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KONZEPT Lebensgemeinschaft Katzenhübel
für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung
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INFRASTRUKTUR
1.1 STANDORT UND LIEGENSCHAFT DER LEBENSGEMEINSCHAFT Die Liegenschaft besteht aus einem grossen und gemütlichen Bauernhaus und den angebautem Ökonomiegebäude, welches auf einem Hügel in der Aargauer Gemeinde Teufenthal steht. Das Bauernhaus liegt oberhalb eines Einfamilienhausquartiers inmitten von Wiesen und Nähe Wald und ist in zehn Minuten zu Fuss vom Bahnhof aus erreichbar. Die Liegenschaft bietet genügend Platz und ist ein idealer Lebensraum für Menschen, die eine ruhige und naturnahe Umgebung schätzen und gerne Tiere um sich haben. Das Wohnhaus ist neu renoviert und ausgebaut. Es hat sieben Zimmer, einen grossen Wohnraum, eine Küche und drei Nasszellen. Es ist nicht rollstuhlgängig und hindernisfrei gebaut. Im angebauten Ökonomiegebäude hat es ein Tenn mit Atelier und Mehrzweckraum, Stallungen für Schafe und andere Kleintiere, eine Werkstatt und diverse Nebenräume. Zu der Liegenschaft gehören 2,3 ha Landwirtschaftsland mit mehreren HochstammObstbäumen. Das Land ist gut für extensive Tierhaltung gut geeignet und bietet auch genügend Platz für einen grossen Gemüsegarten. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder per Auto sind vielseitige Infrastrukturen für verschiedene Bedürfnisse gut erreichbar (Ärzte, Ämter, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Kulturhäuser und Freizeitanlagen, etc.).
2. ORGANISATION DER LEBENSGEMEINSCHAFT 2.1 LEITGEDANKEN Jeder Mensch ist eine eigenständige Persönlichkeit mit individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen. Jedem begegnen wir mit Achtung, Menschenwürde und Empathie. Wir akzeptieren jedes Individuum in seinem ganz eigenen Sein und orientieren uns bei der Lebensgestaltung an den Grundsätzen der Integration, der Normalisierung und der Selbstbestimmung. Alle Bewohner/innen haben das Recht und die Pflicht auf gegenseitige Rücksichtnahme und auf das Respektieren, Akzeptieren und Anerkennen der individuellen Bedürfnisse. Die Lebensgemeinschaft schafft geschützte, aber trotzdem offene Lebensräume, in denen die Bewohner/innen, ein ihren eigenen Fähigkeiten und Wünschen entsprechendes, eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben führen können. 2.2 ANGEBOT DER LEBENSGEMEINSCHAFT Die Lebensgemeinschaft bietet für maximal sechs Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung in einer familienähnlichen Struktur einen Lebens-, Wohn- und Arbeitsraum mit engagierter und qualifizierter Begleitung. Je nach Belegung kann ein Zimmer als Ferienoder Entlastungsplatz genutzt werden. Gemeinsam bewirtschaften wir das dazugehörige Land. Wir haben einen grossen Garten und halten verschiedene Tiere (Schafe, Alpakas, Wollschweine, Kaninchen und Hühner). Es wird Wert auf Achtung und Sorgfalt im zwischenmenschlichen Umgang und in der Beziehung Mensch–Tier–Natur gelegt. Die verschiedenen Jahreszeiten werden aktiv erlebt und bestimmen den Lebens- und Arbeitsrhythmus sowie den Arbeits- und Freizeitinhalt. Soziale Integration ist ein wichtiger Pfeiler der Lebensgemeinschaft. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass sowohl die Lebensgemeinschaft als Ganzes, als auch jede/r Bewohner/in als Einzelperson Kontakte und Beziehungen zu Angehörigen, Bezugspersonen, Nachbarn, Freunden und Bekannten hat und pflegt. 2.3 ZIELGRUPPE Das Wohn- und Arbeitsangebot richtet sich an erwachsene Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Es werden Bewohner/innen beiderlei Geschlechts aufgenommen. Bei der Gruppenzusammensetzung wird auf eine gute und leistbare Durchmischung Wert gelegt. Der Schwerpunkt liegt bei Menschen, welche weder die Ressourcen für eine praktische IVAnlehre noch für einen geschützten Arbeitsplatz mitbringen, aber gerne und gut praktische Arbeiten verrichten können.
2.4 AUFNAHMEKRITERIEN
Die aufzunehmende erwachsene Person muss IV-rentenberechtigt sein Sie muss gut zu Fuss unterwegs sein, da das Haus nicht rollstuhlgängig ist Sie muss sich freiwillig auf familienähnliche Strukturen einlassen wollen und können Sie muss sowohl gerne draussen in der Natur arbeiten, wie auch Haushaltsarbeiten verrichten Sie müssen bereit sein, Mitverantwortung für Haus, Hof und Tiere zu übernehmen 2.5 AUSSCHLUSSKRITERIEN
Eingeschränkte Mobilität Krankheiten und psychische Störungen, welche eine andere Betreuung benötigen Ein hohes Mass an Selbst- und Fremdgefährdung Tätlichkeiten und Übergriffe
2.6 AUFENTHALTSDAUER Es wird bewusst weder eine Mindest- noch eine Höchstaufenthaltsdauer für die Bewohner/ innen festgelegt. Der Grundsatz der Freiwilligkeit und der gegenseitigen Verbindlichkeit für das Wohl der Lebensgemeinschaft ist vordergründig.
3. LEISTUNGSANGEBOT 3.1 LEBEN UND WOHNEN Alle Bewohner/innen sollen sich in der Lebensgemeinschaft Katzenhübel wohlfühlen und ihre Bedürfnisse uns Anliegen miteinbringen können. Jede/r Bewohner/in wird auf seinem individuellen Niveau abgeholt und erhält die nötige Unterstützung, damit die Teilhabe im Alltag möglich ist. Die Begleitung in der Lebensgemeinschaft erfolgt im Sinne von: "So viel Selbständigkeit wie möglich – so viel Unterstützung wie nötig" Haussitzung In der regelmässig geführten Haussitzung mit allen Bewohner/innen, werden über alle gemeinsamen Aktivitäten und organisatorischen Veränderungen, welche die Lebensgemeinschaft betreffen (Hausarbeitsplanung, Strukturänderungen, Hausregeln, Ferien oder Ausflüge etc.) gesprochen. Hausordnung Die Hausordnung entsteht aus den regelmässig stattfindenden Haus- und Teamsitzungen und ist für alle verbindlich. Sie wird regelmässig überprüft und bei Bedarf angepasst. Zimmer Die Bewohner/innen können ihre Zimmer individuell einrichten und gestalten (grundsätzlich Einer-, auf Wunsch auch Zweierzimmer) und besorgen wenn möglich, die Reinigung selber. Intim- und Privatsphäre Auf die Intim- und Privatsphäre der Bewohner/innen wird besonderen Wert gelegt. Es ist Aufgabe der Betreuungspersonen auf die Privatsphäre zu achten und diese zu schützen. Liebe, Freundschaft, Sexualität Die Bedürfnisse der Bewohner/innen nach Freundschaft, Liebe, Partnerschaft und individuell gelebter Sexualität, werden ernst genommen und unterstützt. Sie haben ein Anrecht auf gezielte Wissensvermittlung, Aufklärung und Begleitung, welche ihren individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten angepasst sind. Gesundheit Die Bewohner/innen werden in ihrer persönlichen Gesundheitsvorsorge (Hygiene, Ernährung, Prävention) unterstützt. Bei Bedarf werden verschiedene Fachärzte/innen und Therapieangebote aufgesucht. Kommunikation Die Fähigkeit zu kommunizieren ist eine wichtige Voraussetzung um miteinander in Beziehung zu treten, einander zu verstehen, sich ernstgenommen zu fühlen und im Alltag mitbestimmen zu können. Um allen Bewohner/innen die Möglichkeit dazu zu geben, wird auf eine einfache verbale Umgangssprache geachtet und individuell angepasste Unterstützende Kommunikationsformen eingesetzt.
Bezugspersonensystem Für jede/n Bewohner/in der Lebensgemeinschaft ist eine Bezugsperson zuständig. Die Bezugspersonenarbeit beinhaltet die Unterstützung, Beratung, Begleitung und individuelle Förderung des/r jeweiligen Bewohners/in. Dazu gehört auch der Kontakt zum jeweiligen Arbeitgeber, zu den Angehörigen, externen Bezugspersonen und zu den amtlichen Stellen, Interdisziplinäre Zusammenarbeit Zum Wohle der Bewohner/innen wird eine offene und vernetzte Zusammenarbeit mit verschiedenen Systemen (Angehörige, zuweisende Institutionen, Fachpersonen, etc.) angestrebt. Aggression / Gewalt Aggressives und gewalttätiges Handeln, sowie Machtmissbrauch physischer und psychischer Art, werden nicht geduldet und haben klare Konsequenzen zur Folge. Bei Bedarf werden psychiatrische und andere therapeutische Fachpersonen beigezogen. Tages- / Wochenstruktur Ein klar strukturierter Tagesablauf vermittelt Bewohner/innen Sicherheit und Stabilität. Der Tag ist in geregelte Arbeitszeiten, Pausen und freien Zeiten eingeteilt. Das Morgenessen wird von den Bewohner/innen individuell, das Mittag- Abendessen gemeinsam eingenommen. Die Woche ist in der Regel unterteilt in fünf Arbeits- und zwei Freitage, wobei die freien Tage nicht zwingend am Wochenende stattfinden. Gruppenaktivitäten Wöchentlich finden ein- bis zweimal Gruppenaktivitäten statt. Entweder haben diese einen allgemeinbildenden Charakter oder sind Freizeitangebote, welche zur Gemeinschaftsbildung beitragen. Es werden auch gemeinsame Wochenendausflüge und Ferien angeboten. Ernährung Wir legen Wert auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung, welche wir grösstenteils miteinander zubereiten. Dafür verarbeiten wir unsere selbst angebauten Lebensmittel und berücksichtigen möglichst lokale und saisonale Produkte aus fairem Handel. 3.2 ARBEIT UND FREIZEIT Die Arbeiten sollen für die Bewohner/innen einen Sinn ergeben und nachvollziehbar sein. Die Arbeiten sind umgebungs- und saisonbedingt vorhanden und die Vielseitigkeit der Aktivitäten ergibt sich aus Themen, welche sich durch das Leben in einer Gemeinschaft auf einem Bauernhof ergeben. Intern gerichtete Arbeitsfelder:
Tierhaltung - Tiere werden artgerecht gehalten und versorgt
Gemüsegarten - für die Eigenverwendung bewirtschaften
Hauswirtschaftliche Arbeiten - Kochen, Putzen, Wäsche waschen, etc.
Einmachen von Lebensmitteln - für den Eigengebrauch
Brot backen - für den Eigengebrauch
Holzen - für die Holzzentralheizung muss Holz vorbereitet werden
Gebäudeunterhalt - Renovationsarbeiten im Haus und auf dem Hofgelände ausführen
Umgebungsarbeiten - Landschaftspflege und saisonal bedingte Arbeiten erledigen
Extern gerichtete Arbeitsfelder:
Kreativwerkstatt - Herstellen von Kunstobjekten aus diversen Materialien
Verarbeitung von Lebensmitteln - für ein „Hoflädeli“
Auftragsarbeiten - Übernahme kleinerer und grösserer Aufträge aus der Nachbarschaft
Freizeit Die Freizeit dient als Ausgleich und Erholung zur Arbeits- und Beschäftigungssituation. Es wird begrüsst, wenn die Bewohner/innen ihren individuelle Bedürfnissen entsprechend, nebst den internen Freizeitangeboten (spielen, musizieren, spazieren, Sport treiben, etc.) auch Freizeitaktivitäten ausserhalb der Lebensgemeinschaft besuchen. (Vereine, Bildungsklubangebote der Pro Infirmis, regionale Kulturangebote, etc.) Ferien Allen Bewohner/innen stehen Ferientage zu. Je nach Wunsch können diese individuell oder als Gemeinschaft verbracht werden. Sei dies in der Lebensgemeinschaft, bei Familienangehörigen oder in Ferienaufenthalten im In- oder Ausland. Bei der Suche nach geeigneten Ferienmöglichkeiten werden die Bewohner/innen nach Wunsch, soweit wie nötig, unterstützt. 3.3 ENTWICKLUNG Die Entwicklung und die Lebensqualität der Bewohner/innen sind zentrale Punkte in der Betreuungsarbeit. Wir setzen uns ein, damit die Entwicklung der eigenen Möglichkeiten und der individuellen Stärken möglich ist. Durch Mitbestimmungsmöglichkeiten im Alltag der Lebensgemeinschaft, lernen sie Verantwortung zu übernehmen und werden aufgefordert, ihr eigenes Tun zu reflektieren. Standortgespräch / Entwicklungsplanung Die Förderung und Begleitung richtet sich nach den Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner/innen. Einmal jährlich findet ein persönliches Standortgespräch mit allen beteiligten Personen (Bewohner/in, Angehörige, Gesetzliche Vertretung) statt. Gemeinsam werden individuelle Entwicklungsziele formuliert und der Unterstützungsbedarf definiert, was regelmässig überprüft wird. Ausgleichstunden Ausgleichsstunden wie lebenspraktischer Unterricht, kreatives Gestalten, Musizieren, Bewegungsaktivitäten, etc. finden teils in der Gruppe und teils als Einzelförderung statt. Ziel ist es, in diesen Stunden auf die individuellen Bedürfnisse und Entwicklungsziele einzugehen.
3.4 ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Die Integration und soziale Vernetzung mit der Gemeinde erfolgt durch eine regionale Einkaufspolitik, Vereinsmitgliedschaften und Besuchen diverser öffentlicher Veranstaltungen und Einrichtungen der Gemeinde. Ein wesentlicher Teil der Öffentlichkeitsarbeit stellen die diversen Anlässe dar, bei denen aussenstehende und interessierte Personen von der Lebensgemeinschaft eingeladen werden und an Aktivitäten und Feste teilnehmen können. Zusätzlich wird mit dem Ausstellen und Verkauf von selbstgemachten Esswaren und Kunstobjekten der Kontakt zur Bevölkerung gefördert und so Verständnis für behinderte Menschen und ihre Lebensthemen gefördert.
4. PERSONAL 4.1 MITARBEITER/INNEN Da innerhalb der Lebensgemeinschaft unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte anfallen, ist das Team mit Personen aus verschiedenen Berufszweigen zusammengesetzt. Je nach Aufgabengebieten werden gegebenenfalls zusätzliche Fachpersonen angestellt. Die Mitarbeitenden ergänzen sich und arbeiten interdisziplinär zusammen. 4.2 LEITUNG Mit unseren Ausbildungen, Berufserfahrungen und Menschenkenntnis setzten wir uns mit Freude und Verantwortung für die Arbeit in der Lebensgemeinschaft Katzenhübel ein. Cynthia Cavazzutti, 1969 Ist Kindergärtnerin und Heilpädagogin mit vielseitigen und langjährigen Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie arbeitete viele Jahre mit Kindern in der Sonderschule und hat ausserdem zwei neue Wohngruppen für Erwachsene aufgebaut und geleitet. Ihr ist es ein zentrales Anliegen mit Mensch, Tier und Natur einen respektvollen und emphatischen Umgang zu haben. Sie hat eine Ausbildung für Landwirtschaft im Nebenerwerb absolviert und besitzt einen Hund, mit welchem sie die Ausbildung zum Sozialhundeteam gemacht hat. Sandra Münger, 1968 Ist Malerin und Sozialpädagogin und hat lange in Institutionen für erwachsene Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet. In ihrer Arbeit legt sie grossen Wert auf die Beziehungsarbeit im milieutherapeutischen Setting. Neben ihrer milieutherapeutische Ausbildung, bringt Erfahrungen in der Organisation und Neuerarbeitung von Wohngruppen mit, ist ausgebildete Praxisanleiterin und Teamleiterin. Sie hat ebenfalls mit ihrem Hund die Ausbildung zum Sozialhundeteam gemacht.
5. FINANZIERUNG Die Bewohner/innen zahlen eine Tagestaxe gemäss der Taxregelung Lebensgemeinschaft Katzenhübel. Die Finanzierung muss vor dem Eintritt geregelt sein.
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