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Eine Weltordnung ohne Supermächte: Dezentrierter Globalismus Barry Buzan Im Jahr 2004 vertrat ich wie die meisten Analysten die Ansicht, dass in den kommenden Jahrzehnten die USA die einzige Supermacht neben einer Reihe von Großmächten sein würden. Unter „Supermacht“ verstehe ich ein Staatswesen, dessen politische, militärische, kulturelle und wirtschaftliche Reichweite sich über das gesamte internationale System erstreckt, wohingegen eine „Großmacht“ die genannte Wirksamkeit nur innerhalb einer Weltregion entfaltet.1 Dieser Gedanke der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten steht noch immer im Mittelpunkt der Diskussion zur Polarität der Weltordnung. Die Kernfrage ist, ob es den USA gelingen wird, ihren Status als einzige Supermacht zu behaupten, oder ob der Aufstieg anderer Mächte – vor allem Chinas – erneut zu einer bipolaren Weltordnung führen wird. Als anderes mögliches Szenario prognostizierte ich 2004 eine Welt, die von Großmächten geprägt sein würde, wobei ich dies eher für unwahrscheinlich hielt. Inzwischen habe ich meine Meinung diesbezüglich geändert. Möglicherweise gehen wir bereits mit großen Schritten auf eine derartige von Großmächten dominierte Welt zu, was vielleicht sogar zu begrüßen ist. Die Mainstream-Diskussion über die Polarität der internationalen Ordnung ignoriert meist die Tatsache, dass sich die einzelnen Länder gar nicht entscheiden müssen, ob sie ein Gegengewicht zu den USA bilden oder „auf den Zug der US-Amerikaner aufspringen“ möchten, sondern dass es durchaus eine dritte Alternative gibt: Die übrigen Staaten können sich angesichts der schwindenden Macht und Autorität der USA dazu entschließen, die Vereinigten Staaten zu ignorieren und ihre eigenen Pfade in der regionalen bzw. globalen Politik zu beschreiten; dies geschieht inzwischen immer häufiger.2 *
Dieser Text ist eine übersetzte und gekürzte Fassung der Inaugural Kenneth N. Waltz Annual Lecture, die am 14. Oktober 2011 an der Aberystwyth University gehalten und in der Zeitschrift International Relations Nr. 3/2011 publiziert wurde. 1 Vgl. Buzan, Barry: The United States and the Great Powers. Polity, Cambridge 2004, S. 46 –76. 2 Zum Niedergang der US-amerikanischen Autorität vgl. Lake, David: Hierarchy in International Relations. Cornell University Press, Ithaca 2009, S. 185 –186; Buzan, Barry: A Leader without Followers? The United States in World Politics after Bush. In: International Politics 45 (5), 2008, S. 554 – 570. Die regionale Alternative wird kurz angeschnitten, negativ bewertet bzw. sofort verworfen bei Lake, a. a. O., S. 83 – 85, 181; Ikenberry, G. John: Liberal Internationalism 3.0. America and the Dilemmas of Liberal World Order. In: Perspectives on Politics 7 (1), 2009, S. 83.
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Ich lehne die neorealistische Grundannahme ab, dass die Großmächte von heute zwangsläufig in einen Wettbewerb um die Dominanz im gesamten System verfallen werden. Stattdessen lege ich dar, inwieweit eine regionalisierte Welt die Grundpfeiler für eine auf Koexistenz ausgerichtete, mit gewissen Elementen der Kooperation ausgestattete Staatengemeinschaft bietet. Niemand bezweifelt, dass es derzeit nur eine einzige Supermacht gibt. Ich werde nachfolgend zeigen, dass die USA diesen Status jedoch bald verlieren werden und dass kein anderer Akteur in diese Position aufsteigen wird. Da nur China und die EU als mögliche neue Supermächte ernsthaft in Erwägung gezogen werden können, konzentriert sich die Argumentation auf diese Akteure. Die beiden am schwierigsten zu führenden Nachweise sind, warum die USA ihre Stellung einbüßen werden und China nicht zur Supermacht aufsteigen wird. Warum die EU dafür nicht infrage kommt, lässt sich dagegen leichter erklären. Der breitere Argumentationsrahmen läuft darauf hinaus, dass der Begriff „Supermacht“ an sich in seinem modernen, globalen Sinn aus bestimmten historischen Umständen erwachsen ist, die immer mehr der Vergangenheit angehören. Der Gedanke, dass irgendein Land eine überragende internationale Machtposition einnimmt, ist ein Produkt der besonders ungleichmäßigen Machtverteilung des 19. Jahrhunderts. Die industrielle, die kapitalistische und die demokratische Revolution, die sich in den Ländern des Westens vollzogen, machten ein derartiges globales Ungleichgewicht überhaupt erst möglich. Dieser Zustand wurde dann durch die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs künstlich verlängert. Diese Form der Machtverteilung löst sich jedoch nicht nur deshalb zusehends auf, weil die zerstörerischen Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs längst behoben sind, sondern auch, weil die Früchte der Revolutionen, die dem Westen im Laufe des 19. Jahrhunderts zu seinem Machtvorsprung verholfen hatten, mittlerweile auch in China, Indien, Brasilien und weiteren Ländern geerntet werden. Dadurch kommt es zur Wiederherstellung eines gewissen globalen Machtgleichgewichts, das vor dem Aufstieg des Westens über Jahrtausende bestanden hatte. Die sich nun erneut herausbildende Balance ist in einem internationalen System und einer Staatengemeinschaft wirksam, die durch enge Verbindungen sowie gegenseitige Abhängigkeiten gekennzeichnet sind. Die USA Hinsichtlich materieller Fähigkeiten sind die USA das einzige Land der Welt, das aufgrund seiner relativen Größe, der militärischen sowie politischen und kulturellen Stellung in der Lage ist, die Rolle einer Supermacht zu übernehmen. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten
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ist keineswegs im freien Fall begriffen und auch ihre militärische Überlegenheit ist nach wie vor erdrückend. Allerdings befindet sich das Land mittelfristig in einem relativen materiellen Niedergang im Vergleich zu den aufstrebenden Mächten, sodass die USA sich an eine in stärkerem Maße multipolar strukturierte Welt anpassen müssen.3 Die maßgeblichen Faktoren für diese Verschiebung werden aber sozialer Natur sein: Innerhalb der USA wird es immer weniger Unterstützung für die Rolle als Supermacht geben und auch außerhalb wird Washington zunehmend schwerer Gefolgschaft finden, gleichgültig, ob es nun eine führende Stellung einnehmen möchte oder nicht. Solche Veränderungen in der sozialen Unterstützung im eigenen Land oder auf internationaler Ebene könnten recht rasch dazu führen, dass die USA von einer Super- zu einer Großmacht werden. Dass Japan und Europa die amerikanische Führungsrolle im Großen und Ganzen akzeptieren, verleiht den USA immerhin Legitimität und schützt sie vor der Entstehung einer einen Gegenpol bildenden Koalition. Wenn es die internen Faktoren betreffend darum geht, ob die USA die für ihren Supermachtstatus erforderliche Führungsrolle weiterhin übernehmen wollen, so lautet die Kernfrage bezüglich der externen Faktoren – ungeachtet der vorhandenen oder eben nicht vorhandenen inneren Bereitschaft zur internationalen Dominanz –, ob die anderen Staaten die USA zukünftig noch als legitime Führungsmacht anerkennen werden. Die materielle Schwächung und der bröckelnde Führungswille könnten sich auf die Gefolgsbereitschaft der anderen Länder auswirken. Wichtiger als die beiden genannten Faktoren und von diesen unabhängig sind jedoch die schwindende Attraktivität und Legitimität der USA als Führungszentrum der Staatengemeinschaft. Auf einer bestimmten Ebene waren die Vereinigten Staaten sehr erfolgreich bei der Umsetzung der Forderung von Nye, die USA müssten andere Länder dazu bringen, „zu wollen, was die USA wollen“.4 Washington möchte führen und von der Staatengemeinschaft unterstützt werden, doch es benutzt seine selbst proklamierte Sonderstellung, um sich von vielen Regeln auszunehmen, deren Einhaltung es von anderen verlangt. John Ruggie verwendet dafür den ebenso alten wie treffenden Begriff des „american exceptionalism“.5 3
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Vgl. Kupchan, Charles A.: After Pax Americana. Benign Power, Regional Integration and the Sources of a Stable Multipolarity. In: International Security 23 (2), 1998, S. 40 – 79; ders.: The End of the American Era. US Foreign Policy and the Geopolitics of the Twenty-First Century. Alfred Knopf, New York 2002; Bromley, Simon: American Power and the Prospects for International Order. Polity, Cambridge 2008. Nye, Joseph S.: Soft Power. In: Foreign Policy 80, 1990, S. 166 –167. Ruggie, John: American Exceptionalism and Global Governance: A Tale of Two Worlds? In: Working Paper No. 5, Corporate Social Responsibility Initiative, Harvard University, April 2004, S. 3 – 4.
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Auf diese Weise verletzt Washington die Regeln, für die es nach eigenem Bekunden eintritt. Es verteidigt seine Souveränität gegen externe Eingriffe, behält sich aber das Recht vor, die Souveränität anderer Länder im Interesse eigener Ziele zu verletzen. Wegen dieses Widerspruchs verlieren die USA zunehmend ihre dominante Position auf drei Ebenen: Akzeptanz der Politik, Attraktivität als Zukunftsmodell und Legitimität der Hegemonie. Akzeptanz der US-Politik und die USA als Modell Die USA waren nicht besonders erfolgreich mit ihrem Versuch, ihren Global War on Terror (GWoT) als internationale sicherheitspolitische Makrooperation zu verkaufen, gewissermaßen als Nachfolgemodell des Kalten Krieges.6 Dies hat zur Folge, dass sie mit ihrer zuweilen eigenwilligen Politik ziemlich allein dastehen und es an einer gemeinsamen Sache oder Identität fehlt. Ein kurzer Blick auf drei Kernbereiche der Politik – den Nahen und Mittleren Osten bzw. den GWoT, China und den Klimawandel – veranschaulicht dies. Der Hauptkritikpunkt an der Legitimität des Supermachtstatus der USA lautet, dass zahlreiche US-Interventionen im Nahen und Mittleren Osten sich nach weitverbreiteter Einschätzung als kontraproduktiv erwiesen und nicht nur den Terrorismus angeheizt,7 sondern auch die menschlichen Tragödien vor Ort verschärft haben. Weitgehende Unterstützung genießt die US-amerikanische Politik in der Region lediglich bei der Nichtverbreitung von Atomwaffen. Doch auch das wird dadurch unterminiert, dass die USA die Augen vor dem umfangreichen Atomwaffenarsenal Israels verschließen, während sie gleichzeitig arabischen Staaten und dem Iran verbieten, eigene nukleare Abschreckungswaffen zu erwerben. Während des Kalten Krieges wurden die unangenehmen Seiten der US-amerikanischen Politik im Nahen und Mittleren Osten durch den allgemeinen Konsens über die erforderliche Eindämmung der Sowjetunion überdeckt. Der GWoT konnte dafür keinen Ersatz liefern und hat zudem die Differenzen zwischen den USA und ihren Verbündeten verschärft. An der engen Bindung der USA zu Israel wird sich auch zukünftig kaum etwas ändern, worunter das Ansehen Washingtons in 6
Vgl. Buzan, Barry: Will the „Global War on Terrorism“ be the New Cold War? In: International Affairs 82(6), 2006, S. 1101–1118. 7 Vgl. Allin, Dana H.: The Atlantic Crisis of Confidence. In: International Affairs 80 (4), 2004, S. 649 – 663; Wilkinson, Paul: International Terrorism. The Changing Threat and the EU’s Response. Chaillot Paper 84, Institute for Security Studies, Paris 2005.
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der Region und einem Großteil der übrigen Welt erheblich leiden wird. Die unpopuläre US-amerikanische Politik sowie die widerstreitenden Interessen anderer Akteure innerhalb des Nahen und Mittleren Ostens tragen somit nicht zur Legitimierung der Führungsrolle der USA bei. Die Chinapolitik der Vereinigten Staaten profitierte ebenfalls von der Schutzwirkung gemeinsamer Interessen. Während des Kalten Krieges gehörte die Eindämmung Chinas zum Ringen zwischen Ost und West. Die Pflege der Beziehungen zwischen den USA und der VR China ab 1971 trug zur Schwächung der Sowjetunion bei; die Förderung der „Reform und Öffnung“ Chinas seit 1978 durch die USA fand breite Unterstützung. Nun wächst jedoch die seit Langem in Washington empfundene Besorgnis über den Aufstieg Chinas zu einem gleichrangigen Konkurrenten, da die VR in der Tat an Macht gewinnt.8 In Ermangelung einer gemeinsamen Sache, welche die USA und andere Länder verbindet, ist es fraglich, ob die anderen Mächte sich ebenfalls bedroht fühlen werden, wenn China die US-amerikanische Hegemonie herausfordert. Sollte die VR ihren friedfertigen Aufstieg tatsächlich erfolgreich umsetzen können, werden die Befürchtungen der Vereinigten Staaten zu Partikularinteressen, die nur von wenigen oder sogar keiner der übrigen Großmächte geteilt werden. Wenn China seine Karten geschickt ausspielt, könnte es die USA gegenüber den anderen Großmächten einsamer dastehen lassen, als sie es seit Beginn des Ersten Weltkriegs jemals waren. Der Klimawandel ist ein relativ neuer Problemkreis. Er wirft Fragen auf, die das Schicksal der gesamten Menschheit betreffen. Wenn wir den Temperaturanstieg und den steigenden Meeresspiegel in den Griff bekommen wollen, sind koordinierte Aktionen erforderlich, die jedoch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben. In Klimafragen haben sich die USA bereits unbeliebt gemacht. Das eiserne Festhalten der US-Amerikaner an einem von hohem Konsum geprägten Lebensstil, der Widerstand der Regierung Bush jun. gegen entschlossene Maßnahmen zur Einschränkung der Umweltverschmutzung und der Treibhausgasemissionen auf innenpolitischer wie auf internationaler 8
Vgl. Betts, Richard K.: Wealth, Power and Instability. East Asia and the United States after the Cold War. In: International Security 18 (3), 1993/94, S. 34 –77; Christensen, Thomas J.: Posing Problems without Catching Up. China’s Rise and Challenge for US Security Policy. In: International Security 2 (4), 2001, S. 5– 40; Ross, Robert S.: The Geography of Peace. East Asia in the Twenty-First Century. In: International Security 23 (4), 1999, S. 81–118; Roy, Denny: Hegemon on the Horizon? China’s Threat to East Asian Security. In: International Security 19 (1), 1994, S. 149 –168. Shambaugh, David: Containment or Engagement of China? Calculating Beijing’s Responses. In: International Security 21 (2), 1996, S. 180 – 209; Ward, Adam: China and America. Trouble Ahead? In: Survival 45 (3), 2003, S. 35 – 56.
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Ebene sowie die Leugnung des Problems an sich – all das hat die USA in den Augen vieler eher zu einem Teil dieses Problems als zu einem Teil der Lösung werden lassen. Nicht genug damit, dass die USA auf den wesentlichen Feldern der internationalen Politik immer einsamer dastehen. Sie verlieren mittlerweile auch ihren Modellcharakter zusammen mit ihrem Anspruch, die Zukunft gehöre ihnen. Lange übernahmen sie eine Vorbildfunktion im Bereich liberaler Werte wie Demokratie und Menschenrechte sowie Freihandel und Liberalisierung der Finanzmärkte. Während des Kalten Krieges war diese Haltung mit einem hohen Maß an Heuchelei gewürzt, dennoch wurde viel erreicht. Gegenwärtig bleibt den USA wenig Spielraum zur Legitimierung ihrer Führungsrolle unter Berufung auf liberale politische oder ökonomische Werte. Auf politischer Ebene setzt der GWoT Washington nach wie vor unter Druck: Im Zweifel ist antiterroristischen Regierungen der Vorzug vor demokratischen zu geben. Die Missachtung der Menschenrechte durch die USA in Abu Ghraib und Guantanamo, ihre Politik der „außerordentlichen Überstellungen“, ihre Akzeptanz faktischer Folter sowie ihr erbitterter Widerstand gegen den Internationalen Strafgerichtshof haben die Glaubwürdigkeit einer für Menschenrechte eintretenden US-Regierung stark beschädigt. Die liberalen wirtschaftlichen Werte betreffend hatte die Regierung Obama ein noch schwereres Erbe anzutreten. Unter Clinton und Bush jun. entwickelte die Finanzwelt ein Eigenleben. Bereits vor der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise waren Konkurrenten des Dollars als Reservewährung im Aufstieg begriffen und die hohe Verschuldung der USA schwächte seine Stellung. Im Bereich des freien Welthandels hatten die Vereinigten Staaten ihre Vorreiterrolle weitgehend aufgegeben und verhielten sich angesichts ihrer prekären Wirtschaftslage zunehmend protektionistisch. Sie manövrierten die Welt in die gegenwärtige Rezession – und können sie nun nicht wieder herausführen. Sie verfügen nämlich weder über die wirtschaftlichen Ressourcen noch – angesichts des Zusammenbruchs des „Washingtoner Konsenses“ – über die ideologische Autorität dazu. Sollten die Versuche, die Weltwirtschaft wieder in Schwung zu bringen, scheitern bzw. zu langwierig und kostspielig werden, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine neue und in stärkerem Maße regionalisierte Weltwirtschaftsordnung herausbildet. Ob der nicht nachhaltige American Way of Life ein geeignetes Modell für den Rest der Welt darstellt und ob das US-amerikanische Wirtschaftsmodell effektiv oder wünschenswert ist, bleibt fraglich. Schaut man auf die Gesundheits- und Sozialpolitik, die unentwirrbaren Finanzprobleme, die offenbar bestehende Neigung der USA, Gewalt als bevorzugtes Mittel der Politik einzusetzen, den Einfluss von Religion und Lobbyisten auf
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die Innenpolitik, eine US-Regierung, die unter Bush jun. keine Probleme mit dem Einsatz von Folter hatte und auch noch wiedergewählt wurde, sowie eine Umweltpolitik, die bis vor Kurzem die Erderwärmung kategorisch leugnete, dann stellen sich immer mehr Menschen nicht nur die Frage, ob die USA als Modell inzwischen zweifelhaft geworden sind, sondern ob sie sich nicht sogar zu einem ernsthaften Teil des Problems entwickelt haben. Da wirkt auf manche die EU und auf andere das sich derzeit herausbildende chinesische Modell attraktiver. Die Illegitimität von Hegemonie innerhalb der Staatengemeinschaft Der dritte Faktor, der die Dominanz der USA schwächt, hat nicht so sehr mit den Vereinigten Staaten selbst zu tun, sondern mit der sich allmählich durchsetzenden Ansicht, dass innerhalb einer Staatengemeinschaft, die diesen Namen verdient, die Hegemonie eines Staates, also Unipolarität, nicht akzeptabel ist. Eine Konzentration der Macht in einem einzigen Akteur, so stellt Clark in Weiterführung von Waltz fest, störe die Balance und das Gleichgewicht, welche die traditionellen Quellen und Bedingungen der Legitimität in der Staatengemeinschaft seien.9 Dieses Problem würde sich bei jeder unipolaren Macht ergeben, doch es knüpft in spezifischer Weise an das US-amerikanische Legitimitätsdefizit an, das entstand, als die Regierung Bush jun. das von Watson als „raison de système“ bezeichnete Augenmaß verlor („die Überzeugung, dass es sich lohnt, das System am Laufen zu halten“). Dadurch hat sich die der Hegemonie stets innewohnende Illegitimität verschärft.10 Allgemein ist Antihegemonismus ein sich immer deutlicher herauskristallisierender Wesenszug der postkolonialen Staatengemeinschaft. Die seit zwei Jahrhunderten bestehende Kluft in der globalen Machtverteilung schließt sich allmählich und der Aufstieg nicht westlicher Mächte – wie etwa Indiens und Chinas – heizt den Widerstand gegen die Relikte der amerikanischen / westlichen Hegemonie an. Selbst in Weltregionen, in denen sich derzeit keine neue Großmacht herausbildet (im Nahen und Mittleren Osten z. B.), ist die Kraft der antihegemonistischen Einstellungen deutlich spürbar. All dies berücksichtigend steht die Position der USA als einziger Supermacht auf tönernen Füßen, denn ohne Gefolgschaft werden sie bald eine gewöhnliche Großmacht sein, wenn auch eine Prima inter Pares. 9 Vgl. Clark, Ian: Legitimacy in International Society. Oxford University Press, Oxford 2005, S. 227–243. 10 Daalder, Ivo H. / Lindsay, James M.: America Unbound. S. 195; Watson, Adam: The Evolution of International Society. S. 14.
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Nachfolger China? Wenn die USA nicht länger eine Supermacht bleiben – was sollte dann China daran hindern, in ihre Fußstapfen zu treten? Die VR kann zweifelsohne mit dem aussichtsreichsten Gesamtprofil aufwarten. Materiell gesehen verfügt sie über eine rasch wachsende und sich rapide modernisierende Volkswirtschaft. Auch wenn es technologisch und organisatorisch in manchen Bereichen noch hinterherhinkt, macht China nachhaltige Fortschritte in seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Gestützt auf diese modernisiert es seine konventionellen Streitkräfte und bringt sein bescheidenes atomares Abschreckungsarsenal auf den neuesten Stand. Ein wichtiger Aspekt ist jedoch, wie China mit den sozialen Spannungen sowie den Abfolgen von „gründerzeitlichem Boom“ und „Gründerkrach“ umgehen wird, die sämtliche Formen kapitalistischer Entwicklung begleiten. Und der Aufstieg vollzieht sich nicht isoliert. China ist – wie die USA – eingebettet in den viel diskutierten „Aufstieg der übrigen Länder“. Relativ betrachtet macht es dieser für jeden Staat schwierig, die materiellen Fähigkeiten für globale Dominanz zu erwerben. Dessen ungeachtet – und wiederum mit den USA vergleichbar – sind die Hauptprobleme, mit denen sich die potenzielle Supermacht China konfrontiert sieht, eher sozialer als materieller Natur. Während die USA derzeit die sozialen Attribute verlieren, die ihre Supermachtstellung untermauern, muss China derartige Eigenschaften erst noch erwerben – es ist fraglich, ob es dafür gut aufgestellt ist. Innerhalb Chinas ist man uneins, ob das Land die Supermachtrolle übernehmen sollte. Der nationalistische Flügel bekundet berechtigten Stolz auf die Errungenschaften Chinas und ist bestrebt, eine internationale Spitzenstellung wiederzuerlangen, um die bitteren Erinnerungen an das „Jahrhundert der Demütigungen“ (1839 –1949) hinter sich zu lassen. Wenn sich die schrilleren nationalistischen Töne durchsetzen und China seine Muskeln spielen lässt, wäre die Strategie des friedfertigen Aufstiegs beendet. Die VR würde sowohl von ihren Nachbarn als auch von den USA als Bedrohung wahrgenommen und ihre Stellung in der Staatengemeinschaft wäre unterminiert. Momentan folgt China jedoch dem Ratschlag von Deng Xiaoping: Es solle sich während seines Aufstiegs bedeckt halten und geduldig abwarten, bis seine Zeit gekommen sei; es solle seine Fähigkeiten verbergen und jede Führungsrolle vermeiden.11 China sollte nicht in eine offene Rivalität zu den USA gelangen. Der ehemalige Präsident 11 Vgl. Zhang, Feng: Does China have an International Strategy? Unveröffentlichtes Paper, 2009, S. 4.
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Hu Jintao legte in seinen Reden immer wieder großen Wert auf eine strikt verstandene Souveränität der einzelnen Länder sowie auf Nichteinmischung und betonte, dass es wünschenswert sei, die Vielfalt der verschiedenen Kulturen, Gesellschaftsordnungen und Entwicklungswege zu erhalten.12 China steht gegen Hegemonie sowie für eine Gleichberechtigung der Entwicklungsländer in der Weltpolitik – und schweigt sich darüber aus, ob Großmächte innerhalb eines multipolaren Systems eine privilegierte Rolle einnehmen sollten. Die chinesische Führung verfügt über keinen kohärenten strategischen Gesamtplan, ihre Grundhaltung ist defensiv und konzentriert sich auf die Wahrung der inneren Stabilität sowie auf die wirtschaftliche Entwicklung.13 Im derzeitigen Selbstverständnis der Chinesen ist der ökonomische Fortschritt der VR ihr wichtigster Beitrag für die Welt: Das Land trägt so zur Schaffung des Wohlstands für alle, zur Mehrung des menschlichen Wissens und der Technologieentwicklung bei.14 Wenn diese Tendenz vorherrschend bleibt, ist China von innen heraus nicht bereit, sich die Bürde einer Supermachtstellung aufzuladen. Auf außenpolitischer Ebene ist das Auffälligste an China, dass es über keine engen Freunde unter den Großmächten verfügt. Seine „strategische Partnerschaft“ mit Russland ist eher ein Zweckbündnis zweier autoritärer Regime, die insgeheim Misstrauen gegeneinander hegen. Bei beiden ist die Skepsis gegenüber den USA / dem Westen jedoch stärker ausgeprägt als die Furcht voreinander, und da sie geografische Nachbarn sind, müssen sie ihre Grenzen und Einflussgebiete koordinieren.15 Allerdings bedeutet dieses Fehlen mächtiger Freunde, dass China kaum über das erforderliche politische Kapital zum Aufbau einer Supermachtstellung verfügt.
12 Vgl. auch Zhu, Wenli: International Political Economy. S. 47– 49. 13 Vgl. Zhang, a. a. O., S. 4; Suzuki, Shogo: Chinese Soft Power, Insecurity Studies, Myopia and Fantasy. In: Third World Quarterly 30 (4), 2009, S. 779 –793. 14 Vgl. Hu, Jintao: Build towards a Harmonious World of Lasting Peace and Common Prosperity. Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 60. Sitzungsperiode, 15. September 2005, S. 1–5. http://www.fmprc.gov.cn/eng/wjdt/ zyjh/t213091.htm (abgerufen am 19.01.2009); Yan, Xuetong: Xun Zi’s Thoughts on International Politics and their Implications. In: Chinese Journal of International Politics 2 (1), 2008, S. 38. 15 Vgl. Ferdinand, Peter: Sunset, Sunrise: China and Russia Construct a New Relationship. In: International Affairs 83 (5), 2007, S. 841– 867; Wilkins, Thomas: RussoChinese Strategic Partnership: A New Form of Security Cooperation? In: Contemporary Security Policy 29 (2), 2008, S. 358.
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Akzeptanz der chinesischen Politik und China als Modell Was die Akzeptanz seiner Politik anbelangt, ist China längst nicht so vorbelastet wie die USA. Im Unterschied zu den Vereinigten Staaten ist ein erheblicher Teil chinesischer Politik regional ausgerichtet. Die darüber hinausgehenden Aktionen (USA, Iran, Afrika) mögen im Westen umstritten sein, werden in der übrigen Welt aber weitgehend akzeptiert. Den Klimawandel betreffend legt Chinas Verhalten auf dem Gipfel von Kopenhagen den Schluss nahe, dass es – wie die USA – ein Gefangener innenpolitischer und binnenwirtschaftlicher Interessen ist, was dazu führt, dass es vom Rest der Welt ebenfalls als Teil des Problems eingestuft wird. Schwerer jedoch als spezifische Elemente der Politik wiegt im Falle Chinas, dass es ihm insgesamt an Legitimität zur Übernahme einer Vormachtstellung in der Staatengemeinschaft fehlt. Soweit man eine langfristige Vision herauslesen kann, strebt die chinesische Führung offenbar eine Mischung aus wirtschaftlichem Liberalismus sowie politischem und sozialem Konservatismus an. Diese Kombination ist für die chinesische Führung so attraktiv, weil die VR auf diese Weise sowohl nicht westlich als auch nicht demokratisch bleiben und zugleich ihren friedfertigen Aufstieg auf der Grundlage des globalen Marktes sowie weltweiter Verflechtungen vollziehen kann. Doch China ist in der Staatengemeinschaft ein ideologischer Sonderfall, woraus sich enorme Schwierigkeiten hinsichtlich der Akzeptanz des Landes als Supermacht ergeben. Zum Teil verdankte Amerika seine Stärke als Supermacht seiner Vorbildfunktion für andere Länder. Das autoritäre chinesische Modell ist auf den ersten Blick für die Eliten vieler Entwicklungsländer attraktiv; doch seine Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit auf andere Staaten bleibt fraglich. China steht nicht für eine kohärente Ideologie und seine egozentrische Sichtweise der eigenen Entwicklung legt nahe, dass es einen Sonderweg geht. Es fehlt an der Überzeugungskraft, die von einer universalistischen Ideologie und einer freien bürgerlichen Gesellschaft ausgeht, sodass China im Vergleich zu den USA schlechter aufgestellt ist, um die übrige Welt von seiner Selbsteinschätzung als „wohlmeinende Macht“ zu überzeugen. Hinzu kommt, dass die einzigartige Größe und Geschichte Chinas jede Nachahmung des chinesischen Modells durch andere Länder erschwert bzw. unmöglich macht. Die Illegitimität von Hegemonie innerhalb der Staatengemeinschaft Auf globaler Ebene ist das aufsteigende China mit demselben Widerstand gegen Hegemonie konfrontiert wie die USA, wobei die US-Amerikaner zwei Trümpfe in der Hand haben: Sie konnten einen
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Gutteil des Renommees, das sie sich mit ihrer erfolgreichen Führungsrolle während des Kalten Krieges erworben hatten, in die neue Ära herüberretten und ihre Ideologie übt weiterhin beachtliche Anziehungskraft aus. China verfügt über keine dieser Trumpfkarten und aus seiner Stellung als ideologischer Sonderfall folgt, dass es während seines Aufstiegs schwierig sein wird, antihegemonistische Reaktionen auf regionaler und globaler Ebene zu vermeiden. Insgesamt ist China nicht bereit, eine Supermachtrolle zu übernehmen; es ist hierfür global ungünstig aufgestellt. Seine materiellen Fortschritte sind vielversprechend, doch das ist der leichtere Part. Auf sozialer Ebene bestehen gewaltige Probleme. Im Gegensatz zu den USA hat China derzeit noch nicht viel anzubieten, um sich die nötige Legitimität einer globalen Führungsmacht zu verschaffen. Die VR steht – wie erwähnt – für keine universale Ideologie und verfügt über keine klare Vision, wie die Staatengemeinschaft strukturiert sein sollte. China hat zwar in mancher Hinsicht seine „Lehrzeit“ in den internationalen Beziehungen absolviert, verfügt jedoch kaum über die sozialen Ressourcen interner oder externer Art, die erforderlich wären, um legitime Ansprüche auf eine Stellung als globale Supermacht erheben zu können. Die EU als Supermacht? Die EU wird nach wie vor überraschend oft als potenzielle Supermacht gehandelt,16 doch trotz ihrer vielversprechenden Voraussetzungen in manchen Bereichen ist sie mit einem entscheidenden Makel behaftet, auf den später eingegangen wird. Materiell gesehen ist sie nach den USA weltweit die Nummer zwei hinsichtlich Gesamtgröße und wirtschaftlicher, technischer sowie finanzieller Kapazitäten. Ihre militärischen Fähigkeiten hingegen liegen weit hinter denen der USA und sind eher denen Chinas vergleichbar. Sozial gesehen ist die EU international besser aufgestellt. Sie kann mit einem hohen Grad an Legitimität aufwarten, denn sie verkörpert Demokratie und soziale Marktwirtschaft als Kompromiss zwischen den beiden Extremen des Neoliberalismus Washingtons und des autoritären Kapitalismus Pekings. Auch in der Außenpolitik kann sie gute Referenzen vorweisen. Vielen gefällt, was die EU im Nahen und Mittleren Osten sowie für die Umwelt leistet. Es besteht keine politisch-militärische oder statusbezogene Rivalität der EU mit anderen aufstrebenden Mächten und sie ist praktisch kaum Teil der Befürchtungen der USA bezüglich des 16 Vgl. Kupchan: The End of the American Era. A. a. O., S. 119 –159; Prestowitz, Clyde P.: Rogue Nation. American Unilateralism and the Failure of Good Intentions. Basic Books, New York 2003, S. 230 – 244.
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Aufstiegs gleichrangiger Konkurrenten. Problematisch sind lediglich ihre Beziehungen zu Russland – doch die Beziehungen Russlands sind allgemein problematisch. Die EU fungiert als Modell für andere regionale Integrationsprojekte, wird bewundert als Sicherheitsgemeinschaft, in der viele „Erbfeindschaften“ begraben wurden. Selbst aus der antihegemonistischen Ecke bekommt die EU wenig Gegenwind. Da es sich bei ihr um eine regionale Gemeinschaft handelt, kann sie die von Außenstehenden gehegten Befürchtungen über hegemonistische Bestrebungen wesentlich leichter zerstreuen als die USA oder China. Trotz all dieser vielversprechenden Voraussetzungen ist die EU im Hinblick auf eine etwaige Supermachtstellung mit einem entscheidenden Makel behaftet: ihrer eigenen gesellschaftlichen und politischen Struktur, in der es von den Bürgern nur wenig Unterstützung für ein stärkeres, umfangreicheres internationales Engagement der EU gibt. Auch die politischen Eliten sind in dieser Frage geteilter Meinung. Gesellschaftspolitisch ist die EU so unvorbereitet auf eine Supermachtstellung, dass China wie ein Musterbeispiel politischer Kohärenz dasteht und selbst das notorisch zurückhaltende Japan geeigneter erscheint. Damit gelange ich zu folgendem Schluss: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es den USA nicht gelingen wird, ihre derzeitige Stellung als einzige Supermacht zu behaupten, andererseits jedoch auch kein anderer Staat diese Position einnehmen wird. Wenn diese Prognose zutrifft, wird es in der sich herausbildenden postkolonialen Weltordnung lediglich mehrere Großmächte geben. Die Dynamik weist in Richtung einer stärker regionalisierten internationalen Ordnung.17 Eine regionalisierte internationale Ordnung Warum sollte sich die natürliche Dynamik einer postkolonialen Welt ohne Supermächte und mit mehreren Großmächten in Richtung einer regionalisierten internationalen Ordnung entfalten? Und wie würde das in der Praxis aussehen? Die materiellen Grundlagen für eine regionalisierte Ordnung sind leicht erkennbar und ergeben sich unmittelbar aus der Diskussion über die USA, China und die EU. Es ist unumstritten, dass sich das internationale System mit hoher Geschwindigkeit in Richtung einer ausgewogeneren Machtverteilung entwickelt. Jüngst wurde die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bestehende unnatürliche Dominanz der USA schrittweise ausgehöhlt, zunächst durch die Erholung Europas und Japans, dann durch den Aufstieg neuer 17 Vgl. Kupchan: After Pax Americana. A. a. O.; Buzan, Barry: Culture and International Society. In: International Affairs 86 (1), 2010, S. 22–23.
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Wirtschaftsmächte. Perspektivisch schwindet die enorme Übermacht, mit welcher der Westen und Japan seit dem 19. Jahrhundert den Großteil der Welt unterwerfen konnten, im Zuge der voranschreitenden Modernisierung im internationalen System. Diese Modernisierung sowie die stetige globale Verbreitung der Industrialisierung sind zum einen das Ergebnis nationaler politischer Anstrengungen, zum anderen die Folge systeminhärenter Mechanismen des Kapitalismus. In dem Maße, in dem die Grundlagen der Macht immer mehr Staaten zugänglich sind, bilden sich nicht nur neue Groß- und Regionalmächte heraus, sondern es wird zugleich für jedes Land schwieriger, die überragenden Fähigkeiten, die für die Übernahme einer Supermachtstellung nötig sind, zu erlangen. Die Welt kehrt zu einer Ordnung zurück, die mehr der natürlichen, ausgewogeneren Machtverteilung gleicht, wie sie vor der extremen Machtkonzentration in den Händen des Westens bestand. Eine soziale Grundlage für eine regionalisierte Ordnung ist der starke Antihegemonismus. Er äußert sich in den vielerorts zu vernehmenden Rufen nach einem multipolaren internationalen System. Hinzu kommt, dass aufgrund der seit 2008 anhaltenden Finanz- und Wirtschaftskrise bestimmte Elemente der Globalisierung wahrscheinlich wieder zurückgenommen werden, insbesondere die Liberalisierung der Finanzmärkte. Die Krise hat verdeutlicht, was sich in den 1990er- und 2000er-Jahren abzeichnete: Der Sieg des Westens über das sowjetische Projekt führt nicht zu einer homogenen Welt nach westlichen Vorstellungen. Zwar war man sich einig, dass irgendeine Form des Kapitalismus der einzige Weg in die Zukunft sei, die Einzelheiten waren jedoch umstritten. Es herrscht auch kein Konsens beim Thema Demokratie oder westlicher Menschenrechtsvorstellungen. Und während Einigkeit über die Gleichberechtigung der Völker besteht, fehlt sie bezüglich des Spannungsverhältnisses von Individualismus und Kollektivismus sowie hinsichtlich der Rolle der Religion im politischen Leben (ganz abgesehen von der Frage, welcher Religion der Vorzug zu geben sei). Die Systemebene ist daher in vielerlei Hinsicht reif für eine Regionalisierung mit einer Einteilung nach politischen, ökonomischen und kulturellen „Komfortzonen“. Über das Wesen und die möglichen positiven Auswirkungen einer regionalisierten internationalen Ordnung wird schon länger in der Fachliteratur zu den internationalen Beziehungen spekuliert. Vielfach geht man von einer um drei Kerne organisierten Welt aus: USA, EU und Ostasien.18 In der Praxis ist die Regionalisierung längst etabliert. 18 Vgl. Kupchan: After Pax Americana. A. a. O., S. 40 – 79; Helleiner, Eric: Regionalization in the International Political Economy. A Comparative Perspective. In: Eastern Asian Policy Papers No. 3, Centre for Asia Pacific Studies, 1994.
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Dies lässt sich auch als Reaktion auf die Globalisierung interpretieren, sowohl im Sinne eines Sicherheitsnetzes für den Fall, dass die Globalisierung scheitert, als auch als Strategie, um für das Agieren in einer globalisierten Welt gewappnet zu sein. Die EU und das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) sind wohl die bekanntesten Beispiele für diese Entwicklung. Ferner sind zu nennen: Mercosur, der Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN), die GUS, die Südasiatische Vereinigung für regionale Kooperation (SAARC), die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC), die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) sowie weitere regionale Gruppierungen zu Zwecken der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit. Natürlich sind nicht alle diese Organisationen gleichermaßen erfolgreich oder einflussreich, doch sie zeigen, wie weit verbreitet der Impuls zur Regionalisierung mittlerweile ist. Welche Großmächte sich im Einzelnen mit welcher Region verbinden bzw. beschließen werden, ihre eigene Region zu bilden, ist weniger wichtig als die allgemeine Dynamik, die sich in Richtung einer regionalisierten internationalen Ordnung entfaltet. Grund zur Besorgnis? Nein! Vieles legt nahe, dass eine regionalisierte internationale Ordnung gut funktionieren würde. Die Besorgnis hinsichtlich einer derartigen Organisationsform erwächst aus den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts, als Großreiche um Einflusssphären oder gar um die Weltherrschaft rangen; die Erfahrungen der 1930er-Jahre werden häufig als warnendes Beispiel dafür angeführt, wie gefährlich es sei, diesem Pfad zu folgen.19 Das Risiko eines Kampfes um globale Hegemonie ist aber kaum mehr gegeben. Erstens befindet sich der Westen im relativen Niedergang, während andere Weltregionen eine defensive Grundhaltung einnehmen. D. h. sie versuchen, ihre Besonderheiten zu bewahren und ihren eigenen Weg zur Modernisierung zu finden – gegen den Druck des Westens. Zweitens wird jede potenzielle Hegemonialmacht sowohl durch die Breite und Tiefe des Antihegemonismus als auch durch die Schwierigkeit, das für eine solche Position erforderliche materielle Übergewicht und die soziale Stellung innerhalb der Staatengemeinschaft zu erlangen, ausgebremst. Es gibt keinerlei Bewerber um die frei werdende Stelle als globale Führungsmacht. Drittens gibt es im Gegensatz zum 20. Jahrhundert keine tiefen ideologischen oder rassistischen Differenzen, die solche Konflikte anheizen. Viertens haben sämtliche Großmächte Angst vor Krieg sowie einem wirtschaftlichen Zusammenbruch und engagieren sich für die Erhaltung des 19 Vgl. Ikenberry, a. a. O., S. 83.
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Welthandels. Niemand möchte zurück in die 1930er Jahre, als versucht wurde, autarke Großreiche aufzubauen. Zudem lässt sich zeigen, dass es heutzutage eine erhebliche Schnittmenge gemeinsamer Werte gibt, die auf globaler Ebene Koexistenz und Kooperation untermauern werden, selbst wenn die internationale Ordnung in stärkerem Maße regionalisiert sein sollte. Ungeachtet etwaiger Vorzüge würde eine solche Weltordnung eine Abkehr von den universalistischen, liberalen Agenden politischer und wirtschaftlicher Art bedeuten. Der Wegfall einer hegemonialen Führungsmacht hätte wahrscheinlich eine Verringerung der Fähigkeiten zur Steuerung und Kontrolle des Systems insgesamt zur Folge, wobei das nicht sicher ist. Man sollte die Innovationsmöglichkeiten nicht unterschätzen, die entstehen würden, sobald die Gewohnheit, sich auf die Führungsrolle der USA zu verlassen, überwunden wäre. Im wirtschaftlichen Bereich wären die Regionen ein Mittelding zwischen dem abgeschotteten Markt eines einzelnen Landes und dem offenen globalen Markt. Will heißen: Auf der einen Seite existierte ein Regionalmarkt, auf dem sich durchaus Skaleneffekte erzielen ließen, und auf der anderen Seite natürlich weiterhin der globale Handel sowie die globale Kooperation in zahlreichen funktionalen Angelegenheiten, von Großprojekten der naturwissenschaftlichen Forschung bis hin zum Umweltmanagement. Der Versuch, eine finanziell integrierte globale Wirtschaft zu betreiben, wäre aber beendet. Die große Frage lautet, ob eine derart regionalisierte Welt trotzdem noch die erforderlichen globalen Managementfähigkeiten hätte, um mit den drängenden gemeinsamen Problemen wie etwa Klimawandel, Verbrechen, Terrorismus, Handel, Migration und Rüstungskontrolle umzugehen. Zuversichtlich stimmt die Selbstverständlichkeit, mit der viele maßgebliche Institutionen praktisch überall in der Staatengemeinschaft zu Hause sind. In den Führungseliten vieler Länder sind Prinzipien wie Souveränität, Territorialität, Nichteinmischung, Diplomatie, internationales Recht, Großmachtmanagement, Nationalstaatlichkeit, Selbstbestimmung (allerdings nicht in allen Formen), Volkssouveränität, Fortschritt sowie Gleichheit der Menschen und Völker fest verankert. Hinzu kommt – bis zu einem gewissen Grade – der Markt (eher für Handel und Produktion als für das Finanzwesen). Einzelne Fälle oder Anwendungen mögen Debatten auslösen, doch die grundlegenden Institutionen einer pluralistischen und auf Koexistenz ausgerichteten Staatengemeinschaft werden von den Ländern der Welt, den Völkern und den transnationalen Akteuren in hohem Maße unterstützt. Diese gemeinsamen Institutionen sind eine wichtige Grundlage für die Erhaltung einer internationalen Ordnung als Bindeglied zwischen den regionalen Staatengemeinschaften. Die als Folge des
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Wegfalls globaler Hegemonie verringerten Managementfähigkeiten würden bis zu einem gewissen Grad dadurch aufgewogen, dass die Liste der zu kontrollierenden Probleme kürzer ausfiele. In einer Welt ohne zentrale Hegemonialmacht würde der Westen in anderen Teilen der Welt seltener eingreifen – und in der Folge gäbe es möglicherweise weniger globale Probleme in der Art von al-Qaida, die aus derartigen Einmischungen erwachsen. Spannungen im Zusammenhang mit hegemonialen Einflussnahmen gingen zurück, wenn die Weltregionen – im Guten wie im Schlechten – mehr sich selbst überlassen blieben. Zudem könnte sich eine wesentlich bescheidenere Ansicht darüber durchsetzen, wie viel wirtschaftliche Integration auf globaler Ebene wünschenswert ist. Eine regionalisierte Welt unter den Bedingungen von heute sähe ganz anders aus als in den 1930er Jahren. In ihr würde eine Kultur der Interaktion 20 zwischen Freunden und Rivalen herrschen, nicht zwischen Rivalen und Feinden. Nachteile? Die Hauptgefahr eines Systems ohne Supermacht ist, dass Großmächte versuchen könnten, in eine Supermachtstellung aufzurücken; dies ist unter den gegenwärtigen Bedingungen jedoch unwahrscheinlich. Ein anderes Risiko könnten stärkere Rivalitäten zwischen regionalen Akteuren um Grenzen und Einflusssphären sein. Die geografische Verteilung der Großmächte qualifiziert Asien als wahrscheinlichste Arena derartiger Konflikte: Hier sind eine ganze Reihe aufstrebender, gewichtiger Mächte konzentriert. Doch selbst dort sorgen die Machtverteilung sowie die Befürchtung, als imperialistisch zu gelten, dafür, dass größere Konflikte unwahrscheinlich bleiben. Der wohl größte potenzielle Nachteil einer in stärkerem Maße regionalisierten internationalen Ordnung ist das Risiko, dass kleinere Staaten und Völker innerhalb der einzelnen Regionen zu Vasallen ihres jeweiligen Suzeräns werden und – von Katastrophenhilfe abgesehen – kaum auf externen Beistand hoffen könnten. Anzeichen dafür sind die seit Langem anhaltende Unruhe der südasiatischen Nachbarn Indiens bezüglich der Dominanz Neu-Delhis in der Region sowie die Besorgnis Vietnams, Malaysias, Indonesiens und der Philippinen die weitreichenden Ansprüche Chinas im Südchinesischen Meer betreffend. Der augenscheinlichste logische Fehler in der Argumentation, die Auswirkungen einer in stärkerem Maße regionalisierten internationalen Ordnung seien im Wesentlichen positiv, ist die Vernachlässigung des Umstands, dass sich der weitverbreitete Antihegemonismus, der 20 Für diese Wendung bin ich Jorge Lasmar zu Dank verpflichtet.
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globalen Supermächten entgegensteht, auch gegen dominante Mächte innerhalb einer Region richten wird. Manche Länder befürchten möglicherweise zu Recht, dass die hegemonistische Dynamik innerhalb ihrer Weltgegend unangenehmere Folgen haben könnte als die westliche Vorherrschaft. Russland zögert beispielsweise nicht, Gewalt und Zwang gegen seine schwächeren Nachbarn auszuüben. Indiens kleinere Anrainer, insbesondere Pakistan, leisten erbitterten Widerstand gegen seine Hegemonie. In Ostasien verhindert die lebendige Erinnerung an die Geschichte eine Führungsrolle Japans oder Chinas. Die USA sind bei ihren Nachbarn in Lateinamerika seit Langem alles andere als beliebt. Die Dominanz Südafrikas innerhalb seiner Region brüskiert manche Anrainerstaaten. Im Nahen und Mittleren Osten regt sich sofort Widerstand, wenn Ägypten, Saudi-Arabien, der Iran oder der Irak versuchen, in eine Führungsposition aufzusteigen. Manche Weltregionen – am deutlichsten zu sehen an den Beispielen der EU sowie Nordamerikas – verfügen bereits über stabile zwischenstaatliche Organe und Verfahren, die geeignet sind, Ängste vor einer Hegemonie eines einzelnen Staates abzumildern. Südamerika und zunehmend Ostasien besitzen derzeit Organisationsformen, die zukünftig durchaus ebenfalls diese Funktion erfüllen könnten. Institutionen anderer Weltregionen wie etwa West- und Südafrika, Südasien sowie der Nahe und Mittlere Osten sind hingegen zu schwach, um lokalen Hegemoniebefürchtungen entgegenzuwirken. Zudem gibt es Konfliktzonen in Teilen Afrikas sowie des Nahen und Mittleren Ostens, in denen keine Macht stark genug ist, um eine regionale Ordnung zu sichern. Die Diskussionen über Zonen des Friedens und Zonen des Chaos21 werden Bestand haben, ungeachtet der erörterten Szenarien. Schlussfolgerungen Bei diesem „dritten Weg“ der regionalisierten Weltordnung gibt es keine Supermächte, sondern nur noch Groß- und Regionalmächte, der Kapitalismus in verschiedenen Ausprägungen ist die akzeptierte Form der Wirtschaftsordnung, regionale Regelungen sind stärker als die globale Ordnung und auf internationaler Ebene existiert eine solide, fundierte pluralistische Staatengemeinschaft, die zum einen auf Koexistenz abzielt, zum anderen erhebliche Elemente der Kooperation bei der Lösung gemeinsamer Probleme (beispielsweise Rüstungskontrolle, Umweltmanagement) und bei Projekten (beispielsweise 21 Vgl. Goldgeier, James M. / McFaul, Michael: A Tale of Two Worlds: Core and Periphery in the Post Cold War Era. In: International Organization 46 (2), S. 467– 491; Singer, Max / Wildavsky, Aaron: The Real World Order: Zones of Peace / Zones of Turmoil. Chatham House Publishers, Chatham 1993.
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Handel, naturwissenschaftliche Forschung) aufweist. Maßgeblich für die Ausgestaltung dieser Weltordnung sind eine gleichmäßigere globale Machtverteilung, Antihegemonismus als wirksame Norm sowie drängende gemeinsame Probleme. Diese Kombination macht eine Form der Koexistenz, die stärker am Motto „Leben und leben lassen“ orientiert ist, sowohl möglich als auch erforderlich. Der einzigartige Wesenszug dieses „dritten Weges“ ist, dass er erstmals eine relativ ausgewogene weltweite Machtverteilung mit einem globalen System sowie einer Staatengemeinschaft verbindet, die durch starke Integration und Interdependenzen geprägt sind. Dafür möchte ich die Bezeichnung „dezentrierter Globalismus“ vorschlagen als Gegensatz zum „zentrierten Globalismus“, wie er in den zahlreichen Charakterisierungen der modernen Weltordnung zum Ausdruck kam, die stets von der Dichotomie „Kern – Peripherie“ ausgingen. Diese neue Bezeichnung soll signalisieren, dass sich eine wirklich postkoloniale Weltordnung herausbildet: eine Rückkehr zur gleichmäßigeren Machtverteilung der vormodernen Zeiten, jedoch innerhalb des durch die Moderne geschaffenen globalen und integrierten Kontextes. Wenn der dezentrierte Globalismus sowohl plausibel als auch wünschenswert ist, welche präskriptiven Implikationen ergeben sich dann? In der Absicht, eine Diskussion über den dezentrierten Globalismus anzustoßen, stelle ich die folgenden fünf Gedanken in den Raum: 1. Die USA müssen keine Abwehrhaltung gegenüber Staaten einnehmen, die sie in ihrer Stellung als alleinige Supermacht herausfordern, denn zum einen gibt es keine derartigen Konkurrenten und zum anderen ist dieser Status sowohl sozial als auch materiell ohnehin nicht zu halten. 2. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und dem Scheitern des „Washingtoner Konsenses“ sollten sich alle Seiten ideologisch offener und bescheidener zeigen. Sie müssen akzeptieren, dass die Welt den Wettstreit verschiedener Varianten der kapitalistischen Wirtschaftsordnung benötigt. Da es offenbar keinen alternativen Weg zur langfristigen Sicherung von Macht gibt, setzen heute praktisch alle Akteure auf den Kapitalismus in der einen oder anderen Ausprägung. Sollen die USA doch ihrem Wirtschaftsliberalismus, die Europäer ihrer sozialen Marktwirtschaft, China und Russland ihrem autoritären Kapitalismus usw. treu bleiben! Alle Seiten sollten sich ein wenig entspannen, die Maxime „Leben und leben lassen“ beherzigen und abwarten, wie es diese verschiedenen ökonomischen Spielarten schaffen – oder auch nicht schaffen –, für gute Lebensverhältnisse zu sorgen.
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3. Sämtliche Großmächte müssen sich mehr um ihre jeweilige Weltregion kümmern und darum, wie sie dort stabile, durch Konsens getragene, legitime Staatengemeinschaften bilden können – und weniger um ihr Verhältnis zu anderen Großmächten. Traditionelle Sicherheitsinteressen sind nicht länger der maßgebliche Faktor in den Beziehungen zwischen den Großmächten. China muss mehr über seine Bindungen zu Japan und Südostasien nachdenken als über jene zu den USA; und die Vereinigten Staaten müssen sich mehr mit ihrer eigenen Hemisphäre befassen als mit Asien oder dem Nahen und Mittleren Osten. Dies ist der dezentrierende Teil des dezentrierten Globalismus. 4. Alle Großmächte müssen die wesentlichen Grundlagen der Ideen und Institutionen verinnerlichen, auf die sie sich einigen, und darauf aufbauen, um eine Staatengemeinschaft zu bilden, die nicht nur auf Koexistenz und ein friedliches Nebeneinander unterschiedlicher Spielarten des Kapitalismus ausgerichtet ist, sondern auch Kooperationsformen ermöglicht, mit denen gemeinsame Projekte im Welthandel und der naturwissenschaftlichen Forschung sowie in Bereichen des Umweltschutzes und der Nichtverbreitung von Atomwaffen durchgeführt werden können. Es kommt darauf an, eine Kultur der Interaktion zwischen Freunden und Rivalen zu etablieren. 5. Der Westen als Ganzes und insbesondere die USA müssen sich mit der Tatsache abfinden, dass die Zukunft nicht länger ihnen allein gehört. Dabei mag es ein Trost für beide sein, dass es ihnen gelungen ist, einen erheblichen Teil ihrer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wesenszüge auf den Rest der Welt zu übertragen und dass sie auf diesem Wege auch die Zukunft mitbestimmen werden. Gleichzeitig muss sich der Westen eingestehen, dass längst nicht alle der von ihm vermittelten Werte gut waren oder gut weitergegeben wurden. Er muss den anderen Regionen die Gelegenheit geben, auszuprobieren, wie sie ihre ganz unterschiedlichen kulturellen und historischen Eigenheiten mit diesem westlichen Erbe in Einklang bringen können.