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FAQs: Fragen zum evangelischen Christentum Was versteht man unter „evangelisch“? Der Begriff „evangelisch“ bedeutet „auf das Evangelium bezogen“. Er wurde schon in spätmittelalterlichen Reformbewegungen, z.B. von John Wyclif, gebraucht. Bedeutend wurde der Begriff für die der Reformation. Die Reformatoren wollten damit ausdrücken, dass sie ihre Lehre auf der Botschaft des Neuen Testaments über Jesus Christus begründeten. In diesem Sinne war es eine Präzisierung und zugleich eine Zusammenfassung der vier reformatorischen Prinzipien: allein durch die Bibel, allein durch die Gnade, allein durch Christus, allein durch den Glauben. In der Zeit des Konfessionalismus (im 16. + 17. Jahrhundert) wurde der Begriff zur Abgrenzung der protestantischen Kirchen gegen den Katholizismus gebraucht. So hat der Begriff heute zwei Bedeutungen. Zum einen hat er den ursprünglichen Sinn von „auf das Evangelium bezogen“ behalten, zum anderen bezeichnet er verschiedene protestantische Kirchensysteme. Wir verwenden den Begriff im Folgenden im ursprünglichen Sinn. Was ist das Evangelium? Das Evangelium ist die 2000 Jahre alte Botschaft von Jesus Christus, der den Menschen diente, Wunder tat und schliesslich mit seiner Auferstehung von den Toten seine Allmacht über Leben und Tod und Gottes Liebe zu den Menschen offenbarte. Dem Evangelium folgen bedeutet, an diese Botschaft zu glauben und nach ihr leben zu wollen. Ob jemand die katholische, reformierte oder freikirchliche Gemeinschaft besucht, spielt dabei keine Rolle. Was glauben die evangelischen Christen? Ihr Glaube bezieht sich auf die Person von Jesus Christus, Gottes Sohn. Jesus hat durch sein Sterben am Kreuz für die Schuld des Menschen bezahlt. Seine Auferstehung von den Toten schenkt den gläubigen Christen die Hoffnung, dass sie durch ihn errettet sind und mit ihm die Ewigkeit verbringen werden. Für evangelische Christen ist die Bibel (das Alte und das Neue Testament) das inspirierte Wort Gottes, das ihnen in ihren Lebensfragen hilft und an dem sie ihr Handeln ausrichten. Mit welchen Begriffen lassen sich evangelische Christen bezeichnen? Im Laufe der Jahrhunderte wurden für evangelisch gläubigen Christen verschiedene Bezeichnungen gebraucht. So sprach man von Pietisten, erweckten Christen, bibeltreuen Christen, frommen Christen, konservativ Gläubigen. In der Öffentlichkeit und in den Medien wird oft das Wort „Evangelikale“ gebraucht. Manche evangelische Christen brauchen es selber, um sich von den „liberal“-Gläubigen abzugrenzen. „Evangelikal“ wurde vom englischen Begriff „evangelical“ abgeleitet und in den 60-er Jahren vor allem in Deutschland aufgenommen. Das Wort ist aus verschiedenen Gründen keine treffende Bezeichnung. So ist wird das Wort beispielsweise auch für eine Abgrenzung von den Pfingstkirchen verwendet. In der Öffentlichkeit wird „evangelikal“ oft als Synonym für „fundamentalistisch“ gebraucht. Beide Begriffe sind wertend und daher für sachliche Aussagen nicht geeignet. Besser ist es darum, einfach von „evangelischen Christen“ zu sprechen. Was sind liberale Christen?
Im frühen 19. Jahrhundert gab es in der kirchengeschichtlichen Entwicklung einen entscheidenden Bruch zwischen Christen. Auf der einen Seite stehen diejenigen, welche die Tatsache der Auferstehung von Jesus-Christus in Frage stellten und in Jesus nicht mehr Gottes Sohn, sondern vor allem einen Philanthrop und Wohltäter sahen. Diese bezeichnete man als liberal. Auf der anderen Seite standen Christen, die an der Tatsache der Auferstehung festhielten und ihr Leben an diesem zentralen Glauben ausrichten wollten. Zwischen den liberal und den zentraler evangelisch glaubenden Christen kann es manchmal zu Konflikten kommen wie beispielsweise in der reformierten Kirchgemeinde Eglisau vor einigen Jahren. In den reformierten Landeskirchen bestehen normalerweise beide Richtungen nebeneinander. Was ist die Evangelische Allianz? Die Evangelische Allianz ist eine weltweite Bewegung von Christen, die sich der Strömung des theologisch liberalen Christentums entgegenstellten und sich zu den zentralen christlichen Aussagen über die Auferstehung von Jesus, zum Versöhnungswerk von Jesus Christus, zur göttlichen Inspiration der Bibel bekennen. Die Evangelische Allianz wurde 1846 in London gegründet und hat sich weltweit verbreitet. Mit der Allianz verbunden sind Christen, die den evangelischen Glauben bewusst leben wollen und sich auch öffentlich dazu bekennen. Die Grundsätze des evangelischen Glaubens sind in einem Bekenntnis formuliert. In der evangelischen Allianz arbeiten Christen aus verschiedenen Denominationen zusammen. Was ist eine Freikirche? Eine Freikirche ist eine Gemeinschaft von Christen, welche im Unterschied zu den Landeskirchen keine staatliche Unterstützung erhält. Freikirchen sind privatrechtlich als Vereine organisiert. Viele örtliche Freikirchen gehören zu grösseren nationalen und internationalen Verbänden, den sogenannten „Denominationen“. Beispiele von freikirchlichen Denominationen sind die Baptisten, die Freie Evangelische Gemeinde (FEG), die Methodisten, die Chrischona-Gemeinden, die Pfingstgemeinden, die BewegungPlus etc. Glauben Christen in Freikirchen etwas anderes als Landeskirchliche Christen? In den Grundfragen des evangelischen Glaubens stimmen Christen aus Freikirchen mit den Lehren der Landeskirchen überein. Die Trennung sehen sie meist dort, wo die Auferstehung von Jesus Christus als historische Tatsache abgelehnt wird. Diese „liberalen“ Christen bilden einen wichtigen Flügel der Landeskirchen. Man findet sie aber kaum in den Freikirchen. An der katholischen Kirche bemängeln freikirchliche Christen das Amtsverständnis, das den Papst als Vermittler zwischen den Menschen und Gott darstellt. Eine Schwierigkeit für die Freikirchen und Reformierten ist auch der Anspruch der römisch-katholischen Kirche, die einzig wahre Kirche zu sein. Gibt es zwischen den Freikirchen und den Landeskirchen Beziehungen? Ja, es gibt viele Beziehungen, sowohl auf persönlicher Ebene, wo sich Christen aus allen Denominationen treffen als auch auf institutioneller Ebene, wo regelmässig Gespräche stattfinden. In der Evangelischen Allianz verbinden sich an vielen Orten Freikirchen und Landeskirchen und führen auch gemeinsam Anlässe durch. Rund 1/5 der Mitgleds-Gemeinden der Evangelischen Allianz sind reformierte Landeskirchen. Warum beten Christen?
Beten ist für Christen das Gespräch mit Gott. Im Gebet drücken sie ihr Vertrauen auf Gott aus. Sie sind überzeugt, dass Gott das Gespräch mit ihnen sucht und dass er ihnen Antworten auf ihre Fragen gibt. Sie danken Gott für seine Güte und bitten für ihre Glaubensgeschwister und für Menschen, die in Not sind. Wie wirken evangelische Christen in der Gesellschaft? Viele evangelische Christen beteiligen sich aktiv an gesellschaftlichen Fragen. Ein besonderes Interesse zeigen sie in Fragen des Lebensschutzes, der Menschenrechte (Meinungs- und Religionsfreiheit), der sozialen Gerechtigkeit im In- und Ausland sowie der Erziehung von Kindern (Familie, Schule). Viele kirchliche Gemeinschaften organisieren sozialdiakonische Dienste oder unterstützen sozialdiakonisch tätige Organisationen. Viele sozialdiakonische Einrichtungen funktionieren in enger Zusammenarbeit mit den Behörden der politischen Gemeinden oder der Kantone. Sind evangelische Christen missionarisch? Zum Glaubensverständnis der evangelischen Christen gehört der Auftrag, andere Menschen über die „frohe Botschaft“ zu informieren und ihnen das Evangelium zu verkünden. Dies soll nicht nur in der Kirche, sondern auch im Alltag geschehen. Es geht ihnen aber nicht darum, andere Menschen ideologisch umzupolen, zu manipulieren oder mit unfairen Mitteln zu beeinflussen. Es ist für sie immer Gott allein, der einen Menschen verändern kann. Evangelische Christen plädieren aber für das Recht, für den christlichen Glauben zu werben und das Evangelium auch in der Öffentlichkeit mit friedlichen Mitteln verkündigen zu dürfen. Verwerfen evangelische Christen die Evolutionslehre? Für die meisten evangelischen Christen ist die Lehre der Evolution eine wissenschaftlich nicht wirklich geklärte Theorie. Auch dem Kreationismus, der Schöpfungslehre, fehlt letztlich die wissenschaftliche Klärung. Christen sind aber davon überzeugt, dass nur Gott etwas so Gewaltiges schaffen kann, wie das Universum und die Welt, in der wir leben. Wo die Evolutionstheorie der Schöpfungstheorie direkt widerspricht, sind sie kritisch. Einige Christen halten wörtlich an der biblischen Schöpfungsgeschichte fest, andere sehen darin eher ein Bild, das die Grundprinzipien der Entstehung der Welt beschreibt. Wie viele evangelische Christen gibt es? Die Schweizerische Evangelische Allianz geht davon aus, dass in der Schweiz etwa 5-10 Prozent der Bevölkerung Christen sind, die im oben erwähnten Sinne evangelisch glauben. Etwa 250‘000 Christen haben eine Nähe zur Evangelischen Allianz. Solche Zahlen sind aber sehr schwer zu ermitteln. Sie unterliegen dauernden Veränderungen und die Evangelische Allianz nimmt auch keine Abgrenzungen oder Ausgrenzungen vor, wer nun dazu gehört oder nicht. Weltweit wird die Zahl der allianznahen Christen auf 420 Millionen geschätzt. Und die anderen Christen? Durch das System der Landeskirchen gehören viele Einwohner der Schweiz automatisch zu einer Kirchengemeinschaft (reformierte Kirche, römisch-katholische Kirche, christkatholische Kirche). Sie werden damit als „Christen“ bezeichnet, ohne sich je aktiv darum beworben zu haben. Es wäre vielleicht ehrlicher, diese Menschen nicht als evangelische Christen zu bezeichnen. Die Evangelische
Allianz lädt alle Menschen ein, sich über ihre Glaubenseinstellung Gedanken zu machen und nicht nur „Papierchristen“ zu bleiben, sondern auch mit Überzeugung Christen zu werden. Ein solcher Entscheid ist immer eine Abmachung zwischen dem Individuum und Gott. Er impliziert keine Verpflichtungen gegenüber anderen Menschen oder kirchlichen Gemeinschaften.
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