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Eosinophile Enteritis Als Seltene Ursache Von Bauchschmerzen

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CASUISTIQUES 962 In rund der Hälf te der Fälle mit einer Atopie oder allergischen Erkrankung assoziiert Eosinophile Enteritis als seltene Ursache von Bauchschmerzen Andrea Blanc Bühlmann a , Nicolas Rodondi b , Sabina Berezowska c , Grischa Marti b a b c Klinik für Innere Medizin Spital Tiefenau, Spital Netz Bern AG, Bern Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin, Inselspital, Bern Institut für Pathologie, Universität Bern Hintergrund stellte. Fieber, Gewichtsverlust, Nachtschweiss oder Hypereosinophilien sind häufig, und nahezu immer abklärungsbedürftig. 95% davon werden ursächlich durch Infektionen insbesondere durch Parasiten, Medikamente wie Sulfonamide, Penicilline oder Carbamazepin, Allergien und Überempfindlichkeitsreaktionen wie Asthma bronchiale oder Atopien ausgelöst. In diesem Artikel möchten wir einen Fall mit einer seltenen Ursache einer Hypereosinophilie mit Bauchschmerzen schildern, die Eosinophile Enteritis. blutigen Durchfall verneinte er. Ähnliche Symptome seien bereits in Vergangenheit aufgetreten, jedoch stets selbstlimitierend gewesen. Weiter verneinte der Patient kürzliche Auslandsaufenthalte, noch fand sich eine positive Umgebungsanamnese für ähnliche Symptome. Auf Anraten seines Hausarztes hatte der Patient bereits während zehn Tagen eine gluten- und laktosefreie Diät durchgeführt, dies jedoch ohne Besserung der Beschwerden. Der bis anhin gesunde Mann litt einzig unter einem Asthma bronchiale, das mit einer Bedarfsinhalation gut kontrolliert sei. In der Familienanamnese war einzig eine Lymphomerkran- Fallbericht kung des Vaters auffällig. Anamnese Der 26-jährige Betriebsökonom wurde von der Notfall- Status station an die Medizinische Poliklinik des Inselspitals Klinisch zeigte sich ein 26-jähriger Patient in gutem überwiesen zur Weiterabklärung einer Hypereosino- Allgemein- und normalem Ernährungszustand mit philie. Der Patient litt seit drei Wochen unter krampf- einer periumbilikalen Druckdolenz und einer isolier- artigen, epigastrischen Schmerzen und Durchfall von ten Lymphadenopathie inguinal rechts. Der restliche heller Farbe, weshalb er sich auf der Notfallstation vor- klinische Status war bland. A B Abbildung 1: Manifestation einer Eosinophilen Gastroenteritis in den Duodenalbiopsien. A: Erhaltene Duodenalschleimhaut-Architektur mit Ödem in der Lamina propria (Hämatoxylin- und Eosin-Färbung, ×100). B: Fokal angehäufte eosinophile Granulozyten mit intraepithelialer Verteilung (Hämatoxylin- und Eosin-Färbung, ×400). SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE 2015;15(42):962–964 CASUISTIQUES 963 Untersuchungen Nach einer initialen Protonenpumperhemmer-(PPI-)The- Im Differentialblutbild bei Eintritt fiel eine relevante rapie und dem Vermeiden von nusshaltigen Nahrungs- periphere Eosinophilie von 6,52 G/l bei nur diskret er- mitteln zeigte sich eine rasche Symptomlinderung. höhter Gesamtleukozytenzahl von 13 G/l auf. Die rest- Aufgrund der raschen Besserung der Beschwerden lichen Laborwerte inklusive C-reaktivem Protein waren konnten wir auf eine Steroidtherapie oder gar die Gabe unauffällig. In den weiteren Analysen zeigte sich eine von Immunsuppressiva verzichten. Die Regredienz der relevante Erhöhung des Gesamt-IgE mit 1770 kU/l (nor- Eosinophilie bis zur fast vollständigen Normalisierung mal <70 kU/l). In der Sonographie des Abdomens fand liess sich einige Wochen nach Diagnosestellung doku- sich eine diskrete Splenomegalie von 12 cm. Die Stuhl- mentieren. Bis zum heutigen Zeitpunkt hat der Patient untersuchung auf Parasiten und die Serologien für keine Beschwerden mehr, die PPI-Therapie konnte im Fasciola, Strongoloides und Toxocara blieben negativ. Verlauf sistiert werden. Die Stuhluntersuchung auf Parasiten und die Serologien für Fasciola, Strongoloides und Toxocara blieben negativ Diskussion Die Eosinophile Enteritis ist eine seltene Ursache der Aufgrund der im Vordergrund stehenden Bauchpro- Hypereosinophilie. Bei knapp 300 in der Literatur be- blematik entschieden wir uns zur Durchführung einer schriebenen Fällen ist die genaue Prävalenz unbekannt, Gastro- und Kolonoskopie. Hierbei zeigte sich histo- wird jedoch auf ca 20/100 000 Personen geschätzt [1]. logisch im Bereich des Duodenums und terminalen Die Eosinophile Enteritis beginnt typischerweise in Ileums eine massive Vermehrung von eosinophilen der dritten Dekade, kann aber in jedem Alter auftreten Granulozyten (bis über 70/high-power field; HPF) teils [1, 2]. Die klinischen Zeichen sind vergesellschaftet mit mit Übergreifen auf das Oberflächenepithel, ohne der Tiefe und der Ausdehnung der Infiltration durch strukturelle Schleimhautalterationen (Abb. 1). Es fan- eosinophile Granulozyten im Magen-Darm-Trakt [3]. den sich jedoch keine Hinweise für Lamblien, Zöliakie, So kann vom Ösophagus bis zum Rektum ein Befall chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder einen vorliegen, am meisten betroffen ist jedoch der Magen Morbus Whipple. Diese Mukosa-Eosinophilie ist grund- und das Duodenum [3]. Die Symptome sind meist un- sätzlich unspezifisch, erfüllt aber in Zusammenschau spezifisch und können als Bauchschmerzen, Nausea, Er- der Befunde die Kriterien einer Eosinophilen Enteritis. brechen, Dysphagie, Durchfall oder Meläna angegeben Die etablierten Diagnosekriterien hierzu sind die Infil- werden [4]. Die genaue Pathogenese bleibt weiterhin tration von eosinophilen Granulozyten in die Darm- unklar, aber die klinischen Symptome und der Zusam- wand (Minimum 50/HPF), gastrointestinale Symptome, menhang mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten Abwesenheit anderer Ursachen einer Hypereosinophi- suggeriert eine allergische Komponente. So zeigte sich, lie und der Ausschluss anderer Organmanifestationen dass in rund der Hälfte der Fälle eine Atopie oder aller- [2]. Wir haben daher bei einer positiven Familienanamnese für Lymphome eine periphere Immunphänotypisierung und eine Knochenmarkspunktion durchgeführt, diese zeigten eine normale Differenzierung aller drei Zellreihen. Die basale Serumtryptase als Zeichen einer möglichen Mast- Die genaue Pathogenese bleibt weiterhin unklar, aber die klinischen Symptome und der Zusammenhang mit Nahrungsmittel­ unverträglichkeiten suggeriert eine aller­ gische Komponente zellerkrankung war normal. Ebenfalls waren die pANCA gische Erkrankung vorbestehend ist [2]. Bei einigen der und cANCA als Hinweis für eine Autoimmunerkran- Patienten zeigten sich erhöhte Werte des Immunglo- kung normal. Auch das Fusionsprotein FIPL1-PDGFRα bulin E im Serum. Da Infektionen, insbesondere durch als Indikator für ein Hypereosinophiliesyndrom (HES) Parasiten hervorgerufen, und hämatoonkologische Er- war negativ. krankungen sekundär eine Eosinophile Enteritis aus- Verlauf werden. Die empfohlene Diagnostik beinhaltet daher Bei nochmaliger detaillierter Anamnese konnte der ein Differentialblutbild, die Bestimmung des totalen Genuss von Nüssen als auslösender und aggravieren- Immunglobulins E im Serum, eine Blutsenkungs- der Faktor der Beschwerden eruiert werden. Die aller- geschwindigkeit, einen Haut-Pricktest und RAST für gologischen Untersuchungen (Pricktest und Radio-All- allergenspezifische IgE, den Ausschluss von Infektio- lösen können, müssen diese zwingend ausgeschlossen ergo-Sorbens-Test; RAST) zeigten eine pathologische nen durch Stuhlproben und Serologien, sowie obligat Reaktion auf Haselnüsse und Mandeln, serologisch eine Gastro- und Kolonoskopie mit Biopsieentnahme fand sich eine Sensibilisierung auf Erdnüsse. [4]. Diese Biopsie sollte neben dem typischen histologi- SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE 2015;15(42):962–964 CASUISTIQUES 964 schen Bild mit Infiltration von mehr als 50 eosinophi- Leider existieren bis heute keine randomisierten, Andrea Blanc Bühlmann len Granulozyten/HPF eine Zöliakie, eine chronisch kontrollierten klinischen Studien zur Behandlung der Klinik für Innere Medizin Korrespondenz: entzündliche Darmerkrankung oder eine Vaskulitis Erkrankung, so dass die Therapie bisher empirisch Spital Netz Bern AG ausschliessen [4, 5]. Weiter sollte bei (repetitivem) bleibt. Elementar dabei ist der Verzicht auf Nahrungs- Tiefenaustrasse 112 Nachweis einer Hypereosinophilie im Differentialblut- mittel, für die eine entsprechende Sensibilisierung bild die Durchführung einer Knochenmarkbiopsie, die nachgewiesen wurde [4]. Weiter ist die Behandlung mit Bestimmung der Serumtryptase zum Ausschluss einer topischen und/oder systemischen Steroiden die heutige Mastzellerkrankung sowie des Vitamins B12 und eine Standardtherapie mit einer Ansprechrate von bis zu genetische Analyse des FIPL1-PDGFRα-Fusionsproteins 90% der Fälle [2]. In schweren Fällen kann eine Immun- erfolgen, um ein Hypereosinophiliesyndrom auszu- therapie mit Azathioprin oder 6-Mercaptopurin sinn- schliessen [4]. voll sein [4]. PPI können sinnvoll sein, auch in Abwe- Die Erkrankung verläuft üblicherweise gutartig. Seltene senheit einer gastroösophagealen Refluxkrankheit [4]. Spital Tiefenau CH-3004 Bern andrea.blanc[at] spitalnetzbern.ch Komplikationen sind eine Darmobstruktion, gastrointestinale Blutung, Cholangitis, Pankreatitis oder duodenale Ulzera [5]. Weiter kann eine unbehandelte Eosi- Disclosure statement Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert. nophile Enteritis zu einer schweren Malabsorption Literatur führen [5]. 1 Schlussfolgerung für die Praxis 2 Auch wenn selten, so ist die Eosinophile Enteritis dennoch eine wichtige Differentialdiagnose bei Hypereosinophilie mit gastrointestinalen Sym- 3 ptomen. Die rasche Durchführung einer Endoskopie mit Biopsie kann zur Diagnosesicherung führen und dem Patienten bei Nachweis einer spezifischen Nahrungsmittelunverträglichkeit und entsprechend Elimination der Nahrungsmittel meist rasch zur Linderung der Symptome verhelfen. SWISS MEDICAL FORUM – FORUM MÉDICAL SUISSE 2015;15(42):962–964 4 5 Talley NJ, Shorter RG, Phillips SF, Zinsmeister AR. Eosinophilic gastroenteritis: a clinicopathological study of patients with disease of the mucosa, muscle layer, and subserosal tissues; Gut. 1990;31(1):54–8. Khan S. Eosinophilic gastroenteritis. Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2005 Apr;19(2):177–98. Yun MY, Cho YU, Park IS, Choi SK, Kim SJ, Shin SH, Kim KR. Eosinophilic gastroenteritis presenting as small bowel obstruction: a case report and review of the literature; World J Gastroenterol. 2007 Mar 21;13(11):1758–60. Rothenberg ME. Eosinophilic gastrointestinal disorders (EGID). J Allergy Clin Immunol. 2004 Jan;113(1):11–28. Ingle SB, Hinge Ingle CR. Eosinophilic gastroenteritis: An unusual type of gastroenteritis. World J Gastroenterol. 2013 Aug 21;19(31):5061–6.