Transcript
Epidemiologisches Bulletin 22. August 2016 / Nr. 33
aktuelle daten und informationen zu infektionskrankheiten und public health
Husten als unspezifisches Leitsymptom – vom unklaren Beschwerdebild zur Diagnose einer offenen Lungentuberkulose
Diese Woche
33/2016
DOI 10.17886/EpiBull-2016-050
Ein 55-jähriger, aus der Türkei stammender und seit über 30 Jahren in Deutschland lebender Mann suchte aufgrund eines sich seit Juli über 6 Wochen intensivierenden Hustens mit weißlichem Auswurf seinen Hausarzt auf. Begleitend traten Fieber, eine unerklärliche Gewichtsabnahme von etwa 10 kg im letzten halben Jahr und Nachtschweiß auf. Der behandelnde Hausarzt stellte klinisch die Diagnose einer „Pneumonie“ und verordnete eine orale Antibiose mit einem Cephalosporin. Unter diesem Therapieansatz kam es zu einer vorübergehenden Normalisierung der Körpertemperatur. Allerdings ereigneten sich in der Folgezeit rezidivierende febrile Temperaturerhöhungen ohne Minderung des Hustens und Auswurfs. Drei Monate nach Symptombeginn wurde eine Computertomographie des Thorax veranlasst, die ein Infiltrat im linken Oberlappen und pleuraständige Verdichtungsstrukturen aufzeigte. Daraufhin erfolgte eine erneute ambulante mehrwöchige antibiotische Therapie mit einem Makrolid, die wiederum keine nachhaltige Besserung der Beschwerdesymptomatik bewirkte. Zudem bestand nach radiologischen Kontrolluntersuchungen (Rö-Thorax) unverändert eine Infiltration im Bereich des linken Lungenoberlappens. Vor diesem Hintergrund veranlasste der behandelnde Hausarzt zur weiteren diagnostischen Abklärung im November die stationäre Einweisung in ein Allgemeinkrankenhaus. Bis zu diesem Zeitpunkt waren noch keine mikrobiologischen Untersuchungen auf Tuberkulose veranlasst worden. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung in der Klinik zeigte sich ein wacher, ansprechbarer und allseits orientierter Patient mit einem Körpergewicht von nur 65 kg bei einer Körperlänge von 180 cm. Bei der Auskultation der Lunge waren ein diskret verlängertes Exspiratorium, ein sonorer Klopfschall und vesikuläre Atemgeräusche festzustellen. Die restliche körperliche Untersuchung lieferte einen altersentsprechend unauffälligen Gesamtbefund. Darüber hinaus bestand ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus und ein chronischer Nikotinabusus von 70 Packungsjahren. Mittels Röntgen-Thorax-Aufnahmen in zwei Ebenen wurde radiologisch ein geschrumpfter linker Oberlappen, eine breitstreifige, flächenhafte und dichte Infiltration vom Hilus zur Peripherie nach kraniolateral festgestellt. Vereinzelt waren Verdichtungen im 6-er Segment dorsal des Hilus vorzufinden. Neben einer unauffälligen Pleurasonografie war auch die Abdomensonografie unauffällig. Bereits im Sputum zeigten sich massenhaft säurefeste Stäbchen. Diagnostisch zielführend war zudem die Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL). Dabei konnte reichlich eitriges Sekret aus dem linken Hauptbronchus, der Lingula und des linken Oberlappens abgesaugt werden. Daneben waren eine gerötete, ödematöse und kontaktvulnerable Schleimhaut in der linken Lingula
Tuberkulose ▶ Husten als unspezifisches Leitsymptom – vom unklaren Beschwerdebild zur Diagnose ▶ Kommentar des RKI Hinweise auf Veranstaltungen Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten 30. Woche 2016 Ausbrüche von Cyclosporose – auch Mexiko-Urlauber aus UK betroffen
294
Robert Koch-Institut
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
22. August 2016
und dem linken Oberlappen beziehungsweise eine atrophe Schleimhaut des übrigen Bronchialsystems feststellbar. Die zytologische Aufarbeitung des Materials der BAL ergab deutliche Entzündungszeichen, spärlich oberflächlich erfasstes Zylinderepithel ohne Atypien oder Anhalt für Malignität. Im Ziehl-Neelsen-Präparat, in der AuraminFärbung und fluoreszenzmikroskopisch zeigte das LavageMaterial reichlich säurefeste Stäbchen (5 – 50 Stäbchen je 10 Blickfelder; Gaffky-Skala 8 – 9). Die Polymerase-KettenReaktion (PCR) und die Gensonde im Bronchialsekret waren positiv für den Mycobakterium-tuberculosis-Komplex (MTBK). In der Bakterienkultur wurde M. tuberculosis isoliert; diese war sensibel gegenüber allen antituberkulösen Erstrangmedikamenten. Die klinische Symptomatik und die bakteriologische Diagnosesicherung sprachen für eine hochinfektiöse Lungentuberkulose, was eine schnellstmögliche räumliche Isolierung des Patienten im Einzelzimmer zur Folge hatte. Eine antituberkulöse Vierfachtherapie wurde unverzüglich eingeleitet. Das zuständige Gesundheitsamt erhielt sowohl eine Arztmeldung als auch fortlaufende Labormeldungen über die aktuellen Befunde. Zudem war nach erneuter Befragung des Patienten anamnestisch zu erfahren, dass dieser bereits während seiner Kindheit in der Türkei wegen einer Tuberkulose behandelt worden war. Diese Angabe zur Krankheitsgeschichte war vor dem Krankenhausaufenthalt nicht erfragt worden. Trotz eingehender Aufklärung über die notwendigen Verhaltensmaßnahmen (z. B. Tragen eines Mund-NasenSchutzes außerhalb des Krankenzimmers, Einhaltung eines Sicherheitsabstandes zu anderen Personen; Verlassen des Krankenzimmers zu diagnostischen Maßnahmen lediglich in Begleitung von Pflegepersonal) war der Patient
innerhalb des Settings eines Allgemeinkrankenhauses aufgrund seiner mangelnden Patientenmitarbeit (u. a. Bestehen auf Zigarettenrauchen) nicht zu führen. Aus diesem Grund wurde eine Verlegung in eine Fachklinik für Pneumologie veranlasst. Dort wurde die antituberkulöse Vierfach-Kombinationstherapie fortgesetzt. Medikamenteninduziert kam es zu einer milden gastrointestinalen Beschwerdesymptomatik, die mittels Protonenpumpenhemmern zufriedenstellend beherrschbar war. Unter Therapie ging die mikroskopische Bakterienausscheidung rasch zurück. Es kam aber zu keiner wesentlichen Milderung des morphologischen Röntgen-Thorax-Befundes im Vergleich zum Therapiebeginn. In röntgenologischen Kontrollaufnahmen war ein atelektatisch verändertes anteriores Oberlappensegment weiterhin sichtbar. Nach insgesamt dreizehnwöchiger stationärer Krankenhausbehandlung konnte der Patient beim Vorliegen einer negativen Sputumkultur ins häusliche Umfeld entlassen werden. Ambulant wurde eine Zweifach-Therapie mit Isoniazid und Rifampicin nebst einer radiologischen Kontrolle der Lunge fortgeführt. Die Gesamtdauer der anti-tuberkulösen Therapie betrug aufgrund des ausgeprägten Befundes insgesamt neun Monate. Das zuständige Gesundheitsamt führte die erforderliche Umgebungsuntersuchung im familiären Umfeld durch; im Krankenhaus in Kooperation mit dem Betriebsarzt. Bei allen engen Kontaktpersonen wurde gemäß den Empfehlungen des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) zur Durchführung von Umgebungsuntersuchungen ein Interferon-y-Test (Quantiferontest der Firma Quiagen) durchgeführt, der bei allen getesteten Personen acht Wochen nach dem letzten Kontakt negativ ausfiel. Die empfohlene Vorgehensweise bei einer Umgebungsuntersuchung stellt Abbildung 1 in der Übersicht dar. Erstaunlich ist die Tatsache, dass trotz anzunehmender hoher Infektiosität und der hohen Bakterienlast innerhalb der Familie (Ehefrau
Kontaktpersonen ab 15 Jahren
IFN-y-Test 8 Wochen nach letztem Kontakt
Beratung, keine weiteren Maßnahmen
Bei einem erhöhten Risiko zusätzlich oder ggf. bei Erwachsenen ≥ 50 Jahre statt IFN-y-Test (optional) unverzüglich TRU positiv
negativ
TRU + Untersuchung unauffällig
auffällig Diagnostik
negativ
positiv
Antituberkulotische Therapie
Chemoprävention ja TRU nach Abschluss
nein
Beratung und Kontrolle binnen 1 Jahres
unauffällig
Keine weiteren Maßnahmen
Abb. 1: Algorithmus der Diagnostik bei Kontaktpersonen über 15 Jahren von Index-Patienten mit bestätigter Tuberkulose (TRU: Thorax-RöntgenUntersuchung; IFN-y-Test: Interferon-y-Test); Quelle: Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose 2011
22. August 2016
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
Robert Koch-Institut
und drei Kinder im gleichen Haushalt mit täglichen intensiven Kontakten zu den Mahlzeiten) weder eine latente TBInfektion noch eine Folgeerkrankung aufgetreten sind.
lich wahrscheinlicheren Diagnosen (u. a. Bronchialkarzinom, malignes Lymphom, Pneumonie, Sarkoidose, Lungenzysten oder Lungenabszess) häufig unberücksichtigt.
Für die Umgebungsuntersuchung beim Krankenhauspersonal des Allgemeinkrankenhauses wurden zunächst rund 40 Mitarbeiter von der Krankenhausleitung gemeldet. Nach Sichtung dieses Personenkreises durch das Gesundheitsamt konnte unter definierten Ausschlusskriterien die Anzahl der zu untersuchenden Krankenhausmitarbeiter auf drei Personen eingeschränkt werden. Dies untermauerte auch die Notwendigkeit der individuellen Gefährdungsanalyse des jeweiligen Arbeitsplatzes. Die betreffenden drei Mitarbeiter (zwei Ärzte in der zentralen Notaufnahme und der behandelnde Stationsarzt) hatten vor Bestätigung der Diagnose einer infektiösen Tuberkulose noch keine respiratorischen Schutzmaßnahmen zum Patienten angewendet. Auch bei diesen drei Ärzten fiel der Interferon-y-Test negativ aus, so dass zusammenfassend im Umfeld des Patienten keine Folgeinfektionen identifiziert wurden. Der Erkrankte betreibt mit seiner Familie einen Kleinwarenladen mit einer integrierten Postfiliale. Da die Umgebungsuntersuchungen im engen Umfeld negativ verlaufen waren, haben wir von Untersuchungen am Arbeitsplatz Abstand genommen, zumal die Laufkundschaft nicht namentlich hätte erfasst werden können und es sich hierbei nicht um infektionsrelevante Kontakte handelte.
Im geschilderten Fall hätte bei Husten und B-Symptomatik – unerklärliches Fieber (> 38 oC), Nachtschweiß und ungewollter Gewichtsverlust von mehr als 10 % des Körpergewichtes innerhalb von sechs Monaten – die Tuberkulose in die differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden müssen. Erfahrungsgemäß ist die anamnestische Erfassung dieser Begleitsymptomatik mitunter ein relevanter Hinweis auf eine entzündliche Erkrankung des Atemtraktes und bestimmt das weitere diagnostische Vorgehen. Aus diesem Grund sollte in der allgemeinärztlichen Praxis einer individuellen Erfragung einer B-Symptomatik mehr Beachtung geschenkt werden. Mitunter kann dadurch einer zeitlich verzögerten Diagnosestellung einer Lungentuberkulose vorgebeugt werden.
Fazit In allgemeinärztlichen Praxen stellen sich Patienten mit pulmonalen Beschwerden während des gesamten Jahres, aber auch saisonal gehäuft während der Wintermonate vor. Vor diesem Hintergrund ist „Husten“, gerade auch bei Rauchern, das häufigste unspezifische Leitsymptom, mit dem Patienten ihren Hausarzt aufsuchen. Entscheidend für rasche Diagnosen und Therapieerfolge sind neben einer fundierten anamnestischen und diagnostischen Abklärung zielführende differenzialdiagnostische Überlegungen von Beginn des ersten anlassbezogenen Arzt-PatientenKontaktes. Es ist bekannt, dass vor allem Patienten der mittleren Altersgruppen – wie der Patient dieser Fallbeschreibung – in allgemeinmedizinischen Praxen ohne wesentliche geschlechtsspezifische Unterschiede häufig „Husten“ als Leitsymptom angeben. Bei dieser Patientengruppe gehen damit bei 34 % Fieber, bei 24 % Schnupfen, bei etwa 14 % Halsschmerzen und bei 7 % ein Schwächegefühl oder Müdigkeit einher.1 Somit verwundert die unspezifische Begleitsymptomatik zum Leitsymptom „Husten“ nicht. Die Symptomatik der Tuberkulose ist ebenfalls häufig unspezifisch. Hinzu kommt, dass bei zwar wieder ansteigenden, aber dennoch insgesamt niedrigen Inzidenzen (7,3 Fälle/100.000 Einwohner im Jahr 2015) in der Bundesrepublik Deutschland die Lungentuberkulose zwangsläufig nicht im Zentrum diagnostischer Überlegungen in Allgemeinarztpraxen steht. Dadurch bleibt bei Erwachsenen diese Differenzialdiagnose im Vergleich zu vermeint-
Auch durch den verstärkten Zuzug von Menschen aus Tuberkulose-Hochprävalenzregionen in den letzten Jahren ist eine erneute medizinische Relevanz der Lungentuberkulose gegeben, was die Notwendigkeit einer zutreffenden Anamnese und Diagnostik bekräftigt. Es ist unverändert wichtig, dass in der allgemeinärztlichen Sprechstunde an Tuberkulose gedacht wird. Auch bei Kindern und Jugendlichen mit krankheitsrelevanten Merkmalen in der individuellen Krankheitsgeschichte muss das Vorliegen einer Tuberkulose differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Bei begründeten Verdachtsmomenten sollte neben der radiologischen frühzeitig auch eine bakteriologische Diagnostik als Goldstandard für eine labordiagnostische Sicherung angestrebt werden. Diese Vorgehensweise ist am zielführendsten, zumal bildgebende Verfahren den Verdacht auf eine Tuberkulose nur in Kombination mit weiteren Befunden bestätigen können. Auch der Interferon-y-Test eignet sich nicht als alleiniges diagnostisches Mittel, kann aber in der Gesamtschau der Befunde den Verdacht auf das Vorliegen einer aktiven Tuberkulose erhärten. Von einem bevölkerungsmedizinischen Standpunkt betrachtet wurde durch die Fallbeschreibung erneut bestätigt, dass flüchtige Kontakte für die Übertragung des Tuberkulose-Bakteriums von Mensch zu Mensch in der Regel nicht ausreichend sind. Als Indiz dienten hier trotz einer großen Anzahl von berufsbedingten zwischenmenschlichen Kontakten die negativen Befunde bei der Umgebungsuntersuchung. Zusammenfassend wurde am Beispiel einer mikroskopisch offenen Lungentuberkulose die Unerlässlichkeit einer sorgfältigen Anamneseerhebung für eine zutreffende Diagnosestellung erneut deutlich. Ergänzend wurde die Notwendigkeit des Ineinandergreifens individual- und bevölkerungsmedizinischer Maßnahmen aufgezeigt, wobei Allgemeinärzten als erste Anlaufstelle mit Patienten eine herausgehobene Bedeutung zukommt.
295
296
Robert Koch-Institut
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
Literatur 1. Frese T, Thiersch S, Voigt R et al.: Husten in der allgemeinärztlichen Sprechstunde. Differenzialdiagnosen unterscheiden sich gegenüber Klinik. Notfall & Hausarztmedizin 2008; 34: 596 – 598 2. Diel R, Loytved G, Nienhaus A et al.: Neue Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchung bei Tuberkulose. Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose. Pneumologie 2011; 65: 359 – 378; www.pneumologie.de/dzk > Empfehlungen 3. Sester M, Sotgiu G, Lange C et al.: Interferon-y release assays for the diagnosis of active tuberculosis: a systematic review and meta-analysis. Eur Respir J 2011; 37: 100 – 111 4. Robert Koch-Institut: Tuberkulose in Deutschland: Ende des rückläufigen Trends? Epid Bull 2015; 43: 461 – 463; DOI 10.17886/EpiBull-2015-013 5. Magdorf K, Stoll M. Tuberkulose. In: Adam D, Doerr HW, Link H, Lode H (Hrsg.): Die Infektiologie, Berlin Heidelberg: Springer, 2004:694 – 725 6. Siegenthaler W: Siegenthalers Differenzialdiagnose: Innere Krankheitenvom Symptom zur Diagnose. 19.Aufl. Stuttgart: Thieme, 2005: 198 7. Seeger W: Erkrankungen der Atmungsorgane. In: Schölmerich J (Hrsg.): Medizinische Therapie 2007/2008. 3.Aufl. Heidelberg: Springer, 2007: 977 – 1086
22. August 2016
8. Detjen A, Wahn U, Magdorf K: Immunologische Diagnostik der Tuberkulose- Interferon-y-Tests. Monatsschrift Kinderheilkd 2006; 154: 152 – 159 9. Eisenhuber E, Prosch H, Mostbeck G: Radiologische Diagnostik der pulmonalen Tuberkulose und der nicht typischen Mykobakterien. Radiologie up2date 2013; 13: 345 – 363
Korrespondenzadresse Dr. med. Dr. PH Heribert Ludwig Stich, MPH Landratsamt Erding Abteilung Gesundheitswesen Bajuwarenstraße 3 85435 Erding Tel.: 0 81 22 . 57 – 14 32
Bericht aus der Abteilung Gesundheitswesen des Landratsamtes Erding. Ansprechpartner sind Dr. Dr. Heribert Stich (E-Mail: heribert.stich@lra-ed. de) und Herr Dr. Bodo Königstein (E-Mail:
[email protected]).
Kommentar des RKI Der Beitrag von Stich und Königstein illustriert anschaulich diagnostische Fallstricke und mögliche Ursachen für eine verzögerte Tuberkulose-Diagnose. Dabei wird die herausragende Rolle der hausärztlichen Behandler deutlich, welche bei unklaren Krankheitsbildern die weiterführende Diagnostik bahnen und daher in Deutschland eine entscheidende Schnittstelle für eine erfolgreiche Tuberkulosekontrolle sind. Husten ist zwar ein wichtiges Leitsymptom der Lungentuberkulose, kann aber auch vielfältige andere Ursachen haben. Die entsprechenden AWMF-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)1 und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)2 (letztere derzeit in Überarbeitung) empfehlen, dass bei klinischer Diagnose einer akuten unkomplizierten Bronchitis auf Laboruntersuchungen, Sputumdiagnostik und Röntgen-Thorax-Aufnahmen verzichtet werden soll. Bei Verdacht auf eine ambulant erworbene Pneumonie sollte eine Röntgen-ThoraxAufnahme angefertigt werden.3 Bei Patienten, die einer Risikogruppe für Tuberkulose angehören, sollte zudem stets an die Möglichkeit einer Tuberkulose gedacht werden. Neben der Röntgendiagnostik ist hier auch die mykobakteriologische Untersuchung des Sputums zielführend. Zu bedenken ist jedoch, dass bei geschlossener Lungentuberkulose sowie bei vielen Formen der extrapulmonalen Tuberkulosen ein bakteriologischer Nachweis nicht gelingt und ein negativer Erregernachweis eine Tuberkulose nicht ausschließt. Entscheidend ist es, Risikogruppen und Risikofaktoren für Tuberkulose zu kennen und die entsprechenden Informationen anamnestisch zu erfragen. Im vorliegenden Fall war der Patient in der Türkei geboren und aufgewachsen und dort schon einmal an Tuberkulose erkrankt (die TB-Inzidenz beispielsweise im Westen der Türkei in den 1980er Jahren betrug etwa 45/100.0004). Neben der Vorer-
krankung lagen mit dem Diabetes mellitus und Zigarettenrauchen weitere prädisponierende Risikofaktoren für Tuberkulose vor.5 „Think TB“, d. h. differenzialdiagnostisch auch in einem Land mit niedriger Inzidenz an Tuberkulose denken, ist der Apell, auch einer Autorengruppe, welche in Zentrallondon retrospektiv vergleichbare Lungentuberkulosefälle aufgearbeitet hat.6 Und genau das ist auch die Kernbotschaft dieses Fallberichts. Zugegeben, eine Herausforderung angesichts zwar in den letzten Jahren steigender, aber dennoch niedriger allgemeiner TB-Inzidenzen. Die Mehrzahl der hausärztlich tätigen Kolleginnen und Kollegen sieht im Laufe ihrer Ausbildung und im späteren Berufsleben selten, wenn überhaupt, das Krankheitsbild Tuberkulose. Daneben zeigt der Fallbericht eine weitere wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Tuberkulosekontrolle: Kommunikation. Nach anfänglich problematischer Patientenmitarbeit ließ sich der Patient gut führen und hat seine Tuberkulose-Behandlung ambulant erfolgreich abgeschlossen. Das lässt sich nur mit zugewandter, verständlicher Patientenaufklärung und kontinuierlicher Therapiebetreuung erreichen und bedarf oftmals eines hohen Engagements aller in die Patientenbetreuung eingebundenen Personen, einschließlich des zuständigen Gesundheitsamtes. Umgebungsuntersuchungen sind ein entscheidendes Instrument in der Tuberkulosekontrolle, um Transmissionsketten frühzeitig zu entdecken und zu unterbinden sowie mögliche andere Infektionsquellen zu finden.7 Im unmittelbaren Patientenumfeld wurden keine Folgeinfektionen oder -erkrankungen gefunden, obwohl der Patient über einen längeren Zeitraum an einer mikroskopisch positiven Lungentuberkulose mit ausgeprägter Hustensymptomatik litt. Dies könnte daran liegen, dass der Patient
22. August 2016
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
nur wenige enge soziale Kontakte hatte, lässt aber auch eine geringe Virulenz des Tuberkulosebakterienstammes vermuten. Literatur 1. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: DEGAM Leitlinie Nr. 11 Husten; Stand Februar 2014; www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/053-013l_S3_Husten_2014-02.pdf 2. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP): AWMF-Leitlinie Akuter und chronischer Husten, Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten (Gültigkeit abgelaufen, wird überprüft); www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-003l_2010-abglaufen.pdf 3. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, PaulEhrlich-Gesellschaft für Chemotherapie, Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Kompetenznetzwerks CAPNETZ, Österreichische Gesellschaft für Pneumologie, Österreichische Gesellschaft für Infektions-
Robert Koch-Institut
krankheiten und Tropenmedizin und der Schweizerischen Gesellschaft für Pneumologie: S3-Leitlinie Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie und Prävention – Update 2016 www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-020l_S3_ambulant_erworbene_Pneumonie_Behandlung_Praevention_2016-02-2.pdf 4. Kart L, Akduman D, Altin R, Tor M, Unalacak M, Begendik F, Erdem F, Alparslan U: Fourteen-year trend of tuberculosis dynamics in the northwest of Turkey.Respiration. 2003;70(5):468 – 474 5. Bai K-J, Lee J-J, Chien S-T, Suk C-W, Chiang C-Y: The influence of smoking on pulmonary tuberculosis in diabetic and non-diabetic patients. Plos One 11(6):e0156677 6. Craig SE, Bettinson H, Sabin CA, Gillespie SH, Lipman MC: Think TB! Is the diagnosis of pulmonary tuberculosis delayed by the use of antibiotics? Int J Tuberc Lung Dis. 2009 Feb;13(2):208 – 213 7. Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose: Neue Empfehlungen für die Umgebungsuntersuchungen bei Tuberkulose. Pneumologie 2011;65:359 – 378
Hinweise auf Veranstaltungen Erster World Sepsis Congress „Challenges and Opportunities in the Fight Against Sepsis”
BVL-Symposium „Herausforderung 2017: Prävention durch Information“
Termin:
Termin:
27. und 28.10.2016
Veranstaltungsort:
Ludwig-Erhard-Haus Fasanenstraße 85 10623 Berlin
Veranstalter:
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
Homepage:
www.bvl.bund.de/symposium2016
8. bis 9. September 2016 im Vorfeld des 5. World Sepsis Days am 13. September
Veranstaltungsort:
nur online
Veranstalter:
Global Sepsis Alliance (GSA) und World Sepsis Day Movement
Homepage:
www.world-sepsis-day.org
Sepsis ist nach Aussage der Veranstalter nach wie vor und ungeachtet aller Fortschritte bei Impfungen, Antiinfektiva und intensivmedizinischen Verfahren die vorherrschende Todesursache bei Infektionserkrankungen. Sie zählt zu den häufigsten Todesursachen überhaupt. Der erste World Sepsis Kongress bringt verschiedene hochrangige Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik sowie Patienten und NGOs zusammen, um zu unterschiedlichen Aspekten des Themas in die Diskussion zu gehen. Der Fokus liegt dabei auf Infektionsprävention und auf Patientensicherheit. Ziel ist eine stärkere Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit für die Ursachen und Präventionsmaßnahmen der Sepsis bei Politikern und der Öffentlichkeit. Auf der Eröffnungssitzung am ersten Tag werden u. a. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sowie der Direktor der Centre for Disease Control (CDC) der USA Thomas Frieden sprechen. Weiter Details zu dem Programm und die Möglichkeiten der kostenlosen Registrierung finden Sie unter: www.worldsepsiscongress.org.
Diese Veranstaltung aus der Reihe "Herausforderungen" wird in Kooperation mit dem Institut für Referenzmaterialien und -messungen (Institute for Reference Materials and Measurements – IRMM) der Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Centre – JRC) durchgeführt. Im Zentrum steht die Frage, wie aus Informationen aus der Lebensmittelkette auch eine fundierte Erkenntnis für die Einschätzung kommender Ereignisse werden kann, um den Schutz der Verbraucher vor zukünftigen Krisen weiter zu verbessern. Diese Herausforderung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz wird von Seiten der Verbraucher, der Wirtschaft und nationaler wie europäischer Behörden beleuchtet und diskutiert werden.
297
298
Robert Koch-Institut
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
22. August 2016
Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten, Deutschland
30. Woche 2016 (Datenstand: 17. August 2016)
Darmkrankheiten CampylobacterEnteritis 2016 Land
30.
EHEC-Erkrankung (außer HUS)
2015
1.–30.
2016
1.–30.
30.
Salmonellose
2015
1.–30.
2016
1.–30.
30.
Shigellose 2015
1.–30.
1.–30.
2016 30.
2015
1.–30.
1.–30.
Baden-Württemberg
207
3.576
3.529
5
69
54
34
648
571
2
17
21
Bayern
222
4.693
4.561
6
130
137
53
844
866
1
44
56
Berlin
75
1.748
1.795
1
48
46
10
216
242
0
38
36
Brandenburg
61
1.219
1.286
2
31
23
12
245
282
0
3
4
Bremen
15
217
287
0
2
1
2
24
34
0
3
1
Hamburg
49
970
1.033
0
26
11
4
155
128
0
16
19
124
2.646
2.419
0
22
20
17
418
423
0
29
22
61
1.026
1.014
2
30
38
6
171
208
0
3
0
Niedersachsen
184
3.222
2.877
5
94
94
23
531
607
0
13
3
Nordrhein-Westfalen
Hessen Mecklenburg-Vorpommern
518
12.466
9.776
5
157
123
54
1.366
1.407
2
37
19
Rheinland-Pfalz
94
2.109
2.036
1
52
53
18
387
331
2
18
9
Saarland
36
651
611
0
4
5
6
52
69
0
3
0
Sachsen
137
2.989
2.950
1
47
96
24
571
537
0
8
14
40
989
890
1
49
35
13
277
315
1
4
4
Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein
48
1.219
1.344
0
33
12
5
164
203
0
2
6
Thüringen
57
1.196
1.069
0
14
20
8
378
288
0
4
4
1.928
40.946
37.492
29
808
768
289
6.449
6.512
8
242
218
Deutschland
Darmkrankheiten NorovirusErkrankung +
Yersiniose 2016 Land Baden-Württemberg
30.
2015
1.–30. 1.–30.
2016 30.
2015
1.–30.
1
61
70
Bayern
6
201
205
35
Berlin
1
57
39
20
Brandenburg
3
80
48
22
2.054
Bremen
0
4
3
0
Hamburg
1
27
42
8
Hessen
4
115
112
Mecklenburg-Vorpommern
1
37
31
Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz
26
Rotavirus-Erkrankung
2.262
1.–30.
2016 30.
Giardiasis
2015
1.–30.
1.–30.
2016 30.
Kryptosporidiose 2015
1.–30. 1.–30.
2016 30.
2015
1.–30. 1.–30.
5.100
11
709
1.588
9
239
224
2
29
18
4.157
7.453
28
1.880
2.138
9
321
374
4
55
65
1.759
1.867
7
1.198
1.205
4
219
190
1
65
67
2.584
5
1.450
1.617
1
72
62
1
29
28
231
375
1
124
169
0
18
15
0
2
1
790
1.275
2
614
699
1
63
66
0
52
20
18
1.645
3.943
8
1.073
1.419
1
132
116
4
55
46
20
1.697
2.531
7
1.557
1.153
2
52
56
0
67
48 39
0
149
107
28
3.243
4.706
14
1.133
2.597
2
91
68
2
55
10
348
309
74
7.010
14.945
24
2.481
4.103
5
339
253
5
138
85
4
100
93
15
1.851
4.260
4
581
970
3
70
69
1
15
14
Saarland
0
9
15
1
479
1.277
8
150
212
2
25
19
0
8
1
Sachsen
4
214
177
45
4.161
6.658
21
2.545
4.358
5
138
179
5
82
93
Sachsen-Anhalt
3
82
88
26
2.252
3.596
6
1.014
2.100
5
59
28
0
47
35
Schleswig-Holstein
3
30
29
5
978
1.576
9
604
590
2
36
36
1
40
15
Thüringen
4
142
134
13
2.387
3.225
20
1.247
2.510
1
42
76
1
19
20
45
1.656
1.502
356
36.962
65.390
175
18.360
27.437
52
1.916
1.833
27
758
595
Deutschland
In der wöchentlich veröffentlichten aktuellen Statistik wird auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) aus dem RKI zeitnah zum Auftreten meldepflichtiger Infektionskrankheiten berichtet. Drei Spalten enthalten jeweils 1. Meldungen, die die Referenzdefinition erfüllen, in der ausgewiesenen Meldewoche im Gesundheitsamt eingegangen und dem RKI bis zum angegebenen Datenstand übermittelt wurden (s. http://www.rki.de > Infektionsschutz > Infektionsschutzgesetz > Falldefinitionen sowie im Epidemiologischen Bulletin 6/2015), 2. Kumulativwerte im laufenden Jahr, 3. Kumulativwerte des entsprechenden Vorjahreszeitraumes. Die Kumulativwerte ergeben sich aus der Summe übermittelter Fälle aus den ausgewiesenen Meldewochen, jedoch ergänzt um nachträglich erfolgte Übermittlungen, Korrekturen und Löschungen.
22. August 2016
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten, Deutschland
Robert Koch-Institut
30. Woche 2016 (Datenstand: 17. August 2016)
Virushepatitis und weitere Krankheiten Hepatitis B + +
Hepatitis A 2016 Land
30.
2015
2016
1.–30. 1.–30.
30.
MeningokokkenErkrankung, invasiv
Hepatitis C + +
2015
2016
1.–30. 1.–30.
30.
2015
1.–30.
2016
1.–30.
30.
Tuberkulose
2015
1.–30. 1.–30.
2016 30.
2015
1.–30.
1.–30.
Baden-Württemberg
0
50
30
5
178
53
8
290
506
0
34
28
12
436
374
Bayern
0
69
65
11
565
194
15
517
568
0
26
30
14
635
525
Berlin
0
36
18
0
48
36
4
215
247
1
24
9
12
236
205
Brandenburg
0
13
12
1
36
16
2
29
36
0
6
9
4
106
85
Bremen
0
1
1
0
7
0
1
3
2
0
3
1
2
36
45
Hamburg
0
15
8
2
97
23
0
71
70
0
2
6
1
121
109
Hessen
0
28
27
7
206
121
10
216
277
0
16
9
4
347
329
Mecklenburg-Vorpommern
0
9
3
1
26
6
1
27
27
0
3
4
1
43
29
Niedersachsen
0
40
33
0
77
30
7
171
136
0
14
17
7
250
217
Nordrhein-Westfalen
1
98
92
3
194
129
15
516
343
0
43
36
17
795
678
Rheinland-Pfalz
1
20
19
0
27
27
8
154
132
0
15
18
4
194
162
Saarland
0
7
2
1
11
5
0
15
23
0
3
1
0
16
21
Sachsen
0
9
7
8
202
15
2
141
164
0
7
3
1
113
104
Sachsen-Anhalt
0
14
20
1
37
23
0
61
40
0
4
7
3
95
97
Schleswig-Holstein
0
21
14
1
33
18
8
136
169
0
4
3
1
73
58
Thüringen
0
14
14
0
6
10
0
28
42
0
5
9
1
56
46
Deutschland
2
444
365
41
1.750
706
81
2.591
2.782
1
209
190
84
3.557
3.086
Impfpräventable Krankheiten Masern 2016 Land
30.
Mumps 2015
1.–30.
1.–30.
2016 30.
Röteln 2015
1.–30. 1.–30.
2016 30.
Keuchhusten 2015
1.–30. 1.–30.
2016 30.
Windpocken
2015
1.–30.
1.–30.
2016 30.
2015
1.–30.
1.–30.
Baden-Württemberg
0
16
109
2
50
36
2
5
1
45
755
425
39
2.610
1.874
Bayern
1
18
144
3
76
92
0
1
6
58
1.494
1.239
86
3.820
2.779
Berlin
0
62
1.227
1
32
30
0
3
5
18
606
410
26
1.510
990
Brandenburg
0
28
98
0
3
7
0
1
0
6
358
352
5
541
375
Bremen
0
0
0
0
4
5
0
0
0
0
37
29
2
198
204
Hamburg
2
7
86
0
10
41
0
6
0
6
201
86
5
358
332
Hessen
0
8
62
0
38
18
0
1
0
13
430
262
13
963
782
Mecklenburg-Vorpommern
0
0
16
0
4
7
0
0
0
4
94
118
2
120
176
Niedersachsen
3
10
43
1
25
27
0
1
1
8
429
356
12
851
1.028
Nordrhein-Westfalen
0
17
63
5
108
120
0
5
3
34
1.288
940
53
3.388
2.737
Rheinland-Pfalz
0
8
5
1
20
24
0
1
1
12
252
184
6
622
439
Saarland
0
0
0
0
2
6
0
0
0
0
30
30
1
82
68
Sachsen
0
25
270
0
11
10
0
0
0
4
260
197
22
1.374
1.272
Sachsen-Anhalt
0
2
71
0
12
10
0
0
0
2
163
136
4
260
237
Schleswig-Holstein
0
4
39
0
21
24
0
1
2
8
146
97
13
399
293
Thüringen
0
1
164
0
5
6
0
0
1
7
415
304
6
163
329
Deutschland
6
206
2.397
13
421
463
2
25
20
225
6.958
5.165
295
17.260
13.917
+ Es werden ausschließlich laborbestätigte Fälle von Norovirus-Erkrankungen in der Statistik ausgewiesen. + + Dargestellt werden Fälle, die vom Gesundheitsamt nicht als chronisch (Hepatitis B) bzw. nicht als bereits erfasst (Hepatitis C) eingestuft wurden (s. Epid. Bull. 46/05, S. 422).
299
300
Robert Koch-Institut
Epidemiologisches Bulletin Nr. 33
22. August 2016
Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten, Deutschland 30. Woche 2016 (Datenstand: 17. August 2016) 2016 Krankheit Adenovirus-Konjunktivitis
2016
2015
Impressum 2015
30. Woche 1. – 30. Woche 1. – 30. Woche 1. – 52. Woche 14
334
312
Brucellose
0
23
19
44
Chikungunya-Fieber
0
36
73
110
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit *
0
37
44
72
Dengue-Fieber
568
4
600
392
723
21
201
125
221
Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS)
1
34
33
69
Hantavirus-Erkrankung
5
103
605
824
Hepatitis D
0
0
12
19
Hepatitis E
FSME
47
1.050
658
1.266
Influenza
7
59.371
76.804
77.829
Invasive Erkrankung durch Haemophilus influenzae
7
383
359
549
Legionellose
26
505
438
881
Leptospirose
0
38
39
86
Listeriose
22
378
408
662
Ornithose
1
8
4
10
Paratyphus
1
17
20
36
Q-Fieber
5
198
205
322
Trichinellose
0
3
8
8
Tularämie
0
16
12
34
Typhus abdominalis
0
31
35
68
* Meldepflichtige Erkrankungsfälle insgesamt, bisher kein Fall einer vCJK.
Ausbrüche von Cyclosporose: auch Mexiko-Urlauber aus UK betroffen Wie schon in vergangenen Sommern, wird aktuell ein gehäuftes Auftreten von Cyclospora-cayetanensis-Infektionen im Vereinigten Königreich (UK), Texas (USA) und Kanada berichtet. Eine Infektion mit diesen Darmparasiten verursacht meist länger anhaltende, wässrige Durchfälle. Die Infektion geschieht durch den Verzehr von Wasser oder anderen Lebensmitteln, die mit Dauerformen des Parasiten, sog. Oozysten, kontaminiert sind. Häufig handelt es sich dabei um roh verzehrte pflanzliche Lebensmittel (z. B. Salate, Beerenfrüchte), die in Endemieländern beim Anbau mit Fäkalien in Kontakt kommen. Die Inkubationszeit beträgt ca. 1 Woche. Bei immungesunden Patienten ist die Infektion häufig selbstlimitierend. Menschen mit Immunschwäche erkranken schwerer. Eine Behandlung mit Cotrimoxazol ist möglich und kann den Krankheitsverlauf verkürzen. Die Infektion ist in Deutschland nicht meldepflichtig, so dass für Deutschland keine Fallzahlen bekannt sind. Im Vereinigten Königreich wurden zwischen dem 1. Juni und dem 12. August 2016 insgesamt 265 wahrscheinliche oder bestätigte Fälle diagnostiziert (Stand: 12.8.2016). Die große Mehrheit der Fälle mit erhobener Reiseanamnese hatten sich zuvor in Mexiko – vor allem in verschiedenen Hotels an der Riviera Maya (Yukatán) – aufgehalten. Eine ähnliche Fallhäufung importierter Infektionen hatte es schon letzten Sommer gegeben, ebenfalls mit Expositionen an der Riviera Maya (s. www.gov.uk/government/publications/health-protection-report-volume-10-2016/hpr-volume10-issue-26-news-12-august). Neben UK wurde auch in Kanada und im US-amerikanischen Bundesstaat Texas eine starke Zunahme an Infektionen mit Cyclospora cayetanensis bemerkt. Hier werden aber importierte pflanzliche Lebensmittel als Ursache der Infektionen vermutet (s. www.phac-aspc.gc.ca/phnasp/2016/cyclospora-eng.php; www.promedmail.org/post/4399338). Bislang ist unbekannt, ob die 3 auffälligen Häufungen zusammen hängen. Ebenso ist unklar, ob auch weitere Länder und Gebiete von Ausbrüchen durch importierte Lebensmittel betroffen sind, oder ob sich auch Mexikotouristen aus anderen Ländern infiziert haben. Bei Reiserückkehrern, aktuell insbesondere aus Mexiko, mit langanhaltenden wässrigen Durchfällen sollte an das Vorliegen einer Kokzidien-Infektion des Darmes gedacht werden. Cyclospora cayetanensis kann ähnlich wie Kryptosporidien mit Hilfe der modifizierten ZiehlNeelsen-Färbung in Stuhlausstrichen nachgewiesen werden, ist aber mit einem Durchmesser von 8 – 12 µm etwa doppelt so groß (Kryptosporidien-Durchmesser 4 – 6 µm). In Speziallaboratorien steht auch eine PCR aus Stuhl zur Verfügung. Hinweis: Das Robert Koch-Institut führt keine individuelle medizinische und reisemedizinische Beratung zu Klinik, Therapie oder Impfungen durch.
Herausgeber Robert Koch-Institut Nordufer 20, 13353 Berlin Tel.: 030 . 18 754 – 0 E-Mail:
[email protected] Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Redaktion ▶ Dr. med. Jamela Seedat (v. i. S. d. P.) Tel.: 030 . 18 754 – 23 24 E-Mail:
[email protected] ▶ Dr. med. Markus Kirchner (Vertretung) E-Mail:
[email protected] ▶ Redaktionsassistenz: Francesca Smolinski; Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) Tel.: 030 . 18 754 – 24 55, Fax: – 24 59 E-Mail:
[email protected] Vertrieb und Abonnentenservice E.M.D. GmbH European Magazine Distribution Einsteinufer 63A, 10587 Berlin Tel.: 030 . 330 998 23, Fax: 030 . 330 998 25 E-Mail:
[email protected] Das Epidemiologische Bulletin gewährleistet im Rahmen des infektionsepidemiologischen Netzwerks einen raschen Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Akteuren – den Ärzten in Praxen, Kliniken, Laboratorien, Beratungsstellen und Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie den medizinischen Fachgesellschaften, Nationalen Referenzzentren und den Stätten der Forschung und Lehre – und dient damit der Optimierung der Prävention. Herausgeber und Redaktion erbitten eine aktive Unterstützung durch die Übermittlung allgemein interessierender Mitteilungen, Analysen und Fallberichte. Das Einverständnis mit einer redaktionellen Überarbeitung wird vorausgesetzt. Das Epidemiologische Bulletin erscheint in der Regel wöchentlich (50 Ausgaben pro Jahr). Es kann im Jahresabonnement für einen Kostenbeitrag von € 55,– ab Beginn des Kalenderjahres bezogen werden; bei Bestellung nach Jahresbeginn errechnet sich der Beitrag mit € 5,– je Bezugsmonat. Ohne Kündigung bis Ende November verlängert sich das Abonnement um ein Jahr. Die Ausgaben ab 1997 stehen im Internet zur Verfügung: www.rki.de > Infektionsschutz > Epidemiologisches Bulletin. Hinweis: Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Druck Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbH Nachdruck mit Quellenangabe gestattet, jedoch nicht zu werblichen Zwecken. Belegexemplar erbeten. Die Weitergabe in elektronischer Form bedarf der Zustimmung der Redaktion. ISSN 1430-0265 (Druck) PVKZ A-14273