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Dvoˇrák & Schwejk.soap

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Samstag, 25. Juli, 19 Uhr Helmut List Halle Dvoˇrák & Schwejk.SOAP Antonín Dvoˇrák (1841–1904) Klaviertrio in e, op. 90, „Dumky“ Nr. 1 Lento maestoso Aus: Jaroslav Hašek, Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Vorwort und Kapitel I Nr. 2 Poco adagio Kapitel I, Im Wirtshaus Nr. 3 Andante Kapitel I, Im Wirtshaus Nr. 4 Andante moderato Kapitel II, Der brave Soldat Schwejk auf der Polizeidirektion Nr. 5 Allegro Kapitel III, Schwejk vor den Gerichtsärzten Nr. 6 Lento maestoso Moravské Dvojzpˇevy (Klänge aus Mähren), op. 32 „Mährische Duette“ für Sopran, Mezzosopran und Klavier 1. A já ti uplynu (Ich schwimm’ dir davon) 2. Velet’, vtáˇcku (Fliege, Vöglein) 3. Dyby byla kosa nabróšená (Wenn die Sense scharf ­geschliffen wäre) 4. V dobrým sme se sešli (Freundlich lass uns scheiden) 5. Slavíkovský poleˇcko malý (Der kleine Acker) 6. Holub na javoˇre (Die Taube auf dem Ahorn) 7. Voda a pláˇc (Wasser und Weinen) 8. Skromná (Die Bescheidene) 9. Prsten (Der Ring) 10. Zelenaj se, zelenaj (Grüne, du Gras) Kapitel V, Schwejk auf dem Polizeikommissariat Humoresken für Klavier Nr. 7 Poco lento e grazioso Kapitel VIII, Schwejk als Simulant Romantische Stücke für Violine und Klavier, op. 75 Nr. 1 Allegro moderato Kapitel VIII, Schwejk als Simulant Slawische Tänze für Violoncello und Klavier, op. 46 Nr. 3 Poco Allegro in A (vollendet durch Jiˇrí Gemrot) Simona Šaturová, Sopran Markéta Cukrová, Mezzosopran Dvoˇrák Trio: Jan Fišer, Violine Tomáš Jamník, Violoncello Ivo Kahánek, Klavier Heinz Marecek, Lesung Warm upper: Thomas Höft Inspizienz: Wolfgang Atzenhofer Übertitelsteuerung: Florian Groß Filmteam: Produktion, Kamera: Roland Renner / reziprok Technische Leitung: Johannes Trummer / TrueTV Bildtechnik: Alois Trummer Bildregie: Martin Steffens Kamera: Andreas Ruhs Musikalische Assistenz: Gertraud Heigl Zusammenstellung von Text und Musik: Karl Böhmer Die gelesenen Texte stammen aus: Jaroslav Hašek: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk. Aus dem Tschechischen übertragen von Grete Reiner, Rowohlt Hamburg, 1960 (benutzte Ausgabe: 38. Auflage, 2007) Patronanz: Programmdauer: Erster Teil: ca. 60 Minuten Pause: ca. 30 Minuten Zweiter Teil: ca. 60 Minuten Radio: Sonntag, 9. August, 19.30 Uhr, Ö1 Dvoˇrák & Schwejk.SOAP Ausnahmsweise ist der Held der letzten SOAP dieser styriarte nicht nur der Komponist Antonín Dvoˇrák, dessen Musik den Abend verschönert. Es ist auch eine legendäre literarische Gestalt: der brave Soldat Švejk. „Osudy dobrého vojáka Švejka", „Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ nannte Jaroslav Hašek seinen Welterfolg, dessen Früchte er nicht mehr ernten konnte. Als er am 3. Januar 1923 im Alter von nur 39 Jahren starb, war sein Meisterwerk unvollendet. In posthumer Edition und zahllosen Übersetzungen wurde das „Schwejk“-Fragment dennoch zu Weltliteratur und der brave Soldat zum Tschechen schlechthin, nach dem heute in Prag Beisln und Cafés benannt sind. Zur Geschichte Der brave Soldat Schwejk „Heute könnt ihr in den Prager Straßen einem schäbigen Mann begegnen, der selbst nicht weiß, was er eigentlich in der Geschichte der neuen großen Zeit bedeutet … Dieser stille, bescheidene, schäbige Mann ist wirklich der alte, brave, heldenmütige, tapfere Soldat Schwejk, der einst unter Österreich im Munde aller Bürger des Königreichs Böhmen war und dessen Ruhm auch in der Republik nicht verblassen wird. Ich habe diesen braven Soldaten Schwejk sehr lieb und bin bei der Niederschrift seiner Abenteuer im Weltkrieg überzeugt, dass Ihr alle für diesen bescheidenen, verkannten Helden Sympathie empfinden werdet. Er hat nicht den Tempel der Göttin von Ephesus in Brand gesteckt wie jener Dummkopf Herostates, um in die Zeitungen und Schulbücher zu kommen. Und das genügt.“ Mit diesem Vorwort setzte sich Jaroslav Hašek das Programm für seine Erzählungen vom Antihelden Schwejk, der mit unverrückbarer Geradlinigkeit und widersinnigem Humor die hehren Grundsätze der k. und k. Monarchie aus den Angeln hebt und die Repräsentanten derselben zur Verzweiflung treibt. In Hašeks Porträts widerlicher Polizeispitzel, korrupter Richter, menschenverachtender Militärs wird die Unmenschlichkeit des Systems in der späten Donaumonarchie gnadenlos gebrandmarkt, nicht weniger scharf als etwa bei Karl Kraus. Nur hat Hašek das „Ende der Menschheit“ durch einen Helden geschildert, der die Abgründe der Jahre 1914 bis 1918 ad absurdum führt – durch seine Sprache, seinen abstrusen Humor und seine typisch tschechische Art und Weise, alles von der simpelsten Seite zu sehen – nicht unähnlich dem Komponisten Antonín Dvoˇrák. Hašek und sein Schwejk Jaroslav Hašek wurde 1883 in Prag geboren, war also 42 Jahre jünger als Dvoˇrák. Während der Komponist noch voller Optimismus für den Kampf der Tschechen um Weltgeltung eintreten konnte, fiel Hašeks Schaffen in eine unruhige Zeit: Die Vorboten der Katastrophe von 1914 und der Zerfall der Donaumonarchie sorgten für Gären auch in der Prager literarischen Welt. Hašek schlug sich als freier Mitarbeiter bei Zeitungen durch, schrieb im Beisl, fühlte sich unter Anarchisten wohl, kannte die Polizei seiner Heimatstadt aus nächster Nähe, da er für Raufereien mehr als einmal einsaß. Selbst die Beschreibung einer Irrenanstalt im „Švejk“ beruht auf authentischen Erfahrungen des Autors. Am Stammtisch gründete er 1911 mit Freunden eine groteske Partei: die „Partei des maßvollen Fortschritts in den Grenzen der Gesetze“. Seine „Wahlreden“ waren berühmt-berüchtigt. Im Ersten Weltkrieg zu den Russen übergelaufen, wurde er bolschewistischer „Kommissar“. Freilich nahm er, kaum nach Prag zurückgekehrt, das frühere freie Leben wieder auf, während er gleichzeitig die 1912 begonnenen Geschichten um den Schwejk redigierte und erweiterte. Bevor er sie vollenden konnte, ist er 1921 in seinem Haus in Lipnice im Alter von 39 Jahren gestorben. Den Weltruhm des „Švejk“ hat er nicht mehr erlebt. Der Aufstieg des Prager Hundehändlers zur Figur der Welt­ literatur begann mit den Theaterfassungen von Max Brod (1928) und Erwin Piscator (Berlin 1929). 1942/43 schrieb Bertolt Brecht sein Theaterstück „Schwejk im Zweiten Weltkrieg“. In der Nachkriegszeit folgten dann die einschlägigen Verfilmungen, am populärsten sicherlich Wolfgang Liebeneiners ORF-Serie mit Fritz Muliar in der Hauptrolle. Dvoˇrák und Schwejk Was die beiden Helden unserer SOAP miteinander verbindet, ist zunächst ihre Bescheidenheit: So wie Schwejk nur ein „braver Soldat“ war, so nannte sich Dvoˇrák gerne und mit Nachdruck einen „einfachen böhmischen Musikanten“. Auch der berühmte Komponist stammte aus einfachsten Verhältnissen: Als Sohn eines Metzgers und Gastwirts war er in Mittelböhmen „auf dem Land“ aufgewachsen und hatte als Kind die Schweine seines Vaters gehütet. In die große Stadt Prag kam er als Landkind, das sich mühsam mit der Musik durchschlagen musste – bis er von Johannes Brahms an den Verleger Fritz Simrock empfohlen wurde und die „Klänge aus Mähren“ über Nacht seinen Weltruhm begründeten. Mit der böhmischen Bescheidenheit hängen zwei weitere Eigenarten unserer Helden zusammen: Der Eigensinn, mit dem Schwejk die großen Ereignisse der Weltgeschichte auf die einfachsten Wahrheiten des täglichen Lebens herunterbricht, und die scheinbare Gleichgültigkeit, mit der er schreiende Ungerechtigkeit in heiteren Sottisen kommentiert, sind das literarische Gegenstück zur Musik Dvoˇráks. Auch sie verbirgt ihre Abgründe hinter ewigen „Slawischen Tänzen“ und erheitert den Zuhörer mit scheinbar gefälligen, „simplen“ Melodien, während sie in Wahrheit durch alle Tonarten des Quintenzirkels moduliert und die Themen konsequent kontrapunktisch auffächert. Neben diesem Grundton der Bescheidenheit und dem gleichsam sturen Festhalten am verzweifelten Humor ließen sich noch weitere Ähnlichkeiten aufführen: Zum einen war Dvoˇráks Temperament von Gegensätzen bestimmt, er konnte unvermittelt von tiefer Melancholie in überschäumende gute Laune wechseln und umgekehrt. Derlei Exaltation lag zwar dem braven Soldaten Schwejk fern, doch auch bei ihm gibt es Einbrüche von Melancholie im sonst geradlinigen Charakter. Zum anderen war auch Dvoˇrák ein überzeugter Tscheche, der seinen Berliner Ver­-leger Simrock durch hohe Gagenforderungen seinen Wert spüren ließ und manches große Werk nur deshalb an einen andern Verlag verkaufte, weil der Preuße wieder einmal den tschechischen Titel hintanstellen wollte oder ein unverschämt niedriges Honorar anbot. Beides war bei der Achten Sinfonie der Fall, was auch die Drucklegung der „Dumky“ für Klaviertrio beeinflussen sollte. In zwei Punkten allerdings unterscheiden sich Dvoˇrák und Schwejk grundsätzlich: Der Komponist war nach seinem wundersamen Durchbruch 1878 in der großen weiten Musikwelt zuhause. Er sprach Englisch, liebte die Metropolen London und New York, wurde in Cambridge zum Doktor der Musik erhoben und in Prag mit Ehren überhäuft. Zum anderen ­interessierte sich Dvoˇrák für alle Wunder der modernen Technik, besonders für die Eisenbahn – ein moderner Weltbürger seiner Zeit. Dennoch kehrte er immer wieder in sein ländliches Domizil im mittelböhmischen Vysoká zurück, weil er ohne die Wälder, die Mythen, die Klänge seiner Heimat nicht sein konnte. Dort empfing er auch die Inspiration zu seinen „Dumky“. Zur Musik Dumky „Ich arbeite jetzt an etwas Kleinem, ja sehr Winzigem, und hoffe trotzdem, dass Sie sich daran erfreuen werden. Es sind kleine Kompositionen für Violine, Violoncello und Klavier. Es wird fröhlich und traurig sein: manchmal wie ein düsteres Lied, dann wieder wie ein fröhlicher Tanz, aber in leichterem Stil, populärer sozusagen, kurz: Es soll für Höhere und Niedere sein.“ So ließ Dvoˇrák im November 1890 seinen Freund Alois Göbl wissen. Bereits am 11. April 1891 erklang die Uraufführung dieses „winzigen“ Werkleins, das in Wahrheit aus sechs Sätzen besteht und zu den größten Klaviertrios der Romantik zählt: die „Dumky“, Opus 90. Der Titel ist der Plural des Wortes „Dumka“, jenes ukrainischen Volkstanzes, der auch im Tschechien des 19. Jahrhunderts überaus populär war. Sein Markenzeichen ist der Wechsel zwischen tief traurigen, langsamen Teilen und prall heiteren, schnellen Passagen – gewissermaßen das Gegenstück zu Dvoˇráks eigenen Stimmungsumschwüngen. Deshalb reizte ihn diese Form wohl besonders. Schon vor dem Opus 90 hatte er in seiner Kammermusik diverse „Dumky“ geschrieben, etwa im Streichsextett oder im Klavierquintett Opus 81. Nie zuvor aber hatte er den Stimmungswechsel der Dumka zum Prinzip einer ganzen Komposition erhoben. Die Idee, vom herkömmlichen viersätzigen Aufbau eines Klaviertrios abzuweichen, um die Zuhörer gleichsam nur in volkstümlichen Melodien schwelgen zu lassen, war durchaus neu und radikal. Sie weist auf den bewusst einfachen Stil der amerikanischen Jahre hin, die Dvoˇrák 1892 antreten sollte. Natürlich hatte er damit in Tschechien einen Riesenerfolg, und sein Verleger Simrock brannte auf die Drucklegung die- ses Werkes „für Höhere und Niedere“. Weil aber der Streit um die Achte Sinfonie noch nicht vergessen war, ließ sich Dvoˇrák mit der Drucklegung gerade dieses gewinnversprechenden Werkes unmäßig viel Zeit: tschechische Sturheit gegen deutschen Geschäftssinn, der nur allzu leicht den Nationalstolz anderer europäischer Völker verletzt. Freund Göbl jedenfalls fand die „Dumky“ so entzückend, dass er sie sich jeden Abend vor dem Schlafengehen durchspielte, wie er dem Komponisten 1894 nach New York schrieb – die „Dumky“ hatten sich in kürzester Zeit einen festen Platz im Herzen und der Seele seiner Landsleute erobert. Für die heutige SOAP ist der Zyklus insofern bestens geeignet, als jede der sechs Dumky in einer anderen Tonart steht und durch eine kleine Lesung unschwer von der nächsten getrennt werden kann. So lösen im ersten Teil des Programms „Pan Dvoˇrák“ und „Voják Švejk“ einander ständig ab. Klänge aus Mähren Im Dezember 1877 traf in der Wohnung der Dvoˇráks ein Brief ein, der das Leben des Komponisten für immer verändern sollte: Eduard Hanslick, der Wiener Kritikerpapst, vermeldete dem Komponisten, „dass in der eben stattgefundenen Sitzung bei Minister Stremeyer Ihnen ein Künstlerstipendium von 600 fl. einstimmig bewilligt wurde. Johannes Brahms, der gemeinschaftlich mit mir diesen Antrag gestellt hatte, interessiert sich sehr für Ihr schönes Talent.“ Diesen Hinweis verband Hanslick mit der Empfehlung, Dvoˇrák solle doch an Brahms schreiben und „etwas von Manuscripten“ dazulegen. Umgehend setzte sich der Komponist an seinen Schreibtisch und verfasste einen unnötig unterwürfigen Brief an Brahms, in dem er „Euer Wohlgeboren nochmals um Ihre hoch geschätzte Gunst“ anflehte und zugleich um die „Erlaubnis“ bat, „Ihnen einige meiner Kammermusik- und Instrumentalkom- positionen zur gefälligen Ansicht vorlegen zu dürfen.“ Dvoˇrák ahnte nicht, wie gut der Empfänger sein Werk längst schon kannte. Brahms schrieb knapp und gänzlich formlos zurück: „Erlauben Sie, dass ich in aller Kürze Ihnen danke für Ihre Zeilen und manche Freude, die Sie mir durch Ihre übersandten Werke machten. Ich habe mir erlaubt, über dieselben an Herrn Fritz Simrock zu schreiben.“ Den Sprengstoff in dem letzten kurzen Satz von Brahms konnte Dvoˇrák kaum erahnen, als er dem Berliner Verleger Anfang 1878 seine Duette mit dem Titel „Klänge aus Mähren“ zusandte, wie es Brahms empfohlen hatte. Denn bevor diese hinreißenden Stücke in Berlin eintrafen, hatte der berühmte Verleger schon ein langes Schreiben von Brahms erhalten, der rückhaltlos für seinen Prager Kollegen warb und ihm so das Tor zur weiten Musikwelt aufstieß: „Lieber Simrock, bei Gelegenheit des Staatsstipendiums freue ich mich schon mehrere Jahre über Sachen von Anton Dvoˇrák (sprich Dvorschak) aus Prag. Dies Jahr nun schickte er unter anderen ein Heft (10) Duette für zwei Soprane mit Piano­forte, das mir gar zu hübsch und praktisch für den Verlag vorkommt ... Ich veranlasste ihn, Ihnen die Lieder zu schicken! Wenn Sie sie durchspielen, werden Sie sich, wie ich, darüber freuen und als Verleger über das Pikante besonders freuen ... Dvoˇrák hat alles Mögliche geschrieben, Opern (böhmische), Symphonien, Quartette, Klaviersachen. Jedenfalls ist er ein sehr talentvoller Mensch. Nebenbei arm! Und bitte ich das zu bedenken! Die Duette werden Ihnen einleuchten und können ein ‚guter Artikel‘ werden.“ Die „Klänge aus Mähren“ wurden tatsächlich ein „guter Artikel“, wie Brahms es vorausgesehen hatte. Freilich überlas Simrock geflissentlich den Hinweis, dass Dvoˇrák arm sei: Für die Duette zahlte er dem Tschechen kein Honorar, erst für die „Slawischen Tänze“ ein bescheidenes. Dieses zweite bei Simrock erschienene Werk hatte der Verleger 1878 eigens bei Dvoˇrák bestellt. In seiner Biographie von 1991 hat Klaus Döge geschildert, was dann geschah: „Simrock nahm die Duette in seinen Verlag und gab in einem der ersten Briefe an Dvoˇrák die Slawischen Tänze in Auftrag. Nach deren Erscheinen schrieb der renommierte Musikkritiker Louis Ehlert am 15. November 1878 in der Berliner Nationalzeitung jene begeisterte Besprechung, die – wie Ehlert gegenüber Dvoˇrák äußerte – einen förmlichen Sturm auf die Musikalienhandlungen auslöste und dem bis dahin außerhalb seiner Heimat unbekannten Prager Komponisten ‚im Laufe eines Tages einen Namen‘ machte.“ Über Nacht war der mittellose Antonín Dvoˇrák aus Prag zum gefeierten Komponisten geworden und hatte einen bedeutenden Verleger gefunden. Zu verdanken hatte er dies der Fürsprache von Brahms. Slawische Tänze Der geschäftstüchtige Verleger Fritz Simrock hatte, wie geschildert, nach dem spontanen Erfolg der „Klänge aus Mähren“ gleich nachgelegt und bei Dvoˇrák eine Serie „Slawischer Tänze“ bestellt, um das florierende Geschäft mit „Nationaltänzen“ um 1880 durch eine neue Farbe zu bereichern: das „Slawische“ (heute würde man schon den Titel problematisch finden). Mit den „Ungarischen Tänzen“ des Hamburgers Brahms war dieses Genre zur festen Größe geworden: neckische, in die Beine gehende Ausblicke auf fremde Länder und Menschen, mit denen man beim Klavierspiel zu vier Händen frischen Wind in die schweren, dunklen Interieurs der Gründerzeit bringen konnte. Dvoˇrák konnte den Erfolg der „Ungarischen“ seines Freundes Brahms noch übertreffen – kein Wunder, sprach er hier doch gleichsam seine „Muttersprache“. Deshalb hatte er es auch nicht nötig, wie Brahms auf scheinbar originale Volkstänze zurückzugreifen, sondern schrieb sich die Melodien zu seinen „Slawischen“ lieber gleich selbst. Dabei beschränkte er sich in der ersten Serie, dem Opus 46 von 1878, ausschließlich auf Tanzformen aus seiner böhmischen Heimat, während er im zweiten Zyklus Opus 72 auch Tänze aus der Slowakei, Ungarn, Serbien und der Ukraine einflocht. Wir hören zwei Tänze aus dem ersten Zyklus in Dvoˇráks ­eigenen Bearbeitungen für ein Streichinstrument und Klavier. Als er Anfang 1892 zu einer Abschiedstournee durch Tschechien aufbrach, bevor er sich in die „Neue Welt“ aufmachte, brauchte er für seine Mitspieler zusätzliche Werke. Fest auf dem Programm standen die „Dumky“, doch wollte sich Hanuš Wihan, der spätere Solist von Dvoˇráks Cellokonzert, auch in Duowerken mit Klavier präsentieren. Deshalb komponierte Dvoˇrák kurzerhand sein g-Moll-Rondo und bearbeitete das Salonstück „Waldesruh“ sowie den Slawischen Tanz in­ As-Dur, op. 46 Nr. 3. Letzteren transponierte er nach A-Dur, wurde aber mit der Übertragung nicht mehr fertig und ließ sie unvollendet liegen. Tomáš Jamník spielt eine komplettierte Version von Jiˇri Gemrot. In jenem Trioprogramm von 1892 durfte auch der berühmte Geiger Ferdinand Lachner mit Salonstücken von Dvoˇrák glänzen, darunter die Bearbeitung des Slawischen Tanzes in e-Moll, op. 46 Nr. 2. Humoresken Vor der Abreise aus den USA 1894 notierte Dvoˇrák die Melodien zu seinen acht Humoresken für Klavier, op. 101 – fünftönige Melodien, wie sie auch seine Werke „Aus der Neuen Welt“ durchziehen. Erst nach der Rückkehr in die Heimat vollendete er den Zyklus im vertrauten Vysoká – als Beitrag zum Genre des Salonstücks, dem er hier manchen reizenden Tribut zollte. Was die fünftönigen Melodien des „amerikanischen“ Dvoˇrák betrifft, sind sich die Forscher bis heute uneins, ob sie auf die Einflüsse indianischer Musik, auf Spirituals oder auf die Volksmusik irischer Einwanderer zurückzufüh- ren seien – all diese Musiken hatte Dvoˇrák in New York hören können. Wenn überhaupt, dann muss er beim Schreiben der Humoresken die Musik schottischer Einwanderer im Ohr gehabt haben, denn der ursprüngliche Titel der Serie lautete „Neue Schottische Tänze“. Dass es ausgerechnet die süße Melodie der Ges-Dur-Humoreske zu Weltruhm bringen würde, hätte Dvoˇrák kaum ahnen können. Zahllose Bearbeitungen, aber auch Liedversionen mit Text hat das Werklein über sich ergehen lassen müssen – auf blumige Texte wie den folgenden: „Eine kleine Frühlingsweise
nimmt mein Herz mit auf die Reise
in die schöne weite Welt hinaus.“ Josef Beheimb Die Texte der gesungenen Stücke des heutigen Abends können Sie in Originalsprache und Übersetzung auch auf unserer Homepage www.styriarte.com direkt beim Konzert nachlesen. Die Interpreten Simona Šaturová, Sopran Simona Šaturová wurde in Bratislava (Slowakei) geboren. Bereits im Alter von fünf Jahren erhielt sie ihren ersten Violinunterricht. Nach dem Abitur studierte Simona Šaturová am Konservatorium von Bratislava Gesang und besuchte verschiedene Meisterklassen, u. a. bei Ileana Cotrubas. Seit ihrem kurzfristigen Einspringen als Ilia („Idomeneo“) am Théatre de la Monnaie in Brüssel 2010 kehrt sie regel­ mäßig an das Haus zurück. Seit ihrem großen Erfolg als Konstanze (Die Entführung aus dem Serail) ist sie auch dem Aalto-Theater in Essen sehr verbunden und war zuletzt als Elettra (Idomeneo) und Konstanze (Die Entführung aus dem Serail) zu erleben. Neben zahlreichen Auftritten am Nationaltheater Prag konnte man die Sopranistin bisher auch auf den Bühnen des Teatro Colón Buenos Aires, des Théâtre du Châtelet Paris, der Opéra de Monte Carlo, der Oper Frankfurt, am Theater an der Wien und im Megaron in Athen erleben. Als Konzert- und Oratoriensängerin konnte sich Simona Šaturová ebenfalls international profilieren. Musikalische Partner sind u. a. Christoph Eschenbach, Philippe Herreweghe, Krzysztof Penderecki, Sir Neville Marriner, Sylvain Cambreling, Helmuth Rilling, Jiˇrí Bˇelohlávek, Manfred Honeck, Tomáš Netopil, Kent Nagano, Rafael Frühbeck de Burgos, Adam Fischer, Ivan Fischer und Christopher Hogwood. Simona Šaturová fühlt sich in besonderem Maße zur Musik Mozarts hingezogen. Anfang 2009 war sie mit ihrem Lieblingswerk, der c-moll-Messe, in der Sixtinischen Kapelle bei Papst Benedikt zu Gast. Heuer sang sie das Werk etwa schon in der Berliner Philharmonie. Vor kurzem gab sie Beethovens Neunte in Pittsburgh oder trat mit Ildebrando d’Arcangelo in Olmütz auf. Unter dem Titel „Haydn Arias“ erschien im Juni 2009 ihre erste Solo-Aufnahme mit der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Alessandro De Marchi. Diese erhielt im November 2009 vom Gramophone Magazine die Auszeichnung Editor’s Choice. Im November 2014 erscheint ihre neue Solo-Aufnahme „Decade“ mit Arien von Mozart und J. Mysliveˇcek. 2007 wurde die Künstlerin im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals mit dem Förderpreis der Walter und Charlotte Hamel-Stiftung ausgezeichnet. Markéta Cukrová, Mezzosopran Markéta Cukrová gehört zu den gefragtesten tschechischen Solistinnen im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Ihr Name steht häufig in Verbindung mit barocken Oratorien und Opern, Kammermusik und Liederabenden, aber auch mit Programmen zeitgenössischer Komponisten. Seit 1992 nimmt sie an Alte-Musik-Projekten in ganz Europa als Solistin und auch als Mitglied zahlreicher Ensembles teil. Ihre Bandbreite reicht vom Mittelalter (Mala Punica, Club Mediéval) bis zum Barock (Collegium Marianum, Collegium 1704, Czech Ensemble Baroque, Musica Florea, Ensemble Inégal, Arte dei Suonatori) bis zur Klassik (Liederabende mit Hammerklavier). Sie tritt regelmäßig bei renommierten Festivals (Prager Frühling, Prager Sommer Festival, den Alte Musik Festivals in Brügge und Utrecht, Musikverein Wien, Schleswig-Holstein Festival) auf. Bei mehr als zwanzig Aufnahmeprojekten war die Mezzosopranistin beteiligt. Markéta Cukrová wirkte bei Monteverdis „Orfeo“ (Euridice) am Prager Nationaltheater, Händels „Rinaldo“ (Eustazio) an den Theatern in Prag, Caen, Luxemburg und Rennes sowie in Bohuslav Martin˚us „Marienspielen“ mit. Im Jahre 2012 wurde sie von den Internationalen Händel Festspielen Göttingen eingeladen, in Händels „Amadigi“ als Dardano unter der Leitung von Andrew Parrott mitzuwirken. Dvoˇrák Trio Das Dvoˇrák Trio vereint drei junge Musiker, die bereits zu den Besten ihres Faches gezählt werden. Bereits im Jahr 2004 sammelte das Trio erste Bühnenerfahrung, damals noch als „Trio Concertino“ an der Akademie der musischen Künste in Prag unter der Leitung von Josef Chuchro (einem ehemaligen Mitglied des Suk Trios) und Ivan Klánský (einem Mitglied des Guarneri Trios). Bald feierten die drei Künstler ihren ersten Erfolg als Sieger des neunten Interpretationswettbewerbs der Bohuslav Martin ˚u-Stiftung. Im Jahr 2007 wurde das Dvoˇrák Trio mit dem Preis der Tschechischen Kammermusikgesellschaft ausgezeichnet und debütierte in der Dvoˇrák-Konzerthalle des Rudolfinums in Prag. Das Dvoˇrák Trio konzertiert regelmäßig auch außerhalb der Tschechischen Republik. So wurde das Ensemble 2007 zu einer Zusammenarbeit mit der deutschen Stiftung Villa ­Musica und deren Dozenten Eszter Haffner und Jean-Claude Gérard eingeladen. Bei ihrem Auftritt beim „Murten Classic“ Festival 2008 mit der Capella Istropolitana unter der Leitung von Kaspar Zehnder kam auch Alfredo Casellas Tripelkonzert zur Aufführung. 2009 folgte eine Deutschland-Tournee mit dem Kammerorchester des Prager Nationaltheaters (mit Musik von Bohuslav Martin˚u) und eine Konzerttournee durch Asien. 2010 war das Trio bereits bei der styriarte zu Gast. In der laufenden Saison trat das Ensemble beim Abschlusskonzert der Tage der deutsch-tschechischen Kultur in Dresden und bei den Nachmittagskonzerten in der Berliner Philharmonie auf und reist anschließend gleich weiter für ein Konzert bei der Villa Musica in Mainz. Heinz Marecek, Lesung Heinz Marecek wurde 1945 in Wien geboren. Er absolvierte das Reinhardt-Seminar. Engagements an der Volksoper, am Theater der Jugend und am Landestheater Graz folgten. Von 1971 bis 1998 war er Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt. Heinz Marecek spielte an diesem Haus u. a. den Liliom in Molnárs gleichnamigem Stück, den Kasimir in ­„Kasimir und Karoline“ von Horváth, den Jura im „Konzert“ von Hermann Bahr, den Weinberl in Nestroys „Einen Jux will er sich machen“, den Dr. Maurer in Schnitzlers „Weites Land“ und den Puck im „Sommernachtstraum“, wirkte mit in „Potasch und Perlmutter“, „Charleys Tante“, „Hurra, ein Junge“ usw. Er inszenierte an der Volksoper „Kiss me Kate“, am Volkstheater „Die Dame vom Maxim“. Im Theater in der Josefstadt führte er bei „Das Veilchen“, „Pension Schöller“, „Raub der Sabinerinnen“, „Lampenfieber“ u. a. Regie. Auch als Film- und Serienschauspieler ist er bestens bekannt, wie aus „Das Ringstraßenpalais“, „Der Bockerer“, „Schwejk“ und „Der Narr von Wien“. In der Fernsehserie „Die Neue“ spielte er den frühpensionierten Gendarmen Rudi Aschenbrenner. Von 1980 bis 1993 war er ständiges Mitglied der Fernsehfamilie „Die liebe Familie“. Und seit Jahren hilft er ganz auf seine Weise in „SOKO Kitzbühel“ beim Aufklären von brisanten Mordfällen. Heinz Marecek ist auch als Autor überaus erfolgreich. In den letzten Jahren erschienen u. a. die Bestseller „Das Fest des Lachens“, „Das ist ein Theater!“ und „Ich komme aus dem Lachen nicht heraus“. Heinz Marecek ist verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes und lebt heute in München. Der Witz des Tages Im „heiligen Land“ soll eine Ehebrecherin gesteinigt werden. Alle stehen im Kreis um sie herum, einen Stein in der Hand, bereit zu werfen. Da tritt Jesus unter sie, und sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Einer nach dem andern legt seinen Stein weg und verdrückt sich murrend. Plötzlich kommt eine Frau, hebt einen Stein auf, wirft ihn nach der Sünderin. Jesus dreht sich erstaunt um, blickt verlegen zu Boden und sagt kopfschüttelnd: „Mama!“ von Heinz Marecek Flexibel im Format. Unbeugsam im Inhalt. KOMPAKT E-PAPER Ÿ-.,,#" &#-.. ")" ")"1#&&% )''( #&  # / ),-./(! #( ),!#( )(! )(.-. üúûÿĆ #( '". - ((( (.-"#/ ( (! - Ě" - -Ě)( )-.. !&Ê%. Ê%. Ê% - (40)/-4 40 40)/-4 '#. ' )'.( 7+(0$ 6HLWH  6HLWH  6HLWH  *UTTKXYZGM  '[M[YZ  b ›YZKXXKOINY [TGHN©TMOMK :GMKY`KOZ[TM b .KXG[YMKMKHKT \UT 5YIGX (XUTTKX b Ę  .&#(Ć #( & / ./((&- )", ..--/" #( #( % #( ,! ",-*,)$%. )$% )$%. L[ha[^hic_d_ij[h_kc _d h[W]_[hj[ cWd _hh_j_[hj1 [_d[ Ij[bbkd]dW^c[ ]WX [i )RWR 0DWWKLDV &UHPHU C_jjmeY^ mkhZ[ X[aWddj" M_hjiY^W\j [hd[kj _d H[p[ii_ed ][iY^b_jj[hj _ij$ :_[ Z”h\j[ m[_j[h[ ;_difW# lehd[^c[d" kc ZWi pk [hh[_Y^[d$ h[Z 6HLWH  2.,' 4#!( ,.,/&#"- )%/'( )%/'(. /'(. ' 1  ",'. 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