Transcript
Bildung 59
■ BAUERNBLATT | 19. Dezember 2015
Wie vermehren sich Meerforellen?
Grundschüler begleiten nachhaltiges Fischprojekt Fische keschern, messen und abstreifen – es war ein erlebnisreicher Tag für die Viertklässler der Richard-Vosgerau-Schule aus Eckernförde in der Fischbrutanstalt Alt Mühlendorf. Vor Ort gingen sie mit Meerforellen auf regelrechte Tuchfühlung. Albrecht Hahn, Berater für Binnenfischerei und Teichwirtschaft bei der Landwirtschaftskammer, erklärte und zeigte den Kindern, wie Meerforellen künstlich vermehrt werden. In der Anlage, die dem Verband der Binnenfischer und Teichwirte in Schleswig-Holstein gehört und von Albrecht Hahn geleitet wird, versucht man, das Reproduktionsdefizit verschiedener Fischarten auszugleichen. Begeistert halfen die Schüler beim Abstreifen der Fische und stellten Fragen zur Vermehrung. Bereits 2014 war die Initiative „Wasser ist Leben – der Lachsenbach“ an der Borbyer Grundschule gestartet. Ziel der Aktion ist die Wiederansiedlung der Meerforelle im nahe gelegenen Bach. Gefördert wird das Vorhaben im Rahmen der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Für die Kinder standen die Fische gleich zu Beginn des Geschehens im Mittelpunkt. Vor den Fischbehältern stehend, schauten sich die Kinder unterschiedlich große Meerforellen an, kescherten sie
und sortierten sie anschließend nach männlichen und weiblichen Forellen. Die Jungen und Mädchen durften mit den Händen die Fische messen, sortieren und abstreifen. Wissbegierig hörten sie Albrecht Hahn zu, wie das Fortpflanzen der Tiere funktioniert. Einige trauten sich sogar, die Fische zu berühren und Fischeier und Sperma zur Besamung zu vermischen – begeistert zu erfahren, dass daraus neues Leben Die Grundschüler der Richard-Vosgerau-Schule aus Eckernförde unterstützen die Fischwirte Albrecht Hahn (li.) und David Ranke (r.) beim Abfischen. entsteht.
Forellen laichen im November Die Meerforellen zieht es im Herbst zum Laichen ins Süßwasser, das signalisiert für die Fischfachleute den Anfang der Saison. Mithilfe eines Elektrofischereigerätes entnimmt Albrecht Hahn in dieser Zeit auf schonende Art ei-
Durch sanften Druck der Schülerin Sarina Haß gibt die Meerforelle ihre Eier (Rogen) ab. Je nach Fischart gibt es zwischen 3.000 und 300.000 Eier pro Kilogramm Lebendgewicht. Die roten Eier deuten auf carotinhaltige Nahrung der Forelle. Gelbliche Eier sind ein Zeichen für eine fischreiche Ernährung. Die Farben sagen allerdings nichts über die Qualität aus.
nen Teil der Elterntiere aus Bächen und Flüssen in Schleswig-Holstein, um ihnen die Eier (Rogen) und das Sperma (Milch) abzustreifen. Unterstützt wird er dabei meist von Angelvereinen oder Berufsfischern. Hat er alle Fische im Netz, geht der Fang in die verschiedenen Hälterbecken der Fischbrutanstalt nach Alt Mühlendorf, nahe dem Naturpark Westensee. Sobald die Meerforellen laichreif sind, wird die künstliche Vermehrung eingeleitet. Hat er die Eier und Spermien vereint, werden die befruchteten Eier mit Wasser klar gespült, in einen Brutschrank gelegt und mit gefiltertem Wasser durchströmt. Geschützt unter optimalen Bedingungen überleben zirka 80 bis 90 % der Fische, die zirka 90 bis 120 Tage später für millionenfachen Nachwuchs sorgen. Laut Albrecht Hahn müssen Frischwasser, Sauerstoff und die Temperatur für die Erzeugung gesunder, kräftiger Brütlinge von rund 2 cm Länge genauestens abgestimmt sein. In 10.000 bis 15.000 Stück werden die Brütlinge abgewogen und „verpackt“. Vier bis sechs Wochen nach dem Schlüpfen werden die kleinen Meerforellen im Frühjahr in ihren heimischen Gewässern ausgesetzt. Rund 1,5 Millionen Eier der in die Nord-und Ostsee ziehenden Forel-
len werden in Alt Mühlendorf jährlich erbrütet. Bereits 1877 gründeten Kaufleute und Landwirte die Fischbrutanstalt in Alt Mühlendorf. Gleichzeitig entstand der Zentral Fischereiverein Schleswig-Holstein als Träger der Institution. Die Größe und Technik der Anlage haben sich im Laufe der Jahre verändert, die Tätigkeit an sich ist hingegen unverändert. Seit nunmehr 31 Jahren vermehrt Albrecht Hahn dort Forelle, Schnäpel, Maräne und andere Fischarten.
Ein Beitrag zum Artenschutz Ohne diese Arbeit hätten einige Fischarten nur noch eine geringe Überlebenschance. Vor der Gründung Alt Mühlendorfs mussten die Natur und damit auch die Fischereitreibenden zusehen, wie vor allem heimische Wanderfischarten immer weniger wurden, denn die sich ausbreitende Industrialisierung hatte enorme Auswirkungen auf die Gewässer. In der natürlichen Fortpflanzung verhindern vor allem menschliche Bausünden die Vermehrung. Durch entstandene Wasserkraftwerke hatten es Wanderfische wie die Meerforellen und Lachse schwer, ihre Fortpflanzungsplätze
60
Finanzen
BAUERNBLATT | 19. Dezember 2015 ■
decken in der vegetationsarmen Zeit die im Kiesboden abgelegten Fischeier. Dies führt zu einem Sauerstoffmangel in der Embryonalentwicklung und als Folge zum Absterben der Fischlarven im Ei.
Fischbesatz an Grundschule
Die Viertklässler vermengen den Rogen der weiblichen Meerforelle per Hand mit den zugegebenen Samen (Milch) der männlichen Tiere. Das Sperma ist zirka 1 min befruchtungs- und bewegungsfähig. Fotos: Sina Brauer
in den oberen Fluss- und Bachregionen zu erreichen. Nutzung und Umbau der Flüsse zu Wasserstraßen führten auch in Unterläufen zu erheblichen Beeinträchtigungen bis zum Verlust von Lebensräumen wie beispielsweise beim Schnäpel und Stör. Die Meerforelle laicht nur in einer Kiesstruktur ab, die meisten Gewässer sind aber versandet,
deshalb ist die künstliche Vermehrung eine Methode, das Aussterben der Fischart zu verhindern. Unwiederbringlich ist auch der Verlust von Fließlänge durch Begradigung der Gewässer, so ging der natürliche Lebensraum vieler Fischarten verloren und damit potenzielle Laichgebiete. Zusätzlich stört der Eintrag von Feinstsedimenten die Brut. Sie über-
Die Viertklässler der RichardVosgerau-Schule in Eckernförde hoffen, durch ihr Projekt und die Hilfe der Fischbrutanstalt Alt Mühlendorf, Meerforellen in ihrem schulnahen Lachsenbach wieder anzusiedeln. Abschließend bedankten sich die Klasse 4a/b und ihre Lehrerin Hilde Schenck bei Albrecht Hahn. Im Januar wird er nach Eckernförde fahren und den Schülern zeigen, wie aus den befruchteten Eier ihrer abgestreiften Meerforellen kleine Fische schlüpfen. Mit viel Glück können die Kinder dies sogar in einer Petrischale unter dem Overheadprojektor live erleben. Nach den Osterferien werden die kleinen Meerforellen dann im Lachsenbach ausgesetzt. Im Som-
mer wird Albrecht Hahn mit seinem Elektrofischereigerät erneut nach Eckernförde fahren und gemeinsam mit den Kindern das Wachstum der Meerforellen kontrollieren.
FAZIT Was Nachhaltigkeit bedeutet, lernen die Kinder der Borbyer Grundschule auf sehr anschauliche Weise. Bildungsprojekte wie „Wasser ist Leben – der Lachsenbach“ können einen großen Beitrag dazu leisten, Kinder zu lehren, Verantwortung für die Natur zu übernehmen. Sie lernen hier, wie Fischereifachleute durch Aufzucht und Pflege von Jungfischen versuchen, den Bestand der Meerforellen und andere Fischarten zu sichern. Auch in Zukunft sollten solche Projekte weiter Schule machen. Sina Brauer, Praktikantin der Landwirtschaftskammer
Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein – Präsident
26. Juni 2015
L AGEBERICHT 2014 Grundlagen Die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein hat die Aufgabe, die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft sowie die Fischerei und die dort tätigen Menschen fachlich zu fördern, zu betreuen und zu beraten. Sie hat die Wirtschaftlichkeit der land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Betriebe sowie die dortigen Arbeits- und Produktionsbedingungen im Einklang mit den Interessen der Allgemeinheit unter besonderer Berücksichtigung von Natur und Umwelt zu verbessern.
Wirtschaftsbericht Geschäftsverlauf Das Jahr 2014 war im Schwerpunkt davon geprägt, die Landwirtschaftskammer bei rückläufigen öffentlichen Transferzahlungen und weiter steigenden Personalkosten zukunftsfähig auszurichten. Dazu diente auch das 2014 vom Ehren- und Hauptamt
entwickelte und vom Ehrenamt beschlossene Strukturkonzept „Landwirtschaftskammer 2020“, in dem die finanzielle, personelle und inhaltliche Zukunftsausrichtung niedergelegt wurde. Für das bis 2020 geltende Strukturkonzept wird eine Halbzeitbewertung 2017 erfolgen. Die Landwirtschaftskammer hat im Wirtschaftsjahr 2014 solide gewirtschaftet, was sich unter anderem in der strikten Erfüllung der Wirtschaftsplanvorgaben widerspiegelt. Neben der Erhöhung der Umlage konnten erneut die Erlöse aus wirtschaftlicher Tätigkeit gemäß den Vorgaben des Strukturkonzeptes durch großes Engagement und Leistungskraft erreicht werden. Es wurden keine Kassenverstärkungskredite beansprucht, um die operativen Zahlungsverpflichtungen zeitgerecht zu erfüllen. Die Zahlungsfähigkeit der Landwirtschaftskammer war jederzeit gegeben. Gleichwohl ist die finanzielle Situation der Landwirtschaftskam-
mer durch die tariflichen Personalkostensteigerungen, ebenso durch Verteuerungen bei Betriebsund Sachkosten sowie Energie und die erneute jährliche Kürzung seitens des Landes für die Selbstverwaltungsaufgaben von 190.000 € gezeichnet. Trotz motivierter und kompetenter Facharbeit aller Mitarbeiter/-innen in sämtlichen Dienstleistungsbereichen und einer positiven Erlössituation ist es nicht gelungen, die Mehraufwendungen beziehungsweise Kürzungen in vollem Umfang zu kompensieren. Insgesamt ergibt sich damit ein Jahresfehlbetrag, der neben den oben erläuterten Effekten auch einen Teil der nicht zu erwirtschaftenden Abschreibung beinhaltet. Wegen der allgemeinen Kostensteigerung bei gleichzeitigem restriktiven Ausgaben- und Investitionsverhalten machte es die Finanzsituation 2014 erforderlich, sämtliche Arbeits- und Aufgabenfelder und die damit verbundene Personalentwicklung kritisch auf den Prüfstand zu stellen.
Trotz eines überaus restriktiven Investitionsverhaltens, das vornehmlich auf dringend erforderliche Ersatzbeschaffungen ausgerichtet war, hat die Landwirtschaftskammer am Lehr- und Versuchszentrum in Futterkamp eine größere bauliche Maßnahme im Bereich der Silagelagerung vollzogen. Dieses war aus gegebener Aktualität und den damit verbundenen bautechnischen Umweltstandards erforderlich und unaufschiebbar. Die bilanzielle Überschuldung war trotz aller ergriffenen Maßnahmen im Betrachtungszeitraum nicht zu verringern. Gemäß § 1 Absatz 2 des Gesetzes über die Landwirtschaftskammer ist die Kammer eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit im Sinne der §§ 37 folgende Landesverwaltungsgesetz (LVwG). Nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 Insolvenzordnung ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes untersteht, unzulässig,