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IKB-Kapitalmarkt-News – Korrektur am chinesischen Aktienmarkt: realwirtschaftliche Risiken überschaubar 10. Juli 2015 Dr. Klaus Bauknecht
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Die Korrekturen an der chinesischen Aktienbörse haben die Befürchtungen geweckt, dass das chinesische Wachstum auf eher wackeligen Säulen steht und nicht nachhaltig ist. Diese Befürchtungen betrafen in den letzten Jahren immer wieder Insbesondere den chinesischen Immobilienmarkt. Viele Kommentare haben den Zusammenbruch des chinesischen Wachstumsmodells nach einem Platzen der Immobilienblase prophezeit. Der Immobilienmarkt hat zwar mehrere Korrekturphasen erlebt, allerdings haben weder ein Einbruch noch eine wirtschaftliche Rezession stattgefunden. Auch aktuell scheint keine grundlegende Korrektur stattzufinden. Die Preise sind zwar gesunken, doch ein Einbruch wie in den USA (Preisrückgänge über 4 Jahre) ist nicht absehbar. Wie die Reaktion der chinesischen Regierung auf den Einbruch des Aktienmarktes zeigt, scheint sie noch ausreichend Handlungsspielraum für notwendige Korrekturen zu haben. Zwar sind die aktuellen finanzpolitischen Maßnahmen – wie das Verkaufsverbot von Aktien – nicht unbedingt marktkonform, jedoch hatten direkte Interventionen am Immobilienmarkt durchaus ihren Erfolg, weil der Preisverfall gestoppt werden konnte. Die chinesische Führung, sieht in fallenden Vermögenspreisen kein Zeichen einer notwendiger Korrektur, sondern ein Wachstumsrisiko und will diesem entgegentreten. Doch im Gegenzug zu den USA hat die chinesische Regierung deutlich mehr Handlungsspielraum – auch durch unkonventionelle Maßnahmen. Der chinesische Aktienmarkt hat seit Mitte 2014 einen wahren Boom erlebt und ist im Falle des CSI 300 (berücksichtigt die 300 größten Unternehmen der Volksrepublik) um rund 145 % gestiegen. Aus dieser Sicht könnte die aktuelle Korrektur von ca. 30 % als überschaubar eingeschätzt werden. Der Index ist seit Jahresanfang immer noch um 10 % im Plus. Somit hat seit Januar kein Vermögensverlust stattgefunden. Abb. 2 zeigt, dass der CSI 300 bereits im Vorfeld der Finanzkrise eine deutliche Blasenentwicklung gezeigt hat, die sich 2008 korrigierte. Zwischen 2010 und 2014 war der Index trotz soliden Wirtschaftswachstums tendenziell eher rückläufig. Der Hang Seng Index der Hong Kong Stock Exchange hingegen zeigt einen Aufwärtstrend, der mit den Wachstumsraten Chinas in den letzten Jahren konsistent ist und der auch mit der aktuellen Korrektur noch nicht gebrochen zu sein scheint. Doch welche Bedeutung haben die Korrekturen am chinesischen Aktienmarkt für das deutsch Exportwachstum nach China?
Shanghai Shenzhen CSI 300 Index
Abb. 1: Shanghai Shenzhen CSI 300 Index 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000
0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quellen: Bloomberg; IKB
Eine deutliche Korrektur des Aktienmarktes wird oft als Auslöser einer Rezession genannt. Denn die große Depression Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhundert hat zwar gezeigt, dass auch wirtschaftliche Entwicklungen einen Einbruch der Finanzmärkte einleiten können, ein Aktieneinbruch und die daraus folgende Limitierung der Geldmenge birgt aber das deutliche größere Risiko. Wie bedeutend ist die Entwicklung auf den Aktienmärkten für die chinesische Konjunktur? Konkreter: in welchem Maße wird die Volatilität und Korrektur auf den chinesischen Aktienmärkten die Exportnachfrage Chinas nach deutschen Produkten beeinflussen. Ergibt sich aus den aktuellen Entwicklungen des Aktienmarktes ein erhöhtes Wachstumsrisiko für den deutschen Export nach China? Um diese Fragen zu beantworten, gilt es den Grund für die Aktienkorrektur zu identifizieren. Handelt es ich um eine Blasenkorrektur oder spiegelt der Aktienmarkt eine sich eintrübende
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Konjunkturentwicklung? Die Frühindikatoren der letzten Monate signalisieren keinen wirtschaftlichen Einbruch Chinas und auch die Industrieproduktion lässt zwar tendenziell nach, verbucht aber aktuell keinen Einbruch Chinas Anteil an den deutschen Exporten hat sich von ca. 3 % vor der Finanzkrise auf aktuell 6,3 % erhöht. Dieser Anteil ist allerdings seit 2011 relativ stabil und immer noch deutlich unter den Werten der Exporte in die USA (9,8 %) oder in die Eurozone (36,2 %). In den letzten Jahren wächst der Export nach China nicht schneller als der Gesamtexport Deutschlands. Ein Grund ist sicherlich die zunehmende Produktion vor Ort, um den wachsenden chinesischen Markt besser bedienen zu können. Denn die chinesische Wirtschaft wächst um einiges schneller als die Weltwirtschaft. So mag ein konjunktureller Einbruch in China nicht so sehr das deutsche Exportwachstum belasten, möglicherweise aber sehr wohl die Investitionstätigkeiten deutscher Unternehmen und damit auch die Profitabilität vieler deutscher Investitionen und Produktionsanlagen in China. Als Wachstumstreiber für die deutschen Exporte haben sich in den letzten Jahren erneut vor allem die USA herausgestellt, während in den kommenden Jahren die Euro-Zone an Bedeutung gewinnen sollte.
Abb. 2: Anteile am deutschen Gesamtexport in % 12 10 8 6 4 2 0 2005
2007
2009 USA
2011
2013
2015
China
Quellen: Bloomberg; IKB
Empirische Analysen haben gezeigt, dass Veränderungen an der Börse einen Einfluss auf die Wachstumsrate der chinesischen Industrieproduktion haben. Dies gilt für sowohl für den CSI 300 wie für den Hang Seng Index. Somit hat eine Korrektur am Aktienmarkt realwirtschaftliche Implikationen. Doch sollte der Einfluss der Aktienmärkte auf die industriellen und BIP-Wachstumsraten Chinas nicht überhöht werden. Einen weitaus größerer Einfluss auf die langsamer wachsende Industrie haben die strukturellen Veränderungen der chinesischen Wirtschaft. Der Industrialisierungsprozess reift und der Konsum tritt mehr und mehr in den Vordergrund, was die Wachstumsraten der Industrie abschwächen sollte. Außerdem ist mit einem ansteigenden Beitrag des chinesischen BIP am Welt-BIP mit einer grundsätzlichen Wachstumsverlangsamung zu rechnen. Schätzungen deuten darauf, dass ein Rückgang des Hang Seng Index um 10 % die Wachstumsrate der chinesischen Industrieproduktion um 0,3 Prozentpunkte belastet. Der Einfluss des CSI 300 ist deutlich niedriger, zudem hat dieser Index eine unverkennbar höhere Volatilität. Ein Rückgang des CSI um 30 % bedeutet ein Wachstumsverlust von ebenfalls ca. 0,3 Prozentpunkten. Ähnliche Einflüsse können für die gesamte BIP-Wachstumsrate bestätigt werden. Das Wachstum der Industrieproduktion verlangsamte sich jährlich um einen strukturell erklärbaren Koeffizienten von -0,4 seit 2005 und -0,8 Prozentpunkten seit 2010. Damit ist der aus strukturellen Veränderungen resultierende Rückgang der Wachstumsrate der chinesischen Industrie von größerer Bedeutung als die aktuelle Korrektur auf den Aktienmärkten. Zusammen könnten sie jedoch kurzfristig die Wachstumsraten um rund einen Prozentpunkt belasten – vorausgesetzt die Korrektur auf den Märkten erweist sich als nachhaltig. Die deutsche Exportquote wird positiv von der Wachstumsrate der chinesischen Industrie bzw. des chinesischen BIP beeinflusst. Allerdings deuten auch diese Schätzungen auf einen nur geringen Einfluss hin. Zudem sind die Schätzungen eher instabil, was anhand der verschiedenen Treiber der deutschen Exportquote nicht überraschend ist. Doch anhand der Einflussgröße der Aktienmärkte auf die chinesische Industrieproduktion und das BIP-Wachstum ist mit einem geringen wenn nicht sogar zu vernachlässigenden Einfluss auf die deutsche Exportquote nach China zu rechnen. Somit haben die jüngsten Entwicklungen auf den chinesischen Aktienmärkten keinen bedeutenden Einfluss auf den deutschen Export nach China.
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Abb. 3: Industrieproduktion und Hang Seng Index in % zum Vorjahr 80
14
60
12
40
10
20
8
0
6
-20
4
-40
2
-60 2005
0 2007 Hang Seng Index
2009
2011
2013
2015
Industrieproduktion (rechte Skala)
Quellen: Bloomberg; IKB
Fazit: Die deutlichen Korrekturen an den chinesischen Aktienmärkten werden nicht spurlos an der Realwirtschaft vorüber gehen, vor allem wenn sie sich als nachhaltig erweisen. Allerdings haben empirische Analysen gezeigt, dass dieser negative Einfluss auf die Industrieproduktion und das BIP-Wachstum Chinas überschaubar ist. Deutlich größeren Einfluss auf die chinesische Wirtschaft haben strukturelle Veränderungen wie die wachsende Bedeutung des Konsums und der Reifeprozess der chinesischen Industrie. Somit ergibt sich aus den aktuellen Entwicklungen an den chinesischen Börsen kein zusätzliches nennenswertes Risiko für das chinesische Wachstum. Auch die deutsche Exportquote nach China sollte stabil bleiben – bereits in den letzten Jahren stagnierte sie trotz des hohen chinesischen Wachstums. Die IKB erwartet ein chinesisches BIP-Wachstum von knapp unter 7 % in 2015 und rund 6,5 % in 2016.
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