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19.06.2015
Die Presse Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 94.618 | Reichweite: 302.000 (4,2%) | Artikelumfang: 106.629 mm²
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Thema: Institut für höhere Studien IHS Autor: MATTHIAS AUER
Heuer wackelt die Lohnerhöhung Wirtschaft. Die Steuerreform wirke wie zwei Lohnrunden und führe zu einer Mini-Erholung, sagen Ökonomen und Arbeitnehmervertreter. Sie bereiten die Beschäftigten bereits auf eine Nulllohnrunde vor. VON MATTHIAS AUER
Wien. Nach sieben schwarzen Jahren malen die heimischen Ökonomen wieder eine Wirtschaftsprognose in Blassrosa. Die frisch erwachte Konjunktur in der Eurozone und die heimische Steuerreform sollen das Wachstum nach Österreich zurückbringen, sagen Wifo und IHS voraus. Erstmals seit Jahren kämen auf Österreichs Arbeitnehmer wieder real höhere Nettolöhne zu. Landen diese wie erhofft in den Geschäften, könne die Wirtschaft 2016 um 1,3 Prozent (Wifo) bis 1,8 Prozent (IHS) wachsen, so die Erwartung. Österreich bliebe damit immer noch deutlich unter dem Schnitt der Euroländer. Eine Mini-Erholung, aber immerhin. Doch wirklich gut sind diese Nachrichten insbesondere für die heimischen Arbeitnehmer nicht. Sie dürfen sich zwar auf die Lohnsteuersenkung freuen, müssen sich im
Gegenzug allerdings bei den kommenden Lohnverhandlungen in Verzicht üben. Das erwarten zumindest die Wirtschaftsforscher. 2016 werden die Bruttolöhne laut ihrer Prognose real stagnieren. Mehr als die Inflations-
rate dürfte bei der kommenden Lohnrunde demnach nicht abgedeckt werden. Warum aber könnten Österreichs Arbeitnehmer einen Teil der Lohnsteuersenkung so rasch wieder abgeben müssen?
übertrieben hohen Nettoeinkommen der Beschäftigten liegt es nicht. Das Problem ist die hohe Inflation, die in den Löhnen weitergegeben fnfiation. Am
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wurde", sagt IHS-Ökonom Helmut Hofer. Auf den ersten Blick leuchtet dieses Argument nicht ein. Mit heuer 1,3 Prozent ist die Inflation historisch eher niedrig. Verglichen mit der erwarteten Inflation von 0,1 Prozent in der Eurozone ist sie jedoch sehr hoch. Da mit der Inflation auch die nominellen Löhne steigen, verliert Österreich an Wettbewerbsfähigkeit. Das ist ein Problem, das wir alle lang übersehen haben", sagt Wifo-Chef
Karl Aiginger. Der Großteil der Teuerung kommt aus dem Dienstleistungsbereich oder direkt vom Staat. Die Gebühren in Österreich stiegen zuletzt deutlich schneller als die Inflationsrate - und deutlich schneller als etwa in Detitschland. Die Wassergebühren legten im vergangenen Jahrzehnt um 24 Prozent zu, in Deutschland um zehn Prozent; die Müllgebühren um 19 Prozent, in Deutschland gar
nicht. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir im internationalen Vergleich in Europa relativ hohe Inflationsraten haben", sagt selbst Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm zur Presse" (Seiten 2, 3). Das bedeutet natürlich, dass auch die Lohnsteigerungen hoch sind."
Dieser Satz des Arbeitnehmervertreters ist beachtlich, öffnet er doch dem Einfrieren der Bruttolöhne Tür und Tor. Während IHS-
Experte Hofer höflich auf Spielräume bei
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Lohnverhandlungen" hofft, wird Muhm konkreter: Die Lohnsteuersenkung wirkt de facto wie zwei Lohnrunden." Der Boden für die
Nulllohnrunde ist also bereitet. Schon im Vorjahr war die Inflation bei der Metaller-
lohnrunde ein Streitpunkt. Letztlich wurde doch die höhere österreichische Teuerungsrate als Basis herangezogen statt der europäischen. Es gab nominell plus 2,1 Prozent.
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Schade nur, dass bei den Arbeitnehmern davon nichts angekommen ist. Trotz
INFLATION
teils krgtiger Lohnsteigerungen auf dem Papier schrumpften ihre Nettolhne nach Abzug der Inflation
in den vergangenen sechs Jahren um fnf Prozent (inklusive 2015). Hofer verteidigt die mogliche Nulllohnrunde dennoch: Arbeitge-
ber seien von der Steuerreform enttauscht, da sie mitunter mehr statt weniger Lohnnebenkosten zu bezahlen haben. Sie brauchten Signale, dass der Wirtschaftsstandort sterreich attraktiv bleibe. Da es die Politik nicht schafft, sollen es nun offenbar die Sozialpartner richten.
3,3
Aber auch aus Sicht der Arbeitnehmer gibt es ein Argument fUr Lohnzuriick-
Arbeitslosigkeit.
1,7
e
haltung: Sie knnte ein Mittel sein, um die hohe Arbeitslosig-
keit einzudammen. Die Arbeitslosenquote drfte heuer mit 9,3 Prozent und im nkhsten Jahr mit 9,6 Prozent sehr hoch bleiben, erwartet das Wifo. Da die Produktivitk der heimischen Arbeitnehmer mit den nominellen Lohnsteigerungen nicht mithalten konnte, verlor das Land in seinen Exportmkkten zuletzt stark an Boden. So greift etwa die deutsche AutomobiIindustrie vermehrt auf osteuropaische statt ësterreichische Zulieferer zuriick, warnte schon die Nationalbank. Eine moderate .Lohnrunde wke aus Sicht der Okonomen ein probates Mittel, um Boden gutzumachen. Das Problem der hohen Arbeitslosigkeit wird so zwar nicht geliist dafr ist die Zuwanderung zu hoch und sterreichs Umgang mit ihr zu schlecht. Aber mit wettbewerbsfahigeren Lhnen risse sich
1,2 AlleAngaben 2011-14 und Prognose 2015-16 jeweils zum Vorjahr in Prozent Quelle: Wtio Grahic .D$P Presse GK
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das Land wenigstens keine neue Wunde auf.
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LEITARTIKEL
32th9e VON JOSEF
URSCHITAi
Wir stecken ziemlich tief im Konjunkturloch Die Wirtschaftsforscher versprechen uns einen Mini-Wirtschaftsaufschwung. Wir prophezeien, dass der ohne Strukturreformen ausbleiben wird. Jahr kommt also endlich ein
Nächstes (wenn auch kleiner) Konjunkturauf-
schwung, sagen Nationalbank und Wirtschaftsforscher. Fein, aber kühlen Sie den Sekt lieber noch nicht ein. Der Aufschwung kommt nämlich seit gut vier Jahren im jeweils kommenden Jahr. Aber leider nur in den Prognosen.
Könnte auch diesmal so sein. Denn man sieht den Impuls nicht, der diesen prognostizierten Mini-Aufschwung (selbst die optimistischen, bei 1,3 bis 1,9 Prozent
liegenden Wachstumsprognosen reichen ja nicht einmal, um den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu stoppen) anstoßen könnte.
Von außen kommt er eher nicht: Die EU steckt weiter im Wachstumsloch, wo-
rüber auch ein paar erfreuliche Turnaround-Storys von Krisenstaaten nicht hinwegtäuschen können. In den USA trübt sich die Konjunktur gerade zusehends ein.
Das scheint man hierzulande noch nicht so recht registriert zu haben. Die jüngste Wachstumsprognose der US-Notenbank
len: Die durch eine ungeschickte Konstruktion der Gemeinschaftswährung am Laufen gehaltene Eurolandkrise, die noch immer ungelösten Probleme in der globalen Finanzwirtschaft, die viel zu hohe Staatsverschuldung in allen wichtigen Wirtschaftsregionen, die verkrusteten Strukturen in vielen reformresistenten europäischen Ländern. wir wieder in Österreich sind:
Womit Da wird die Steuerreform im kommenden Jahr sicher einen kleinen Im-
puls liefern, indem sie den Konsum ankurbelt. Aber einen zu schwachen. Zumal die Steuerreform ja nur eine kleine Teilkompensation für die teils beträchtlichen Reallohnverluste ist, die die Österreicher jetzt sechs Jahre in Folge unter anderem durch die Gebührenorgien der öffentlichen Hand erlitten haben. Wenn das Ganze halbwegs zum Selbstläufer werden soll, dann müssen
die verkrusteten Strukturen", wie das
Fed für das kommende Jahr liegt jedenfalls
Wifo-Chef Aiginger so richtig nennt, auf-
sehr deutlich unter den Werten, die die heimischen Wirtschaftsforscher für das
gebrochen werden, dann müssen die bekannten Ineffizienzen in der Verwaltung beseitigt werden, dann muss es zu einem Gesinnungswandel in Sachen Wirtschaft kommen. Wenn man, wie das derzeit in großem Stil geschieht, durch Schikanen Gewerbebetriebe aus der Stadt und Industrieunternehmen aus dem Land ekelt, dann wird man auf den nächsten Aufschwung vergeblich warten. Wir haben in dieser Woche mit Er-
US-Wachstum zugrunde legen. Und aus den Schwellenländern kommt so gut wie gar nichts. Die Wachs-
tumsprognosen für das nicht unwichtige China werden ständig nach unten revidiert. Jetzt schon auf deutlich unter sieben Prozent. Klingt noch immer eindrucksvoll, aber Daten aus diesen Ländern sollte man grundsätzlich mit der nötigen Distanz be-
trachten. Sieben Prozent Wachstum bei
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überall noch viel zu viele offene Baustel-
1,2 Prozent Inflation, wie das die Chinesen behaupten, passen jedenfalls in kein Ökonomielehrbuch. Womit wir schon beim Kern der Sache
sind: Wer ausnahmsweise 100 Gramm Hausverstand einsetzt, statt komplizierte ökonometrische Prognosemodelle mit freundlichen Annahmen zu füttern, sieht schnell, dass die gesamte Weltwirtschaft anhaltend im Jammertal steckt. Globaler Energie- und Rohstoffpreisverfall, gepaart mit deflationären Tendenzen trotz heiß laufender Gelddruckmaschinen der Notenbanken in wichtigen Wirtschaftsregionen, ist eben kein Hinweis darauf, dass der Boom unmittelbar vor der Tür steht. Jede Krise geht zu Ende, aber derzeit gibt es
staunen mit angesehen, wie Bundeskanzler Fayrnann seinem griechischen Kollegen Tsipras schlaue Reformtipps gegeben hat. Vielleicht könnte er das in der eigenen Stillstandsrepublik auch einmal versuchen.
Dazu könnte ein Blick nach Irland hilfreich sein: Die Iren waren vor einigen
Jahren pleite, mussten unter den EURettungsschirm schlüpfen und haben daraufhin eiserne und schmerzhafte Reformen durchgezogen. Mit dem Ergebnis, dass sie jetzt Österreich beim ProKopf-BIP überholt haben. So macht man das, Abkupfern ist durchaus erlaubt. Mehr zum Thema: Seite 1
E-Mails an:
[email protected]
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Das Thema Arbeitszeitverkürzung muss entkrampfter diskutiert werden", sagt Arbeiterkammer-Direktor Muhm.
"Arbeitslosigkeit großteils importiert" Interview. Österreich sei ein Paradies für Arbeiter aus dem Ausland, sagt AK-Chef Muhm. Er mahnt den Staat, die Inflation (und so die Löhne) nicht in die Höhe zu treiben. VON MATTHIAS AUER
Die Presse: Österreich hat sieben magere Jahre hinter sich. Die Gründe dafür sind auch hausgemacht, wie jüngst eine Stand-
ort-Studie gezeigt hat. Sie nannten sie wertlos", man solle das Land nicht schlechtreden. Ist wirklich alles in Ordnung? Werner Muhm: Es ist nicht alles in Ordnung. Wir haben Schwächen, und an denen müssen wir arbeiten. Aber ich sehe das Glas eben
halb voll und nicht halb leer. Österreich ist wettbewerbsmäßig immer noch gut aufgestellt und zählt seit zwanzig Jahren zu den wohlhabendsten Ländern in Europa. Wir habeli eine aktive Leistungsbilanz und eine der niedrigsten Arbeitslosenraten.
Aber wie lange noch? Aktuell zählt Österreich zu den ökonomischen Schlusslich-
tern in der EU, die Exporte brechen ein, die Arbeitslosigkeit steigt .. .
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Ja, aber Österreich ist auch ein Paradies für Arbeiter aus dem Ausland. Die Arbeitslosigkeit hierzulande ist zu einem beträchtlichen Ausmaß importiert. Es gab Zeiten, da arbeite-
ten zehnmal mehr Österreicher in Deutschland als umgekehrt. Heute kommen jährlich netto 7000 Deutsche zu uns. Dazu kommen all jene, die über die Grenze arbeiten. Sie verdienen in Österreich ihr Geld, geben es aber in Ungarn und der Slowakei aus, wo sie leben. Nach dem Auslaufen der Übergangsfristen für Kroatien Mitte 2020 kommt noch einmal dasselbe auf uns zu. Das steigert den Druck auf den Arbeitsmarkt natürlich enorm.
Ist das nicht zuletzt auch Ihr Verdienst"? Die Arbeiterkammer kämpft ja fiir ebendiese guten Arbeitsbedingungen, die nun offenbar Probleme bereiten. Wie lässt sich dieser Import an Arbeitslosigkeit verringern? Die Antwort darauf ist nicht einfach. Klar ist nur: Man muss etwas tun. Weitere Verschärfung der Regeln gegen Lohn- und Sozialdumping und die Einführung des Bestbieter- statt Billigstbieterprinzips sind erste Schritte. Wir werden uns auch die freien Gewerbe anse-
hen. Zehntausende sind bei der WKO als freie Vergipser gemeldet. Gibt es da Umgehungen? Aber das Thema Arbeitszeitverkürzung muss entkrampfter diskutiert werden. Das Modell Mehr Freizeit statt mehr Lohn" kann ich mir auch im öffentlichen Dienst gut vorstellen.
Mehr Wirtschaftswachstum wird das wohl ebenso wenig schaffen wie Ihre Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche. Wachstum ist notwendig und wird sicher nicht über die sechste Urlaubswoche ermög-
licht, sondern über einen guten Industriestandort. Wir brauchen eine Industriepolitik, und in Ansätzen haben wir sie auch wieder: Wir haben die Forschungsprämie erhöht, die Mittelstandsfinanzierung neu geregelt und die Mitarbeiterkapitalbeteiligung angehoben. Aber es braucht mehr öffentliche Infrastrukturinvestitionen, Verfahrensbeschleunigung und eine Bundesstaatsreform zur Reduktion
des Faktors 10 bei der Gesetzgebung. Das bringt uns wettbewerbsfähige Betriebe.
Die Notenbank hat jüngst gewarnt, dass Österreich schon viel seiner Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat. Seit 2007 hat das Land fünf Prozent Exportmarktanteile verloren, weil die Lohnstückkosten schneller gestiegen sind als im Rest Europas. Ich sehe das nicht.so. Wir sind kostenmäßig noch wettbewerbsfähig. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass wir im internationa-
len Vergleich in Europa relativ hohe Inflationsraten haben. Das bedeutet natürlich, dass auch die Lohnsteigerungen hoch sind.
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Das mtissen wir im Auge behalten.
Sie pffidieren also fiir Lohnzuriickhaltung im Herbst? Nein,
die Arbeitnehmer haben natrIich
einen Anspruch auf steigende Realeinkom-
men. Aber wir haben diesmal auch eine Lohnsteuersenkung, die de facto wie zwei Lohnrunden wirkt. Die Frage ist: Woher kommt die Inflation im Land?
Ein groger Teil davon konunt iiber hiihere Steuern und Gebiihren vom Staat. Die /nflation war besonders hoch im Dienstleistungsbereich und bei den Lebensmittein aber auch bei den Gebhren. Die tiffentliche Hand muss in der Gebiihrenpolitik wieder AugenmaS entwickeln. Zum Beispiel bei den Gerichtsgebhren. Sie sind heute so hoch, dass sie das komplette Justizbudget mehr als finanzieren. Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller meint, dass (Isterreich seit 25 Ja)l-
ren an der Grenze der Steuer- und Abgabenbelastung kratze, um den Sozialstaat zu finanzieren. Reicht diese Steuerreform aus, um hier gegenzusteuern? Es ist mit 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung immerhin die grSte Lohnsteuersenkung seit 1975. Die Kaufkraft der Menschen wird eben-
so steigen wie das Wirtschaftswachstum, auch das hat die Nationalbank besthtigt. Wenn es nach mir geht, werden wir aber bald auch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer haben. Daftir ist in einer Leistungsgesellschaft schon Platz, wenn im Gegenzug der Faktor Arbeit entlastet wird. Hier muss man
bei den Lohnnebenkosten ansetzen. Die Wohnbaufrderung hat nur eine Berechtigung, wenn die Mittel filr den Wohnbau zweckgewidmet werden.
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ZUR PERSON Werner Muhm (65) ist Direktor der Wiener Arbeiterkammer. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre (WU Wien) ging er in die AK, wechselte spater in den OGB und kehrte 1990 in die AK zurUck. Muhm sitzt im Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank sowie in den Aufsichtsraten der Wiener Stadtwerke und Wiener Stadtische. Werner Muhm gilt als einflussreichster wirtschaftspolitischer Berater von SPO-Bundeskanzler Werner Faymann.
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Wir haben uns für Sicherheit und gegen Wachstum entschieden Interview. Wer wachsen will, müsse Risiko auf sich nehmen, sagt der Ökonom Bernhard Felderer. Dazu sei unsere Gesellschaft nicht
mehr bereit. VON GERHARD HOFER
Die Presse: Sieben Jahre Krise. Ist jetzt endlich Schluss? Bernhard Felderer: Wie kommen Sie auf sieben Jahre? Das krisenhafte Szenario hat eigentlich viel früher begonnen. Spätestens, als sich in den Jahren ab 2002 der blinde Optimismus überschlagen hat. Es wurde gigantisch investiert. Das gilt für Unternehmer und natürlich für Banken. Alle dachten, es geht so weiter wie -in den 1980erund 1990er-Jahren.
Und 2008 kam dann der große Knall namens Lehman Brothers. Da wurde die Krise für alle sichtbar. Der Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Robert J. Shiller hat schon 2007 davor gewarnt, dass die Immobilienpreise in den USA viel zu hoch sind.
Seither sagen uns die Wirtschaftsforscher Jahr für Jahr, dass der Aufschwung nächstes Jahr kommen wird. Doch er kommt nicht. Warum soll es diesmal anders sein? Ich glaube, dass wir wieder ein Wachstum von zwei Prozent haben werden. Ich bezweifle aber, dass es schon nächstes Jahr sein wird. Es wird noch ein paar Jahre dauern. Besonders bei uns in Österreich.
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Warum wächst die Wirtschaft nur mehr langsam? Für Wirtschaftswachstum braucht es zwei Voraussetzungen: eine wachsende Bevölkerung und höhere Produktivität. Die Bevölkerung wird in Europa in den kommenden
Jahrzehnten nicht wachsen. Und auch die Produktivität sinkt seit Jahrzehnten kontinuierlich und wächst nun in der Krise de
wahren.
Das Bedürfnis nach Sicherheit ist also eine Wachstumsbremse? Heute geht einer ein Risiko ein, wenn er den Job wechselt. Selbst wenn er andernorts mehr verdienen würde, ist ihm das Risiko zu groß, dort zu versagen und den Job zu verlieren. Auch die Unternehmer riskieren weniger, das heißt, sie investieren weniger. Aber die Marktwirtschaft
braucht Menschen, die Risiko nehmen und Ideen haben. Diese Entwicklung gilt für viele europäische Länder, nicht Jedoch für die USA.
Dort ist doch die Produktivität in den vergangenen Jahren wieder gestiegen.
Wie denn das? Damit sind wir beim europäischen Kernproblem. Hierzulande passen sich auch die staatlichen Institutionen dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung an. Denken Sie an den Ausbau des Sozialversicherungssystems, an all die Regulierungen - etwa bei den Banken. Das gibt es in den USA nicht. Dort gehen Unternehmen und sogar auch Banken pleite, wenn die Performance nicht passt. Aber: Jeder hat eine zweite Chance.
Na gut: Sollen die Amerikaner wachsen, wir haben dafür einen besseren Sozialstaat, wir sind zufrieden, mit dem was
wir haben. Wieso müssen wir immer
wachsen? Weil wir sonst unseren Wohlstand einbü-
ßen. Wir brauchen zwei Prozent Wachstum,
damit die Arbeitslosigkeit nicht weiter steigt. Außerdem ist nicht nur der Staat verschuldet, sondern auch die privaten Haushalte. Ohne Wachstum können diese ihre Schulden nicht zurückzahlen. Wachstum ist also kein Fetisch von Managern und neoliberalen Professoren? Und Wachstum heißt auch nicht, dass wir
alles zubetonieren müssen. Viele Menschen haben leider diese Befürchtung, dass Wirtschaftswachstum die Umwelt zerstört.
Dabei ist gerade das Gegenteil der Fall. Ökonomischer Fortschritt bedeutet höhere
facto nicht mehr.
Lebenserwartung, bedeutet bessere Ge-
Warum waren wir früher produktiver? Weil früher niemand über Sicherheit ge-
Marktwirtschaft.
sprochen hat. Weil früher alle gierig danach waren, ein besseres Leben zu haben. Doch mit dem Wohlstand steigt das Sicherheitsbedürfnis. Und irgendwann will man nicht mehr haben, sondern das, was man hat, be-
sundheit. Das alles verdanken wir der Und trotzdem verliert unsere Marktwirtschaft samt eingebautem Sozial-Airbag so an Fahrt. Steht quasi still. Sicherheitsstreben und Umverteilung reduzieren die Wachstumsanreize,
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Aber aus einer sicheren Warte weniger Sicherheit zu predigen - da macht man es sich doch sehr einfach, oder? Ja, ich kann das locker sagen. Aber wir werden diese Sicherheitskultur ohnehin nicht abschütteln. Wir haben uns längst für Sicherheit und gegen Wachstum entschieden.
Interessant ist nur, dass trotz steigender Sicherheit, trotz steigender Sozialleistungen die allgemeine Verunsicherung zunimmt. Wir fürchten uns mehr denn je. Vor den Ausländern, vor Arbeitslosigkeit, vor Terrorismus. Je mehr wir haben, umso größer ist die Angst, es zu verlieren. Wir fürchten, dass uns der Ausländer etwas wegnimmt. Dabei ist empirisch erwiesen, dass Zuwanderung den Wohlstand aller steigert.
Dennis Meadows hatte also doch recht, als er das Ende des Wachstums propagierte? Meadows irrte. Ginge es nach ihm, hätten wir seit Jahren kein Erdöl mehr. Wir werden
kein Wachstum wie in den 1970er- und 1980er-Jahren mehr 'sehen. Die Wirtschaft wird nur noch moderat wachsen. Und das über einen sehr langen Zeitraum. ZUR PERSON
Wachstum heißt nicht, dass wir alles zubetonieren müssen", sagt Felderer.
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Bernhard Felderer wurde 1941 in Klagenfurt geboren. Der Ökonom lehrte und forschte unter anderem an den Universitäten Princeton, Köln und Bochum. Von 1991 bis 2012 war Felderer Direktor des Instituts für Höhere Studien. Er beriet als Wirtschaftsforscher Regierungen in Österreich und Deutschland. Felderer ist Präsident des österreichischen Fiskalrats. Das Gremium berät die Politik bei Fragen der Staatsfinanzen und des Staatshaushaltes.
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+2,9 +5,0 Exporte
+0,7 +1,8
+3,0 +4,0
BIP-Wachstum real
+2,9 +5,0
+0,5 +1,3
Importe INS
2015 2016
+2,5 +3,5
Wifo 2015 2016
Konjunkturprognose
+0,8 +1,7
jeweils zum Vorjahr in Prozent
Privater Konsum
-0,5 +1,3
+0,4 +1,3
Bauinvestitionen
-0,1 +2,0 Bruttoanlageinvestitionen
+0,5 +1,0
+0,5 +1,5 Quelle: IHS. Wifo Grafik ..Die Presse' GK
Österreichs Wachstumsbonus war suspekt" Konjunktur. Der Aufschwung im Euroraum wird auch in Österreich ankommen, erwarten Wifo und MS. An eine echte Erholung glauben die Unternehmen aber offenbar nicht. Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag
Wien. Zwei Drittel des heimischen Wirtschaftswachstums wird jenseits der Grenzen entschieden. Und da große Euroländer wie Italien, Frankreich oder Spanien wieder zum Wachstum zurückfinden und Österreich vom Schwächeln der Schwellenländer nur wenig betroffen ist, rechnen die Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS für 2016 wieder mit einem kräftigeren Anstieg der Kon-
junktur. Spätestens ab 2017 soll auch die Steuerreform ihr Scherflein zur Konjunktur-
belebung beitragen. Heuer bleibt die wirtschaftliche Dynamik in Österreich mit einem prognostizierten BIP-Plus von 0,5 bis 0,7 Pro-
heimische Wirtschaft das zweite Jahr in Folge langsamer als der Euroraum. Unsere Prognose ist nicht pessimistisch, sondern realistisch", betonte Wifo-Chef Karl
Aiginger. Einen Grund für die schwächere Entwicklung Österreichs im Vergleich zur Eurozone sehen die Ökonomen auch darin, dass das Land am Aufschwung beim wichtigsten Handelspartner Deutschland nicht partizipieren kann wie gewohnt. Denn die deutsche Erholung ist stark konsumgetrieben, Österreichs Exportunternehmen hingegen vor allem im industriellen Bereich stark. Aber auch Soft Facts hemmen das heimi-
sche Wachstum, allen voran die düstere Stimmung, in der sich die österreichischen Unternehmer derzeit befinden. Zurückhaltung bei Investitionen Obwohl die konjunkturellen Signale aus vielen Industrieländern gut seien, stünden diese bei Investitionen weiter fest auf der Bremse. Das IHS erwartet im Jahresschnitt heuer eine Stagnation (-0,1 Prozent) der Anlageinvestitionen. Das Wifo hat seine Prognosen
zent noch sehr schwach. Damit wächst die Presseclipping erstellt am 19.06.2015 für Institut für höhere Studien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
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far die Bruttoanlage- und die Ausrastangsinvestitionen far heuer auf je 0,5 Prozent plus reduziert. Das ist deutlich weniger als bei fraheren Aufschwiingen", sagt IHS-elkonom Helmut Hofer. Die heimischen Unternehmen rech-
nen offenbar nicht damit, dass das Wirt- \ schaftswachstum
mittelfristig
wieder
Qber zwei Prozent steigen wird, erlQutert sein Wifo-Kollege Aiginger. Erst ab dieser Schwelle warden nQmlich KapazitQten in den Fabriken tiblicherweise zu knapp und Investitionen in die Erweiterung von Anlagen notwendig. Und: Es ist gut mQglich, dass die Unternehmen hier recht behalten", sagt Aiginger
zur Presse".
Neue Zirkte in Osteuropa lassen aus Der Grund dafQr: Osterreich habe es die 1Qngste Zeit verabsQumt, eine wirldich konkurrenzffihige Zukunftsindustrie aufzubauen. Der Wachstumsbonus", den Osterreich lange Zeit gegenQber LQndern wie Deutschland genossen habe, sei ihm immer suspekt" gewesen.
Die ErklQrung ftir das fraher stQrkere Wachstum sieht er einzig in der geschickten ErschlieBung neuer MQrkte. Die OstQffnung und spQter die EU-Osterweiterungen hQtten die heimische Wirtschaft stark belebt. Nun seien mit Russland, der Ukraine und dem ge-
samten Balkan jedoch drei der einstigen HoffnungsmQrkte in wirtschaf-tlichen Turbulenzen. Die FlexibilitQt, sich nun einfach umzudrehen und die Waren eben in eine chine-
sische Provinz zu liefern, fehle der heimi(auer)
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