das Produkt ist frei verfügbar ohne Verordnung nur im Internet erhältlich. Der Erwerb dieses Gerätes ist grundsätzlich für Menschen mit Typ-1-Diabetes sinnvoll. Wann der Blutzucker steigt In erster Linie bestimmt natürlich die Nahrungsaufnahme den Zuckerspiegel. Heute weiß man, dass dabei nicht nur die Kohlenhydrate, sondern auch Eiweiß und Fett Einfluss auf die Werte haben. "Art und Dauer von Bewegung, Krankheiten, Stress, Schlafmangel, seelische Schwankungen bis hin zu Wetterwechsel sind ebenfalls Parameter, die ein Diabetiker gemeinsam mit dem Arzt berücksichtigen und in die Behandlung mit einbeziehen muss, denn sie alle haben ihre Wirkung auf den Glukosepegel im Blut." Diabetologe Dr. Neumann Gute Werte - gute Gesundheit Nach neuesten internationalen Empfehlungen der Amerikanischen (ADA) und Europäischen (EASD) Diabetes-Gesellschaften (Management of Hyperglycemia in Type 2 Diabetes, Diabetes Care online published 4/2012) sollten die Ziele der Blutzuckereinstellung individuell vom Therapeuten festgelegt und mit dem Patienten besprochen werden. Motivation, Unterzuckergefahr, Krankheitsdauer, Lebenserwartung, Begleit- und Folgeerkrankungen müssen hier jeweils berücksichtig werden. Schule für Diabetiker Elementarer Bestandteil ist die Teilnahme an einer strukturierten Diabetesschulung. "Zielbereiche für die Blutzuckerwerte vor und nach den Mahlzeiten sowie das HbA1c sind individuell zu vereinbaren. Der HbA1c-Wert im Blut ist eine Art 'Blutzuckergedächtnis' und fasst in einer Zahl die Blutzuckereinstellung der letzten zwei bis drei Monate zusammen." Diabetologe Dr. Neumann Wichtig: Grundsätzlich sollten Unterzuckerungen und Gewichtszunahme vermieden werden. Typ 1: Ohne Spritze geht es nicht Typ-1-Diabetiker haben keine andere Chance - zum Überleben benötigen sie das Hormon Insulin. Früher wurde Insulin aus den Bauchspeicheldrüsen von Schweinen oder Rindern gewonnen, heute wird es meist gentechnisch hergestellt. Es gibt eine Vielzahl von Insulinen auf dem Markt. Sie
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unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Wirkungsgeschwindigkeit und dauer. Erst einmal lernen Entscheidend ist hier die regelmäßige Betreuung in einem spezialisierten ambulanten Zentrum. Am Beginn der Therapie sollte stets eine strukturierte Schulung stehen. Zur Therapieauswahl stehen die intensiviert konventionelle Insulintherapie (ICT) oder die Insulin-Pumpentherapie (CSII) siehe unten. Typ 2: Von Diät bis Insulin Zu Beginn einer Therapie erfolgt eine Diabetesschulung, um die Ernährungsund Lebensgewohnheiten zu verändern. Wichtig ist für Dr. Neumann auch regelmäßiges Muskelausdauertraining, das auf Alter und Fitness des Patienten abgestimmt wird: "Ideal wären ca. 150 Minuten pro Woche Radfahren, Schwimmen oder rasches Gehen" Diabetologe Dr. Neumann Warum man weniger wiegen sollte Bereits eine moderate Gewichtsreduktion von fünf bis sieben Prozent kann zu einer deutlichen Besserung des Blutzuckerspiegels beitragen oder sogar zu Normalwerten führen. Wegen der meist späten Diagnose ist häufig zum Diagnosezeitpunkt eine medikamentöse Therapie unumgänglich. Diese richtet sich nach Blutzuckerhöhe, Alter und Begleiterkrankungen des Patienten. Dazu stehen verschiedene Tabletten sowie Insuline zur Verfügung.
Wissenswertes - Fakten zum Insulin Das lebenswichtige Hormon wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet – genauer in den Zellen der Langerhans-Inseln. Daher leitet sich auch der Name Insulin ab. Rasch wirkendes (nahrungsbezogenes) Insulin Normalinsulin (Humaninsulin, körperidentisch) = Altinsulin: Wirkbeginn nach ca. 30 min. Spritz-Ess-Abstand von ca. 30 min. erforderlich Wirkdauer ca. 5 bis 7 Stunden Insulinanalogon: (z.B. Lispro, Aspart, Glulisin) Wirkbeginn ca. 0 bis 15 min.
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nur geringer oder kein Spritz-Ess-Abstand erforderlich Wirkdauer ca. 3 bis 4 Stunden Basales (Verzögerungs-) Insulin Protamin-verzögert, NPH-Insulin (Humaninsulin, körperidentisch): (NPH = neutrales Protamin nach Hagedorn) Wirkbeginn ca. 1,5 Stunden Wirkdauer ca. 8 bis 12 Stunden trüb, 20 Mal Schwenken Insulinanalogon: z.B. Glargin: Wirkbeginn 5 bis 6 Stunden Wirkdauer größer 24 Stunden z.B. Detemir: Wirkbeginn ca. 1 bis 2 Stunden Wirkdauer abhängig von der Dosis bis zu 24 Stunden Kosten Humaninsuline (schnell und verzögert) sind kostengünstiger. Schnell wirksame Analoga sind aufgrund von Rabattverträgen zwischen Herstellern und den meisten Krankenkassen genauso teuer wie Humaninsuline, lang wirksame Analoga sind teurer. Verträglichkeit Im Einzelfall kann es bei jedem Insulin zu Unverträglichkeiten kommen. 1. Die intensiviert konventionelle Insulintherapie (ICT) Mit der ICT wird versucht, durch Spritzen mehrmals täglich die natürliche Insulinversorgung des Körpers so gut wie möglich nachzuahmen. Dabei decken langwirkende Insuline den Grundbedarf des Körpers ab, während kurzwirkende Insuline vor den Mahlzeiten gespritzt werden, um übermäßige Blutzuckeranstiege durch die Nahrung zu vermeiden. Am Tag müssen in der Regel vier bis sechs Injektionen gegeben werden. 2. Die Insulin-Pumpentherapie (CSII) Die Insulinpumpe ist etwa so groß wie eine Zigarettenschachtel und pumpt kontinuierlich eine kleine Menge Insulin über einen dünnen Schlauch in das Unterhautfettgewebe. "Zum Essen drückt der Diabetiker auf einen Knopf und ruft die zusätzliche Dosis ab. Mit der Pumpe lässt sich noch wesentlich genauer auf den tageszeitabhängigen Insulinbedarf des Körpers reagieren. Darüber hinaus werden Insulinlücken vermieden." Diabetologe Dr. Neumann
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Nachteil Die Pumpe muss Tag und Nacht am Körper getragen werden und setzt ein gewisses technisches Grundverständnis voraus.
Stand der Wissenschaft - Forschung und moderne Therapieformen In den Medien taucht im Zusammenhang mit dem Thema Genforschung oft auch Diabetes als mögliches Einsatzgebiet auf. Ist sie bald eine Hilfe für Typ-1Diabetiker? "Theoretisch lassen sich Stammzellen aktivieren, um Insulin-produzierende Betazellen zu züchten. Diese könnten dann implantiert werden und damit die natürliche, automatische Regulierung des Blutzuckerspiegels übernehmen." Diabetologe Dr. Neumann Erste erfolgreiche Versuche an Mäusen haben gezeigt, dass dieser Weg zumindest denkbar wäre. Ob sich die Ergebnisse allerdings auf den Menschen übertragen lassen, und inwieweit es erneut zu einer Abwehrreaktion durch den autoimmunkranken Körper kommt, ist bisher noch ungeklärt. Das Neueste aus der Forschung auf dem Markt Es gibt seit einigen Jahren Medikamente auf dem Markt, die eine verbesserte Insulin-Wirkung versprechen, ohne dass man dabei zunimmt. Wirkweise "Im gesunden Darm werden die sogenannten Inkretine hergestellt, die die Zellen der Bauchspeicheldrüse anregen. Gleichzeitig verlangsamen sie die Passage der Nahrung durch Magen und Darm, sodass der Sättigungseffekt länger anhält und die Bauchspeicheldrüse nicht so schnell viel Insulin herstellen muss. Zum einen wurden nun Nachahmungen dieses Hormons entwickelt, die langsamer als das im Körper produzierte Inkretin abgebaut werden, sogenannte GLP-1-Analoga. Und zweitens wurden Hormone in Tablettenform entwickelt, die den raschen Abbau des natürlichen Inkretin verhindern - sogenannte DPP4-Inhibitoren." Dr. Marianne Koch, Internistin Die Fakten Sogenannte GLP-1-Analoga (zum Beispiel Exenatide, Liraglutide, Dulaglutid) müssen ein- bis zweimal täglich bzw. einmal wöchentlich mithilfe eines "Pens" gespritzt werden. DPP-4-Inhibitoren (zum Beispiel Sitagliptin, Saxaglin) können ein- bis zweimal täglich als Tablette eingenommen werden.
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Gemeinsame Merkmale • Blutzuckerabhängige Steigerung der Insulinausschüttung ohne Gefahr der Unterzuckerung • Hemmung der Glukagonsekretion Unterschiedliche Merkmale DPP-4-Inhibitoren haben keinen Effekt auf Sättigungsgefühl und Magenentleerung bei geringen Nebenwirkungen. GLP-1-Analoga führen zu einer Verringerung des Appetits und einer deutliche verzögerten Magenentleerung. Die Nebenwirkungen in Form von Übelkeit, Erbrechen, Durchfällen, Schwindel, Kopfschmerzen, Blähungen, Unruhe und Schwitzen sind häufig. Vorteile der GLP-1-Analoga • anhaltende Sättigung • verzögerte Magenentleerung • Gewichtsreduktion Wie vielversprechend sind die neuen Therapien? Zwei Einschätzungen der Experten: "In der praktischen Anwendung ist der Effekt der DPP4-Inhibitoren nachvollziehbar, die blutzuckersenkende Wirkung ist jedoch begrenzt und in manchen Fällen zeitlich limitiert. Der Effekt der GLP-1-Analoga ist bei Ansprechen zum Teil sehr beeindruckend auf Gewichtsreduktion und Essverhalten. Allerdings scheint auch hier im zeitlichen Verlauf die Wirkung nachzulassen. Manche Patienten sprechen auf diese teure Therapie nicht an. In jedem Fall sollte eine kontinuierliche, sorgfältige Kosten-Nutzenanalyse durch den behandelnden Therapeuten erfolgen." Dr. Christoph Neumann "Eine mögliche Nebenwirkung ist Übelkeit, wahrscheinlich weil die Magenentleerung langsamer stattfindet. Weitere Nebenwirkungen muss man abwarten. Diese neuen Medikamente sind nur zugelassen in Kombination mit anderen Diabetesmitteln, zum Beispiel Metformin, das ist eine sehr sinnvolle Präparatgruppe, die die Insulinresistenz beeinflusst, sodass Insulin wieder gut vom Körper aufgenommen wird. Beim GLP-1-Wirkstoff LIRAGLUTID sind allerdings in letzter Zeit Bedenken entstanden, die Substanz könnte bei einigen Patienten Schilddrüsenkrebs und Entzündungen der Bauchspeicheldrüse hervorrufen, man muss also abwarten, ob das Präparat weiterhin empfohlen werden kann" Dr. Marianne Koch
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SGLT-2-Inhibitoren Eine neue Substanzklasse der Antidiabetika sind die sogenannten SGLT-2Inhibitoren, wie Dapaglifozin 5 mg oder 10 mg oder Empagliflozin 10 mg oder 25 mg. Sie wirken, indem sie die Reabsorbtion von Glukose in der Niere hemmen. Dadurch wird Glukose vermehrt durch den Harn ausgeschieden und der Blutzucker gesenkt. Vorteile: • • •
Risikoreduktion eines diabetesbedingten Herztodes um 38 Prozent (gilt nur für Empagliflozin) Einnahme einmal täglich, unabhängig von der Mahlzeit Ausscheidung von Glukose (ca. 300 kcal) über den Urin begünstigt eine Gewichtsabnahme
Nachteile: • • •
Nebenwirkungen: Harnwegs- und Genitalinfekte, Austrocknung Nicht in Kombination mit Schleifendiuretika (bestimmte harntreibende Mittel) einzunehmen Nicht wirksam bei eingeschränkter Nierenfunktion (GFR<60 ml/min)
"In der praktischen Anwendung ist der Effekt der SGLT-2-Inhibitoren nachvollziehbar, die blutzuckersenkende Wirkung ist jedoch begrenzt und in manchen Fällen zeitlich limitiert. Der Effekt der SGLT-2-Inhibitoren ist häufig eindrucksvoller auf die Gewichtsreduktion als auf die Absenkung des Blutzuckers. Die Ursache der deutlichen Risikoreduktion des Herztodes unter Empagliflozin ist nicht klar." Diabetologe Dr. Christoph Neumann. Diabetes-Chirurgie? Neuere Studien zeigen, dass eine operative Behandlung der Fettsucht z.B. durch Magen-Bypass-Methoden und die dadurch erreichte Gewichtsverminderung einen sehr positiven Effekt auf den Zuckerstoffwechsel hat. Allerdings können damit Risiken verbunden sein, sodass noch keine schlüssige Aussage über die Sicherheit und positive Wirkung der Methode gemacht werden kann.
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Ernährung - Was sollen Diabetiker essen, was nicht? Wie für jeden anderen Menschen empfiehlt sich auch für den Diabetiker eine gesunde, ausgewogene Ernährung - vor allem muss er auf sein Gewicht achten. Da Diabetiker ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen haben und somit anfälliger für Herzinfarkt und Schlaganfall sind, spielen auch die Fettarten eine wichtige Rolle. Und weil viele Diabetiker Übergewicht haben, ist es für diese Personen besonders wichtig, gesund und bewusst zu essen und damit ihr Gewicht zu reduzieren. Zu empfehlen sind • viel Gemüse und Obst, Rohkost, Salat und ausgewählte Obstsorten • viele Ballaststoffe • wenig Fleisch, Wurst und gehärtete Fette • einfach ungesättigte Fettsäuren (zum Beispiel Rapsöl, Olivenöl, Distelöl) • Fisch Nicht günstig sind • Weintrauben, Bananen, Trockenfrüchte, Nüsse • Weißmehlprodukte, geröstete Brotsorten • fette Wurst • fetter Käse • Sahne • Speck • Schokolade, Eis, Gummibärchen, Gebäck • fettreiche Fertigprodukte • Limonaden, Eistee, Säfte und Saftschorlen Zucker für Zuckerkranke? Von der Regel "Keinen Zucker für Diabetiker" hat sich die moderne Diabetestherapie verabschiedet - der jahrzehntelang praktizierte Verzicht von Haushaltszucker in der Nahrung hat sich schlicht als nicht notwendig erwiesen. "Natürlich sollte ein Diabetiker - genau wie jeder Gesunde - sparsam mit Zucker umgehen. Ein Verbot macht aber keinen Sinn. Spezielle Diät- oder DiabetikerLebensmittel werden von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft nicht empfohlen und werden aus dem Sortiment genommen." Diabetologe Dr. Neumann Tipp: Der Diabetologe rät, diese Nahrungsmittel zu meiden, zumal sie meist teurer sind und häufig einen ungünstigeren Fettanteil haben.
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Hilfe für Diabetiker - Tipps für den Alltag Wegweiser durch die Bürokratie vom Behindertenausweis, Führerschein und der richtigen Versicherung - hier erfahren Sie, worauf Sie als Diabetiker in verschiedenen Lebensbereichen achten müssen. Behindertenausweis Diabetiker können unter bestimmten Bedingungen einen Behindertenausweis beim Versorgungsamt beantragen. Dies bringt manche Vorteile (Kündigungsschutz, Steuerersparnis und mehr Urlaubstage). Doch Vorsicht: Der Behindertenausweis muss beim Arbeitgeber gemeldet werden und kann vielleicht ein Problem bei einer erneuten Jobsuche sein. Versicherung Man ist bei Vertragsabschluss mit einer Versicherung verpflichtet, die volle Wahrheit über den Gesundheitszustand zu melden - ansonsten kann die Versicherung rückwirkend Leistungen streichen oder kürzen. Es ist für Diabetiker oft schwer, Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit oder auch Lebensversicherungen zu bekommen - häufig gibt es massive Preisaufschläge. Tipp: Achten Sie darauf, dass bei den Versicherungen diabetische Folgeschäden nicht ausgeschlossen werden, sonst macht die ganze Versicherung unter Umständen keinen Sinn. Fragen Sie bei Selbsthilfegruppen, dem Deutschen Diabetiker Bund oder dem Sozialverband VdK nach entsprechenden Angeboten. Berufe Bestimmte Berufe sind für Diabetiker ausgeschlossen, dazu zählen zum Beispiel Pilot, Dachdecker oder Starkstromelektriker. Führerschein Beim Führerscheinneuerwerb muss die Diagnose Diabetes mellitus nicht angegeben werden. Führerscheininhaber, die erst nach dem Erwerb der Fahrerlaubnis an Diabetes erkranken, sind nicht verpflichtet, dieses nachzumelden. Erfährt die Führerscheinstelle jedoch von der Diagnose Diabetes, muss der Betroffene alle zwei Jahre ein meist teures Gutachten über seine Fahrtauglichkeit erstellen lassen, das nicht erstattet wird. "Selbstverständlich sollte jeder Diabetes-Patient gut geschult sein und die Zeichen einer Unterzuckerung kennen. Sie sollten daher bei einer längeren Autofahrt - auch aus juristischen Gründen - regelmäßig den Blutzucker messen. Führen Sie außerdem ausreichend Traubenzucker und andere Kohlenhydrate im Auto mit, denn es kann zu einem unvorhersehbaren Stau kommen. Und
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unterbrechen Sie die Fahrt bei den kleinsten Anzeichen einer Unterzuckerung." Diabetologe Dr. Neumann
Diabetes bei Kindern Expertin: Prof. Dr. med. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, und Vorstand der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) Autorin: Beate Beheim-Schwarzbach
Diabetes mellitus Typ 1: Zuckerkranke Kinder Bei der Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1 stuft das Immunsystem die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse als feindlich ein und bekämpft sie. Der Körper braucht das Hormon Insulin jedoch, um Zucker aus dem Blut in die Zellen zu bringen. Insulinmangel führt dazu, dass der Blutzucker steigt, behandelt man das nicht, kommt es zu Organ- und Nervenschädigungen. Diabetes Typ 1 kann in jedem Lebensalter auftreten, die höchste Neuerkrankungsrate wird jedoch bei Kindern und Jugendlichen beobachtet. Derzeit sind in Deutschland ca. 30.000 unter 20-Jährige von Diabetes Typ 1 betroffen, die Anzahl der Neuerkrankungen steigt weltweit jährlich um drei bis fünf Prozent an. Späte Entdeckung Bei vielen Patienten wird Typ-1-Diabetes spät erkannt, oft erst dann, wenn ein akutes Krankheitsgefühl und schwerwiegende Stoffwechselentgleisungen vorliegen. Weil sich der Typ-1-Diabetes aber durchaus schleichend entwickelt, könnte er in der Vorphase ohne weiteres durch einen Bluttest zur Bestimmung von Diabetes typischen Autoantikörpern diagnostiziert werden. Dieser wird einzigartig in Bayern allen Kindern im Alter zwischen 2 und 5 Jahren im Rahmen der Fr1da-Studie angeboten. Das Pilotprojekt wurde von Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler, Direktorin des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, unter der Schirmherrschaft der Bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml initiiert. 39 Prozent der Bayerischen Kinderärzte beteiligen sich an der Durchführung des Bluttests. Wird die Diagnose eines frühen Stadiums des Typ-1-Diabetes gestellt, erfolgt eine
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Diabetesschulung und die Bestimmung des Blutzuckers zur Festlegung der Therapie. Autoimmunerkrankung Vergleichbar mit der Entstehung einer Krebszelle können auch die Zellen des Immunsystems entarten. „Das passiert vermutlich bei jedem Menschen hin und wieder, doch dann werden solche Zellen gleich wieder zunichte gemacht. Bei Menschen mit einer Autoimmunerkrankung funktioniert der Prozess nicht so perfekt.“ Prof. AnetteGabriele Ziegler Bei Typ-1-Diabetikern zerstört der Körper die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse unaufhörlich, mit erheblichen Konsequenzen. Die häufigsten Symptome Charakteristisch für Diabetes Typ 1 bei Kindern und Jugendlichen sind eine ganze Reihe von Symptomen: häufiger Harndrang Durst Müdigkeit Hautjucken Gewichtsverlust charakteristischer Atemgeruch Erbrechen und Bauchschmerzen Tipp: Zum Testen einen Arzt aufsuchen Haben Eltern den Verdacht auf Diabetes Typ 1, sollten sie nicht selbst zu einem Test greifen, sondern einen Arzt aufsuchen, der anschließend das Labor damit beauftragt. Wichtige Marker: Autoantikörper Diabetes-spezifische Autoantikörper sind ein sehr wichtiger Marker zur Frühdiagnose und können oft schon lange vor Ausbruch der Erkrankung im Blut nachgewiesen werden. Charakteristisch ist: Diese Diabetes spezifischen Autoantikörper sind gegen Insulin und Teile der sie produzierenden Zellen gerichtet. „Wir haben herausgefunden, dass bei etwa 80 Prozent aller Menschen, die vor dem 18. Lebensjahr Diabetes entwickeln, bereits im Alter von zwei bis drei Jahren die Antikörper dagegen nachweisbar sind.“ Prof. Anette-Gabriele Ziegler
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Die ersten Jahre entscheiden Deswegen liegt es nah, dass die ersten Lebensjahre beim Diabetes entscheidend sind. Heute weiß man: In dieser Zeitspanne ist die Bauchspeicheldrüse in Punkto Autoimmunität besonders anfällig. Hat man diese Altersgrenze überschritten, dann ist die Wahrscheinlichkeit für Typ-1Diabetes viel geringer. Warum das so ist, können Wissenschaftler noch nicht sagen. Früherkennung Aus der Tatsache, dass man Diabetes bereits so früh erkennen kann, leiten Prof. Anette-Gabriele Ziegler und ihre Kollegen die Forderung ab, bereits innerhalb der ersten vier Lebensjahre ein Diabetes-Screening durchzuführen. Denn wer schon so früh Autoantikörper im Blut hat, wird mit großer Sicherheit Diabetes entwickeln - wer nicht, wird vermutlich verschont bleiben. Gibt es in einer Familie bereits ein Kind mit Diabetes Typ 1, dann sollten sich Geschwisterkinder auf jeden Fall testen lassen.
Ursachen: Warum entsteht Diabetes Typ 1? Wie bei vielen Autoimmunerkrankungen gibt es bei Diabetes Typ 1 bestimmte Empfänglichkeitsgene, insgesamt fünfzig davon sind bereits identifiziert vermutlich spielt das Zusammenwirken aller eine Rolle. Da Diabetes aber in den letzten fünfzig Jahren deutlich zugenommen hat, können nicht nur Vererbungsmechanismen eine Rolle spielen, sondern auch Umwelteinflüsse. Die TEDDY-Studie Welche Rolle Umwelteinflüsse auf Diabetes Typ 1 ausüben, untersucht zum Beispiel das Forschungsprojekt TEDDY (The Environmental Determinants of Diabetes in the Young). Beteiligt daran ist neben den USA, Finnland und Schweden auch Deutschland. Ziel ist es, herauszufinden, welche Umweltfaktoren zu Diabetes Typ 1 führen, und welche davor schützen. Bei über 8.000 Kindern weltweit wurden von Geburt an bis zum 15. Lebensjahr regelmäßig Blutuntersuchungen gemacht, außerdem Trinkwasser, Ernährung und Lebensstil genau beobachtet. Hinweise in zwei Richtungen Die Ergebnisse der TEDDY-Studie zeigen, dass sowohl Ernährungsfaktoren als auch Infektionen im frühen Kindesalter Diabetes Typ 1 beeinflussen. Hinzu kommt noch die genetische Veranlagung.
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„Früher haben wir gedacht, es gebe den einen Auslöser für Diabetes, davon sind wir abgekommen. Wir wissen heute, dass es ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren ist.“ Prof. Anette-Gabriele Ziegler Ernährung Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Ernährung in den ersten sechs Lebensmonaten das Immunsystem offenbar beeinflusst: Bekommt ein Baby vor dem dritten Lebensmonat Beikost, dann kann sich das auf die Reifung des Immunsystems ungünstig auswirken. Ob es sich dabei nur um ein einziges Nahrungsmittel handelt, ist jedoch fraglich - im Moment spricht nichts dafür. Landestypische Unterschiede Vermutlich kommen verschiedene Nahrungsmittel als Risikofaktoren des Diabetes Typ 1 in Betracht. Das Risiko für die Entwicklung von Diabetes spezifischen Autoantikörpern erhöhte sich bei Kindern einer finnischen Studie, wenn sie sehr früh Beeren zu essen bekamen. In den USA war es das Getreide und in Deutschland Gluten (Kleber-Eiweiß in Getreide). Infektionen als Auslöser Eine ähnliche Vermutung legen Ergebnisse der Studie für einen weiteren Risikofaktor für Diabetes Typ 1 nahe: Nicht EIN Virus ist schuld, sondern ein wiederholt erhöhtes Level von Entzündung in den ersten Lebensjahren, zum Beispiel bei häufigem Schnupfen. „Je mehr von solchen Infektionen der oberen Atemwege im ersten Lebensjahr aufgetreten sind, desto höher war die Empfänglichkeit für Diabetes Typ 1.“ Prof. Anette-Gabriele Ziegler Kein Umkehrschluss Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Infekt bei einem Kind Diabetes Typ 1 auslöst. Doch viele Infekte erhöhen die Wahrscheinlichkeit und wenn dann noch die genetische Disposition für Diabetes Typ 1 vorliegt, wird das Risiko immer größer. Coxsackie-Viren Warum genau eine Vielzahl von Infektionen Diabetes Typ 1 auslösen können, ist noch nicht eindeutig erforscht. Bekannt ist jedoch, dass z.B. CoxsackieViren, die unter anderem eine Grippe auslösen, bei einer Entzündung in die Bauchspeicheldrüse wandern und das Organ für die Auto-Reaktivität anfällig machen können. „Wer schon eine genetische Veranlagung für Diabetes Typ 1 mitbringt und dann immer wieder eine Entzündung hat, bei dem steigt die Wahrscheinlichkeit,
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dass er sie irgendwann nicht mehr selbst bekämpfen kann.“ Prof. AnetteGabriele Ziegler
Therapie - Neue Behandlungen bei Diabetes Typ 1 Bei Typ-1-Diabetikern ist der Blutzucker zu hoch, weil der Körper kein Insulin mehr produzieren kann. Sie müssen sich ihr Leben lang kontinuierlich das Hormon spritzen, entweder mit Hilfe eines Pens oder einer Pumpe. Diabetes stellt als chronische Erkrankung die ganze Familie vor eine enorme Herausforderung, doch die lässt sich meistern. Errungenschaft In den letzten 20 bis 30 Jahren konnten die Komplikationen bei Diabetes Typ 1 durch neue Techniken und Erkenntnisse der Insulin-Ersatz-Therapie beträchtlich gesenkt werden. Die Folge: Mittlerweile haben Kinder mit Diabetes nahezu dieselbe Lebenserwartung wie Nicht-Diabetiker, sie können Extremsport machen, tauchen oder klettern. Inzwischen leben viele Erwachsene bereits 50 bis 60 Jahre ohne Komplikationen mit Diabetes. Blutzuckergedächtnis Ob eine Diabetes-Therapie langfristig wirksam ist oder nicht, hängt ganz entscheidend von der ersten Zeit ab. Vor allem die ersten fünf Jahre der Behandlung mit Insulin sind entscheidend, da der Körper ein sogenanntes Blutzuckergedächtnis hat. Werden Kinder und Jugendliche in den ersten fünf Jahren gut eingestellt, profitieren sie ihr ganzes Leben davon - es lohnt sich also, sich am Anfang anzustrengen. Forschungsrichtung Momentan arbeiten Forscher daran, eine künstliche Bauchspeicheldrüse zu entwickeln, die automatisch genügend Insulin ausschüttet und den Blutzucker kontrolliert, ohne dass man von außen eingreifen muss. Dabei zeichnen sich zwei Wege ab: Computertechnik Auf der einen Seite versucht man computertechnisch die Bauchspeicheldrüse zu ersetzen. Dabei soll eine Pumpe nicht nur Insulin abgeben, sondern gleichzeitig soll ein Sensor den Blutzucker messen. Der Patient muss gar nichts tun. Solche Systeme gibt es bereits, aber sie funktionieren noch nicht perfekt.
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Organspende Daneben wird daran geforscht, entweder die Bauchspeicheldrüse insgesamt, oder die Insulin produzierenden Zellen des Organs zu transplantieren. Das Hauptproblem dabei ist die Abstoßungsreaktion, die sich nur mit Hilfe von Medikamenten eindämmen lässt, die erhebliche Nebenwirkungen haben. Außerdem versuchen Wissenschaftler, die Insulin produzierenden Zellen in einer Art Kapsel unterzubringen, so dass sie vom Immunsystem nicht als Feinde erkannt werden. Ein Routineverfahren ist das jedoch noch nicht. Chance Die frühe Erkennbarkeit von Diabetes Typ 1 beinhaltet eine große Chance: Schon bevor das Kind oder der Jugendliche einen erhöhten Blutzuckerspiegel hat, können Patient und Angehörige ihre Aufmerksamkeit schulen und verhindern, dass es - wie derzeit noch häufig - zu schweren BlutzuckerEntgleisungen kommt. Wer weiß, dass er betroffen ist, kann vorbeugen und sich bereits im Vorfeld mit Diabetes vertraut machen: Die bei der bayerischen Fr1da-Studie positiv getesteten Kinder und ihre Angehörigen erhalten eine Schulung, in der sie u.a. lernen, den Blutzuckerspiegel zu bestimmen und auf typische Symptome zu achten Dies soll z.B. dazu beitragen, Stoffwechselentgleisungen und damit einen Krankenhausaufenthalt zu umgehen, denn dann ist ggf. eine ambulante Behandlung möglich. Neue Therapien werden derzeit erprobt, um das Fortschreiten der Diabeteserkrankung zu verhindern. Am Fortschreiten hindern Eine sichere Prävention für Typ-1-Diabetes gibt es bisher noch nicht, immerhin aber können bestimmte Medikamente das Fortschreiten der Diabeteserkrankung aufhalten. Das große Ziel der Wissenschaftler ist es, das Immunsystem von Diabetikern so zu verändern, dass die Krankheit nicht fortschreitet und der Blutzucker sich nicht erhöht. In dem Zusammenhang forscht man an sogenannten Impfungen oder Antigen-Therapien. Antigen-Therapie Dabei wird ähnlich wie bei der Desensibilisierung (bei Allergikern) versucht, die Patienten über einen längeren Zeitraum mit den Protein-Bausteinen (Antigenen) zu impfen, die auf der Bauchspeicheldrüse produziert werden. „Es gibt schon einige Studien wie die Fr1da-Insulin-Interventionsstudie für Kinder mit einem frühen Diabetes-Stadium (d.h. positive Autoantikörper) oder die Pre-POINTearly Studie für Risikopersonen, d.h. Angehörige von Typ-1Diabetikern im Alter von sechs Monaten bis zwei Jahren, bei denen Insulin als Pulver oral verabreicht wird. Offensichtlich induziert es im Immunsystem eine
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gewisse Toleranz, ohne den Blutzuckerspiegel zu beeinflussen.“ Prof. AnetteGabriele Ziegler Medikamente Daneben gibt es Studien, die untersuchen, ob sich Medikamente, die bisher nur bei Diabetes-Typ-2-Patienten erfolgreich waren, auch für Typ-1-Diabetiker eignen. Das Prinzip dahinter: Diese Medikamente können helfen, den Blutzucker einzustellen, sie glätten das Profil des Blutzuckerspiegels. In manchen Studien wird auch untersucht, ob es Sinn macht, Insulin und Medikamente zu kombinieren, doch das ist noch keine Standardtherapie.
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