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FUNKTIONALITÄT BEI ZWÄNGEN – EINE SICHERE TATSACHE?
JAHRESTAGUNG DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT ZWANGSERKRANKUNGEN 25./26.09.2015, PRIEN AM CHIEMSEE
Dipl.-Psych. Thomas Hillebrand, Münster
Überblick 1. Fallbeispiel 2. Unterscheidung kausale und teleologische Erklärungen 3. Argumente für die Funktionalitätshypothese 4. Voraussetzungen für funktionales Verhalten 5. Konsequenzen aus der Funktionalitätshypothese für die Therapie von Zwangsstörungen
Fallbeispiel Herr L.
Erstvorstellung im März 2010, Alter: 20 Jahre Aufgewachsen in sehr religiöser Familie 5 Geschwister, er ist der Älteste Hoher Wert: Familienzusammenhalt Sehr guter Schüler, überspringt in Grundschule und Gymnasium je ein Schuljahr Abitur mit 17, Durchschnitt 1,0 Bei Ausbruch der Zwangsstörung: Bachelorarbeit
Fallbeispiel Herr L.
Befürchtung, sich mit Bakterien und Keimen anzustecken Plötzlicher und massiver Ausbruch der Kontaminationsideen, zu Beginn hoch ich-synthon Hände und Gesicht (auch durch ein Ekzem) auffällig gerötet Ambulante Behandlung aufgrund der Intensität nicht möglich, stationärer Aufenthalt erfolgt Der Aufenthalt wird frühzeitig von ihm abgebrochen Nach dem ersten Aufenthalt dennoch Symptomreduktion, es folgen nun auch ambulante Expositionsübungen Fertigstellung der Bachelorarbeit gelingt
Beispiel Abschlussbericht Herr L.
„Eine Funktionalität der Zwänge lässt sich im Gesamtkontext des familiären Systems vermuten: der erste Schritt in eine beginnende berufliche (und weitere persönliche) Autonomie mit erheblichen Erwartungen und Aufgaben und damit die Loslösung vom Elternhaus scheint durch die bestehende Zwangssymptomatik verhindert zu werden.“
Funktionale Sichtweise:
Die Zwangssymptomatik verfolgt das Ziel, sich den Anforderungen des Lebens nicht zu stellen. Der Zwang hilft dem Patienten, das Elternhaus nicht verlassen zu müssen.
Alternativformulierung: Effekt
Intensität und Umfang der Zwangssymptomatik machen dem Patienten eine altersgerechte Bewältigung anstehender Lebensaufgaben zur Zeit nicht möglich. Eine Loslösung vom Elternhaus wird verhindert.
Zwei Formen der funktionalen Erklärungen
Intrapsychisch
Interaktionellsystembezogen
Die Person hat einen persönlich erlebten Nutzen
Die Person hat einen Nutzen in der Interaktion mit dem sozialen Umfeld
Külz et al. (2011): Analyse von Abschlußberichten
Funktion oder Effekt?
Vermeidung der Bewältigung altersgerechter Lebensaufgaben Vermeidung der Loslösung vom Elternhaus
Funktion soll mit Hilfe der Zwangsstörung erreicht werden
Vermeidung der Bewältigung altersgerechter Lebensaufgaben Vermeidung der Loslösung vom Elternhaus
Zwangsstörung
Effekt
Zwangsstörung
verursacht
Vermeidung der Bewältigung altersgerechter Lebensaufgaben Vermeidung der Loslösung vom Elternhaus
Funktion oder Effekt? soll mit Hilfe der Zwangsstörung erreicht werden
Zwangsstörung
verursacht
Vermeidung der Bewältigung altersgerechter Lebensaufgaben Vermeidung der Loslösung vom Elternhaus
Zwangsstörung
Funktion oder Effekt? soll mit Hilfe der Zwangsstörung erreicht werden
Zwangsstörung
verursacht
Vermeidung der Bewältigung altersgerechter Lebensaufgaben Vermeidung der Loslösung vom Elternhaus
Zwangsstörung
Funktion oder Effekt? soll mit Hilfe der Muskeldystrophie erreicht werden
Muskeldystrophie
verursacht
Vermeidung der Bewältigung altersgerechter Lebensaufgaben Vermeidung der Loslösung vom Elternhaus
Muskeldystrophie
Unterscheidung kausale und teleologische Erklärungen Kausale Erklärungen: Vorausgehende Ursachen bewirken ein Verhalten „Weil ich bedroht werde, habe ich Angst.“ (auch: deduktiv-nomologische Erklärung, weil sie aus Gesetzen (Nomologien) abgeleitet werden. (Hempel, 1977))
Unterscheidung kausale und teleologische Erklärungen Teleologische Erklärungen: Das Erreichen eines Ziels bewirkt ein Verhalten „Er lief, weil er den Zug erreichen wollte.“ Der Begriff Teleologie (Telos = Ziel) wird in der Regel durch den Begriff Funktionalität ersetzt.
Wissenschaftstheoretische Diskussion der beiden Erklärungsformen
v. Wright, G.H. (1971): Explanation and Understanding Beckermann, A. (1978): Intentionale versus kausale Handlungserklärungen. Zur logischen Struktur intentionaler Erklärungen. Hempel, C.G. (1977) Aspekte wissenschaftlicher Erklärungen Cummins, R. (1975) Functional Analysis
3. Argumente für die Funktionalitätshypothese 3.1 „Wenn nichts mehr hilft…“ „Das Zwangsverhalten bleibt trotz intensiver Therapie bestehen. Die Funktionalität wurde noch nicht (hinreichend) behandelt.“ Ein häufig genanntes Argument, das aber suggeriert, dass das Zwangsverhalten per se zum Verschwinden gebracht werden kann, wenn besagte Funktionalität erkannt und behoben wurde. Können wir das so sagen? Was sagt die Erfahrung? Zwänge haben eine deutliche Tendenz zur Hartnäckigkeit und Persistenz. Wurde in all diesen Fällen nur die Funktionalität nicht erkannt? Wunsch nach Erklärung für den unbefriedigenden Zustand der Symptompersistenz.
3. Argumente für die Funktionalitätshypothese 3.2 „Bei Patient X hat die Bearbeitung der Funktionalität eine Besserung bewirkt.“ Die Argumentation über Einzelfälle ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht belastbar. Das verhaltenstherapeutische Wissenschaftverständnis legte immer großen Wert darauf, ihre Theorien und Therapieansätze in kontrollierten Gruppenvergleichsstudien zu überprüfen. Im Fall der Funktionalität blieb dies bislang aus.
3. Argumente für die Funktionalitätshypothese 3.3 „Die herausgearbeitete Funktionalität macht Sinn.“ Die Funktionalitätshypothese ist in diesem Fall plausibel. Ob sie Realität abbildet oder nicht, kann aus der Plausibilität nicht abgeleitet werden.
3. Argumente für die Funktionalitätshypothese 3.4 „Die kurzfristige Funktionalität steht doch außer Frage.“ Kurzfristig erreicht der Patient mit seinem Zwangssymptom in der Tat ein ihm sehr wichtiges Ziel, die Reduktion von intensiven, aversiv erlebten Gefühlen wie Angst, Schuld, Ekel oder Anspannung. Diese Funktion des Zwangsverhaltens ist dem Patienten bewusst.
3. Argumente für die Funktionalitätshypothese 3.5 „Wir arbeiten damit erfolgreich in der Paar- und Familientherapie.“ Hier werden positive Erfahrungen mit einem systemischfunktionalem Verständnis von problemhaften Interaktionen in Familien oder bei Paaren auf die Erklärung von Zwangssymptomen übertragen. Fraglich ist, ob dieser Analogieschluss zulässig ist.
4. Voraussetzungen für Funktionalität
Handlungen
Bewußtheit
Nicht-Bewußtheit
4. Voraussetzungen für Funktionalität Handlungen Teleologische Erklärungen: „Ihr Gegenstand sind Handlungen – „nicht als bloße Reaktionen verstandene Verhaltensweisen. Letztere wären wissenschaftstheoretisch als Ereignisse einzustufen“ (Lieb, 2010 S. 367) Frage: Ist die Zwangssymptomatik eine Handlung oder ein Verhalten?
Lieb (2010): „Die teleologische Funktion eines Verhaltens (…) ist eine Relation zwischen handelndem Verhalten auf der einen Seite und Verhaltensziel auf der anderen Seite. Mit dieser Relation macht sie Verhalten zu Handlungen.“
4. Voraussetzungen für Funktionalität Handlungen Mit dem Finden eines Sinnes oder einer Bedeutung des Symptomverhaltens wird aus dem Verhalten eine Handlung! Das Finden eines Sinnes wird nun zum Beleg für die Existenz des Sinnes, der Existenz der Funktionalität! Das ist eine Zirkeldefinition. Das Finden eines Sinnes ist zunächst: Ausdruck eines dem Menschen impliziten Wunsches nach Kohärenz und Stimmigkeit Ausdruck einer kreativen und intellektuellen Leistung Plausibilität ist hier das zentrale Qualitätskriterium Aber: Plausibilität ist das Katzengold der Erkenntnis…
4. Voraussetzungen für Funktionalität Bewusstheit Bewusstheit: liegt eine Absicht vor? Beispiel: „Er läuft, um den Bus zu erreichen.“ Hier liegt eine Absicht vor, die die agierende Person bestätigen kann. Bewusstheit als Voraussetzung für zielorientiertes Verhalten?
4. Voraussetzungen für Funktionalität Bewusstheit „Ein Verhalten, das eine echte teleologische Erklärung besitzt, könnte Handlungs-ähnlich genannt werden. Handlungen,(…) weisen im Normalfall zwei Aspekte auf: einen „inneren“ und einen „äußeren“. Der erste ist die Intentionalität der Handlung, die Intention oder der Wille „hinter“ ihrer äußeren Manifestation.“ (Wright, 1971)
4. Voraussetzungen für Funktionalität – Nicht-Bewusstheit Lieb (2010): „Teleologische Erklärungen verlieren nicht ihre Gültigkeit, wenn man subbewusste, nichtbewusste oder unbewusste Funktionen annimmt.“ Steigerung: „Für manche Symptom-Funktionen ist es sogar eine Bedingung ihrer Aufrechterhaltung, dass sie im Zustand der Nicht-Bewusstheit bleiben, weil sie bei Bewusstwerdung ihre Funktion nicht mehr wie bisher erfüllen können.“ Hand(2008): „gewusste und nicht-gewusste Intention“
4. Voraussetzungen für Funktionalität – Nicht-Bewusstheit
Die Öffnung der teleologischen Erklärung auch für unbewusste Prozesse, birgt die Gefahr der Spekulation. aus dem unbestrittenen Effekt von Zwangssymptomen wird eine kausale Beziehung im teleologischen Sinne konstruiert, deren Existenz nicht belegbar ist. Der Patient weiß nichts davon („unbewusst“). Der Therapeut als Beobachter registriert die Folgen und legt gemäß seiner Annahme eines teleologischen Konstruktes die Kausalität hinein. Das Finden von Sinnhaftigkeit auf der Grundlage plausibler Zusammenhänge ist hierbei das einzige „Wahrheitskriterium“. Offen bleibt, ob es wirklich so ist.
Kernfrage: „Opfer einer Erkrankung“ oder „Erfinder seines Symptoms?“ Zwangsverhalten stabiler, in-sich-geschlossener pathologischer Prozess mit hoher neurobiologischer Beteiligung („Ereignis“)
Handlung, die relativ disponibel und quasi willensabhängig erscheint
„Opfer einer Erkrankung“
„Erfinder seines Symptoms“
Kernfrage: Opfer einer Erkrankung oder Erfinder seines Symptoms? Welche Krankheiten „unterliegen“ nicht mehr der Funktionalität, da sie „im Kern Ausdruck rein somatischer Prozesse sind…“ (Lieb, 2010)
„Dann ist es weder ethisch noch klinisch noch wissenschaftlich vertretbar, diesen Phänomenen teleologisch Intention oder interaktionellen Sinn und Zweck zu unterstellen.“ (Lieb, 2010)
Kernfrage: Opfer einer Erkrankung oder Erfinder seines Symptoms?
Krebs? Diabetes? Bluthochdruck? Epileptische Anfälle? Parkinson? Demenz? Psychosen? ADHS? Zwangsstörung?
Fallbeispiel Waschzwang Ein 14jähriger war seit mindestens vier Jahren durch ein ausgedehntes abendliches Ritual im Bad eingeschränkt, das sich über mehrere Stunden hinzog und von der Familie als „Waschzwang“ bezeichnet wurde. Die aufgescheuerten Hände zeugten von extensivem Waschen, aber es blieb unklar, ob dies seine einzige Betätigung war. Versuchten die Eltern ihn zu kontrollieren, indem sie das Bad betraten, sah er sich „gezwungen“, wieder von vorne zu beginnen, so das sich das Ritual bis weit nach Mitternacht hinzog und die Eltern auf entsprechende weitere Maßnahmen verzichteten. Auf das Bad-Ritual folgte dann ein Ordnungsritual im Zimmer, das ebenfalls nicht unterbrochen werden „durfte“. Beides wiederum führte dazu, dass der Patient morgens oft unausgeschlafen war, den Schulbus nur mit Mühe oder gar nicht erreichte und von einem Elternteil gefahren werden musste. (Reich, 2008)
Funktionale Sichtweise: Die Effekte seines Zwangsverhaltens werden zu einer Funktion. Es entsteht das Konstrukt, dass er seinen Zwang ausführe, um die Familie zu kontrollieren.
Die alternative Sichtweise:
Der Patient leidet unter einer Zwangsstörung, die seine bewusste Handlungssteuerung ausschaltet. Ausufernde Alarmreaktionen (Amygdala) Unvollständigkeitsgefühle eine intensiv gefühlte Überzeugung von lebensbedrohlicher Kontaminationsgefahr, engen den Handlungsfokus auf die Wiederholung des Waschrituals ein. Die Auswirkung auf das Umfeld, das durchaus gereizt und ablehnend reagiert, wird wahrgenommen, ist aber für die Überlebensinformation „Kontamination rückgängig machen“ nur von nebensächlicher Bedeutung.
5. Konsequenzen für die Therapie Prämissen, die aus der Funktionalitätshypothese für die Therapie von Zwangsstörungen abgeleitet werden:
1. Die Zwangssymptomatik ist ein Ersatz für adäquates zielführendes Verhalten. 2. Die Therapie vermittelt diese Verhaltensalternativen, um das Ziel zu erreichen. 3. Wird das Ziel auf geeignete Weise erreicht, wird das Zwangsverhalten überflüssig. 4. Bleibt das Zwangsverhalten bestehen, wurde das alternative Verhalten noch nicht gelernt.
5. Konsequenzen für die Therapie Erklärung der Symptomatik: Funktionale Sichtweise fördert die Sinnfindung. Eine sinnvolle Erklärung für ihr Zwangsverhalten zu finden, ist ein wichtiges Bedürfnis der Patienten. Diesem Bedürfnis kann die funktionale Sichtweise nachkommen. Ob der Zusammenhang tatsächlich existiert oder nur plausibel ist, ist zweitrangig.
5. Konsequenzen für die Therapie Reduktion der Symptomatik:
Aus der Funktionalitätshypothese abgeleitete Interventionsansätze fokussieren in der Regel auf durchaus existente Defizite des Patienten, z.B. „Schwierigkeiten in der Regulierung von Nähe und Distanz, soziale Ängste, mangelnde Durchsetzungsfähigkeit“ und sind damit im Sinne der allgemeinen Therapieziele per se sinnvoll. Offen bleibt, ob dadurch auch eine signifikante Reduktion der Zwangssymptomatik erreicht wird. Die Beschreibung von Einzelfällen, in denen dieses beobachtet wurde, kann diese Frage in wissenschaftlicher Hinsicht nicht beantworten. Kontrollierte Studien, die den Einfluss der Funktionalitätsbearbeitung auf eine Symptomreduktion systematisch untersuchen, stehen noch aus.
5. Konsequenzen für die Therapie Reduktion der Symptomatik bleibt aus: Die Bearbeitung der Defizite ist per se sinnvoll und damit auch für den Patienten nützlich. Erweist sich die Funktionalitätshypothese als unzutreffend, wird sich die Zwangssymptomatik dadurch nicht reduzieren. Behandler und Patient sind enttäuscht und Erklärungen für die Symptompersistenz könnten lauten:
5. Konsequenzen für die Therapie Reduktion der Symptomatik bleibt aus: „Wir haben die richtige Funktionalität noch nicht erkannt.“ Der Therapeut zweifelt an seinen Fähigkeiten und ist frustriert, die Suche geht weiter.
5. Konsequenzen für die Therapie Reduktion der Symptomatik bleibt aus: „Der Patient hat seine Funktionalitäten noch nicht richtig bearbeitet.“ Der „schwarze Peter“ liegt nun beim Patienten. Dies ist vom Therapeuten gar nicht beabsichtigt, ergibt sich aber aus der Vorhersage des Funktionalitätsmodells und fällt dem Patienten nun vor die Füße. Auch der Patient ist frustriert und hält sich zusätzlich an seiner Misere mitschuldig.
5. Konsequenzen für die Therapie Reduktion der Symptomatik bleibt aus: Mein Eindruck ist, dass sich manche Patienten unverstanden fühlen und bei zu starker Fokussierung auf die Funktionalitätshypothese die TherapeutPatient-Beziehung leiden kann und damit die Basis für eine weitere Zusammenarbeit schwindet.
Wann wirkt sich die Funktionalitätshypothese nachteilig aus? wenn dem Patienten das Modell übergestülpt wird und sich die therapeutische Beziehung verschlechtert wenn sie den Blick auf das Symptom an sich versperrt und die Beeinträchtigung dadurch vom Therapeuten nicht verstanden wird. Der Patient bekommt den Eindruck einer „Bagatellisierung“ des Symptoms als Mittel zum Zweck. wenn phänomenologische Aspekte des Symptoms an sich aus dem Blickfeld geraten – Beispiel: Unvollständigkeitsgefühl: Das genaue Hinhören, was der Patient berichtet, machte eine Annäherung an diesen Aspekt möglich.
Doch wie dann die Symptompersistenz erklären?
Der Blick geht in Richtung Symptom selbst. Die Hypothese lautet:
Das Zwangsverhalten steht nicht für etwas anderes, ist kein Symptom für etwas „Tieferliegendes“, sondern es ist das Problem selbst.
Beispiel Waschzwang
Wie soll ein Mensch reagieren, wenn Sinneseindrücke so verzerrt werden, dass aus dem roten Filzschreiberpunkt auf der Flipchart HIV-verseuchtes Blut wird, wenn die „Flecken, die ich mir nur einbilde, die Schlimmsten“ sind. Hier rücken Prozesse in den Fokus, bei denen es um semantische Netzwerke in Verbindung mit existentieller Angst geht. Hier ist noch offen, warum gerade Kontaminationsideen derart stabil sein können, dass sie dem Betroffenen quasi eine zweite Realität vorgaukeln.
Beispiel Kontrollzwang
Wie soll ein Mensch reagieren, wenn er genau weiß, dass er den Herd ausgeschaltet hat, sich aber ein Gefühl von Gewissheit partout nicht einstellen will. Er kontrolliert wieder und wieder, bis seine Sinne schwindelig werden und sich das Gefühl von Gewissheit immer weiter entfernt. Was ihm fehlt, ist ein Vollständigkeitsgefühl.
Beispiel Zwangsgedanken
Wie soll ein Mensch reagieren, der beim Anblick seines neugeborenen Kindes von dem Gedanken durchdrungen wird, dieses mit dem Kissen ersticken zu wollen. Obwohl dies gar nicht seiner Absicht entspricht, flößt dieser Gedanke unmittelbar eine massive Angst, ja Panik ein, die den Betroffenen plötzlich und existentiell an seinem Selbst zweifeln lässt. Diese Gedanken sind in ihrem Auftreten so penetrant, intensiv, klar und prägnant, dass sie m. E. zwar inhaltlich mit den häufig untersuchten Gedanken „normaler Menschen“ übereinstimmen, in ihrer Qualität aber nicht vergleichbar sind. Hier könnte eine Hypothese lauten, dass eine noch nicht näher bestimmte neuronale Dysfunktion zu dieser Enthemmung extrem negativ aufgeladener semantischer Inhalte führt.
Ein integratives Modell
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Funktionalität Biologie +
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Ein integratives Modell
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Funktionalität Biologie +
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Ein integratives Modell
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Funktionalität Biologie +
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Ein integratives Modell
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Funktionalität Biologie +
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Fazit
Die Erarbeitung der Folgen und Auswirkungen der Zwangssymptomatik auf das Selbst- und Welterleben des Patienten ist ein unverzichtbarer Teil der Therapie.
Mein Vorschlag lautet, die Funktionalität von Zwängen nicht als Fakt darzustellen, sondern das Modell als solches zu kennzeichnen, so dass es auch ohne Verluste wieder verlassen werden kann.
Empirische Studien sind dringend erforderlich, um den Einfluss der Funktionalität deutlicher erfassen zu können.
Z.B.: Kontrollierte Studie mit den Gruppen: Bearbeitung der Funktionalität vs. Keine Bearbeitung der Funktionalität
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!