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Dinge Ausprobieren - Evangelische Sonntags

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Seite 20 · 17. Januar 2016 · Sonntags-Zeitung GEMEINDEREPORT MERENBERG Fotos: privat/Andrea Seeger ■ Kirchengemeinde Merenberg Untergasse 21 35799 Merenberg Telefon 0 64 71/5 23 62 Fax 0 64 71/50 97 82 E-Mail: ev.kirchengemeinde. [email protected] Dinge ausprobieren Merenbergs Pfarrer Hans-Joachim Schäl liebt Kirchenvorstandssitzungen • Von Andrea Seeger Die Gemeinde Merenberg umfasst 1450 Protestanten. Es gibt eine historische Kirche, ein schönes Pfarrhaus und einen Pfarrer, der seit anderthalb Jahren hier ist und sich rundherum wohlfühlt. E s gibt Gemeinden, da machen Dinge Spaß, die sonst eher als lästige Pflicht gelten. Der Pfarrer in Merenberg zum Beispiel liebt Kirchenvorstandssitzungen. »Hier gibt es immer etwas zu essen und zu trinken«, sagt Pfarrer HansJoachim Schäl (58) begeistert. »Und zwar Gutes«, setzt er nach. Bei einer der letzten Sitzungen habe die Tagesordnung nur sechs Punkte umfasst, »nach einer Dreiviertelstunde waren wir fertig«, berichtet Schäl. Weil noch Zeit ist, singen sie das ganze Liederbuch durch Daraufhin habe eine Kirchenvorsteherin gefragt: »Und was machen wir jetzt? Ich kann noch nicht nach Hause, mein Mann erwartet mich noch nicht.« Zufällig lag im Raum ein Buch mit modernem Liedgut, die Gitarre stand auch parat, »also haben wir Musik gemacht«, freut sich der Pfarrer heute noch. »Wir haben anderthalb Stunden alle Lieder gesungen, das hat so einen Spaß gemacht, toll war das.« Hans-Joachim Schäl sagt, dass er sich auf jede Kirchenvorstandssitzung freue. Er sei sehr gerne in dieser Gemeinde. Eigentlich kommt er aus der Oldenburgischen Landeskirche, war dort Pfarrer und ging von da nach Wittenberg. Sein Auftrag dort: die Wiederherstellung, Sanierung und Revitalisierung des Bugenhagenhauses. Es handelt sich dabei um das älteste evangelische Pfarrhaus der Welt. Das Haus gehört zu den bedeutsamsten Gedenkstätten der Reformation und soll darum in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen werden. Bis 1997 war es seit der Reformation ununterbrochen Wohn- und Wirkungsstätte der Wittenberger Superintendenten. Als erster Pfarrer der Reformation lebte Johannes Bugenhagen bis zu seinem Tod 1558 hier. Der Freund, Mitstreiter und Seelsorger Martin Luthers gilt neben diesem und Melanchthon als dritter Reformator. Mit Hilfe seiner niederdeutschen Sprachkenntnisse ist die Reformation bis nach Norddeutschland und Skandinavien gelangt. Johannes Bugenhagen ist der Verfasser zahlreicher Kirchenordnungen. Vier Jahre lang hat sich Schäl dieser Aufgabe gewidmet, Kontakte auch nach Dänemark geknüpft. Dann wurde er Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Ab 2007 versah er seinen Dienst in der Weilburger Schlosskirche, bis er am 1. Juli 2014 nach Merenberg wechselte, einem Ort auf der Straße nach Rennerod. Der Pfarrer isst manchmal mit den Senioren zu Mittag »Nach zwei Jahren Vakanz war hier vieles abgebrochen, wir können neue Akzente setzen«, sagt Schäl. Vieles gefällt ihm, zum Beispiel der »supertolle Gospelchor Feelharmony«. Der existiere seit sechs Jahren, die Leiterin Ulrike Viel sei eine sehr versierte Chorleiterin, die für die Musik lebe. 25 Mitglieder habe der Chor und leiste eine sehr gute Arbeit. »Die Gemeinde fängt an wertzuschätzen, was sie an dem Chor hat«, freut sich der Pfarrer. Auch dem Ruheständlerkreis, eine Gruppe von Frauen und Männern, zollt er viel Respekt. Und die Frauenhilfe hätten sie jetzt nach den Sommerferien reaktiviert. Montags und donnerstags gibt es einen Mittagstisch für Senioren. Die Kirche bietet die Räumlichkeiten, Träger ist die Kommune, das Essen liefern ortsansässige Gastronomen. »Ab und zu esse ich da auch mit, das ist eine schöne Sache«, findet Schäl. In der Konfirmandenarbeit kooperiert der Pfarrer mit seinem Kollegen aus Kubach/Hirschhausen, Rolf Ringleb. Der stamme auch aus der Oldenburgischen Kirche, »wir arbeiten schon seit Jahren gut zusammen. Ringleb kann auf viele Teamer zurückgreifen, in Merenberg entwickelt sich das erst langsam.« Die beiden Gemeinden haben zusammen auch schon eine Segelfreizeit angeboten, für ehemalige und amtierende Konfirmanden. Das sei sehr gut angekommen. Auch die Eltern der Konfirmanden würden immer mit anpacken, zum Beispiel bei der Konfi-Übernachtung. Darüber freut sich Hans-Joachim Schäl. Als nächstes freut er sich auf den Ereigniswald. Die jungen Merenberger pflanzen anlässlich ihrer Konfirmation einen Baum. In diesem Jahr soll das der Ort werden für ein großes Konfirmandentreffen. »Man muss Dinge ausprobieren«, sagt der Pfarrer, »wenn man das nicht tut, entwickelt sich nichts weiter.« Der vierfache Vater ist bereit dazu. Er sei mit Leib und Seele Pfarrer, trenne nicht zwischen dienstlich und privat. Wenn jemand klingelt, öffnet er die Tür. »Wenn ich nicht da bin, bin ich nicht da, aber feste Sprechzeiten gibt es bei mir nicht«, sagt Schäl. Inzwischen freut er sich über sein erstes Enkelkind. Seine Gemeinde ist ihm sehr wichtig, seine Familie aber auch. Der Pfarrer gut gelaunt in seinem Arbeitszimmer (oben). Die Konfirmanden (großes Bild oben) schnuppern viel frische Luft beim Segelausflug. Die hübsch gewandeten Kindergartenkinder kommen beim Burggottesdienst tüchtig in Bewegung – unter den stolzen Blicken ihrer Eltern und Großeltern. DREI FRAGEN AN ... ... Pfarrer Hans-Joachim Schäl von der Kirchengemeinde Merenberg: ? Wo ist Ihr Lieblingsplatz in der Gemeinde? Auf der Kanzel, ich predige gern. ? Zu wem hätten Sie gerne mehr Kontakt als bisher? Zu befreundeten, lieben, netten Kollegen, zum Beispiel aus Ober-Ofleiden. Er kommt auch aus der Oldenburgischen Landeskirche wie ich, hat eine meiner Töchter getauft und getraut. Wir haben uns ein bisschen aus den Augen verloren, das ist das Dilemma des Berufes. ? Welches ist Ihr liebstes Kirchenlied? »Sei behütet« von Clemens Bittlinger.