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08. Juli 2015 Seite: 12
Autor: Christina Neuhaus Neue Zürcher Zeitung 8021 Zürich tel. 044 258 11 11 www.nzz.ch
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Geschichte einer Zerstörung Der Zürcher Heimatschutz prangert am Beispiel eines dem
Was droht Eigentümern, wenn sie denkmalgeschützte Häuser vorsätzlich verlottern lassen? Praktisch nichts, klagt der Zürcher Heimatschutz. De facto würden sie sogar belohnt. Christina Neuhaus Martin Kilias ist der sechste Präsident des Zürcher Heimatschutzes, der sich mit dem Schicksal der Liegenschaft Fröschegrueb in Regensdorf befasst. Das sagt zwar einiges über die schnelle Frequenz personeller Wechsel an der Spitze der altehrwürdigen Institution aus, verdeutlicht aber auch das Ausmass, das der Rechtsstreit um das Gebäude mittlerweile angenommen hat.
Jahrelanges Gezerre Das 1559 erbaute Bauernhaus ist eine der ältesten Liegenschaften der Gemeinde. 1989 wurde das später als Handwerkerhaus genutzte Gebäude in das kommunale Inventar der Heimat und Denkmalschutzobjekte aufgenommen. Wegen seiner siedlungsgeschichtlichen Bedeutung kommt ihm der Rang eines regionalen Denkmals zu. Heute präsentiert sich das Haus allerdings in einem traurigen Zustand. Eine Ecke ist eingestürzt, die Fenster sind blind, die Balken morsch, und aus dem ' Dach ragen Bauprofilstangen. Der Eigentümer möchte grosse Teile des Ensembles, zu dem auch eine Scheune und ein Nachbarhaus gehören, ersetzen: Geplant ist ein Neubau samt Tiefgarage, der dem historischen Gebäude «optisch sehr nahekommt». Ein Gesuch für das Projekt ist bereits eingereicht, der Hei-
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Zerfall preisgegebenen Bauernhauses in Regensdorf Behördenversagen
matschutz hat dagegen Rekurs erhoben. Zudem hat er am letzten Freitag eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Gemeinderat von Regensdorf eingereicht. Dies, weil die Behörde den Schutz der Liegenschaft jahrelang vernachlässigt und trotz rechtskräftiger Unterschutzstellung des Gebäudes mehrfach dessen Abbruch bewilligt habe. Tatsächlich liest sich die jüngste Geschichte des Hauses wie ein bauhistorisches Trauerspiel: Noch 2003 hatte die Gemeinde dem ursprünglichen Besitzer den Abbruch verweigert und diesen zum Unterhalt der Liegenschaft verpflichtet. Dies erboste diesen so sehr, dass er zwei Jahre danach zum Hammer griff und einen Kachelofen aus dem 18. Jahrhundert zertrümmerte. Der Gemeinderat erwog nun, die Liegenschaft zu kaufen und aus ihr ein Ortsmuseum zu machen. Weil die Gemeinde zu wenig geboten hatte, verkaufte der damalige Besitzer an den heutigen Eigentümer, einen bauwilligen Architekten. Dieser wiederum brachte den Gemeinderat mit viel Überzeugungsarbeit dazu, das Gebäude aus dem Schutz zu entlassen, wogegen der Heimatschutz Beschwerde bei der Baurekurskommission einlegte. Diese bestätigte 2008 die Schutzwürdigkeit und rügte Besitzer und Gemeinde deutlich. Seither hat das Gezerre um das Schicksal des Hauses allerdings mehrere weitere Wendungen genommen. Im Dezember 2012 bewilligt der Gemeinderat erneut den Abbruch des Gebäudes, obwohl der Schutzentscheid der Baurekurskommission noch rechtsgültig ist. Der neue Besitzer hatte sich bereit erklärt, einige kleinere Schutzmassnahmen im Gebäudeensemble zu treffen, worauf die Behörde die Schutz-
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verfügung durch einen Schutzvertrag ersetzte. Parallel dazu gab der Gemeinderat ein Privatgutachten in Auftrag, das zum Schluss kam, der Zerfallsprozess des Hauses habe schon vor dem Jahr 1700 begonnen und könne nicht dem Eigentümer angelastet werden. Dieser Lesart hat der neue Heimatschutzpräsident Martin Kilias an einer Ortsbegehung am Dienstag allerdings eine deutliche Abfuhr erteilt. Kilias fragte sich laut, ob der Einsturz der Hausecke nicht absichtlich herbeigeführt worden sei, und sprach gar von Sägespuren. Für den renommierten Strafrechtler ist das Schicksal der «Fröschegrueb» ein Paradebeispiel dafür, dass sich Rechtsmissbrauch lohnen kann. Strafrechtlich sei die Folgenlosigkeit garantiert, sagte er. Der Statthalter habe gar befunden, dass eine Bestrafung des Eigentümers gegen den Grundsatz «Keine Strafe ohne Gesetz» verstossen würde. Dies, weil die Unterhaltspflicht im Planungs- und Baugesetz nicht klar genug geregelt sei. Der Heimatschutz, so Kilias, werde sich deshalb weiterhin mit allen Mitteln gegen den Abbruch wehren. Denn werde das Haus abgebrochen, sei die Lehre ernüchternd: Wer baufällige Häuser kaufe, um sie vorsätzlich verlottern zu lassen, werde am Ende mit einer Baubewilligung und erklecklichem Mehrwert belohnt.
Ein «Schandfleck» So hehr die Absicht des Heimatschutzes auch sein mag: In Regensberg geniesst die Institution mit dieser Haltung nicht mehr viele Sympathien. Die Bewohner haben den Anblick der verlotterten Liegenschaft satt: Der Schandfleck gehöre endlich abgerissen, sagen sie.
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