Transcript
Die Geldwerkstatt informiert: Inflation und Deflation – Dichtung und Wahrheit
Man kann es fast täglich erleben. Wird in den Medien über Inflation be-
verhindern müsse. Lieber ein bisschen Inflation, aber um Gottes willen
richtet, dann wird über Preissteigerungen, über die Teuerungsrate ge-
keine Deflation. Mit einem ständigen Anstieg der Lebenshaltungskosten um
sprochen. Der Preisindex für die Lebenshaltung habe sich im Vergleich zum
bis zu 2% pro Jahr hat die EZB also keine Probleme, mit einem Sinken aber
Vorjahr oder zum Vormonat um x% erhöht. Mal abgesehen von der Frage, ob
schon. Die EZB möchte also nicht, dass ich mir mit einem gegebenen
und inwieweit dieser statistische Warenkorb für das eigene Konsumver-
Geldbudget mehr leisten kann. Macht das Sinn? Ich denke hieran wird schon
halten wirklich repräsentativ ist, verwechselt man hier Ursache und
einmal deutlich, dass an der ganze Argumentation etwas nicht stimmig ist.
Wirkung, denn Inflation ist nicht gleich Teuerung, Inflation ist Ausweitung
Inflation ist die Ausweitung der Geldmenge durch Drucken und in Umlauf
der Geldmenge durch Drucken und in Umlauf bringen von zusätzlichem
bringen von zusätzlichem Geld (lateinisch Inflare = Aufblasen). Wenn durch
Geld.
die Ausweitung der Geldmenge nun mehr Geldscheine einer gegebenen
Dieses
zusätzliche
Geld
kann
dann
auf
einzelnen
Märkten
Preissteigerungen verursachen.
Gütermenge gegenüberstehen, dann sinkt die Kaufkraft eines einzelnen Geldscheines. Inflation bedeutet in diesem Fall also Geldentwertung. Von
Nehmen wir der Einfachheit halber aber mal an, Inflation wäre
daher müsste die Meldung in den Nachrichten eigentlich wie folgt lauten:
gleichzusetzen mit Teuerung bzw. Preissteigerungen. Bekanntlich bemüht
„Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Bürgerinnen und Bürger. Leider
sich der Hüter unserer Währung, die europäische Zentralbank (EZB), um
müssen wir Ihnen mitteilen, dass auch in diesem Jahr unser aller Geld
Preisniveaustabilität. Diese hält Sie für gegeben, wenn die Preise pro Jahr
wieder X Prozent an Wert verloren hat!
um maximal 2% steigen. Erst ab einer Teuerungsrate von über zwei Prozent spricht die EZB überhaupt von Inflation. Anders ausgedrückt: Wenn die
Das macht man aber nicht. Stattdessen verkauft man uns Inflation als Preis-
Kosten der Lebenshaltung jedes Jahr um höchstens zwei Prozent steigen,
steigerung, als Teuerungsrate und vertuscht damit sehr geschickt Ursache
dann hat die EZB damit kein Problem. Für mich als Verbraucher und
und Verursacher der Inflation. Zudem, wenn etwas steigt finden wir das im
Konsument bedeutet das aber doch, dass ich mir mit einem gegebenen
Allgemeinen gut. Das Vermögen steigt, das Einkommen steigt, das
Geldbudget jedes Jahr weniger leisten kann.
Wirtschaftswachstum steigt, die Börsenkurse steigen, also auch die Preise. Nur, warum steigen die Preise im Grunde jedes Jahr? Warum wird das
Wenn nun Inflation Preissteigerungen bedeuten würde, dann wäre Deflation
Leben von Jahr zu Jahr immer teurer? Ist das wirklich nur auf ganz normales
doch umgekehrt gleichzusetzen mit Preissenkungen. Nun kann man aber
Marktgeschehen,
immer wieder lesen und hören, dass die EZB Deflation mit aller Macht
zurückzuführen?
auf
© Die Geldwerkstatt von Holger Lang – Alle Rechte vorbehalten
Veränderungen
bei
Angebot
und
Nachfrage
Die Geldwerkstatt informiert: Inflation und Deflation – Dichtung und Wahrheit
Das kann im Einzelfall oder auch für eine bestimmte Zeitperiode durchaus
verschulden. Und der Staat ist hier der „beliebteste“ Schuldner, da er den
der Fall sein. Dass die Preise einer Vielzahl von Gütern, dass das allgemeine
Gläubigern die höchste Kredit-Sicherheit bietet.
Preisniveau, die allgemeinen Lebenshaltungskosten aber ständig steigen ist durch reines Marktgeschehen nicht zu erklären, sondern nur durch zu viel
Im
Falle
Geld. Weil die Geldmenge ständig steigt und zwar deutlich stärker als die
Unternehmen, private Haushalte) großzügig mit Krediten, so dass diese Ihre
Gütermenge. Die ständigen Preissteigerungen haben also im Wesentlichen
Schulden
nichts mit Marktgeschehen zu tun, sondern sind das Ergebnis einer
Geldvermehrung auf der Anlageseite finanzieren können. Umgekehrt
ständigen Geldentwertung durch zu viel Geld. Wer beeinflusst nun aber
verhält es sich bei einer Deflation. Hier gerät die Kreditversorgung ins
maßgeblich die Geldmenge? Die Zentralbank und vor allem die privaten
Stocken bzw. der Zufluss an billigem Geld (Kredit) kommt zum Erliegen, so
Geschäftsbanken. Damit stellt sich aber doch die Frage: Bringen die beiden
dass die Marktteilnehmer Investitionen und bereits vorhandene Schulden
versehentlich ständig zu viel Geld in Umlauf oder gibt es dafür andere
nicht (re-)finanzieren können. Im Falle einer allgemeinen Deflation werden
Gründe?
also keine weiteren Kredite mehr aufgenommen bzw. gar vorhandene Kredite
der
Inflation
bedienen,
durch
versorgt
man
neue Investitionen,
Rückzahlung
oder
die
Marktteilnehmer
vor allem
Gläubigerverzicht
aber
(Staat,
auch
getilgt.
die
Damit
Meines Erachtens liegt eine tiefere Ursache für Inflation allein schon in der
verschwindet aber auch das dadurch entstandene Geld. Ohne ständig
Art und Weise begründet, wie unser Geld entsteht und in Umlauf kommt. Es
steigende Verschuldung wäre aber auch die exponentielle Geldvermehrung
entsteht nämlich durch Kredit. Durch Verschuldung. Da die Zinsen für den
durch Zins und Zinseszins auf Seiten der Geldanleger nicht mehr möglich
Kredit aber nie mit dem Kredit mitentstehen, kann der Kredit nie
bzw. müsste von den Banken aus der eigenen Tasche finanziert werden,
vollständig, also inklusive der Zinsen zurückbezahlt werden. Dafür ist also
was über kurz oder lang zur Pleite der Bank führen würde, denn in
weitere Verschuldung erforderlich usw. usw. usw. Die ständige Ausweitung
Wahrheit finanziert ja nicht die Bank diese Zinsen, sondern die Schuldner
der Geldmenge (Inflation) ist also zwingend erforderlich, um die jeweils
mit Ihren Schuldzinsen.
vorangegangenen Schulden (Kredite) überhaupt zurückbezahlen zu können. Folglich ist auch eine ständig zunehmende Verschuldung - denn nur dadurch
Ein ständiger Anstieg der Geldmenge (Inflation) und damit aber auch der
entsteht überhaupt Geld - kein Zufall, sondern zwingend notwendig.
Verschuldung ist also zwingend notwendig, um das System am Laufen zu
Mindestens ein Marktteilnehmer muss sich zwangsläufig immer mehr
halten. Das erklärt dann auch, warum die EZB Deflation mit aller Macht verhindern will, obwohl Deflation (das vorhandene Geld gewinnt an
© Die Geldwerkstatt von Holger Lang – Alle Rechte vorbehalten
Die Geldwerkstatt informiert: Inflation und Deflation – Dichtung und Wahrheit
Kaufkraft) doch für einen Großteil der Menschen ein ausgesprochener Segen
Bei Inflation steht den Unternehmen also ausreichend Kredit (frisches Geld)
wäre. Das Kartenhaus würde dann nämlich in sich zusammenfallen. Bei
zur Verfügung, so dass Sie vorhandene Schulden, aber auch neue
unserem zinsbasierten Schuldgeldsystem handelt es sich also im Grunde um
Investitionen problemlos finanzieren können. Die Unternehmen schwimmen
ein Ponzi- bzw. Schneeballsystem. Inflation und Deflation kann man
förmlich in frischem Geld. Umgekehrt verhält es sich im Falle einer
deswegen auch wie folgt definieren:
Deflation. Die Versorgung mit Krediten gerät ins Stocken. Dringend notwendiges Geld, dringend notwendige Liquidität fehlt. Die Unternehmen
Inflation = Ausweitung der Geldmenge = steigende Verschuldung
sitzen sozusagen auf dem Trockenen.
Inflation = Geldentwertung/Kaufkraftverlust Deflation = Verringerung der Geldmenge = sinkende Verschuldung Deflation = Geldaufwertung/Kaufkraftgewinn
Inflation und Deflation kann man auch sehr gut mit dem Gesellschaftsspiel „Reise nach Jerusalem“ vergleichen. Solange die Musik spielt, solange die Banken die Wirtschaft großzügig mit Geld bzw. Krediten versorgt (Inflation)
Es ist im Übrigen durchaus möglich, dass Inflation und Deflation gleichzeitig auftreten, da die Notenbank die Geschäftsbanken mit ausreichend Liquidität, also billigen Krediten versorgt, die Unternehmen aber unter einer Kreditklemme (Deflation) leiden, da die Banken das „billige Geld“ nicht an die Realwirtschaft weiterleiten. Dies kann insbesondere in Niedrigzinsphasen der Fall sein, da die Geschäftsbanken das billige Geld dann lieber relativ risikolos an den Kapitalmärkten investieren statt es als Risiko-Kapital (Kredit) an Unternehmen auszuleihen. Für Unternehmen stellt sich das Thema Inflation und Deflation also häufig wie folgt dar: Inflation = billiges Geld = KREDITSCHWEMME > Investitionsboom Deflation = teures Geld = KREDITKLEMME > Investitionsstau
tanzen alle fröhlich im Kreis herum. Hört die Musik aber auf zu spielen (Deflation), dann jagen alle dem fehlenden Gelde hinterher, versucht jeder der Teilnehmer einen Stuhl zu ergattern. Es ist aber immer ein Stuhl zu wenig da (Das fehlende Geld für die Zinsen). Zwangsläufig scheidet pro Runde ein Teilnehmer aus, denn er konnte keinen Stuhl ergattern, seine Schulden also nicht mehr refinanzieren. Aufgrund der fehlenden Zinsen in der gesamten Geldmenge gibt es immer einen Schuldner, der sich nicht refinanzieren kann. Die Anzahl der Stühle wird bekanntlich von Spielrunde zu Spielrunde immer geringer, und Runde für Runde scheidet ein Teilnehmer aus bis nur noch einer übrig ist. Er ist der Sieger. Ihm gehört jetzt alles, alle anderen haben alles verloren. Genauso verhält es sich mit unserem Geldsystem.
© Die Geldwerkstatt von Holger Lang – Alle Rechte vorbehalten