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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie (ISSN 1430-6972) IP-GIPT DAS=02.10.2013 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 19.01.15 Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen Mail:
[email protected]_ Zitierung & Copyright Anfang_ Katalog: Diagnose-Fehler (DiagF)_ Überblick_ Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _ Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag _ _Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Forensische Psychologie, Kriminologie, Recht und Strafe, Bereich forensische Gutachten, und hier speziell zum Thema:
Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler
Diagnose-Fehler (DiagF) Zu: Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger RichterInnen-Fehler. von Rudolf Sponsel, Erlangen _
Inhaltsübersicht _ Abstract - Zusammenfassung - Summary. Zwei Worte zum Geleit: Jaspers radikale Klassifikationskritik der Psychopathie und Rotschuhs treffliche Charakteristik der Gesamtlage. Kompaktwissen Psychodiagnostik. Kompaktwissen Forensische Psychodiagnostik. Überblick Verallgemeinerte Diagnosen als Sachverhaltsfeststellungen im forensischen Bereich. I. Teil Probleme und Kritik der Unzuverlässigkeit psychiatrischer Diagnosen. Einige Belege zur Unzuverlässigkeit und Problematik psychiatrischer Diagnosen: Henning Saß zur Krise der psychiatrischen Diagnostik (1992). Diagnosen in der Psychiatrie nach Klaus Dörner (1981). Monahan-Studie (1973). Rosenhan-Versuch (1973). Topeka Skandal (1950/60er Jahre). Schlechte Ärzte ?- Fehldiagnosen bei Psychiatern liegen bei 45 %. Wegen Fehldiagnose: Mädchen 6 Jahre in der Psychiatrie. Diagnose-Hilfen Checklisten, Kriterien, Definitionen, Beschreibungen. Exkurs Kritik amerikanischer Fehlentwicklungen: der DSM-5. II. Teil 1. Die forensisch-psychopathologische Diagnose im Recht und Kommentaren. BGH Nachvollziehbarkeit, Transparanz, Weg angeben. BGH Anforderungen an ein psychiatrisches Gutachten u.a. Diagnosesicherheit und Verwerfung von "Oder-Diagnosen" bei den Eingangsmerkmalen. BGH zum Thema: Zufallsbefunde, Befunderhebungsfehler und Diagnoseirrtum. BGH zum Problem neuer Tatsachen und psychiatrischer Diagnosen. BGH Psychiatrische Diagnose nicht mit Eingangsmerkmal § 20 StGB gleichzusetzen. DiagF09r Ferndiagnosen sind verboten. Begriff der Differentialdiagnose im Arztrecht. 2. Einige Fachmeinungen zu Diagnosemethoden und Diagnosefehlern in der Medizin, Psychologie, Psychopathologie, Psychiatrie und in der Forensik mit Exkursen zur Klassifikation der Kritik, zur radikalen Kritik der Antipsychiatrie, zur Realität des Psychischen und der zwei Welten und zur Wissenschaftstheorie: nomothetisch und idiographisch, erklären und verstehen in den Psychowissenschaften. 2.1 Exkurs: Hintergrund und Situation zur Lage und Kritik der Psychiatrie. 2.1.1 Klassifikation der Kritik. 2.1.2 Grundlegende Kritik der Antipsychiatrie. 2.1.3 Zur Realität des Psychischen und der zwei Welten. 2.1.4 Nomothetisch und idiographisch, Erklären und verstehen in den Psychowissenschaften. 2.2 Einige Allgemein-Medizinische Fachmeinungen zur Diagnose. 2.2.1 Medizinische Diagnostik in Wörterbüchern und Lexikas. Pschyrembel, 257. A. (1994). Roche Lexikon Medizin (1998). Der Gesundheits Brockhaus (1990). 2.2.2 Medizinische Diagnostik aus wissenschaftlicher Sicht. Gross, Rudolf (1969) Medizinische Diagnostik. 2.2.3 Aus Sicht der allgemeinmedizinischen Praxis. Braun & Mader (2005) Programmierte Diagnostik in der Allgemeinmedizin. 2.3 Einige Allgemein-Psychiatrische Fachmeinungen zur Diagnose. Der wissenschaftlich richtige Ansatz: Die Feighner Kriterien. Huber in Psychiatrie (2005). Stieglitz & Freyberger Psychiatrische Diagnostik und Klassifikation (1999). 1 Vorbemerkungen. RS: Grundproblem psychiatrischer Diagnostik dokumentiert. 7 Diagnostischer Prozeß. 7.1 Grundlagen. 7.2 Diagnostische Ebenen: Symptom, Syndrom, Diagnose.
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Kendell (dt. 1978) Die Diagnose in der Psychiatrie. Scharfetter (1976) zur Diagnose. Jaspers, Karl (1948) Allgemeine Psychopathologie. 2.4. Einige Forensisch-psychiatrische Fachmeinungen zur Diagnose. 2.4.1 Zum Problem der Rechtsbegriffe und ihrer Entsprechungen. Hoff & Sass: Psychopathologische Grundlagen der forensischen Psychiatrie. Kröber macht diesen Fehler zunächst nicht ... Doch als Kröber sich dem zweiten Schritt ... 2.4.2 Methodik der Psychodiagnostik. Der diagnostische Prozess in der forensischen Psychiatrie nach Steller. Weitere Fundstellen zu diagnostischen Themen durch Sachregistereinträge. 2.4.3 Falsche Ausgangsbasis Symptome statt Daten. Foerster & Winckler (2009). Schneider et al. (2010) Begutachtung psychischer Störungen. Scharfetter (1976) im zum Syndrombegriff. Payk zitiert von Stieglitz & Freyberger (1999). 2.5 Ferndiagnosen (DiagF09f). III. Teil Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler. Übersicht Diagnosen-Fehler (DiagF). Einführung in die Diagnostik zum Fall Gustl F. Mollath. DiagF01 Vermutungs- bzw. Meinungsdiagnosen. DiagF02 Fehlende Sicherheit ("Ver-Oderung"). DiagF03 Fehlende Berücksichtigung der üblichen Explorations- oder Diagnoseleitfäden. DiagF04 Leitfäden zwar berücksichtigt, aber nur Ergebnis mitgeteilt. DiagF05 Diagnose fällt vom Himmel, Bezüge fehlen. DiagF06 Vor-Diagnose einfach übernommen, nicht kritisch geprüft und erörtert. DiagF07 Falsche Diagnosen werden angeführt. DiagF08 Es werden nicht alle Diagnosemöglichkeiten einbezogen und geprüft. DiagF09 Ferndiagnosen sind verboten. DiagF10 Unvollständige ICD-10 Verschlüsselung. DiagF-X Sonstige bislang nicht erfasste Diagnosefehler. IV Teil Literatur * Links * Querverweise * Zitierung * Änderungen. Glossar, Anmerkungen und Endnoten.
Abstract - Zusammenfassung - Summary "... Einen Psychopathen durch die 'Diagnose' eines Typus festzulegen, ist gewaltsam und immer falsch. Menschlich aber bedeutet die Klassifikation und Festlegung des Wesens eines Menschen eine Erledigung, die bei näherer {>366}Besinnung beleidigend ist und die Kommunikation abbricht. Das darf in aller erleuchtenden Begrifflichkeit charakterologischer Menschenauffassung nie vergessen werden." Karl Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, 5. A. 1948, S. 365f. „Die menschlichen Persönlichkeiten sind in einem erstaunlichen Maße einander gleich und in einem ebenso erstaunlichen Maße voneinander verschieden. Das erste ist die Grundlage einer wissenschaftlichen Nosologie, und das zweite die Erklärung der großen Variabilität der Fälle innerhalb eines Krankheitsbildes." K. Rotschuh (1965), Prinzipien der Medizin. In dieser Arbeit wird im I. Teil eine Einführung in die psychiatrische Diagnose-Problematik gegeben. Im II. Teil wird das Thema Diagnose zunächst aus rechtlicher, sodann aus allgemein-medizinischer, psychiatrischer und forensisch-psychiatrischer Sicht dargelegt. Im III. Teil werden häufige und wichtige Diagnose-Fehler beschrieben und am Fall Mollath demonstriert. Im IV. Teil finden sich Anlagen zum wissenschaftlichen Apparat. Drei Grundprobleme der forensisch-psychiatrischen Diagnostik konnten in dieser Arbeit geklärt werden: 1. Von der rechtlichen Seite ist es der konfuse Nebel der fachlich unklaren Entsprechungen der Rechtsbegriffe, den die Rechtswissenschaft offenbar nicht beseitigen kann oder will. Hier sind interdisziplinäre Arbeitsgruppen das Gebot des Jahrhunderts, denn eigentlich weiß niemand (> Hoff & Saß), was die Rechtsbegriffe praktisch hinreichend genau bedeuten, worunter natürlich auch die fachlichen Entsprechungen sehr leiden müssen. 2. Von der fachlichen Seite ist es das grundlegende Falschverständnis der Psychiatrie, das Symptom als kleinste Einheit der Psychopathologie anzusehen (z.B. Payk, Schneider, Foerster & Winckler, Stieglitz & Freyberger, Scharfetter). Tatsächlich besteht die kleinste Einheit und damit Basis natürlich aus Daten des Erlebens und Verhaltens (neben Körperdaten). Die Datenanbindung und Begründung ist bislang nicht gelöst, ja das Problem wird noch nicht einmal genügend gesehen. Das ist fatal, weil die Problemlösung bekanntlich mit der Problemwahrnehmung beginnt. Die gesamte psychiatrische Diagnostik ist ohne Datenbasis weitgehend auf Sumpf und Treibsand gebaut, und deshalb muss auch so viel gemeint werden. 3. Und letztlich liegt ein grundlegendes methodisches Unverständnis vor, die wissenschaftliche Aufgabe angemessen zu begreifen und umzusetzen. Nämlich nach dem allgemeinen Beweisprinzip Schritt für Schritt, regelgeleitet und begründet, 1. von den Daten des Erlebens und Verhaltens (neben Körperdaten) 2. zum Symptom, 3. Syndrom, 4. Befund, 5. Diagnose und 6. zur Antwort auf die Beweisfrage nachvollziehbar und kontrollierbar zu gelangen. Das wird offensichtlich innnerhalb der DGPPN Zertifizierung nicht gelehrt und daher auch nicht gelernt. Kompaktwissen Psychodiagnostik Jede Diagnose beruht auf Daten des Erlebens, des Verhaltens oder des Körpers (z.B. körperliche Zeichen, Reflexe, Laborwerte, Scans). Durch Definitionskataloge, Kriterienlisten und Regeln werden aus Daten (1. Ebene) Symptome (2. Ebene) und daraus Syndrome (3. Ebene) gewonnen. Nachdem die Daten, Symptome und Syndrome unspezifisch sind, also bei mehreren Störungen oder Krankheiten vorkommen können, muss nach den Regeln der Psychopathologie aus dem Befund (4. Ebene) - der Gesamtschau aller für die Fragestellung wichtig erachteten Daten - die Diagnose (5. Ebene) begründet werden. Der Befund umfasst mehr als Diagnosen im engeren medizinischen Sinne, auch Sachverhalte, die nicht vorliegen ("ohne Befund"), was oft auch wichtig sein kann. Ist die Diagnose nicht praktisch hinreichend sicher und kommen weitere Diagnosen in Frage, wird dies durch die Angabe von sog. Differentialdiagnosen - oft mit dem Kürzel "dd" - kenntlich gemacht. In der forensischen Psychopathologie muss schließlich der Befund zu den Beweisfragen kausal in Beziehung (6. Ebene) gesetzt werden, d.h. es ist zu begründen, wie festgestellte Störungen z.B. bei Begehung der Tat (§ 20, 21 StGB) auf diese eingewirkt haben. Genau diese Aufgabe können wir der forensischen Psychodiagnostik zurechnen. Zu fordern ist weiter eine nähere zeitliche Angabe zum Anfang, seit wann die Störung vorliegt, welchen Verlauf sie genommen hat, in welchem aktuellen Status sie sich gerade befindet und mit welchem weiteren Verlauf zu rechnen ist: Prognose. Unverzichtbar sind auch Angaben zur Sicherheit und Gültigkeit der Befunde und Diagnosen. Um den Diagnosebegriff auch auf die vorangehenden Ebenen (Daten, Symptome, Syndrome, Befunde) anwenden zu können, ist ein verallgemeinerter Diagnosebegriff von Sachverhaltsfeststellungen nützlich. Tatsächlich wird der Begriff Diagnose seit langem nicht mehr nur im medizinischen Bereich verwendet, sondern in vielen Lebensgebieten, in denen Störungen zu finden und festzustellen sind.
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Kompaktwissen Forensische Psychodiagnostik Forensische Diagnosen betreffen alle psychologischen und psychopathologischen Entsprechungen der Rechtsbegriffe, z.B. (der Index "§" macht deutlich, dass das Wort einen Rechtsbegriff zum Inhalt hat und keinen alltagssprachlichen [=ohne Index], bildungssprachlichen "b" oder fachlichen "f", z.B. "psy", mehr unten): Strafrecht: krankhafte seelische Störung§, tiefgreifende Bewusstseinsstörung§, Schwachsinn§, schwere andere seelische Abartigkeit§, Einsichtsfähigkeit§, Steuerungsfähigkeit§, Schuldfähigkeit§, Gefährlichkeit§ (aktuell => Unterbringung§; Zukunft => Prognose§), Risiko§ = Wiederholungsgefahr erheblicher§ Straftaten§, lockerungsfähig§, therapiefähig§, entlassungsfähig§, Führungsaufsicht§, Bewährung§, Haftfähigkeit§, Vernehmungsfähkeit§, Verhandlungsfähigkeit§, Prozeßfähigkeit§, Glaubwürdigkeit§, Glaubhaftigkeit§, Zivilrecht: Betreuung§, Einwilligungsfähigkeit§, Einwilligungsvorbehalt§, Behandlung§, Zwangsmedikation§, selbstgefährdend§, fremdgefährdend§, Geschäftsfähigkeit§ (voll§, partiell§), Testierfähigkeit§, Deliktfähigkeit§, Reife§, Familienrecht: Kindeswohl§, Erziehungseignung§, Betreuung§, Versorgung§, Bindungsbeziehung§, Bindungstoleranz§, Kontinuität§, Stabilität§, Arbeits- & Sozialrecht: Arbeitsfähigkeit§, Berufsfähig§, Erwerbsfähigkeit§, Krank§, Verkehrsrecht: Eignung§ zum Führen von KfZ Waffenrecht: Eignung§ und Zuverlässigkeit§. erheblich§, schwer§, nicht ausschließbar§, wahrscheinlich§, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit§, Nachdem man es den Worten - den Kleidern der Begriffe - nicht ansieht, in welchem Sinne, in welcher Sprache sie gerade verwendet werden, kann man, um Missverständnisse zu vermeiden oder zu minimieren, Indizes verwenden. Das ist zwar oft nicht nötig, aber sehr wohl im schwierigen Gebiet der Rechtsbegriffe und ihrer fachlichen Entsprechungen. Viele Begriffe des Alltags, aus der Bildungs- oder den Fachsprachen werden zu Rechtsbegriffen, sofern sie, was meistens der Fall ist, in Gesetzen und Verordnungen vorkommen. Das wird in Schrift und Sprache des Rechts nicht sehr deutlich gemacht, so dass es ständig zu Un- und Missverständnissen kommt. Verwendet man ein Wort im alltagssprachlichen Sinne, kann man die gängige Praxis, dass der Index entfällt, als vereinbart ansehen. Verwendet man ein Wort in einem bestimmten bildungssprachlichen Sinne, kann man dies durch den Index b (Wortb, Rechtb) oder gleich spezifiziert (Rechtbrockhaus, PsychologieDWB) kennzeichnen. Eine fachsprachliche Verwendung kann man durch den Index f (Wortf, Psychologief) oder gleich spezifiziert (Wortgerm, Psychologiepsy) ausdrücken. Einsichtsfähigkeitfpsy oder Einsichtsfähigkeitfpsychiat geben Begriffe in psychologischer bzw. in psychiatrischer Bedeutung wieder. Überblick Verallgemeinerte Diagnosen als Sachverhaltsfeststellungen im forensischen Bereich 1. Ebene Basisdaten: Daten des Erlebens, Daten des Verhaltens, Körperdaten 2. Ebene: Symptome (Bedeutung für Syndrome oder Störungen) 3. Ebene: Syndrome (Ansammlung von Symptomen) 4. Ebene Befunde (alle wichtigen Sachverhalte, auch "ohne Befund") 5. Ebene: Diagnose Erkrankungen oder Störungen von Krankheitswert 6. Ebene: Folgen oder Auswirkungen der Befunde und Diagnosen auf Beweisfragensachverhalte.
I. Teil Probleme und Kritik der Unzuverlässigkeit psychiatrischer Diagnosen Die allgemeine Psychiatrie, wovon natürlich auch die forensische Psychiatrie betroffen war, stand und steht im Grunde seit sie existiert in der Kritik - unabhängig von ihrer Willfährigkeit gegenüber Herrschaftssystemen. Es wurde bemängelt, dass die psychiatrische Diagnose, die ein Mensch erhält, sehr davon abhängt, zu welcher Zeit, von wem oder in welcher Einrichtung man gerade diagnostiziert wird. Diagnosen in der Psychiatrie haben daher den schlechten Ruf einer gewissen Beliebigkeit, was mit dem Anspruch einer Wissenschaft unverträglich ist. Das wurde in mehreren kritischen Werken (z.B. Kendell 1978; Rosenhan 1973, Monehan 1973) eindrucksvoll belegt. Dies führte in den 1960er -70er Jahren zu drei großen und kritischen weltweiten Entwicklungen: einerseits der Antipsychiatrie, die die Psychiatrie gänzlich abschaffen wollte, und andererseits einer weltweiten Psychiatriereformbewegung mit zwei Schwerpunkten: Humanisierung der psychiatrischen Anstalten und der Entwicklung von objektiveren, genaueren und zutreffenderen, Wissenschaftsansprüchen mehr genügenden Methoden der Klassifikation und Diagnose (Feighner-Kriterien). Dahinter steckt die einfache klare und nachvollziehbare Überlegung: Wie will man kontrolliert behandeln und forschen, wenn gar nicht klar ist, was da eigentlich behandelt und erforscht werden soll und jeder etwas anderes meint? Die Topeka-Tragödie des betrunkenen dänischen Matrosen, der für 20 Jahre in der Psychiatrie verschwand, weil man sein dänisch für "schizophrenen Wortsalat" hielt spricht für sich. Der Rosenhan-Versuch ergab, dass Diagnosen fast 100%ig objektiv und reliabel, aber zu 0% valide sein können. D.h. alle BeurteilerInnen gelangen zum fast gleichen Ergebnis von dem von Anfang an klar war - so war der Versuch aufgebaut - dass es falsch ist. Einige Belege zur Unzuverlässigkeit und Problematik psychiatrischer Diagnosen Henning Saß in Jäger & Petermann (1992), Die Krise der psychiatrischen Diagnostik S. 19f "Die Krise begann Ende der 30er Jahre in den USA. Dort wurde aus verschiedenen Studien entnommen, daß drastische Häufigkeitsunterschiede insbesondere bei der Diagnose „Schizophrenie" zwischen verschiedenen Kliniken und Regionen bestehen (vgl. Kendell, 1978). Eine sozialpsychologische Kritik an solchen Auswirkungen der psychiatrischen Diagnostik ging von der Theorie abweichenden Verhaltens und dem sog. Labelling Approach (vgl. Kap. 10.2) aus. Diese Positionen beinhalten, daß Verhaltensweisen sanktioniert werden, die als störend oder abweichend angesehen werden, wenn sie nicht mit sozialen Konventionen übereinstimmen. Eine solche Sanktion wäre die psychiatrische Behandlung, die in der Folge einer gestellten Diagnose zur Anwendung kommt. Diese Kritik geht einher mit der Aussage von Rosenhan (1973). daß diejenigen Personen, die innerhalb eines bestimmten Krankheitsmodells denken, nahezu jedes Verhalten als krankhaft interpretieren können. Der Autor stützt seine Aussagen auf eigene empirische Untersuchungen: Er hatte nämlich über einen Zeitraum von drei Jahren die Einweisung einer Reihe von gesunden Personen in verschiedene [>20] psychiatrische Kliniken veranlaßt. Jeder „Patient" sollte bei seiner Aufnahme in die Klinik darüber klagen, daß er Stimmen höre, die „leer", „hohl" und „bums" sagten. Alle Pseudopatienten wurden als psychotisch diagnostiziert. In elf Fällen lautete die Diagnose „Schizophrenie" und in einem Fall „manisch-depressive Psychose". Schließlich war in der Psychiatrie eine Verbesserung der Zuverlässigkeit der Diagnostik notwendig geworden, als mit der Einführung der Elektrokrampftherapie und der Psychopharmaka (vgl. Kap. 10.5) wirksame Behandlungsmethoden aufkamen. Sie erforderten eine differentielle Indikationsstellung. Daher wandte sich die Psychiatrie zunehmend methodischen Fragen zu. Sie entlehnte das dazugehörige Rüstzeug weitgehend der Psychologie. Die Psychiatrie überwand damit die Tendenz zur Relativierung der psychiatrischen Diagnose, wie sie mit der antipsychiatrischen Ettikettierungstheorie (s. Labelling Approach) sowie dem KontinuumModell psychischer Störungen in der Psychoanalyse verbunden war. Das Kontinuum-Modell geht von einem allmählichen Übergang von Krankheit zu Gesundheit aus und erschwert damit eine Festlegung auf die Diagnose „gesund" oder „krank". Inzwischen hat sich der Schwerpunkt des Interesses von Fragen der Reliabilität des Urteils und damit der Diagnostik (s. Kap. 9.2) auf die Validierung verlagert, wobei die Psychiatrie einen etwas anderen Validitätsbegriff als die Psychologie entwickelte. Die klinische Validierung im Sinne von Robins & Guze (1970) sowie Akiskal (1980) strebt eine Überprüfung der psychiatrischen Klassifizierung durch externe validierende Kriterien an, z. B. durch biochemische, neurophysiologischc, pharmakologische und genetische Daten oder Verlaufsergebnisse." Diagnosen in der Psychiatrie nach Klaus Dörner (1981) S. 139ff: "Es ist noch nicht lange her, seit die Psychiatrie schüchtern angefangen hat, ihre mühsam errrungene Wissenschaftlichkeit selbst der wissenschaftlichen Untersuchung auszusetzen, sich selbst infragezustellen, was eigentlich die Voraussetzung jeder Wissenschaft und vor allem jedes Fortschritts einer Wissenschaft ist. So ist es auch nicht zu verwundern, daß es erst seit etwa 2 Jahrzehnten Untersuchungen darüber gibt, was es eigentlich mit der [>140] Einrichtung »Diagnose« in
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der Psychiatrie auf sich hat, was eigentlich damit gemessen wird, wie weit die Ergebnisse vergleichbar und übertragbar sind, welche Réhabilitât den Diagnosen zuzuschreiben ist, wofür sie brauchbar sind. FN1 So hatten nach Schmidt und Fonda die Psychiater eines Krankenhauses 426 Patienten in 11 diagnostische Kategorien einzuordnen, erreichten aber nur in 55% Ubereinstimmung. Sie war verständlicherweise am größten bei den organisch bedingten Zuständen (74%), schlechter bei den Psychosen (47%), am schwächsten bei den Neurosen (24%). Beck ließ Patienten jeweils von 2 erfahrenen Psychiatern diagnostizieren. Obwohl nur 6 mögliche Diagnosen zur Auswahl vorgegeben waren, lag die Übereinstimmung bei 50%. Ward et al. untersuchten die Ursachen für die mangelhafte Ubereinstimmung der Beck'schen Untersuchung: in 5% der Fälle lag es an der Inkonsistenz der Patienten (sie stellten sich dem jeweiligen Diagnostiker unterschiedlich dar); 32,5% betraf die Diagnostiker-Inkonsistenz (unterschiedliche Interview-Technik bzw. Daten-Interpretation); in 62,5% der Fälle war die Ursache die Inadäquatheit der 6 diagnostischen Kategorien. Selbst bei der einfachen alternativen Entscheidung schizophren oder nicht, finden verschiedene Untersucher 10-40% Übereinstimmungsmangel. Vor einigen Jahren lag das Verhältnis schizophren: manisch-depressiv an der Hamburger Klinik 10 : 90, an der Heidelberger Klinik jedoch 70 : 30. Wir alle kennen Patienten, denen zur selben Zeit von 5 Psychiatern 5 verschiedene Diagnosen zugesprochen werden, oder Krankengeschichten bzw. Begutachtungsakten, die im Lauf der Zeit das ganze Diagnosenschema durchlaufen. Neben einer solchen UnZuverlässigkeit der Diagnosen, die das Reden von einer gemeinsamen Fachsprache lächerlich macht, schon weil 5 Psychiater aus 5 verschiedenen Schulen ganz unterschiedliche Dinge wahrnehmen und andere ignorieren, ist die mangelhafte Beziehung zwischen Symptom-Beschreibung und Diagnose zu erwähnen. Lehrbuch und klinischer Alltag haben wenig miteinander zu tun. Zigler und Phillips haben Diagnosen und Symptome in 793 Krankengeschichten verglichen. Sie fanden, daß Symptomhäufigkeiten bei Diagnosen auftreten, für die das eigentlich nicht vorgesehen ist; daß Patienten gute Chancen haben, eine Diagnose zu bekommen, ohne die zugehörigen Symptome zu bieten; daß bezogen auf die Gesamtpopulation auch die wesentlichen Symptome wenig häufig auftreten, teils nicht häufiger als in der »normalen« Population; und daß die Symptome sich diagnostisch in großem Ausmaß überlappen. Während die Lehrbücher vorschreiben, daß neurotische Störungen oft, Persönlichkeitsstörungen selten subjektive Angst haben, fanden Ullmann und Hunrichs in Wirklichkeit eher das Gegenteil. Andererseits wird zwar behauptet, daß die [>141] Verhaltensbeschreibung diagnostisch neutral sei, doch wissen alle, daß z. B. mit »läppisch« hebephren und mit »ideenflüchtig« manisch gemeint ist. Problematisch bleibt auch, daß die meisten Diagnosen ideal-typisch konstruiert sind, d. h. nach den seltenen reinen Fällen, den »Lehrbuchfällen«. Uber diese sagen sie viel aus, über die große Mehrheit der anderen, die eigentlich die Wirklichkeit ausmachen, wenig. Diagnosen sagen weiterhin meist nichts über den Ausprägungsgrad der Symptome aus, nichts über den Kontext, in dem das symptomatische Verhalten entsteht, nichts über die große oder geringe Bedeutung der Störung für das Leben des Individuums, nichts über die Funktionsbereiche, die von der Störung nicht betroffen sind und - nur wenig über die Möglichkeiten therapeutischen Vorgehens. Bannister et al. untersuchten an 1000 Patienten die Beziehung zwischen Diagnose und Therapie. Sie fanden, daß je nach der Zahl der diagnostischen Kategorien die Diagnosen nur in 18 bis 33 % der Fälle richtige Voraussagen auf die Wahl der geeigneten Therapie erlaubten. Sie schlossen daraus, daß offenbar andere Faktoren wichtiger für die Therapie sind als die Diagnose. Angesichts der UnZuverlässigkeit und Inkonsistenz der psychiatrischen Diagnostik, der unzureichenden Beziehung zwischen Diagnose und Symptomatik bzw. Therapie (zu schweigen von der Beziehung zu den Ursachen, zur Ätiologie), sind wir in unserem Überlegungen an den Punkt gekommen, an dem zu sagen ist, daß unter wissenschaftlichen Kriterien die ganze Einrichtung der psychiatrischen Diagnostik nach dem Modell der Körpermedizin fragwürdig geworden ist und ihrem eigenen Anspruch, Ordnung und Handlungsanweisungen zu vermitteln, nicht gerecht wird. Die gesamte Forschung, die auf den Fiktionen der psychiatrischen Diagnostik basiert, ist entweder überflüssig oder in ihrem Aussagewert erheblich eingeschränkt. Die Ausbildung hätte sich ebenfalls nach anderen Kriterien umzusehen als denen der Diagnostik." Monahan-Studie "Bereits die Monahan-Studie aus dem Jahre 1973 stellte fest, dass zwischen 65% und 95% aller Personen, die von Psychiatern als gefährlich eingestuft wurden, dies in Wirklichkeit nicht sind. Studien in den 70er, 80er und 90er Jahren an Psychiatriepatienten lieferten Erkenntnisse, die schockierend sind: Eine Studie an 131 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Patienten des Psychiatric Center in New York ergab 1985, dass schätzungsweise 75% aller Patienten bei der Einlieferung ins Zentrum fehldiagnostiziert wurden." [G&M 20.11.2008] Rosenhan-Versuch (1973) "Rosenhan (1973) ließ zwölf freiwillige Versuchspersonen ohne jegliche psychische Störungen in verschiedene psychiatrische Kliniken einweisen. Bei der Aufnahme sollten die Pseudopatienten lediglich ein Symptom berichten, ansonsten jedoch völlig zutreffende Angaben über sich und ihre Lebensumstände machen. Als Symptom wählte der Autor ein Verhalten aus, das noch nie in der Fachliteratur beschrieben worden war: Die Versuchspersonen sollten angeben, sie hörten Stimmen, die (in deutscher Übersetzung) "leer", "hohl" und "bums" sagten. Unmittelbar nach der Aufnahme berichteten die "Patienten" nicht mehr von diesem Symptom und verhielten sich auch ansonsten völlig normal. Trotzdem wurden alle Patienten als psychotisch diagnostiziert (elfmal als schizophren, einmal als manisch-depressiv). Es lag also ein außerordentlich hohes Ausmaß an diagnostischer Übereinstimmung vor. Dennoch waren alle Diagnosen falsch, sie besaßen also keine Validität." Quelle (S. 7): Margraf, J. (1994) Mini-DIPS. Diagnostisches Kurz-Interview bei psychischen Störungen. Berlin: Springer.
Topeka Skandal (1950/60er Jahre) Günter Ammon (1979, I.) berichtet in der Einleitung S. 1f: " Wenige Jahre bevor ich nach Topeka kam, war das dortige State-Hospital noch eine mittelalterliche Verwahranstalt. Niemand fühlte sich für das, was dort geschah, verantwortlich. Es gab dort außer einem Superintendenten, der die Funktion des ärztlichen Direktors hatte, zwei Abteilungsärzte, von denen einer Alkoholiker und der andere kein Psychiater war. Dazu kamen zwei Krankenschwestern und eine Anzahl unausgebildeter grobschlächtiger Pfleger. Ein Journalist, der sich als Patient in die Anstalt eingeschmuggelt hatte, berichtete in der Presse über die unmenschlichen Zustände in der Klinik und meldete diese den Behörden. Die staatlichen Instanzen konnten nicht mehr länger an den bislang totgeschwiegenen Mißständen vorbeigehen. Bei der öffentlichen Untersuchung stellte sich heraus, daß über die Hälfte der Patienten längst hätte entlassen werden können. So wurde dort [>2] zum Beispiel ein dänischer Matrose gefunden, der vor zwanzig Jahren betrunken aufgegriffen worden und dann in der Klinik festgehalten worden war, weil man seine dänische Sprache für »schizophrenen Wortsalat« hielt. Je mehr er tobte, um so mehr galt dies als ein Beweis für seine angebliche schizophrene Erkrankung. In dieser Anstalt waren noch Zwangsjacken in Gebrauch, im Keller befanden sich Anschnallstühle und Ketten." Schlechte Ärzte ?- Fehldiagnosen bei Psychiatern liegen bei 45 %. November 20th, 2008 - 03:45 in: Gesundheit & Medizin [G&M 20.11.2008] "Wegen Fehldiagnose: Mädchen 6 Jahre in der Psychiatrie Weil die Diagnose Schizophrenie lautete, wurde eine damals 15-Jährige in die Psychiatrie eingewiesen. Dort verbrachte sie die nächsten sechs Jahre ihres Lebens. Innerhalb dieser sechs Jahre hatte sie zwar auch die Klinik gewechselt, allerdings habe es nie eine neue Untersuchung oder Diagnose gegeben...." [paradisi 18.2.2008] Diagnose-Hilfen Checklisten, Kriterien, Definitionen, Beschreibungen Eine der Folgen der Krise der Fehldiagnosen in der Psychiatrie war, dass man sich verstärkt daran machte, mit Hilfe mit Kriterien, Checklisten, Definitionen, Beschreibungen und Charakterisierungen dem Fehl- und Willkür-Diagnosenproblem beizukommen. Leider ist man hier nicht tief und konsequent genug vorgegangen, so dass noch einiges zu tun bleibt, vor allem an der Basis, den Daten des Erlebens und Verhaltens und ihrer Beziehung zu den Symptomen. Die Grundaufgabe der Diagnostik ist die Erfassung für bedeutsam erachteter Daten der verschiedenen Ebenen, ihre Absicherung und Dokumentation. Für die Standardaufgaben der Diagnostik sollten die Checklisten, Kriterien, Definitionen, Beschreibungen und Charakterisierungen eine Hilfe sein (z.B.: AMDP, CPRS, ICD-10, IMPS, PSE, SCL-90-R, ). 1. Ebene Basisdaten: Daten des Erlebens, Daten des Verhaltens, Körperdaten "Um so wichtiger ist, sich stets darüber im Klaren zu sein, was eigentlich bei der deskriptiven Vorgehensweise „beschrieben“ wird, also etwa das äußerlich erkennbare Verhalten des Patienten, seine eigenen Angaben über das aktuelle Erleben, Annahmen über das aktuelle subjektive Erleben des Patienten, die der Untersucher aufgrund bestimmter Wahrnehmungen und Wertungen macht, obwohl der Patient selbst sich dazu vielleicht ganz anders oder gar nicht erklärt, oder schließlich Angaben Dritter über das Verhalten und Erleben des Patienten (Jaspers 1946)." [Hoff & Sass, HBFP, Bd. 2, S. 18] Anmerkung: Je unbestimmter, unklarer und damit unsicherer die Daten des Erlebens, Verhaltens und die Körperdaten sind, desto unsicherer ist natürlich der folgende Überbau: 2. Ebene: Symptome (Bedeutung für Syndrome oder Störungen) 3. Ebene: Syndrome (Ansammlung von Symptomen) 4. Ebene Befunde (Gesamtschau aller für die Beweisfragen wichtiger Feststellungen) 5. Ebene: Erkrankungen oder Störungen von Krankheitswert 6. Ebene: Folgen oder Auswirkungen der Befunde auf Beweisfragensachverhalte
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Die folgende falsche Ansicht bezüglich der kleinsten Bausteine erklärt, weshalb die psychiatrischen Diagnosen leider immer noch auf sehr sumpfigen Boden stehen: "»Psychopathologische Symptome (griech.: ... = Eigentümlichkeit) stellen als diagnostische Bausteine die kleinsten phänomenologisch zu unterscheidenden und operationalisierbaren Störungseinheiten dar, die sprachlich gekennzeichnet werden können.« (Payk 2002, S. 44). SQ: Schneider et al. (2010). Exkurs Kritik amerikanischer Fehlentwicklungen: der DSM-5 Kritisch merkten Hoff & Sass (2010) im HBFP, Bd. 2, an, S. 24: "Vor allem, aber keineswegs nur von juristischer Seite (Blau 1989) ist kritisch darauf hingewiesen worden, dass die operationalen Diagnosesysteme eine starke Erweiterung des Kataloges psychischer Störungen hervorgerufen haben; so etwa enthält das DSM-IV ca. 1000 Einzelkriterien für 395 psychiatrische Diagnosen. Es wird eine „Psychiatrisierung des Alltags“ befürchtet, etwa dergestalt, dass auch leichte und noch dem normalpsychologischen Bereich zuzuordnende Stimmungsschwankungen bereits mit einer psychiatrischen Diagnose versehen werden." DSM-5 Diese Befürchtung ist nun mit dem DSM-5 in einem unerträglichen Maße eingetreten. Damit haben die Amerikaner aufgrund des Drucks der Pharma- und Psychiatrisierungsindustrie das Feld der Wissenschaft verlassen und es ist nur zu hoffen, das der ICD-11 nicht auch diesen Irrweg geht.
II. Teil 1 Die forensisch-psychopathologische Diagnose im Recht und Kommentaren Im Zusammenhang mit dem Rechtsbegriff der Schuldfähigkeit habe ich BGH-Entscheidungen von 2000-2013 (Belege a.a.O.) ausgewertet. Zusammenfassend ergab sich folgendes: "Diagnosen oder Feststellungen von psychischen Störungen genügen nicht, um die Voraussetzungen für Schuldunfähigkeit zu begründen. Es müssen konkrete, nachvollziehbare und ausführliche Darlegungen erfolgen, zu welchen Eingangsmerkmalen des § 20 StGB die einzelnen Störungen gehören und wie sie sich auf die einzelnen Handlungen bei Begehung der Tat(en) auswirken (wie es der § 20 auch treffend formuliert: "Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften ... "). Dies ist auch schon deshalb notwendig, damit sich das Gericht ein eigenes Bild und Urteil bilden kann, wozu es auch verpflichtet ist. Daher darf das Gericht ein Sachverständigengutachten nicht einfach übernehmen, vielmehr muss es das Gutachten kritisch prüfen und kontrollieren. Das geht natürlich nur, wenn das Gutachten in klarem Deutsch vorliegt und sein Vorgehen übersichtlich deutlich macht und angemessen begründet. Die Diagnosen, die den Eingangsmerkmalen zugeordnet werden, müssen sicher sein und dürfen nicht als Vermutungen, Möglichkeiten, hypothetische Erwägungen bzw. durch oder verknüpfte Alternativen formuliert sein. Bei Persönlichkeitsstörungen ist zudem eine Gesamtschau und umfassende Betrachtung (Lebensverlauf, Persönlichkeit, Verhalten vor der Tat, bei der Tat und nach der Tat) erforderlich. Die näheren Umstände der Tat sind stets beachtlich, aufzuklären und ausreichend zu erörtern. Im einzelnen ist dazulegen, wie die Störung sich bei der Tat auf Einsicht und Steuerung auswirkte. Liegt erhebliche Verminderung der Einsichtsfähigkeit vor, ist genau zu klären, ob sich daraus ergibt, dass die Einsicht in das Unrecht der Tat fehlte, nur dann wäre Unterbringung veranlasst." Im folgenden gebe ich daher nur zwei besonders wichtige Beschlüsse zu den Anforderungen an ein psychiatrisches Gutachten und einige, von der obigen Quelle nicht erfasste, Entscheidungen wieder. Nachvollziehbarkeit, Transparenz, Weg angeben BGH, Urteil vom 21. 1. 2004 - 1 StR 346/03 (LG Stuttgart), NJW 2004, 1810 "cc) ... Bei der forensischen Begutachtung hat sich der Sachverständige methodischer Mittel zu bedienen, die dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht werden. ... In seinem Gutachten hat er nach den Geboten der Nachvollziehbarkeit und der Transparenz für alle Verfahrensbeteiligten nach Möglichkeit darzulegen, auf Grund welcher Anknüpfungstatsachen und auf welchem Weg er zu den von ihm gefundenen Ergebnissen gelangt ist (vgl. BGHSt 44, BGHST Jahr 44 Seite 26 [BGHST Jahr 44 Seite 33] = NJW 1998, NJW Jahr 1998 Seite 2458 = NStZ 1998, NSTZ Jahr 1998 Seite 422; BGHSt 45, BGHST Jahr 45 Seite 164 [BGHST Jahr 45 Seite 169] = NJW 1999, NJW Jahr 1999 Seite 2746 = NStZ 2000, NSTZ Jahr 2000 Seite 100; st. Rspr.). BGH Anforderungen an ein psychiatrisches Gutachten u.a. Diagnosesicherheit und Verwerfung von "Oder-Diagnosen" bei den Eingangsmerkmalen Beschluß vom 12.11.2004 - 2 StR 367/04 (LG Koblenz), in: BGH: Anforderungen an ein psychiatrisches Sachverständigengutachten NStZ 2005, 205. Randnummer 2 a) Aus den Gründen des BGH-Beschlusses: “Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann für die Anwendung der §§ STGB § 20, STGB § 21 StGB regelmäßig nicht offen bleiben, welche der Eingangsvoraussetzungen des § STGB § 20 StGB vorliegt. Das gilt gleichermaßen für die Anordnung des § STGB § 63 StGB (vgl. BGH NStZ-RR 2003, NSTZ-RR Jahr 2003 Seite 232; StraFo 2003, 282; Beschl. v. 21. 9. 2004 - 3 StR 333/04), denn dieser setzt einen länger dauernden psychischen Defektzustand des Betr. voraus, auf welchem dessen Gefährlichkeit beruht (vgl. etwa BGHSt 34, BGHST Jahr 34 Seite 24, BGHST Jahr 34 Seite 28; 42, BGHST Jahr 42 Seite 385, BGHST Jahr 42 Seite 388; BGH NStZ 1991, NSTZ Jahr 1991 Seite 528; NStZ-RR 1997, NSTZ-RR Jahr 1997 Seite 166; 2000, NSTZ-RR Jahr 2000 Seite 298; LK-Hanack 11. Aufl., § 63 Rn 66; Tröndle/Fischer 52. Aufl., § 63 Rn 6f., 12 - jew. mwN). Selbst wenn im Einzelfall die Grenzen zwischen diagnostischen Zuordnungen nach einem der gängigen Klassifikationssysteme fließend und die Einordnung unter eines der Eingangsmerkmale des § STGB § 20 StGB schwierig sein mögen, weil z.B. mehrere Merkmale gleichzeitig vorliegen oder keines in „reiner” Form gegeben ist, ist das Tatgericht gehalten, zum einen konkrete Feststellungen zu den handlungsleitenden Auswirkungen der Störung zum Zeitpunkt der Tat (vgl. § STGB § 20 StGB) zu treffen und zum anderen auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung von Persönlichkeit, Lebensgeschichte, Lebensumständen und Verhalten des Angekl. und der Anlasstat in nachprüfbarer Weise darzulegen, worin der [<205] „Zustand” des Beschuldigten besteht und welche seiner Auswirkungen die Anordnung der gravierenden, unter Umständen lebenslangen Maßregel nach § STGB § 63 StGB gebieten. Die bloße Angabe einer Diagnose im Sinne eines der Klassifikationssysteme ICD-10 oder DSM-IV ersetzt weder die Feststellung eines der Merkmale des § STGB § 20 StGB noch belegt sie für sich schon das Vorliegen eines Zustands i.S.d. § STGB § 63 StGB (vgl. BGH Beschl. v. 21. 9. 2004 - 3 StR 333/04 mwN).“ Dies wird in Randnummer 9 bekräftigt. Überdies Randnummer 11 ee) Feststellung und Begründung der Diagnose einer Störung belegen nicht deren strafrechtliche Relevanz." BGH zum Thema: Zufallsbefunde, Befunderhebungsfehler und Diagnoseirrtum Urteil vom 21.12.2010 - VI ZR 284/09 - . In den Leitsätzen wird ausgeführt: "BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1 Aa, ZPO § 286 B 1. Den Arzt verpflichten auch die Ergebnisse solcher Untersuchungen zur Einhaltung der berufsspezifischen Sorgfalt, die medizinisch nicht geboten waren, aber trotzdem - beispielsweise aus besonderer Vorsicht - veranlasst wurden. 2. Der für die Auswertung eines Befundes im konkreten Fall medizinisch verantwortliche Arzt hat all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen muss. Vor in diesem Sinne für ihn erkennbaren "Zufallsbefunden" darf er nicht die Augen verschließen. 3. Zur Abgrenzung des Befunderhebungsfehlers vom Diagnoseirrtum. Befunderhebungsfehler und Diagnoseirrtum Rn 13: "Ein Befunderhebungsfehler ist gegeben, wenn die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen wird. Im Unterschied dazu liegt ein Diagnoseirrtum vor, wenn der Arzt erhobene oder sonst vorliegende Befunde falsch interpretiert und deshalb nicht die aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs gebotenen - therapeutischen oder diagnostischen - Maßnahmen ergreift (vgl. Senatsurteile vom 10. November 1987 - VI ZR 39/87, VersR 1988, 293, 294; vom 23. März 1993 - VI ZR 26/92, VersR 1993, 836, 838; vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 205/93, VersR 1995, 46; vom 8. Juli 2003 - VI ZR 304/02, aaO, S. 1256 f. und vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06, VersR 2008, 644 Rn . 7)." BGH zum Problem neuer Tatsachen und psychiatrischer Diagnosen Beschluss vom 22. Februar 2006 - 5 StR 585/05 -, hieraus: "aa) Als „neue Tatsachen“ im Sinne der Rechtsprechung zu § 66b Abs. 1 und Abs. 2 StGB kommen deshalb nur solche in Betracht, die aus Sicht des Gerichts schon für sich gesehen von besonderem prognoserelevanten Gewicht sind (BGH StV 2006, 67, 71) und in symptomatischem Zusammenhang mit der Anlassverurteilung stehen (vgl. BGH StV 2006, 66, 67). Besondere Vorsicht ist bei der Bewertung von Vollzugsverhalten geboten, weil die besonderen Bedingungen langjähriger Unterbringung in geschlossenem Freiheitsentzug für Rückschlüsse auf die allgemeine Gefährlichkeit nur bedingt geeignet erscheinen (vgl. BGH StV 2006, 67, 71; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 – 4 StR 485/05). bb) Beachtlich sind nach dem Wortlaut von § 66b Abs. 1 und Abs. 2 StGB nur solche Tatsachen, die vor Ende des Vollzugs „erkennbar“ geworden sind. Umstände, die schon für den früheren Tatrichter erkennbar waren, die er aber nicht erkannt hat, scheiden als neue Tatsachen aus (BGH NStZ 2005, 561, 562 m. Anm.
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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Ullenbruch; BGH NStZ 2005, 684, 686). In diesem Sinne „erkennbar“ sind auch so lche Umstände, die ein Tatrichter nach Maßstab des § 244 Abs. 2 StPO für die Frage der Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel hätte auf klären müssen (BGH StV 2006, 66). Die bloße neue (abweichende) Bewertung von bereits bei der Anlassverurteilung bekannten oder erkennbaren Tatsachen – insbesondere eine abweichende psychiatrische Diagnose auf bekannter Tatsachengrundlage – stellt keine „neue“ Tatsache dar (vgl. BGH NStZ 2005, 684, 686; BGH StV 2006, 66, 67; BGH, Urteile vom 19. Januar 2006 – 4 StR 222/05 sowie 393/05; Tröndle/Fischer aaO § 66b Rdn. 14). Rechtsfehler, die durch mangelnde Aufklärung oder infolge Nichtberücksichtigung bereits bekannter oder erkennbarer Tatsachen entstanden sind, dürfen nicht durch die nachträgliche -Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung korrigiert werden (BGH NStZ 2005, 561, 562; 684, 686; StV 2006, 66, 67). cc) Entscheidender Zeitpunkt für die Frage der Neuheit derartiger Tatsachen ist nicht stets die letzte Tatsachenentscheidung bei der Anlassverurteilung (vgl. BGH NStZ 2005, 684, 686; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 – 4 StR 485/05), sondern bei weiteren Verurteilungen die letzte Tatsachenverhandlung, in der eine Entscheidung über die primäre Anordnung von Sicherungsverwahrung hätte erfolgen können (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 106 m. Anm. Eisenberg StV 2005, 345; a. A. OLG Brandenburg NStZ 2005, 272, 275; Veh NStZ 2005, 307, 309 ff.). „Neu“ im Sinne der Rechtsprechung zu § 66b Abs. 2 StGB können damit nur solche Tatsachen sein, die nach der letzten Möglichkeit, Sicherungsverwahrung anzuordnen, erkennbar wurden. Dies ergibt sich aus Folgendem: ... ..." BGH Psychiatrische Diagnose nicht mit Eingangsmerkmal § 20 StGB gleichzusetzen, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - StR 328/05 Aus 1. "... Die Maßregelanordnung nach § 63 StGB setzt u. a. die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sicher begründet (st. Rspr.; BGH St 34, 22, 26; 42, 385). ..." "... Die im Urteil wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen, es liege keine Pädophilie, sondern eine Störung der Sexualpräferenz vor, lassen bereits daran zweifeln, ob überhaupt ein Störungsbild zutreffend festgestellt worden ist, denn die Pädophilie (ICD 10 F65.4) ist eine von mehreren Störungen der Sexualpräferenz (vgl. Dilling, Mombour, Schmidt [Hrsg.], Internationale Klassifikation psychischer Störungen, 5. Aufl. S. 244 ff.). Es fehlt zudem an einer Beschreibung des Ausprägungsgrades der angenommenen Störung und ihrer Auswirkung auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Angeklagten, so dass der Senat nicht nachvollziehen kann, warum das Landgericht von einer beim Angeklagten vorliegenden schweren ander en seelischen Abartigkeit ausgegangen ist (vgl. BGHSt 49, 45, 52). Zudem lassen die Darlegungen besorgen, es sei der Sachverständige gewesen, der aus einem Störungsbild unmittelbar auf die Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit und von da wiederum unmittelbar auf die Bejahung erheblich eingeschränkter Steuerungsfähigkeit geschlossen hat, und das Landgericht habe die Verteilung der Verantwortlichkeit zwischen dem Sachverständigen und dem Richter verkannt. Die psychiatrische Diagnose eines Störungsbildes ist nicht mit einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB gleichzusetzen. Ob der sachverständige Befund unter ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB zu subsumieren ist, entscheidet nach sachverständiger Beratung der Richter. Gleiches gilt für die sich daran anschließende Frage, ob dadurch die Schuldfähigkeit des Angeklagten erheblich eingeschränkt ist (vgl. Boetticher/ Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57, 58). ..."
DiagF09r Ferndiagnosen sind verboten > Fachliche Beurteilung DiagF09f, Beispiele DiagF09b. Auch sog. Aktengutachten können als Ferndiagnosen angesehen werden, weil sie nicht auf persönlicher Untersuchung und Exploration beruhen (> Zum Okkultismus in der forensischen Psychiatrie) § 48 Die Diagnosestellung Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage 2010 (fett-kursiv RS) "Randnummer 3 Da die Diagnosestellung die wichtigste Voraussetzung für eine sachgemäße Behandlung oder Operation ist, darf sie nur auf Grund einer sorgfältigen persönlichen Untersuchung und auf Grund einer eingehenden Anamnese erfolgen. zur Fussnote [5] Erscheint eine Diagnose auf Grund des klinischen Befundes gesichert und weisen die Symptome auf eine bestimmte Erkrankung zwingend hin, so hat der Arzt nicht noch weitere diagnostische Maßnahmen zu veranlassen. II. Verbot der Ferndiagnose Randnummer 5 Ebenso wie eine Fernbehandlung ist die Ferndiagnose unzulässig. FN1 Das schließt nicht aus, dass der Arzt in Notfällen und telefonischer oder telematischer Information berechtigt ist, bis zu seinem Eintreffen einstweilige Maßnahmen anzuordnen.FN2 FN1 Vgl Kern MedR 495; Kroha, 28; BGH VersR 1959, 589; 1961, 1039; 1971, 1123; 1975, 283; BGH DMW 1983, 1571; OLG Hamm VersR 1980, 291. zurück zum Text FN2 Vgl E Schmidt, Die Besuchspflicht des Arztes, DMW 1955, 1216; Weißauer, Anästhesiologische Informationen, 1974, 126; Kern MedR 497. "
Begriff der Differentialdiagnose im Arztrecht § 48 Die Differentialdiagnose Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage 2010 nach beck-online. "Randnummer 10 Differentialdiagnose bedeutet wörtlich die Unterscheidung oder Erkenntnis des Unterscheidbaren. Bevor die Diagnose auf eine bestimmte Krankheit festgelegt wird, sind andere Krankheiten und Syndrome zu vergleichen und auszuschließen. Demgegenüber steht die nosologische Methode, dh die systematische Aufzählung aller mit einer bestimmten Krankheit verbundenen Erscheinungen. Die kausale Diagnose umfasst die Ätiologie, dh den eigentlichen und tieferen Grund der Störung, und die Pathogenese, dh den Entstehungsmechanismus. Nur die kausale Diagnose ermöglicht zugleich auch eine kausale Therapie. Begrifflich zu unterscheiden sind ferner die vorläufige Diagnose (Verdachtsdiagnose/Arbeitsdiagnose) FN1 nach der ersten Untersuchung, die Gruppendiagnose als Auswahl verschiedener Möglichkeiten und die endgültige Diagnose. FN2 FN1 Steffen/Pauge RdNr 155; Geiß/Greiner RdNr B 55. Im Therapieversuch eines praktizierenden Orthopäden mit geringen Dosen von Kortisonpräparaten bei medizinisch vertretbarer Verdachtsdiagnose auf chronische Polyarthritis ist auch dann kein Behandlungsfehler zu sehen, wenn der Arzt noch nicht alle diagnostischen Mittel ausgeschöpft hatte. Vgl OLG Celle VersR 1989, 806. FN2 Groß, in: Eser/Lutterotti/Sporken, Sp 261, empfiehlt, die vorläufige Diagnose zur Selbstkontrolle für die weiteren Untersuchungen und als Hilfe für etwaige andere Ärzte schriftlich niederzulegen."
2 Einige Fachmeinungen zu Diagnosemethoden und Diagnosefehlern in der Medizin, Psychologie, Psychopathologie, Psychiatrie und in der Forensik mit Exkursen zur Klassifikation der Kritik, zur radikalen Kritik der Antipsychiatrie, zur Realität des Psychischen und der zwei Welten und zur Wissenschaftstheorie: nomothetisch und idiographisch, erklären und verstehen in den Psychowissenschaften. 2.1 Exkurs: Hintergrund und Situation zur Lage und Kritik der Psychiatrie Die Psychiatrie hat es mit Ausnahme- und Grenzsituationen zu tun; oft mit Menschen, die ihre Selbstlenkungsfähigkeit entscheidend eingebüßt haben, die von ihren Angehörigen nicht mehr getragen werden können; die Symptome und Verhaltensweisen produzieren, die unverständlich, unberechenbar und unbeeinflußbar erscheinen und von daher auch nicht selten Angst, Hilflosigkeit, Wut und Ablehnung hervorrufen. So gesehen wundert sich wohl niemand, dass außergewöhnliche Ausnahme- und Grenzsituationen auch außergewöhnliche Reaktionen, Verfahrens- und Behandlungsweisen mit sich bringen können. Und deshalb hat die Psychiatrie auch gute Chancen, so lange sie existiert, im Brennpunkt vielfältiger Kritik zu stehen. Das Ringen um angemessene Behandlungsweisen wird womöglich eine immerwährende Aufgabe bleiben. Wo immer Menschen große Macht über andere Menschen haben - z.B. in Heimen, Erziehungsstätten, Gefängnissen, Krankenhäusern, Gefangenenlagern und in besonders von Abhängigkeit bedrohten Verhältnissen (z.B. tiefenregressiven Psychotherapien, interessegeleiteten Begutachtungssituationen) - ist eine besondere, unabhängige Kontrolle notwendig. Das gilt auch für die Psychiatrie. Wir alle sind gefährdet, ob als potentielle TäterInnen oder Opfer, weil keiner über den Verhältnissen steht und kaum einer gegen alle Versuchungen gefeit ist. Kritik an und Kontrolle der Psychiatrie, wie an anderen Einrichtungen mit entsprechender Macht über
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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Menschen, ist nicht nur erlaubt, sondern wichtig, ja notwendig, wobei aber natürlich auch die Kritik selbst keine heilige Kuh und ihrerseits kritikwürdig ist. 2.1.1 Klassifikation der Kritik [Quelle] Die Kritik an der Psychiatrie möchte ich wie folgt unterscheiden: K1: Psychische Störungen mit Krankheitswert werden überhaupt geleugnet (Antipsychiatrie, Szasz) K2: Spezielle Bedeutungen psychischer Störungen werden geleugnet und bekämpft (z.B. mangelnde Geschäftsfähigkeit bei massiv maniformen Störungen) K3: Eine spezielle Ätiologie psychischer Störungen wird geleugnet und bekämpft (z.B. die genetische Veranlagung bei Schizophrenie und manisch-depressiven Störungen), z.B. Szasz K4: die Notwendigkeit, Nützlichkeit oder Angemessenheit spezieller Behandlungsformen wird geleugnet und bekämpft, z.B. die Elektroschocktherapie (EKT), Zwangsmaßnahmen (z.B. Unterbringung, Zwangsbehandlung, ruhigstellende Behandlung, Fixieren) K5: Umgangsformen mit den Kranken werden kritisiert. "Kranke" werden autoritär, von oben herab, wie Objekte behandelt. Es gibt keinerlei subjektwissenschaftliche Anbindung, wonach der Patient als gleichwertiger Forschungspartner angesehen wird. K6: Sprache und Worte in der Beschreibung der Störungen und Kranken werden als stigmatisierend und entwertend kritisiert K7: mangelnde, unangemessene Rehabilitationsmaßnahmen werden kritisiert K8: mangelnde soziale Absicherung wird kritisiert, z.B. hat in Deutschland nur Anspruch auf (auch befristete) Berufsunfähigkeit, wer wenigstens 60 Monate Rentenpflichtversicherungsbeiträge entrichtet hat, was nicht wenige im heranwachsenden Alter an Schizophrenie Erkrankte nicht erfüllen können K9: die Bedeutung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Faktoren wird nicht angemessen in die Entstehung der psychischen Störungen einbezogen K10: Sonstige, bisher nicht erfaßte Kritik an der Psychiatrie Bei allen Kritiken gibt es die Möglichkeit einer jeweils verschärften Variante, indem AnerkennerInnen des geleugneten und bekämpften Sachverhaltes entwertet und teilweise regelrecht niedergemacht, entehrt und beleidigt werden, wenn sie als Unmenschen, VerbrecherInnen, Folterknechte, FaschistInnen etc. beschimpft werden. K1 bedeutet demnach, dass nicht nur psychische Störungen wie z.B. Wahn, Halluzination, Identitätsverlust oder der Verlust der Selbstlenkungsfähigkeit geleugnet und bekämpft werden, sondern die AnerkennerInnen als Unmenschen, VerbrecherInnen, Folterknechte und FaschistInnen beschimpft und beleidigt werden. Diese Methode ist typisch für viele Antipsychiatrischen. 2.1.2 Zur grundlegenden Kritik der Antipsychiatrie In seinem berüchtigten Buch Geisteskrankheit - Ein moderner Mythos faßt Thomas Szasz seine radikalen antipsychiatrischen Thesen zur Psychiatrie in einem Nachtrag vom 1.1.1972 wie folgt zusammen [Quelle S. 195/96], Zusammenfassung (S. 294 f): "Die wichtigsten hier vorgetragenen Argumente und ihre Konsequenzen lassen sich kurz wie folgt summieren: 1. Genau genommen können Krankheiten nur den Körper affizieren; daher kann es keine Geisteskrankheit geben. 2. «Geisteskrankheit» ist eine Metapher. Ein Geist kann nur in dem Sinne «krank» sein wie schwarzer Humor «krank» ist oder die Wirtschaft «krank» ist. 3. Psychiatrische Diagnosen sind stigmatisierende Etiketten; sie sollen an die medizinische Diagnosepraxis erinnern und werden Menschen angehängt, deren Verhalten andere ärgert oder verletzt. 4. Gewöhnlich werden Menschen, die unter ihrem eigenen Verhalten leiden und darüber klagen, als «neurotisch» und jene, unter deren Verhalten andere leiden und über die sich andere beklagen, als «psychotisch» bezeichnet. 5. «Geisteskrankheit» ist nicht etwas, was eine Person hat, sondern etwas, was sie tut oder ist. 6. Wenn es keine «Geisteskrankheit» gibt, kann es keine «Hospitalisierung», «Behandlung» oder «Heilung» von «Geisteskrankheiten» geben. Natürlich können Menschen mit oder ohne Eingreifen des Psychiaters ihr Verhalten oder ihre Persönlichkeit ändern. Solche Eingriffe nennt man heute «Behandlung», und die Veränderung, wenn sie in einer von der Gesellschaft gebilligten Richtung verläuft, heißt «Genesung» oder «Heilung». 7. In die Strafrechtspraxis eingedrungene psychiatrische Vorstellungen - zum Beispiel Antrag auf Unzurechnungsfähigkeit oder verminderte Zurechnungsfähigkeit und entsprechendes Urteil, Gutachten über das seelisch-geistige Unvermögen des Beklagten, einen Prozeß durchzustehen, usw. korrumpieren das Recht und machen die Bürger, derentwegen sie vorgeblich herangezogen werden, zu Opfern. 8. Persönliches Verhalten folgt stets Regeln, ist strategisch und sinnvoll. Interpersonale und soziale Beziehungen können als Spiele betrachtet und analysiert werden, wobei das Verhalten der Spieler von ausdrücklich formulierten oder stillschweigend wirksamen Spielregeln gelenkt wird. 9. Bei den meisten Arten von freiwilliger Psychotherapie versucht der Therapeut den Behandelten die unausgesprochenen Spielregeln, nach denen er sich richtet, zu erläutern und ihm bei der Überprüfung der Ziele und Werte der von ihm praktizierten Lebensspiele zu helfen. 10. Es gibt keine medizinische, moralische oder juristische Rechtfertigung für unerbetene psychiatrische Eingriffe wie «Diagnose», «Hospitalisierung» oder «Behandlung». Sie sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit." Geist wird von Szasz vom Körper getrennt und als etwas Nichtkörperliches angesehen, ein Standpunkt, der in der mittelalterlichen Philosophie und Theologie sehr vertreten wurde und in Descartes' Dualismus-Wahn gipfelt. Mit der dogmatischen Definition, dass Krankheiten nur im Körper vorkommen können und Geist nach Szasz per definitionem nicht zum Körper gehört, gibt es auch keine Geisteskrankheit. Nun gibt es sowieso keine Krankheiten in der Natur. Krankheit ist eine - sozialrechtliche Konstruktion des Menschen: der Mensch definiert bestimmte Zustände als krank. Im Grunde geht es bei dieser Position von Szasz um die Realität des Psychischen, der ich mich nun zuwenden möchte (mehr und detaillierte Kritik an der Position von Szasz finden Sie hier). 2.1.3 Zur Realität des Psychischen und der zwei Welten Die allermeisten Menschen dieser Welt zweifeln nicht daran, dass sie etwas erleben, z.B. wahrnehmen, vorstellen, phantasieren, fühlen, empfinden, gestimmt und verfasst sind, wünschen, wollen, denken, erinnern, planen, entscheiden, entschließen und schließlich auch tun oder lassen, sprechen und ausdrücken. In Frage gestellt wird dies nur von einigen wenigen radikal, mitunter sophistisch eingestellten Skeptikern, Hirnforschern und von der Antipsychiatrie. Ich gehe in dieser Arbeit ebenso von der Realität des Psychischen aus wie von der Tatsache, dass psychisches Erleben zu Recht als gestört, ja als krankhaft beurteilt werden kann. Tun und Lassen ist mitunter deutlich gestört, z.B. bei Impulsivität, Zwang, Sucht, Hörigkeit, Depression, Ich-Störungen bei Schizoprenien (wenn Schübe die Kontrolle übernehmen). Wer das Psychische nicht als Realität anerkennt, mit dem kann man nicht und braucht man auch nicht zu sprechen. Aber gestritten wird unter dem Stichwort Leib-Seele-Problem in der Philosophie und Wissenschaft seit Menschengedenken, welcheRealität dem Psychischen zukommt, was das für eine Realität sein soll. Im wesentlichen wurden hier folgende Standpunkte eingenommen: 1. Monismus oder Identitätstheorie, die Einheit von Körper, Seele und Geist: Körper, Geist und Seele sind nur unterschiedliche Erscheinungsformen des Einen. Alles Seelisch-Geistige sei Chemisch-Physikalisches. 2. Dualistische Wechselwirkungstheorie: beide sind Unterschiedliches, hängen aber zusammen und beeinflussen sich wechselseitig (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper; Psychosomatik). 3. Dualismus oder Psychophysischer Parallelismus: Trennung von Körper, Seele und Geist. Das eine existiert unbeeinflusst vom anderen.
Nach allem, was wir wissenschaftlich wissen, sind Seele und Geist an ein funktionierendes und lebendes Gehirn gebunden. Ebenso gilt, dass z.B. Vorstellungen, Gedanken, Wahrnehmungen, Wünsche den Körper beeinflussen, wobei man Vorstellungen, Gedanken, Wahrnehmungen, Wünsche auch - bei identitätstheoretischem Ansatz - als Körpervorgänge ansehen kann. Für die praktische Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie ist es unerheblich, ob man 1 oder 2 annimmt. Nur 3, das mit vielen empirischen Ergebnissen (z.B. Erlebens- und Verhaltenserfahrung, Placebo- und Hypnose-Effekte) in Widerspruch stehende Postulat der Unabhängigkeit von Körper, Geist und Seele, würfe eine Reihe schwieriger und kaum zu lösender Probleme auf. Manchmal wird von identitätsorientierten Antipsychiatrischen argumentiert, psychische oder geistige Krankheiten könne es nicht geben, weil sich (bislang) keine Materialisation von diesen im Körperlichen finden lasse. Das ist selbstwidersprüchlich und unlogisch zu den eigenen Grundannahmen. Wenn alles Seelisch-Geistige Chemisch-Physikalisches, also Körperliches ist, dann ist per Fundamentalpostulat ja alles festgelegt und muss nicht erst noch "gefunden" und besonders identifiziert
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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werden. Für die Krankheitsforschung wäre es natürlich nützlich, aber für die Grundsatzfrage, ist es unbedeutend. Für Identitätsanhänger ist klar, dass jedwedes seelischgeistige Geschehen, auch wenn es bisher noch nicht körperlich, d.h. chemisch-physikalisch identifiziert werden konnte, körperlich organisiert ist. Im Wesentlichen gibt es zwei Welten: die Welt des faktischen Geschehens und die Welt der Bedeutung dieses Geschehens für die unterschiedlichen biologischen Systeme der Natur je nach Situation und Zielen und Zwecken, die sie gerade mehr oder minder starr / flexibel verfolgen. So tragen die meisten Ereignisse und Geschehnisse für Betroffene die Information von Bedeutung, wodurch natürlich Erleben und Verhalten der Betroffenen beeinflusst wird. Ein Tsunami ist nicht nicht nur eine hohe Welle (Geschehen), sondern eine Lebensbedrohung (Bedeutung), die Betroffene zur Flucht und Schutzsuche veranlasst. 2.1.4 Nomothetisch und idiographisch, Erklären und verstehen in den Psychowissenschaften Von Windelband (1894) wurde der scheinbare Gegensatz zwischen der nomothetischen, Gesetze und Regel suchenden, und der idiographischen, den konkreten Einzelfall verstehenden, Wissenschaft geschaffen. Dilthey (1900) stiftete den scheinbaren Gegensatz zwischen naturwissenschaftlichem Erklären und geisteswissenschaftlichem Verstehen. In der Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie haben wir es in der Praxis immer mit dem Einzelfall oder einem individuellen Einzelfall-System (z.B. Familie) zu tun. Gesetzesartiges oder Regelhaftes gibt es aber nicht nur im Längsschnitt, in Entwicklung und Verlauf, sondern auch im Einzelfall. Einen prinzipiellen Gegensatz zwischen erklären und verstehen vermag ich nicht zu erkennen. Wenn jemand einen Pullover anzieht, weil ihm zu kalt ist, so können wir sinnvoll und verständlich sagen, wir erklären das Pullover anziehen mit unangenehm erlebtem Kälteempfinden. Sagen wir, wir verstehen, dass er einen Pullover anzieht, weil ihm kalt ist, schwingt hier mit, dass wir uns einfühlen können, dass wir selbst Ähnliches schon erlebt haben. Diese Bedeutung hat sich seit Windelband und Dilthey in den Geisteswissenschaften - und seit Jaspers (1913) in der Psychopathologie - eingebürgert, so mag man sie denn so belassen; hier aber mit der Erweiterung, dass in den Sozial- und Geisteswissenschaften erklären und Erklärung sowohl erwünscht als auch möglich und zulässig sind. Die meisten dürften nicht verstehen, wie jemand auf Befehl von Stimmen einen Angehörigen umbringt, weil die allermeisten das selbst noch nie erlebt haben, aber dieser Sachverhalt taugt durchaus als Erklärung für einen Mord durch einen schizophrenen Schub. Ich werde in meinen forensischen Arbeiten diesen künstlichen und falschen Gegensatz nicht übernehmen und nicht weiter pflegen. Den Grundfragen des Verstehens gehe ich in einer anderen Arbeit nach. Das Thema erklären und verstehen spielt auch in der Psychiatrie eine historische Rolle (Jaspers, Kehrer, Gruhle, Straus). Besonders aber in der forensischen Psychiatrie (> Beweisfragen-Fehler), wenn es z.B. darum geht, festzustellen, inwieweit die psychopathologischen Entsprechungen ("Voraussetzungen") für Einsichts-§ und Steuerungsfähigkeit§, Gefährlichkeit§ oder Wiederholungsrisiko§ vorliegen.
2.2 Einige Allgemein-Medizinische Fachmeinungen zur Diagnose 2.2.1 Medizinische Diagnostik in Wörterbüchern und Lexikas Pschyrembel, 257. A. (1994), S. 322: "Diagnose (gr. ..., Entscheidung) f: (engl.) diagnosis; zweifelsfreie Zuordnung einer gesundheitl. Störung zu einem Krankheitsbegriff; i. w. S. Bez. f. ein Symptom (z. B. Akutes Abdomen) bzw. eine Vermutung (sog. Verdachtsdiagnose); vgl. Klassifizierung. Diagnosenschlüssel, klinischer (*): Abk. KDS; für klin. Dokumentationszwecke entwickeltes, aus fünfstelligen numerischen Diagnoseschlüsseln bestehendes, zweidimensionales (Topographie, Nosologie) Klassifikationssystem für Krankheiten; vgl. Internationale Klassifikation der Krankheiten. Diagnostik (gr. ... fähig zu unterscheiden) f: (engl.) diagnostic investigation; Sammelbez. f. Verfahren, die zur Abklärung einer Krankheitsursache bzw. Beratungsursache* angewandt werden, z. B. Befragung (Anamnese*), körperliche Untersuchung, ggf. apparative u. Laboruntersuchungen. Bei häufig auftretenden, typischen u. meist gutartigen Erkr. wird in der Basisversorgung i. d. R. ein sog. abwartendes Offenlassen (Klassifizierung mit Verzicht auf exakte Diagnose) praktiziert." Roche Lexikon Medizin (1998), S. 376f: "Diagnose, Diagnosis: die nosologisch-systemische Benennung eines Krankheitsbildes, in der Praxis die Summe der Erkenntnisse, auf denen das ärztliche Handeln beruht; vgl. Diagnostik. [E] diagnosis - D. per exclusionem: eine nicht direkt aufgrund der Befunde, sondern durch Ausschluß konkurrierender Diagnosen gestellte Diagnose (Differentialdiagnostik). [E] d. by exclusion. - D. ex juvantibus Diagnose anhand eines Therapie-Erfolges oder -Mißerfolges. Diagnostik: alle auf die »Erkennung« eines Krankheitsgeschehens als definierte nosologische Einheit (vgl. Diagnose) gerichteten Maßnahmen. Umfaßt die Erhebung der Anamnese, Untersuchung des Patienten, evtl. auch seiner Ausscheidungen, Körpersäfte (u.a. als Serumdiagnostik), Gewebe bzw. Zellen (Biopsie, Zytodiagnostik), Strahlenanw. (als Röntgendiagnostik, Szintigraphie), Nutzung bioelektrischer Ströme (EKG, EEG, EMG) oder des Schalls (Audiometrie, Ultraschalldiagnostik). - I.w.S. auch Bez. für die »Diagnoselehre«. [E] diagnostic investigation. - D., invasive: D. unter Verletzung der Körperintegrität; z.B. Probeoperation, Biopsie, Angiographie, Arthroskopie, -graphie. - D., pränatale: s.u. pränatale D." Der Gesundheits Brockhaus (1990), S. 147: "Diagnose [grch. »unterscheidende Beurteilung«], das Erkennen der Krankheit, die Voraussetzung einer sachgemäßen Behandlung. Zur Stellung der D. gehören: 1) die Vorgeschichte (Anamnese) der Krankheit. Der Kranke soll sich bemühen, die Anzeichen, die er selbst bei der Krankheit empfunden und beobachtet hat, genau in zeitlich angeordneter Reihenfolge zu schildern. Hierzu gehören Angaben über Allgemeinbefinden, Auftreten von Müdigkeit und Arbeitsunlust, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit, Stuhlgang, Wasserlassen, Erbrechen, Husten, Kurzatmigkeit, Schweißausbrüche, Schmerzen, abnorme Druckgefühle oder sonstige Empfindungen, wie Kribbeln auf der Haut, Ohrensausen, Nachlassen der Sehkraft, des Gehörs oder des Gedächtnisses, Auftreten von Schwellungen, Hautausschlägen u. a. Der Kranke soll auf entsprechende Fragen des Arztes eingehen und dabei bedenken, daß der Arzt das, was dem Kranken vielleicht schon durch monatelanges Erleben selbstverständlich geworden ist, zunächst nicht weiß. 2) Das Prüfen der besonderen Umstände, unter denen die Krankheit entstanden ist; hierzu gehört neben Alter, Geschlecht, Beruf, sozialer Lage, Lebensweise des Kranken auch die Familiengeschichte. Sind ähnl. Krankheitsfälle bei Eltern, Großeltern oder anderen Blutsverwandten aufgetreten (Familienanamnese), so kann dies von entscheidender Bedeutung sein. Besteht der Verdacht auf Infektionskrankheiten bei Kindern, so ist es wichtig zu wissen, ob ähnl. Fälle in der Nachbarschaft, im Kindergarten, in der Schule vorgekommen sind, oder z. B. bei Verdacht auf Kinderlähmung, ob das Kind gegen diese Krankheit geimpft wurde. Andere Fragen lauten: Sind Unfälle, starke Verkühlungen, Genuß ungewöhnl. Speisen, starke seel. Erregungen wie berufl. Sorgen, Ehekonflikte, Trauererlebnisse u. a. vorangegangen? Der Kranke kann und soll seinem Arzt diese Dinge anvertrauen, da dieser unter dem Gebot der absoluten Schweigepflicht steht. (>Arzt) 3) Die Feststellung objektiver Befunde durch die Untersuchung besteht im Betrachten (Inspektion), Betasten (Palpation), Abklopfen (Perkussion) und Abhorchen (Auskultation), u. U. Fiebermessen und Feststellen von Größe und Gewicht. Hinzu kommen die chem., mikroskop. oder bakteriolog. Untersuchung der Ausscheidungen (Blut, Magensaft, Auswurf, Stuhl, Harn u. a.) und Sonderuntersuchungen wie Röntgen-, Ultraschall- und nuklearmedizin. Verfahren, Elektrokardiogramm (Feststellen der Herztätigkeit) und alle Methoden, Körperhöhlen durch die > Endoskopie sichtbar zu machen. Mit der Verschiebung der ärztl. Tätigkeit in den Bereich der Vorbeugung (Prophylaxe) hat sich die Frühdiagnostik (Vorsorgeuntersuchung) entwickelt. Moderne Datenverarbeitungsanlagen ermöglichen auch in der Diagnostik eine umfangreiche Dokumentation und schnelle Wiedergabe der Daten. Die unter Abgrenzung gegen ähnl. Erkrankungen (Differentialdiagnose) gestellte D. ist Voraussetzung für eine gezielte Behandlung und für Voraussagen über Verlauf und Heilungsaussichten der Krankheit (Prognose). Fehldiagnosen entstehen durch Übersehen oder Fehlbewerten von Krankheitszeichen." 2.2.2 Medizinische Diagnostik aus wissenschaftlicher Sicht Gross, Rudolf (1969) Medizinische Diagnostik - Grundlagen und Praxis. Heidelberg: Springer. S. 6ff Obwohl die 219seitige Monographie bald ein halbes Jahrhundert alt ist, erscheint sie immer noch als gutes, sehr informatives Werk, das auch die (Grund-) Probleme der medizinischen Diagnostik sehr gründlich erfasst, erörtert und darstellt (mit 617 Literaturhinweisen). Hier S. 6ff: "1.2. Definition der Diagnose „Die menschlichen Persönlichkeiten sind in einem erstaunlichen Maße einander gleich und in einem ebenso erstaunlichen Maße voneinander verschieden. Das erste ist die Grundlage einer wissenschaftlichen Nosologie, und das zweite die Erklärung der großen Variabilität der Fälle innerhalb eines Krankheitsbildes.“ (K. ROTSCHUH [109]) Unter der Diagnose (von .... — durchschauen, gründlich erkennen) versteht man gemeinhin die Erkennung einer Krankheit. Es hat sich zwar eine Gebrauchsvorstellung von Diagnostik und von Diagnose entwickelt. Diese Begriffe sind aber in ihrem Wesensgehalt viel komplexer, als sie die tägliche Anwendung erscheinen läßt. Zunächst ist die Diagnose nichts Feststehendes (Statisches), sondern etwas Veränderliches (Dynamisches) — eine Funktion der Zeit. Zeit ist hier in doppeltem Sinn gemeint:
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zunächst als Krankheitsablauf, dann auch als der aktuelle Stand der Medizin — von den Grenzen des Wissens bis zu den zeitgemäßen Modediagnosen. „Jede Zeit hat ihre Diagnosen“ [75]. Die Zeit spielt noch in einem dritten Sinn in die Diagnose hinein: mit dem Zeitpunkt der Feststellung. Es bedarf keiner Begründung, daß die Dia[>7]gnose um so wertvoller ist, je früher sie gestellt wird — und umgekehrt. Je mehr sie sich als „Frühdiagnose“ dem Grenzbereich von gesund und krank nähert, um so schwieriger wird sie zugleich, um so häufiger sind die (positiven und negativen) Fehlurteile. Wir hatten schon gesehen und werden es noch mehrfach wiederholen müssen, daß man eine Diagnose sehr verschieden weit treiben kann. Es gibt die vorläufige Diagnose nach der ersten Untersuchung. Sie ist oft eine Gruppendiagnose, d. h. eine Auswahl von verschiedenen Möglichkeiten (Differentialdiagnosen, s. u.). Die Einweisungsdiagnose sollte den Ehrgeiz des praktischen Arztes, die Entlassungsdiagnose den des Klinikers ausmachen. Mit anderen Worten: es gibt von den ersten Mutmaßungen des Kranken selbst über seinen Zustand bis zu den abschließenden objektiven Feststellungen nach Kenntnis des Verlaufes oder durch den Pathologen (der auch seinerseits manchmal noch Änderungen nach Überprüfung der histologischen Schnitte unter anderen Gesichtspunkten vornehmen muß!) alle Abstufungen der Einengung und Sicherheit. „Die Diagnose“ muß täglich mit dem Zustand des Kranken, neueren Befunden, nachgelieferten Protokollen, Therapieergebnissen usw. konfrontiert, ergänzt und ggf. vorurteilsfrei berichtigt werden. Das autistische Beharren auf einer vorgefaßten Meinung ist, wie im Kapitel 5.2 näher ausgeführt wird, eine der wichtigsten Ursachen von Fehldiagnosen. Schon deshalb dienen die sog. „Blick-Diagnosen“ mehr der eigenen Eitelkeit als dem Kranken. Das hat nichts damit zu tun, daß „erste Eindrücke“ in der Sprechstunde — hier im neurologisch-psychiatrischen Bereich — eine 95%ige Übereinstimmung mit der endgültigen Diagnose erbracht haben sollen [384]: In jedem Fall bedarf eine solche „synthetische Schau“, wie im Kapitel über die Intuition (2.7) noch ausgeführt wird, der Bestätigung durch analytische Tatsachen. Ein weiteres Kennzeichen der Diagnose ist ihre begriffliche Unbestimmtheit. Wie schon R. KOCH [75] erkannte, kann sie sich auf 3 Kategorien erstrecken: 1. krankhafte Ursachen (z.B. Tuberkulose); 2. krankhafte Vorgänge (z. B. Mitralinsuffizienz); 3. krankhafte Erscheinungen (z. B. Urticaria). In einer neueren Definition [84] gehen Diagnosebezeichnungen aus von: Autorennamen — aus der Volkssprache übernommenen Bezeichnungen — ursächlichen Vorstellungen — Leitsymptomen — anatomischen Lokalisationen — pathologisch-anatomischen Hauptbefunden. Diese der Klarheit und späteren statistischen Auswertung abträgliche Vielfalt der diagnostischen Begriffe ist historisch bedingt und in absehbarer Zeit wohl kaum abzustellen. In unserer praktischen Diagnostik verwenden wir Begriffe, die zu einer dieser Kategorien oder Kombinationen daraus gehören. Neben diesen die Krankheit kennzeichnenden Diagnosen können aber auch anthropologische Merkmale des Kranken (z. B. seine Konstitution, seine Psychosomatik, seine Erlebnisse) in die Diagnose eingehen (z. B. als Unruhe, Spannung, Verstimmung, Neurose [>8] usw.). Kranksein ist kein bloßes biologisches Geschehen, sondern ein biographisches Ereignis [119]. R. KOCH [75] trennte in diesem Sinn eine theoretische von einer praktischen Diagnose, GROTE [290] eine Zustandsdiagnose („das, was ist und wie es wurde“) von einer Bedeutungsdiagnose („das, was ein Kranker aus seiner Störung macht“). „Die Bedeutungsdiagnose ist der Weg von der Abstraktion der systematischen Krankheitsbezeichnung zur Wirklichkeit des Leidenden“ [23, 290]. Subjektives Erleben und objektive Störung sind freilich häufig, ja überwiegend, gemischt (s. dazu auch die Ausführungen über Kranke und Krankheiten am Anfang des Kap. 2.1). ..." Gross, Rudolf S. 107: Absolut sichere Diagnosen gibt es nicht "Wie bereits im Teil 1 ausgeführt wurde, gibt es daher im logischen Sinn keine „absolut sichere“ Diagnose. Damit wird der Grad von Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) ein wesentlicher Bestandteil unserer Diagnosen."
2.2.3 Aus Sicht der allgemeinmedizinischen Praxis Braun, Robert N. & Mader, Frank H. (2005) Programmierte Diagnostik in der Allgemeinmedizin. 82 Checklisten für Anamnese und Untersuchung. 5., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Heidelberg: Springer. S. 7f, hier fett im Originaltext blau: "Die diagnostischen Bemühungen des Arztes, das heißt Befragung und Untersuchung des Patienten bei einer konkreten Beratungsursache, nennen wir Diagnostik. Die Diagnostik ist der Weg, der von der Beratungsursache (BU) zum Ziel, dem Beratungsergebnis (BE), führt. Am Ende der Diagnostik (»Beratung«) stehen die Bewertung und Benennung der Erkenntnisse; diese werden in einem Beratungsergebnis zusammengefasst. Die in der Regel intuitive Diagnostik in der Allgemeinpraxis ist im Unterschied zur klinischen Diagnostik durch eine teilweise andere Vorgehensweise charakterisiert. Neben dem Wissen, der Kenntnis und der [>8] Erfahrung des Hausarztes wird sie vor allem u. a. durch den Zeitfaktor (vgl. 1.3), die begrenzten Hilfsmittel und durch das Untersuchungsziel bestimmt, das durch den Versorgungsauftrag vorgegeben ist. Der in der klinischen Medizin übliche Begriff »Differenzialdiagnostik« ist entbehrlich, da jede Diagnostik zwischen verschiedenen Krankheiten differenziert." 2.2.4 Begriff der Differentialdiagnose
2.3 Einige Allgemein-Psychiatrische Fachmeinungen zur Diagnose Der wissenschaftlich richtige Ansatz: Die Feighner Kriterien [W] Feighner war wohl mit der erste, der klare operationale Kriterien für psychiatrische Diagnosen entwickelte, wonach man klipp und klar entscheiden konnte, ob eine psychopathologische Diagnose vorliegt oder nicht. Kendell (1978) berichtet, S. 142f: "Sammlungen von operationalen Definitionen dieser Art gibt es schon. So haben zum Beispiel Feighner, Robins, Guze, Woodruff, Winokur und Munoz (1973) die Kriterien für die 15 wichtigsten der von ihnen in St. Louis verwendeten diagnostischen Kategorien veröffentlicht. Man mag bei einigen ihrer Kriterien anderer Meinung sein oder sie sogar in Frage stellen, aber die Notwendigkeit eindeutiger Kriterien dieser Art ist wohl kaum zu bezweifeln. Der Unterschied zwischen diesen beiden Definitionstypen, dem deskriptiven und dem operationalen, läßt sich wahrscheinlich am besten durch ein Beispiel darstellen. Im britischen Glossar (Registrar General's Glossary) ist die Angstneurose folgendermaßen definiert: „Eine Störung, die sich im psychischen und/oder im somatischen Bereich vorwiegend in übermäßiger, oft bis zur Panik gesteigerten Ängstlichkeit von diffuser Qualität äußert, wobei andere psychoneurotische Komponenten wie etwa zwangsneurotische oder hysterische Phänomene, obgleich sie vorhanden sein können, nicht das klinische Bild beherrschen." Demgegenüber geben Feighner und seine Kollegen folgende Kriterien an: 1. „Die folgenden Manifestationen müssen vorhanden sein: a) Ersterkrankung vor dem vierzigsten Lebensjahr; b) Chronische Nervosität mit wiederholten Angstanfällen, die sich in Befürchtungen, Ängstlichkeit oder dem Gefühl, drohenden Schicksalsschlägen ausgesetzt zu sein, äußern, wobei mindestens vier der folgenden Symptome bei den meisten Anfällen vorhanden sein müssen: (I) Dyspnoe, (II) Herzklopfen, (III) Schmerzen oder unangenehme Gefühle in der Brust, (IV) Erstickungsgefühle, (V) Schwindelgefühle und (VI) Parästhesien. 2. Die Angstanfälle sind für die Diagnose wesentlich; sie müssen unabhängig von besonderen körperlichen Anstrengungen und außerhalb lebensbedrohlicher Situationen auftreten. Auch dürfen keine körperlichen Krankheiten vorhanden sein, auf welche diese Angstsymptome möglicherweise zurückgehen könnten. Es müssen mindestens sechs Angstanfälle in Intervallen von wenigstens einer Woche aufgetreten sein. 3. Beim Vorhandensein anderer psychiatrischer Erkrankungen wird diese Diagnose nur dann gestellt, wenn die unter 1 und 2 beschriebenen Kriterien dem Beginn der anderen psychiatrischen Erkrankung mindestens zwei Jahre vorausgehen." Zu wissen, daß eine Gruppe von Patienten nach den Kriterien des Registrar General's Glossary diagnostiziert wurde, gibt uns in der Praxis nicht mehr Informationen, als wenn bekannt ist, daß ihre Diagnose „von erfahrenen Psychiatern", oder „in Übereinstimmung mit der Beschreibung in einem bestimmten Lehrbuch" gestellt wurde; wenn jedoch bekannt ist, daß die Kriterien der Gruppe aus St. Louis verwendet wurden, so hat man ziemlich genaue Angaben darüber, welche Patienten einbezogen wurden und welche nicht." Huber in Psychiatrie (2005), S. 20f: "Diagnose [3.12] Unter Berücksichtigung und Abwägung aller Untersuchungsergebnisse versucht der Arzt, am Schluß der Untersuchung zu einer Diagnose zu gelangen (s. S. 5, S. 35ff). Die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte werden in den Abschnitten über die speziellen Krankheitsbilder dargestellt. Allgemein sind bei der psychiatrischen Diagnostik drei Grundregeln zu beachten. 1. Man kann eine psychiatrische Diagnose nie auf ein Einzelsymptom allein gründen. Stets [>21] ist das psychopathologische Gesamtsyndrom maßgeblich, durch das die Einzelsymptome ihre - u. U. jeweils verschiedene - diagnostische Bedeutung erhalten (s. S. 40f., 44f.). Die klinisch-psychopathologische Gesamtsituation entscheidet: Man kann keine Psychopathologie »auf des Messers Schneide« treiben. Der Untersucher gelangt in der Regel von der Feststellung psychopathologischer Einzelphänomene zur Beschreibung eines psychopathologischen Syndroms und von hier unter Berücksichtigung der somatischen Befunde zur Krankheitsdiagnose.
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2. Alle psychopathologischen Symptome und Syndrome [3.12.1] sindunspezifisch. Es gibt keine psychopathologischen Phänomene oder Syndrome, die ausschließlich bei einer bestimmten Grundkrankheit (einer unmittelbaren oder mittelbaren Hirnkrankheit oder nur bei Schizophrenien oder Zyklothymien) vorkommen (s. S. 41). 3. Aus Punkt 2 ergibt sich, daß man ohne genaue körperliche, neurologische und internistische Untersuchung keine definitive psychiatrische Diagnose stellen kann (s. S. 35f.), weil z. B. bekannte Hirnkrankheiten (etwa ein Hirntumor oder eine Enzephalitis) unter dem Bild von Schizophrenien und Zyklothymien oder Neurosen auftreten können. Das Lebensalter erlaubt nur sehr vorsichtige Rückschlüsse auf die in Frage kommenden diagnostischen Möglichkeiten, weil nur ein kleiner Teil psychiatrischer Krankheiten und Störungen, z. B. progressive Paralyse, bestimmte degenerative Hirnprozesse, psychopathische Persönlichkeitsstörungen oder Oligophrenien (s. S. 94, 116ff., 424ff, 577ff.), ein bestimmtes Manifestationsalter bevorzugt (bzw. schon in der frühen Kindheit erkennbar ist), während z. B. das Ersterkrankungsalter bei den schizophrenen und affektiven Psychosen sehr unterschiedlich ist (s. S. 166, S. 256f., S. 298). Bei einer Reihe psychiatrischer Krankheiten und Störungen ist eine sichere Diagnose erst nach längerer Beobachtung des Verlaufs möglich. Manche Eigenschaften bestimmter Persönlichkeitsvarianten, z.B. hinsichtlich des subjektiven Befindens, des Daseins- und Lebensgefühls oder der Schwierigkeiten mit der Umwelt und Gemeinschaft, lernt man erst nach längerer Beobachtung kennen; dies gilt oft auch für Kinder und Jugendliche mit Verhaltensstörungen. Die psychopathologischen Einzelsymptome sind oft vieldeutig und diagnostisch neutral. Die Psychosen, sowohl die endogenen wie die organischen, haben oft uncharakteristische, neurose- oder psychopathieähnliche Anfänge, in denen eine sichere Diagnose unmöglich ist und selbst eine (vorläufige) Verdachtsdiagnose ohne sorgfältige Erhebung des körperlichen und psychopathologischen Befundes und Beobachtung des Verlaufs durch einen erfahrenen Untersucher nicht gestellt werden kann. Schizophrenien z. B. können lange Zeit und oft über viele Jahre als uncharakteristische Prodrome mit Basissymptomen (s. S. 318) und/oder unter dem Bild einer neurotischen Störung (pseudoneurotische Schizophrenie, s. S. 36, S. 317f.) verlaufen. Zwischen Erlebnisreaktionen und Persönlichkeitsentwicklungen einerseits und - körperlich begründbaren wie endogenen - Psychosen andererseits gibt es im psychopathologischen Erscheinungsbild Übergänge, vor allem im Anfang einer Psychose und bei milderen Verläufen (s. S. 53; s. a. S. 192)."
Stieglitz & Freyberger Psychiatrische Diagnostik und Klassifikation in Berger (1999, Hrsg.), S. 31-62, hier aus S. 32: "1 Vorbemerkungen Psychiatrische Diagnostik und Klassifikation ist von jeher ein kontrovers diskutiertes Thema (KENDELL, 1978). In den vergangenen Jahren haben Versuche einer reliablen und validen Klassifikation psychischer Störungen sowohl im klinischen als auch im wissenschaftlichen Bereich deutlich an Bedeutung gewonnen, nachdem sie bis in die 80er Jahre hinein erheblich kritisiert wurden. Wesentliche Vorbehalte bezogen sich zum einen auf mögliche soziale Konsequenzen psychiatrischer Diagnosen für den Patienten (Stichworte: Etikettierung, Stigmatisierung, soziale Kontrolle), zum anderen aber auch auf die insgesamt eher unbefriedigende Relevanz psychiatrischer Diagnosen und Klassifikationssysteme für die Indikation psychotherapeutischer, pharmakologischer und anderer Therapieansätze. Aus wissenschaftlicher Perspektive wurde zudem Kritik an früheren Klassifikationssystemen geäußert, da die diagnostische Übereinstimmung von Klinikern als gering anzusehen sei, was insbesondere für die Diagnostik von neurotischen, affektiven und Persönlichkeitsstörungen auch zutraf. Verschiedene Übersichtsarbeiten belegten, daß die Übereinstimmung zwischen Psychiatern oft kaum größer war als der Zufall, insbesondere beim Vergleich zwischen Psychiatern aus verschiedenen Ländern (s. z.B. SPITZER und FLEISS, 1994). Unter Berücksichtigung dieser Kritikpunkte und Vorbehalte wurden in den vergangenen 10 bis 20 Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, die Klassifikationsansätze zu verbessern, um damit auch eine höhere Akzeptanz bei den Anwendern zu erreichen. Bevor auf diese Entwicklungen näher eingegangen wird, vorab einige Definitionen, die für das weitere Verständnis von Bedeutung sind: Klassifikation: Einteilung und Anordnung von klinisch bedeutsamen Phänomenen (z.B. Symptome), die durch gemeinsame Merkmale gekennzeichnet sind, in ein nach Klassen eingeteiltes System (= Klassifikationssystem) Klassifikatorische Diagnostik: Untersuchungs- und Entscheidungsprozeß (s. Abschn. 7), der zur Erhebung der (psychopathologischen) Befunde und zur Ableitung von einer oder mehreren Diagnosen führt Nomenklatur: Aufstellung von Krankheitsbezeichnungen Glossar: Zusammenstellung von Beschreibungen und Definitionen von Begriffen, die eine Klassifikation ausmachen Nosologie: Krankheitslehre, d.h. die Systematisierung psychischer Erkrankungen nach einheitlicher Ätiologie, Pathogenese, klinischem Bild, Therapieresponse und Verlauf. ... ..." Grundproblem psychiatrischer Diagnostik dokumentiert Die folgenden Ausführungen der profunden und informativen Arbeit berücksichtigen zwar die elementare Datenbasis ausdrücklich, verkennen aber die grundlegende Bedeutung im diagnostischen Prozeß, wenn unter 7.2 ausgeführt wird: "Die unterste Ebene ist die Symptomebene. Hier werden Symptome als kleinste Beschreibungsein{>54]heiten psychopathologischer Phänomene erfaßt. ..." Genau das ist das Grundproblem psychiatrischer Diagnostik. Die Datenfundamente sind nicht normiert und geregelt und deshalb kommt bei vielen PsychiaterInnen so viel Unterschiedliches heraus. S. 53f: "7 Diagnostischer Prozeß In den vorausgehenden Abschnitten wurden die wesentlichen Grundlagen der diagnostischen Entscheidung dargestellt. Nachfolgend wird versucht, diese im Sinne der diagnostischen Prozesse zu integrieren. 7.1 Grundlagen In den diagnostischen Prozeß werden sehr unterschiedliche Informationen einbezogen. So lassen sich zum einen große Abweichungen in der Art und im Umfang von Informationen konstatieren, die verschiedene Interviewer erfassen wollen. Zum anderen läßt sich eine erhebliche Variationsbreite in der diagnostischen Relevanz der verschiedenen Informationselemente feststellen. Dabei müssen unterschiedliche Datenebenen und Datenquellen differenziert werden. Folgende bedeutsame Datenebenen lassen sich unterscheiden (BAUMANN und STIEGLITZ, 1994): Die psychische (oder psychologische) Datenebene erfaßt individuelles Erleben und Verhalten (z.B. Stimmungen, Befindlichkeiten, Leistungsmerkmale). Die soziale Datenebene erfaßt interindividuelle Systeme (z.B. das soziale Netz eines Patienten, das Ausmaß seiner sozialen Unterstützung). Die ökologische Datenebene erfaßt die materiellen Rahmenbedingungen (z.B. finanzielle Situation). Die biologische Datenebene differenziert hinsichtlich verschiedener Teilelemente (biochemische, neuroradiologische, psychophysiologische oder neurophysiologische) und ist daher für die Diagnostik psychischer Störungen von besonderer Bedeutung. Für die Diagnostik der meisten psychischen Störungen stellen jedoch der psychische Befund und die Anamnese weiterhin die zentralen Bausteine dar. Neben den unterschiedlichen Datenebenen sind verschiedene Datenquellen zu unterscheiden, die Informationen liefern und im diagnostischen Prozeß genutzt werden können. Dies trifft insbesondere auf die psychische Datenebene zu, in der Angaben von Angehörigen, nahen Bezugspersonen oder Partnern neben den Angaben des Patienten selbst eine wichtige Rolle spielen. Auf der psychopathologischen Ebene ist insbesondere die Einschätzung des Untersuchers von zentraler Bedeutung. 7.2 Diagnostische Ebenen: Symptom, Syndrom, Diagnose Psychiatrische Diagnostik kann auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden, wobei untergeordnete Ebenen als Grundlage für Entscheidungen auf höheren Ebenen angesehen werden können. In Tabelle 2-15 findet sich die Unterscheidung der Ebenen hinsichtlich Symptom, Syndrom und Diagnose: Die unterste Ebene ist die Symptomebene. Hier werden Symptome als kleinste Beschreibungsein-[>54] heiten psychopathologischer Phänomene erfaßt. Sie lassen sich unterteilen in beobachtbare Verhaltensweisen („signs"; z.B. Zwangshandlung) und vom Patienten berichtete Störungen („symptoms"; z.B. Denkhemmung). Auf der nächsthöheren, der Syndromebene finden sich die sogenannten psychopathologischen Syndrome, d.h. Symptome, die überzufällig häufig in einer bestimmten Kombination festzustellen sind (z.B. depressives Syndrom, paranoides Syndrom). Auf der obersten, der Diagnosenebene ist die psychiatrische Diagnose anzusiedeln, die eine Integration von Symptomen und/oder Syndromen sowie zusätzlicher Merkmale (z.B. Zeit- oder Verlaufsmerkmale) beinhaltet.
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Tabelle 2-15 verdeutlicht auch, daß ähnliche Begriffe auf unterschiedlichen Ebenen angewandt werden. So spricht man z.B. auf Symptomebene von einem Patienten, der depressiv sei, auf Syndromebene von einem depressiven Syndrom und auf der Diagnosenebene von einer depressiven Episode. ... ..."
Kendell (dt. 1978) Die Diagnose in der Psychiatrie "... Mehrere Psychiater haben meistens verschiedene Meinungen darüber, ob ein Patient schizophren oder depressiv ist, und nicht einmal bezüglich Definition und Bedeutung dieser beiden Begriffe stimmen sie überein. (S.1) ... Die meisten Psychiater erkennen das Vorhandensein des Problems zwar an, aber sie ziehen daraus nur die Konsequenz, sich immer weniger mit der Frage der Diagnose zu beschäftigen. Aus Gewohnheit teilen sie zwar weiterhin ihren Patienten Diagnosen zu, aber die von ihnen benutzten Kriterien werden durch Nichtgebrauch stumpf und unscharf; es stört diese Psychiater auch nicht, wenn ihre Kollegen andere Diagnosen stellen als sie selbst, weil sie dies als eine rein akademische Frage ohne praktische Konsequenzen betrachten. Dadurch kommt es zu einer weiteren Abnahme der diagnostischen Zuverlässigkeit, was wiederum eine Schwächung und Verunsicherung für die therapeutischen und prognostischen Konsequenzen bedeutet; es ergibt sich also ein circulus vitiosus. Eine dritte Gruppe, zu denen Männer wie Neumann im letzten Jahrhundert und Karl Menninger in unserer Zeit gehören, befürwortet eine strikte Abschaffung der Diagnosen und argumentiert überzeugend für die Vorteile und sogar die Notwendigkeit eines solchen Vorgehens." (S. 2)
Scharfetter (1976) zur Diagnose S. 15 "1.4.1. Begriff und Sinn Diagnose heißt Erkennen eines klinisch beobachtbaren psychopathologischen Bildes (Symptom, Syndrom, Zustandsbild, Zustands-Verlaufs-Bild) als typisch, wiederholt in ähnlicher Grundgestalt vorkommend - und heißt Zuordnen dieses Bildes zu einem Krankheitsbegriff Diagnostik - der Erkenntnis- und Zuordnungsprozeß - wird heute in Verkennung ihres wahren Sinnes vielfach zu Unrecht als Etikettierung verunglimpft. Diagnostik aber brauchen wir, wo immer wir ein „Zustandsbild", d. i. eine Erfahrungs- und Verhaltensweise eines Menschen, zu beurteilen haben hinsichtlich seiner Entstehung und in Hinsicht auf die Frage, was - nach dem jeweiligen Stand des Wissens - am besten dagegen zu tun ist. Sinn und Ziel der Diagnostik ist die therapeutische und prophylaktische Handlungsanweisung. Leider ergibt sich beim heutigen Stand des Pathogenesewissens und der Therapiemethoden aus der Diagnose noch nicht immer eine befriedigend erfolgreiche Therapie und Prophylaxe."
Jaspers, Karl (1948) Allgemeine Psychopathologie "... Einen Psychopathen durch die 'Diagnose' eines Typus festzulegen, ist gewaltsam und immer falsch. Menschlich aber bedeutet die Klassifikation und Festlegung des Wesens eines Menschen eine Erledigung, die bei näherer {>366} Besinnung beleidigend ist und die Kommunikation abbricht. Das darf in aller erleuchtenden Begrifflichkeit charakterologischer Menschenauffassung nie vergessen werden." Karl Jaspers, Allgemeine Psychopathologie, 5. A. 1948, S. 365f. Ausführungen zur Diagnose finden sich in Jaspers psychopathologischem Jahrhundertwerk (Erstauflage 1913, hier aus der 5. Auflage 1948 zitiert) in folgenden Teilen, Kapiteln und Abschnitten: IV, I, § 3: Die Symptomenkomplexe 487 IV, I, § 4: Die Einteilung der Krankheiten (Diagnosenschema) 506 VI, I, § 4: Die Begriffe Gesundheit und Krankheit 651 Anhang: Von der Untersuchung des Kranken 687 Im Sachregister führt Jaspers an: Diagnose, Diagnostik. Ausgänge der D. 512f., 659ff., 690f.; D. Schema 506ff., 660f. - S. a. Krankheitseinheit 471ff.; Untersuchungsmethoden 688ff.; Analyse und D. 17f. - S. a. Krankheitsbegriff. S. 506f: "§ 4. Die Einteilung der Krankheiten (Diagnosenschema) Wir kennen im einzelnen bestimmte Erscheinungen, Kausalverhältnisse und Sinnbeziehungen usw., aber die Gestalten der Krankheitsganzheiten sind wie ein unendliches, unübersehbares Gewebe, das wir nicht auflösen können. Die einzelnen Krankheitsgestalten finden wir nicht vor wie Pflanzen, die wir in ein Herbarium ordnen. Vielmehr ist ja gerade, was eine „Pflanze" - eine Krankheit - ist, vielfach ungewiß. Auf die Frage, was diagnostizieren wir? ist durch die Praxis im Laufe der Zeit geantwortet durch die Benennung von Einzelsymptomen, Einzelzusammenhängen, Symptomenkomplexen, Ursachverhältnissen usw. bis die Idee der Krankheitseinheit der Diagnostik ihren eigenen bedeutenden und zugleich unerfüllbaren Sinn gab. Diagnose soll das eine, allumfassende Krankheitsgeschehen treffen, das einen Menschen befallen hat und als ein jeweils bestimmtes neben anderen bestimmten Einheiten gilt. Entwerfen wir ein Gesamtschema der Psychosen (das Diagnosenschema), so möchten wir alle Gesichtspunkte, die wir als einzelne besprochen haben, zusammenordnen. Aber wie auch immer wir den Entwurf machen, wir merken, daß es nicht geht; daß wir vorläufig und gewaltsam ordnen; verschiedene Möglichkeiten bestehen, weswegen mehrere Forscher durchaus verschiedene Schemata aufstellen; daß die Ordnung sowohl logisch wie real immer unstimmig ausfällt. Warum macht man denn immer von neuem diesen vergeblichen Versuch? Erstens weil wir erkenntnismäßig sehen wollen, was wir unter der Idee der Krankheitseinheit an Gesamtübersicht der vorkommenden Seelenkrankheiten erreicht haben: auch gerade in der Weise des Nichtgelingens an den jeweiligen radikalen Unstimmigkeiten wird uns der Stand unserer Erkenntnis bewußt. Zweitens weil jede Darstellung der speziellen Psychiatrie zur Grundlage eine Einteilung der Psychosen braucht: ohne ein solches Schema kann sie ihren Stoff nicht ordnen. Drittens weil man es als ein Mittel statistischer Erfassung eines großen Krankenbestandes braucht. a) Forderungen an das Diagnosenschema. Das ideale Schema müßte folgenden Ansprüchen genügen: Es muß derart sein, daß jeder Fall nur an einer Stelle eingeordnet werden kann; daß jeder Fall einen Platz findet; daß die Einordnung objektiv zwingend ist, so daß verschiedene Beobachter zur gleichen Einordnung der Fälle kommen. Ein solches Schema wäre nur möglich, wenn alles Kranksein der Seele aufteilbar wäre in Krankheitsgattungen, die sich im Einzelfall gegenseitig ausschließen, die ihrem Wesen nach nebeneinanderstehen, und die die Idee der Krankheitseinheit verwirklichen. Da das nicht der Fall ist, sind die Ansprüche angesichts jenes Ideals ermäßigt wie folgt zu formulieren (>507): Die einfachen großen Grundlinien müssen entscheidend hervortreten. Die Untergliederung muß nach dem Maße der Wesentlichkeit für die Totalauffassung geschehen. Was als scheinbar gleichartig nebeneinander steht, muß seinem Sinn nach (dem Sinn des Tatbestandes, der Auffassung, der methodischen Forschung) auf derselben Ebene liegen. Das Heterogene muß sich deutlich gegenüberstehen. [fett-kursiv RS] Es darf keine Verschleierung des Nichtwissens stattfinden. Das Unstimmige muß offen zutage treten. Lieber Entschiedenheit und damit der Anreiz der Unzufriedenheit, als Beruhigung durch ein Scheinwissen im Ungefähren und in bloß logischer Ordnung. Wenn wir ein Diagnosenschema entwerfen, so können wir das also nur mit einem Verzicht als Anfang. Entgegen der Idee der Krankheitseinheit müssen wir wieder jeweils einem der Gesichtspunkte (Ursache, psychologische Struktur, anatomischer Befund. Verlauf und Ausgang) den Vorzug geben, und müssen entgegen den Tatsachen auch da Grenzen machen, wo es keine gibt; eine solche Einteilung hat daher nur einen stets vorläufigen Ordnungswert. Sie ist eine Fiktion, die ihre Aufgabe erfüllt, wenn sie die zur Zeit relativ richtigste ist. Es gibt kein ,,natürliches" System, in das sich alle Fälle einordnen lassen. Auch dem erfahrensten Psychiater kommen immer wieder zahlreiche Fälle vor, die er nicht kennt, und die er zunächst nicht einordnen kann, welches Diagnosenschema er auch zugrunde legt (so bekannten z. B. Gaupp und Wernicke). ... ..."
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2.4 Einige Forensisch-psychiatrische Fachmeinungen zur Diagnose Zusammenfassung: Forensische Psychodiagnostik dient der Erfassung der Entsprechungen der Rechtsbegriffe, zu denen Sachverständigenbeweisbedarf besteht. Als erstes stellt sich die Frage, ob es überhaupt eine spezielle forensische Diagnostik gibt und falls, wodurch sich diese von der üblichen Diagnostik in der Psychologie, Psychopathologie, Psychiatrie und Psychotherapie unterscheidet? Da es viele Rechtsfragen und Rechtsbegriffe gibt, zu denen ein Bedarf an Sachverständigenbeweisen besteht, mit denen die meisten PsychologInnen, ÄrztInnen, PsychiaterInnen und PsychotherapeutInnen in ihrer Alltagspraxis wenig zu tun haben, am ehesten noch ÄrztInnen und PsychiaterInnen (Betreuung, Selbst- und Fremdgefährdung), liegt es nahe, die spezielle forensische Diagnostik an die Entsprechungen der Rechtsbegriffe anzubinden wie bereits in der Zusammenfassung "Kompaktwissen forensische Psychodiagnostik" ausgeführt. Zur Forensischen Psychodiagnostik zählen dann auch alle Check- und Risikolisten, Tests, Interview- und Explorationsleitfäden, die Sachverhalte zu den Entsprechungen der Rechtsbegriffe untersuchen und erheben. 2.4.1 Zum Problem der Rechtsbegriffe und ihrer Entsprechungen Das Kapitel Allgemeine Psychopathologie, Diagnostik und Krankheitsbegriff sowie deren Bedeutung für die forensische Psychiatrie von Hoff & Saß (2010) im Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, S. 15, zeigt, dass sie die Begriffe durcheinanderbringen und statt der psychopathologischen Entsprechungen der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit die Rechtsbegriffe selbst, was nur dem Gericht obliegt, zum Gegenstand der psychiatrischen Begutachtung machen:
Die Autoren erläutern und bekräftigen ihr falsches Grundverständnis der Aufgabe des forensischen Sachverständigen (S. 15f): "Im Falle des forensisch-psychiatrischen Entscheidungsfindungsprozesses haben wir es nämlich ebenfalls mit insgesamt drei in unterschiedlicher Weise voneinander abhängigen Ebenen zu tun, doch ergeben sich eine Reihe von Unterschieden: Auf jeder dieser Ebenen ist in einem ersten Schritt festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt vorliegt oder nicht, sowie in einem zweiten, eben nicht optionalen, sondern – wie schon angesprochen – zwingend erforderlichen Schritt, wie ausgeprägt der Sachverhalt vorhanden ist. Diese Notwendigkeit des zweiten Schrittes ergibt sich freilich nur, wenn im ersten Schritt das Vorliegen einer Störung bejaht wird. Zunächst ist also die Frage zu beantworten, ob eines der vier psychopathologischen Merkmale der Schuldfähigkeitsparagraphen zum angenommenen Tatzeitpunkt vorgelegen hat oder nicht, also – in der Formulierung ohne das Quantifizierungsmerkmal – eine „seelische Störung“, eine „Bewusstseinsstörung“, „Schwachsinn“ oder eine „andere seelische Abartigkeit“. Beson-[>16]ders klar hat Kurt Schneider (1948) dieses zweischrittige Vorgehen mit dem „zweistöckigen Aufbau“ des damaligen § 51 StGB begründet. Mit Ausnahme des dritten Merkmals, des „Schwachsinns“, der im Begriff selbst bereits eine Quantifizierung enthält, ist eine zusätzliche Schweregradbewertung gefordert: Die seelische Störung muss als „krankhaft“, die Bewusstseinsstörung als „tiefgreifend“ und die andere seelische Abartigkeit als „schwer“ klassifiziert werden, damit sich die Frage der im „zweiten Stockwerk“ der Schuldfähigkeitsbeurteilung zu beurteilenden Einsichts- und Steuerungsfähigkeit überhaupt stellt. Und auch bei letzterer geht es um die Feststellung eines Sachverhaltes einerseits und um dessen Quantifizierung andererseits: Festzustellen ist nämlich, ob eine Beeinträchtigung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit aufgrund eines oder mehrerer Merkmale des „ersten Stockwerkes“ vorliegt; zu quantifizieren ist, ob eine solche Beeinträchtigung zum Tatzeitpunkt erheblich war (§ 21 StGB) oder zu einer Aufhebung einer oder beider genannter Fähigkeiten führte (§ 20 StGB)." Was Hoff & Saß hier von sich geben, wäre alles richtig, wenn die Aufgabe des Gerichts gemeint wäre. Vom forensischen Sachverständigen ist indessen gefordert, dass er die psychopathologischen Entsprechungen zu den Rechtsbegriffen so aufbereitet, dass das Gericht eben die betreffenden Rechtsbegriffe - krankhafte seelische Störung§, tiefgreifende Bewusstseinsstörung§, Schwachsinn§, schwere andere seelische Abartigkeit§, Einsichtsfähigkeit§, Steuerungsfähigkeit§, - beurteilen und bewerten kann. Dieser Fehler wird oft gemacht, ich habe mich selbst schon dabei ertappt. Das hat damit zu tun, weil das Recht hier weitgehend unklar, konfus und vieldeutig ist. Es wird nicht klipp und klar getrennt zwischen den Rechtsbegriffen und ihren fachlichen oder alltäglichen Entsprechungen. Mit Rechtssicherheit hat das nicht das Geringste zu tun. Man fragt sich an dieser Stelle, was alle die vielen Professoren in den Rechtswissenschaften eigentlich machen und wann sie gedenken, das Jahrhunderptoblem anzugehen (>Interdisziplinäre Arbeitsgruppen). Kröber macht diesen Fehler zunächst nicht, wenn er in seinem Kapitel Praxis der psychiatrischen und psychologischen Begutachtung, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, S. 158 ausführt: "Das juristische Vokabular in verschiedenen Rechtsgebieten verwendet oft den Begriff „Fähigkeit“. So gibt es – in den diversen Gesetzbüchern und juristischen Entscheidungen – Arbeitsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit, Berufsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Prozessfähigkeit, Testierfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit, Vernehmungsfähigkeit, Verhandlungsfähigkeit, Zurechnungsfähigkeit und Schuldfähigkeit. Es ist ganz entscheidend, sich dessen bewusst zu bleiben, dass es sich hier stets exklusiv um Rechtsbegriffe handelt, nicht jedoch um natürliche oder biologische Eigenschaften eines Menschen. Eine natürliche Eigenschaft wäre die Hörfähigkeit oder die Zeugungsfähigkeit; eine natürliche Eigenschaft kann man nicht per Gesetzesänderung erhalten oder verlieren. Dies gilt jedoch für alle juristischen „Fähigkeiten“: bei ihnen handelt es sich um Zuschreibungen, die unter bestimmten juristischen Voraussetzungen automatisch eintreten (z. B. in der mitternächtlichen Sekunde, in der man 14 oder 18 Jahre alt wird) und bestehen, solange sie nicht durch eine juristische Entscheidung aufgehoben oder eingeschränkt sind." Doch als Kröber sich dem zweiten Schritt der zweigliedrigen Aufgabe, S. 160, dem 2. Stockwerk zuwendet, unterläuft auch ihm der klassische Fehler (fett-kursiv RS): "Gerade deshalb ist der zweite Schritt der fallbezogenen konkreten Umsetzung des erhobenen Befundes auf die Beurteilung der jeweils fraglichen „Fähigkeit“ eine eigenständige und ebenso wichtige Aufgabe des Gutachters wie die Befunderhebung und Diagnosestellung. Dazu muss der Sachverständige ein korrektes Verständnis der juristischen Bedeutung der jeweils nachgefragten „Fähigkeit“ erworben haben; dies geschieht in der Ausbildung, durch Studium der Lehr- und Handbücher oder auch durch Nachfrage beim Auftraggeber. Diese „Fähigkeit“ (z. B. Schuldfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit) ist im Gesetz in aller Regel nicht positiv definiert, sondern als gegeben unterstellt im für alle Erwachsenen anzunehmenden Normalfall. Dass von einer „Fähigkeit“ im konkreten Fall kein Gebrauch gemacht wurde, beweist nicht bereits deren Fehlen. Die Einschränkung oder Aufhebung der jeweiligen Fähigkeit ist zumeist durch einen knappen Gesetzestext definiert und in höchstrichterlichen Urteilen, die sich in der Kommentarliteratur finden, ausführlicher erläutert. Gerade weil der Sachverständige gleichsam als Dolmetscher zwischen der Sprache der Erfahrungswissenschaften wie Medizin und Psychologie einerseits und der Rechtswissenschaft andererseits vermitteln soll, obliegt es ihm, sich darüber klar zu werden, wie die in seinem Bereich wichtigen Rechtsbegriffe gemeint sind und angewendet werden. (Nicht minder wünschenswert ist es, dass auch die Strafrichter sich in dieser Mittlerrolle zwischen Erfahrungswissen(schaft) und Strafrecht sehen und sich entsprechend hinsichtlich psychiatrischer und psychologischer Begrifflichkeit eine angemessene Kennerschaft erwerben.) Gestützt auf eine gezielte Exploration und die Anwendung klinischen Wissens über typische Beeinträchtigungen beim jeweiligen Störungsbild sind also im zweiten Schritt Art und Ausmaß der Beeinträchtigungen im Hinblick auf die fragliche „Fähigkeit“ im Gutachten plastisch darzulegen." Der Sachverständige muss keineswegs deuten, rätseln, raten, erarbeiten, was Recht und Gesetz, die Justiz, von ihm will. Das soll sie selber lernen klar und deutlich auszudrücken. JuristInnen, die das nicht können, sollten keine Gutachtenaufträge vergeben. 2.4.2 Methodik der Psychodiagnostik Das folgende Strukturmodell von Steller seines Kapitels Gegenstandsbereiche und Methodik der psychologischen Begutachtung (185-212) im Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, hebt sowohl die Hypothesenorientierung als auch die Bedeutung der Planung und Durchführung systematischer Datenerhebung hervor, S. 194:
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Der diagnostische Prozess in der forensischen Psychiatrie nach Steller
Aus den Erläuterungen zu dem Modell sei noch ein Abschnitt zur diagnostischen Aussage herausgegriffen, S. 196: "Anhand des Modells lässt sich auch belegen, dass eine diagnostische Aussage immer nur das vorläufige Endergebnis einer Verknüpfung von Einzeldaten zu Hypothesen darstellt. Eine diagnostische Aussage behält zu jedem Zeitpunkt den Charakter einer Hypothese. Da formalisierte oder gar quantifizierbare Entscheidungsregeln zur Beendigung notwendiger Datenbeschaffungen nicht existieren, können keine verbindlichen Regeln für Art und Umfang sowie für die Beendigung eines diagnostischen Prozesses im Einzelfall formuliert werden. Dennoch herrscht diesbezüglich keine Willkür: Mit dem Modell hypothesengeleiteter forensisch-psychologischer Begutachtung lässt sich unnötige Breitbanddiagnostik identifizieren." Weitere Fundstellen zu diagnostischen Themen durch Sachregistereinträge im Handbuch der Forensischen Psychiatrie HBFP1 Diagnostik, multiaxiale 477 HBFP2 Diagnosemanual 9 Diagnostik 4, 14 ff., 26, 179, 181, 188, 332 –, Begutachtung 170 –, körperliche 197 –, kriteriengeleitete 25 –, operationale 9, 16, 21, 28 –, psychiatrische 14, 28, 103 HBFP3
HBFP4 kein Eintrag. HBFP5 kein Eintrag _ 2.4.3 Falsche Ausgangsbasis Symptome statt Daten Siehe bitte auch: Scharfetter (1976) im zum Syndrombegriff, Payk zitiert von Stieglitz & Freyberger (1999). Foerster & Winckler 2009 Auch bei Foerster & Winckler in Forensisch-psychiatrische Untersuchung, in Foerster, Klaus & Dreßing, Harald (2009, Hrsg.) Venzlaff & Foerster. Psychiatrische Begutachtung, einem Standardwerk der Forensischen Psychiatrie zeigt sich der Fehler, als kleinste Beschreibungseinheit psychopathologischer Phänomene, das Symptom anzusehen, wie das unten folgende Zitat aus S. 26 belegt. Tatsächlich sind es die Daten des Erlebens und Verhaltens (neben Körperdaten), die das Fundament der Symptomzuweisung bilden. Ist dieses Fundament nicht klar geregelt, ist für den berüchtigten Sumpf und Treibsand der psychiatrischen Diagnostik Tür und Tor geöffnet, wie man gerade an den Mollath-Gutachten extrem vorgeführt bekommt. Es wird dann einfach viel zu viel gemeint (> Meinungsachten) statt aus konkreten Erlebens- und Verhaltensdaten nachvollziehbar die Symptomzuweisung zu begründen. . "2.8 Vom psychopathologischen Symptom zur psychiatrischen Diagnose Ein Symptom ist definiert als die kleinste Beschreibungseinheit psychopathologischer Phänomene. Dabei handelt es sich entweder um beobachtbare Verhaltensweisen in der Untersuchungssituation oder um vom Patienten berichtete Störungen. Auf der nächsten Ebene der Diagnostik werden Symptome zu Syndromen zusammengefasst. Ein Syndrom bedeutet eine typische Konstellation von Symptomen, jedoch keine spezifische Konstellation. Es handelt sich bei einem Syndrom um bestimmte Kombinationen von Symptomen, die überzufällig häufig festzustellen sind, beispielsweise depressives Syndrom, paranoides Syndrom, halluzinatorisches Syndrom. Die psychiatrische Diagnose ist zu verstehen als die Integration von Symptomen und/oder Syndromen, den Ergebnissen zusätzlicher Untersuchungen und der Berücksichtigung aller Informationen. Die gutachtliche Aufgabe ist jedoch mit der Stellung einer Diagnose noch nicht abgeschlossen. Bei der Begutachtung geht es immer auch um die Einschätzung des Grades und des Ausmaßes einer gegebenenfalls vorliegenden psychopathologischen Symptomatik, d.h. um die Einschätzung des Schweregrades. Die Beurteilung des Schweregrades ist für alle forensisch-psychiatrischen Fragen von allergrößter Bedeutung, da die rechtliche Bewertung
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grundsätzlich nicht von der Diagnose, sondern in erster Linie von Grad und Ausmaß der psychopathologischen Symptomatik abhängt. Der psychiatrische Sachverständige hat daher die Aufgabe, die von ihm festgestellten Befunde zu quantifizieren, d.h. er muss sie in ihrem Schweregrad, in ihrer Intensität, in ihrem Ausmaß, ihrer Ausprägung und in ihren Auswirkungen auf die konkrete Lebenswirklichkeit des Probanden einschätzen. [>27]"
Schneider, Frank; Frister, Helmut & Olzen, Dirk (2010. Hrsg.). Begutachtung psychischer Störungen. 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Berlin: Springer. S. 37: "Unter Psychopathologie versteht man die deskriptive, klassifikatorische und – hinsichtlich der individuellen erlebens- und biografiebezogenen Bedingtheiten der psychischen Störungen – verstehende Beschreibung krankhaften Erlebens und Verhaltens. Psychopathologie beruht »auf der Beobachtung, Beschreibung und Strukturierung geistiger und seelischer Abnormitäten beim Menschen, erschlossen aus sprachlichen Mitteilungen, Verhaltensbeobachtung und Psychometrie« (Payk 2002, S. 8)." Die folgende falsche Aussage in Form eines Zitates von Payk, in Schneider et al., S.37, zeigt das Grundproblem der psychiatrischen Diagnostik: "»Psychopathologische Symptome (griech.: ... = Eigentümlichkeit) stellen als diagnostische Bausteine die kleinsten phänomenologisch zu unterscheidenden und operationalisierbaren Störungseinheiten dar, die sprachlich gekennzeichnet werden können.« (Payk 2002, S. 44)" Hier vergißt Payk und die ihn zitierenden Autoren die den Symptomen zu Grunde liegenden Daten des Erlebens, Verhaltens und des Körpers. D.h. die Symptome werden nicht datenbegründet, sondern gemeint, womit Fehlern, Vorurteilen und Willkür Tür und Tor geöffnet wird. Die Autoren führen weiter aus (S. 37): "Psychopathologische Merkmale lassen sich unterschiedlichen Bereichen psychischer Funktionen zuordnen und zentrieren sich um das Erleben und Verhalten eines psychisch kranken Patienten. Sie werden auf unterschiedliche Weise erfasst. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes Phänomen als pathologisch anzusehen ist, basiert letztlich immer auf der Fremdbeurteilung des Untersuchers, orientiert an den jeweiligen Definitionen. Die Beurteilungsgrundlagen können jedoch unterschiedlich sein: Die Hauptinformationsquelle als Grundlage der Bewertung sind Aussagen des Patienten. Bestimmte Phänomene lassen sich nur beurteilen, wenn der Patient dazu direkt Stellung nimmt, da es sich um intrapsychisch ablaufende Prozesse handelt, die nicht der direkten Beobachtung durch Dritte zugänglich sind. Hierzu zählen z. B. Symptome wie Grübeln oder Antriebshemmung. Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von psychopathologischen Phänomenen, die nicht direkt der Beobachtung durch den Patienten zugänglich sind. Hierzu zählen z. B. Affektarmut oder Affektstarre, vor allem aber auch eine Reihe von formalen Denkstörungen (z. B. Vorbeireden, Neologismen). Der Fremdbeobach[>38]tung durch Dritte (meist der Untersucher, aber auch andere Personen wie Angehörige oder Pflegepersonal bzw. Zeugen, wenn der zu beurteilende Zeitraum zurückliegt) kommt hier die entscheidende Bedeutung zu. Bei einer Vielzahl psychopathologischer Symptome sind jedoch sowohl Aussagen des Patienten als auch die Fremdbeobachtung gleichermaßen von Bedeutung. Hierzu zählen z. B. Symptome wie Antriebsarmut, die vom Patienten berichtet, jedoch auch durch Dritte beobachtet werden können, oder auch Konzentrationsstörungen. ... "
2.5 Ferndiagnosen (DiagF09f) > Rechtliche Beurteilung DiagF09r, Beispiele DiagF09b. Auch sog. Aktengutachten können als Ferndiagnosen angesehen werden, weil sie nicht auf persönlicher Untersuchung und Exploration beruhen (> Zum Okkultismus in der forensischen Psychiatrie) Im 5-bändigen Handbuch der Forensischen Psychiatrie (Kröber et al. 2006-2010) gibt es wie bei Venzlaff & Foerster (2004) keinen Eintrag "Ferndiagnose". Auch so kann man Problemen scheinbar entgehen: indem man sie gar nicht wahrnimmt.
III. Teil Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler Fehler in forensisch-psychologischen, forensisch-psychopathologischen, forensisch-psychiatrischen Gutachten. Vorbemerkung: Das Einzelfallprinzip gebietet, sicherheitshalber nur von potentiellen Fehlern zu sprechen. Der Katalog enthält also überwiegend nur potentielle Fehler. Ob ein potentieller Fehler im spezifischen Einzelfall wirklich ein Gutachten-Fehler ist, sollte nicht absolut-allgemein, sondern im Realitätsrahmen und Situationskontext des Einzelfalles untersucht und entschieden werden. Und natürlich hängt die Fehler-Diagnose und das Gewicht, das ihr zukommt, auch sehr davon ab, aus welcher wissenschaftlichen Perspektive oder Basis die Betrachtung erfolgt. PsychoanalytikerInnen haben z.B. ein sehr lockeres Verhältnis zu Phantasie und Vermutungen und verwechseln diese oft mit Wissenschaft, Empirie oder Objektivität. Wichtig ist vielleicht auch, dass man sich eingesteht: fehlerlose Gutachten gibt es nicht. Aber: die Problemlösung beginnt bekanntlich mit der Problemwahrnehmung. Deshalb ist es sinnvoll, sich seinen möglichen Fehlern grundsätzlich zu öffnen. Manche Fehler mögen auch keine ernste Bedeutung haben, andere aber im jeweiligen Einzelfall vielleicht schon. Und es gibt fatale Fehler, die ein Gutachten nicht verwertbar machen (z.B. Oder-Diagnosen, Verfassung und Befinden zu den Tatzeiten nicht exploriert oder, bei keinem Ergebnis hierzu, die Beweisfrage als nicht beantwortbar erklärt, nicht persönlich untersucht, unzulängliche Mittel und Methoden angewendet, ... ... ...) Kleine Fehlertaxonomie: (1) Fatale, nicht mehr reparierbare Fehler. (2) Fatale Fehler ohne nähere Spezifikation. (3) Fatale, aber grundsätzlich noch reparierbare Fehler ("Nachbesserung", weiteres Ergänzungsgutachten). (4) Fehler ohne bedeutsame Auswirkung auf die Beantwortung der Beweisfrage. (5) Sonstiger in seiner Bedeutsamkeit nicht richtig oder zuverlässig einschätzbarer Fehler. Sonderfall: Fehlerhaftes Gutachten, aber im Ergebnis nachvollziehbar und - wenn auch mit anderem Vorgehen - zum gleichen Ergebnis gelangend. Diagnosen-Fehler (DiagF) 1. DiagF01: Es werden Vermutungs- oder bloße Meinungsdiagnosen (>Meinungsachten) mitgeteilt. 2. DiagF02: Es werden mehrere Diagnosen als "ver-oderte" Möglichkeiten ausgewiesen. 3. DiagF03: Nichtberücksichtigung der üblichen Explorations- oder Diagnoseleitfäden (ICD-10). 4. DiagF04: Es werden die üblichen Explorations- oder Diagnoseleitfäden (ICD-10) zwar berücksichtigt, aber nur im Ergebnis und nicht aus den Kriterien nachvollzieh- und für die Gerichtsorgane prüfbar ausgewiesen. . 5. DiagF05: Die Diagnose scheint vom Himmel zu fallen, ohne dass ein Bezug zu Befunden und ihren Datengrundlagen mitgeteilt wird. 6. DiagF06: Bei mehreren Gutachtern werden Diagnosen nicht kritisch erörtert übernommen (Beleg Gustl F. Mollath). 7. DiagF07: Es werden falsche Diagnosen angeführt. 8. DiagF08: Es werden nicht alle Diagnosemöglichkeiten einbezogen und geprüft. 9. DiagF09: Ferndiagnosen sind verboten. 10. DiagF10 Unvollständige ICD-10 Verschlüsselung. 11. DiagF-X: Sonstiger, bislang nicht erfasster Fehler, der dem Bereich Diagnosen zuzuordnen ist.
Einführung in die Diagnostik zum Fall Gustl F. Mollath
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Die Chronik der Geschichte kann auf der Seite gustl-for-help eingesehen werden und die Kriminalgeschichte dieses Falles ist einmalig auf den Seiten von Dr. Strate dokumentiert. Ich beschränke mich hier auf den diagnostischen Werdegang und seine Entwicklung. Hintergrund sind Ehekonflikte, im Brennpunkt die steuervermeidende Tätigkeit der Ehegattin bei der HypoVereinsbank, die auf massive Kritik des politisch engagiert-kritischen Humanisten und Friedensaktivisten Gustl F. Mollath stößt, der eine bessere Welt will und dem die Tatsache "Alle sieben Sekunden verhungert ein Kind" (Ziegler) unerträglich ist. Die Grundlagen für den Justiz- und Psychiatrieskandal wurden von der damaligen Ehefrau durch ihre Aussagen und Aktivitäten gelegt. Die Gutachten, gutachtlichen Stellungnahmen und die jeweiligen Beweisfragen sind hier gelistet. 1. Es begann mit dem ärztlichen Attest (15.08.2001) - das nur auf den Angaben der Ehefrau beruhte und dessen Entstehung und Urheberschaft im Dunkeln liegt - zu häuslichen Gewalttaten und Verletzen der Ehefrau aus der Praxis Dr. Reichel. Inzwischen gibt es zwei Ausgaben, wobei die in der Hauptverhandlung eingereichte zweite Ausgabe juristisch als unechtes Dokument gewertet wurde und damit den Weg für das Wiederaufnahmeverfahren frei machte. 2. Danach folgte das ärztliche Attest von Frau Dr. Krach aus dem BZK Erlangen, das ebenfalls nur auf den Angaben der Ehefrau beruhte (der Ehemann leide mit großer Wahrscheinlichkeit an einer ernstzunehmenden psychiatrischen Erkrankung, im Rahmen derer eine erneute Fremdgefährlichkeit zu erwarten ist). Damit war die Idee eines psychisch Gestörten vorgebahnt. 3. Diese "Hilfsmittel" (gewalttätiger, psychisch gestörter Ehemann) wurden in die Aussagen und Anzeigen der Ehegattin eingearbeitet und ergänzt. Bei ihrer Vernehmung (Bahnungsstellen im folgenden von RS fett-kursiv hervorgehoben): durch den Ermittlungsrichter beim Amtsgericht Tiergarten, Berlin, (Bl 47 ff am 15. Mai 2003 hätte die Geschädigte Petra Mollath u.a. angegeben, dass der Misshandlung durch ihren Mann am 12.08.2001 kein besonderes Ereignis vorangegangen sei. Ihr Mann hätte sich psychisch verändert und in sich zurückgezogen. Er sei geschäftlich nicht sehr erfolgreich gewesen und hätte das Geschäft aufgeben müssen. Er sei dann hauptsächlich zu Hause gewesen. An diesem besagten Tag hätte er sie plötzlich ohne Vorwarnung angegriffen. Er hätte sich in seinen Wahn reingesteigert, das heiße, er wolle die Welt verbessern und meine, alle seien schlecht und sie sei auch schlecht. Ihr Mann hätte sie dann zu Boden gebracht und sich auf sie gesetzt und sie gewürgt. Sie sei bewusstlos geworden. Er hätte sie bestimmt mehr als 20 Mal am ganzen Körper mit der Faust geschlagen. Er hätte sie auch getreten. Es seien mehr als 3 Tritte gewesen, sie seien in die untere Körperhälfte gegangen. Als sie am Boden gelegen sei, hätte sie von ihm noch mehrere Tritte bekommen. Nach dem Würgen auf dem Boden sei seine Aggression langsam abgeklungen. 4. Damit war die Basis für eine psychische Störung gebahnt, insbesondere wurde Mollaths angeblicher Wahn ins Spiel gebracht; Informationen, die beim Justizapparat und ersten Gutachter Dr. Lippert offensichtlich auf fruchtbaren Boden fielen. 5. Gustl F. Mollath hatte zwei "Einladungen" von Dr. Lippert ignoriert und verweigerte jede Untersuchung und Exploration, die er offenbar als Zumutung empfand. Er erlebte sich als gesund und wollte sich nicht psychiatrisieren lassen. 6. Dr. Lippert erstattete als erster am 22.4.2004 in der Hauptverhandlung ein mündliches Gutachten und kam zu dem Ergebnis, "dass beim Angeklagten eine gravierende psychische Erkrankung, vermutlich eine Psychose vorliegt. Die Voraussetzungen von " 21 StGB seien anzunehmen, die Voraussetzungen von §§ 20 und 63 StGB wahrscheinlich vorliegend." 7. Es folgte die verfassungswidrige Einweisung - nach einem kurzen Zwischenspiel im Klinikum am Europakanal in Erlangen - zur Beobachtung zu Dr. Leipziger in das BKH Bayreuth vom 14,02, bis 21.05.2005. 8. Auch dort spielte Gustl F. Mollath nicht mit und verweigerte jede Mitwirkung an einer Untersuchung und Exploration. Aufgrund der Inkompetenz der Klinik kam es zu absurd-skurilen Machtkämpfen (Stichwort Kernseife), die die ohnehin sehr schlechte Anfangsbeziehung noch einmal verstärkte. 9. Dr. Leipziger fehlten letztlich die Argumente und er fragte deshalb am 04.05.2005 in einem unglaublichen Vorgang bei der Staatsanwaltschaft neue Vorfälle nach, womit er seine parteiische Willfährigkeit unterstrich, Mollath auszuschalten. Schließlich richteten sich Mollaths Schwarzgeldvorwürfe gegen die Hypovereinsbank, eine bayerische Quasi-Staatsbank, die sich in sensiblen Übernahmeverhandlungen durch die UniKredit befand. So kam es zu den abenteuerlichen Reifenstechereien, die die Polizei rechtzeitig zur Berücksichtigung für das Gutachten Dr. Leipziger zur Verfügung stellen konnte. 10. Dann trat die Kriminalgeschichte in ein ebenfalls kaum zu glaubendes neues, raffiniertes Stadium: Die Verhandlung am Landgericht wurde monatelang verschleppt und dann exakt so gezeitigt, als der "harte Hund", Richter Brixner, Vorsitzender Richter am 7. Strafsenat, Mollath in Empfang nehmen konnte; wobei der offenbar schon weit vor der geplanten Übernahme des Falles verwickelt war, eine klare Meinung ("M.= Spinner") über Mollath und auch Beziehungen zum Nachfolgepartner der Ehefrau hatte. 11. Dr. Leipzigers amorphes Ferngutachten vom 25.07.2005 ohne jedes persönliches Untersuchungsfundament und ohne jede persönliche Exploration schuf nach den drei Vorarbeiten durch die Ehefrau, den Attesten der von ihr instrumentalisierten ÄrztInnen und dem daran anknüpfenden mündlichen Gutachten von Dr. Lippert die Grundlage für alle weiteren Gutachten und gutachtlichen Stellungnahmen. 12. Nachdem sich Gustl F. Mollath in Bayreuth nicht in die Knie zwingen ließ, verlegte man ihn in die Hochsicherheits- "Strafkolonie" nach Straubing. Vielleicht konnten die ihn kleinkriegen. Ein Nebeneffekt war, dass Bayreuth die betreuungsrechtlichen Fragen nach Straubing abgeben musste, weshalb Dr. Simmerl ins Spiel kam und zum Spielverderber werden sollte. Denn: 13. Eine Ausnahme bildete das zivilrechtliche Betreuungs- und Geschäftsfähigkeitgutachten Dr. Simmerls vom 26.9.2007 aus Mainkofen, der trotz entsprechendem Brief des BZK Bayreuth sich vor allem auf der Grundlage persönlicher Untersuchung und Exploration eine eigene fundierte Meinung bilden konnte. 14. Deshalb musste nun Prof. Dr. Kröber aus Berlin ran, bekannt als crème de la crème Gutachter, (O-Ton Dr. Merk) u.a. wohl auch für hartnäckige und widerspenstige Fälle in Bayern. Schließlich hatte er sich ja schon in anderen Fällen bewährt, z.B. im Fall Peggy mit dem Sündenbock Ulvi Kulac. Die Koryphäe schrieb weitgehend einfach ab, was Dr. Leipziger zusammenphantasierte und bestätigte es ohne jede kritische Erörterung und Überprüfung - entgegen seinen mehrfach veröffentlichten eigenen Kriterien (Beispiel). 15. Diese Praxis übernahm im Wesentlichen auch Prof. Dr. Pfäfflin in seinem Gutachten vom 12.02.2011. 16. Ein weiterer extremer Sündenfall gegenüber wohlverstandenem Recht, wissenschaftlichen Ansprüchen und gesunden Menschenverstand ergab sich dadurch, dass Dr. Leipziger in Personalunion (1) Beobachter, (2) Verfasser des Unterbringungsgutachtens (§§ 20, 21, 63 StGB), (3) Verwahrer und (4) vielfacher jährlicher gutachtlicher Stellungnehmer (§ 67e StGB ) war. Und das bei einer extrem negativen Arbeitsbeziehung ohne jedes Vertrauen. Durch eine völlig unsinnige und von keinem Gericht beanstandete "Logik" schrieb er seine unbegründete Diagnose fort - einzig auf der Basis, weil Herr Mollath seine Haltung nicht verändert habe, habe sich auch ansonsten nichts verändert. Diesem Unsinn schlossen sich - bis auf Dr. Simmerl und Dr. Weinberger - nicht nur die Gutachter Prof. Dr. Kröber und Prof. Dr. Pfäfflin u.a., sondern auch die Gerichte, an (Beispiel OLG Nbg. 5.5.2009)
DiagF01 Es werden Vermutungs-, Verdachts- oder bloße Meinungsdiagnosen mitgeteilt. Beleg DiagF01 Prototypische Struktur Die 5. Ebene der Diagnose wird nicht korrekt aus 1. Daten des Erlebens- oder Verhaltens über 2. Symptome, 3. Syndrome, 4. Befunden Schritt für Schritt regelgeleitet und nachvollziehbar begründet, sondern es tauchen Formulierungen auf wie "vermutlich", "vielleicht", "möglicherweise", "möglich", "könnte", "auch", "annehmen" u.ä. Während der zweite Fehlertyp das "oder" ("Ver-Oderung") betrifft, geht es hier um das Vage, Unscharfe, Eventuelle, um Verdacht und Vermutung. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn nicht persönlich untersucht und exploriert wurde. Diese Lücke wird gewöhnlich durch Meinen geschlossen, statt den Auftrag als nicht erfüllbar ("non liquet") zurückzugeben. Germanistisch ist auch die Verwendung des Konjunktivs ein Indiz für Diagnoseunsicherheit. Belege-DiagF01 Alle vier Mollath-Gutachter (Nbg., Bay., Berl., Ulm) haben nur Verdachts-, Vermutungs- oder bloße Meinungsdiagnosen. Keine ist auch nur annähernd solide und nachvollziehbar datenfundiert und angemessen begründet. Die Folgegutachter beziehen sich auf die Vorgutachter und schreiben im wesentlichen jeweils ab. Auf einer solchen dürftigen und völlig unzulänglichen Datenbasis darf man niemand seiner Freiheit berauben und auf Jahre oder gar Jahrzehnte im Maßregelvollzug verschwinden lassen. Beleg DiagF01a (Lippert) Gustl F. Mollaths Oder-Diagnosen Fehler beim Nürnberger Gutachter Widersprüchliche und in sich unlogische Begründung Unterbringungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 22.4.2004, 41 (Az.: Ds 802 Js 4743/03 S. 2):
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Quelle: http://www.gustl-for-help.de/download/2004-05-05-Mollath-Amtsgericht-Einweisungsbeschluss.pdf
Obwohl der Gutachter nur zu einer Vermutung ohne jegliche Explorationsbasis gelangt, dass „eine gravierende psychische Erkrankung, vermutlich eine Psychose vorliegt“, wertet der Richter das mündliche Gutachten als „nachvollziehbar und überzeugend“. Für unsichere Vermutungs- oder Verdachtsdiagnosen) kann die Nichtverwertbarkeit aus dem BGH-Beschluss zu Oder-Diagnosen herangezogen werden. Beleg DiagF01b (Leipziger) Gustl F. Mollaths Oder-Diagnosen Fehler bei Dr. Leipziger > Beleg DiagF02 Um nicht zu redundant zu werden, möchte ich hier auf Beleg DiagF02-01b verweisen. Beleg DiagF01c (Kröber) Gustl F. Mollaths Oder-Diagnosen Fehler bei Prof. Dr. Kröber In Kröbers Gutachten fällt auf, dass er gar keine eigene Erkundung und Erörterung zur Diagnose vornimmt, sondern sich voll auf Dr. Leipzigers Vermutungen stützt, der gar nicht persönlich untersucht und exploriert hat. Dafür erhebt er sich über Dr. Simmerl ("Das Gutachten Simmerl stützt sich ... sowie auf die einmalige Exploration ...") , der seine Ergebnisse im Gegensatz auf die keinmalige Exploration Dr. Leipzigers und seiner selbst, auf eine persönliche Untersuchung und Exploration stützten konnte wie es sich gehört. Weder werden die psychischen Verfassungen zu den verschiedenen Tatvorwürfen differenziert betrachtet und erörtert noch die 10 Tatzeitpunkte einer gründlichen Prüfung unterzogen. So kommt Kröber S. 24 zu dem abenteuerlichen Zwischenergebnis: "Sicherlich wäre es gut und sinnvoll gewesen, mit Herrn Mollath zu sprechen, dieser hätte sinnvollerweise die Chance nutzen sollen, seine Sichtweise darzustellen. Andererseits findet sich in den Akten eine durchaus gute und ausreichende Informationslage über die psychische Verfassung und die Äußerungsweisen von Herrn Mollath in den Jahren vor seiner Unterbringung. Von daher kann eindeutig festgestellt werden, dass die Materialien, die insbesondere der Gutachter Dr. Leipziger zusammengetragen hat, vollauf ausreichen, um die Diagnose einer "wahnhaften Störung" zu rechtfertigen." Abschließend kommt Kröber, S. 30f in seinem Gutachten zu folgenden Endergebnis: "Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die in den Taten zutage getretene Gefährlichkeit des Untergebrachten nach wie vor unvermindert ist, da seine Krankheit nicht abgeklungen ist, auch nicht abgeschwächt ist, und hinsichtlich einer notwendigen Therapie auch keinerlei Kooperationsbereitschaft besteht. Eindeutig ist festzuhalten, dass nach allen vorliegenden Unterlagen und nach dem weiteren Unterbringungsverlauf die Diagnose einer zumindest wohnhaften Störung bestätigt wurde, wobei nicht auszuschließen ist, dass diese Teil einer schizophrenen Erkrankung ist, die bereits seit etwa 10 Jahren andauert. Dass zwischenzeitlich in einem Betreuungsgutachten das Vorliegen von Geschäftsfähigkeit attestiert wurde, überzeugt bei Kenntnis der relevanten Informationen nicht; allerdings kommt es für die Unterbringung auf Geschäftsfähigkeit auch nicht an. In dem entsprechenden Gutachten wird unzutreffend angenommen, dass die Überzeugungen des Probanden nicht wahnhaft sind, sondern der Realität entsprechen." Obwohl keinerlei Untersuchungsergebnisse vorliegen, basieren Kröbers groteske Schlussfolgerungen einzig und allein auf einer unveränderten Haltung Mollaths, sich nicht untersuchen und explorieren zu lassen. Die falsche Logik und Denkfehler bei Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber und Prof. Dr. Pfäfflin Herr Mollath hält sich von Anfang an für gesund und verweigert Dr. Lippert, Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber eine persönliche Untersuchung und Exploration. Logisch konsistent und konsequent verweigert er daher auch eine "Behandlung". Nennen wir dieses elementare Erlebens- und Verhaltendatum Merkmal M1. Das Beweisfragen relevante Merkmalsmodell BRM der Gutachter Dr. Leipziger und Prof. Dr. Kröbers kann nun wie folgt (o.B.d.A.) dargestellt werden, wenn wir für M2 anhaltende Krankheit, M3 wahnhafte Störung, M4 unverminderte Gefährlichkeit einsetzen: BRM (Mollath) = M1, M2, M3, M4. Dr. Leipziger und Prof. Dr. Kröber schlussfolgern nun: Weil sich M1 nicht geändert hat, haben sich M2, M3 und M4 auch nicht geändert. Eine solche Schlussfigur ist weder in der Logik, noch in der Wissenschaftstheorie und in den Erfahrungswissenschaften und auch nicht dem gesunden Menschenverstand bekannt. Man könnte diese Schlussfigur nach ihrem wahrscheinlichen Zweck Beugehaft-Logik nennen: Kurz und bündig: wer nicht spurt und sich unterwirft ist krank und gefährlich, ja krank und gefährlich für immer - obwohl doch die empirische psychiatrische Forschung weiß, dass Wahn, selbst wenn es denn einer wäre, in vielen Fällen einfach wieder verschwindet oder sich mehr oder minder zurückbildet. So mündet die große Norwegenstudie (1992) in die Erkenntnis: "Die Maxime „einmal Paranoia, immer Paranoia" entspricht offensichtlich nicht den Tatsachen." Aber von den Wahn-Tatsachen wissen die crème de la crème Gutachter nichts oder sie wollen sie wie immer auch motiviert nichts davon wissen. Ja, sie sind noch nicht einmal in der Lage, einen Definitionsbezug anzugeben (erst Kröber im Telepolis-Interview bezieht sich auf Gruhle falsches Kriterium). Prof. Dr. Pfäfflin begeht trotz persönlicher Untersuchung und Exploration einen ähnlichen Denkfehler, allerdings unter der Voraussetzung dass die Überzeugungen tatsächlich als wahnhaft einzustufen sind. Er schreibt S.45: "Die Einweisungsdiagnose und die aktuelle Diagnose sind identisch. Herr M. hat sich bisher nicht von seinen als wahnhaft eingestuften Überzeugungen entfernt. Diese imponieren, wie dies bei dieser Diagnose ohnehin die Regel ist, als unkorrigierbar." Die langfristige Unkorrigierbarkeit bestätigt die Wahnliteratur aber gerade nicht. Selbst wenn man aber den "Schwarzgeldwahn" rein hypothetisch unterstellt, ist damit 5 Jahre später nichts über die Gefährlichkeit gesagt (hierzu)
DiagF02 Es werden mehrere Diagnosen als "ver-oderte" Möglichkeiten ausgewiesen. Beleg DiagF02 Prototypische Struktur Führt eine GutachterIn aus, daß eine Störung S1 zugeordnet zum Eingangsmerkmal "krankhafte seelische Störung" oder eine Störung S2 zugeordnet zum Eingangsmerkmal "tiefgreifende Bewusstseinsstörung" oder eine Störung S3 zugeordnet zum Eingangsmerkmal "Schwachsinn" oder eine Störung S4 zugeordnet zum Eingangsmerkmal "schwere andere seelischen Abartigkeit" vorliegen kann, so bleibt nicht verwertbar offen, welche der Eingangsvoraussetzungen vorliegt. Das ist nach dem BGH Beschluss vom 12. 11. 2004 - 2 StR 367/04 (LG Koblenz) nicht zulässig. Beleg DiagF02-01 Gustl F. Mollaths Oder-Diagnosen Fehler Im Fall Gustl F. Mollath wird dieser Fehler gleich mehrfach gemacht - nicht bemerkt, gerügt und zurückgewiesen von den Gerichten - als ob der eine Gutachter die Fehler
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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vom anderen übernimmt, möglicherweise um nach außen ein Bild psychiatrischer Einheit zu demonstrieren. Das ist bei Fehlern natürlich besonders fatal. Beleg DiagF02-01b Gustl F. Mollaths Oder-Diagnosen Fehler Bayreuther Gutachter Bayreuther Gutachter kann sich in seinem Gutachten vom 25.7.2005 zur Schuldfähigkeit zu keiner Diagnose durchringen (S. 28): „stellt das … nicht sicher zuordenbare Krankheitsbild eindeutig eine schwere psychische Erkrankung dar, die am ehesten [!, RS] dem biologischen Eingangskriterium der krankhaften seelischen Störung, alternativ auch der schweren anderen seelischen Abartigkeit zuzuordnen ist.“ Genau eine solche "Alternative" lässt der BGH Beschluss vom 12. 11. 2004 nicht zu. Der Bayreuther Gutachter erklärt sich völlig unsicher und weiß im Grunde nichts außer Spekulationen, Vermutungen, Erörtern von Möglichkeiten, oder ... Es können zwar im Einklang mit der Lebens- und Rechtsrealität mehrere Eingangsvoraussetzungen zugleich erfüllt sein, müssten dann aber nach dem BGH Beschluss 2004 logisch durch „und“ verknüpft werden. Es ist danach nicht zulässig, zu sagen, es läge vielleicht E1.1 oder E1.2 oder E1.3 …, möglicherweise aber auch E2 oder E3 vor. Indikationen für Diagnoseunsicherheiten sind auch Formulierungen wie „vermutlich“, „alternativ“, „oder“, „käme in Frage“, in Betracht ziehen“, „könnte“, "vielleicht", „möglich“ wie im Ergebnis der Eingangsvoraussetzungen (S. 27f: fett-kursiv RS, dahinter die Unsicherheitssignatur) mitgeteilt wird:
Signierungen für Unsicherheiten diagnostischer Zuordnungen U := Unsicherheit, z := Zählung, z.B. U7 siebte Unsicherheit K := Konjunktiv, drückt nur eine Möglichkeit aus, z := Zählung B := Bedingung, so ..., falls, wenn etwas der Fall sein sollte, z := Zählung O := Offene, nicht klärbare Frage, z := Zählung. M := Möglichkeit, z := Zählung A := Alternative, oder ... F := Fehler, fehlende Alternative, z := Zählung. Trotz massiv angenommener Erregung wurde eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung nicht einmal angedacht. S := nicht sicher, z := Zählung W := unlogisch, Widerspruch, zirkulär, z := Zählung, z.B. wenn etwas aus einem Krankheitsbild folgen soll, obwohl das Krankheitsbild gar nicht klar ist, oder die Steuerungsfähigkeit eingeschränkt bewertet wird und zugleich die Einsichtsfähigkeit als aufgehoben gedacht wird. Die Rechtsprechung verlangt, erst die Einsichtsfähigkeit zu prüfen. Ist dies nicht gegeben, darf nach der Steuerungsfähigkeit gar nicht mehr gefragt werden. _ „Für die beim Angeklagten zu diagnostizierende paranoide Symptomatik und seine damit verbundenen massiven affektiven Veränderungen käme [U1K1] differentialdiagnostisch eine wahnhafte [>28] psychische Störung ICD 10 F 22.0 in Frage, wobei die massiven affektiven Störungen des Angeklagten und die mehrere Bereiche umfassende paranoide Symptomatik, sowie das evtl. vorhandene Hören von Stimmen, die sein eigenes Tun kommentieren, in der diagnostischen Abwägung eher gegen diese Diagnose sprechen würden. Differentialdiagnostisch käme [U2K2] beim Angeklagten auch die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie (ICD 10: F 20.0) in Betracht. Für diese Diagnose würden neben den paranoiden Inhalten des Angeklagten dessen affektive Störungen, seine bizarren Verhaltensmuster und vor allem - so [U3B1] sie bei ihm mit hinreichender Sicherheit angenommen werden können - Handeln kommentierende Stimmen sprechen. Als weitere Differentialdiagnose müssten [U4K3] beim Angeklagten eine organische wahnhafte (schizophrenoforme) Störung in Betracht gezogen werden, für die allerdings eine organische Erkrankung oder Schädigung des Gehirns des Angeklagten als Ursache gefunden werden müsste. Der Angeklagte hat sich jedoch sowohl einer laborchemischen als auch einer gezielten neurologischen oder apparativen Untersuchungen seines Gehirns, wie der Computertomographie des Kopfes, der Ableitung der Hirnstromkurve (EEG) oder anderer Untersuchungsverfahren nachhaltig verweigert, so dass eine mögliche organische Grundlage der beim Angeklagten diagnostizierten paranoiden Störung weder ausgeschlossen, noch belegt werden kann. [U5O1] Die genannten möglichen Differentialdiagnosen [U6M1] der beim Angeklagten festgestellten komplexen wahrhaften Symptomatik mit zumindest sicher feststellbaren massiven affektiven Veränderungen stellen ungeachtet ihrer Ätiologie ein schweres, zwingend zu behandelndes psychiatrisches Krankheitsbild beim Angeklagten dar. Die beim Angeklagten vorliegende schwere psychische Störung stellt eine krankhafte Störung im Sinne der biologischen Eingangskriterien der §§ 20/21 StGB; dar, könnte allenfalls [U7K4] aus eher akademischen Gründen im Falle der Diagnose der nur "wahnhaften Störung" nach ICD 10 F 22.0 alternativ auch [U8A1] dem biologischen Eingangskriterium der schweren anderen seelischen Abartigkeit zugeordnet werden. Somit stellt das beim Angeklagten sowohl zum Zeitpunkt der Begutachtung vorliegende als auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu den Tatzeitpunkten vorliegende geschilderte, differentialdiagnostisch aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft des [>29] Angeklagten nicht sicher zuordenbares Krankheitsbild [U9S1] eindeutig eine schwere; psychische Erkrankung dar, die am ehesten [U10S2] dem biologischen Eingangskriterium der krankhaften seelischen Störung, alternativ auch [U11A2] der schweren anderen seelischen Abartigkeit zuzuordnen ist. Ohne Zweifel spricht das Verhalten des Angeklagten, das durch die Zeugenaussagen geschildert wird - soweit das Gericht den Angaben der betreffenden Zeugen Glauben schenkt - dafür, dass sich der Angeklagte zu den gegenständlichen Tatzeitpunkten in einer aus seinem Krankheitsbild [U12W1] herrührenden, massiven affektiven Erregung [U13F1] befunden hat, aufgrund deren zumindest seine Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB erheblich beeinträchtigt war. Unter dem Eindruck akuten wahnhaften Erlebens oder einer wahnhaft erlebten Bedrohung kann für die Tatzeitpunkte auch eine Aufhebung von Steuerungs- und/oder Einsichtsfähigkeit zumindest für die Tatkomplexe nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, in denen massive Aggressionshandlungen vom Angeklagten zu verzeichnen waren . Von daher liegt beim Angeklagten zu den gegenständlichen Tatzeitpunkten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus forensisch-psychiatrischer Sicht zumindest eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit vor, wobei eine Aufhebung von Steuerungs- und/oder Einsichtsfähigkeit beim Angeklagte zu den Tatzeitpunkten nicht mit hinreichender Sicherheit [U14W2] aufgrund der derzeitig vorliegenden Erkenntnisse ausgeschlossen werden kann.“ Ergebnis der Unsicherheitsprüfung entsprechend dem BGH Beschluss
Die Erörterungen zur Diagnostik und ihrer Zuordnung zu den 4 Eingangsmerkmalen enthalten 14 Unsicherheiten, wovon 13 relevant sind [außer U5O1] und nicht die vom BGH verlangte Sicherheit erfüllen und sämtlich nicht auf einer persönlichen Untersuchung und Exploration beruhen und sämtlich nicht kausal zu Daten während der Tatzeitpunkte in Beziehung gesetzt werden. Zu den Unsicherheiten gehören vier Konjunktive; zwei Widersprüche (einer gegen die Logik, W1, einer gegen die rechtlichen Gebote, W2); zwei Alternativen vom Typ "oder"; eine gebotene, aber fehlende Alternative (tiefgreifende Bewusstseinsstörung nicht angedacht); eine Bedingung, eine Möglichkeit und zwei direkt formulierte Unsicherheiten = 4+2+2+1+1+1+2 = 13. _ Beleg-DiagF02-01c Gustl F. Mollaths Oder-Diagnosen Fehler Prof. Dr. Kröber. Prof. Dr. Kröber führt keine eigene diagnostische Erhebung, Erörterung und kritische Prüfung durch, sondern übernimmt die Vorgaben und damit Mängel und Fehler von Dr. Leipziger (er "odert" damit implizit).
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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Alle Gerichte übernehmen die Diagnose-Fehler. Bis heute hat kein einziges Gericht den Diagnoseprozess kritisch durchleuchtet wie es die Pflicht der RichterInnen wäre.
DiagF03 Nichtberücksichtigung der üblichen Explorations- oder Diagnoseleitfäden (ICD-10) nicht berücksichtigt. Belege-DiagF03: Mollath: Exploration- oder Diagnoseleitfäden werden (Ausnahme vom Ulmer, aber falsch) von keinem Mollath Gutachter gemacht. Selbst der Ulmer Gutachter, der durch die Gewährung persönlicher Untersuchung und Exploration die Möglichkeit hatte, das Daten-Vakuum der drei Vorgutachter auszubügeln, macht unverständlicherweise keinerlei Gebrauch davon, ja nicht einmal Anstalten. Statt Befinden und Verfassung zu den 10 Tatzeitpunkten z.B. mit Hilfe des SKID I festzustellen, untersucht er mit SKID II, der dann noch den Befund "kein Wahn nach SKID II" ergibt
DiagF04 Es werden die üblichen Explorations- oder Diagnoseleitfäden (ICD-10) zwar berücksichtigt, aber nur im Ergebnis und nicht aus den Kriterien nachvollzieh- und für die Gerichtsorgane prüfbar ausgewiesen. Belege-DiagF04 Nachdem Dr. Leipziger und Prof. Dr. Kröber keinen der üblichen Explorations- oder Diagnoseleitfäden anwenden stellt sich die Frage gar nicht, wie ein nachvollziehbares Ergebnis zustande kommt.
DiagF05 Die Diagnose scheint vom Himmel zu fallen, ohne dass ein Bezug zu Befunden und ihren Datengrundlagen mitgeteilt wird. Belege-DiagF05 Daten des Erlebens und Verhaltens spielen eine nur sehr geringe, ja fast gar keine Rolle. Es genügte die Behauptung Mollaths, es würden Schwarzgeldverschiebungen durchgeführt, um daraus bei den Gutachtern und der Justiz spontan und assoziativ einen "Schwarzgeldwahn" auf den Plan zu rufen. Weder wird eine Definition des Wahns, die man zugrundelegt, mitgeteilt, noch der Versuch unternommen, die Angaben mit hinreichend belastbaren Daten des Erlebens und Verhaltens zu begründen. Eine gründliche Bezugaufnahme auf die 10 Tatzeitpunkte hielt ohnehin niemand für nötig. Am merkwürdigsten ist aber, dass Mollath ja für jeden Menschen - mit durchschnittlicher Intelligenz und gesundem Menschenverstand - viele nachvollzieh- und kontrollierbare Fakten, einschließlich persönlicher Augenscheinzeugenschaft (Mitreise in die Schweiz) anführt, die seinen Behauptungen zu Schwarzgeldverschiebungen eine Qualität verliehen, die weit mehr als nur anlassbezogen verständlich, sondern schon so konkret waren, dass die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall einem Anfangsverdacht zwingend hätte nachgehen müssen. Es sei an dieser Stelle noch einmal erinnert: Jede forensische Diagnose mit wissenschaftlichem Anspruch muss einen sechsstufigen Prozess durchlaufen: 1. Stufe Basisdaten: Daten des Erlebens, Daten des Verhaltens, Körperdaten 2. Stufe: Symptome (Bedeutung für Syndrome oder Störungen) 3. Stufe: Syndrome (Ansammlung von Symptomen) 4. Stufe: Befunde (Gesamtschau aller für die Beweisfragen wichtiger Feststellungen) 5. Stufe: Diagnose, Feststellungen von Erkrankungen oder Störungen von Krankheitswert 6. Stufe: Folgen der Befunde und Diagnose(n) auf die Beweisfragensachverhalte
DiagF06 Bei mehreren Gutachtern werden Diagnosen nicht kritisch erörtert übernommen. (Beleg Gustl F. Mollath). Belege-DiagF06: Das ist leider bei fast allen Mollath-Gutachtern der Fall und beginnt bereits bei Dr. Lippert, setzt sich dann fort bei Dr. Leipziger, Prof. Dr. Kröber und Prof. Dr. Pfäfflin wie bei den alljährlichen StellungnehmerInnen. Die gesamte psychiatrische Diagnostik beruht im Fall Mollath im wesentlichen auf den fremdanamnestischen und parteiischen Behauptungen einer massiv interessegeleiteten Ehefrau, die nie kritisch erörtert und geprüft wurden. Selbst ganz offensichtliche Fehler und Widersprüche erleiden dieses Schicksal und werden von allen befassten Gerichten völlig unkritisch so hingenommen und unisono weggebügelt nach dem Motto: der Mann spinnt und ist gemeingefährlich..
DiagF07 Es werden falsche Diagnosen angeführt. Belege-DiagF07-01 Falsche Diagnose (OLG-Richter Fehler) bei Gustl F. Mollath OLG-Beschluss, S. vom 5. Mai 2009 (2 Ws 617/08): "Nach der Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Straubing vom 8.1.2008 und den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Kröber besteht die Persönlichkeitsstörung fort." Abgesehen davon, dass die Diagnosen der Gutachter sämtlich nicht datenfundiert sind, sorgen auch noch die Gerichte für Verwirrung und demonstrieren massive Unkenntnis der Sachlage. Als Beleg sei der OLG Nürnberg Beschluss (2 Ws 617/08, StVK 25/08 LG Regensburg in Straubing 802 VRs 4743/03 StA Nürnberg-Fürth) zur sofortigen Beschwerde gegen die weitere Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus vom 5. Mai 2009 zitiert (kritische Stellen fett.kursiv RS): "Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen. Nach der Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses Straubing vom 8.1.2008 und den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Kröber besteht die Persönlichkeitsstörung fort. Es existierten bislang keine gemeinsamen Ansatzpunkte für eine konstruktive Therapie, da der Untergebrachte krankheitsbedingt jegliche Therapie bzw. Behandlung verweigere. Für eine Erledigterklärung der Unterbringung nach § 67 d Abs. 6 StGB war somit kein Raum. Da somit bei dem Untergebrachten auch noch keine (stabilen) Behandlungsfortschritte erzielt werden konnten, die einen Ansatzpunkt für eine günstige Sozialprognose ergeben könnten, kam auch eine Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung noch nicht in Betracht. Bei Aussetzung der Maßregel zur Bewährung wäre jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt- mit erheblichen rechtswidrigen Taten des Verurteilten zu rechnen. Nachdem die Unterbringung erst seit dem 13.2.2007 (Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8.8.2006) vollzogen wird, sind auch die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer zur Verhältnismäßigkeit der Maßregel in keiner Weise zu beanstanden. Dies gilt auch, wenn man als Beginn der Unterbringung bereits die Unterbringung ab dem 27.2.2006 gemäß § 126 a StPO zugrunde legen würde. Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung. Ein nachvollziehbarer Grund für die Verweigerung der Untersuchung durch Prof. Dr. Kröber seitens des Untergebrachten ist für den Senat nicht ersichtlich. Die behauptete Verweigerung der Einsicht in die Behandlungsunterlagen durch das Bezirkskrankenhaus Straubing hat mit dem Sachverständigen Kröber nicht das Geringste zu tun. Eine Befangenheit des Sachverständigen, die einen Grund für die Unverwertbarkeit des Gutachtens darstellen könnte, vermag der Senat nicht ansatzweise zu erkennen. Der Sachverständige ist einer der anerkanntesten forensischen Psychiater Deutschlands und das Gutachten vom 27.6.2008 entspricht den aufgestellten Mindestanforderungen für ein Prognosegutachten voll. Angesichts der bereits dargestellten bisherigen Dauer der Unterbringung und der Tatsache, dass es sich bei den Anlasstaten um eine gefährliche Körperverletzung, eine vorsätzliche Körperverletzung und mehrere erhebliche Sachbeschädigungen handelte, deren Begehung nach den Feststellungen außerhalb des Maßregelvollzugs weiterhin noch vom Untergebrachten befürchtet werden muss, kann von einer Unverhältnismäßigkeit der Unterbringung , insbesondere unter Berücksichtigung, dass der Verurteilte nach wie vor eine Behandlung verweigert, zum jetzigen Zeitpunkt in keiner Weise gesprochen werden." Keine Rede mehr von Wahn oder gar paranoider Schizophrenie. Plötzlich soll eine völlig unspezifische "Persönlichkeitsstörung" vorliegen. Die völlig unsinnige Logik, dass von einem unveränderten Merkmal auf alle anderen geschlossen wird, ist ebenso abenteuerlich und falsch wie die kühne Behauptung, dass Kröber die Mindestanforderungen für ein Prognosegutachten voll erfülle. Er hat sie mitgeschrieben, wie er überhaupt einige kluge Sachen schreibt, aber er hält sich an seine eigenen Kriterien nicht, jedenfalls nicht im Fall Mollath.
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DiagF08 Es werden nicht alle Diagnosemöglichkeiten einbezogen und geprüft. Belege-DiagF08-01 Unzulängliche Prüfung der Entsprechungen bei den vier Eingangsmerkmalen Obwohl schon bei oberflächlicher Betrachtung jedem Kundigen auffällt, dass einer der drei Haupttatvorwürfe ein Affektgeschehen beschreibt, kommt keiner der Gutachter auf die offensichtlich naheliegende Idee, das dritte Eingangsmerkmal, die tiefgreifende Bewusstseinsstörung (Affekttäter) in Betracht zu ziehen und differentialdiagnostisch abzuklären. Es fehlt also die genaue Prüfung der Eingangsvoraussetzungen, was im Folgenden am Unterbringungsgutachten von Dr. Leipziger erörtert wird. Es sind hier Recht und Rechtsprechung klar. Hierzu Streng, Münchener Kommentar zum StGB 2. Auflage 2011, StGB § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen: "1. Die zwei „Stockwerke” von § 20 Randnummer 12 Der Struktur von § 20 entsprechend geht es im sog. „biologischen Stockwerk” um die Frage, ob zum Zeitpunkt der Tat eines der vier „Eingangsmerkmale”, nämlich eine krankhafte seelische Störung, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder eine schwere andere seelische Abartigkeit, vorlag. Nach der st. Rspr. des BGH darf nicht offenbleiben, welche der Eingangsvoraussetzungen des § 20 vorliegt, [FN1] was bei Störungskumulationen (Komorbidität) dazu führt, dass man entweder den gewichtigsten Defekt in den Vordergrund stellt oder mehrere Eingangsmerkmale zugleich benennt. [FN2] Auf der Erfüllung der Voraussetzungen des ersten Stockwerks aufbauend soll dann im sogenannten „psychologischen Stockwerk” geklärt werden, ob der vorliegende psychopathologische Zustand der bezeichneten Art(en) dazu geführt hat, dass der zu Begutachtende zum Tatzeitpunkt unfähig gewesen ist, „das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln”, dass maW Einsichtsfähigkeit oder Steuerungsfähigkeit fehlte. Prämisse dieser Zweistufigkeit ist, dass auch beim Vorliegen einer relevanten „biologischen” Basisstörung im Tatzeitpunkt die Beurteilung auf der darauf aufbauenden Ebene der normativ relevanten Fähigkeiten des Täters im „psychologischen” Stockwerk das Vorliegen voller Schuldfähigkeit ergeben kann.“ Die Beweisfragen betreffen drei Tathandlungen zu verschiedenen Tatzeiten, nämlich, wie Dr. Leipziger S. 1f ausführt: „Gemäß Anklageschrift vom 23.05.2003 (Bl. 65 ff) wird der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung und Freiheitsberaubung mit vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung gemäß §§Abs. 1 Nr. 5, 230 Abs. 1, 239 Abs 1, 52, 53 StGB beschuldigt.“ Tatvorwurf-1 12.8.2001 „So hätte der Angeklagte am 12.8.2001 seine Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung, Volbehrstr. 4, 90491 Nürnberg, ohne Vorwarnung und ohne rechtfertigenden Grund mindestens 20 Mal mit beiden Fäusten auf den gesamten Körper geschlagen. Außerdem hätte er die Geschädigte in den rechten Arm derart kräftig gebissen, dass von der blutenden Bisswunde bis heute noch eine Narbe zu sehen sei. Der Angeklagte hätte sodann seine Ehefrau zu Boden gebracht, sich auf sie gesetzt und sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Als die Geschädigte wehrlos am Boden lag, hätte er ihr mindestens 3 Mal mit den Füßen gegen die untere Körperhälfte getreten. Erst dann hätte er von der Geschädigten abgelassen.“ Tatvorwurf-2 31.05.2002 „Am 31.05.2002 sei die Geschädigte nach ihrer Trennung vom Angeklagten erneut in die Wohnung in der Volbehrstr. 4 in Nürnberg gekommen, um ihre Sachen aus dem Haus zu holen. Der Angeklagte hätte, als er dies sah, die Geschädigte an ihrer Kleidung ergriffen, worauf die Geschädigte versucht hätte, in ein anderes Zimmer zu flüchten. Nun hätte der Angeklagte ohne rechtfertigenden Grund mehrmals mit der Faust gegen die Oberarme der Geschädigten geschlagen und sie am Hals gewürgt. Um seine Ehefrau am Verlassen des Zimmers zu hindern, hätte er die Tür von innen zugeschlossen. Für ca. 1 ½ Stunden hätte er auf diese Weise die Geschädigte dort festgehalten. Erst als die Freundin der Geschädigten klingelte und gegen die Haustür schlug, sei es der Geschädigten gelungen, aus dem Zimmer zu flüchten und mit ihren gepackten Sachen das Haus zu verlassen.“ Tatvorwurf-3 23.11.2002 „Am 23.11.2002, gegen 13.10 Uhr, hätte sich der Angeklagte gemäß Sachverhalt, schriftlich niedergelegt durch PHM Häffner, PI Nürnberg-Ost (Bl 28 f der zum Verfahren verbundenen Akte 41 Ds 802 Js 4743/03) unberechtigt im Anwesen Wöhrder Hauptstr. 13 in Nürnberg aufgehalten. Er hätte sich trotz an diesem Tage durch den Geschädigten Müller erteilten Hausverbots nicht aus dem Anwesen entfernt. Hierbei sei es zu einem Handgemenge gekommen, bei dem der Angeklagte versucht hätte, den Geschädigten Müller zu schlagen und dieser den Angeklagten angeblich geschlagen sowie mit Worten wie ,,Arschloch" beleidigt hätte. Der Angeklagte hätte dann noch die Geschädigte Simbek in nötigender Art und Weise an die Wand gedrückt Der Grund der Anwesenheit des Angeklagten in dem besagten Anwesen sei vermutlich gewesen, dass dort seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wohne. Zur Tatzeit hätte er versucht Briefe aus ihrem Briefkasten zu entwenden.“ Eingangsmerkmal 2 Tiefgreifende Bewusstseinsstörung nicht erwogen Tatvorwurf -1 schildert eine scheinbar anlasslose Tat (schlagen, beißen, würgen, treten) was einen Erregungszustand nahelegt, der sich aus angestauten Affekten gebildet und entladen hätte haben können. Hier wäre auf jeden Fall die Eingangsvoraussetzung 2, die „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“, wenigstens zu bedenken und zu untersuchen gewesen. Hierzu Streng, Münchener Kommentar zum StGB 2. Auflage 2011, StGB § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen: „ a) Tiefgreifende Bewusstseinsstörung und Steuerungsfähigkeit Randnummer 75 Die in der gerichtlichen Praxis häufig abzuurteilenden Affekttaten [FN1] sind – was den sog. normalpsychologischen Affekt angeht – in ihrer Beurteilung äußerst umstritten. [FN2] Einigkeit dürfte immerhin darin bestehen, dass die Affekttaten auf zwei Ebenen zu unterscheiden sind, nämlich auf einer Ebene der spontan entstehende Affekt, etwa als Reaktion auf eine Beleidigung, und der „protrahierte Affekt” [FN3] im Rahmen eines sich zuspitzenden Beziehungskonflikts, der den Täter in den Zustand einer als ausweglos empfundenen „homizidalen Tatbereitschaft” führt. [FN4] Diese Unterscheidung dürfte der von Marneros vorgeschlagenen, nämlich nach Impulstat und Affekttat, entsprechen; hier wird das Wesen der Affekttat in der im Rahmen einer Täter-OpferBeziehung eingetretenen „tiefgreifenden Erschütterung der Selbstdefinition des Täters” gesehen. [FN5] Auf einer anderen Ebene lassen sich der sthenische Affekt (Wutaffekt) und der asthenische Affekt (Schwäche- oder Angstaffekt; vgl. § 33 StGB) [FN6] unterscheiden. Fest steht auch, dass für die Annahme einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung kein „blindwütiger, alle Dämme der Beherrschung brechender” Affekt, der folgerichtiges und zielgerichtetes Handeln ausschließen würde, zu verlangen ist. [FN7]“ Tatvorwurf-2 hätte, zumal er in seiner Intensität und Ausprägung geringer als Tatvorwurf-1 erscheint, ebenfalls eine Prüfung der Eingangsvoraussetzung 2, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung als Möglichkeit berücksichtigen müssen. Ähnliches gilt für Tatvorwurf-3. Dass Dr. Leipziger Eingangsmerkmal 2, die tiefgreifende Bewusstseinsstörung, überhaupt nicht erörtert, ist insofern kaum nachzuvollziehen, als er ja selbst, wenn auch undifferenziert, feststellt (S. 29, fett-kursiv RS):“ "Ohne Zweifel spricht das Verhalten des Angeklagten, das durch die Zeugenaussagen geschildert wird, {RS nicht richtig lesbar: soweit das Gericht den Angaben der betreffenden Zeugen Glauben schenkt ?} der Angeklagte zu den gegenständlichen Tatzeitpunkten in einer aus seinem Krankheitsbild herrührenden, massiven affektiven Erregung befunden hat, aufgrund, deren zumindest seine unter dem Eindruck seine Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB erheblich beeinträchtigt war.“
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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Von den vier Eingangsmerkmalen kann nur Eingangsmerkmal 3, Schwachsinn, sicher ausgeschlossen werden. Rein formal sind bei drei Tatvorwürfen und drei in Frage kommenden Eingangsmerkmalen E1, E2, E4, folgende 9 Hypothesen möglich und zu prüfen: Eingangsmerkmal § 20 StGB E1 Krankhafte seelische Störung
Ja=J E1=J
Nein=N E1=N
Nicht feststellbar=Nf E1=Nf
E2 Tiefgreifende Bewusstseinsstörung
E2=J
E2=N
E2=Nf
E4 Schwere andere seelische Abartigkeit E4=J
E4=N
E4=Nf
Eine solche erforderliche Prüfung und fundiert-kritische Erörterung aufgrund der Tatvorwurfsschilderungen erfolgt im Gutachten nicht. Lediglich im Ergebnis wird Diagnoseunsicherheit klar bekannt. (> FHR3) Belege-DiagF08-02 Unzulängliche Prüfung der Wahnätiologie Differentialdiagnostische Überlegung wurden zwar angestellt, blieben sämtlich aber in ihrer Bedeutung und Unsicherheit offen, so dass man nur von Vermutungs- und Möglichkeitsdiagnosen („vermutlich“, „alternativ“, „oder“, „käme in Frage“, in Betracht ziehen“, „könnte“, „möglich“) sprechen kann, die im übrigen nach dem BHG-Beschluss aus 2004 unzulässig sind Der BGH fordert natürlich mit Recht, dass bei einem so schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte und Rechte (persönliche Freiheit und Autonomie), eines Menschen, wenigstens Diagnosesicherheit herrschen muss. Unsichere Vermutungsdiagnosen dürfen niemanden - womöglich über viele Jahre hinweg - in den Maßregelvollzug der forensischen Psychiatrie bringen. Und genau diese vom BGH geforderte Diagnosesicherheit lag im Fall Mollath gerade nachweisbar nicht vor, noch nicht einmal auf der verbalen Behauptungsebene. Aber selbst wenn die Diagnosesicherheit auf der verbalen Behauptungsebene gegeben gewesen wäre, was nicht der Fall war, wäre immerhin unabdingbar zu zeigen, dass diese Diagnose(n) durch klare Befunde und ebenso klare Datenquellen begründet sind. Behaupten, meinen, vermuten genügt nicht bei einem wissenschaftlich fundierten Gutachten mit solchen rechtlichen und menschlichen Tragweiten. Ein extremer Mangel ist zudem, dass Alternativdiagnosen nicht einmal im Ansatz erwogen worden sind. Das ist allerdings dann psychologisch versteh-, wenn auch nicht billigbar, wenn man Vorurteil und Befangenheit unterstellt, unbedingt eine psychotische Störung finden zu wollen, einen Schwarzgeldwahn zu diagnostizieren. Hier zeigt sich, wie wichtig das vom BGH anlässlich einer Beurteilung und Bewertung von aussagepsychologischen Gutachten 1999 geforderte hypothesengeleitete Vorgehen ist, das vom 2 Senat des BVerfG noch einmal verallgemeinert bekräftigt wurde. Wer nämlich mehrere Möglichkeiten und Hypothesen ins Auge fasst, kommt hierdurch zwingend auch auf weitere differentialdiagnostische Möglichkeiten, wie z.B. Anpassungsstörung, Stresssyndrom, Beziehungskonflikt, Lebenskrise. Dass diese Möglichkeiten noch nicht einmal im Ansatz thematisiert wurden, spricht in hohem Maße dafür, dass hier durch Vorurteil und Befangenheit die gebotene forensischpsychiatrische Sorgfalt grob verletzt wurde. Zu prüfende Möglichkeiten für den sog. "Schwarzgeldwahn" 1. paranoid-halluzinatorischer schizophrener Wahn (ICD-10 F20) 2. Wahn in einer schizotypen Störungen (ICD-10 F21) 3. maniformer Wahn (ICD-10 F30.2) 4. anhaltend wahnhafte Störung (ICD-10 F22.0) 5. Wahn innerhalb einer schizoaffektiven Störung (ICD-10 F25) 6. Sonstige anhaltend wahnhafte Störung (ICD-10 F22.8) 7. depressiver Wahn (ICD-10 F32.3) 8. psycho-organisch bedingter Wahn (ICD-10 F06.2 ) 9. vergiftungs-induzierter Wahn (ICD-10 F06.x, z.B. "Lösungsmittel") 10. drogen-induzierter Wahn (ICD-10 F1x.51) 11. Wahn im Rahmen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.0) 12. stressbedingte vorübergehende wahnhafte Störung (ICD-10 F43) 13. überwertige Idee (unscharfes Symptom) 14. Irrtum, ideologisch motivierter 15. kein Wahn, normales, gesundes, anlassbezogenes Denken 16. Falsche Angaben aus Tendenzinteresse 17. sonstiges (Restkategorie)
DiagF09b Ferndiagnosen sind verboten > Rechtliche Beurteilung DiagF09r und fachliche Beurteilung DiagF09f. Auch sog. Aktengutachten können als Ferndiagnosen angesehen werden, weil sie nicht auf persönlicher Untersuchung und Exploration beruhen (> Zum Okkultismus in der forensischen Psychiatrie) Die Psychiatrisierung Mollaths fing mit einer fatalen und verbotenen Ferndiagnose im BZK Erlangen an. Dr. Leipziger berichtet: "S. 5: „In einer ärztlichen Stellungnahme für die Geschädigte Petra Mollath, datiert vom 18.09.2003 (Bl. 76 führt Frau Dr. Krach, Fachärztin der Institutsambulanz der Klinik für Psychiatrie und, Psychotherapie des Klinikums Am Europakanal, Erlangen, u.a. aus dass sie durch die Geschädigte zu einer psychiatrischpsychotherapeutischen Beratung, insbesondere in Sachen Ehescheidung und in ihrer Eigenschaft als Zeugin eines Verfahrens gegen dem Ehemann in Sachen Körperverletzung hinzugezogen worden sei. Aufgrund der glaubhaften, von psychiatrischer Seite in sich schlüssigen Anamnese gehe Frau Dr. Krach davon ans, dass der Ehemann (der Angeklagte) mit großer Wáhrscheinlichkeit an einer ernstzunehmenden psychiatrischen Erkrankung leide, im Rahmen derer eine erneute Fremdgefährlichkeit zu erwarten sei.“ Damit war die Idee eines psychisch Gestörten vorgebahnt. Auf diese Schiene sollten dann alle folgenden - strafrechtlichen und vom Gericht bestellten (also nicht Dr. Simmerl, Dr. Weinberger) - Gutachter unkritisch aufspringen.
DiagF10 Unvollständige ICD-10 Verschlüsselung Aufgrund der Verbreitung und Bedeutung dieses Fehlers wurde hierzu eine gesonderte Untersuchung mit einer Befragung von 36 bayerischen psychiatrischen Kliniken und Forensiken und drei Organisationen (DGPPN, PTK Bayern, BLAeK) durchgeführt. Kurz und bündig lässt sich dies am Beispiel der Schizophrenie-Diagnose verständlich machen. Wird ein Straftäter wegen F20.0 (paranoide Schizophrenie) untergebracht, so muss spätestens nach einem Jahr diese Diagnose mit Verlaufskennzeichnungen versehen und daher fünfstellig F22.0x verschlüsselt werden, weil in aller Regel ja der akute Zustand nach einigen Wochen abklingt. Das wird in der forensisch- psychiatrischen Begutachtungen bislang ganz selten und praktisch so gut wie nie gemacht. Es kommt nicht selten vor, vor allem in den alljährlichen Überprüfungen nach § 67e StGB, dass hier lediglich - oft seit vielen Jahren - veraltete vierstellige ICD-Diagnoseschlüssel mitgeteilt werden. Das ist natürlich zum Schaden der Begutachteten, weil ihre Entwicklung im Diagnoseschlüssel missachtet wird.
DiagF-X Sonstiger, bislang nicht erfasster Fehler, der dem Bereich Diagnosen zuzuordnen ist. Rest- und Auffangkategorie, die der Tatsache Rechnung trägt, dass man nicht alle Fehler voraussehen oder vorausdenken kann.
IV Teil
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Diagnose-Fehler in forensischen Gutachten (StGB)
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Literatur (Auswahl) > Befund-Fehler, Beweisfragen-Fehler, Daten-Fehler, Explorations-Fehler, Untersuchungs-Fehler, Symptome, Syndrome, weitere Literaturquellen, Überblick Diagnostik der IP-GIPT, Im Text zitierte Literatur & Texte u.a.: Berger, Mathias (1999, Hrsg.). Psychiatrie und Psychotherapie. München: Urban & Schwarzenberg. BGH Beschluß vom 12.11.2004 - 2 StR 367/04 (LG Koblenz), in: BGH: Anforderungen an ein psychiatrisches Sachverständigengutachten NStZ 2005, 205 [Verlangt Diagnose-Sicherheit] BGH Urteil vom 21.12.2010 - VI ZR 284/09 - zum Thema: Zufallsbefunde, Befunderhebungsfehler und Diagnoseirrtum. BGH zum Problem neuer Tatsachen und psychiatrischer Diagnosen Beschluss vom 22. Februar 2006 - 5 StR 585/05 BGH Psychiatrische Diagnose nicht mit Eingangsmerkmal § 20 StGB gleichzusetzen, Beschluss vom 6. Oktober 2005 - StR 328/05 BVerfG zur Einweisung zur Beobachtung nach § 81 StPO nur verfassungskonform bei Mitwirkungsbereitschaft des Betroffenen 2 BvR 1523/01 vom 9.10.2001 BVerfG Transparenz, nachvollziehbar, Mindestanforderungen. Urteil (2 BvR 2029/01) vom 05.02.2004 Fundstelle: BVerfGE 108, 133; DVBl 2004, 521; JuS 2004, 527; NVwZ 2004, 851; StV 2004, 267 Der Gesundheits-Brockhaus (1990). Mannheim. Dilling, H. & Freyberger H. J. (2008, Hrsg.) Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychi-scher Störungen. Mit Glossar und Diagnostischen Kriterien ICD-10: DCR-10 und Referenztabellen ICD-10 vs. DSM-IV-TR. Herausgegeben von H. Dilling und H. J. Freyber-ger nach dem englischsprachigen Pocket Guide von J. E. Cooper. Dörner, Klaus (1981) Diagnosen in der Psychiatrie. Frankfurt aM: Campus. Dilthey, Wilhelm (1900) Die Entstehung der Hermeneutik. In: Philosophische Abhandlungen. Festschrift für Christoph Sigwart. 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Wikipedia: Feighner-Criteria, Windelband, Wilhelm (1894). Geschichte und Naturwissenschaft. Rede zum Antritt des Rektorats der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg gehalten am 1. Mai 1894. Straßburg: Heitz, 3. Auflage 1904. [Online] _ Weitere Literaturquellen (Auswahl) siehe bitte auch hier und da. Wissenschaftliche Belege und Zitate zur Bedeutung der Exploration in der Psychiatrie. Literaturliste Exploration in der Psychiatrie. Beweis und beweisen in Wissenschaft und Leben, Literaturliste Recht und Kriminologie. Literaturliste Betreuung, Geschäftsunfähigkeit, Willenspsychologie, Psychopathologie und Diagnostik, emotionale Abhängigkeit, pathologische Bindung und Hörigkeit. Literaturliste Einsicht und Einsichtsfähigkeit in Recht, Psychologie, Psychopathologie und Psychiatrie. Aussagepsychologie. Suggestivfragen in Exploration und Vernehmung. __ Links (Auswahl: beachte) IP-GIPT Links Beweis und beweisen in Psychologie, Psychopathologie und Psychotherapie. Symptome. Syndrome. Überblick Diagnostik und Differentialdiagnostik in der IP-GIPT. Kritik und Alternative zur Traditionellen Diagnostik in der Psychopathologie. Probleme der Differentialdiagnose und Komorbidität. Was ist Fragen in der Diagnostik. Warnung vor Suggestivfragen in der Diagnostik. Wie geht es Ihnen? Ein Normtag. Norm, Wert, Abweichung (Deviation), Krank (Krankheit), Diagnose. "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt". Potentielle Fehler in forensisch-psychopathologischen Gutachten: Befund-Fehler. Beweisfragen-Fehler. Daten-Fehler. Explorations-Fehler. Untersuchungs-Fehler. . Externe Links Gibt es eine spezielle forensische Diagnostik? http://www.franke-stendal.de/WS0708/Master/Testen%20und%20Entscheiden/20-11-07-Bock-LiebenauForensik.pdf Buchreihe von PABST Forensische Psychiatrie und Psychotherapie http://www.psychologie-aktuell.com/index.php?id=br-forensik
Glossar, Anmerkungen und Endnoten: 1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
___ Stichworte: Ätiologie * Behandung als Rechtsbegriff * Befund * Datum (Daten) * Diagnose * Diagnosen in vielen Lebensgebieten * Eigener wissenschaftlicher Standort * Eigener wissenschaftlicher Standort * Elementares Datum * Epidemiologie * Forensische Diagnostik Einrichtungen * Interdisziplinäre Arbeitsgruppen * Komorbidität * Konstruktion der Seele aus psychologischer Sicht * Krankheit* nicht ausschließbar * non liquet * Objektivität, Reliabilität und Validität * Operationalisierung * Pathogenese * Störung * Symptom * Syndrom * Testpsychologische Gütekriterien Objektivität, Reliabilität, Validität * Tests, psychologische, psychopathologische * Vertrauen, Vertrauensbasis, Vertrauensbeziehung * Wahn * Zwei Beispiele für wissenschaftlichen Anspruch * __ Eigener wissenschaftlicher Standort __ einheitswissenschaftliche Sicht. Ich vertrete neben den Ideen des Operationalismus, der Logischen Propädeutik und einem gemäßigten Konstruktivismus auch die ursprüngliche einheitswissenschaftliche Idee des Wiener Kreises, auch wenn sein Projekt als vorläufig gescheitert angesehen wird und ich mich selbst nicht als 'Jünger' betrachte. Ich meine dennoch und diesbezüglich im Ein- klang mit dem Wiener Kreis, daß es letztlich und im Grunde nur eine Wissenschaftlichkeit gibt, gleichgültig, welcher spezifischen Fachwissenschaft man angehört. Wissenschaftliches Arbeiten folgt einer einheitlichen und für alle Wissenschaften typischen Struktur, angelehnt an die allgemeine formale Beweisstruktur.
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Schulte, Joachim & McGuinness, Brian (1992, Hrsg.). Einheitswissenschaft - Das positive Paradigma des Logischen Empirismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Geier, Manfred (1992). Der Wiener Kreis. Reinbek: Rowohlt (romono). Kamlah, W. & Lorenzen, P. (1967). Logische Propädeutik. Mannheim: BI.
_ Wissenschaft [IL] schafft Wissen und dieses hat sie zu beweisen, damit es ein wissenschaftliches Wissen ist, wozu ich aber auch den Alltag und alle Lebensvorgänge rechne. Wissenschaft in diesem Sinne ist nichts Abgehobenes, Fernes, Unverständliches. Wirkliches Wissen sollte einem Laien vermittelbar sein (PUK - "Putzfrauenkriterium"). Siehe hierzu bitte das Hilbertsche gemeinverständliche Rasiermesser 1900, zu dem auch gut die Einstein zugeschriebene Sentenz passt: "Die meisten Grundideen der Wissenschaft sind an sich einfach und lassen sich in der Regel in einer für jedermann verständlichen Sprache wiedergeben." _ Allgemeine wissenschaftliche Beweisstruktur und beweisartige Begründungsregel Sie ist einfach - wenn auch nicht einfach durchzuführen - und lautet: Wähle einen Anfang und begründe Schritt für Schritt, wie man vom Anfang (Ende) zur nächsten Stelle bis zum Ende (Anfang) gelangt. Ein Beweis oder eine beweisartige Begründung ist eine Folge von Schritten: A0 => A1 => A2 => .... => Ai .... => An, Zwischen Vorgänger und Nachfolger darf es keine Lücken geben. Es kommt nicht auf die Formalisierung an, sie ist nur eine Erleichterung für die Prüfung. Entscheidend ist, dass jeder Schritt prüfbar nachvollzogen werden kann und dass es keine Lücken gibt.
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___ Ätiologie > Herkunft einer Störung mit Krankheitswert oder Erkrankung > Krankheit. __ Behandlung als Rechtsbegriff Jung, Heike (1987) Behandlung als Rechtsbegriff - Treatment as a legal term. Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe, Jg. 36, H. 1, 1987, S. 38-41. "Der Autor versucht im Zusammenhang Strafvollzug als Behandlungsvollzug und nicht als Verwahrungsvollzug eine Definition des Begriffs 'Behandlung'. Nachdem festgestellt wird, daß im StVollzG keine Festschreibung oder Definition gegeben ist, wird der Begriff aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven beleuchtet mit dem Ergebnis, daß Behandlung nichts statisches ist, sondern ein dynamischer Prozeß, in den neue Erkenntnisse eingebracht werden müssen. Behandlung erfordert Mitarbeit des Gefangenen, die nicht erzwungen, sondern erarbeitet werden muß. (UBI)" __ Befund Befund heißt das, was nach einer Untersuchung als relevant für eine Fragestellung als Ergebnis herausgekommen ist. Das kann mehr oder minder sicher sein und sollte sich auf einen definierten Zeitraum beziehen. Einige Stimmen zum psychopathologischen Befund: "Die Erhebung des psychischen bzw. psychopathologischen Befundes ist das Kernstück der psychiatrischen Begutachtung." (Foerster & Winckler 2009) "Die Erhebung des psychopathologischen Befundes ist das Kernstück der psychiatrischen Diagnostik. ... " Richartz-Salzburger et al. (2006) __ Datum (Daten) Abgrenzbare Einheit eines registrierbaren Ereignisses. Elementare Daten heißen diejenigen, die nicht weiter zerlegbar sind. Der psychiatrischen Befundlehre fehlt die Basis einer Datentheorie. Nach der hier vorgenommen Analyse fehlt es nicht nur in der forensischen Psychiatrie an den Regeln (RED-ES), wie man von elementaren Daten zu Symptombefunden kommt. __ Diagnose > Überblick Diagnostik in der IP-GIPT. Nach bestimmten Regeln vergebener Name für eine zugrunde liegend gedachte Störung mit Krankheitswert für eine Konfiguration von Befunden. __ Diagnosen in vielen Lebensgebieten Biologie Beratung, Coaching, Training Gesellschaft Klima Ökologie Politik Psychologie Recht Technik Wetter Wirtschaft __ Elementares Datum Beispiele: (1) "Ich hatte am Tag zuvor so ein komisches Gefühl ...", (2) "Ich kann mich nicht mehr richtig erinnern, was ich da genau gemacht habe", (3) Ich konnte gar nicht mehr überlegen, es brach einfach aus mir heraus ....", (4) "Ich fühlte mich bedrängt, ja unter Druck gesetzt ...", (5) "ich wollte es nicht, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren". Nicht nur in der forensischen, sondern in der ganzen Psychiatrie fehlt in der Befundlehre, eine Datentheorie. Man ist meist ganz schnell beim Symptom und beim Befund und vergisst die Datenbasis und die Regeln (RED-ES), die von elementaren Daten zu Symptomzuordnungen führen. Immerhin geben die besseren Befundsysteme Beispiele. So führt AMDP (1981, S. 62) z.B. aus: "31. Zwangsimpulse: Immer wieder zwanghaft gegen inneren Widerstand sich aufdrängende innere Antriebe, bestimmte Handlungen auszuführen, z. B. etwas zu kontrollieren, aus dem Fenster zu springen, jemanden zu attackieren, obszöne Worte auszustoßen (Koprolalie), zu zählen, zu rechnen (Arithmomanie)." Weniger überzeugend und nicht dem psychiatrischen Wissen entsprechend sind die Vorbemerkungen zum Wahn im AMPD-System (1981, S. 62f): "Man kann Wahn definieren als krankhaft entstandene Fehlbeurteilungen der Realität, die mit apriorischer Evidenz [>63] (erfahrungsunabhängiger Gewißheit) auftreten und an denen mit subjektiver Gewißheit festgehalten wird, auch wenn sie im Widerspruch zur Wirklichkeit und zur Erfahrung der gesunden Mitmenschen sowie zu ihrem kollektiven Meinen und Glauben stehen. Wahn gibt es bei verschiedenen Psychosen, er ist nicht spezifisch für die Schizophrenie (s. S. 19 in Abbildungs-Grundlage). Der Kranke hat im allgemeinen nicht das Bedürfnis nach einer Begründung seiner wahnhaften Meinung, ihre Richtigkeit ist ihm unmittelbar evident." __ Epidemiologie __ Forensische Diagnostik Einrichtungen Inzwischen ist man mit speziellen forensisch-diagnostischen Einrichtungen so weit fortgeschritten, dass es die ersten schon gibt. Grundstein für forensische Diagnostik [WAZ 07.12.2007] "Einrichtung für 54 Patienten konzipiert. Zentrale Bedeutung für NRW. Ende 2008 soll der 19,8-Mio-Euro-Bau fertig sein Im Herbst starteten die Arbeiten für die forensische Diagnostik im Justizviertel an der Krawehl-/Kortumstraße, jetzt wurde der Grundstein für die 19,8 Millionen Euro teure Einrichtung gelegt. Der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug, Uwe Dönisch-Seidel, betonte die Bedeutung der zentralen Einrichtung für NRW als "Nadelöhr". Nach der Fertigstellung der Einrichtung, die für Ende 2008/Anfang 2009 geplant ist, können dort 54 straffällig gewordene Patienten für vier bis sechs Monate überprüft und behandelt werden. Anschließend werden sie - je nach Diagnose - an Justizvollzugsanstalten oder andere forensische Einrichtungen in NRW weitervermittelt. Die Patienten werden während ihres Aufenthalts an der Krawehlstraße in Neuner-Gruppen untergebracht und durchgehend gesichert. Laut Dönisch-Seidel wird die seit 2000 geplante und in enger Abstimmung mit dem Planungsbeirat konzipierte Einrichtung den neuesten therapeutischen und sicherheitstechnischen Standards entsprechen. Eine enge Kooperation mit dem Institut für forensische Psychiatrie an der Universität Duisburg-Essen von Prof. Norbert Leygraf, dem einzigen Lehrstuhl dieser Art, sei geplant, was sowohl Vorteile für die Patienten als auch für die Forschung bringe. Bürgermeisterin Annette Jäger betonte, dass die Stadt auf diese Weise gesellschaftliche Verantwortung übernehme." __ Interdisziplinäre Arbeitsgruppen zu den Entsprechungen der Rechtsbegriffe Juristentage, die interdisziplinären Arbeitsgruppen zu den Mindestanforderungen zu Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten, interdisziplinäre Arbeits- und Fortbildungstagungen, Kongresse und interdisziplinäre Kolloquien, wie z.B. das rechtspsychologische Kolloquium in Erlangen mit JuristInnen, PsychiaterInnen und PsychologInnen, an dem auch viele Personen aus dem Umfeld (z.B. Bewährungshilfe, Vollzugsangehörige, Polizei) teilnehmen, kommen dem Verständigungsinteresse schon recht entgegen. __ Komorbidität (Treffliche Medizinerweisheit: "Man kann auch Läuse und Flöhe haben") __ Konstruktion der Seele aus psychologischer Sicht. (nach)
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__ Krankheit
Allgemeines und Integratives Bio-Psycho-Soziales Krankheitsmodell
_ Im allgemeinen Modell wird von einem Systemstörungsmodell ausgegangen, bei dem wir folgende Entwicklungsstadien unterscheiden: 1) Ursachen, Bedingungen und Auslöser der Störung. 2) die Bewertung einer Störung als Krankheit. Zum Wesen der Krankheit definiert man zweckmäßig eine - wichtige - (Funktions-) Störung (nach Gustav von Bergmann [1878-1955] 1932). 3) unterschiedliche Auswirkungen (lokale, zentrale, allgemeine, spezielle) der Störung. 4) Erfassen und Informationsverarbeitung der Störung und 5) aus Wiederherstellungsprozeduren: der Auseinandersetzung zwischen den Kräften der Störung und der Heilung. Störungen können exogener (ausserhalb des Systems) oder endogener (innerhalb des Systems) Natur sein. Störungen haben im allgemeinen Ursachen, womit sich in der allgemeinen Krankheitslehre die Ätiologie beschäftigt. Entwickelt sich eine Störung in der Zeit, wie meistens, heißt dieser Vorgang Pathogenese. Unklar ist meist der Symptombegriff, der eine dreifache modelltheoretische Bedeutung haben kann: 1) es ist ein Zeichen der Störung (z. B. bestimmte Antigene im Körper; Angst); 2) es ist ein Zeichen der Spontanreaktion auf die Störung (z. B. bestimmte Antikörper gegen die Antigene; Vermeiden); 3) es ist ein Zeichen der Wiederherstellungsprozedur, also Ausdruck des "Kampfes" zwischen Krankheit und Heilungsvorgängen (z. B. Fieber; Ambivalenzkonflikt zwischen Vermeiden und Stellen). Das Ursachenproblem ist wissenschaftstheoretisch problematisch aus zwei prinzipiellen und aus einem vermeidbaren Grund: (1) Im Kausalitätskonzept gibt es streng betrachtet nur einen vielfach verzweigten Baum von Ursachen. Jede ausgemachte Ursache kann prinzipiell wiederum auf andere Ursachen zurückgeführt oder zumindest auf andere zurückgeführt gedacht werden. Welche dieser vielen Ursachen soll als die besondere ausgezeichnet werden? In der Wirklichkeit handelt
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es sich wohl meist um einen Ursachenkomplex, ein Netzwerk von Bedingungen. (2) Man muß zwischen Bedingungen (Rahmen- oder Randbedingungen), Anlässen oder Auslösern, Neben- und Begleiterscheinungen unterscheiden, was häufig sehr schwierig ist.
Praktische Anwendung und Veranschaulichung: Das Buch Eva -Ticket ins Paradies.
(3) Die psychischen Ereignisse können mehrperspektivisch betrachtet werden: z. B. physikalisch, biologisch, chemisch, physiologisch, neurologisch, internistisch, psychopharmakologisch, immunologisch, kybernetisch, psychologisch, sozial-ökonomisch, sozialpsychologisch, sozial-rechtlich und kommunikativ. Hinzu kommt, daß in der Computermetapher Hardware als körperlich und Software als psychisch die Realisation im "Betriebssystem Mensch" vielfach miteinander verflochten und vernetzt ist. Man kann es den biokybernetischen Ereignissen im Körper nicht unbedingt ansehen, ob sie "Hardware" oder "Software" repräsentieren. So finden wir häufig in den Mitteilungen und Büchern drei Ebenen durcheinander gehend: a) Perspektive (z. B. physikalisch, chemisch, biologisch, medizinisch, psychologisch, sozial), b) Hard- oder Software-Repräsentation, c) Ursache, Neben- und Begleiterscheinung oder Wirkung. Unbeschadet der Probleme, ist die konzeptionelle Vorsehung einer oder mehrerer Ursachen (Bäume oder Zweige) natürlich sinnvoll und vernünftig. Die Neigung mancher SystemikerInnen und VulgärkonstruktivistInnen, das Ursachenproblem herunterzuspielen oder gänzlich für überflüssig zu erklären, können wir in der Allgemeinen und Integrativen Psychotherapie weder teilen noch akzeptieren. > Krankheitsbegriff. __ Nicht ausschließbar, nicht auszuschließen "Wenn ein Gutachter das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung oder einer Psychose „nicht ausschließen“ kann, dann ermangelt es ihm in der Regel an fachlicher Kompetenz." Quelle: Kröber, Hans-Ludwig (2007) Anmerkung: Zur Falle "nicht ausschließbar" geben Foerster et al. (2004, 2009) eine gute Empfehlung für Sachverständige, indem sie deutlich machen, dass "nicht ausschließbar" ein Rechtsbegriff ist und nicht vom Sachverständigen, sondern vom Gericht zu beantworten ist. __ non liquet "Der lateinische Begriff non liquet kommt ursprünglich aus dem römischen Gerichtsverfahren und bedeutet "es ist nicht klar". Auch heute wird im Verfahrensrecht bei Beweisproblemen mit non liquet eine Situation bezeichnet, in der weder der Tatsachenvortrag der einen noch der anderen Seite bewiesen werden kann." (W130929). Der Fall, dass nicht genügend sichere Informationen für einen psychopathologischen Befund zur Beantwortung einer Beweisfrage vorliegen, kommt oft vor. Meist werden Unklarheiten, Unsicherheiten oder Lücken versteckt, statt sie offen anzusprechen und kritisch zu erörtern bzw. den Auftrag als nicht angemessen erfüllbar zurück zu geben. __ Operationalisierung Vieles, was wir Seele und Geist zurechnen, ist nicht direkt beobachtbar. Die Merkmale von Seele und Geist sind Konstruktionen. Daher sind Aussagen über Seele und Geist (befinden, fühlen, denken, wünschen, wollen, eingestellt sein, ...) besonders anfällig für Fehler. Damit man sich nicht in rein geistigen Sphären bewegt, ist es daher in vielen Fällen sinnvoll, ja notwendig, unsere Konstruktionen seelischer Merkmale und Funktionsbereiche an Konkretes, Sinnlich-Wahrnehmbares, Zählbares zu knüpfen. Damit haben wir die wichtigsten praktisches Kriterien für Operationalisiertes benannt (in Anlehnung an das test-theoretische Paradigma; Stichwort Operationalisierung bei Einsicht und Einsichtsfähigkeit) Ein Begriff kann demnach als operationalisiert gelten, wenn sein Inhalt durch wahrnehm- oder zählbare Merkmale bestimmt werden kann. Viele Begriffe in der Psychologie, Psychopathologie, in Gesetzen und in der Rechtswissenschaft sind nicht direkt beobachtbare Konstruktionen des menschliches Geistes und bedürften daher der Operationalisierung. Welcher ontologischer Status oder welche Form der Existenz ihnen zukommt, ist meist unklar. Das Operationalisierungsproblem von Fähigkeiten. Ob einer etwas kann oder nicht, lässt sich im Prinzip leicht prüfen durch die Aufforderung, eine Fähigkeitsprobe abzulegen in der eine Aufgabe bearbeitet wird, z.B. die Rechenaufgabe 12 - 7 + 1 = ? Hierbei gibt es eine ganze Reihe richtiger Lösungen, z.B.: (1) die Hälfte des ersten Summanden, (2) 5 + 1, 7 - 1 oder (3) die, an die die meisten zuerst denken: 6. Will man prüfen, ob jemand rechtmäßige von unrechtmäßigen Handlungen unterscheiden gibt kann, gibt man z.B. 10 Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden vor und lässt diese bearbeiten, etwa als einfacher Ja-Nein-Test oder als Begründungs- oder Erörterungsaufgabe, wenn tiefere Einblicke gewünscht werden. Doch wie will man herausbringen, ob jemand vor drei Monaten, am TT.MM.JJJJ um 13.48 Uhr als man einen Gegenstand (z.B. einen Fotoapparat) in seiner Tasche wiederfand, wusste, dass dieser Gegenstand nicht in seine Tasche hätte gelangen dürfen? > Drei Beispiele Innere Unruhe, Angst, Depression (Quelle)
Merkmal (latente Dimension)
Operationalisierung(en)
(a) Innere Unruhe (b) Angst
Ich bin innerlich unruhig und nervös. Ich fühle Angst. Nicht selten ist alles wie grau und tot und in mir ist nur Leere.
(c) Depression
Hayakawa (1967) zitiert S. 241 Bridgman kurz und bündig: "Um die Länge eines Gegenstandes herauszufinden, müssen wir bestimmte physikalische Operationen vornehmen. Der Begriff der Länge wird daher festgestellt, wenn die Operationen, durch die die Länge gemessen wird, festgestellt sind .... Im allgemeinen verstehen wir unter irgend einem Begriff nicht mehr als eine Anzahl von Operationen; DER BEGRIFF IST SYNONYM MIT DER ENTSPRECHENDEN ANZAHL VON OPERATIONEN. "(3)" Zur Geschichte des Operationalisierungsbegriffs in der Psychopathologie Kendall (1978) berichtet, S. 25f: "Vor einigen Jahren machte der Philosoph Carl Hempel einem Publikum von Psychiatern und klinischen Psychologen, die an Fragen der Diagnose und der Klassifikation interessiert waren, in taktvoller Weise den Vorschlag, sie sollten das Problem dadurch angehen, daß sie „operationale Definitionen" für alle die verschiedenen Krankheitskategorien in ihrer Nomenklatur entwickelten (Hempel 1961). Dies war wirklich der einzige Rat, den ein Philosoph oder Naturwissenschaftler überhaupt hätte geben können. Der Ausdruck operationale Definition wurde ursprünglich von Bridgman (1927) geprägt, der ihn folgendermaßen definierte: „Die operationale Definition eines wissenschaftlichen Begriffes ist eine Übereinkunft des Inhalts, daß S auf alle die Fälle — und nur auf die Fälle — anzuwenden ist, bei denen die Durchführung der Testoperation T das spezielle Resultat 0 ergibt." Wie Hempel selbst zugibt, muß im Rahmen der psychiatrischen Diagnose der Ausdruck „operational" sehr großzügig interpretiert werden, um auch noch bloße [>]
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genügen, wobei nur die Voraussetzung erfüllt sein muß, daß O „objektiv" und „intersubjektiv verifizierbar" ist und nicht nur intuitiv oder einfühlend vom Untersucher erfaßt wird. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, wie man eine ganze Reihe klinischer Bilder, von denen viele quantitativ variieren und kein einzelnes gewöhnlich ausreicht, die fragliche Diagnose zu stellen, auf ein einziges objektives Kriterium 0 reduzieren kann. Dies ist offensichtlich eine schwierige und verwickelte Aufgabe. Ein großer Teil dieses Buches ist direkt oder indirekt mit der Art und Weise befaßt, wie dieses Ziel erreicht werden könnte. Deshalb ist es angezeigt, an dieser Stelle zwei allgemeine Prinzipien, die sich hierauf beziehen, aufzustellen. Erstens müssen Einzelsymptome oder Merkmale, die verschiedene Ausprägungsgrade haben können, in dichotome Variable umgewandelt werden, indem man ihnen bestimmte Trennungspunkte zuteilt, so daß die Frage nicht länger lautet: „weist der Patient das X auf? " oder auch „wieviel X weist er auf? sondern „weist er soviel X auf? ". Zweitens muß das traditionelle polythetische Kriterium in ein monothetisches umgewandelt werden. Dies läßt sich ganz einfach durchführen. Anstatt zu sagen, die typischen Merkmale der Krankheit S seien A, B, C, D und E, und die Mehrzahl von ihnen müßte vorhanden sein, bevor die Diagnose gestellt werden kann, müssen A, B, C, D und E algebraisch kombiniert werden, sodaß eindeutig festgelegt ist, welche Kombinationen dem Kriterium O genügen und welche nicht. Man könnte z.B. die Übereinkunft treffen, daß beliebige drei oder vier der fünf Merkmale dem Kriterium 0 genügen, aber andere, komplexere Kriterien wären ebenfalls zu akzeptieren unter der Voraussetzung, daß sich jede mögliche Kombination damit abdecken ließe." ___ Pathogenese Entwicklung der Störung, > Krankheit. __ Störung > Norm, Wert, Abweichung (Deviation), Krank (Krankheit), Diagnose. "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt". __ Symptom Kleinste Einheit für eine Störung, die aus Daten nach Regeln erschlossen und gedacht werden. Symptomverzeichnis nach PSE, Wing et al. (1984). Christian Scharfetter (1976) zum Symptom S. 8f: "1.3. Symptom und Syndrom: 1.3.1. Psychopathologische Symptome - nicht schlechthin krankhaft Psychopathologische Symptome FN11 sind als gleich oder ähnlich erkennbare Erlebens- und Verhaltensweisen, die sich herausheben aus dem alltäglich Gewöhnlichen der Menschen eines bestimmten Kulturkreises. Kein einzelnes psychopathologisches Symptom für sich genommen ist schlechthin abnorm oder gar krankhaft, denn alle Zeichen können auch beim Gesunden unter besonderen Umständen FN12 angetroffen werden. Psychopathologische Symptome sind nicht schlechthin krankhaft. Viele beschreibbare Erfahrungen sind wohl ungewöhnlich, aber doch als Einzelerfahrung menschliches Allgemeingut, wie sorgfältige Selbstund Fremdbeobachtung, besonders auch im interethnischen Vergleich, zeigt. Das gilt sogar für so [>9]„auffällige" Zeichen wie Halluzinationen, verändertes Leiberleben u.v.a. „Krankheitszeichen" werden sie erst, wenn sie in einer - je nach der lebensgeschichtlichen Lage und dem soziokulturellen Rahmen aufzufassenden - bestimmten Schwere, Dichte, Häufigkeit, Verbindung und Dauer auftreten und damit den Menschen leiden machen und in seiner Lebensführung inmitten seiner Gruppe behindern." FN11 "Symptom kommt von griech. (...), d. i. zu gleicher Zeit vorfallen, sich zutragen, sich ereignen, davon (...) = Krankheitszeichen. FN12 Im Übergang vom Wachen zum Schlaf, in Ermüdung, Sinnesisolation (ZUBEK 1969), gespannter Erwartung, in emotional belastender Lebenslage (HOCKING 1970), in Einsamkeit (z. B. nach Verlust des Lebensgefährten), in Hypnose, im Autogenen Training, in der Meditation, im Traum, unter Halluzinogenen (s. TART 1969). __ Syndrom Name für eine als typisch gedachte Konfiguration von Symptomen, wobei nach dem medizinischen Krankheitsmodell einem Syndrom unterschiedliche Störungen mit Krankheitswert oder Erkrankungen zugeordnet sein können, so daß sich hier die Differentialdiagnose der Ätiologie stellt. Gross (1969, S. 15f) führt zur Geschichte des Syndrombegriffs aus: "Heute hat sich unter dem Eindruck des Standardwerkes von LEIBER und OLBRICH [84] sowie ähnlicher ausländischer Publikationen [33, 277] sozusagen zwischen Symptom und Krankheit das Syndrom (....... = zusammenlaufend, übereinstimmend) geschoben. Der Ausdruck Syndrom wurde bereits von Hippokrates sowie von Galen als Begriff für eine Gruppe von Krankheitszeichen benutzt. Werden Syndrome — wie das gelegentlich geschieht — als reine Symptomkombinationen verstanden, haben sie allenfalls Bedeutung im Sinne einer Vereinfachung. Symptomenkomplexe (oder „Syndrome" in diesem allgemeinen Sinn) dürfen nicht mit Diagnosen verwechselt werden. Eine Anämie oder ein Pleuraerguß sind z. B. solche Symptomenkomplexe, die allenfalls symptomatische Maßnahmen erlauben. Erst die Diagnosen: 'Perniciöse Anämie' bzw. 'Tuberkulöse Pleuritis' erlauben eine kausale Behandlung. In einigen neueren amerikanischen Arbeiten (z.B. [37]) wird Syndrom weitgehend identifiziert mit den Clusters (Gruppen, Haufen) oder Sets einer medizinischen Taxonomie (s. dazu auch Abschnitt 4.24). Ohne weiteres Eingehen auf die komplizierte Abgrenzung [84, 368] sei hier zusammengefaßt, daß die meisten Kliniker heute unter einer Krankheit eine Gruppe von Symptomen mit einheitlicher Entstehung (Pathogenese) und einheitlicher tieferer Ursache (Ätiologie, s. u.), unter einem Syndrom eine ähnliche Gruppe von Symptomen mit unbekannter oder verschiedener Ursache verstehen. LEIBER [84] definiert in gleichem Sinn: „Ein symptomatologisch einheitliches Krankheitsbild, dessen Auslösungs- und Gestaltungsfaktoren unbekannt, vieldeutig oder plurikausal (... polyätiologisch ... polypathogenetisch ...) sind." Auch in der treffenden Formulierung wird man ihm folgen müssen, daß der Syndrombegriff ein erstes, großes, weit gefaßtes nosologisches Sammelbecken, ist, gewissermaßen für die „Krankheiten im Wartestand". Dagegen halte ich die Einbeziehung der individuellen physischen und psychischen Reaktionen in den Syndrombegriff für verfehlt. Hier wird die Polarität zwischen Krankheiten (in deren Vorfeld LEIBER mit Recht auch das Syndrom verlegt) und Kranken, zwischen nosologischer Typisierung und Berücksichtigung der individuellen Reaktion (s. Kap. 1.2) verwässert — gewiß zum Schaden der begrifflichen Klarheit. Auch sonst hat es nicht an Kritik des Syndrombegriffes gefehlt. So muß verlangt werden, daß die Kombination von Symptomen eine mehr als zufällige ist [361] — eine theoretisch einleuchtende, aber bei den oft seltenen Syndromen schwer zu erfüllende Forderung. Verständlicherweise ist die Tendenz zur Aufteilung von Krankheitseinheiten relativ groß, besonders wenn die Verknüpfung mit einem Eigennamen der per-[>16]sönlichen oder nationalen Eitelkeit entgegenkommt. Da viele Syndrome aber statt langatmiger Aufzählung der Merkmale mit einem Namen (oft: welchem von vielen?) ausreichend gekennzeichnet sind, werden wir wohl auch in Zukunft mit ihnen zu tun haben. LEIBER [368] gab neuerdings folgende Zahlen: Sein Buch enthält 1600 Syndrome, seine Kartei 3500 (auf deren Aufführung er zum Teil wegen ihrer Unbestimmtheit verzichtet hat). Er rechnet mit derzeit etwa 30 000 Krankheiten und Syndromen sowie mit mindestens einer Verdoppelung innerhalb der nächsten 10 - 12 Jahre. Vergleichsweise enthält der derzeit beste klinische Diagnosenschlüssel in deutscher Sprache von IMMICH [67] rd. 8000 nosologische und 750 topographische Begriffe, die parallel benutzt werden sollen. Eine amerikanische Schätzung kommt auf etwa 10 000 bekannte Krankheiten und 100 000 erfaßbare Befunde [409]. Alle diese Zahlen sind allerdings noch um einen gewissen Prozentsatz von Synonyma zu vermindern, die teilweise erst eine künftige taxonomische Klassifizierung aufdecken wird (s. auch Abschnitt 4.24). Die Diagnose als Verknüpfung von Symptomen und Krankheiten hat von der Tatsache auszugehen, daß die meisten Symptome bei mehreren Erkrankungen vorkommen und umgekehrt — ja, daß die bereits genannten unspezifischen Symptome bei einer Vielzahl von Krankheiten beobachtet werden. Ausgehend von einem Leitsymptom, wie z, B. Schwindel, wird man also eine Anzahl von Krankheiten unterscheiden müssen. Dieses Ziel nennt man Differentialdiagnose, den Weg dorthin Differentialdiagnostik. Streng genommen gibt es zwei Arten von Differentialdiagnostik: Eine allgemeine (semiologische), die von bestimmten Krankheitserscheinungen ausgehend die möglichen Ursachen katalogisiert, und eine spezielle (nosologische), die für die einzelnen Krankheiten aufzählt, von welchen ähnlichen sie mit welchen Mitteln abgegrenzt werden müssen. Tatsächlich sind die meisten Lehrbücher der Differentialdiagnostik Kombinationen aus beiden Ansprüchen. Es wird auch wenig beachtet, daß „Differentialdiagnose" ein schlechter Ausdruck, ein typisch lateinisch-griechischer ...... ("Sag eines mit zwei Worten") ist: Differentiare heißt unterscheiden, ...... oder ...... ist die Unterscheidung, zusammen also: Die Unterscheidung des Unterschiedes oder des Unterscheidbaren. Auch der Gebrauch von "Differentialdiagnose" ist verschieden: Man gelangt zur Differentialdiagnose, d.h. zur Feststellung der tatsächlich vorliegenden Krankheit. Bei der systematischen Darstellung von Krankheiten werden andererseits deren Differentaldiagnosen, d. h. gerade die in diesem Fall nicht zutreffenden, abzugrenzenden Erkrankungen aufgezählt." Christian Scharfetter (1976) zum Syndrom S. 9: "1.3.2. Von Symptomen zum Syndrom Das Symptom ist die kleinste beschreibbare Untersuchungseinheit in der Psychiatrie. In der klinischen Erfahrung trifft man wiederkehrende typische „Klinische Bilder" an, konstelliert durch häufig in Zusammenhang (im Verband) auftretende Symptome. Diese Symptomverbände nennt man Syndrome. Ein Syndrom ist also eine crscheinungsbildlich typische Symptomenkombination (nicht unbedingt auch ursächlich!). Der Syndrombegriff ist unterschiedlich weit gebraucht (für die weitere Fassung sagt man auch Symptomkomplexe, was aber sprachlich nicht ergiebig ist). Bei den meisten psychiatrischen Syndromen besteht keine enge Korrelation zu einer bestimmten gleichbleibenden Ursache: sie sind noxenunspezifisch! Beispiele: Ein katatones Syndrom kann man bei einer psychogenen Psychose finden, aber auch bei einer Schizophrenie, bei einer LSD-Vergiftung, bei Enzephalitis. - Ein depressives Syndrom kann bei Hirnerkrankungen (z. B. Progressive Paralyse) auftreten, aber auch bei der phasischen Affektpsychose, neurotisch, erlebnisreaktiv
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usw. - Manisches Syndrom bei der Manie, bei Intoxikation (z. B. im Rausch), bei Schizophrenie u. a. Es gibt viele solche Syndrome in der klinischen Empirie: Bewußtseinsstörungen: Benommenheit -* Koma, Delir, Dämmerzustand usw. Erinnerungsstörungen: amnestisches Syndrom; wenn mit Konfabulationen verbunden: Korsakoff-Syndrom Antriebssyndrome: Stupor, Erregungszustand, katatones Syndrom (hypo-, akinetisches und hyperkinetisches Syndrom) Affektsyndrome: depressives Syndrom, hypochondrisches Syndrom, manisches Syndrom, Angstsyndrom Wahrnehmungssyndrom: Derealisations- und Depersonalisationssyndrom, halluzinatorisches Syndrom, Halluzinose Wahn: paranoides Syndrom, paranoid-halluzinatorisches Syndrom Zwänge und Phobien: anankastisches Syndrom, phobisches Syndrom, phobisch-anankastisches Syndrom" __ Testpsychologische Gütekriterien Objektivität, Reliabilität, Validität Die Welt der Wissenschaft ist Jahrtausende ohne die testpsychologischen bzw. testtheoretischen Kriterien Objektivität, Reliabilität und Validität ausgekommen. Man kann oder sollte sich deshalb sogar fragen: hat die Psychologie tatsächlich relevantes Neues mit diesen Kriterien geschaffen oder ist dies nur eine Besonderheit der Psychologie, speziell der Testpsychologie oder der psychologischen Testtheorie? Und falls: warum? Das Problem der Meßgenauigkeit ist den Menschen seit sie messen bekannt, wenn auch die persönliche Gleichung bei der Sternbeobachtung erst ziemlich spät entdeckt wurde (Bessel 1821). Dieser systematische Fehler betrifft die Objektivität der Beurteilung. Doch wie steht es um die sog. Validität. Die Kurzformel besagt, eine Beurteilung ist valide, wenn das beurteilt, was sie beurteilen soll. In einer Prüfung, anders vielleicht als bei einer Bewerbung, soll also Wissen und Können und nicht die Attraktivität oder die Sprachgewandtheit des Prüflings beurteilt werden. Wir alle wissen natürlich, dass in die Beurteilung von Menschen viele Faktoren einfließen, darunter auch solche, die mit dem interessierenden Sachverhalt kaum etwas zu haben. __ Objektivität, Reliabilität und Validität Die drei wichtigsten testtheoretischen Kriterien, die man aber ganz allgemein auf Datenerhebungsmethoden anwenden kann. Objektivität heißt, dass ein Ergebnis (Befund, Diagnose) unabhängig vom Untersucher bzw. Datenerheber gleich sein sollte. Reliabilität meint die Genauigkeit der Erfassung. Und Validität schließlich meint, dass das Datum für die Zuordnung richtig sein sollte. Ein Validitätsproblem liegt vor, wenn ein Verfahren nicht das feststellt, was es feststellen soll. Ein Reliabilitätsproblem ist gegeben, wenn die Erfassung dessen, was festgestellt werden soll, ungenau ist. Und ein Objektivitätsproblem liegt vor, wenn unterschiedliche Ergebnisse herauskommen, wenn unterschiedliche Untersucher die Datenerhebung betreiben. Früher hing die psychiatrische Diagnose oft davon ab, an welchen Psychiater oder an welche Einrichtung man geriet, d.h. die Feststellungen war sehr vom Untersucher oder der Einrichtung abhängig. Exkurs: Es ist ein völlig falscher Satz der sog. „Klassischen Testtheorie“ (KKT), wenn sich dort bereits formal aus dem Ansatz ergibt, dass die Validität von der Reliabilität abhängt. Genau gilt dort: Die Wurzel aus dem Reliabilitätskoeffizienten ist eine obere Schranke für den Validitätskoeffizienten (> Rosenhan). Die richtige Relation müßte eher umgekehrt lauten, dass ein Test überhaupt nur dann reliabel (genau) messen kann, wenn er überhaupt das Richtige misst, weil es ja wohl keinen Sinn macht, zwar sehr genau, aber das Falsche zu messen. Aber man kann die Genauigkeit einer Messung unabhängig vom richtigen Objekt der Messung denken. Dann dürfte aber die Relation, dass die Wurzel aus dem (korrelativen) Reliabilitätskoeffizienten für die Validität eine obere Grenze darstellt, nicht gelten, das diese Relation ja gerade eine Abhängigkeit ausdrückt. Der zweite große Doppelfehler der KTT ist, dass die Reliabilität (Zuverlässigkeit) offenbar als Merkmal dem Test falsch zugeordnet wird, wobei der Einzelfall völlig untergeht. Die Psychologie "misst" am Menschen. Daher ist Meßgenauigkeit immer auch von dem Menschen, an dem gemessen wird, abhängig. In der sog. klassischen Testtheorie wird die Meßgenauigkeit aber als Test-Kennwert für eine Normgruppe definiert und nicht für einen Einzelfall, wie er uns in der Praxis immer begegnet. Margraf (1994, S. 7, Mini-DIPS) berichtet: "Rosenhan (1973) ließ zwölf freiwillige Versuchspersonen ohne jegliche psychische Störungen in verschiedene psychiatrische Kliniken einweisen. Bei der Aufnahme sollten die Pseudopatienten lediglich ein Symptom berichten, ansonsten jedoch völlig zutreffende Angaben über sich und ihre Lebensumstände machen. Als Symptom wählte der Autor ein Verhalten aus, das noch nie in der Fachliteratur beschrieben worden war: Die Versuchspersonen sollten angeben, sie hörten Stimmen, die (in deutscher Übersetzung) "leer", "hohl" und "bums" sagten. Unmittelbar nach der Aufnahme berichteten die "Patienten" nicht mehr von diesem Symptom und verhielten sich auch ansonsten völlig normal. Trotzdem wurden alle Patienten als psychotisch diagnostiziert (elfmal als schizophren, einmal als manisch-depressiv). Es lag also ein außerordentlich hohes Ausmaß an diagnostischer Übereinstimmung vor. Dennoch waren alle Diagnosen falsch, sie besaßen also keine Validität." Objektivitäts-Paradigma Eine Beurteilung heißt in dem Maße objektiv, wie unterschiedliche BeurteilerInnen einen Sachverhalt gleichermaßen beurteilen, schätzen oder messen. Reliabilitäts-Paradigma Eine Ausprägungsschätzung oder Messung einer Ausprägung eines Merkmals ist in dem Maße reliabel, wie sie gleiche Werte unter gleichen Bedingungen schätzt oder misst. Validitäts-Paradigma Eine Aussage zu einem Sachverhalt ist in dem Maßen valide, wie die Aussage den Sachverhalt erfasst. __ Tests, psychologische, psychopathologische Lienert (1979) schreibt S. 207: "Das Wort „Test", stammt bekanntlich aus dem englischen Sprachgebrauch und bedeutet soviel wie Probe. Obwohl unter Fachpsychologen meist noch die englische Pluralform verwendet wird, betrachten wir den Begriff als eingedeutscht und deklinieren ihn entsprechend. FN1. Das Wort „Test" hat in der Psychologie eine mehrfache Bedeutung. Man versteht darunter: 1. Ein Verfahren zur Untersuchung eines Persönlichkeitsmerkmals. 2. Den Vorgang der Durchführung der Untersuchung. 3. Die Gesamtheit der zur Durchführung notwendigen Requisiten. 4. Jede Untersuchung, sofern sie Stichprobencharakter hat. 5. Gewisse mathematisch-statistische Prüfverfahren (z. B. x2-Test). Unter diesen Bedeutungen ist die erste die weitaus wichtigste; sie soll in der folgenden Definition in ihren in diesem Zusammenhang wesentlichen Punkten festgelegt werden: Definition: Ein Test ist ein wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Persönlichkeitsmerkmale mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung. FN2" > Grundlegende Voraussetzungen psychologischer Tests. __ Vertrauen, Vertrauensbasis, Vertrauensbeziehung
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__ Wahn. Definition: Wahn liegt vor, wenn mit rational unkorrigierbarer (Logik, Erfahrung) Gewissheit ein falsches Modell der Wirklichkeit oder ein falscher Erkenntnisweg zu einem richtigen oder falschen Modell der Wirklichkeit vertreten wird. Beispiel falsches Modell der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und das deutet ein fränkischer Proband als Zeichen Dr. Merks, worauf er in die Knie geht und laut ruft: „Allmächd, Allmächd“. Muss man so jemanden einsperren? Natürlich nicht. Beispiel falscher Erkenntnisweg eines richtigen Modells der Wirklichkeit: Ein Passant gähnt und ein Proband zieht daraus den Schluss, dass Banken in hohen Maße an Steuerbetrugsdelikten beteiligt sind. Passantengähnen ist keine in unserer Kultur und Wissenschaft anerkannte Erkenntnisquelle für Schwarzgeldschiebereien, die natürlich ein völlig reales Modell der Wirklichkeit sind. Gustl F. Mollath hat seine Erkenntnisse nicht aus dem Gähnen eines Passanten wahnhaft erschlossen, sondern seine Erkenntnisquellen entsprechen genau denen unserer Kultur und Wissenschaft. Es gibt auch keine Progredienz (Ausdehnung, Erweiterung, Fortschreitung), wenn man mit gesundem Menschenverstand hinschaut, was der forensisch-psychiatrischen Schlechtachterindustrie offenbar zu schwierig erscheint. Es ist ja völlig logisch und verständlich, dass, je mehr Menschen sein Anliegen und seine Erkenntnisse ablehnen, er entsprechend mehr AblehnerInnen sieht. Daher ist das vermeintliche Progredienzzeichen für einen angeblich sich ausdehnenden Wahn (wohin hat er sich denn in den letzten 10 Jahren ausgedehnt?) auch keines, sondern es erklärt sich ganz einfach aus der Natur des Sachverhalts. Infos zum Wahn in der IP-GIPT: Wissenschaftliches Wahnsystem am Beispiel Mollath. Einige Wahnbegriffe im AMDP-System. Wahn in verschiedenen Störungen und Krankheiten (Diagnostik). Wahnformen. Wahnfälle. Zur Etymologie von WAHN gegenüber WahnSINN (nach Scharfetter). "Normal", "Anders", "Fehler", "Gestört", "Krank", "Verrückt". Unterscheiden Wahn und Glauben. Mehr zum Wahn > Überblick Wahn. ___ Zwei Beispiele (Identitäten geschwärzt) für wissenschaftlichen Anspruch In beiden Fällen, erst aus der Forensik Straubing, dann aus Rosenheim, wird Wissenschaft beansprucht und versprochen
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Aus Rosenheim:
Querverweise Standort: Katalog: Diagnose-Fehler (DiagF). * Überblick Forensische Psychologie. * Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google":
site: www.sgipt.org z.B. Forensische Psychologie site: www.sgipt.org. * Dienstleistungs-Info. * Zitierung Rudolf Sponsel (DAS). Diagnose-Fehler (DiagF) zu Potentielle Fehler in forensisch psychiatrischen Gutachten, Beschlüssen und Urteilen der Maßregeljustiz. Eine methodenkritische Untersuchung illustriert an einigen Fällen u. a. am Fall Gustl F. Mollath mit einem Katalog der potentiellen forensischen Gutachtenfehler sowie einiger Richter-Fehler. Erlangen IP-GIPT: http://www.sgipt.org/forpsy/NFPMRG/DiagF.htm Copyright & Nutzungsrechte Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht inhaltlich verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten oder Rahmen ist nicht gestattet, Links und Zitate sind natürlich willkommen. Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden. Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus ... geht, sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen. Ende_ Katalog: Diagnose-Fehler (DiagF)_Überblick_Rel. Aktuelles_ Rel. Beständiges _ Titelblatt_ Konzeption_ Archiv_ Region_ Service_iec-verlag_ Mail: [email protected]_ __Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen korrigiert: 28.09.2013 / 29.09.20l3 / 01.10.2013 irs
Änderungen Kleinere Änderungen werden nicht extra ausgewiesen; wird gelegentlich überarbeitet und ergänzt. 19.03.15 03.10.14 22.04.14 10.02.14 09.02.14 27.11.13 15.10.13 02.10.13
Linkfehler geprüft und einen korrigiert. Lit-Erg. Ergänzung: DiagF10 Unvollständige ICD-10 Verschlüsselung. Bridgmans operationale Definition kurz und bündig nach Hayakawa. Begriff der Differentialdiagnose im Arztrecht. Ferndiagnosen sind verboten: DiagF09r, DiagF09f, DiagF09b. BGH Urteil Nachvollziehbarkeit, Transparenz, Weg angeben. Diagnosen in der Psychiatrie nach Klaus Dörner (1981). Glossarlinks ergänzt.
31.05.2015 03:06