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Dipl.Pharm. Apothekerin Grit Spading
Senioren in der Selbstmedikation
Arzneitherapie im Alter
Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung ↑ wichtige Zielgruppe für die Apotheke
die Arzneimitteltherapie betreffend sind Senioren jedoch nicht einfach
gerade in der Selbstmedikation viel pharmazeutisches Fachwissen gefragt
Selbstmedikation
von rund 4 Mio Apothekenkunden pro Tag kommt mehr als jeder zweite in die Offizin, um ein Arzneimittel zu erwerben, das nicht vom Arzt verordnet ist
etwa 30% der Kunden mit Selbstmedikationswunsch sind über 60 Jahre alt
Selbstmedikation
zwei Drittel der Selbstmedikationskunden in der Apotheke äußern einen Präparatewunsch
jeder Dritte schildert ein Krankheitsbild
Sind die Beschwerden auf das Alter zurückzuführen? Lassen sie sich in der Selbstmedikation behandeln? Oder soll der Patient besser einen Arzt aufsuchen?
Herr Brandt
Herr Brandt
Fakten:
Kopfschmerzen
Betablocker abrupt abgesetzt (vergessen) und mehrere Tage nicht genommen
Herr Brandt
Pharmakologischer Hintergrund: Kopfschmerzen – Auslöser können auch Medikamente sein
Arzneistoffgruppe
Möglicher Mechanismus
Nitrate
Gefäßerweiterung (Nitratkopfschmerz)
Phosphodiesterasehemmer
Gefäßerweiterung
Calciumantagonisten
Gefäßerweiterung
Tetracycline, Gyrasehemmer, Glucocorticoide, Metronidazol
Steigerung des Blutdrucks im Schädel (intrakranieller Druck)
Herzglycoside
neurotoxische Effekte
MAO-Hemmer
Anstieg des Histaminspiegels
SerotoninWiederaufnahmehemmer
serotonerge Effekte
Herr Brandt
Welche Medikamente nehmen Sie noch ein? Benutzen Sie ein Asthmaspray, Insulin oder Augentropfen? Haben sie chronische Erkrankungen?
Herr Brandt
pharmakologischer Hintergrund:
Kopfschmerzen durch sogenanntes Rebound-Phänomen beim abrupten Weglassen von Medikamenten (Betablockern)→ auch Augentropfen !!! erhöhter Blutdruck bis hin zur hypertensiven Krise ein mgl. Symptom = akut einsetzende Kopfschmerzen
Herr Brandt
Pharmakologischer Hintergrund:
Verdacht auf NW
Blutdruck messen!
Hypertensive Krise = Notfall
Herr Brandt
grundsätzlich Intervention notwendig wenn:
Kopfschmerzen erstmals im Alter > 40 Jahre mit unüblicher Intensität, Dauer oder Lokalisation plötzliches, schlagartiges Auftreten zunehmende Intensität und sehr starke Schmerzen, die auf Behandlung nicht ansprechen vorausgegangene Kopfverletzungen epileptische Anfälle Lähmungen, Gefühls-, Seh-, Gleichgewichtsstörungen, Augentränen, starker Schwindel
Herr Brandt
Sonderfall Glaukomanfall:
Symptome: akuter starker Kopfschmerz (Augenhöhle) Übelkeit / evtl. Erbrechen gestörtes Farbsehen (farbliche Ringe, Kreise)
oftmals Fehlinterpretation als Migräne !!!
Herr Brandt
Sonderfall Glaukomanfall: gerötetes Auge / gerötetes, geschwollenes Lid erweiterte Pupille Glaukommedikation
Frau Kottke
Fakten:
nur Bote / Patient ist ihr Mann
schwerer Durchfall / seit Tagen
trinkt nicht / zu wenig
vor kurzem in ärztlicher Behandlung Medikation?
Frau Kottke
pharmakologischer Hintergrund: Durchfall – Auslöser können auch Medikamente sein
Mechanismus (Auswahl)
Arzneistoff(gruppe)
Erhöhung der Motilität
L-Thyroxin, Acetylcholinesterase-Hemmer
Abtöten der Darmflora, Begünstigung von Sekundärinfektionen (Clostridium difficile)
Antibiotika
Sekretorische Mechanismen
Digoxin, Metformin, Colchicin, Theophyllin
Schleimhautschäden
NSAR, Zytostatika
Hemmung der Fettresorption
Orlistat
Osmotische Effekte
Magnesiumsalze, Acarbose
Frau Kottke
pharmakologischer Hintergrund:
der Arzt hat vor kurzem etwas verordnet
Risiko ↑ bestehender Durchfall = NW von Medikation
Genaues Hinterfragen
Frau Kottke
Achtung bei längeren Beschwerden
neben Infekten und NW durch AM auch andere Ursachen möglich Diabetes mellitus autonome Neuropathie durch schlechte Stoffwechseleinstellung
bei bestimmten Tumoren (Kolonkarzinom / Krebs von hormonproduzierenden Organen z.B. Schilddrüsen)
Frau Kottke
Pseudomembranöse Kolitis
mögliche gefährliche Diarrhoen nach AntibiotikaTherapie Clostridium difficile höheres Alter + bestehende Grunderkrankungen = Risikofaktoren bei kompliziertem Verlauf = tödlich
Frau Kottke
Pseudomembranöse Kolitis
am häufigsten nach Behandlung mit:
Clindamycin Gyrasehemmer Cephalosporine Penicillin
blutig, wässriger Stuhl + Bauchkrämpfe bis zu 10 Tage nach Therapie
Frau Kottke
Medikation + Flüssigkeit
Wasser Tee Rehydratationslösungen Gemüsebrühe
Frau Kottke
Geeignet ???
Arzneistoff
Interaktionspartner Bemerkung
Loperamid
Verapamil
möglicherweise Atemdepression (auf NW achten)
Elektrolytpulver
Herzglykoside
möglicherweise verringerte Wirksamkeit (K+ Spiegel-Kontrolle)
Antidiabetika
nur nach Rückssprache mit dem Arzt, da Elektrolyte Glukose enthalten
medizinische Kohle
andere Arzneimittel
keine gleichzeitige Einnahme (verringerte Resorption)
Uzara-Extrakt
Herzglykoside
eventuell verstärkte Wirkung (vorsichtshalber kontraindiziert)
Frau Kottke
Geeignet ???
Elotrans® nicht bei Herzinsuffiziens oder Hypertonie
Probleme durch viel Flüssigkeit und Na+ möglich
Frau Kottke
Geeignet ???
Vaprino® Elotrans® nicht bei eingeschränkter Nierenfunktion hoher K+ Gehalt problematisch Einnahme vorher mit dem Arzt besprechen
Frau Kottke
Geeignet ???
Perenterol forte® (Hefe) nicht bei stark geschwächtem Immunsystem (Organtransplantationen, Chemotherapie, hochdosierten Glucocorticoiden)
Frau Mond
Fakten
konkreter Wunsch eines Fertigarzneimittels
Schlafstörungen? Ein- oder Durchschlafprobleme?
Grunderkrankungen? Bestehender Medikation?
Frau Mond
Grunderkrankungen, die mit Schlafstörungen einhergehen:
Schmerzen
Schlafbezogene Atmungsstörungen (SchlafapnoeSyndrom)
Schlafbezogene Bewegungsstörungen (RestlessLegs-Syndrom, Zähneknirschen, häufige nächtliche Wadenkrämpfe)
nächtliches Wasserlassen (Nykturie)
Depressionen
Parasomnien (Schlafwandeln, Albträume, Einnässen)
Frau Mond Mechanismus Beispiel fürSchlafstörungen Substanzen mögliche Mechanismen von durch stimulierende Effekte Medikamente
Antriebssteigernde Antidepressiva und Genussmittel (Citalopram), Coffein, Theophyllin
Beeinflussung des REM Schlafs
Betablocker, Nicotin, hoch dosierte Glucocorticoide
nächtlicher Harndrang
Diuretika
nächtliche Nebenwirkungen
ACE-Hemmer (Reizhusten)
Albträume
tricyclische Antidepressiva
Tagesmüdigkeit
Dopaminagonisten, sedierende Antidepressiva (Amitriptylin)
Atemdepression
Opioide
Verursachen / Verstärken des Restless-Legs-Syndroms
Mirtazapin, L-Thyroxin, Haloperidol
Frau Mond
Geeignet???
Doxyalaminsuccinat = H1-Antihistaminikum = Wirkung an mehreren Rezeptoren „Dirty Drug“
PIM (potenziell inadäquate Medikation) Priscus-Liste
Frau Mond
Geeignet???
H1Anti
• Blutgefäße (Permeabilität und Spannung) • Wachzustand • Brechzentrum
H1Anti
• Drüsentätigkeit • Miktion (M. Detrusor-Aktivität) • Augenmuskulatur (Akkomodation, Innendruck) • Verdauung • Herzfrequenz und -leitungsgeschwindigkeit
Frau Mond
Alternativen aufzeigen: Schlafhygiene Phytotherapeutika
Homöopathika
Baldrian Lavendel Hopfen Melisse Passionsblume Neurexan
Bachblüten
Herr Friedewald
Herr Friedewald
Fakt – Selbstmedikationswunsch: akute Übelkeit weitere Fakten: bestehende Dauer-Medikation Amitryptilin = tricyclisches Antidepressivum Amiodaron = Antiarrhythmikum
Herr Friedewald
Pharmakologischer Hintergrund:
Symptom
Mögliche Nebenwirkung von
Sodbrennen
Alendronat, Ibuprofen, Ropinirol, Simvastatin
Oberbauchschmerzen
ASS, Diclofenac, Liraglutid
Völlegefühl
Naproxen, Ketoprofen, Verapamil, Anionenaustauscher
Appetitlosigkeit (ausgelöst durch Übelkeit, Geschmacksveränderung en)
Levodopa, Metformin (besonders zu Therapiebeginn), Fluoxetin, Sertralin
Erbrechen
Amiodaron, Dabigatran, Exenatid, Fentanyl, Rivastigmin, Ropinirol
Herr Friedewald
pharmazeutische Intervention: keine wirkliche Beschwerde NW der bestehenden Medikation Patient muss zum Arzt selbst wenn Vomex® nicht geeignet Dimenhydrinat = PIM = potenziell inadäquate Medikation (PRISCUS)
Herr Friedewald
pharmazeutische Intervention: insbesondere bei älteren nicht alles geeignet Dimenhydrinat kann desweiteren Mundtrockenheit verstärken unter der sogenannten Xerostomie leiden Senioren / geriatrische Patienten oft → da oftmals zu geringe Flüssigkeitszufuhr
Polypharmazie Ursache für Mundtrockenheit als häufige Nebenwirkung
Herr Friedewald
pharmazeutische Intervention: WST mit anticholinergen Eigenschaften
individuell unterschiedlich stark ausgeprägt somit auch Beeinträchtigung verschieden Mundschleimhaut
empfindlicher +
Mundgeruch massive Probleme beim Essen und Sprechen
Herr Friedewald
pharmazeutische Intervention: zuckerfreie Bonbons sind ok Nachfragen, wie viele notwendig am Tag andere Alternativen aufzeigen / anbieten
Herr Friedewald
voraussichtliche Lösung durch den Arzt: eventuell Verordnung von Domperidon nur unter Überwachung möglich da sowohl Amiodaron als auch Domperidon QTZeit-verlängernde Stoffe
Herr Müller Müller
Erwin
27.05.1941
Datum
Arzneimittel
Normgröße
27.02.2016
Tamsulosin 0,4 mg ret
N3
15.02.2016
Simvastatin 40 mg
N1
20.02.2016
Metoprolol 95 mg ret
N3
07.01.2016
Brust Karamellen
16.12.2015
Ibuprofen 600
10.12.2016
Olivenbutter Handcreme
17.11.2015
Metoprolol 95 mg ret
N3
11.11.2015
Tamsulosin 0,4 mg ret
N3
23.10.2015
Pinimenthol Erkältungsbad
23.10.2015
Aspirin complex
N1
23.10.2015
Olynth Nasentropfen 0,1
N1
23.10.2015
Sinupret Extrakt
N1
23.10.2015
Pinimenthol Erkältungssalbe
N1
27.07.2015
Metoprolol 95 mg ret
N3
06.07.2015
Tamsulosin 0,4 mg ret
N3
N1
Herr Müller
Fakt – Selbstmedikationswunsch: beginnende Erkältung? Gliederschmerzen aber keine weiteren Symptome Wunsch: Aspirin complex® WST-Kombination aus Acetylsalicylsäure und Pseudoephedrin
Herr Müller
Fakten – bestehende Medikation: Dauermedikation: Tamsulosin Metoprolol neue Medikation: Simvastatin gerade bei neuen Medikationen muss geprüft werden, ob geschilderte Beschwerden eventuelle NW sein können
Herr Müller
Simvastatin Nebenwirkungen: Rhabdomyolyse Unter einer Rhabdomyolyse versteht man in der Medizin die gewebliche Auflösung der quergestreiften Muskulatur, d.h. den Zerfall der Muskelfasern. Symptome: Muskelschwäche / Muskelschmerzen Gliederschmerzen = Wahrnehmung Patient
Herr Müller
Pharmazeutische Intervention: Patient muss auf jeden Fall zum Arzt dieser kann erkennen, ob NW vom Simvastatin Die Zerstörung der quergestreiften Muskulatur führt zu einer hohen Konzentration von Abbauprodukten des Muskelgewebes (z.B. Myoglobin) im Blut.
Herr Müller Arzneistoff(gruppe)
Kontraindikation / Anwendungsbeschränkungen selbst wenn… geeignet?
orale Sympathomimetika (Pseudoephedrin, Phenylpropanolamin)
Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus, erhöhter Augeninnendruck, Prostatahyperplasie
nasale Sympathomimetika (Xylometazolin, Oxymetazolin)
Erhöhter Augeninnendruck, schwere HerzKreislauf-Erkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus, Prostatahyperplasie
Antitussiva (Dextrometorphan)
Asthma, COPD
nichtsteroidale Antirheumatika (ASS, Ibuprofen)
akute / vorbestehende Ulcera des MDT, schwere nicht eingestellte Herzinsuffiziens, eingeschränkte Nierenfunktion
Ältere H1-Antihistaminika (Chlorphenamin, Doxylamin)
Engwinkelglaukom, Blasenentleerungsstörungen mit Restharnbildung
Herr Müller
selbst wenn… geeignet?
NEIN !!!
Tamsulosin = Prostatahyperblasie Metoprolol = Hypertonie
Und die Moral von der Geschicht‘ ???
Senioren / geriatrische Patienten = Patientengruppe, die eine Reihe von Besonderheiten aufweist
Einteilung dieser in 3 Gruppen:
eingeschränkte Körperfunktionen Arzneimittelinteraktionen Non Compliance
Und die Moral von der Geschicht‘ ???
multimorbide Patienten nehmen in der Regel auch viele Medikamente Polypharmazie
Risiko für Wechselwirkungen ↑ davon natürlich auch Selbstmedikation betroffen
Und die Moral von der Geschicht‘ ???
Nebenwirkungen werden nicht als solche erkannt sondern als Beschwerden gesehen Behandlung in Eigenregie
Achtung! Präparate könnten mglw. ungeeignet sein, weil sie alterstypische Risiken oder Beschwerden verstärken!
Und die Moral von der Geschicht‘ ???
Immer Fragen stellen, auch wenn ein konkretes Präparat gefordert wird !!!
Und die Moral von der Geschicht‘ ??? auch nach Dauermedikation fragen:
Vertragen sie ihr Medikament gut ???
Wie wenden Sie ihr Medikament an ???
Vielen Dank