Transcript
INGEBORG FEIGE GESCHICHTLICHKEIT
II
FEIBURGER THEOLOGISCHE STUDIEN Unter Mitwirkung der Professoren der Theologischen Fakultät herausgegeben von
Remigius Bäumer, Alfons Deissler, Helmut Riedlinger
Hundertachtunddreißigster Band Geschichtlichkeit
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Ingeborg Feige
Geschichtlichkeit Zu Bernhard Weltes Phänomenologie des Geschichtlichen auf der Grundlage unveröffentlichter Vorlesungen
Herder
Freiburg Basel Wien
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MEINEN ELTERN
D 25 [Impressum der Druckausgabe:] Alle Rechte vorbehalten - Printed in Germany Verlag Herder Freiburg im Breisgau 1989 Herstellung: Weihert-Durck, Darmstadt 1989 ISBN 3-451-21474-1
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Diese Arbeit wurde unter dem Titel „Geschichtlichkeit. Untersuchung zu Bernhard Weltes Phänomenologie des Geschichtlichen auf der Grundlage unveröffentlichter Vorlesungen“ als Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde von der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. angenommen. Referent: Korreferent: Dekan: Tag der Promotion:
Professor Dr. Bernhard Casper Professor Dr. Helmut Riedlinger Professor Dr. Charles Lohr 1. Juni 1989
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VORWORT
Zu danken habe ich Herrn Professor Dr. Bernhard Casper für die Anregung und Begleitung dieser Arbeit, für die hilfreichen Einsichten, die mir aus der Teilnahme an seinen Seminaren erwachsen sind, und für die Erlaubnis der freien Einsichtnahme in Bernhard Weltes Nachlaß. Mein Dank gilt auch Frau Martina Lesch für die rasche Sichtung und archivarische Aufnahme von Weltes Nachlaß sowie den Mitarbeitern am Arbeitsbereich Christliche Religionsphilosophie. Den Herausgebern der ‘Freiburger theologischen Studien’ danke ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe und dem Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg für die Gewährung eines Zuschusses zur Drucklegung. An diese rStelle darf ich noch hinweisen auf die auch Anfang 1989 in dieser Rehe erscheinende Untersuchung von Hubert Lenz mit dem Titel ‘Mut zum Nichts als Weg zu Gott. Bernhard Weltes religionsphilosophische Anstöße zur Erneuerung des Glaubens’, die mir bei Abfassung meiner Arbeit noch nicht vorlag. Freiburg, September 1988 Ingeborg Feige
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VII
INHALT EINLEITUNG 1, 2.
3..
Einordnung von B. Weltes geschichtsphilosophischem Denken in sein Werk Klärung des Verhältnisses von Philosophie und Theologie als Vorbedingung der philosophischen Erhebung eines „Apriori des Christentums“ Die geschichtsphilosophischen Vorlesungen und ihre Methode
1
13 19
A. VORÜBERLEGUNGEN I. 1.
2.
3.
II.
GESCHICHTLICHKEIT UND CHRISTENTUM Die Geschichtlichkeit des Christentums a) Der Ursprung b) Der Glaube c) Die Tradition Der Absolutheitsanspruch des Christentums und der Widerspruch eines relativistischen Verständnisses von Geschichtlichkeit dagegen Die Modernität des Bewußtseins der Geschichtlichkeit, seine Folgen für die Theologie und seine Bedrohung durch das geschichtslose Denken der modernen Naturwissenschaft
27 27 28 31 32
DIE TRANSZENDENTALITÄT DER GESCHICHTLICHKEIT
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35
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B. GESCHICHTLICHKEIT UND GESCHICHTE
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I.
DIE SEINSCHARAKTERE DES GESCHICHTLICHEN
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1.
Singularität a) Geschichtliche Singularität als Einzelheit als solche b) Die Allgemeinheit geschichtlicher Begriffsbildung und der immer mögliche Absprung in die geschichtliche Einzelheit c) Geschichtliche Einzelheit als Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit d) Geschichtliche Ganzheiten und ihr geschichtliches Subsumtionsverhältnis
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VII
VIII
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
VIII
Kontinuität a) Die dialektische Einheit von geschichtlicher Singularität und Kontinuität b) Das Geschichtliche als „Dasein inmitten“ und als „concretum universale“ Geschehen a) Innere Identität von Geschichte und Geschehen b) Geschichtliches Geschehen als Geschehen des Einzelnen als solchen gegenüber dem Geschehen in der Natur als dem Geschehen des Allgemeinen c) Die Zeitlichkeit des geschichtlichen Geschehens aa) Die innere Zweidimensionalität der Vergangenheit bb) Die innere Zweidimensionalität der Zukunft d) Die Endlichkeit der Zeitlichkeit als Grund von Geschichtlichkeit e) Die Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit f) Geschichtliches Geschehen als Geschehen von Anfänglichkeit, Gegenwärtigung und Neuheit g) Erste Zusammenfassung einer sich andeutenden Wandlung im geschichts philosophischen Denken Weltes Personalität a) Person als „Bei-sich-sein“ b) Person als transzendierend-transzendentale Relationalität und Ereigniskategorie c) Das geschichtliche Miteinander als das „öffentliche Wir“ Bedeutsamkeit a) Bedeutsamkeit b) Betroffenheit c) Unerschöpflichkeit und Unvergeßlichkeit Augenblicklichkeit a) Entscheidende Augenblicklichkeit b) Geschenkte, gewährte und ereignete Augenblicklichkeit Seinsgeschichte und Epochalität a) Heideggers Gedanke von der Seinsgeschichte b) Weltes Gedanke der epochalen Seinsgeschichte und seine zunehmende Entfaltung aa) Epochale Seinsgeschichte bb) Zunehmende Entfaltung des Gedankens und seine Bedeutung für Weltes Geschichtsverständnis c) Das Problem des Verhältnisses von Sein und Gott aa) Weltes Heidegger-Interpretationen bb) Weltes eigene Position d) Die „Überwindung“ der Metaphysik als „Bewahrung“ der Metaphysik e) Wahrheit und Geschichtlichkeit „Verstehen“, „Andenken“, „Übersetzen“, „epochales Gespräch“ - Tradition a) Geschichtliches Verstehen und geschichtliche Vergewisserung b) Tradition als Andenken und Übersetzen aa) Andenken bb) Übersetzen und epochales Gespräch
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II.
DIALEKTIK DER GESCHICHTE
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1.
Der Zug der Unendlichkeit a) Unendlichkeit als Unvergänglichkeit und das „Ein-für-allemal“ b) Unendlichkeit als Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit c) Unendlichkeit als Alleinheit und das „Eins und Alles“ d) Unendlichkeit als Allmacht e) Unendlichkeit als Verantwortlichkeit f) Das „Bild Gottes“ in der Geschichte Der Gegenzug der Endlichkeit a) Endlichkeit als Vergehen und Epochalität b) Endlichkeit als Endlosigkeit des Je-mehr und „Dialektik des Ungenügens“ c) Endlichkeit als Einzelheit und „Dialektik der Gesellschaft“ d) Endlichkeit als Vielheit und „Dialektik der Souveränität“ e) Endlichkeit als Möglichkeit von Schuld und „Dialektik der Verantwortung“ f) Die „Dialektik der Geschichte“
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III.
DIE NEIGUNG DER GESCHICHTE IN DIE UNWAHRHEIT
300
1. 2.
Verzweiflung als endliches Lassen des Unendlichen Hybris und Bösewerden als endliches Fassen des Unendlichen
300 303
IV.
HOFFNUNG ALS WAHRHEIT DER GESCHICHTE
311
1. 2.
Hoffnung und apriorische Struktur des Erhofften Ausschau nach einem Grund der Wirklickkeit der Hoffnung als Ausschau nach Offenbarung a) Geschichtliche Gemäßheit eines solchen Grundes b) Geschichte und Offenbarung c) Personalität und Einmaligkeit: die „absolute Konkretion“
311
2.
314 314 316 321
C. DER HINBLICK AUF DAS CHRISTENTUM I.
II.
1. 2. 3.
DAS CHRISTENTUM ALS MÖGLICHE ANTWORT AUF DIE FRAGE DER GESCHICHTE (Eine inhaltliche Deutung) DAS CHRISTENTUM GESCHICHTLICHEN (Eine formale Deutung)
ALS
WESENSERFÜLLUNG
332 DES 336
Einmaligkeit Glaube Tradition
336 344 353 D. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE
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ANMERKUNGEN
381
ABKÜRZUNGEN
448
I. 1. 2.
448 448 450 450 451 452
II.
WELTE Vorlesungsmanuskripte Veröffentlichte Schriften a) Monographien b) Aufsätze und Beiträge SONSTIGE AUTOREN
LITERATUR
456
I. 1. 2. II.
456 456 457 464
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VERÖFFENTLICHTE SCHRIFTEN WELTES Monographien Aufsätze und Beiträge SONSTIGE LITERATUR
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Geschichte ist in Wahrheit hoffend, und die Hoffnung ist die Wahrheit der Geschichte, d. h. ihr wahres Selbstverständnis. B. Welte, G 54, 165
Aber weil Hiersein viel ist, und weil uns scheinbar alles das Hiesige braucht, dieses Schwindende, das seltsam uns angeht. Uns, die Schwindendsten. Ein Mal jedes, nur ein Mal. Ein Mal und nichtmehr. Und wir auch ein Mal. Nie wieder. Aber dieses ein Mal gewesen zu sein, wenn auch nur ein Mal: irdisch gewesen zu sein, scheint nicht widerrufbar. R. M. Rilke, Neunte Duineser Elegie
XI
Ingeborg Feige: Geschichtlichkeit
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EINLEITUNG
1. Einordnung von B. Weltes geschichtsphilosophischem Denken in sein Werk Einleitend soll der Versuch unternommen werden, Bernhard Weltes Nachdenken über Geschichtlichkeit und Geschichte seinen Ort im Ganzen seines philosophischen Denkens zuzuweisen. Es soll in kurzen Linien aufgezeigt werden, wie es in seinem Grundgedanken und Grundanliegen eingeordnet werden kann in den Grundgedanken und das Grundanliegen des Ganzen des von Welte philosophisch Gedachten. Als dieses Grundanliegen, welches das so reiche und vielfältige philosophische Arbeiten Weltes in seine Mitte versammelt und die Gedankenfülle seines Werkes in eine Einheit finden läßt, darf wohl sein Bemühen gelten, mit den Mitteln der Philosophie die Voraussetzungen offenzulegen, die im Wesen des Menschen selbst für ein Verstehen der christlichen Botschaft liegen, um so dem christlichen Glauben neue Wege und Möglichkeiten zu öffnen „auch in der götterlosen Zeit“1. In immer neuem Beginnen und unter immer anderen Fragestellungen geht es darum, in den verschiedensten Dimensionen, Horizonten und Vollzügen des menschlichen Daseins die mit dem Wesen des Menschen selbst gegebenen Bedingungen der Möglichkeit eines Verstehens des Christentums als Voraussetzung eines möglichen christlichen Glaubens ans Licht zu bringen und zu beleuchten. Schon die Untersuchung ‘Der philosophische Glaube bei Karl Jaspers und die Möglichkeit seiner Deutung durch die thomistische Philosophie’, die im Jahre 1949 erschien, beginnt mit dem Satz: „In dieser Untersuchung wird der Versuch unternommen, die im Wesen des Menschen selbst liegenden Voraussetzungen des christlichen Glaubens auf dem Weg einer philosophischen Betrachtung des Wesens des Menschen zu erhellen. Der christliche Glaube ist ja nicht nur an übernatürliche, sondern auch an natürliche Voraussetzungen geknüpft“, und dies „ist insofern selbstverständlich, als der Glaube ja vom Menschen vollzogen und verstanden werden soll, so daß also im Wesen des Menschen ein Teil der ihn ermöglichenden und sein Wesen bestimmenden Prinzipien liegen muß. Dieser
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Grund der Möglichkeit des Glaubens, der in der Tiefe des natürlichen Wesens des Menschen liegt, soll gesucht und, soweit es möglich erscheint, einer Klärung entgegengeführt werden. ... Denn die Weise des Gottesverhältnisses des Menschen als Menschen muß auch jene spezielle Weise des Glaubens grundlegend bestimmen, welche in dem Glauben an Jesus Christus liegt“2. Der mit dem Dasein des Menschen selbst gegebene Grund der Möglichkeit eines Verhältnisses zum Absoluten also ist der Grund der Möglichkeit einer jeden konkreten Gestalt des Glaubens des Menschen und somit auch des Glaubens in der Gestalt des christlichen Glaubens. Jeder Glaube als Vollzug des Menschen muß als ein solcher innerhalb der Möglichkeiten menschlicher Vollzüge überhaupt liegen, die in der Wesenskonstitution des menschlichen Daseins wurzeln und von ihr getragen und bestimmt sind. Diese Wesensverfaßtheit des Daseins mit den Mitteln der Vernunft denkend zu erkennen und darzustellen ist Aufgabe der Philosophie. Immer neu geht es in Weltes philosophischem Bedenken des menschlichen Daseins und seiner mannigfaltigen Vollzüge darum, in ihnen die Voraussetzungen des Verstehens des Christentums als Voraussetzungen des Vollzugs des christlichen Glaubens zu suchen und zu finden. Denn soll die christliche Botschaft Botschaft an und für den Menschen sein, so muß sie von ihm verstanden werden können, d.h., sie muß den Menschen in seinen ihm eigenen Verstehensmöglichkeiten treffen, wenn anders sie nicht leer und bedeutungslos für ihn bleiben soll. Der Mensch muß als „Hörer des Wortes“3 als er selbst, d.h. in seinen Daseins- und den darin gründenden Verstehensmöglichkeiten, angesprochen sein, wenn er das Wort vernehmen und verstehen, ja letztlich sich selbst in ihm verstehen soll. Jedes gläubige Annehmen des Wortes Gottes ist als Vollzug des menschlichen Daseins vorgängig getragen von einem und sei es auch noch so unvollkommenen und unreflexiven Verstehen dessen, was da geglaubt wird, und einem Sich-Verstehen dessen, der da glaubt. Denn der Mensch als Dasein, als Da des Seins, ist dasjenige Seiende, das durch ein Verstehen von Sein, ein Seinsverständnis, ausgezeichnet ist, und es ist als Dasein nur, insofern es seine Vollzüge in der Helle und der Gelichtetheit seines Da vollbringt4. Jeder Glaube als Vollzug des seinsverstehenden Daseins hat also das Verstehen bei sich, denn das Dasein muß als Dasein
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schon irgendwie verstanden haben, was es glaubt, wenn es glaubt, und es muß sich selbst schon irgendwie verstehen, indem es das, was es glaubt, als seinen Glauben vollbringt. Der Glaube ist also als solcher und in seinem Ursprung immer schon verstehender Glaube, er ist „fides quaerens intellectum“5, Glaube, der sein Verstehen sucht, um mit Anselm von Canterbury zu sprechen, auch wenn es nicht immer schon in der theoretisch und systematisch ausgearbeiteten Form der Theologie ist. Das Wort Gottes richtet sich an den Menschen als Dasein, das sich selbst und dem seine Welt und alles, was ihm begegnet, immer schon in der Helle seines Da irgendwie erschlossen und von ihm verstanden ist, wenn auch unbestimmmt und vage, bevor es sich theoretisch darüber Rechenschaft geben kann. Etwas, das gänzlich außerhalb der Helle seines Daseins läge, wäre gar nicht für den Menschen da, berührte ihn nicht und stände in keinerlei Beziehung zu ihm, da es nicht in den Raum und den Horizont möglichen Verstehens fiele. Die Bedingung der Möglichkeit christlichen Glaubens ist also, daß das, was dem Menschen in der christlichen Botschaft als Wort begegnet, den Bedingungen eines möglichen Verstehens seines Daseins entspricht. Wenn der Mensch die Botschaft als Wort und Offenbarung Gottes verstehen soll, so muß er als Dasein von sich her schon vorgängig in irgendeinem Bezug zum Absoluten sein. Dieses vorgängige und wesentliche, apriorische Verhältnis des Daseins zum Absoluten vor jeder aktuellen Erfüllung und Bestimmung dieses Verhältnisses in immer neuen Weisen und Ansatzpunkten und in möglichst vielen Vollzügen des Daseins aufzudecken und behutsam ans Licht zu bringen, ist Weltes dauerndes Bestreben. Und immer neu zeigt sich ihm in seinem philosophischen Nachdenken, daß der Mensch als Mensch nicht nur nachträglich und gelegentlich auch eine Beziehung zum Absoluten und Unendlichen haben kann, sondern daß der Mensch als Dasein das Wesen ist, das durch diese Beziehung zum Absoluten konstituiert ist. Der Mensch ist das Wesen „im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit“6, ja er ist „endliche Unendlichkeit“7. In allen seinen Vollzügen steht der Mensch in der Weite des Unendlichen und Unbedingten, ohne jedoch je von sich her dessen mächtig zu sein. Dies zeigt die Analyse des Daseins, das als Seinsverständnis sich als Heilsverständnis erweist, in dem es sich immer schon auf unbedingten Sinn hin versteht, der es als ganzes und in allen seinen Vollzügen
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unendlich heil sein läßt8. Dies zeigen die Analysen der Phänomene Freiheit, Schuld und Tod und die Betrachtungen der Geistigkeit, der Personalität und des Miteinanderseins des Menschen, und dies zeigen auch die Untersuchungen der Strukturen menschlichen Verstehens. In allen diesen Vollzügen bewegt sich der Mensch im Horizont des Unendlichen und Unbedingten, im Horizont unbedingten Sinnes, unendlichen Bestimmtseins, unbedingten Ja, unendlicher Verantwortlichkeit, unbedingter Unverfügbarkeit und Endgültigkeit, unendlicher Weite, unbedingter Selbstgehörigkeit, unbedingter Entzogenheit und Anderheit und im Horizont der Unbedingtheit des Seins und der Wahrheit. Ja diese Vollzüge sind nur so möglich, daß das Dasein als endliches auf gewisse Weise unendlich ist. Das Dasein west als die Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit. Es ist das Wesen, das die Differenz von Endlichkeit und Unendlichkeit in sich austrägt, dies aber nicht so, als ob es gleichsam aus zwei Teilen zusammengesetzt wäre, sondern so, daß es diese Differenz is t. Welte weist in diesen Zusammenhängen neben Thomas von Aquin auch auf Pascal und Kierkegaard hin, die das Wesen des Menschen je auf ihre Weise als die Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit gedacht haben9. Nur aufgrund dieser Wesensverfaßtheit, die den Menschen immer schon in den Horizont des Unendlichen stellt, kann er sich das Absolute und seine Bezogenheit auf es ausdrücklich machen. Er kann als endlicher Vollzug des Unendlichen - gleichwohl in diesem endlichen Vollzug bleibend sich dem Unendlichen gegenübersetzen und sich in ein ausdrückliches Verhältnis zu ihm bringen. Diese Möglichkeit ausdrücklicher Vergewisserung des Absoluten ist die Möglichkeit philosophischen Glaubens. Er gründet in der Wesenskonstitution des Menschen als endlicher Unendlichkeit und ist Bedingung der Möglichkeit eines jeden Offenbarungsglaubens10. Existierte der Mensch als endliche Unendlichkeit nicht im Horizont des Unendlichen und Absoluten, so daß ihm in seinem Dasein solches nicht schon miterschlossen und von ihm verstanden wäre, und könnte er sich infolgedessen nicht selbst ausdrücklich verstehend dazu verhalten, so wäre ihm die christliche Botschaft vom Heil Gottes in Jesus Christus unverständlich. Stünde er nicht immer schon in der Weite absoluten Sinnes und unbedingten Heils, so wäre die Ankündigung des Heils und der Nähe des Reiches Gottes durch Jesus kein zu verstehendes Wort für ihn. Nur weil er kraft
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seines Wesens im Horizont des Unbedingten und Unendlichen steht und sich vor allen seinen aktuellen Daseinsvollzügen immer schon auf absoluten Sinn hin versteht, kann er „Hörer des Wortes“ der Offenbarung Gottes sein. Weltes Offenlegung des Wesens des Menschen als „endliche Unendlichkeit“, als das „relative Absolute“11, als „Heilsverständnis“, als Wesen „im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit“ zielt darauf, gleichsam ein „Apriori des Christentums“12 aufzuzeigen. Dies meint den Versuch, mit philosophischen Mitteln vom Seinsverständnis des Menschen als Dasein her die Bedingungen der Möglichkeit von Offenbarung zu erheben. Die Philosophie kann das Christentum in dessen Tatsächlichkeit und dessen konkreter Erscheinung zwar nicht ableiten, aber sie kann die Bedingungen für ein mögliches Verstehen seiner Botschaft im Menschen offenlegen. Die Philosophie kann die Botschaft nicht konstruieren, deren Wort kann nur aus ihr selbst vernommen werden, aber sie kann „zu den Bedingungen seines möglichen Verständnisses“13 gelangen, d.h., sie kann aufgrund der Erhellung des Wesens des Menschen die Verstehensmöglichkeiten aufzeigen, die in diesem bereitliegen. Die Philosophie kann und muß, wenn sie Philosophie sein will, zu erkennen suchen, worauf der Mensch sich in seinem Dasein apriorisch versteht und was er folglich als ein an ihn gerichtetes Wort in seiner Bedeutung und seinem Sinn vernehmen und verstehen kann. Und sie kann daher im Hinblick auf die konkrete Erscheinung des Christentums die Frage stellen: „Wie können wir Menschen gerade dies verstehen, von unserem menschlichen Seinsverständnis und seinen Bedingungen her?“14. Die menschlichen Verstehensmöglichkeiten, die im Wesen des Menschen wurzeln und von ihm her bestimmt sind, aufzudecken und als Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens auch der christ- lichen Botschaft darzulegen, ja sie darüberhinaus als „Anknüpfungspunkte“15, ja gleichsam als fragendes Geöffnetsein des Wesens des Menschen hin auf eine seiner Verfügungsmacht entzogene Erfüllung aufzubrechen, als welche Antwort die Erscheinung des Christentums dann in neuer Weise vor Augen kommen kann, dies in immer sich wandelnden und sich gegenseitig ergänzenden und stützenden Gedanken zu umkreisen ist die vereinende Mitte, in der alle Gedanken Weltes in ihre Einheit finden. Weltes Philosophieren ist
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der immer neue Versuch, auf philosophischem Wege die Philosophie selbst von innen her an eine Grenze zu führen, an der sie „aus sich selbst heraus über sich hinauszublicken gehalten ist“16, nicht aber um sich in bloßer Negation aufzuheben17, sondern um sich als sie selbst, im Denken des für sie Undenkbaren als Undenkbaren aufgehoben und bewahrt, zu vollenden und die Offenheit ihrer selbst für dieses andere ihrer, auf das sie aus sich selbst verwiesen ist, als verantwortbaren Vollzug des Menschen zu ermöglichen. Als Philosophie muß sie das Denken des Unausdenklichen und des Undenkbaren als eines solchen und damit die Möglichkeit der Verantwortbarkeit des Überschreitens des Denkens aus dem begreifenden Denken hinaus in eine andere Ordnung, die gleichwohl denkend und verstehend bleibt, vor dem Denken selbst legitimieren und so als einen möglichen Vollzug des menschlichen Daseins offenhalten. Weltes Grundimpuls ist es, der modernen Rationalität und der aus ihr erwachsenen Not des Glaubens in einer profan und „götterlos“18 gewordenen Welt im Ernstnehmen dieser Rationalität und also mit Hilfe der Philosophie Wege zu öffnen in die Dimension des Unendlichen, des Geheimnisses und des Heiligen. Im philosophischen Bedenken des Wesens des Menschen selbst und darin seiner vielfältigen Bezüge zum Mitmenschen und zur Welt führt Welte, das Denken ernstnehmend, auf die „Spur des Ewigen“. Welte selbst bekennt den Gedanken, daß „alles Gottes voll sei, und daß es also möglich sei, das ewige, nie gesehene Antlitz überall anzutreffen, wo immer man auch anfangen möge“19, als „Mittelpunkt“20 seines Denkens. Zeugen seines Gedankens findet er in Thomas von Aquins Gedanken der participatio21 und bei Bonaventura in dem Gedanken „ut in omnibus videatur Deus“22 . Alles, was ist, ist, insofern es am Sein teilhat, und insofern zeigt sich in seinem Sein die Absolutheit des Seins selbst23, dies jedoch nur für den ihm gemäßen Hinblick. Es gilt also vom Menschen her das, was sich zeigt, das Phänomen in seiner Phänomenalität, in seinem Sich-Zeigen von sich her, sein zu lassen. Welte nimmt die phänomenologische Methode Husserls und in dessen Gefolge Heideggers auf24. Diese soll das Sich-Zeigende in seinem Sein entdecken und wahren. Sie soll das Sich-Entbergende und Von-sich-her-Aufgehende bergen. Behutsam soll sie sehen lassen, was ist, ohne den das Sein des Seienden verstellenden Zugriff des begreifend-zugreifenden Denkens sowohl
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der modernen Naturwissenschaft als auch der überlieferten Metaphysik, das in seinem Ausgriff auf das begegnende Seiende so gerichtet ist, daß es nur sieht, was es von sich her sehen will, da es ihm letztlich um die Sicherstellung und Beherrschung des Seienden durch den Menschen geht und das Seiende ihm daher nur insoweit in den Blick kommen muß und auch soll, als es der Zugriff des Menschen erfordert und erlaubt. Die Phänomenologie wird sich gerade auch im Blick auf das Phänomen der Geschichtlichkeit als die dieser einzig gemäße Methode erweisen, und sie wird sich als die Methode eines „nachmetaphysischen“25 Denkens zeigen, in der der geschichtliche Mensch im Zeitalter des „Endes der Metaphysik“26, diese überschreitend, deren Gehalte „in einem Gelände jenseits der Metaphysik“27 verwahren kann. An einer Stelle, an der Welte Rechenschaft über seine phänomenologische Methode gibt28, spricht er von „beobachtendem Denken“ und dem Versuch, „phänomenologisch zu denken“. Der phänomenologische Hinblick ist also gleichwohl denkend, aber so, daß das Phänomen „im Denken zu seinem vollen Sich-Zeigen gelangen kann“29. Das phänomenologische Denken soll die vorgefaßten und gewohnten Ausgriffe auf die Phänomene hindern und in die epoché30 bringen, damit das ursprüngliche und anfängliche Aufgehen des Sich-Zeigenden sich vor dem „geduldigen Hinblick“ entfalten kann. Der „geduldige Hinblick“ ist aber nichts weniger als träge und unbeteiligt, sondern er ist gespannte Wachsamkeit und Aufmerksamkeit für das, was sich ihm, von sich her aufgehend, zeigt, und er ist höchste Sensibilität und Bereitschaft des Sich-Einlassens und SichEinschwingens in das Geschehen des Aufgangs des Sich-Zeigenden. Wie nun ist in solches Denken, das in behutsamem Hinblick, aber gleichwohl die Strenge philosophischen Denkens ernstnehmend, in allen sich in und mit dem Dasein zeigenden Phänomenen den Verweis und den Überschuß ins unendliche Geheimnis entdeckend verwahren will, das Nachdenken über Geschichtlichkeit und Geschichte einzuordnen? Auch in diesem Nachdenken geht es letztlich darum, in der Geschichtlichkeit als der Seinsweise des Geschichtlichen die es gründende unendliche Dimension offenzulegen. Das Bemühen, im Dasein des Menschen und darin in allem, was ist, Spuren und Verweise
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auf das andere von alldem zu finden, der Versuch, dem Dasein den unendlichen Horizont zu öffnen, in dem es sich immer schon vollzieht, und darin die Voraussetzungen menschlicher Vollzüge überhaupt und also auch die des christlichen Glaubens aufzudecken, ja in ihnen sogar mögliche Ansatzpunkte dafür zu sehen, das endlich-unendliche Wesen des Daseins als offene Frage zu verstehen, auf die das Christentum als eine mögliche Antwort aufleuchten kann, dieses Bemühen, das den Kern von Weltes Philosophieren darstellt, erweist sich auch hier als die treibende Kraft. Es geht Welte darum, zu zeigen, wie sich das Dasein auch als geschichtliches im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit vollzieht. Es geht darum, auch in der Geschichtlichkeit des Daseins und in dem darin wurzelnden Bereich des Geschichtlichen und der Geschichte Voraussetzungen für ein Verstehen des Christentums zu sehen. Auch im Nachdenken über die Seinsweise des Geschichtlichen scheint, wie sich zeigen wird, ein „Apriori des Christentums“ auf. Auch die Geschichte erweist sich in ihrem Sein als offene Frage, die hoffend auf eine sie vollendende und erfüllende Antwort harrt. Ja das Christentum wird sich als mögliche Wesenserfüllung der Geschichtlichkeit des Daseins und damit auch der Geschichte selbst zeigen. Das Bedenken der Geschichtlichkeit als Voraussetzung des Verständnisses des Christentums ist aber umso dringlicher, als gerade das Christentum selbst als in einem einmaligen Ereignis in der Geschichte gründend in einem wesentlichen Bezug zur Geschichtlichkeit steht. Geschichtlichkeit und Christentum gehören so wesentlich zusammen, daß das Verstehen von Geschichtlichkeit Voraussetzung für ein gemäßes Verständnis des Christentums ist. Denn das Christentum ist nicht nur geschichtlich, insofern es in einem Ereignis in der Geschichte gründet, das als dieses einmalige und abgeschlossene vergangene Ereignis gleichsam auch ungeschichtlich als der Geschichte enthoben betrachtet werden könnte, sondern das Christentum als gründend in einem Geschehen der Geschichte ist auch geschichtlich als Weiterwirken dieses einen geschichtlichen Ursprungs im je neuen Akt des Glaubens, der sich, sich in diesem einmaligen Geschehen der Geschichte festmachend, je gegenwärtig vollzieht und in dem dieses vergangene Ereignis im glaubenden Andenken je neu auf Zukunft hin Gegenwart wird. Und das Christentum ist geschichtlich im Geschehen der Überlieferung dieses einen und selben Ereignisses, in der dieses als dasselbe durch die
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Geschichte hindurch bewahrt wird. Der Bezug zur Geschichtlichkeit gehört also wesentlich zum Christentum, und seine Vernachlässigung oder Nichtbeachtung trifft das Christentum in seinem Wesen. Weltes Sorge geht deshalb auch darum, die ungeheure Bedeutung der Geschichtlichkeit für das Christentum aufzudecken und damit deren Bedeutung für den christlichen Glauben und für das Ganze der Tradition, sei es der im Glauben gelebten oder in der Theologie systematisch ausgearbeiteten. Die Frage nach der Geschichtlichkeit ergibt sich aus dem innersten Wesen des Christentums selbst. Sie ist aber darüberhinaus seit über einem Jahrhundert zur bedrängenden Frage geworden. Die Erfahrung der Geschichtlichkeit ist eine im 19. Jahrhundert mächtig anhebende Grunderfahrung des Menschen31 und hat auf allen Gebieten des geistigen Lebens beunruhigend, aber auch befruchtend gewirkt. So ist also auch von der geistigen Situation der Gegenwart her die Frage nach der Geschichtlichkeit bedrängend geworden. Welte greift diesen mächtigen Impuls auf. In vielen seiner Arbeiten scheint der Gedanke der Geschichtlichkeit auf, besonders in seinen Schriften zur Methode der Theologie bedenkt er die Folgen der Geschichtlichkeit und zeigt Wege für eine Theologie auf, welche die Geschichtlichkeit des Seinsverständnisses ernst nimmt. Er entwickelt weitreichende Ansätze für eine theologische Hermeneutik auf dem Grunde der Geschichtlichkeit und gibt Impulse zu einem geschichtlichen Verständnis von Glaube und Tradition. Aber auch in vielen anderen Arbeiten ist der Gedanke der Geschichtlichkeit präsent. Und auch sein unablässiger Gedankenaustausch mit den verschiedensten Denkern in der Geschichte - Thomas von Aquin, Bonaventura, Pascal und Kierkegaard wurden schon genannt, Aristoteles, Augustinus, Meister Eckhart, Hegel, Nietzsche und Heidegger wären als die wichtigsten neben vielen anderen noch zu nennen - zeigt, wie ernst Welte die Geschichtlichkeit nimmt, und dies nicht nur als einen Gegenstand theoretischen Philosophierens, sondern gerade auch im lebendigen Vollzug seines eigenen Denkens32. Es zeigt sich, wie ihm die jeweilige Gestalt des Denkens der Vergangenheit nicht nur von Bedeutung für ein sammelndes historisches Interesse ist, sondern als geschichtliches Wahrheitsgeschehen und als der Wurzelgrund der eigenen Gegenwart für die Wahrheit des Geschehens dieser Gegenwart selbst von unaufhebbarer
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Bedeutsamkeit ist. Aus dem lebendigen Bewußtsein der Geschichtlichkeit erwuchs wie von selbst die Aufgabe der lebendigen Annahme der eigenen Geschichtlichkeit als der Annahme und Hereinnahme der aus der Tradition entgegenkommenden fremden geschichtlichen Ursprünge in den eigenen Ursprung. Aus solchem lebendigen Verstehen von Geschichtlichkeit ist es dann auch verständlich, wenn Welte sogar von der „Geschichte meines Denkens“ spricht, das er als „ein Denken und eine Geschichte“33 beschreibt. Im regen Bewußtsein der Geschichtlichkeit ist es ihm möglich, auch sein eigenes Denken an ihm selbst als eine geschichtliche Bewegung, als Geschichte zu verstehen. Und es ist ihm von daher gleichursprünglich möglich, das eigene Denken auf die umgreifende Geschichte des Denkens der Menschheit zu öffnen und in lebendigem Innestehen, Austausch und Gespräch mit dieser das Gegründet- und Bewegtsein des eigenen Denkens und seiner Geschichte durch diese wirklich zu vollziehen. Wird so die Geschichtlichkeit in vielen Arbeiten mit bedacht und in ihrer Bedeutung und in ihren Folgen herausgestellt, so wird sie doch in den veröffentlichten Schriften Weltes nie als sie selbst, als Seinsweise des Geschichtlichen, eigens thematisiert, entfaltet und dargestellt. Es finden sich nur im Anschluß an einzelne Analysen des menschlichen Daseins verschiedentlich Hinweise darauf, daß auch die Geschichte als ganze in derselben Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit geschieht, daß auch sie wie das Dasein selbst den Aufgang des Unendlichen offenbart und daß auch ihre Bewegung auf ein ihr apriorisches Maß erfüllendes Absolutes geöffnet ist34. Eigens behandelt aber wird die Geschichtlichkeit in mehreren unveröffentlichten Vorlesungen, die Welte während seiner Lehrtätigkeit in Freiburg gehalten hat und deren Manuskripte sich in seinem Nachlaß finden. Es sind vier Vorlesungen zusammenzusehen, die in je neuem Aufriß das Thema ‘Geschichtlichkeit und Christentum’ behandeln, und zwar so, daß die Analysen der Geschichtlichkeit und der Geschichte fast den gesamten Raum der Vorlesungen einnehmen, meist eingeleitet von einem kurzen Überblick über die Fragenkreise des Verhältnisses von Geschichtlichkeit und Christentum, den geschichtlichen Ort der Frage nach der Geschichtlichkeit und die Transzendentalität der Geschichtlichkeit. Nach der Ausarbeitung der Seinsweise des Geschichtlichen in ihren verschiedenen Momenten, der Unendlichkeit
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des Sinnes, dem Gegenzug der Endlichkeit und der aus dieser Dialektik sich ergebenden Wahrheit der Geschichte als Hoffnung auf Offenbarung als geschichtliche Gewähr ihres Sinnes wird dann jeweils am Ende der Vorlesung auf wenigen Seiten erneut das Verhältnis des Christentums dazu betrachtet. Diese vier Vorlesungen bilden die engere Grundlage dieser Arbeit. Als eine weitere Gruppe gehören zwei Vorlesungen zusammen, welche die Geschichtlichkeit im Hinblick auf die Problematik des Verhältnisses von Geschichtlichkeit und Wahrheit und, damit zusammenhängend, die Frage nach der Möglichkeit von Überlieferung zum Thema haben. Auch diese beiden Vorlesungen gehören zur engeren Grundlage dieser Untersuchung, besonders zu den Fragen der Epochalität und den Fragen nach dem Verhältnis von Geschichtlichkeit, Wahrheit und Tradition als einem Grundproblem geschichtlichen Daseins, das wiederum im Raume des Christentums und der Theologie besondere Bedeutung erhält. Ergänzend werden weitere Manuskripte aus dem Nachlaß Weltes mit herangezogen, insofern auch in ihnen das Thema der Geschichtlichkeit Erwähnung findet und sie der Erhellung und Ergänzung auftretender Fragen dienen. Dazu gehören vier Vorlesungen zur Hermeneutik, vier Vorlesungen über den Begriff Gottes, drei Vorlesungen über philosophische Soziologie im Hinblick auf das Christentum als Kirche, drei Vorlesungen über Hegels Philosophie der Religion, drei Vorlesungen zum Thema ‘Freiheit’, eine Vorlesung zum Thema ‘Person’, eine Vorlesung zur Einführung in die Metaphysik, drei Vorlesungen über die Philosophie des 19. und 20. Jahrhunderts und die Aufzeichnungen zu drei Seminaren über das Heilige und Gott im Denken Heideggers und zu zwei Seminaren über Hermeneutik35. Erörterungen zu einzelnen Teilbereichen der geschichtsphilosophischen Vorlesungen sind auch in den Veröffentlichungen nachzulesen, besonders die Frage von Geschichtlichkeit und Wahrheit36 und die Problematik von Macht und Konkurrenz37. Als selbstverständlich kann erwähnt werden, daß Erwägungen zu Themen wie Personalität und Miteinandersein, Tod, Schuld, Heil, Zeitlichkeit und Geschehen, wie sie zu den verschiedenen Analysen des Daseins gehören und sich vielfach in den Veröffentlichungen finden, auch in diesen Vorlesungen wiederkehren, da sich, wie sich noch zeigen wird, Dasein und Geschichtlichkeit nicht trennen lassen.
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Das Dasein aber wird in ihnen eigens als geschichtliches bedacht, und die Untersuchungen bringen daher neue Gedanken, die sich so in den Veröffentlichungen nicht finden. Aber das, was sich im Bedenken von Geschichtlichkeit und Geschichte ergibt, bestätigt und fügt sich in das ein, was sich schon in den Analysen des Daseins ergab, denn die Geschichte gründet in der Geschichtlichkeit des Daseins und ist Konkretion und Niederschlag dessen, was das Dasein, sich vollziehend, vollbringt. Es ist also klar, daß sich die Analysen in den Vorlesungen an die Daseinsanalysen in den veröffentlichten Schriften anbauen und mit ihnen einiggehen. Ein Mehr gegenüber den Veröffentlichungen, in denen nur auf die Folgen der Geschichtlichkeit hingewiesen wird, bieten aber die philosophischen Betrachtungen über die Geschichtlichkeit als solche und den damit gegebenen Bereich der Geschichte. In ihnen kehrt die Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit in neuer Weise wieder. In dreierlei Hinsicht werden neue Einsichten gewonnen. Zum ersten fördert das philosophische Bedenken der Geschichtlichkeit Einsichten in die geschichtliche Verfaßtheit des menschlichen Daseins, das Wesen von Geschichte und die Stellung des Menschen in ihr. Die Geschichtlichkeit wird als die transzendentale Wirklichkeit des Menschen erkannt, so daß von daher auch das, was Sein und Wahrheit heißen kann, neu bedacht wird und die Frage nach der Geschichtlichkeit von Sein und Wahrheit gestellt ist. Weltes Nachdenken über Geschichtlichkeit und Geschichte ist daher nicht nur interessant und bedeutsam im Hinblick auf das Christentum und die Theologie, sondern es liefert als philosophisches Denken zugleich einen Beitrag, der auch im Raume der Philosophie gültig bleibt. Zum zweiten werden vom Verstehen der Geschichtlichkeit her weitere im Menschen liegende Voraussetzungen und Anknüpfungspunkte für das Verstehen des Christentums gewonnen. Auch die Geschichtlichkeit trägt ihre Züge in ein „Apriori des Christentums“ ein. Zum dritten werden wichtige Einsichten gewonnen, die aus dem Ernstnehmen der Geschichtlichkeit für das Selbstverständnis des Christentums selbst in seinen wesentlichen Vollzügen als Glaube und Tradition und für die Theologie als der theoretischen Ausarbeitung dieses Selbstverständnisses folgen. Erst im Bedenken der Geschichtlichkeit als Geschichtlichkeit wird die Einmaligkeit des Heilsereignisses in Jesus Christus hell, ja zeigt sich als Wesenserfüllung des Geschichtlichen selbst, und werden Glaube und
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Tradition als Wesensvollzüge des Christentums in ihrem Geschichtlichsein durchsichtig und eröffnen so neue Möglichkeiten, den alten und einen Ursprung zu bewahren, die alte Botschaft als dieselbe neu zu hören und für die gegenwärtige und die kommende Zeit neu zu sagen, auf daß sie als die eine und selbe lebendig bleibe durch die Geschichte hin.
2. Klärung des Verhältnisses von Philosophie und Theologie als Vorbedingung der philosophischen rhebung eines „Apriori des Christentums“
Zur Idee, die philosophischen Voraussetzungen eines möglichen Verständnisses des Christentums von seiten des Menschen aufgrund eines Verstehens des Wesens des Menschen selbst zu klären, gehört die Reflexion über das Verhältnis von Philosophie und Theologie vorgängig mit hinzu. Denn eine philosophische Analyse oder Hermeneutik des Daseins im Blick auf das Christentum muß als philosophische sich Rechenschaft darüber geben, wo ihre Berechtigung und ihre Grenzen liegen und inwieweit ein solches Unterfangen möglich oder vielleicht gar gefordert ist für eine Theologie, die sich als Wissenschaft vom Christentum, d.h. als „Wissenschaft von der in Jesus geoffenbarten Heilsbotschaft Gottes“38 versteht. Welte selbst hat darum immer wieder auch dieses Thema bedacht, denn es trifft den Nerv seines Anliegens und gehört in dessen Innerstes mit hinein. Besonders ausführlich äußert er sich dazu in verschiedenen Aufsätzen und im ersten Teil seines Buches ‘Heilsverständnis’39, das die Durchführung und Gestaltwerdung der Idee seines ganzen Werkes katexochen ist. In diesen Schriften zeigt Welte auf eindringliche Weise die unmittelbare Zugehörigkeit der Frage des Verhältnisses von Philosophie und Theologie und der Frage nach dem Ort der Philosophie in der Theologie zur philosophischen Ausarbeitung der apriorischen Voraussetzungen eines möglichen Verständnisses des Christentums und damit des christlichen Glaubens. Weltes ganzes Werk lebt vom Bedenken dieser Grenze zwischen Philosophie und Theologie, ja sein Werk ist der Austrag dieser Grenze als Grenze. Zutiefst überzeugt, daß diese Grenze, letztlich die Grenze zwischen Denken und Glauben, im Menschen als solchem liegt, geht sein Bemühen dahin, die innere Zugehörigkeit der Philosophie zur Theologie zu zeigen und falsche Berührungsängste
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seitens der Theologie als Gefahr für das Wesen der Theologie als Wissenschaft aufzudecken. Die Philosophie löst die Theologie nicht auf, sofern sie selbst ihre Grenze als Philosophie achtet. Vielmehr braucht die Theologie die Philosophie, um sich selbst durchsichtig, um mithin Wissenschaft zu sein. Die Grenze zwischen Philosophie und Theologie, zwischen Denken und Glauben, konstituiert beide erst als sie selbst und als unterschiedene und führt zugleich beide in ein Eines, das als Eines beide trägt und in beiden als ihr Grund gegenwärtig ist40. Denken und Glauben also sind zwei unterschiedene Vollzüge des Daseins, sie durchdringen sich aber gleichwohl als Vollzüge dieses einen Daseins gegenseitig, und der eine ist stets im anderen mit anwesend. Der Glaube ist immer ein Glaube, der sein Verstehen sucht und der nur in der Helle des Verstehens glaubt, was er glaubt. Und das Denken ist immer auch ein Sich-Einlassen auf das Unverfügbare, es ist hoffende Vorgabe in den Sinn und die Wahrheit seines Gedachten, vertrauend, daß es in seinem Denken Sinn trifft und daß es denkt, was in Wahrheit ist. Der Glaube also, um von seiner Seite aus zu sprechen, ist ermöglicht und begleitet von einem, wenn auch noch so vorläufigen und vagen Verstehen dessen, was er glaubt. Das Problem des Verstehens41 stellt die Einfallsstelle der Philosophie in die Theologie dar und bildet somit den Dreh- und Angelpunkt, in dem Weltes Grundanliegen schwingt, gleichsam die Tür zwischen Philosophie und Theologie zu öffnen. Ausgehend von der Mitte der Theologie selbst, der Offenbarung Gottes an den Menschen, zeigt Welte, wie der Mensch als von der Offenbarung Angesprochener und Gemeinter für dieses Geschehen konstitutiv ist und damit alles das, was ihn als Menschen ausmacht, also auch seine Vernunft, und was ihm von seinem Wesen her ein Angegangensein und ein Verstehen von solchem Geschehen erst ermöglicht. D.h., es geht letztlich darum, in den Bedingungen der Möglichkeit menschlichen Verstehens die apriorischen Bedingungen der Möglichkeit von Offenbarung im Menschen aufzusuchen. Dies ist aber die Aufgabe der Philosophie als der Wissenschaft vom Seienden als eines solchen und also auch der Wissenschaft vom Menschen in seinem Sein und als Verstehen von Sein. Die Philosophie stellt die Frage nach dem Wesen des Menschen, seinem Selbst- und Weltverständnis mit Hilfe und im Lichte der menschlichen Vernunft, und sie fragt insofern mit den Mitteln der
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Vernunft auch nach dieser Vernunft selbst und deren Möglichkeiten des Verstehens. Jedes Verstehen, sei es nun eines Gedankens, eines Wortes, einer Person oder einer Sache, ist ein Hören im weitesten Sinne, ein Aufnehmen und Vernehmen von etwas. Aber dieses Hören ist nicht schon das Verstehen selbst. Das Aufnehmen von akustischen Schwingungen oder optischen Eindrücken z. B. ist noch kein Verstehen. Zum Verstehen gehört das Verstehen des Wahrgenommenen in seiner Bedeutung und seinem Sinn und das Verstehen der Art, wie das Wahrgenommene dem Wahrnehmenden entgegentritt, z. B. als Gehörtes oder Gesehenes, und weiterhin das Verstehen der Art, wie das Wahrgenommene beansprucht, z. B. als Anruf, Mahnung, Warnung, Mitteilung, Bitte und dergleichen mehr, und darin das Verstehen der Differenz von Sache und Person. Zum Verstehen gehören „das Verstehen des ausgesprochenen Sinnes und das Verstehen des Anspruchs, Verstehen von Ausspruch und Anspruch“42. Im Verstehen gehört das Verstehen von Sinn und Anspruch zusammen, und sofern der Anspruch nicht mitverstanden ist, ist das Verstehen des Sinnes defizient. Das Verstehen des Anspruchs des zu Verstehenden gehört zum Verstehen selbst. Somit gehört auch zu jedem glaubenden Sich-Einlassen auf ein Wort oder eine Person, also auch zum glaubenden Sich-Einlassen auf das Wort der Offenbarung, das Verstehen von „Ausspruch und Anspruch“. Umgekehrt vollendet sich das Verstehen erst im glaubenden Eingehen auf den Anspruch des zu Verstehenden, insofern das Verstehen eines Anspruchs sein Maß im Eingehen auf diesen Anspruch findet, ja das Verstehen kommt erst in dem Maße in seine Wirklichkeit, als es sich dem als wahr erkannten Anspruch unterstellt. Hier wird das Verstehen als notwendiges Konstituens des Glaubens und somit das Wesen des Glaubens als verstehender Glaube deutlich, zugleich aber auch schon das umgekehrte Verhältnis, in dem der Glaube einmal als sich einlassende Vorgabe in die Wahrheit selbst und zum anderen als Freigabe seiner selbst an den Anspruch des zu Verstehenden das Verstehen konstituiert und vollendet. Damit ist die Unabtrennbarkeit von Verstehen und Glauben in ihrer Wurzel deutlich, wenngleich gerade in dieser Unabtrennbarkeit beide in ihrer Unterschiedenheit bewahrt bleiben. Der Grund allen Verstehens nun, der Grund der Möglichkeit des Vernehmens von etwas in seiner Bedeutung und seinem Sinn, ist
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der Grund, der das Dasein als Dasein konstituiert, der Grund, der das Dasein Da-sein, Da des Seins, sein läßt. Dieser Grund ist die Helle und die Gelichtetheit des Seins selbst. Grund der Möglichkeit allen Verstehens ist die ursprüngliche Offenheit des Seins, in der das Dasein immer schon innesteht. In dieser Helle des Seins innestehend, versteht das Dasein immer schon, was ist . Seinsverstehend steht das Dasein immer schon im Horizont des Verstehens möglichen Sinnes und möglicher Bedeutung. Als Seinsverständnis ist das Dasein in der Möglichkeit und dem Vermögen, alles, was ist, als solches zu verstehen. In der Erschlossenheit von Sein nur schwingt die Möglichkeit des Verstehens, weil erst in ihr Offenheit geschieht, in der etwas offenbar sein, mithin verstanden werden kann. Verstehen ist der Vollzug dessen, was ist, in seinem Sinn und seiner Bedeutung. Auch als Nicht-Verstehen gründet es im anfänglichen Seinsverständnis, das ein Nicht-Verstehen erst ermöglicht und in die Frage entfaltet: ‘was ist dies?’. Alles aktuelle Verstehen von Sinn entspringt dem anfänglichen Vermögen des Verstehens von Sein, das in der Offenbarkeit des Seins selbst gründet, denn es entfaltet sich je in das Verstehen: ‘dieses ist...’43. Alles Verstehen gründet im Seinsverständnis des Daseins, und alles ist daher nur, insofern es in der Helle des Seins steht, und sei es auch das für das verstehende Dasein grundsätzlich Unbegreifliche. Nur sofern es als dieses Unbegreifliche für das Dasein verstehbar ist, ist es das Unbegreifliche. Fiele es gar nicht in das ursprüngliche Verstehen des Daseins und trüge das Dasein mithin kein Vermögen in sich, solches irgendwie zu verstehen, so wäre es nicht unbegreiflich für das Dasein, sondern es wäre schlechthin nichts. Aufgrund des Dargelegten, das jegliches Verstehen als im Seinsverständnis des Daseins gründend und dieses selbst als den durch die Offenbarkeit und Helle des Seins konstituierten Grundvollzug des Daseins erweist, ist die Einsicht gewonnen, daß das Dasein als es selbst in allen seinen Vollzügen, und also auch den glaubenden, verstehend ist. Somit muß auch eine mögliche Offenbarung, die als Offenbarung Gottes nur im Glauben in ihrer Wahrheit aufgehen kann, vom Menschen verstanden werden, wenn sie Offenbarung für den Menschen sein will. Zur Offenbarung gehört der angesprochene Mensch und sein Verstehen konstitutiv mit hinzu. Eine Offenbarung, die niemanden anspräche und für niemanden offen
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und verstehbar wäre, wäre keine Offenbarung. Offenbarung als Offenbarung muß ein Vermögen im Menschen treffen, das ihn be fähigt, das Geoffenbarte in seinem Offenbarungscharakter, in „Ausspruch und Anspruch“, mitzuvollziehen. In solchem Vermögen muß der Mensch die Offenbarung Gottes, d.h., er muß die Offenbarung und Gott von sich her vermögen44. Dies jedoch bedeutet nicht, daß er der Offenbarung von sich her mächtig und diese Ergebnis einer apriorischen Konstruktion des Menschen wäre. Das Wort Gottes bleibt unableitbar und unkonstruierbar in seinem Daß, Was und Wie. Aber es bedeutet, daß der Mensch das Wort Gottes, gerade auch als das unableitbare und unausdenkliche Wort hören und auf dem Grunde seines Seinsverständnisses, in dem er sich und alles versteht, verstehend mitvollbringen muß, wenn anders das Wort nicht bedeutungsleer für ihn bleiben und so sein Wesen als Wort an ihn verfehlen soll. Zum Wesen des Wortes gehört das Verstehen, in dem es verstanden wird. Und so gehört zur Theologie als ausgearbeitetes Verständnis des Wortes Gottes und des diesem zugehörigen Glaubens die Philosophie als die systematische Erhellung der Bedingungen der Möglichkeit a priori von Verstehen überhaupt. Und zwar fordert die Theologie die Philosophie in doppelter Weise, zum einen als die Frage nach den Voraussetzungen des Glaubens, insofern dieser verstehender Glaube und mithin ein Verstehen ist, und zum anderen als die Frage nach den Voraussetzungen der Theologie selbst, insofern diese ein Verstehen des verstehenden Glaubens sein will. Die Philosophie muß klären, wie Offenbarung und Glaube vom Menschen her möglich und verstehbar sind, sofern sie als Philosophie die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit a priori stellt. Und sie muß darüberhinaus die Denk- und Sprachweisen, die im Seinsverständnis des Menschen wurzeln, das sich als ein sich geschichtlich wandelndes erweist und in dem sich damit auch die Theologie je geschichtlich bewegt, erheben, und sie muß im Gefolge gerade im Raum der Theologie prüfen, wie sich diese je geschichtlichen Weisen von Denken und Sprache zu denen der Zeugnisse verhalten, deren ausgearbeitetes Verständnis die Theologie sein will. Die Theologie braucht die Philosophie als Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens und darin der von Offenbarung und Glauben als vom Menschen zu vollbringender, und sie braucht die Philosophie als Erhellung der je waltenden geschichtlichen
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Seinsverständnisse und darin als Ausweis ihrer selbst als Wissenschaft. In dieser Unerläßlichkeit der Philosophie in der Theologie ist jene zugleich auch ein „kritisches Gewissen“45, das die Theologie davor bewahrt, bei willkürlichen Fixierungen stehenzubleiben, ihre Denk- und Sprachweisen, in denen sie das Göttliche denkt, ungeschichtlich absolut zu setzen und als Weisen des Göttlichen selbst mißzuverstehen und letztlich als Vernunft auszugeben, was, weil die Vernunft in ihren geschichtlichen Vollzügen mißachtend, widervernünftig ist, was aber das Wort Gottes als ein vom Menschen zu verstehendes Wort nicht sein kann. Die Philosophie als Erhellung des Seinsverständnisses des Daseins, in dem sich der Glaube als verstehendes Eingehen auf die Offenbarung und mit ihm die Theologie unausgewiesen bewegen, ist umso notwendiger, als sich zeigt, daß es einem ständigen geschichtlichen Wandel unterworfen ist, und als sich weiterhin zeigt, daß die Theologie als die systematische, aber gleichwohl glaubende Reflexion auf das Wort Gottes und den ihm zugehörenden Glauben immer mehr in Spannung zu einer Rationalität gerät, die den Glauben und den Begriff Gottes als das ihr widersprechende Unvernünftige und Widervernünftige ausstößt und ablehnt. Gerade von daher ist die philosophische Selbsterhellung der Vernunft gefordert, in der die Möglichkeit eines vernünftigen Überstiegs der Vernunft im Glauben in eins als Möglichkeit entschieden werden muß. Die Philosophie kann insofern mit der Vernunft in eine Überschreitung derselben in das von ihr her nicht Konstruierbare, aber gleichwohl gerade als solches zu ihr Gehörige, vordenken. Mehr als dieses bereitende Vordenken aber kann die Philosophie nicht leisten. Sie kann nur das ihr zu denken Aufgetragene zu denken versuchen und sehen, was sich darin zeigt. Und sie kann das ihr Sich-Zeigende und in ihrem Denken Geborgene dann legitimerweise in den Hinblick auf eine in der Geschichte auftretende Erscheinung wie die des Christentums bringen. Aber dieser Hinblick kann für die Philosophie nur eine Frage sein und in die Frage hinein enden. Die Philosophie kann nur eine mögliche Entscheidung bereiten helfen, indem sie in der Klärung der Bedingungen des Verstehens Möglichkeiten des Verstehens öffnet, aber sie selbst kann nie diese Entscheidung sein. Darin liegt die Grenze zwischen Denken und Glauben, Philosophie und Theologie. Der Glaube und damit die Theologie, die sich auf diesen Glauben anbaut, sind von der Philosophie
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nicht zu leisten. Der mögliche Glaube bleibt aufgefordert, selbst zu sehen, ob das ihm im Christentum Zugetragene und vielleicht durch die Philosophie in seinen Verstehensmöglichkeiten besser Erschlossene das ist, worin er sich mit seinem ganzen Dasein glaubend festmachen kann. Für die Theologie aber bedeutet dies, daß sie der Philosophie den Freiraum gewähren muß, der ihr zugehört. Sie muß die Philosophie auch in den eigenen Grenzen und im Innern der Theologie Philosophie sein lassen. Gleichwohl hat die Theologie darauf zu achten, daß die Philosophie Philosophie bleibe und sich nicht durch ihr nicht zukommende Ansprüche als Philosophie aufhebe. Die Grenze, aus der beide als unterschiedene entspringen, vereint zugleich beide in gegenseitiger Achtung und Verantwortung. 3. Die geschichtsphilosophischen Vorlesungen und ihre Methode Der Grundgedanke von Weltes religionsphilosophischem Denken, daß nämlich „sich ein Punkt oder eine Ebene muß finden lassen, in dem oder in der sich die göttliche Botschaft und das menschliche Selbstverständnis treffen und berühren“46, dieser Gedanke bildet auch den Hintergrund und den Leitfaden zu Weltes geschichtsphilosophischem Denken. Er ist der Schlüssel zu seinen Analysen der Geschichte und der Geschichtlichkeit des menschlichen Daseins. Alle philosophischen Einzeluntersuchungen innerhalb seiner vier geschichtsphilosophischen Vorlesungen im engeren Sinne dienen dem Ziel, den Punkt zu finden, in dem das menschliche Selbstverständnis als geschichtliches das Verstehen einer möglichen göttlichen Botschaft einschließt, den Punkt, in dem der Mensch in seinem Stehen in der Geschichte von sich her offen ist für so etwas wie Heil und eine Botschaft, die Heil von jenseits menschlicher Verfügungsmacht her verheißt. Die geschichtsphilosophischen Vorlesungen folgen in je neuem Aufriß einem sich in allen durchhaltenden Grundschema, das einleitend schon kurz skizziert wurde47. Nach einigen einführenden Gedanken über die Frage des Zusammenhangs von Geschichtlichkeit und Christentum und einem historischen Überblick über die Rolle, die die Geschichtlichkeit im Denken seit der Antike bis heute gespielt
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hat, folgt die philosophische Analyse der Seinsweise des Geschichtlichen. Darin geht es nicht um eine Darstellung der ontischen Verhältnisse der Geschichte. Welte grenzt seine Untersuchung als philosophische streng ab gegen eine historische Beschäftigung mit der Geschichte48. Es geht nicht darum zu sehen, welche Ereignisse es in der Geschichte gab und gibt und in welchem Verhältnis sie zueinander stehen, wie sie aufeinander wirken und sich bedingen, fördern und hemmen. Es geht nicht darum, aus vorhandenen Zeugnissen und Quellen vergangene Ereignisse zu rekonstruieren und sie in einen größeren und umfassenderen Geschehenszusammenhang einzuordnen, um sie so in ihrer Tatsächlichkeit zu beschreiben und zu verstehen. Dies ist die Aufgabe der Historie. Die philosophische Analyse der Geschichtlichkeit dagegen versucht, die diesen ontischen Verhältnissen zugrundeliegenden ontologischen Verhältnisse zu klären. Die Frage nach den ontologischen Verhältnissen des Geschichtlichen kann „nicht durch Erzählung geschichtlicher Vorgänge, sondern nur durch eine ganz anders geartete Besinnung auf Wesen und Seinsart“ beantwortet werden, es ist die Frage „nach dem Grund aller geschichtlichen Vorgänge, einem Grund, der selbst kein solcher Vorgang ist“49. Die Historie befaßt sich mit einzelnen Ereignissen in der Geschichte, die Geschichtsphilosophie dagegen mit der Seinsweise des Geschichtlichen als eines solchen. Sie betrachtet das geschichtlich Seiende in seinem Geschichtlichsein. Sie ist „Ontologie der Geschichte“50. Ihr Ge genstand ist die Geschichtlichkeit als die Seinsweise des geschichtlich Seienden. Sie fragt nach dem, aufgrund dessen der Mensch alle Ereignisse immer schon als in einem Zusammenhang stehend begreift, sie als einzelne und vergangene bewahrend, in eine Kontinuität einreiht, in der er gegenwärtig selbst innesteht. Sie fragt nach dieser Kontinuität selbst. Sie betrachtet die einzelnen Ereignisse nicht inhaltlich, sondern rein formal in ihrer Einzelheit und in ihrem Zusammenhang. Sie fragt nach der Bewegung, der Zeitlichkeit, dem Träger, dem Grund, dem Sinn und der Einheit des Geschichtlichen als solchen und der Geschichte als ganzer. Nach dieser philosophischen Betrachtung des Geschichtlichen, das sich in seiner ontologischen Struktur als Hoffnung auf unverfügbaren Sinn erweisen wird, folgt ein Abschnitt, in dem die apriorischen Bedingungen der Möglichkeit einer Erfüllung dieser Hoffnung inhaltlich und formal bedacht
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werden. Ein letzter Teil bringt, daran anschließend, einen erneuten expliziten Hinblick auf das Christentum als eine Erscheinung in der Geschichte, deren Botschaft mit dem Anspruch auftritt, letztgültige Zusage der Erfüllung der Hoffnung von Mensch und Geschichte zu sein. Vor dem Hintergrund dieser Gedankenfolge, die als Grobgliederung der vier Vorlesungen gelten kann, wird das Thema je neu angegangen und entfaltet. Ob sich darin eine Entwicklung oder Akzentverlagerung feststellen läßt, muß der Gang der Untersuchung zeigen. Größere Unterschiede weisen besonders die Untergliederungen des Hauptteils der Vorlesungen auf, in dem die Seinsweise des Geschichtlichen, seine Momente, seine Idee und Dialektik entwickelt werden. Aber in allen geht es trotz dieser Abweichungen in der Feingliederung je darum, die einzelnen Momente des Geschichtlichen, Singularität und Kontinuität, Geschehenscharakter und Anfänglichkeit, personalen Grund und Bedeutsamkeit, Augenblicklichkeit und Endgültigkeit, Betroffenheit und Andenken, wirhafte Verfaßtheit und Epochalität zu entwickeln und aufzuzeigen. In allen vier Vorlesungen erscheinen diese Momente, wenn auch je in unterschiedlicher Folge, unterschiedlichen Umschreibungen und unterschiedlicher Ausführlichkeit, wobei schon hier angemerkt sei, daß der Gedanke der Epochalität in der Vorlesung G 49/50 fehlt, was einen ersten Anhalt für die Frage nach einer Entwicklung im Denken Weltes über die Geschichte gibt. In der Vorlesung G 49/50 steht die Entfaltung dieser Dimensionen des Geschichtlichen von ihrem personalen Grund her im Vordergrund, und so dient die Person als einzelne als Grundlage der Analysen mehr als in den anderen Vorlesungen, obwohl auch dort dieser Gedanke nicht fehlt, jedoch nicht in der gleichen Weise im Zentrum steht, sondern in anderen Zusammenhängen mit aufscheint, z. B. in der Vorlesung G 54 im Zusammenhang der Darlegung der Betroffenheit und der Bedeutsamkeit als Bedeutsamkeit „im Angesichte von“51 und in allen Vorlesungen im Zusammenhang der Erörterung des Miteinander und der Wirhaftigkeit des Geschichtlichen. Der personale Grund der Geschichte ist immer mit anwesend und mit bedacht. Ausgehend von der Entfaltung der Personalität nehmen aber die Analysen der Phänomene von Verantwortung, Schuld und Tod in der Vorlesung G 49/50 einen breiten Raum ein. Die Fassung der Person als unendliches Transzendieren auf Heil, das sich als
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zugleich endliches in die immanente Breite und Endlosigkeit der konkreten Realisierungen auseinanderlegt, teilt die Darstellung des Geschichtlichen in dieser Vorlesung in zwei Dimensionen, in die transzendierende Tiefe und die immanente Breite. Die Vorlesung G 54 geht dagegen aus von dem Gegen- und Ineinander von Singularität und Kontinuität. Hier wird mehr als in der Vorlesung G 49/50 der Geschehenscharakter des Geschichtlichen als dieses Zusammen von Singulariät und Kontinuität entwickelt und von ihm aus die weiteren Momente des Geschichtlichen entfaltet, wobei das geschichtliche Geschehen als solches mehr im Zentrum der Betrachtung steht als die einzelne Person in den Dimensionen ihrer Personalität. In der Vorlesung G 61 wird nach einem Kapitel über Singularität und Kontinuität das wirhafte und epochale Wesen der Geschichte breiter als in der Vorlesung G 54, in der es nur genannt ist, ausgearbeitet. Die Vorlesung G 67/68 verstärkt diesen Zug noch. Sie läßt sich anders als die übrigen drei Vorlesungen in zwei Teile gliedern, deren erster parallel mit den früheren Vorlesungen läuft. Ausgehend von der Darstellung der Kontinuität der Geschichte als Sprache, Miteinander und Geschehen und der sich daran anschließenden Betrachtung der Singulariät und Anfänglichkeit des Geschichtlichen entwickelt sie dessen Idee und Dialektik in Entsprechung zu den früheren Vorlesungen. In einem zweiten Teil aber erfolgt ein Neueinsatz, in dem Idee und Dialektik der Geschichte aus einer breit angelegten Darstellung der Epochalität entwickelt werden, die in dieser Ausführlichkeit und Sonderstellung gegenüber den früheren Vorlesungen neu ist. Durch diese schon äußerlich auffällige stete Zunahme der Breite des Raumes, die die Behandlung der Epochalität in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen aufweist, ist es angezeigt, diese sowohl auf mögliche Diskontinuitäten als auch auf Kontinuitäten hin zu lesen und auf mögliche Einflüsse anderer Denker, besonders Heideggers und Gadamers, zu achten. Grundsätzlich aber darf vorab schon gesagt werden, daß sich in den Vorlesungen trotz der Gewichtsverlagerungen und Akzentverschiebungen ein hohes Maß an formaler und inhaltlicher Kontinuität zeigt, denn in allen geht es letztlich um die Entfaltung der einen Grundidee, im Verstehen von Geschichtlichkeit einen Boden zu gewinnen, von dem aus der Hinblick auf die christliche Botschaft von
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einer neuen und tieferen Weise des Verstehens begleitet sein kann. In allen geht es darum, im Raume und mit den Mitteln der Philosophie den unendlichen Bezug zu entdecken und aufzudecken, in dem der Mensch als geschichtlicher und mit ihm die Geschichte steht, um von solchem Bezug des Menschen her die geschichtliche Erscheinung des Christentums zu verstehen als etwas, was diesen transzendierenden Bezug des Menschen trifft und diesem auch gerade als geschichtlichem kongenial ist, so daß der Mensch einer Erscheinung wie der des Christentums von seinem Wesen her und also a priori Verstehensmöglichkeiten entgegenbringt, die ihm die christliche Botschaft als das erschließen, was sie ist, die göttliche Botschaft vom Heil für Mensch und Geschichte. Diese Arbeit sucht, in der Darstellung von Weltes Geschichtsphilosophie dem Grundschema der Vorlesungen zu folgen, um so die bislang öffentlich nicht zugänglichen Gedanken Weltes zu diesem Thema auch in ihrer eigenen inneren Folge, ihrem Zusammenhang und in den verschiedenen Aspekten und Stufen ihrer Artikulation zum Sprechen kommen zu lassen und so einen Gesamteindruck von Weltes geschichtsphilosophischem Denken zu vermitteln52. Die Konfrontation des Welte’schen Gedankens mit anderen geschichtsphilosophischen Entwürfen ist dabei nicht angezielt. Dies würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Nur auf die Verwandtschaft mit und die Anlehnung an, zugleich aber auch die bleibende Differenz zu Heidegger, dessen Denken auf Weltes Gedanken entscheidend gewirkt hat, soll näher Bezug genommen werden, wobei aber vorab angemerkt sei, daß diese Untersuchung nicht das Ziel einer Arbeit über Heidegger hat, sondern die Bezugnahme auf diesen jeweils nur im Zusammenhang mit dem Denken Weltes und in den Zügen, die für Welte, sei es sich anlehnend oder sich unterscheidend, wichtig geworden sind, geschieht, nicht aber mit dem Ziel einer Heideggers Denken selbst in seiner ganzen Fülle ausschöpfenden und interpretierenden Darstellung. Grundsätzlich einig gehen die Vorlesungen auch in ihrer methodischen Behandlung des Themas. Sie sind alle der Phänomenologie verpflichtet. Welte läßt sich in ihnen, wie er in der Vorlesung G 67/68 bekennt, leiten von der Maxime der Phänomenologie „Zu den Sachen selbst“53. Der philosophische Zugriff auf die Geschichte soll ein Zugriff in der Weise sein, daß das Denken gerade nicht begreifend
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ausgreift, sondern sich selbst in den Griff nehmen läßt von dem, was die Geschichte von sich her sehen läßt. Dazu ist, wie oben schon gezeigt54, Offenheit und Geduld notwendig. Auch an dieser Stelle nimmt Welte diese für ein phänomenologisches Denken unabdingbaren Haltungen auf. Er spricht von dem „meditierenden Denken“ und dem „verweilenden Denken“, das sich offenhält für den Zuspruch der Sache selbst55. Es geht nicht darum, die Geschichte aus einem obersten Prinzip oder aus einem vorgefaßten Begriff abzuleiten, sondern es geht darum, im Blick auf die Geschichte und auf den Menschen in seiner Geschichtlichkeit zu sehen und zu vernehmen, was sich dem wachen Hinblick zeigt, und in diesem Sich-Zeigenden vielleicht durchgehende und bleibende Momente zu entdecken, deren Zusammenhang und Verhältnis zueinander selbst wieder nicht konstruiert sind, sondern sich dem offenen und geduldigen Hinblick von ihnen selbst her enthüllen und mit anzeigen. Es geht nicht darum, aus einer vorentworfenen Philosophie des Seins, der Natur oder des Menschen nun auch noch den Bereich der Geschichte irgendwie abzuleiten und einzuordnen, sondern es geht, ausgehend von dem, was die Geschichte von sich her und an ihr selbst zeigt, um das ihr eigene Wesen und Sein. So ist auch die mit dem Thema ‘Geschichtlichkeit und Christentum’ gestellte Frage nicht in der Weise zu verstehen, daß von der geschichtlichen Erscheinung des Christentums her nun auch die Geschichtlichkeit, da sie nun einmal zur philosophischen Frage geworden und als zum Dasein des Menschen gehörend entdeckt ist, verstanden werden und so in das Christentum und dessen universalen Anspruch integriert und eingeordnet werden soll, sondern so, daß die Geschichtlichkeit von sich her in den Blick komme, so daß für diesen Hinblick das Christentum genausowenig vorausgesetzt wird wie jedes andere historische Ereignis in seiner Faktizität. Das Christentum soll nur in der Weise in der Betrachtung anwesend sein, daß es die Untersuchung anstoße und am Ende der philosophischen Erwägungen über die Geschichtlichkeit in seinem Bezug zu dieser, in welchem Bezug ja jedes Ereignis der Geschichte steht, bedacht werden soll. Erst nach der philosophischen Erhellung der Geschichtlichkeit kann dieser Bezug geklärt werden und vielleicht als ein ausgezeichneter, weil die Geschichtlichkeit wesentlich erfüllender Bezug aufleuchten. Ob und in welcher Weise dies der Fall ist, ist nicht vorher entschieden oder entscheidbar und trägt zur
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philosophischen Betrachtung des Geschichtlichen nichts bei, „insofern eine philosophische Erwägung mit dem Ziel eines Verständnisses des Christentums aus theologischen Interessen, jedoch nicht auf theologischen Voraussetzungen“56 beruhend, angestellt werden soll. Die ganze Untersuchung ist angestoßen von dem interessierten Hinblick auf das Christentum, aber nur angestoßen und in Gang gebracht, nicht mehr, denn die Untersuchung muß sich als philosophische, die sie gerade und ausdrücklich sein will, von dem zunächst unausgewiesenen Interesse frei machen, um dieses so vielleicht als in seiner Möglichkeit philosophisch ausgewiesenes Interesse wieder zurückzuerhalten. Aus dem Interesse an der Sache des Christentums soll dieses Interesse gerade ausgeklammert und in die epoché gebracht werden. Denn das Interesse an der Sache der christlichen Botschaft als der Botschaft Gottes an den Menschen und für den Menschen muß gerade auch daran interessiert sein, die im Menschen selbst liegenden apriorischen Bedingungen der Möglichkeit ihres Verstehens an ihnen selbst und ohne verzerrende, weil unausgewiesene Interessen zu erhellen, um so die Botschaft Gottes besser und gemäßer, weil sich selbst in seinem Vollzug heller und durchsichtiger verstehen zu können, welche Helle und Durchsichtigkeit zum Wesen des Menschen selbst dazugehört. Und so setzt Weltes Gedanke über ‘Geschichtlichkeit und Christentum’ nach seinen eigenen Worten „das Christentum nicht voraus als etwas, von dem er ausgeht (Basis, Prinzip), sondern er setzt es voraus als etwas, auf das er hinblickt, um es vielleicht als Ziel und Frucht zu gewinnen“57. Der Ernst, diese von der Fragestellung selbst her geforderte Ausklammerung des Interesses zu leisten, führt von sich her zur Phänomenologie, die als Methode gerade in der Ausklammerung, der epoché, unausgewiesenen Interesses des denkenden Hinblicks besteht. Von daher zeigt sich der Ineinsschlag von Weltes inhaltlichem und methodischem Anliegen, die Entsprechung von Sache und Denken, auf eindringliche Weise. Gerade das Geschichtliche wird sich als das je neu und unableitbar Anfängliche erweisen, das je seine Zeit zeitigt und als der unverrechenbare und unvorhersehbare Aufgang dessen, was ist und geschieht, je empfangend und unvorwegnehmbar entgegengenommen werden muß in einer Offenheit und Gelassenheit, die ihre Zukunft nicht schon in ein verfügendes System oder einen alles umfassenden Gedanken eingeholt und überholt
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hat. Die Phänomenologie als die gelassene Offenheit und das geduldige Hinblicken auf das je Geschehende und zueignend Sich-Ereignende, in welchem Ereignis die Freiheit des Menschen selbst ereignet ist und das daher nicht Ereignis im Sinne des Unentrinnbaren, des Fatums ist, sondern Ereignis der Offenheit alles dessen, was ist, das alles in die freie Offenheit des Menschen auf alles hin ereignet, die Phänomenologie als Hinblick auf das in diesem Sinne unverfügbar Geschehende wird sich als der einzig gemäße Zugang zum Geschichtlichen erweisen58.
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A. VORÜBERLEGUNGEN
I. GESCHICHTLICHKEIT UND CHRISTENTUM
1. Die Geschichtlichkeit des Christentums
Zu Beginn der geschichtsphilosophischen Vorlesungen, mit Ausnahme der Vorlesung G 67/68, erläutert Welte in groben Zügen das Verhältnis von Christentum und Geschichtlichkeit1. Er vertritt die These, daß das Christentum in einem ausgezeichneten Bezug zur Geschichtlichkeit steht und daß dieser Bezug zum Wesen des Christentums selbst mit hinzugehört. Ohne die Einbeziehung seiner Geschichtlichkeit ist das Christentum eines seiner Wesensmomente beraubt, und sein Verstehen bleibt in wesentlichen Momenten unentfaltet. Wenn auch, wie wir später noch sehen werden2, gesagt werden muß, daß alles im Umkreis des Menschen in gewisser Weise geschichtlich ist, so gilt dies vom Christentum jedoch in besonderem Maße. Das Christentum ist so mit der Geschichtlichkeit verflochten, daß es das geschichtliche Bewußtsein selbst verändert hat3, so daß sogar schließlich gesagt werden kann: „Die Geschichte versteht sich im Christentum. Das Christentum in der Geschichte“4. Das Christentum ist nicht nur durch eine besondere Beziehung zu Geschichtlichkeit und Geschichte ausgezeichnet, sondern es steht auch in einer besonderen Beziehung zum Verständnis von Geschichtlichkeit und Geschichte5. Diese Beobachtung ist vom Christentum her gesehen doppelt Anlaß, an einer philosophischen Besinnung über die Geschichtlichkeit im Dienst des eigenen christlichen Selbstverständnisses interessiert zu sein. Es gilt nun, diese eigentümliche geschichtliche Verfassung des Christentums näher zu bestimmen. In der Vorlesung G 61 erläutert Welte einleitend die Geschichtlichkeit des Christentums in dreierlei Hinsicht, der seines Ursprungs, der seines Vollzugs als Glauben und der seiner Vermittlung in der Geschichte als Tradition6. Anhand dieser drei Momente soll auch hier die Geschichtlichkeit des Christentums aufgezeigt werden.
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a) Der Ursprung Das Grundlegende und Entscheidende des Christentums ist ein einmaliges Ereignis in der Geschichte, das Auftreten der Person Jesu, ihr Leben, ihre Worte und Taten und ihr Tod. Dieses eine Ereignis ist für den christlichen Glauben die endgültige und unüberholbare Offenbarung Gottes, insofern in Jesus Gott selbst in die Geschichte eintritt und sich den Menschen zusagt. Dieses Ereignis ist daher von absoluter Bedeutsamkeit. Es meint und betrifft alle Menschen und alle Zeiten. Es kann von keinem anderen Ereignis in der Geschichte in seiner Bedeutsamkeit überholt werden, da Gott selbst in Jesus sein unverrückbares und absolutes Ja zu den Menschen spricht. Dieses absolute Ja Gottes in Jesus ist zugleich absolut freie Tat Gottes. Sie kann weder in ihrer Tatsächlichkeit noch in ihrer Form, noch in ihrem Inhalt aus anderem abgeleitet werden. Dieses Geschehen der Offenbarung Gottes in Jesus ist nur von ihm selbst her offen. Es ist nicht rational konstruierbar, und es ist insofern für das Christentum, obwohl geschichtlicher, dennoch absolut freier Ursprung, der als dieser absolut freie und absolut bedeutsame Ursprung zugleich bleibender und währender Ursprung ist, der durch frühere oder spätere Geschehnisse in seinem absoluten Gründen nicht betroffen werden kann. In diesem unableitbaren absoluten Gründen in der Geschichte ist das Christentum durch einen unüberbrückbaren Gegensatz von jeder metaphysischen Spekulation getrennt. Das Christentum ist nicht die geschichtliche Aktualisierung und Realisierung einer Idee oder eines allgemeinen Wesens, etwa von Religion oder Offenbarung, die durch dieses Wesen vollständig bestimmt und daher gleichsam zeitlos konstruierbar ist. Es ist nicht die zeitliche Wesensverwirklichung eines zeitlosen Wesens, sondern das unableitbare und freie Handeln Gottes mit dem Menschen in der Geschichte. Das Christentum ist nicht als zeitlose Idee, sondern nur als Geschichte. Aber noch auf eine andere Weise ist dieses einmalige Ereignis der Person Jesu geschichtlich. Denn es steht nicht nur in einem Verhältnis zur Geschichte als der eine unüberholbare und alles gründende Ursprung, der in seiner Bedeutsamkeit alle Zeiten der Geschichte einfordert, sondern dieses einmalige Ereignis ist in sich selbst ein Geschehen und eine Geschichte. Die Offenbarung geht nicht nur in eine geschichtliche Gestalt ein und gewinnt als eigentlich
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geschichtsloses Wort Gottes in dieser ihr Da in der Geschichte, sie „hat“ nicht nur als geschichtliche Gestalt eines Übergeschichtlichen Geschichte, sondern sie „ist“ Geschichte7. Die Offenbarung ist nicht nur ewiges Wort Gottes, sondern als dieses ist sie geschichtliches Wort in der Geschichte und in die Geschichte hinein, weil Wort an den geschichtlich verfaßten Menschen. Sie ist die Geschichte der geschichtlichen Person Jesu, ihres Auftretens an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit, ihrer Verkündigung des Reiches Gottes, ihrer Taten und Schicksale, ihrer Begegnungen mit anderen Menschen, ihres Leidens und ihres Todes. Dieser Ursprung ist daher nur mitteilbar in der Erzählung einer Geschichte, der Erzählung der Geschichte der konkreten Person Jesu8. Das Verhältnis Jesu zu seiner Botschaft ist nicht das Verhältnis eines Lehrers zu seiner Lehre. Jesus verkündet nicht eine Lehre, eine in sich geschichtslose Wahrheit, die auch unabhängig von ihm Geltung hätte und weiter tradierbar wäre und deren Wahrheit auch an sich bestehen bliebe, wenn sie vergessen wäre, so wie die Wahrheit logischer Sätze in sich ohne Geschichte ist und in ihrem Inhalt unabhängig davon, ob sie in der Geschichte von Menschen vollzogen wird. Seine Botschaft vom Reich Gottes ist vielmehr das Geschehen seines Lebens selbst9. Und insofern ist das Verhältnis Jesu zu seinen Jüngern nicht das eines Lehrers zu seinen Schülern. Das „Christentum ist nicht sokratisch“10, wie Welte, Kierkegaard ausdrücklich aufnehmend, betont. Im Christentum gehört der Lehrer selbst zur Lehre mit hinzu, die Ereignisse, Umstände und Begegnungen seines Lebens gehören unmittelbar in diese hinein. Jesus ist nicht Lehrer in dem Sinne, wie Sokrates sich als Lehrer verstand. Für Sokrates ist gerade die Sache selbst, um die es geht, letztlich die ewige Wahrheit, vom Lehrer völlig unabhängig. Der Lehrer ist nur Veranlassung, er führt nur zu Wahrheit hin, die aber der Schüler schon in sich trägt, die er nur vergessen hat. Für Sokrates ist das Lernen Erinnerung, Anamnesis, und das Lehren Hebammenkunst11, welche die Erinnerung nur weckt und ihr aufhilft. Hat der Schüler sich erinnert und ist er in die Wahrheit gekommen, so ist der Lehrer ganz unwichtig geworden. Für die Wahrheit selbst ist er gleichgültig, denn diese ruht in sich selbst unabhängig von allem Zufälligen und Geschichtlichen, unabhängig von Orten, Zeiten und Personen. „Allein, wie auch immer Sokrates
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die Menschen, die mit ihm ins Gespräch treten, zur heilbringenden Wahrheit und aus dem Getriebe der dóxa zum óntos ón zu erwecken sucht, so wird es doch gerade dort ausgesprochen, daß die geschichtlichen Umstände dieses Vorgangs der Wahrheitsfindung für dessen Wesen unerheblich sind. Wer der Lehrer war und in welcher Zeit er lebt, das Geschichtliche also, dies sind beiläufige Umstände, das Wesentliche der Wahrheit muß aus der ewigen Tiefe, aus dem vorgängigen Wahrheitsfonds je eines jeden in der anámnesis heraufsteigen, der Lehrer gebiert es nicht, er hat nur Hebammendienst zu leisten, jeder muß das Dauernde und Wesenhafte selber sehen, und vermag er dies, dann darf er den Lehrer und die Umstände seines Lehrens vergessen; und er gewinnt, dem Zeitlosen und Ewigen verbunden, einen Grund, von dem aus er sich über den Wechselfällen der Geschichte stehend betrachten darf. Die Geschichte des Menschen wird beiläufig und unwesentlich, das Wesentliche seines Selbstvollzuges liegt oberhalb ihrer“12. Im Gegensatz dazu aber darf Jesus und die Geschichte seines Lebens über seiner Botschaft nicht vergessen werden, denn er ist nicht nur Veranlassung, die, sobald sie ihr Ziel erreicht hat, überflüssig wird wie die Hebamme, deren Dienst, sobald das Kind geboren ist, endet, oder wie ein Baumstamm, der, nachdem der Fluß überschritten ist, vom Strom weggespült werden kann, ohne daß dies noch irgendeinen Einfluß auf den Fortgang des Weges hätte. Jesus wird für das Christentum nie überflüssig, denn er ist der Weg und die Wahrheit selbst13. Er ist als er selbst in seinen Worten und Taten die Offenbarung der Nähe Gottes, er ist für den christlichen Glauben diese Offenbarung Gottes in Person14. Er ist als der Sohn Gottes in seiner Gottunmittelbarkeit das Offenbarwerden und die Gegenwart Gottes unter den Menschen. Vergäße das Christentum Jesus über dem durch ihn geoffenbarten Wort Gottes, so ginge ihm die Offenbahrung selbst verloren, denn Jesus selbst ist das Wort Gottes15. Und so kann Welte sagen, das Christentum „besteht wesentlich in einem Ereignis, bei welchem gerade dessen Ereignischarakter und alles, was zu ihm gehört, wesentlich ist und bleibt für das christliche Heil. Der eine Lehrer des Christentums und die Umstände seiner Lehre, sein Leben und sein Tod, dürfen nicht vergessen werden über seiner Lehre, wie Sokrates vergessen werden darf über der Wahrheit des Sokrates ..., denn diese Lehre besteht ja gerade in der Aufforderung, auf
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diesen einen und unvertauschbaren Lehrer, sein geschichtliches Leben und seinen geschichtlichen Tod sich selbst glaubend zu gründen und in dieser Gründung sein Heil zu gewinnen. Hier und hier allein sind geschichtliche Umstände schlechthin wesentliche Umstände. Und darum kann wohl vielleicht das Griechentum, niemals aber das Christentum begriffen und verstanden werden ohne das Verstehen der Geschichtlichkeit und ohne die hierzu nötigen Kategorien“16. Noch in einer weiteren Hinsicht ist dieses ursprüngliche und einmalige Geschehen geschichtlich, insofern es nämlich als die Botschaft der Nähe des Reiches Gottes nicht nur als ein Ereignis in der Geschichte steht, das in sich geschehend und geschichtlich ist, sondern auch ein Geschehen ankündigt und verheißt17 und so neue Geschichte eröffnet. Als Verheißung und also auch als Verheißung des Endes aller Geschichte eröffnet es Zukunft und damit Geschichte. Diese Geschichte, die eröffnet und freigesetzt wird durch die Verheißung einer absoluten Zukunft jenseits der geschichtlichen Zukunft, ist die Geschichte des Glaubens. b) Der Glaube Auch der Glaube als der innere Vollzug des Christentums durch den Menschen ist geschichtlich. Denn er gründet sich auf die vergangene einmalig geschehene Geschichte, die sich in und mit der Person Jesu vollzog, und schwingt sich mit der in diesem bleibenden Ursprung eröffneten Geschichte ein in die Spannung des Schon und Noch-nicht, in den Bogen von schon geschehener Erlösung und noch ausstehender, gleichwohl aber schon verheißener Vollendung. Diese Spannung zwischen Ursprung und Vollendung reißt den Spiel- und Zeitraum auf, in welchem dem sich in dem Geschehen der Person Jesu gläubig Festmachenden seine eigene Geschichte erst eigentlich eröffnet und in ihrem Geschichtlichsein allererst zu sich selbst gebracht ist. Sich gründend in einem Ereignis in der Geschichte, spannt sich der Glaube aus auf ein in diesem geschichtlichen Ereignis schon angekommenes und verbürgtes, zugleich aber noch ausstehendes Geschehen, die Nähe und das Kommen des Reiches Gottes. Der Glaube ist ein Geschehen, das gründet in einem Geschehen und das ausgerichtet ist auf ein
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verheißenes erfüllendes Geschehen. Der Glaube schließt als Glaube Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in sich so zusammen, daß er sie als diese Verschiedenen gerade bewahrt. Er ist so an ihm selbst geschichtlich. Die Gründung des ganzen Daseinssinnes des Menschen auf ein geschichtliches Ereignis, einen geschichtlichen Menschen, aktualisiert das Dasein selbst in ausgezeichneter Weise in seinem Geschichtlichsein. c) Die Tradition Aus dem Glauben an die in Jesus entscheidend und endgültig hervorgetretene Heilsoffenbarung Gottes, die insofern für alle Menschen und alle Zeiten als diese eine und unüberholbare bedeutsam ist, ergibt sich in eins die Aufforderung und der Auftrag, diese eine Offenbarungsbotschaft durch alle Zeiten und Räume der Geschichte hindurch als dieselbe zu bewahren und weiterzugeben. Das Christentum „versteht sich“ daher „als eine lebendige wirkliche Wesenskontinuität durch die Gestaltwandlungen und die Diskontinuitäten der Geschichte hin“18, und „es versteht selber diesen langen Gang und Gestaltwandel als heilige Überlieferung“19. Sich gründend in einem Ereignis der Geschichte, das glaubend als die alles entscheidende Offenbarung Gottes erkannt wird, muß das Christentum, das wie alle Erscheinungen der Geschichte dem Wandel und den Veränderungen dieser Geschichte unterworfen ist, seinen Ursprung als denselben bewahren durch die Geschichte hindurch. In der Tradition vollzieht sich der Gang des Christentums durch die Geschichte. Tradition ist die Weise, wie alles Geistige in der Geschichte bewahrt wird. Sie ist ihrem Wesen nach die Weise des geschichtlichen Geschehens des Geistes. Alle geistigen Phänomene, Gedanken und Ideen, sind nur unter Menschen da, indem sie überliefert werden, indem sie von Geist zu Geist übergeben und in dieser Übergabe je neu in ihrer Wahrheit erweckt und vollzogen werden. Dies gilt für die gleichzeitige Überlieferung ebenso wie für die Überlieferung über größere geschichtliche Zeiträume hinweg. Der einstige Gedanke, der etwa in der Gestalt eines überkommenen Textes noch vorhanden ist, muß aus diesem Text in seiner Wahrheit in der Gegenwart eines Wahrheit vollziehenden Geistes erweckt und
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geborgen werden, um als dieser Gedanke, der er war, da zu sein. Die Besonderheiten, die gerade mit der Überlieferung über lange Zeiträume hinweg verbunden sind, tragen an dieser Stelle, an der nur das besondere Verhältnis des Christentums zur Geschichtlichkeit, das es gerade auch als Tradition hat, angedeutet werden soll, nichts bei. Welte behandelt sie ausführlich besonders in den Vorlesungen W 51 und W 62 und auch immer wieder in seinen hermeneutischen Vorlesungen. An einer späteren Stelle dieser Arbeit sollen diese Probleme der Tradition einbezogen und mitbedacht werden20. Hier genüge es, auf die geschichtliche Seinsweise der Tradition als solche und auf die ausgezeichnete und gesteigerte Stellung, welche die christliche Überlieferung darin einnimmt, hinzuweisen. Die geschichtliche Seinsweise der Tradition, als die sich das geschichtliche Da alles Geistigen vollzieht, erfährt im Christentum eine wesentliche Steigerung. Denn in ihm geht es nicht nur darum, irgendwelche Gedanken und Geschehnisse in ihrer Wahrheit zu bewahren und weiterzureichen, sondern es geht um die ursprüngliche, alles umfassende, alles betreffende und alles entscheidende, unüberbietbare Offenbarung Gottes in dem und als das geschichtliche Geschehen der Person Jesu. Es geht in der christlichen Tradition darum, den in der Geschichte aufgebrochenen heiligen Ursprung in seiner Wahrheit so zu bewahren, daß in jeder Gegenwart der Geschichte seine Wahrheit neu aufscheinen kann. Es geht in ihr darum, den geschichtlichen Ursprung, der alle Zeiten der Geschichte in sich schließt, durch das Geschehen und Vergehen eben dieser Geschichte hindurch zu hüten und vor Wandlungen oder Erstarrungen zu bewahren, die das Da seiner Wahrheit unter den Menschen in der Geschichte gefährden und Gestalten hervorbringen, aus denen die Wahrheit des einen Ursprung nicht mehr oder nur verstellt und unangemessen erweckt und zum Leuchten gebracht werden kann. Insofern die Wahrheit der christlichen Tradition die Offenbarung Gottes, die geschichtlich in der Geschichte und als Geschichte ereignete übergeschichtliche Wahrheit selbst ist, muß sie ganz geschichtlich sein, um den einen geschichtlich-übergeschichtlichen Ursprung in der Geschichte und durch die Geschichte hindurch zu bewahren als den einen und selben.
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Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich das Christentum in seinen Wesensmomenten, dem Ursprung als geschichtlichem Ereignis, dem Vollzug als Glauben und der Vermittlung als Tradition, durchgängig geschichtlich vollzieht, und zwar auf eine erhöhte und gesteigerte Weise gegenüber anderen Erscheinungen in der Geschichte, insofern in ihm das absolut Bedeutsame geschieht und, glaubend vollzogen und weitergegeben, je neu geschieht. In seinem Ursprung ist es ein einmaliges Ereignis in der Geschichte, das gleichwohl die ganze Geschichte betrifft und in seiner Bedeutsamkeit und seinem Anspruch umfaßt und das darüberhinaus an sich selbst geschehende Geschichte ist, die als Bot- schaft der Nähe des Reiches Gottes ihrerseits ein Geschehen ankündigt als die Vollendung und das Jenseits der Geschichte, welche Ankündigung selbst Zukunft und so Geschichte eröffnet und in ihrem Geschichtlichsein erst zu sich bringt und zu sich selbst befreit. Dieser in sich geschichtliche Ursprung eröffnet ein Geschehen, den Glauben, der sich als SichGründen in diesen einen geschichtlichen Ursprung und als Hoffnung auf die Erfüllung der Verheißung dieses Ursprungs selbst wieder geschichtlich vollzieht und seinerseits ein geschichtliches Geschehen aus sich hervortreibt, die Tradition. Dieses Geschehen der Tradition als das geschichtliche Leben des absolut bedeutsamen, alles entscheidenden Ursprungs in der Geschichte begreift sich und nimmt sein Maß von diesem einen Ursprung her, und es vollzieht sich als das Hören und Sich-Gründen auf geschichtliche Zeugnisse des Glaubens an diesen einen Ursprung in der Geschichte, um diesen vergangenen, aber in seinem Gründen währenden Ursprung als ihn selbst in der gegenwärtigen geschichtlichen Stunde für die Möglichkeit künftigen Glaubens zu bewahren. Vor dem Hintergrund dieser kurzen Besinnung auf die Geschichtlichkeit des Christentums, die sich in so hervorragender Weise zeigt, kann wohl die Berechtigung des folgenden Satzes verstanden werden: „Nirgends, soviel wir wissen, ist das Geschichtliche so sehr als wesentliche Dimension des Menschen gesehen und ergriffen worden, nirgends ist der an sich geschichtliche Mensch auch für sich und durch sich so geschichtlich geworden wie im Christentum“21.
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2. Der Absolutheitsanspruch des Christentums und der Widerspruch eines relativistischen Verständnisses von Gschichtlichkeit dagegen Dem christlichen Glauben an die in Jesus aus absoluter Freiheit Gottes ergangene letztgültige Offenbarung, die als das unbedingte Ja Gottes zu Mensch und Geschichte alle Räume und Zeiten der Geschichte umfaßt, entspringt aus seinem innersten Wesen ein absoluter Anspruch auf unbedingte Wahrheit und Gültigkeit22. Die göttliche Offenbarung in Jesus fordert als dieses eine einmalige geschichtliche und gleichwohl in der Geschichte unüberholbare Ereignis alle Menschen und alle Zeiten, das Ganze von Menschheit und Geschichte, ein. Sie beansprucht als die Offenbarung des Heils Gottes in Jesus absolute Geltung. Aus der Einmaligkeit und Exklusivität folgt unmittelbar die Absolutheit und Universalität des Anspruchs. Zuinnerst und wesentlich mit diesem Anspruch verbunden ist das Bekenntnis zu Jesus als dem Sohn Gottes und der theologische Gedanke der Inkarnation. Der Anspruch, daß in Jesus die letztgültige und unüberbietbare Offenbarung Gottes geschehen ist, erfährt seine Begründung und Legitimation in dem Glauben, daß sich in Jesus Gott selbst dem Menschen und der Geschichte zusagt, daß in Jesus Gott selbst Mensch wird, daß Jesus Gott in Person ist. Nur der Gedanke der Inkarnation kann letztlich begründen, warum in Jesus das Ja zum Menschen endgültig und unverbrüchlich ist. Nur weil Jesus das Wort Gottes selbst ist, hat es absolute Geltung. Gegen diesen Absolutheitsanspruch des Christentums scheint aber die Geschichtlichkeit alles Menschlichen zu sprechen, die alles dem Wandel und dem Vergehen unterwirft. Und von daher erheben sich gewichtige Einwände gegen den Anspruch einer geschichtlichen Erscheinung auf absolute Bedeutsamkeit und exklusive und universale Geltung. Die geschichtliche Verfaßtheit des Christentums selbst scheint gegen seinen absoluten Anspruch zu sprechen. Denn in der Geschichte scheint alles bezogen und relativ auf den ihm zugehörigen Raum und die ihm zugehörige Zeit. Jedes geschichtliche Ereignis gehört einer bestimmten geschichtlichen Welt an und wäre so in einem anderen geschichtlichen Welthorizont weder denkbar noch wiederholbar. Und dieses gilt dann auch für
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das Christentum und das es gründende ursprüngliche Geschehen in Jesus. Auch von dieser Offenbarung muß gesagt werden, daß sie ganz eingebettet und geprägt ist von der ihr zugehörigen Welt und der geschichtlichen Stunde, in der sie erging. Und es muß mit Welte die Frage gestellt werden: „Ist es da nicht eine Anmaßung, einem geschichtlichen Ereignis ungeachtet seiner Geschichtlichkeit eine absolute Bedeutung zuzumessen, die als absolute universal für alle geschichtlichen Menschentümer und unvergänglich für alle sich wandelnden Epochen gelten solle? Heißt das nicht, das Maß sprengen, das die Geschichte dem Menschen gesetzt hat? Heißt solche Botschaft verkünden nicht, Unrecht tun anderen Menschen, die aus anderen geschichtlichen Menschentümern und ihren religiösen Traditionen erwachsen und in ihrem Wesen geprägt sind? Ist nicht alles Geschichtliche relativ, und damit widerstreitend dem absoluten Charakter, den das geschichtliche Offenbarungsereignis in Jesus Christus beansprucht?“23. Und über den Wandel alles Geschichtlichen hinaus ist es doch mit allem in der Geschichte so, daß es entsteht und wieder vergeht. Nichts in der Geschichte scheint wie nicht dem Wandel, so auch nicht dem Vergehen zu entkommen. Zu allem geschichtlich Seienden gehört, daß es entsteht, sich wandelt und vergeht. Und, so ist in Hinsicht auf den christlichen Glauben als das Sich-Gründen auf das Fundament des einmaligen Geschehens in Jesus weiter zu fragen: Wie kann dieser Glaube angesichts der alles in ihren Strudel reißenden Relativität des Geschichtlichen sich mit dem ganzen Interesse seines Heils gründen auf ein Ereignis in der Geschichte, wie kann er diesem absolute Geltung zusprechen? Diese Frage ist, wie Kierkegaard eindringlich gezeigt hat24, dieselbe für den gleichzeitigen wie für den Jünger nachfolgender Zeiten, denn beide bauen ihren Glauben, daß Gott in Jesus Mensch geworden ist, also ein historisch Nicht-Verifizierbares, gleichermaßen auf ein Historisches. Das vergangene Ereignis, hier die Offenbarung Gottes in Jesus, ist nicht nur wie alles Geschichtliche relativ auf eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort, sondern es ist, auch hier allem Geschichtlichen folgend, nie in der Weise zu verifizieren, wie es das Gewicht solcher Entscheidung verlangte. Alles historische Wissen ist nie gewiß in dem Sinne, wie mathematische oder logische Wahrheiten gewiß sind, sondern es ist, daran gemessen, immer nur
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approximativ. Es ist nie gewiß im Sinne logischer Gewißheit, weil nicht logisch ableitbar und daher nie rational beweisbar. Das Geschichtliche steigt aus Ursprüngen auf, der Freiheit des Menschen und den epochalen Aufbrüchen der Geschichte, die nicht verrechenbar sind. Was damals wirklich geschah, was die Menschen dachten, was sie fühlten und mit ihren Taten erreichen wollten, dies ist nie mit absoluter Gewißheit im Sinne des apriorisch Ableitbaren sicherzustellen. Welte verweist in diesem Zusammenhang in Klammern auf Lessing und Kierkegaard25. Es geht hier um die Kierkegaard’sche Frage der ‘Philosophischen Brocken’: „Kann es einen geschichtlichen Ausgangspunkt geben für ein ewiges Bewußtsein; inwiefern vermag ein solcher mehr als bloß geschichtlich zu interessieren; kann man eine ewige Seligkeit gründen auf ein geschichtliches Wissen?“26. Mit dieser Frage nimmt Kierkegaard bewußt27 die Ausarbeitung des Problems des Verhältnisses von „zufälligen Geschichtswahrheiten“ und „notwendigen Vernunftwahrheiten“ durch Lessing auf und dessen Aufweis, daß zwischen der historischen Betrachtung und der des Glaubens ein „garstiger breiter Graben“ klafft, der zwei grundsätzlich unvereinbare Bereiche voneinander trennt28. Im Bewußtsein des Wandels, der Zufälligkeiten und der Ungewißheit alles Geschichtlichen scheint die Forderung, sein Heil auf ein bestimmtes geschichtliches Ereignis zu gründen, das wie alles Geschichtliche zufällig und darüberhinaus nie ganz ins Wissen einholbar ist, unvernünftig und aller geschichtlichen Erfahrung widersprechend zu sein. Das, worauf sich der Mensch als auf das, was sein und der ganzen Welt Heil oder Unheil entscheidet, unbedingt und mit dem Gewicht seines ganzen Daseins verlassen kann, kann doch nicht ein Wandelbares und Vergängliches sein, wie es alles Geschichtliche ist. Es muß sich, wenn überhaupt, so doch im Bereich des Wandellosen und Ewigen finden und gerade nicht in der Geschichte. Es muß sich, gerade wenn der Mensch sich verantwortlich darauf einlassen und gründen soll, im Bereich des Vernünftigen und apriorisch Ableitbaren finden. Da alles Geschichtliche relativ und nie notwendig im Sinne der logisch ableitbaren Notwendigkeit ist, scheint der Glaube als das Sich-Einlassen auf den Absolutheitsanspruch des Christentums gerade gegen die Geschichtlichkeit zu streiten. Der Glaube im Sinne des christlichen Glaubens erscheint in diesem Licht gerade als eine
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Fehlform und ein Mißverständnis der geschichtlichen Verfaßtheit des Menschen. Der christliche Glaube scheint sich ungeschichtlich über die Geschichtlichkeit hinwegzusetzen und so das Wesen des Menschen gerade in sein Unwesen zu verkehren. Und so muß im Bewußtsein der Relativität des Geschichtlichen zuletzt auch nach der Möglichkeit der christlichen Tradition gefragt werden als der Frage nach der Möglichkeit, etwas in der Geschichte als es selbst zu bewahren. Die Gestalten ändern sich unaufhörlich, und damit ändern sich auch die Gestalten der christlichen Überlieferung. Jede Zeit drängt dem Christentum seine eigenen Formen auf. Jede Zeit greift immer nur in ihren Kategorien, Vorstellungen, Horizonten und Fragestellungen auf den Ursprung zurück. Jede Zeit liest die Texte der Bibel als die Überlieferung des einen Ursprungs anders, weil auf die nur ihr eigene Weise. Es scheint darin kein Maß zu geben, das als Kriterium und Vergleichsbasis gelten könnte. Denn selbst die Bibel ist nur Produkt und Ausdruck ihrer geschichtlichen Stunde. Der eine Ursprung selbst ist nur in einer geschichtlich relativen Gestalt da. In der Tradition scheint daher Diskontinuität unvermeidlich und Kontinuität unmöglich, und damit scheint Tradition selbst als unverfälschte Bewahrung der einen Offenbarung eine Unmöglichkeit zu sein. Denn wie kann die eine Wahrheit in einer relativen Gestalt ganz da sein, und wie kann sie aufgrund dieser relativen Gestalt in andere relative Gestalten hinübergerettet werden? Am eindringlichsten verdeutlicht Welte diesen Einwand gegen die Tradition am Phänomen der in der Geschichte immer wieder auftauchenden Renaissancen, die im bewußten Rückgriff auf eine vergangene Zeit, diese selbst und ihre Gestalten als verbindlich für die eigene Zeit erklären und nichts als die wiederholenden Verwirklichungen dieser als maßgeblich geltenden vergangenen Zeit sein wollen. Gerade in ihnen zeigt sich der Wandel unübersehbar. Gerade sie zeigen in ihrer Aufnahme des Vergangenen den Bruch mit dem Vergangenen, „und sie machen umso mehr die geschichtliche Differenz und die verwandelnde Macht der Geschichte sichtbar, weil diese sich hier am gleichen, wieder aufgenommenen Form- oder Gedankenmaterial vollzieht. Renaissancebauten in Rom oder Florenz zeigen gerade in der Verwendung antiker Formen, wie sehr sie keine antiken Bauten sind“29. Und so zeigen denn auch die modernen geschichtswissenschaftlichen
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Untersuchungen über die Geschichte des Christentums, wie sehr das Verständnis der christlichen Botschaft, die Interpretationen und Rückgriffe auf die biblischen Schriften einem geschichtlichen Wandel unterworfen sind, ja wie die biblischen Schriften in sich selbst verschiedensten geschichtlichen Welten zugehören. In der Geschichte scheint es unmöglich, eine geschichtlich ergangene Offenbarung zu bewahren, da alles und also auch alles Denken und Sagen des Offenbarungswortes vom geschichtlichen Wandel betroffen ist. „Wie kann“, so fragt Welte in einer Marginalie zur Vorlesung W 62, „das Einmalige ein für allemal sein, wenn alles geschichtlich nur einmalig ist“ und kurz darauf, „was kann theologisch Tradition sein?“30 Diese Einwände gegen einen Absolutheitsanspruch des Christentums aufgrund der Geschichtlichkeit des Christentums als geschichtlich einmaliger Ursprung, als Glaube und als Tradition von seiten eines Verständnisses, das sich seinerseits als geschichtsbewußtes begreift und gerade von diesem Bewußtsein der Geschichtlichkeit gegen den Absolutheitsanspruch des Christentums streitet, zeigen zumindest, daß hier verschiedene Weisen des Verständnisses von Geschichtlichkeit aufeinandertreffen. „Wir sehen: die spezifische Geschichtlichkeit des christlichen Selbstverständnisses scheint in allen wesentlichen Punkten (Ereignis als allverpflichtender Anfang, Tradition als inalterierbare Bewahrung, Glaube als aktuelle Selbstgründung auf den geschichtlichen Anfang) in starker Spannung zu stehen mit dem, was wir sonst als Geschichtlichkeit vor uns sehen: der Relativität aller Ereignisse, des Wandels durch alle Epochen, der Defizienz an Verifizierbarkeit des Einstigen“31. Einerseits zeigt das Christentum in seinen wesentlichen und es konstituierenden Momenten eine gesteigerte geschichtliche Verfassung, und andererseits scheint es gerade gegen die Geschichtlichkeit zu streiten. Ist dieser Widerspruch hervorgetreten, so fordert er eine philosophische Besinnung auf die Geschichtlichkeit selbst, damit entschieden werden kann, ob die vom christlichen Selbstverständnis her sich zeigende gesteigerte Geschichtlichkeit in Wahrheit eine Mißachtung und ein Ausstieg aus der Geschichtlichkeit oder gerade eine Wesenserfüllung der Geschichtlichkeit und damit eine ausgezeichnete Möglichkeit des geschichtlichen Menschen darstellt. Eine
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philosophische Besinnung muß zeigen, ob das christliche Selbstverständnis, das einem Ereignis in der Geschichte absolute Geltung zuweist und im Glauben sich auf dieses eine geschichtliche Geschehen absolut gründet und es in der Tradition durch allen Wandel hindurch als dasselbe bewahren will, eine der Geschichtlichkeit entsprechende Möglichkeit menschlichen Daseins ist. Letztlich zielt die Frage auf eine Verhältnisbestimmung von Geschichtlichkeit und Relativität. Wie ist geschichtliche Relativität zu begreifen? Lebt sie nicht als solche vom Bezug auf ein NichtRelatives und der Geschichte entzogenes Unbedingtes? Ist das Bewußtsein von Geschichtlichkeit notwendig mit einem relativistischen Verständnis verbunden, das alles Geschichtliche als solches in seiner Eigenart zwar anerkennt, in seinem Wahrheitswert aber dadurch nivelliert, daß es seine Wahrheit in der Bezüglichkeit auf einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeit völlig aufgehen läßt? Ist das geschichtliche Bewußtsein, wenn es der Geschichtlichkeit gerecht werden will, notwendig mit einem historistischen Relativismus solcher Art verbunden oder läßt sich diesem relativistischen Verständnis von Geschichtlichkeit ein Mißverständnis nachweisen, das diesen Relativismus selbst auflöst? Denn die Möglichkeit von Relativität entscheidet sich doch letztlich daran, ob sie ein Nicht-Relatives zuläßt. Leugnet sie dieses, so löst sie sich selber auf, da jede Relativität etwas Nicht-Relatives als Beziehungs- und Vergleichsgrund voraussetzt, das die Möglichkeit einer Beziehung der Relata aufeinander allererst öffnet32. Setzt der Wandel in der Geschichte mithin nicht gerade ein Wandelloses voraus, das den Wandel als Wandel erst hervortreten läßt und so als Wandel erst ermöglicht? Ist Geschichtlichkeit also nur möglich vor dem Hintergrund eines Übergeschichtlichen, Absoluten? In diesem Sinne stellt Welte sich die Aufgabe, durch eine philosophische Erörterung der Geschichtlichkeit zu prüfen, ob ein rein relativistisches Verständnis dem Sein des Geschichtlichen entspricht oder ob das christliche Selbstverständnis ein mögliches, vielleicht gemäßeres Verständnis von Geschichtlichkeit in sich birgt. In der philosophischen Bestimmung der Geschichtlichkeit entscheidet sich zugleich die Frage nach Gemäßheit oder Ungemäßheit des christlichen Glaubens hinsichtlich des geschichtlich verfaßten Wesens des Menschen. In ihr entscheidet sich, ob das Christentum eine der Geschichtlichkeit gemäße oder sie überfordernde und daher mißachtende Erscheinung ist, ob es eine dem geschichtlichen Wesen des Menschen entsprechende oder widersprechende, eine wesentliche oder unwesentliche Möglichkeit menschlichen Daseinsvollzugs ist. 3. Die Modernität des Bewußtseins der Geschichtlichkeit, seine olgen für die Theologie und seine Bedrohung durch das geschichtslose Denken der modernen Naturwissenschaft Welte weist in allen seinen geschichtsphilosophischen Vorlesungen darauf hin, daß die Frage nach der Geschichtlichkeit selbst geschichtlich ist und eine Geschichte hat33. Auch in seinen Veröffentlichungen betont er wiederholt die Zäsur und den Neubeginn, den das 19. Jahrhundert für diese Frage darstellt34. Geschichtlichsein und das Bewußtsein desselben sind zu unterscheiden, so daß das Geschichtlichsein nicht auch notwendig mit einem klaren Bewußtsein davon verbunden ist. Ein Blick in die Geschichte zeigt, daß das geschichtliche Bewußtsein erst spät hervorgetreten ist35. In der Antike wurde die Geschichte nicht als sie selbst bedacht. Das griechische Denken war darauf aus, das Bleibende und Währende, den ewigen Logos des Kosmos zu erkennen jenseits allen Werdens und Vergehens und jenseits allen Wandels und aller Veränderung. Diese galt ihr nur als Erscheinung eines verborgenen ewigen und unwandelbaren Gesetzes. Der Rhythmus von Wachsen und Werden, Entstehen und Vergehen vollzog sich in unveränderlichen Ordnungen, die dem Walten des ewigen Logos des Kosmos entsprangen. In diesen sich unaufhörlich wiederholenden Kreislauf war auch die Geschichte einbegriffen. Auch bei ihr galt es, in den unzähligen Geschehnissen und Ereignissen, dem unübersehbaren Auf und Ab das Dauernde und immer Gleiche zu entdecken. Das
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unabsehbare Treiben der Menschen und Völker, ihre Taten und Schicksale erschienen nur als die Oberfläche eines sich verborgen vollziehenden ewigen Logos. Auch die Geschichte galt als Teil des alles umfassenden und alles einbeziehenden Kosmos und vollzog sich wie die Natur nach dessen Gesetz. Die Bewegung der Geschichte war wie die Bewegung der Natur als eine in sich kreisende Bewegung des immer Gleichen gedacht. Und die
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Geschichtsschreiber, wie etwa Herodot und Thukydides, erforschten und berichteten die vergangenen Geschehnisse, um in ihnen das Bleibende und ewig Wiederkehrende festzuhalten. Für Thukydides ist es die ewige Natur des Menschen, die alle Geschichte bestimmt und aufgrund derer alle Geschehnisse vergleichbar und sich wiederholend sind. Die Geschichte bleibt sich gleich. Sie ist ein naturhaftes Geschehen. Sie ist ein ständiges Auf und Ab von Werden und Vergehen, der dauernde Wechsel von Aufstieg und Niedergang. Es gibt nichts wirklich Neues in ihr. Veränderliches und Unveränderliches, Wandel und Wandellosigkeit, Chaos und Gesetz sind hier vereinigt. Das unabsehbare und wechselvolle Geschehen der Geschichte nimmt teil am ewig gleichen und sich immer wiederholenden Geschehen des Kosmos. Die Betrachtung der Natur unter dem Gesetz kosmischen Werdens und Vergehens ist Vorbild auch für die Betrachtung der Geschichte. Das Wahre ist das ewige und unwandelbare allgemeine Wesen der Dinge. Das Wahrnehmbare und unabsehbar Sich-Wandelnde in Natur und Geschichte ist nur Schein, der auf das ewige Wesen, die ewigen Ideen nach Platon, hin überschritten werden muß, wenn es in seinem wahren Sein erkannt werden soll. Das griechische Denken denkt nicht das Geschichtliche an der Geschichte, sondern nur das geschichtslos Ewige. Es denkt die Geschichte gerade nicht in ihrem Geschichtlichsein. Das einzelne geschichtliche Geschehen ist nicht als das je einzelne und je neue bedacht, sondern als Erscheinung des Allgemeinen und Ewigen. Die Geschichte hat eigentlich keine Zukunft, denn es geschieht das ewig Gleiche, und sie hat daher auch keine Vergangenheit und keine Gegenwart. Was geschieht, geschah immer und wird immer geschehen. Es ist, was war und ewig wiederkehrt. Die Geschichte ist nicht zukünftig, sie ist nicht offen auf das Geschehen des wirklich Neuen und Anfänglichen, und so ist ihr nicht eigentlich der Raum und die Weite von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in ihrer sich erstreckenden Einheit eröffnet. Die Geschichte als Geschichte ist nicht. Sie ist Erscheinung des Geschichtslosen als des wahren Seins. Vor dem Hintergrund dieser Geschichtsferne des abendländisch antiken Denkens, welche Geschichtsferne sich nach Welte aber in gleicher Weise auch für die außerabendländischen Kulturen und Religionen zeigen ließe36, erhebt sich nach Welte die Geschichtlichkeit des Christentums in einzigartiger Weise. Mit dem
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Glauben an die einmalige und unüberholbare Offenbarung Gottes in Jesus, die als in und durch diese Person Jesu geschehende Offenbarung an sich selbst geschichtlich ist, ist ein grundsätzlich anderes als das zyklische Geschichtsdenken der Antike aufgebrochen. Es stellt etwas Neues dar und verändert das geschichtliche Bewußtsein selbst. Welte spricht von einer „Revolution“: „Wo nämlich die christliche Botschaft in ihrer ursprünglichen Gestalt und mit ursprünglicher Kraft aufgegriffen wurde, da mußte eine Art Revolution des Seinsbewußtseins überhaupt in der Richtung aufs Geschichtliche hin entstehen, eine Revolution, in der Geschichtlichkeit sich erstmalig inmitten einer im Ganzen geschichtsfern empfindenden Welt mit voller Kraft sich selbst zu ergreifen sich anschickte. Das geschichtliche Sein des Menschen mußte sich damit verändern, d.h. also, es trat nicht nur etwas anderes in der Geschichte auf, vielmehr wurde die Geschichtlichkeit selber im Raume des christlichen Glaubens anders in dem Sinne, daß sie aus der edlen, verhüllenden Dämmerung des antiken philosophischen und religiösen Empfindens in die volle und scharfe Tageshelle eines immer ausdrücklicher werdenden Bewußtseins emporgetrieben wurde“37. Die Geschichte wird im Christentum nicht mehr als gleichsam naturhaftes Geschehen gedacht, das sich in ewigem Kreislauf aufgrund eines ewigen Logos wiederholt, sondern als unumkehrbar fortlaufende lineare Bewegung. Denn durch das Ereignis der Person Jesu erhält ein Punkt in der Geschichte solche Bedeutung, daß auf ihn hin und von ihm her alle anderen Punkte auf der Linie der Geschichte ihren Ort zugewiesen bekommen. Das Geschehen in Jesus ist einmalig und absolut bedeutsam. Es kehrt nicht wieder, und damit ist der Kreis der Wiederkehr des immer Gleichen zur Linie aufgesprengt. In Jesus sind alle Zeiten gesammelt und entschieden, und es gibt keinen Punkt auf der Linie, in dem diese in sich zurückkehrt, den Kreis schließt und einen diesen Kreis nachzeichnenden und ihn wiederholenden Kreislauf begänne. Nun sind alle Ereignisse unwiederholbar und unumkehrbar und daher bedeutsam in ihrer Einmaligkeit. Die Geschichte ist so unwiederholbar und unumkehrbar zu einer einzigen Ganzheit, zu der einen Geschichte geworden, die einen Anfang, eine Mitte und ein noch ausstehendes zu erwartendes Ende hat, auf das die Geschichte als ihre verheißene Vollendung zuläuft38.
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Welte redet in diesem Zusammenhang nur vom Christentum, nicht aber vom Verhältnis des vorchristlichen Israel zur Geschichte, wie es uns in den Schriften des Alten Testaments entgegentritt. Erkennt Welte im Christentum auch den eigentlichen Aufbruch geschichtlichen Bewußtseins, so darf wohl dennoch gesagt werden, daß er im Judentum das Volk sieht, das diese „Revolution“ durch sein zutiefst geschichtliches Leben vorbereitet hat. Als Beleg dafür kann eine Stelle im Zusammenhang der Besinnung auf das andenkende Wesen der Geschichte in der Vorlesung G 54 gelten, an der Welte auf die eminent geschichtliche Lebensweise des jüdischen Volkes hinweist: „Das jüdische Volk, wie es uns in den biblischen Büchern begegnet, ist vielleicht das größte uns bekannte Beispiel solchen wirklich andenkenden und darin wahrhaft geschichtlichen Lebens“39. Dieser Satz mag verdeutlichen, daß die „Revolution“ des Geschichtsbewußtseins, die sich im Christentum vollzog, nicht völlig isoliert und ohne Vorbereitung ausbrach, sondern daß sie in eine Traditionslinie eingebettet und von ihr lange vorbereitet war. Der Grund für Weltes Absehen vom Judentum und seinem gegenüber der antiken Umwelt einzigartigen geschichtlichen Leben bei der Erörterung der Geschichte des Geschichtsbewußtseins mag darin liegen, daß es hier in den einführenden Überlegungen zum Thema ‘Geschichtlichkeit und Christentum’ nur darum ging, die Zäsur zu betonen, die mit dem Christentum ohne Zweifel gegeben ist, indem es das geschichtliche Bewußtsein durch die Betonung der Einmaligkeit des Heilsereignisses auf seine Spitze trieb und darin auch den Geschichtsbezug und das geschichtliche Bewußtsein des biblischen Judentums, es gleichwohl voraussetzend, so verschärfte, daß dieses erst so in einer Klarheit und Schärfe hervortreten konnte, wie es vorher nicht gegeben war. Als weiterer Beleg kann die oben40 zitierte Stelle dienen, an der Welte die Stellung des Christentums, die es innerhalb der Geschichte des geschichtlichen Bewußtseins einnimmt, als „entscheidend“ bezeichnet, welches Wort diese Stellung zugleich betont und relativiert. Das Bewußtsein der Geschichtlichkeit ist nicht durch das Christentum allererst und voraussetzungslos in der Geschichte da, aber es erhält gleichwohl durch das Christentum einen unvergleichlichen Anstoß, der es außerordentlich verstärkt und erst eigentlich zu sich bringt. Die angeführte Stelle aus der Vorlesung G 54 zeigt, daß Welte die einzigartige Bedeutung des Judentums für das christliche
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Geschichtsbewußtsein durchaus gesehen hat. Sie zeigt, wie hoch Welte das außerordentlich geschichtliche Leben Israels einschätzt und wie sehr er trotz aller Unableitbarkeit und Neuheit des Christentums dieses gerade auch in seinem Geschichtsbewußtsein in seiner Kontinuität mit, seiner Verwurzelung in und seinem Hervorgehen aus dem alttestamentlichen Gottesvolk sieht. Denn der christliche Glaube ist ja der Glaube an die Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen in Jesus. Das Volk des Alten Testaments lebt schon in einer gegenüber der außerbiblischen Welt ausgezeichneten Weise geschichtlich. Es erfährt die Geschichte nicht als einen unabänderlichen und immer wiederkehrenden Kreislauf, sondern als den Weg Gottes mit seinem Volk. Es lebt in der Erinnerung der in der Geschichte geschehenen Heilstaten Gottes an seinem Volk und in der Erwartung der Erfüllung der Verheißungen in der Zukunft. Die Erinnerung an die geschehenen Taten war Grund und Angeld der Erfüllung der noch offenen Verheißungen und so zugleich neue Verheißung. Die Spannung zwischen der Erfahrung vergangener Heilstaten und der Verheißung noch ausstehender größerer Erfüllung spannt die Geschichte zu einem Bogen mit unumkehrbarer Richtung. Die Geschichte ist nicht das auf dem Grunde eines ewigen Gesetzes sich vollziehende Geschehen, sondern je neues, unvorhersehbares und unverfügbares Handeln Gottes an seinem Volk und freie Antwort des Menschen darauf. Geschichte ist nicht das immer Gleiche, sondern das unvorhersehbare Gespräch Gottes mit seinem Volk, das sich in je neuem Anruf und je neuer Antwort beider zuträgt. Geschichte ist nicht sinn- und zielloses Geschehen, sondern sie lebt von der Verheißung, die ihre Gewähr in der Erinnerung der schon geschehenen Heilstaten Gottes hat und die eine neue Zukunft eröffnet, letztlich die Zukunft eines neuen Bundes als die Zukunft unverbrüchlicher Gemeinschaft mit Gott41. Auf dem Grunde solch geschichtlichen Daseins war der christliche Glaube an den in Jesus aufgerichteten neuen und ewigen Bund erst möglich. Dieser verschärfte aber seinerseits dieses geschichtliche Leben und trieb es zu einer Helle und Bewußtheit, die im Alten Testament so noch nicht gegeben war. Mit dieser Tatsache aber geht die merkwürdige Beobachtung einher, daß das mit dem Christentum in so ausgezeichneter Weise hervorgetretene geschichtliche Bewußtsein dennoch bis fast ins 19. Jahrhundert wie verloren scheint. Welte erklärt dieses Phänomen
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mit dem Hinweis auf die geschichtsferne hellenistische Welt, auf die das Christentum traf und in der es sich ausbreitete und deren führende Kategorien, Denkweisen und Begriffe es in der Folge übernahm42. Der Übersetzungsvorgang der biblischen Botschaft in die hellenistische Welt war der entscheidende Grundvorgang des frühen Christentums. Damit wurde das in so ausgezeichneter Weise geschichtlich verfaßte Christentum in die Denk- und Sprachweise einer geschichtsfernen Welt übertragen. Das Christentum wurde trotz seines geschichtlichen Charakters in Kategorien gedacht, die diesem Charakter unangemessen waren. Die das Denken leitenden Begriffe verdeckten die biblische Botschaft in ihrer geschichtlichen Verfaßtheit gerade dort, wo sie theoretisch bedacht, wo sie Theologie wurde, und drängten sie in Fragestellungen hinein, wel-che die Geschichtlichkeit gerade außer acht ließen. Gleichwohl aber muß auch hier nach Welte betont werden, daß dieser Umwandlungs- und Übersetzungseffekt selbst ein geschichtlich notwendiges Ereignis war, wenn das Christentum sich selbst durchsichtig werden wollte43, was es aber als Ereignis in einer bestimmten Zeit und Welt nur auf dem Hintergrund und mit den Mitteln konnte, die dem Denken eben dieser Zeit zur Verfügung standen. Daneben aber betont Welte, und dies ist aufgrund seiner Unterscheidung von Geschichtlichkeit und geschichtlichem Bewußtsein gerechtfertigt, daß trotz der Entgeschichtlichung des Christentums in seiner theoretischen Form als Theologie die Geschichtlichkeit des Christentums in seinem lebendigen Vollzug nicht aufgehoben wurde. Denn „ganz gewiß wurde der Gang der inneren Umwandlung der Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit durch das immer sich wiederholende Ereignis des Glaubens und dessen, was aus ihm folgte, nicht aufgehoben“44. Der Glaube an Jesus vollzieht sich als solcher geschichtlich und ist je geschehendes Ereignis, auch wenn ihm das Bewußtsein dieser Geschichtlichkeit fehlt und in seiner theoretischen Durchdringung als Theologie unbedacht bleibt. Als einen theologischen Entwurf, in dem die Geschichtlichkeit entscheidenden Einfluß gewinnt, nennt Welte Augustins Verständnis von Glaube und Geschichte, das aber nach Welte Ausnahme bleibt und gerade in dieser Hinsicht keine anhaltende Wirkung auf die folgende Zeit ausüben kann45.
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Das Mittelalter dagegen übernimmt den durch das hellenistische Denken geprägten Ansatz der Theologie. Auch die mittelalterliche Theologie fragt nach dem allgemeinen Wesen der Dinge und bedenkt z. B. in der Christologie, darin die antike Christologie aufnehmend, die Naturen in Christus und seine Gleichwesentlichkeit mit dem Vater mehr als die in der Bibel erzählten Heilsereignisse in ihrem Ereignis- und Geschehenscharakter. Sie tut dies umso selbstverständlicher und unbewußter, als für das Bedenken des Ereignishaften und Geschichtlichen keine geeigneten Kategorien bereitliegen. Die Spannung aber, die daher zwischen dem überlieferten Gedankengefüge der Theologie und der der Bibel eigenen Ausdrucksweise entstand, konnte erst aufbrechen, nachdem das geschichtliche Bewußtsein hervorgetreten war und die verschiedenen Welten und Zeiten in ihren je geschichtlichen Horizonten sehen lehrte. Dieser Vorgang setzt tiefgreifend ein mit Beginn des 19. Jahrhunderts. Er ist, wie Welte betont, selbst ein geschichtliches Ereignis, und seine letzten Ursprünge sind deshalb nicht vollständig aufzuhellen. Wie alles Geschichtliche gründet er in den dem Menschen verborgenen Aufbrüchen der Geschichte selbst, in die der Mensch zwar als frei Handelnder und frei Antwortender gestellt ist und die er insofern mit formt und mit prägt, die aber nicht allein Ergebnis seiner Freiheit sind, sondern die seiner Freiheit erst den sie freisetzenden, weil grundgebenden Raum eröffnen und gewähren. Dieses Ereignis des Erwachens geschichtlichen Bewußtseins speist sich, historisch betrachtet, aus verschiedenen Quellen, die Welte aber in seinem kurzen Überblick über die Geschichte des geschichtlichen Bewußtseins nicht ausführt. Auf dem Gebiet der Philosophie hat wohl die neuzeitliche Wendung zum Subjekt46, manifest geworden in Descartes’ ‘cogito ergo sum’, und die damit verbundene Befreiung des Subjekts von überkommenen Autoritäten und seine autonome Stellung gegenüber der Welt auch die Geschichte als Betätigungsraum des selbstverantwortlichen Menschen erschlossen, welche Wendung zum Subjekt in der Aufklärung und ihrer Forderung des freien Verstandesgebrauchs ihren Niederschlag auf allen geistigen Gebieten fand. Auf politischem Gebiet ist wohl die Französische Revolution47 mit ihren vielfältigen Auswirkungen auch auf die Geisteswelt zu nennen, die einen allseits stark empfundenen Bruch mit dem Vergangenen und als selbstverständlich
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Überkommenen darstellte. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Romantik und ihre ausdrückliche Hinwendung zum Vergangenen, besonders dem Mittelalter. Hier wurde begonnen, das geschichtlich Überlieferte als es selbst verstehen zu lernen und die Verstellungen durch die eigene Gegenwart zu überwinden. Für Welte gilt Hegel als der erste Denker der Neuzeit, der nach den eben genannten vielschichtigen und weit zurückreichenden Vorbereitungen die Geschichte als ganze und als sie selbst zu denken versucht48. Gleichwohl ist Hegel nach Welte in gewisser Weise die Vollendung des geschichtsfernen platonischen Denkens, das die Wahrheit der Geschichte gerade als das geschichtslos Ewige denkt. Hegel denkt zwar die Geschichte als Geschichte, aber er denkt sie als die durch die Geschichte hindurch zu sich selbst kommende absolute Idee49. So wird auch bei Hegel das Geschichtliche nicht eigentlich als es selbst gedacht, als das Unableitbare und als das je in seiner Einzelheit bedeutsame Geschehen, das nicht durch ein Allgemeines zu fassen und ihm unterzuordnen ist, sondern die Geschichte ist Entfaltung der Idee, und so erscheint alles Geschichtliche als notwendiges Moment dieser Idee. Der Gedanke der Geschichtlichkeit aber bleibt auch über Hegel hinaus lebendig. Schelling versucht in seiner Spätphilosophie, die Wirklichkeit in ihrer Tatsächlichkeit und damit auch die Unableitbarkeit und Positivität alles Geschichtlichen zu denken. Auch Kierkegaard hebt in Betonung des unendlichen Interesses je jedes Selbst an seiner ewigen Seligkeit die Eigenständigkeit und Unverrechenbarkeit des Geschichtlichen gerade auch gegenüber der spekulativen Konstruktion der Weltgeschichte durch Hegel hervor. Weiter nennt Welte vor allem Dilthey und seinen Versuch, die Eigenkategorialität des Geschichtlichen und die diesem eigenen Weisen der Erkenntnis und der Vergewisserung herauszuarbeiten. Dilthey hat auch das Bewußtsein für die Eigenheit und Verschiedenheit der Epochen geweckt und nachhaltig beeinflußt. Auch auf dem Gebiet der nun aufblühenden Geschichtswissenschaft hat dieser neue Aufbruch des Denkens viele geschichtstheoretische Arbeiten wie auch große historische Forschungen eingeleitet und angeregt, wofür Namen wie Ranke, Droysen, Treitschke und Rickert genannt seien. Im 20. Jahrhundert wird der Gedanke der Geschichtlichkeit besonders von Heidegger aufgenommen und in eigener Weise fortgeführt in seiner Daseinsanalyse von ‘Sein und
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Zeit’ und dem späteren Gedanken der Seinsgeschichte, von dem Welte nach eigener Aussage angeregt und beeinflußt ist50. Die Theologie wurde von dieser Entwicklung von außen betroffen, obwohl der ursprüngliche Anstoß zum Erwachen des Geschichtsbewußtseins aus dem Christentum selbst kam und „solche Gedanken, wie sie jetzt aufstiegen, ... doch letzten Endes ihre eigenen, freilich lange entlaufenen Kinder waren“51. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird der Gedanke der Geschichtlichkeit besonders von der Katholischen Tübinger Schule aufgegriffen, die versucht, das Christentum als und in seiner Geschichte zu denken52. Nach der Jahrhundertmitte bricht dieser Versuch einer Integration des Gedankens der Geschichtlichkeit in der Theologie ab, und es setzen mit der Neuscholastik verstärkt Kräfte und Tendenzen ein, die Theologie durch den bewußten Rückgriff auf das scholastische Denken in sich zu festigen und mit einer klaren Begrifflichkeit gegenüber den Verunsicherungen zu schützen, die durch das Bewußtsein der Geschichtlichkeit und im Gefolge durch die historisch-kritische Methode, welche sich nun auf allen Gebieten der Wissenschaft ausbreitet und Einfluß gewinnt, auf die Theologie eindringen. Die Folge davon war eine tiefe Entfremdung der Philosophie und der historisch-kritischen Methode einerseits gegenüber der Theologie andererseits. Wenn auch mit der Zeit die historisch-kritische Methode Eingang auch in die Theologie fand und große Veränderungen besonders auf dem Gebiet der Bibelwissenschaften mit sich brachte, so wurde die Geschichtlichkeit doch nicht im Raum der Theologie als sie selbst wirklich aufgenommen53. Die philosophischen und theologischen Folgen der Geschichtlichkeit für ein dem geschichtlichen Bewußtsein gemäßes Verständnis des Christentums, seines Ursprung, seines Glaubensvollzuges und seiner Vermittlung in der Tradition, blieben weithin unbedacht. Und so steht die Theologie noch mitten in der Aufgabe, nicht nur die historisch-kritische Methode als Konsequenz aus dem Bewußtsein der Geschichtlichkeit auf dem Gebiet der Geschichtswissenschaft in sich aufzunehmen und ihre Früchte zu ernten, sondern auch die Geschichtlichkeit selbst als ihre Voraussetzung und deren weitreichende Folgen für das Christentum und die Theologie philosophisch zu bedenken. Die Theologie muß Kategorien des geschichtlichen Verstehens entwickeln, um ihre
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grundlegendste Quelle, die Bibel, und die Quellen der Tradition zu verstehen. Sie muß, nachdem die Spannungen zwischen den geschichtsfernen Kategorien der traditionellen Theologie und den der Schrift eigenen Kategorien hervorgetreten sind und innerhalb der Theologie die daraus entstandene Schere zwischen Dogmatik und moderner Exegese einerseits und innerhalb der Dogmatik die Schere zwischen der Christologie im engeren Sinne und der Soteriologie andererseits bedrängend geworden sind, versuchen, diese Spannungen in einem gemäßeren Verständnis von Geschichtlichkeit und dem ihm zugehörigen Verständnis geschichtlicher Welten zu lösen. Dies gilt auch für die Spannungen und Differenzen zwischen den je verschiedenen geschichtlichen Welten innerhalb der Tradition. Die Theologie muß sich dem Problem der Geschichtlichkeit stellen, die alles in bloße Relativität aufzulösen scheint, denn seit die Geschichtlichkeit in so hohem Maße das Bewußtsein bestimmt, ist das Verstehen der Geschichtlichkeit auch Voraussetzung für ein gemäßes Verstehen des Christentums. Welte spricht von einer „beängstigend großen geschichtlichen Hypothek“54. Diese Hypothek ist umso größer, je mehr sich Weltes These, daß das Christentum in ausgezeichnetem Maße geschichtlich ist und daß mit dem Christentum das Bewußtsein der Geschichtlichkeit entscheidend hervorgetreten ist, bestätigt, denn dann muß das Verstehen der Geschichtlichkeit des Christentums als eine ausgezeichnete Weise von Geschichtlichkeit sowohl für das Verstehen des Wesens des Christentums selbst als auch für das Verstehen von Geschichtlichkeit überhaupt von der größten Bedeutung sein. Welte selbst erkennt die Doppelaufgabe einer philosophischen Besinnung einerseits und der Erhebung der theologischen Konsequenzen andererseits nicht nur, sondern er geht auch an ihre Aufarbeitung, zum einen in seiner philosophischen Analyse der Geschichtlichkeit und zum anderen in seinen Arbeiten zu einer theologischen Hermeneutik und zu den Problemen der theologischen Tradition, wie z. B. der Dogmenentwicklung und dem gemäßen Verständnis ihrer geschichtlichen Bedingtheit, die er besonders anhand der christologischen Dogmen aufarbeitet. Wenn das Christentum nicht eine Mißachtung der Geschichtlichkeit darstellt, vielmehr in eminentem Sinne der Geschichtlichkeit des Menschen entspricht, und wenn es die
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Geschichte als solche als Phänomen erst eigentlich hervorgetrieben und dadurch das Bewußtsein der Geschichtlichkeit angestoßen hat, so hat die Theologie allen Grund, sich dem Anwachsen und der Steigerung des geschichtlichen Bewußtseins seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts, das sich außerhalb ihrer vollzog, zu öffnen. Insofern das moderne geschichtliche Bwußtsein entscheidend mit bedingt ist durch die geschichtliche Erscheinung des Christentums und durch dessen an sich selbst geschichtlichen Vollzug durch die Jahrhunderte hin, kann dieses geschichtliche Bewußtsein weder für das Christentum selbst noch für die Theologie als dessen reflexive Durchdringung eine Gefahr darstellen, wenn die Geschichtlichkeit in der rechten Weise verstanden wird, sondern es muß im Gegenteil den christlichen Glauben und die christliche Tradition und in beiden auch die Theologie in eigene und tiefere Möglichkeiten führen. Von daher scheint die Gefahr der Auflösung der Möglichkeiten christlichen Glaubens und christlicher Tradition durch die Geschichtlichkeit eher Folge eines Mißverständnisses von Geschichtlichkeit als Folge der Geschichtlichkeit selbst zu sein. Im Zusammenhang der Nachzeichnung der Geschichte des Bewußtseins der Geschichtlichkeit macht Welte in der Vorlesung W 62 darauf aufmerksam, daß neben dem Anwachsen des geschichtlichen Bewußtseins eine diesem gegenläufige Bewegung zu beobachten ist. Er sieht diese in der Gestalt der modernen Naturwissenschaft und Technik sich erheben, denn es zeigt sich in ihnen eine Tendenz zur Nivellierung von Geschichtlichkeit und Geschichte55. Das Wesen der modernen Naturwissenschaft und in deren Folge der Technik liegt darin, daß sie alle Erscheinungen unter einem bestimmten Gesichtspunkt betrachtet, dem des Quantums56. In allen ihren Unternehmungen ist sie darauf aus, alle Erscheinungen auf die ihnen zugrundeliegenden quantitativen Verhältnisse zurückzuführen und diese mit Hilfe des Mathematischen in allgemeine Gesetze zu überführen, unter denen dann die gesamte Natur ihrerseits betrachtet werden kann. Diese Gesetze als Darstellung der quantitativen Verhältnisse in der Natur gelten unabhängig von der Zeit. Die in den Gesetzen ausgedrückten Prozesse laufen zwar in der Zeit ab, aber sie laufen immer in der gleichen Weise und in der gleichen Zeitspanne ab. Die Zeit als in ihrer Einmaligkeit qualifizierende wird eliminiert. Sie selbst
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erscheint nur noch als neutrales Quantum, das auf eine Koordinate unterschiedsloser Zeitstellen übertragbar und in beliebig viele qualitätslose, rein quantitative Einheiten teilbar ist. Mit Hilfe des Gesetzes sind alle möglichen unter dieses subsumierbaren Ereignisse grundsätzlich erfaßt. Sie sind als einzelne nur Fälle des Gesetzes und in ihrer Singularität unbedeutend. Das Gesetz aber ist immer und überall der Fall. An welcher Stelle der Zeitskala das Geschehen beginnt und endet, ist für das Geschehen selbst unerheblich. Jedes Zeitmoment ist mit allen anderen konvertibel. Die Naturwissenschaft betrachtet die Wirklichkeit nur unter dem Gesichtspunkt der in ihr sich zeigenden Regelmäßigkeit und Wiederholbarkeit57. Mit Hilfe des Gesetzes wird so die in ihm ausgedrückte Wirklichkeit verfügbar. In der Naturwissenschaft bildet der Mensch die Natur auf der Ebene mathematischer und physikalischer Gesetze ab und schafft sich dadurch einen von ihm beherrschbaren Raum, in dem prinzipiell alle Erscheinungen erfaßt und insofern verfügbar und kontrollierbar und in den Grenzen dieser Gesetze beliebig kombinierbar und herstellbar sind. In Kenntnis des Gesetzes läßt sich jedes Geschehen wechselweise prognostizieren und reproduzieren. Durch die Naturwissenschaft macht sich der Mensch unabhängig von der Zeit. Denn in der Form ihrer Gesetze, ‘wenn a, dann b’, hat sie die Zeit eliminiert. ‘Wenn’ bedeutet ‘immer wenn’, ‘jedesmal wenn’, ‘jederzeit’. Dieses „jederzeit“58 der Naturwissenschaft löst den Menschen aus der Gebundenheit an seine Vergangenheit und macht ihm die Zukunft beliebig, insofern es, vom prognostizierbaren und reproduzierbaren Geschehen her gesehen, gleichgültig ist, wann es geschieht. Es ist zugleich immer und nie Zeit. In seiner Reproduzierbarkeit ist das Geschehen zu jedem Zeitpunkt möglich, aber in keinem notwendig. Die Naturwissenschaft sieht die Wirklichkeit als das sich stets wiederholende Gleiche und das daher unter Voraussetzung der Kenntnis der Naturgesetze beliebig Wiederholbare. Sie betrachtet die Erscheinungen nur unter der Hinsicht ihrer Regelmäßigkeit, Vergleichbarkeit und Allgemeinheit. Ihre Zeitlichkeit ist nicht die des einmaligen Augenblicks in seiner Unwiederholbarkeit, sondern die des zeitlosen Jederzeit. Der Mensch macht sich in der Naturwissenschaft frei von seiner herkünftigen Verfügtheit und Bestimmtheit durch die Vergangenheit des schon Geschehenen und
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der Künftigkeit der unvorhersehbar ankommenden Zukunft. Der unwiederholbaren und unaufhebbaren Einmaligkeit des Gewesenen und der Unvorhersehbarkeit und Unverrechenbarkeit des Künftigen, in denen Geschichte geschieht, scheint der Mensch durch die Naturwissenschaft, ihre Loslösung von der Vergangenheit und ihre Kontrollierbarkeit und Herstellbarkeit der Zukunft, entronnen. Auch wenn sich nach Popper Theorie und damit Prognostizierbarkeit und Reproduzierbarkeit ständig von mögliche Falsifikation offenhalten müssen59, so liegt doch in dieser möglichen Falsifikation der Impuls und das Interesse, wiederum Ausgangspunkt der Suche nach einer neuen Theorie zu sein, die der Tendenz nach die Wirklichkeit gemäßer darstellt und deshalb beherrschbarer macht. Die je neue Theorie soll die „Maschen des Netzes“ der Theorie „immer enger“ machen60, welches „immer enger“ die Intention einer Approximation und Optimierung anzeigt, die von dem Hinblick auf das und dem Interesse an dem Optimum lebt. D.h., der Sinn auch des Popper’schen Verständnisses von Naturwissenschaft ist letztlich die Verfügbarmachung und die Beherrschung der Natur, die sich als solche von der Zeit als qualifizierendem Faktor unabhängig zu machen sucht. Die Offenheit gegenüber der Zukunft in Form der Offenheit auf mögliche Falsifikation ist gerade Ausdruck des Interesses an der Eliminierung der Zukunft, d.h. der Eliminierung des Unvorhersehbaren und damit Unverfügbaren mittels je neuer Theoriebildung. In der Naturwissenschaft scheint der Mensch der Geschichte entronnen und damit der Relativität alles Geschichtlichen. Denn ihrer Tendenz nach geht die Naturwissenschaft auf das Allgemeine und immer Gleiche und ihre Gesetze sind daher unveränderliche und zu allen Zeiten gleichermaßen geltende Gesetze, die zu jeder Zeit und von jedermann durch das Experiment auf ihre Gültigkeit hin geprüft werden können. Die qualifizierende Zeitlichkeit der geschichtlichen Zeit ist zur qualitätslosen Zeitlichkeit des Verfügens geworden, die als Jederzeitigkeit eigentlich die Zeitlichkeit der Zeitlosigkeit des Verfügens ist. Die in der Naturwissenschaft liegende Tendenz zur Entgeschichtlichung aber wirkt auch auf die Naturwissenschaft selbst zurück. In dem Bestreben, die Gesetze der Natur zu entdecken und darzustellen, wird ihre eigene Vergangenheit unwichtig. Wann eine Entdeckung gemacht und wann und von wem ein Gesetz gefunden
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wird, ist gleichgültig. Die zeitlichen und die sonstigen Umstände spielen keine Rolle und haben keinen Einfluß auf das Gesetz in seiner Gesetzmäßigkeit. Die Vergangenheit wird nichtig und bleibt höchstens noch ästhetisch oder museal als Vergangenheit bewahrt. Noch eindringlicher stellt sich diese Nivellierung der Geschichte in der Technik als der Anwendung der Naturwissenschaft dar. Hier überholt der je gegenwärtig erreichte Standard die Vergangenheit derart, daß diese als nutzlos und unbrauchbar abgestoßen wird. Der Fortschritt läßt das Vergangene liegen und hat es nur in der Form der Abstoßung und Überwindung bei sich61. Der Meliorismus des Fortschrittsdenkens der modernen Technik reißt sich von der Vergangenheit als dem Stadium des Primitiven im Sinne des Überholten und insofern Nichtigen los. Bei alledem zeigt sich aber doch, daß die Naturwissenschaft selbst nicht das Ganze ist. Denn sie betrachtet die Welt unter einer von vielen möglichen Hinsichten, die mit den Methoden der Naturwissenschaft selbst nicht als die einzige und wahre ausweisbar und legitimierbar ist62. Aber auch noch von einer anderen Seite her zeigt sich, daß die Naturwissenschaft nicht das Ganze der Wirklichkeit umfaßt. Innerhalb ihrer selbst ist weder die durch die Unabsehbarkeit und Weite ihres Gebietes notwendige Frage der Auswahl und der Prioritäten ihrer Forschungsobjekte noch die Frage der Anwendung ihrer Ergebnisse entscheidbar. Die Fragen, was die Naturwissenschaft unter den unabsehbaren Möglichkeiten des zu Erfahrbaren tatsächlich erforschen soll und wie ihre Ergebnisse beurteilt, verwertet und angewendet werden sollen, zeigen, daß die Naturwissenschaft in einen Raum hinein eröffnet ist, der selbst nicht naturwissenschaftlich erfaßbar ist. Und auch der Mensch selbst, der Naturwissenschaft treibt, zeigt, daß er, wie sehr auch er selbst als Objekt dieser Naturwissenschaft und unter ihren Gesichtspunkten betrachtet werden kann, als dieser sich selbst unter naturwissenschaftlichen Hinsichten Betrachtende immer zugleich außerhalb und im Gegenüber des Bereichs des von der Naturwissenschaft Erfaßbaren steht und als Naturwissenschaft Treibender ungleich mehr ist als bloße Natur und als das, was mit den Methoden der Naturwissenschaft erreichbar ist. Alle diese Fragen reichen in einen Bereich, der jenseits aller Naturwissenschaft liegt. Es geht darin um Entscheidungen, die Wertungen voraussetzen, welche die
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Naturwissenschaft von ihrer Objektivität sichernden Methode her gerade ausschließt. Mit der Frage der Wertungen ist zugleich der Bereich der Freiheit angesprochen, die der Naturwissenschaft als der Wissenschaft, welche die Wirklichkeit in ihren gesetzmäßigen und insofern determinierten Abläufen beschreibt, fremd ist. So zeigt sich, daß die Naturwissenschaft nur eine Möglichkeit der Hinsicht auf die Wirklichkeit realisiert. Sie ist eine Weise der Welterfahrung, die eine bestimmte Weise des Seins- und Weltverständnisses des Menschen voraussetzt, das sie erst ermöglicht. Die Naturwissenschaft und, ihr nachfolgend, die moderne Technik sind ein bestimmter, nur perspektivischer Ausgriff auf die Welt, der selbst geschichtliche Voraussetzungen der Möglichkeit seines Entstehens und seines Anwachsens zur herrschenden Weltgestalt hat63. Die Naturwissenschaft ist an sich selbst ein geschichtliches Phänomen. Welte weist auf die Spannung in der Moderne hin zwischen dem Durchbruch der Geschichtlichkeit und dem Herrschendwerden der Naturwissenschaft als einer die Geschichtlichkeit nivellierenden Tendenz. Aber aufgrund der Einsicht, daß die Naturwissenschaft sich als sie selbst nicht legitimieren kann und als Wissenschaft von der Natur immer schon ein Umgreifendes voraussetzt, das mehr ist als mit naturwissenschaftlichen Methoden erreichbar ist, scheint die Vermutung auf, daß die Naturwissenschaft von der Geschichtlichkeit her selbst als eine geschichtliche Gestalt des Seinsverständnisses des Menschen gedeutet werden muß. Von daher leuchtet umso mehr die geschichtliche Notwendigkeit auf, sich auf eine philosophische Besinnung auf die Geschichtlichkeit einzulassen, nicht nur gegen ein Mißverständnis von Geschichtlichkeit, das in einem bloßen Relativismus endet, sondern auch gegen die Entgeschichtlichung seitens der Naturwissenschaft, die sich aufgrund ihres und im Gefolge der Technik immer deutlicher hervortretenden universalen und totalen Anspruchs auf alle Gebiete, auch auf die der Naturwissenschaft nicht zugänglichen, ausbreitet und von daher die Geschichtlichkeit als sie selbst bedroht. Der Aufweis der Geschichtlichkeit und Perspektivität der Naturwissenschaft von seiten einer philosophischen Besinnung auf die Geschichtlichkeit selbst bedeutet aber keinen Angriff auf die Naturwissenschaft und ihre Methode. Der naturwissenschaftlich-technische Ausgriff auf die Welt ist fruchtbar und kann nicht mehr
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vernachlässigt werden, welche Vernachlässigung selbst eine Form von Geschichtslosigkeit darstellte. Aber er muß als der perspektivische und selbst geschichtliche Ausgriff in seiner Relativität gesehen und in seiner Gültigkeit auf den ihm zugehörigen Bereich eingegrenzt werden, in dem er eine legitime und unerläßliche Form der Weltzugewandtheit des Menschen geworden ist, welche Eingrenzung selbst nicht naturwissenschaftlich sein kann. Die Naturwissenschaft muß erkannt werden als eine besondere Art der Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Welt, die auch in ihrer zeit- und geschichtseliminierenden Tendenz als ein möglicher Hinblick auf die Wirklichkeit gerechtfertigt ist, die aber darin zugleich gründet und umgriffen bleibt von dem je größeren Ganzen der Wirklichkeit, das ihr als dieses Ganze nicht zugänglich ist, das aber in dem sie konstituierenden und von ihr nicht einholbaren Gegenüber von Wissenschaft treibendem Menschen und dem ihm zugehörigen Gegenstand stets mit aufscheint.
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II. DIE TRANSZENDENTALITÄT DER GESCHICHTLICHKEIT Zu Weltes einleitenden Überlegungen gehört auch die Besinnung auf den der Geschichtlichkeit zugehörigen Ort und die Weite seines Horizontes. Eine Ausnahme dazu bildet nur die Vorlesung G 61, in der diese Frage nicht eigens erörtert wird1. Welte geht von der Geschichtlichkeit des Menschen aus. Geschichtlichkeit ist eine Bestimmung, die das Wesen des Menschen auszeichnet. Allein der Mensch ist das Wesen, dem Geschichte eröffnet ist. Nur er hat sein Dasein je gegenwärtig zu verwirklichen in der Herkunft aus dem schon Vergangenen und in der Offenheit für die ankommende Zukunft, die ihm in ihrem Ineinander den Spielraum seiner Freiheit erst aufschließen. Nur er muß als er selbst je werden, was er ist, und dies so, daß das, was er, sich vollbringend, schon geworden ist, ihm unablösbar zugehört. Nur er vollzieht sein Dasein im Horizont der Einheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Insofern also die Geschichtlichkeit eine Bestimmung des Menschen ist, könnte es scheinen, daß sie auf den Bereich des Menschen beschränkt ist, daß also die Geschichte eine Region des Seienden neben anderen ist, der Natur etwa oder des Logisch-Mathematischen. Bei näherer Betrachtung aber zeigt sich, daß der Horizont des Geschichtlichen weiter ist, und zwar deshalb, weil der Bereich des Menschen weiter gefaßt werden muß, als es zunächst scheint, und zwar unendlich. Die Geschichtlichkeit wird über den Bezug zum Menschen „eine universale Bestimmung“2, denn der Mensch ist als er selbst immer schon offen auf alles. Er ist nie in sich geschlossen, sondern er ist universale, alles einbegreifende Offenheit. Als diese unbegrenzte Offenheit nimmt der Mensch alles in seinen Daseinsvollzug auf. Insofern also die Geschichtlichkeit zum Sein des Menschen gehört, gehört sie zu allem, was ist, weil der Mensch sein Dasein vollzieht als die Offenheit und als der Bezug zu allem, was ist. Und insofern dieses ‘alles’ im Menschen je schon in einem Zusammenhang und als ein Ganzes erscheint, mithin als Welt bestimmt ist, ist Geschichtlichkeit eine „Bestimmung der Welt überhaupt, insofern sie Welt des Menschen ist und ohne den Menschen nicht Welt ist“3. Über den Bezug zum Menschen als dem „primären Ort“4 der Geschichtlichkeit ist alles geschichtlich bestimmt.
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Alle Gegenstände und Gegenstandsbereiche haben, insofern sie in ihrer Gegenständlichkeit vom Menschen konstituiert sind, Geschichte. Alle haben, insofern sie wahrgenommen, erkannt, gewollt, gebraucht, bearbeitet oder in welcher Weise auch immer in den Daseinsvollzug des Menschen aufgenommen werden, eine Geschichte, mögen sie an sich auch noch so geschichtslos sein wie das Mathematische und ideal Geltende. In ihrer Gegenständlichkeit für den Menschen sind sie geschichtlich5. Die Natur steht zwar dem Geschichtlichen näher als das ideal Geltende, weil sie in den in ihr sich vollziehenden Prozessen und Abläufen Zeit braucht und so einen Bezug zur Zeit aufweist, der, wenn die Natur in ihrer Veränderung und Entwicklung als ganze betrachtet wird, durch die Unumkehrbarkeit und Einmaligkeit dieses Geschehens noch gesteigert ist, aber auch sie ist doch an ihr selbst geschichtslos, weil in sich verschlossen. Für sie selbst ist kein Raum eröffnet, in dem sie sich selbst erstreckt und sich in dieser Erstreckung vollzieht. Aber in dem, wie der Mensch je in der Natur lebt und in sie ausgreift, verehrend oder kultivierend, theoretisch betrachtend oder praktisch Hand anlegend und verändernd, darin hat die Natur Geschichte, weil der Mensch sie hineinnimmt in seinen Vollzug, den er als einen zeitlich in sich erstreckten einen und ganzen vollbringt. Stellt Welte in den Vorlesungen G 49/50 und G 67/68 den universalen Horizont der Geschichtlichkeit heraus aufgrund der universalen Offenheit des geschichtlich verfaßten Menschen, über den so „alle Dinge einen geschichtlichen Exponenten“6 erhalten, „wie von einem Zauberstabe berührt“7, so beleuchtet er in der Vorlesung G 54 ausführlich die Art des Bezugs selbst, in dem alles, was ist, zum Menschen steht und klärt die Bedeutung dieses Bezugs zum Menschen für alles nicht menschlich Seiende. Diese Klärung ist notwendig, um die Weise und die Bedeutung der Geschichtlichkeit für das sekundär geschichtlich Seiende zu erhellen und damit die Bedeutung der Geschichtlichkeit überhaupt. Es geht um die Klärung der Geschichtlichkeit als Bestimmung des Seins des Menschen in ihrem Verhältnis zum Sein alles nicht menschlich Seienden. Somit geht es um eine ontologische Aufhellung des Ortes und des Horizontes der Geschichtlichkeit. Das Unterscheidende gegenüber den beiden anderen Vorlesungen ist die ausführlichere und unter ontologischem Gesichtspunkt
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angestellte Betrachtung des Ortes und der Weite des Horizontes der Geschichtlichkeit. Hier in der Vorlesung G 54 faßt Welte die Geschichtlichkeit unter dem Begriff einer „transzendentalen Bestimmung“8. ‘Transzendental’ ist hier gemeint im Sinne einer alles betreffenden, alles umfassenden und universalen Bestimmung in Übereinstimmung mit den Vorlesungen G 49/50 und G 67/68. Die Transzendentalität gründet auch hier in der alles in seinen Vollzug einschließenden Verfaßtheit des menschlichen Daseins. Zugleich aber ist sie schon ontologisch vertieft durch die beigefügte Charakterisierung als eine Bestimmung des „ens qua ens“9. Wie ist nun der Bezug des Menschen zum Seienden beschaffen? In welchem Verhältnis steht der Mensch zum Sein des Seienden selbst? Diese Frage erst kann die Bedeutung der Geschichtlichkeit für das Sein des Seienden klären, denn wenn auch alles Seiende nur in seinem Bezug zum Menschen geschichtlich ist, so ist ja noch nicht entschieden, ob dieser Bezug und damit die Geschichtlichkeit nur ein äußerlicher und das Sein des Seienden nicht betreffender oder ein zum Sein des Seienden selbst gehörender Bezug ist. Ist der Bezug zum Menschen ein dem Seienden nur äußerlich zukommender, so bedeutet dies für das Seiende, daß es in seinem Sein vom Sein des Menschen völlig unabhängig ist und für die Geschichtlichkeit, daß sie eine Bestimmung ist, die dem Seienden als solchem, dem ens qua ens, nicht zukommt. Es geht um die Frage, ob die Geschichtlichkeit eine Bestimmung des Seins des Seienden als eines solchen oder nur einer Region des Seienden, nämlich des Menschen, ist. Welte bestimmt nun den Menschen als das Wesen, das in der Helle des Seins steht. Im Menschen ist Sein eröffnet und hat es sein Da, und außerhalb des Menschen ist es nicht. Der Mensch ist das Wesen, das durch ein Verstehen von Sein ausgezeichnet ist. Am Beispiel der Natur zeigt Welte, wie sie ihr Sein gewinnt im seinsverstehenden Menschen. Nur im Bezug des Menschen zur Natur ist deren Sein da, und ohne ihn bleibt es nicht als Sein an sich zurück, sondern es ist als Sein gar nicht mehr da. Im Da des Menschen ist das Sein der Natur nicht ein dieser fremdes und durch die Relation auf den Menschen und seine Perspektive verzerrtes Sein, sondern im Menschen ist das Sein der Natur als es
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selbst da. Denn der Mensch versteht in seinem wahrnehmenden, erkennenden oder fragenden Umgang mit der Natur diese in dem ihr eigenen Sein und gerade nicht in ihrem Bezug auf sich als den Erkennenden und Fragenden. Der Mensch meint die Natur als sie selbst. In jedem ‘dieses ist ...’ bezieht sich der Mensch gerade auf das Sein des ihm begegnenden Seienden. Der Mensch fragt nach dem, was ist, nicht nach seinem Bezug zu dem, was ist. Und richtet er sich in einer reflexiven Haltung auf diesen Bezug selbst, so geht es ihm wiederum um das Sein dieses Bezugs an ihm selber und nicht um den Bezug dieses Bezugs auf sich als Reflektierenden. Das Ansichsein des Seienden hat sein Da gerade im Sein für den Menschen. Sein Sein für den Menschen ist sein eigenes Sein selbst10. Das Sein der Natur hat sein Da in der Helle des Seinsverständnisses des Menschen, und insofern ist der Bezug zum Menschen konstitutiv für das Sein der Natur selbst. Es ist nicht ein zufälliger und akzidenteller Bezug, dessen Bestehen oder Nicht-Bestehen das Sein der Natur als solches unberührt und unverändert ließe. Das Da des Seins gehört zum Sein als Sein11, und so gehört der Bezug zum Menschen zum Sein der Natur und alles Seienden als eines solchen. Und insofern nun das Sein des Menschen durch Geschichtlichkeit bestimmt ist, was Welte hier voraussetzt, aber noch nicht näher bestimmt, ist auch das Sein alles Seienden geschichtlich12. Der Wandel des Seinsverständnisses des Menschen, der zu ihm als geschichtlichem gehört, ist somit nicht nur ein Wandel des menschlichen Seinsverständnisses, sondern als der Wandel des Da des Seins alles Seienden, in dem das Sein alles Seienden als es selbst da ist, ein Wandel dieses Seins selbst. Es meint keinen Wandel der physischen Verhältnisse und, dem folgend, etwa eine Änderung der Naturgesetze und auch keinen Wandel der Perspektive und der Hinsicht des Menschen auf das Seiende, sondern einen Wandel der ontologischen Verhältnisse. Im geschichtlich sich vollziehenden Wandel des menschlichen Seinsverständnisses als dem Da des Seins des Seienden wandelt sich das Sein des Seienden selbst. Denn die Helle des Seins, in der erst der Raum eröffnet ist, in dem alles Seiende als ein ‘dieses ist ...’ erschlossen ist, konstituiert das Sein des Seienden allererst in seinem Sein und gehört so zum Sein des Seienden selber mit hinzu.
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Alles Seiende ist geschichtlich, insofern sein Sein an das Da des geschichtlich verfaßten menschlichen Seinsverständnisses gegeben ist. Dies gilt also nicht nur für das Sein der Natur, sondern auch für das Sein des Logischen und Mathematischen. Auch das Sein dieses Seienden wandelt sich, insofern das Da des Seins, das menschliche Seinsverständnis, sich geschichtlich wandelt. Auch die Unabhängigkeit ihrer Wahrheit vom Menschen ist als solche nur da im Seinsverstehen des Menschen. Auch beim Seienden als dem ideal Geltenden „waltet geschichtlicher Seinswandel, nicht bloß Verständniswandel“13, was Welte am Sein der Zahlen erläutert, das je nach dem geschichtlichen Seinsverständnis des Menschen verschieden ist. Welte nennt als Beispiele das Vorherrschen eines qualitativ rhythmischen Verständnisses der Zahlen, welches das Sein der Zahlen in Musik und Tanz auszeichnet, gegenüber einem rein quantitativen Verständnis, das die Zahlen als unterschiedslose Einheiten des Zählens und Messens versteht. In einer letzten Steigerung fragt Welte nach dem Sein Gottes und seiner Geschichtlichkeit, welche göttliche Wirklichkeit er hier ausdrücklich als eine Voraussetzung nimmt, aus deren Vorausgesetztem er die folgenden Überlegungen anstellt. Wird also die Wirklichkeit Gottes einmal vorausgesetzt, so muß gefragt werden, ob auch sie von der das Sein alles Seienden umfassenden geschichtlichen Wandelbarkeit betroffen ist. Sofern das göttliche Geheimnis der Grund des Seins alles Seienden, also auch der Grund des Seins von Mensch und Geschichte ist, „muß von Gott nicht nur gesagt werden, was gesagt werden muß: daß die Geschichte an ihm ihre Grenze hat, und er jenseits ihrer in seinem ewigen Geheimnis waltet, dann muß vielmehr auch und ebenso gesagt werden: das Geheimnis, das Gott heißt, gehört gründend je und je der Geschichte zu, welches Gründen ja dann wiederum ein Unaussprechliches ausspricht“14. Gott als der Grund alles Seins gehört als Grund zu seinem Gegründeten, und insofern gehört er auch zur Geschichtlichkeit des Menschen und alles Seienden als dessen Grund. Wenn aber die Geschichtlichkeit dem Sein des Menschen als ihrem primären Ort in anderer Weise zukommt als dem Sein alles nicht menschlich Seienden, so kommt sie auch Gott wieder in anderer Weise zu. Welte spricht von einer hier sich anzeigenden „analogen Ordnung der Geschichtlichkeit des Seins“15. Dies bedeutet, daß die
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Geschichtlichkeit von Gott nur analog prädizierbar ist. Es ist nicht so, daß die Geschichtlichkeit Gott aufgrund der Geschichtlichkeit des Menschen zukommt, daß sein Sein durch die Geschichtlichkeit des menschlichen Seinsverständnisses dem Menschen und seinem geschichtlichen Wandel preisgegeben ist wie das Sein alles übrigen Seienden16, sondern die Geschichtlichkeit muß von ihm ausgesagt werden als sein Gründen des Seins von geschichtlich Seiendem. Als Grund von diesem aber ist es diesem gegenüber unerreichbar. Insofern Gott der Grund des Seins alles Seienden und so auch des Seins des geschichtlichen Menschen ist, muß gesagt werden, daß das Gründen des Seins von geschichtlich Seiendem für Gott selbst hell und offen sein muß und insofern auch Geschichtlichkeit und Geschichte. Und daher ist auch Gott als dieses Gründen von Geschichtlichkeit geschichtlich17. Aus dieser Geschichtlichkeit Gottes ist dann erst verstehbar, wie Gott in der Geschichte handeln und sich offenbaren und wie eine Geschichte Gottes mit dem Menschen sich ereignen kann. Erst aufgrund solchen Geschichtlichseins Gottes als Gründen von Geschichtlichkeit und Geschichte kann gesagt werden, daß das Verhältnis allen geschichtlichen Menschentums zu Gott nicht nur Geschichte des Menschen, sondern Geschichte Gottes mit dem Menschen ist. Insofern also Geschichtlichkeit alles Seiende in seinem Sein und mithin auch den Grund des Seins alles Seienden in seinem Gründen von Geschichtlichkeit bestimmt, kann sie als eine transzendentale Bestimmung, d.h. als eine Bestimmung verstanden werden, die das Sein jeglichen Seienden als eines solchen bestimmt. Hier nun zeigt sich der Begriff der Transzendentalität in seiner ontologischen Bedeutung. Geschichtlichkeit ist eine transzendentale Bestimmung, insofern sie dem Seienden als Seiendem, dem ens qua ens, zukommt. Dies aber muß gesagt werden, insofern der Mensch als das Da des Seins alles Seienden geschichtlich ist. Insofern der Mensch das Da des Seins alles Seienden ist, kann er an sich selbst ein „transzendentales Seiendes“18 genannt werden, denn er betrifft und bestimmt als Da des Seins, das zum Sein als Sein gehört, das Sein alles Seienden in seinem Sein. Und Geschichtlichkeit betrifft also über das Seinsverständnis des Menschen als des Seienden, das in primärem Sinne geschichtlich ist, das Sein alles Seienden, ja sie betrifft sogar den Grund des Seins alles Seienden als das Gründen des Seins von geschichtlich
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Seiendem. Sie kann so eine transzendentale, alles Seiende in seinem Sein umfassende und betreffende Bestimmung genannt werden. Welte stellt deshalb die Geschichtlichkeit als Transzendentale neben die klassischen Transzendentalien ens, res, unum, aliquid, verum und bonum19. Denn genau wie diese kommt die Geschichtlichkeit dem ens qua ens zu, und zwar wie diese auch in analoger Weise, anders dem Menschen als dem eigentlichen und primären Ort der Geschichtlichkeit, je anders dem nicht seinsverstehenden Seienden, das in seinem Sein an das Seinsverständnis des Menschen gegeben ist, und in wieder anderer Weise Gott als dem Grund des Seins alles dessen, was ist. Im Unterschied zu diesen klassischen Transzendentalien bezeichnet Welte die Geschichtlichkeit aber als „konkretes Transzendentale“20, welchen Unterschied er aber nicht ausdrücklich erläutert. Aufgrund der Ausarbeitung der Transzendentalität der Geschichtlichkeit über das Seinsverständnis des Menschen als primären Ort der Geschichtlichkeit muß versucht werden, auch die Bestimmung der Geschichtlichkeit als „konkretes Transzendentale“ aus dem Kontext, und also von diesem Zusammenhang her, zu verstehen und zu verdeutlichen, zumal ja auch die beiden anderen in Frage kommenden Vorlesungen die Geschichtlichkeit als universale, alles Seiende betreffende Bestimmung aus der universalen Offenheit des geschichtlich verfaßten Menschen ableiten. Von daher ist es naheliegend, die Kennzeichnung als ‘konkret’ im ursprünglichen Sinne des ‘concrescere’, des Zusammenwachsens von etwas mit etwas, hier als die Zusammengebundenheit der Geschichtlichkeit alles Seienden mit der Geschichtlichkeit des Menschen und so als die ausgezeichnete Zugehörigkeit der Geschichtlichkeit zum Menschen zu verstehen. Auf die Weise, wie der Mensch selbst mit der Geschichtlichkeit zusammengebunden ist, geht Welte an dieser Stelle nicht ein. Das wird als gegeben vorausgesetzt21. Nähere Aufhellung darüber, inwiefern die Geschichtlichkeit zur menschlichen Seinsverfassung gehört, wird erst die eigentliche Erörterung der Seinsweise der Geschichtlichkeit geben, in der als die Geschichtlichkeit mitkonstituierende Momente die Zeitlichkeit und Endlichkeit des Menschen gesehen werden. Hier darf die Feststellung des in allen drei Vorlesungen betonten primären Zusammenhangs von Geschichtlichkeit
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und Dasein des Menschen einerseits und die Ausweitung des Horizontes der Geschichtlichkeit auf alles Seiende über den Menschen andererseits genügen, um die Kennzeichnung der Geschichtlichkeit als „konkretes Transzendentale“ aus diesem Zusammenhang zu verstehen. Von daher kann dann gefolgert werden, daß der Unterschied der Geschichtlichkeit als „konkretes Transzendentale“ zu den klassischen Transzendentalien darin liegt, daß die Geschichtlichkeit als zur Seinsverfassung des Menschen gehörend ihren primären Ort im Menschen hat und von allem anderen Seienden nur aufgrund ihres Bezugs auf das menschliche Seinsverständnis ausgesagt werden kann. Von den klassischen Transzendentalien kann zwar auch gesagt werden, daß sie nur aufgrund der Offenheit und des Da des Verstehens von Sein Bestimmungen des Seins alles Seienden sind, aber sie setzen nicht das menschliche Seinsverständnis in Hinsicht seiner faktisch endlich-zeitlichen und damit geschichtlichen Verfaßtheit voraus. Sie kommen dem Seienden auch aufgrund eines möglichen unendlichen und ewigen Seinsverständnisses zu und sind insofern allgemeine Bestimmungen des Seins des Seienden als solchem. Die Geschichtlichkeit aber ist eine Bestimmung, die nicht mit dem Sein des Seienden als eines solchen unmittelbar verbunden ist, sondern ihm nur aufgrund der Geschichtlichkeit des menschlichen Seinsverständnisses zukommt. Die Geschichtlichkeit ist eine transzendentale Bestimmung nur infolge der Zeitlichkeit und Endlichkeit des menschlichen Seinsverständnisses. Sie ist eine transzendentale Bestimmung des Seins des Seienden nur über den Bezug zum Menschen als des endlich-zeitlichen Da des Seins des Seienden. Und so kann die Charakterisierung der Geschichtlichkeit als „konkretes Transzendentale“ verstanden werden als zusammengewachsenes Transzendentale, nämlich mit dem endlich-zeitlichen Seinsverstehen des Menschen, das sich als ein solches geschichtlich vollzieht, zusammengewachsenes Transzendentale, das als Transzendentale aber gleichwohl eine das Sein alles Seienden betreffende Bestimmung ist. Denn das menschliche Seinsverständnis steht, obwohl geschichtlich verfaßt, als Da des Seins in der universalen Offenheit alles dessen, was ist, und bestimmt als dieses, zwar geschichtliche, aber gleichwohl transzendental offene Da des Seins, das Sein alles dessen, was ist, als geschichtliches.
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B. GESCHICHTLICHKEIT UND GESCICHTE Nach der einleitenden Entfaltung des Verhältnisses des Christentums zur Geschichtlichkeit, bei der sich gezeigt hat, daß das Christentum einerseits eminent geschichtlich zu sein scheint, andererseits aber in seinem Anspruch die Geschichtlichkeit zu überspringen droht, gilt es nun, unabhängig von Christentum und christlichem Glauben die Geschichtlichkeit an ihr selbst philosophisch in den Blick zu nehmen, um zu sehen, was Geschichtlichkeit ihrem Wesen nach ist. Erst dann kann in erneutem Hinblick auf das Christentum entschieden werden, ob dieses die Geschichtlichkeit des Menschen überfordert, mißachtet oder ihr gar widerspricht. Erst aus einer philosophischen Betrachtung von Geschichtlichkeit und Geschichte können Kriterien gewonnen werden zur Beurteilung des Christentums hinsichtlich der Frage, ob die in ihm aufscheinende geschichtliche Seinsweise seines Ursprungs, seines Vollzugs und seiner Vermittlung erfüllende, defiziente oder gar Weisen des Unwesens von Geschichtlichkeit darstellen. Nachdem der Ort und die Weite des Horizontes der Geschichtlichkeit betrachtet wurden, gilt es nun, das Geschichtliche in dem ihm eigenen Sein zu erfassen. Welte geht dabei, wie schon erläutert wurde, phänomenologisch vor. Zunächst wird im Blick auf die Erscheinungsweisen des Geschichtlichen versucht, das Sich-Zeigende in möglichst allen seinen Dimensionen zu erfassen, um dann zu sehen, ob sich in der unübersehbaren Vielfalt geschichtlicher Erscheinungen allen gemeinsame Momente entdecken lassen, in denen ein gemeinsames Wesen aufscheint, das dann seinerseits alle Erscheinungen der Geschichte als solche in den Horizont von Verstehbarkeit fügt. Es soll nun versucht werden, aus den in den Vorlesungen je unterschiedlichen Hinblicken auf die Geschichte und der bei sich durchhaltendem Grundschema wechselnden Reihung und Ausführlichkeit der Behandlung der einzelnen Momente, die aber in dem, was sich in ihnen zeigt, trotz mancher noch zu untersuchender Differenzen und Verschiebungen ein hohes Maß an Übereinstimmung bieten, die Seinsweise des Geschichtlichen im Verständnis Weltes nachzuzeichnen. Aus dem Ineinander von Differenz und Übereinstimmung muß sich zeigen, inwieweit Weltes geschichtsphilosophische Gedanken einem Wandel unterliegen. Besonders gilt es, dabei
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auf die schon einem ersten Blick auf die Gliederungen der Vorlesungen sich andeutende Sonderstellung der Vorlesung G 49/50 und die dieser gegenüber auffallende Erwähnung und sich ausweitende Thematisierung der Epochalität der Geschichte in den folgenden Vorlesungen zu achten, die auf einen grundlegenderen Wandel im geschichtsphilosophischen Denken Weltes hinzuweisen scheinen. I. DIE SEINSCHARAKTERE DES GESCHICHTLICHEN
1. Singularität a) Geschichtliche Singularität als Einzelheit als solche In allen geschichtsphilosophischen Vorlesungen mit Ausnahme der Vorlesung G 67/68, in der dasselbe Thema erst Inhalt eines zweiten Überlegungskreises ist1, beginnt Welte die Betrachtung der Seinsweise des Geschichtlichen mit der Thematisierung der Singularität2 und, dieser nachfolgend, ihres dialektischen Verhältnisses zur Kontinuität. Der Ausgang von der Singularität legt sich insofern nahe, als einem ersten Blick auf die Geschichte in der bewußten Unterscheidung von der Natur die Bedeutsamkeit des Einzelnen im Unterschied zur Bedeutsamkeit des Allgemeinen in der Betrachtung der Natur auffallen muß. Welte verweist in der Vorlesung G 49/50 auf Rikkert3, der gerade von diesem Punkte her die Verschiedenheit der Bereiche von Natur und Geschichte darzustellen versucht hat4. Das Geschichtliche hebt sich dadurch vom Naturhaften ab, daß es in seiner Einzelheit bedeutsam erscheint. Das Geschichtliche ist das „Einzelne als solches“5, und daher zeichnet sich die Betrachtung der Geschichte auch in der Form der Wissenschaft als Historie durch ihr Interesse am Einzelnen, am Singulären aus6. Die Geschichte ist von einzelnen Gestalten, Ereignissen und Geschehnissen getragen. Im Unterschied zur Natur und zum ideal Geltenden, deren Wirklichkeiten und Sachverhalte ja auch je einzelne sind, muß nun aber die besondere Einzelheit des Geschichtlichen herausgearbeitet werden.
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Auch das Naturhafte, z. B. ein Baum oder ein in der Natur ablaufender chemischer oder physikalischer Prozeß, sind Individualitäten in dem Sinne, daß sie einem bestimmten Ort und einer bestimmten Zeit zugehören und als sie selbst durch Einzelheit gekennzeichnet sind. Ein Baum ist auch als Glied einer Gattung je nur dieser eine und einzelne und ebenso auch etwa eine chemische Reaktion. Sie läuft als dieselbe nur einmal ab. Selbst wenn sie durch eine weitere Reaktion rückgängig gemacht wird, so daß material die Ausgangsstoffe wieder vorliegen, so läßt sich die erste Reaktionskette zwar noch einmal in Gang setzen, aber die Zeitstellen, an denen sie beginnt und endet, sind trotz gleicher Dauer des Gesamtprozesses durch andere Koordinaten der Zeitskala ausgezeichnet und in Hinsicht der in ihrer Einzelheit betrachteten Atome ist auch ihre Verbindung und Zusammenlagerung je singulär, so daß eine chemische Reaktion letztlich auch bei identischer Materialität dennoch nicht identisch wiederholbar ist. Auch ein physikalischer Prozeß, etwa der freie Fall eines Körpers, ist als derselbe nicht wiederholbar, da sein Zeitindex auf der Zeitskala unverrückbar festliegt, auch wenn die Möglichkeit der Wiederholung dieser Bewegung desselben Körpers am selben Ort bei gleichem Zeitquantum besteht. Trotz materialer und formaler Identität von chemischen wie auch physikalischen Prozessen sind diese zumindest durch ihren Zeitindex als verschiedene und je einzelne gekennzeichnet. Und auch ein Baum und mit ihm jedes lebendige Wesen ist ein einzelnes, insofern auch es durch eine bestimmte Zeitstelle, ja sogar eine Materialität ausgezeichnet ist, in der es als dasselbe nicht wiederholbar ist. Gerade diese Einzelheit aber interessiert in der naturwissenschaftlichen Betrachtung des Naturgeschehens nicht. Die Atome als einzelne und der Baum in seiner unwiederholbaren Einzelheit sind nicht von Bedeutung. Die Hinsicht, unter der das Einzelne betrachtet wird, ist dessen Allgemeinheit und Regelhaftigkeit und nicht seine Singularität als solche. Das Einzelne erscheint nur als Fall eines Gesetzes oder einer Gattung. Es interessiert nur als Typ, nicht als Individuum7. In der Betrachtung der Wirklichkeit als Natur erscheint das Einzelne nicht als ein solches, sondern als Typ oder als Fall eines Allgemeinen, der in seiner Einzelheit darin nicht vorkommt. Die Hinsichten, unter denen die Natur als Natur betrachtet wird, sind Gesetzmäßigkeit und Reproduzierbarkeit, bei denen insofern nur Vergleichbarkeit, Austauschbarkeit und Vertretbarkeit,
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nicht aber die unvergleichbare und unverrechenbare Einzelheit der Gegenstände und Geschehnisse in den Blick kommen können. Selbst dort, wo, wie im atomaren Bereich, die Regellosigkeit auffällt, wird versucht, mit Hilfe der Statistik diese Regellosigkeit wiederum in einer Regel zu fassen8. Und ebenso interessiert im Bereich des ideal Geltenden das Einzelne nur als Aktualisierung des Allgemeinen und nicht als dieses Einzelne und Konkrete. In der Geometrie etwa interessiert ein Dreieck, insofern es Dreieck ist und unter dessen Gesetze fällt, nicht aber insofern es dieses konkrete einzelne Dreieck ist. Dieses wird gerade nur in seiner abstrakten Allgemeinheit betrachtet. In gleicher Weise betrachtet die Logik Sachverhalte nur unter dem Gesichtspunkt ihrer logischen Verhältnisse, wobei die Absehung von der Tatsächlichkeit und konkreten Einzelheit des betrachteten Sachverhaltes gerade gefordert ist. Das erklärte Desinteresse an der konkreten Realität des einzelnen Sachverhaltes geht so weit, daß dieser in seine rein formalen Verhältnisse aufgelöst wird, welche durch beliebig interpretierbare Variablen dargestellt werden können, so daß eine Formel entsteht, die allgemeiner Ausdruck der logischen Verhältnisse von beliebig vielen einzelnen wirklichen oder möglichen Sachverhalten ist. Diese Nivellierung des Einzelnen als Einzelnem ist auch im Ethischen wirksam. Auch dort ist das einzelne konkrete Verhalten als ethisches nur insofern betrachtet, als es eine allgemeine Norm erfüllt oder nicht erfüllt. Diese aber ist in ihrer Geltung gerade nicht von der Erfüllung oder Nicht-Erfüllung durch die einzelne Handlung abhängig, sondern sie gründet ihre Normativität und allgemeine Verbindlichkeit gegenüber einzelnem Verhalten gerade auf ihre Unabhängigkeit von allem wie auch immer sie realisierenden faktisch Einzelnen. Nur als unabhängig von allem Einzelnen in seiner Einzelheit kann sie das Einzelne normieren. Wird die Wirklichkeit aber als Geschichte betrachtet, so ist die leitende Hinsicht nicht mehr das Allgemeine, sondern das Einzelne in seiner Einzelheit. Das geschichtlich Einzelne ist das „Einzelne als solches“9.
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b) Die Allgemeinheit geschichtlicher Begriffsbildung und der immer mögliche Absprung in die geschichtliche Einzelheit als solche Welte verschließt sich nicht der Einsicht, daß gleichwohl auch das Einzelne als solches nur in Allgemeinbegriffen zu fassen ist. Denn das Einzelne als das bloß Isolierte ist unerkennbar und unaussagbar, „individuum est ineffabile“10. Jedes geschichtliche Ereignis ist in der Kennzeichnung als Ereignis schon unter ein Allgemeines, einen Begriff gefaßt, und nur darin ist es als solches erkennbar. Da das Denken sich in Begriffen vollzieht, ist das Allgemeine in jeder Erkenntnis immer schon mitbeteiligt. Sowohl die Erkenntnis einzelner Sachverhalte als auch deren Vermittlung sind nur über allgemeine Begriffsbildungen möglich. Und so setzen auch Erkenntnis und Vermittlung geschichtlicher Tatsachen Allgemeinbegriffe voraus. Alle Tatsachen, Gestalten und Geschehnisse der Geschichte sind auch als geschichtlich einzelne nur in allgemeinen Begriffen als diese erkennbar und faßbar11. Die Französische Revolution z. B. ist nur unter dem allgemeinen Begriff der Revolution als sie selbst faßbar. Aber gleichwohl muß gesagt werden, daß trotz der Unumgänglichkeit der Fassung des Geschichtlichen unter das Allgemeine in Form von Begriffen, das Geschichtliche darin an ihm selbst gerade noch nicht getroffen und ausgesagt ist, und es entsteht die Frage, wie denn das Einzelne und Individuelle in allgemeinen Begriffen überhaupt aussagbar ist. Die Französische Revolution bedarf der näheren Kennzeichnung ‘französisch’, um als die eine Französische Revolution, als die Geschehnisse, die sich mit dem Jahre 1789 und seinen Folgen verbunden haben, verstehbar und in ihrer Einzigkeit und Unterschiedenheit von allen anderen Revolutionen faßbar zu sein. Die einzelnen Tatsachen, Ereignisse und Bewegungen in der Geschichte bedürfen einer näheren Kennzeichnung, die sie individualisiert und als einzelne konstituiert. Auch wenn dies meist durch weitere Begriffe geschieht, unter die wiederum Verschiedenes subsumierbar ist, so entstehen durch das Zusammenfügen verschiedener Begriffe dennoch Verbindungen, die die Funktion von individuellen Eigennamen übernehmen können12. Mit der Französischen Revolution ist ein einzelnes, datierbares geschichtliches Ereignis gemeint. Kennzeichen des Geschichtlichen ist
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seine Datierbarkeit. Nur in seiner Bestimmbarkeit nach Ort und Zeit ist es als Einzelnes und damit als Geschichtliches erfaßt. Nach Welte zeichnet sich das Wissen von Geschichtlichem aus durch die Kenntnis von Datum und Namen13, wobei gesagt werden muß, daß die Datierung gleich dem Namen individualisierende Funktion hat, so daß auch durch die Beifügung des Datums zu einem Begriff dieser je nach Präzisierung des Datums so weit individualisiert werden kann, daß er zum Eigennamen wird. Eine abstrakte Betrachtung der Vorgänge, die mit dem Namen ‘Französische Revolution’ bezeichnet werden, allein unter dem Gesichtspunkt einer Revolution und den sie auszeichnenden und definierenden Bestimmungen und Vergleichbarkeiten erfaßt die Französische Revolution gerade nicht als sie selbst, als das einzelne unverwechselbare Geschehen in seiner Eigenart, sondern nur als den Fall eines Allgemeinen, und „die Geschichtlichkeit des Geschichtlichen“14 ist gerade nicht erfaßt. Das Allgemeine erreicht das Geschichtliche nicht, denn das Geschichtliche ist nie in Begriffen, die als solche allgemein sind, zu fassen, sondern nur unter deren individualisierender Kombination zu als Namen fungierenden Gebilden. Dies bedeutet, daß jedes Geschichtliche sui generis ist, jedes geschichtlich Einzelne ist sein eigenes Genus. Das Geschichtliche fällt als solches nicht unter das Genus-Spezies-Schema15. Und dort, wo in der Betrachtung des Geschichtlichen über die zur Erkenntnis desselben notwendige Begriffsbildung hinaus verallgemeinert und typisiert wird, um etwa Sachverhalte wie Revolutionen, Kriege, Renaissancen oder Verfassungen und dergleichen mehr je zu vergleichen und die Anwendbarkeit dieser Begriffe auf verschiedene Erscheinungen zu bestimmen, da wird gerade nicht das Geschichtliche einer Erscheinung bestimmt, sondern das Allgemeine an ihr, das sie mit anderen gemeinsam hat und das sie vergleichbar und unter eine allgemeine Bestimmung subsumierbar werden läßt. Das Verhältnis solcher geschichtlicher Typisierungen aber zu den unter sie fallenden Erscheinungen ist kein logisches Subsumtionsverhältnis, bei dem das Besondere nur ein das ihm gegenüber apriorische Allgemeine erfüllender und aktuierender Fall darstellt, sondern die Typisierung geschichtlicher Erscheinungen ist erst aposteriorisch möglich aufgrund der geschichtlichen Erscheinungen selbst. Diese geben die Bestimmungen vor, aus denen allererst Gemeinsamkeiten abgelesen und Allgemeinheiten konstruiert werden können. Dies
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aber nur so, daß die einzelne Erscheinung gegenüber auftretenden Vergleichbarkeiten ihre Selbständigkeit und ihren Eigenwert behält und nicht in sie hinein aufgelöst werden kann16. Solche Generalisierungen können zwar auf die Erkenntnis geschichtlicher Erscheinungen insofern rückwirken, als sie durch den Fundus gesammelter Gemeinsamkeiten und Vergleichbarkeiten erkenntnisleitend, erkenntnisfördernd und erkenntniserweiternd wirken können, insofern sie die Blickrichtung auf Zusammenhänge leiten können, die ohne solche Vergleichsgrundlagen schwerer oder gar nicht in den Blick gelangen, aber sie können die zu betrachtende jeweilige geschichtliche Erscheinung nicht als sie selbst fassen. In geschichtlichen Generalisierungen ist das einzelne Geschichtliche nicht als es selbst getroffen, wie in naturwissenschaftlichen Generalisierungen alle möglichen Fälle erfaßt und vollständig beschrieben sind. Denn in der Naturwissenschaft konstituiert die gesetzmäßige und verallgemeinernde Betrachtungsweise alle Gegenstände nur als Fälle allgemeiner Gesetze. Das die Gegenständlichkeit naturwissenschaftlicher Gegenstände Konstituierende ist das Allgemeine. In der geschichtlichen Betrachtungsweise aber, die ihre Gegenstände unter dem sie leitenden Interesse des individuell Bedeutsamen primär als einzelne und unvergleichliche konstituiert, dienen die Allgemeinbegriffe nur als Mittel17 zur Erfassung des Besonderen und Einzelnen. Ist das Geschichtliche nur mit Hilfe allgemeiner Begriffe erkenn-, faß- und mitteilbar, so ist aber damit nicht die Möglichkeit versperrt, das in allgemeinen Begriffen Gefaßte und dadurch vergleichbar Gemachte in seiner Einzelheit zu denken. Denn die Möglichkeit der Applikation von Allgemeinbegriffen setzt die Erkenntnis von Einzelnem als Einzelnem voraus. Etwas als etwas erkennen setzt ein vorbegriffliches Auffassen von Einzelnem als solchem voraus. Allgemeinbegriffe sind nur in der Vorstellung von unter sie zu subsumierendem Einzelnem. Daher ist bei jeder Erkenntnis von etwas als etwas, d.h. bei jeder Subsumtion eines Etwas unter ein Allgemeines, die Möglichkeit gegeben, das erkenntnisleitende Interesse nicht nur auf das Allgemeine zu richten und das Einzelne ganz als Fall dieses Allgemeinen aufgehen zu lassen, sondern auch auf das zu subsumierende Einzelne als solches zu achten, das für den Akt der
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Subsumtion des Besonderen unter das Allgemeine ebenso konstitutiv ist. Ist für die Erkenntnis von etwas als etwas seine Subsumtion unter ein Allgemeines Bedingung, so ist aber zugleich die Subsumtion nur aufgrund eines vorbegrifflichen und unbestimmten Gegebenseins des zu subsumierenden Besonderen und Einzelnen möglich. Und insofern ist die Möglichkeit gegeben, jedes als Fall eines Allgemeinen erkannte und begriffene Etwas in seiner Besonderheit und Einzelheit zu denken. Um die Erkenntnis auf das Einzelne als solches zu lenken, schlägt Welte vor, daß wir „alles Allgemeine - von vielleicht anzuwendenden Begriffen etc. - durchaus hinter uns lassen und uns gänzlich freigeben an das, was da und nur da geschah oder geschieht selber, indem wir es, ganz an es selbst anheimgegeben, entgegennehmen wie aus allererster Hand, wie etwas, das noch keinen Namen hat, für das es noch keinen Begriff, weder in uns noch sonst, gibt; als etwas, das schlechthin es selbst ist und sich damit als ein noch niemals Erhörtes aus sich selbst vor uns entfaltet, so, daß wir es als es selbst nur begreifen in dem sprachlosen, begriffslosen, aber nicht verständnislosen Staunen, in welchem wir es als es selbst einfach aus dem Ursprung zu uns sprechen lassen, es nirgends zwingend unter vorgeformte Verständniskategorien, sondern rein und offen das unerhörte Antlitz je jedes Menschen oder Ereignisses anblickend“18. Das Geschichtliche ist zunächst das Begriffslose, ja das Namenlose, denn selbst ein Name ist nur verstehbar in Verbindung und unter Voraussetzung zahlreicher allgemeiner Begriffe19. Da jede Bestimmung durch einen Begriff aber ein vorgängiges und vorbegriffliches Verstehen des zu Bestimmenden voraussetzt, so ist dieses zunächst Namen- und Begriffslose nicht gänzlich „verständnislos“. Es ist in seiner Unbestimmtheit zumindest als Frage und Anstoß auf begriffliche Bestimmung hin verstehbar. In seiner unbestimmten Vorgegebenheit aber ist es, weil begriffslos, unableitbar. Das Geschichtliche in seinem Geschichtlichsein ist nicht ableitbar aus allgemeinen Begriffen. Als Fall eines Gesetzes oder als Glied einer Gattung betrachtet, ist es aus diesen vollständig ableitbar und bestimmbar, aber als Geschichtliches betrachtet, ist es begriffslos und je sui generis und daher nie aus ihm gegenüber Allgemeinem deduzierbar. „Das Geschichtliche steht als solches unableitbar je in sich“20. Es ist das in seinem Daß und Was Unableitbare, das jedem systematisierenden Zugriff Sich-Entziehende.
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Diese Bestimmung des Geschichtlichen als des Begriffslosen weist auch schon vor auf die Spannung, in der alles Geschichtliche in seinem Geschichtlichsein zu einer metaphysischen Betrachtung steht, Metaphysik hier verstanden im Sinne eines in sich geschlossenen Begriffssystems21, in dem sich alles, aus obersten Begriffen ableitbar, in eine festgefügte Ordnung fügt und insofern verfügbar ist. Das Geschichtliche dagegen ist nicht ableitbar und konstruierbar. Wenn Welte auf das Verhältnis von Metaphysik und Geschichtlichkeit hier auch nicht eingeht, so deutet sich doch schon in dieser ersten Bestimmung des Seins des Geschichtlichen als des Singulären eine Nicht-Integrierbarkeit der Geschichtlichkeit in die Metaphysik im Sinne einer in sich stehenden, alles einbegreifenden und alles begreifenden Ordnung, die insofern immer schon alles begriffen hat, an. Das Geschichtliche als das Begriffslose ist das im begrifflichen Denken gerade nicht Faßbare und in dessen Entwurf eines alles begreifend-einbegreifenden Systems gerade nicht als es selbst vollständig Einholbare, wiewohl es zu seiner Erkenntnis das begriffliche und begreifende Denken seinerseits braucht. Diese Bemerkung diene als ein erster Hinweis darauf, daß die Geschichtlichkeit von sich her in Spannung tritt zum so verstandenen metaphysischen Denken. Und es bleibt festzuhalten, daß schon in der Vorlesung G 49/50 das Geschichtliche als das „Begriffslose“22 erscheint. c) Geschichtliche Einzelheit als Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit Als Unableitbares ist das Geschichtliche je als sein eigener Ursprung zu betrachten23. Wie sehr es auch in andere Geschehnisse verwoben sein mag, so ist es doch zugleich als Einzelnes und Unableitbares je ursprünglich. Welte vergleicht diese Ursprünglichkeit des Geschichtlichen mit der Ursprünglichkeit und Unableitbarkeit je jedes Selbst24, das in seinem Selbstsein auch je unverrechenbarer und je unkonstruierbarer Ursprung ist, der sich jeder begrifflichen Fassung entzieht, was sich darin zeigt, daß er sich dieser je gegenüberstellen kann. Da das Dasein des Menschen der primäre Ort der Geschichtlichkeit ist, so ist der Vergleich der Ursprünglichkeit des geschichtlich Einzelnen mit der Ursprünglichkeit des Selbstseins
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des Menschen höher als nur als eine Exemplifizierung einzustufen. Wie aber letztlich die Bedeutsamkeit des Einzelnen in der Geschichte mit dem Selbstsein des Menschen zusammenhängt, muß die weitere Untersuchung zeigen. Als das Ursprüngliche und Unableitbare ist das Geschichtliche zugleich das Unvergleichliche25. Es ist zwar aufgrund seiner unumgänglichen begrifflichen und generalisierenden Fassung auch einer typisierenden und daher vergleichenden Betrachtung zugänglich, aber gerade solcher Betrachtungsweise bleibt es in seiner Singularität und daher in seinem Geschichtlichsein unzugänglich, denn nur „als das einmalige Einzelne ist es das Geschichtliche“26. Aus der Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit alles geschichtlich Einzelnen folgt positiv, daß seine Bedeutung in ihm selbst liegt und nicht in der Subsumierbarkeit unter ein Allgemeines aufgehen kann27. Seine Bedeutung und sein Sinn können nicht von einem ihm übergeordneten und es bestimmenden Allgemeinen abgeleitet werden. Das Geschichtliche ist das je als es selbst bedeutsame Einzelne. Es ist als Einzelnes nicht bedeutsam nur als Fall eines allgemeinen Gesetzes, als Glied einer Gattung, als Repräsentant eines Typs oder als konkrete Realisierung eines allgemeinen Wesens, sondern als Geschichtliches unterscheidet es sich von dieser leeren und qualitätslosen Einzelheit als das in seiner Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit bedeutsame Einzelne. Worin aber diese Bedeutsamkeit des geschichtlich Einzelnen gründet, ist noch völlig unbestimmt. Diese Frage kann erst von der weiteren Untersuchung der Geschichtlichkeit aufgehellt werden. In der Bestimmung des Geschichtlichen als des ursprünglichen, unableitbaren und unvergleichlichen und insofern unverfügbaren, unverrechenbaren und unkonstruierbaren Einzelnen zeigt sich Weltes Absetzung von einem metaphysischen Verständnis von Geschichte an, wie es etwa in Hegel greifbar wird und das dadurch gekennzeichnet ist, daß das Einzelne nur als Moment der sich entfaltenden Idee oder nur als Erscheinung eines überzeitlichen und übergeschichtlichen Wesens verstanden und infolgedessen nicht unableitbar und unvergleichlich, sondern aus dem Begriff, der Idee, dem zeitlosen Wesen deduzierbar und konstruierbar ist. Das Einzelne ist etwa bei Hegel im Sinne der logischen Notwendigkeit in ein Allgemeines aufgehoben. Die Kritik an Hegel in diesem Punkt ist schon
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in Weltes Hegelvorlesungen der 50-iger Jahre spürbar, erhebt sich allerdings dort zunächst nur von seiten des Bedenkens Gottes und seiner Freiheit und in Entsprechung der Freiheit des Menschen, die gegenüber aller logischen Notwendigkeit unverrechenbar ist, noch nicht aber von seiten der Bestimmung der Geschichtlichkeit als solcher28. Angemerkt aber kann an dieser Stelle werden, daß am Ende der Vorlesung H 59/60 die Rede von der „Ermüdung der Metaphysik“29 und der „Metaphysik am Ende“30 als der Folge des Aufkommens des geschichtlichen Bewußtseins auftaucht, was in den beiden ersten Hegelvorlesungen noch nicht der Fall ist. Es wird sich zeigen, daß sich Weltes Verständnis von der Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit des geschichtlich Einzelnen und damit sein Verständnis von Geschichtlichkeit überhaupt in den späteren geschichtsphilosophischen Vorlesungen vertieft und so seine Distanzierung von einem metaphysischen Verständnis der Geschichte im Sinne einer Ableitung der Geschichte und der geschichtlichen Bewegung aus einem wie auch immer verstandenen allgemeinen Wesen, einem Begriff oder einer Idee betonter und dezidierter wird. d) Geschichtliche Ganzheiten und ihr geschichtliches Subsumtionsverhältnis Das Geschichtliche als das in seiner Singularität Bedeutsame ist aber insofern noch unterbestimmt, als das Einzelne noch im Sinne des Isolierten und Zusammenhangslosen betrachtet wird. Denn jedes geschichtlich Einzelne steht, wie noch näher zu zeigen sein wird31, als dieses geschichtlich Singuläre in einem Zusammenhang, es steht in „umfassenden Ganzheiten“32. Jedes geschichtlich Einzelne ist Teil eines größeren Ganzen. Jedes Ereignis im Leben eines Menschen etwa gehört in den größeren Zusammenhang seiner Biographie, diese in den Zusammenhang der Geschichte seines Volkes, diese wiederum steht in noch umfassenderen politischen, ökonomischen, sozialen, kulturellen und geistesgeschichtlichen Zusammenhängen, und so ist jedes geschichtlich Einzelne Teil einer je umfassenderen Ganzheit. Von diesen Ganzheiten aber ist zu sagen, daß auch sie, geschichtlich betrachtet, singuläre Ganzheiten sind, „daß diese geschichtlich umfassenden Wirklichkeiten in sich selbst den geschichtlichen
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Charakter des Einzelnen haben. Sie bedeuten je selbst ein Einmaliges, dessen Sinn und Bedeutung je nur seiner unvertauschbar einmaligen Erscheinung zu entnehmen ist“33. Welte hebt, auch hier vielleicht in Anlehnung an Rickert, sehr genau dieses „geschichtliche Subsumptionsverhältnis“ sehr genau „gegen alles bloß Formallogische“34 ab. Das geschichtlich Allgemeine ist selbst singulär und bestimmt das ihm untergeordnete Einzelne nicht als Fall, sondern es wird selbst von diesem bestimmt. Es ist je nur das aus allem Einzelnen Zusammengefügte, dieses aber gleichwohl auch seinerseits prägende Allgemeine. Es ist die Einheit von unvergleichlichen singulären Wirklichkeiten und nicht die abstrakte und zeitlose Allgemeinheit aller logisch möglichen Fälle, unabhängig von deren Wirklichkeit oder Nicht-Wirklichkeit und unabhängig von deren je konkreter Einzelheit. Das geschichtlich Einzelne ist aus dieser singulären geschichtlichen Ganzheit nicht deduzierbar, und umgekehrt ist aus dem in sie gefügten Einzelnen diese Ganzheit nicht ablesbar oder ableitbar. Beide stehen in einem Verhältnis zueinander, in dem sie sich gegenseitig bestimmen, aber dies nicht im Sinne einer logischen oder einer das zu Bestimmende gattungsmäßig oder wie auch immer festsetzenden und definierenden Bestimmung. Die gegenseitige Zuordnung ereignet sich selbst je geschichtlich und ist deshalb je singulär und ursprünglich, sie ist aber nicht in Kategorien logischer oder gattungsmäßiger Über- und Unterordnungsschemata zu fassen. Insofern das geschichtlich Allgemeine selbst geschichtlich und somit in die Zeit hineingehalten ist, ist es scharf getrennt von der zeitlosen und gegenüber dem zu subsumierenden Einzelnen gleichgültigen Allgemeinen des ideal Geltenden und Naturhaften. In der geschichtlichen Allgemeinheit geschichtlicher Ganzheiten, in der Eingebundenheit alles geschichtlich Singulären in einen umfassenderen Zusammenhang, scheint neben der Singularität als Bestimmung des Seins alles Geschichtlichen eine zweite Dimension des Geschichtlichen auf, die Kontinuität, die Welte der geschichtlichen Singularität als unablösbar zu ihr gehörig gegenüberstellt.
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2. Kontinuität a) Die dialektische Einheit von geschichtlicher Singularität und Kontinuität In der Frage nach der Einzelheit geschichtlicher Ganzheiten scheint ein Moment des Geschichtlichen auf, das unabdingbar zu ihm gehört und das das geschichtlich Singuläre erst zu einem solchen werden läßt. Welte nennt es die Kontinuität als „die zur Einzelheit komplementäre Wesensseite alles Geschichtlichen als solchen“35. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, daß das je geschichtlich Einzelne nicht das Isolierte ist36, das zusammenhangslos nur in sich selbst ruht. Als ein solches ist es nicht geschichtlich. Zur Geschichte gehören gleichursprünglich Singularität und Kontinuität. Ohne Zusammenhang, der das Einzelne in ein je größeres Umfassen fügt, gibt es keine Geschichte, auch keine einzelnen Ereignisse, die als diese einzelnen ja auch schon ein Ganzes aus vielem Einzelnen darstellen. Ohne Zusammenhang gibt es nur einzelne isolierte Punkte, deren Isolation ihre Einzelheit auflöst, die als solche den Zusammenhang braucht. Denn Einzelheit ist nur vor dem Hintergrund eines Zusammenhangs, der das Einzelne allererst als Einzelnes sehen läßt. Umgekehrt aber ist auch bloße Kontinuität nicht Geschichte. Ohne Einzelnes, das als solches bedeutsam aufleuchtet, gibt es keinen Zusammenhang, der als ein solcher das Zusammen von Unterschiedenem ist, welche Unterschiedenheit Diskontinuität und Einzelheit voraussetzt. Gelten diese Verhältnisse auch für die Natur und die Bereiche des ideal Geltenden, so muß nun die geschichtliche Kontinuität in ihrer Eigenart bestimmt werden. Da die geschichtliche Singularität gegenüber aller nicht geschichtlichen Einzelheit durch ihre Bedeutsamkeit als Singularität ausgezeichnet ist, läßt dies vermuten, daß auch die Kontinuität, die in der Geschichte waltet, unterschieden ist von anderen Weisen der Kontinuität. Da in der Natur das Einzelne nur als Fall eines Allgemeinen vorkommt, so ist es auch nur als ein solcher in den Zusammenhang der Natur aufgehoben. Das Einzelne in seiner Einzelheit konstituiert und prägt den Zusammenhang nicht, sondern dieser ist ihm als Gesetz, unter das es fällt, das es bestimmt und in dem es als es selbst in seiner Einzelheit gar nicht vorkommt, von ihm unberührt
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und unberührbar vorgeordnet. Der Zusammenhang ist unwandelbar und zeitlos allgemein. Als dieser abstrakt geltende Zusammenhang ist das Gesetz zwar auch einzeln, insofern es als Glied wiederum in einem größeren, es einbegreifenden Zusammenhang eingeordnet ist, es gilt als einzelnes nur, indem es mit allen anderen Gesetzen zusammen gilt. Es ist wie das Geschichtliche in eins Singularität und Kontinuität. Aber seine Singularität wie seine Kontinuität sind abstrakt und allgemein, und so ist auch ihr Ineinander und ihre gegenseitige Zuordnung allgemein. Einzelne Gesetze, in mathematischen Formeln ausdrückbar, sind miteinander verrechenbar und auseinander ableitbar. Und das konkret gegebene Einzelne ist als Fall eines Gesetzes berechenbar und beliebig reproduzierbar und prognostizierbar. Der Zusammenhang, in dem es steht, ist vorgegeben, starr und unveränderlich. Er ist das Raster, das alle einzelnen konkreten Erscheinungen bestimmt. Er ist der Zusammenhang des immer Gleichen, weil zeitlos Allgemeinen. Der Zusammenhang ändert sich nicht. Er ist unabhängig von der Faktizität des einzelnen Falles. Dieser fügt jenem nichts hinzu. Er ist in dem vorgegebenen Zusammenhang nur der Möglichkeit nach enthalten, nicht aber in seiner Wirklichkeit als unverrechenbarer und unableitbarer Einzelheit. Dies gilt für das Gesetz als Ausdruck des Allgemeinen in der Natur, wie für das ideal Geltende als des Mathematischen, Logischen und Ethischen gleichermaßen, die von der Faktizität eines geometrischen oder algebraischen Gebildes, eines logischen Sachverhaltes oder einer sittlichen Handlung unabhängig sind und davon unberührt bleiben. Die Kontinuität von Natur und ideal Geltendem ist die Kontinuität von Einzelnem als Fall eines Allgemeinen oder von einzelnem Allgemeingültigen, etwa eines Gesetzes als Fall eines noch umfassenderen Allgemeinen, aber es ist nicht die Kontinuität von Einzelnem, das in seiner Einzelheit bedeutsam ist. Gegen diese abstrakte und zeitlose Kontinuität gilt es nun, die Kontinuität des Geschichtlichen und ihr Verhältnis zur Singularität abzuheben. Das Geschichtliche ist im Unterschied zum Naturhaften und ideal Geltenden das je als Einzelnes Bedeutsame, und als dieses ist es das je Kontinuierliche. Als Einzelnes steht es schon in einem Zusammenhang, der ihm aber nicht als allgemein geltender vorgeordnet ist und unter den es nicht restlos subsumierbar und daher nicht in allen seinen Bestimmungen aus ihm ableitbar ist, sondern
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es ist in der Weise kontinuierlich, daß es vom Zusammenhang so bestimmt wird, daß es diesen in eins bestimmt. Das Einzelne ist nicht ohne den Zusammenhang und der Zusammenhang nicht ohne das Einzelne. Ihr Verhältnis ist kein Neben-, Über- oder Untereinander, sondern ein dialektisches Ineinander. Welte spricht von der „doppelpoligen dialektischen Struktur“37 des Geschichtlichen. Singularität und Kontinuität sind gleichursprünglich. Alles in der Geschichte ist einzeln, und alles in der Geschichte ist im Zusammenhang38, und dies so, daß von diesem Zusammenhang das Einzelne in seiner Einzelheit nicht aufgelöst wird und der Zusammenhang nicht vom Einzelnen. Beides ist unterschieden, aber so, daß das eine nie ohne das andere ist, sondern daß beide sich vielmehr gegenseitig bestimmen. Die geschichtliche Kontinuität hebt die Einzelheit des Geschichtlichen nicht in ein abstrakt Allgemeines auf. Dies zeigt, daß der Zusammenhang in der Geschichte eine andere Allgemeinheit darstellt als die abstrakte Allgemeinheit von Naturhaftem und ideal Geltendem, die das Einzelne als solches nivelliert und von seiner Ursprünglichkeit absehen kann. Der geschichtliche Zusammenhang ist das Allgemeine insofern, als er das Einzelne als Teil in sich aufnimmt und mit bestimmt, aber so, daß er selbst vom Einzelnen allererst bestimmt wird. Der Zusammenhang ist nicht zeitlos und unveränderlich, sondern er unterliegt Wandlungen und Veränderungen, die je vom Einzelnen ursprünglich initiiert sind. Die Geschichte läßt sich daher nicht zweiteilen, so daß ein Teil der Singularität zuzuordnen wäre und der andere der Kontinuität, sondern beide konstituieren alles Geschichtliche nur in ihrer Gleichursprünglichkeit und Unabtrennbarkeit. b) Das Geschichtliche als „Dasein inmitten“ und als „concretum universale“ In der Vorlesung G 49/50 umschreibt Welte dieses dialektische Verhältnis, indem er das geschichtlich Einzelne als „Dasein inmitten“39 bestimmt. Anzumerken ist, daß der Ausdruck „Dasein inmitten“ so in den späteren Vorlesungen nicht mehr auftritt. Der Gedanke des „inmitten“ bleibt zwar40, aber er wird demgegenüber mehr im Gedanken des dialogischen Innestehens des Geschichtlichen in den Raum von Zuspruch und Antwort, Herausforderung und Anverwandlung
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gefaßt, was wiederum ein Weitergehen des Ganzen des Verständnisses von Geschichte anzeigt. Dieses Weitergehen kann vorblickend kurz als der Wandel des Begreifens des geschichtlichen Geschehens als des Geschehens des geschichtlichen Menschen vor dem unwandelbaren Unendlichen zu dem Geschehen der Geschichte als dem sich ereignenden Ineinander des geschichtlichen Daseins des Menschen und der dieses geschicklich gründenden Geschichte des Seins beschrieben werden, ein Wandel, der sich schon in der Vorlesung G 54 anzeigt und ab der Vorlesung G 61 in der Entfaltung des epochalen Wesens der Geschichte deutlicher hervortritt. Das Einzelne ist als das Einzelne begrenzt und endlich, es hat nur ein ganz bestimmtes Da in Raum und Zeit. Es ist als Einzelnes je nur dieses. Es ist das in sich Zurückgebogene und auf sich Beschränkte. Als das Einzelne ist es aber zugleich das sein isoliertes In-sich-Ruhen Sprengende, das über sich hinaus in einen Zusammenhang Gefügte. Es ist einerseits bestimmt durch seine Begrenztheit und Endlichkeit und andererseits durch sein Über-sich-hinaus-Weisen ins Weite und Unbegrenzte. Es steht als Einzelnes endlich in sich und zugleich inmitten eines unendlichen Horizontes. Und nur weil es in einen unbegrenzten Horizont freigegeben ist, ist es als Endliches und Einzelnes bestimmt. Die Dimensionen der Kontinuität des Geschichtlichen sind vielschichtig und vielgestaltig. Sie sollen an dieser Stelle nur andeutungsweise dargelegt werden. In ihrem Reichtum und ihrer Fülle wird die Kontinuität erst in der Entfaltung der weiteren Momente des Geschichtlichen aufgehen, die als Momente des Geschichtlichen in eins sowohl Dimensionen der Singularität als auch der Kontinuität und ihres Zusammen sind. Das Geschichtliche als „Dasein inmitten“ steht in einem je größeren Zusammenhang. Es weist je über sich hinaus ins Weite. Diese Weite ist neben anderem bestimmbar als ein „Horizont von Möglichkeiten“41. Das Geschichtliche erscheint je in einem Rahmen von Möglichkeiten. Es ist nicht notwendig im Sinne der logischen Notwendigkeit. Es läßt sich als das Einzelne nicht ableiten. Im Blick auf die Vergangenheit ist vieles möglich gewesen42, und im Blick auf die Zukunft wird vieles möglich sein. Die geschichtliche Einzelheit ist im Blick auf die Zukunft nicht entschieden und im Blick auf die Vergangenheit nicht notwendig. Das Geschichtliche
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steht inmitten eines Raumes, der durch Möglichkeit gekennzeichnet ist. Das Einzelne weist in einen Zusammenhang von unabsehbaren Möglichkeiten, die als zurückliegende zwar entschieden, gleichwohl aber dem wirklich Gewordenen als dessen vergangene und unergriffene, vielleicht verpaßte Möglichkeiten noch anhaften und als gegenwärtige und zukünftige das Einzelne für mögliches Geschehen öffnen. So ist das Einzelne zwar das Begrenzte und Endliche, aber es steht zugleich in einem unbegrenzten Horizont von Möglichkeiten. Die realen Möglichkeiten des Geschichtlichen bestimmen sich je aus Vorgegebenheiten und Voraussetzungen, und die realisierten Möglichkeiten sind je Antwort auf diese Vorgegebenheiten. Zugleich aber bilden diese neue Vorbedingungen und bestimmen nun ihrerseits die realen Möglichkeiten des schon Realisierten neu. Alles Geschichtliche ist Folge und Grund zugleich. Es bestimmt sich aus seinen herkünftigen Möglichkeiten und ist zugleich das je unableitbar Unvergleichliche, von diesen herkünftigen Möglichkeiten zwar bestimmte, aber dennoch ursprünglich sich zur Wirklichkeit Bestimmende, sei es in Annahme oder in Auflehnung gegen das vergangene Realisierte, und so öffnet es neue reale Möglichkeiten, indem es zugleich andere verschließt. Ein weiteres Moment, als welches sich die Weite und damit die Kontinuität des Geschichtlichen als des „Daseins inmitten“ zeigt, ist die Weite seiner Bedeutsamkeit43. Das Geschichtliche als das je in seiner Einzelheit Bedeutsame weist als dieses über sich hinaus. Es ist bedeutsam für anderes und weiteres Geschehen. In seiner Bedeutsamkeit greift es über seine Begrenztheit als dieses Einzelne hinaus. Als Bedeutsames wirkt es, anderes bestimmend und angehend, über sich hinaus und konstituiert so einen Zusammenhang und wird andererseits bestimmt und getragen von der Bedeutsamkeit dieses Zusammenhangs, in dem es als Einzelnes innesteht und der als je einzelner selbst seine Bedeutungsmacht entfaltet. Die Kontinuität des Geschichtlichen erweist sich so als ein Zusammenhang von Bedeutsamkeit. Weitere Dimensionen, in denen das Geschichtliche als „Dasein inmitten“ seine Kontinuität entfaltet, sind die Zeitlichkeit und das Miteinandersein und die damit verbundenen Phänomene des geschichtlichen Geschehens, des Verstehens und Andenkens, der Unvergeßlichkeit und Unerschöpflichkeit des Geschichtlichen, die aber
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hier nur genannt seien. Sie werden sich im weiteren Gang der Überlegungen in ihrer Zugehörigkeit zur Geschichtlichkeit ergeben. Da alles Geschichtliche durchgängig durch Singularität und Kontinuität dialektisch bestimmt ist, steht alles geschichtlich Einzelne in einem unzerreißbaren Kontinuum, das an allen Stellen von Einzelheit getragen ist und so je ursprünglich und diskontinuierlich ist. Und so wird sich in allen Momenten des Geschichtlichen als des Singulären als solchen zugleich das Walten von Kontinuität zeigen. Als das dialektische Ineinander von Singularität und Kontinuität ist das Geschichtliche das kontinuierliche Diskontinuierliche und das diskontinuierliche Kontinuierliche. Das Geschichtliche ist ganz Singularität und ganz Kontinuität. Als Einzelnes reicht es ins Unabsehbare und Grenzenlose. Welte nennt daher das Geschichtliche das „concretum universale“44, um damit das Ineinander von Singularität und Kontinuität zum Ausdruck zu bringen. Das Geschichtliche ist unaufhebbar Einzelnes und in seiner Einzelheit bedeutsam auch in seinem Verwoben- und Verfügtsein in umfassendere Ganzheiten, die selbst unableitbar Einzelnes sind und zugleich kontinuierlich, weil Zusammenhang von Einzelnem und weil selbst inmitten eines noch umfassenderen Zusammenhangs. So ist das Geschichtliche als das Einzelne als solches zugleich das, was in einem letztlich universalen Zusammenhang steht, und dies so, daß Singularität und Kontinuität nicht trennbar sind, sondern in eins das Geschichtliche konstituieren. Das Einzelne ist geschichtlich nur, insofern es kontinuierlich ist, und der Zusammenhang ist geschichtlich nur, insofern er singulär ist. Das „Dasein inmitten“, als das alles Geschichtliche in eins Einzelnes als solches und Kontinuierliches ist, darf aber nicht räumlich und statisch verstanden werden45, sondern es meint ein Sich-Vollziehen, das sich selbst innerlich ist. Wie die Geschichtlichkeit primär dem Menschen zukommt, so ist auch das Geschichtliche als „Dasein inmitten“ von der besonderen Seinsweise des Menschen her zu verstehen46. Vom Menschen aber muß gesagt werden, daß er sein Dasein je vollzieht. Sein Sein ist nicht als bloße Vorhandenheit wie das eines in sich verschlossenen Seienden, das sich in seinem Sein gar nicht hell und offen ist, sondern das Sein des Menschen ist ein in sich helles Sich-Vollziehen, und in diesem Sich-Vollziehen vollzieht das Dasein das Sein alles Seienden. Im Sich-Vollziehen des menschlichen Daseins gründet das Geschehen des
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Geschichtlichen. Insofern alles Geschichtliche als solches in der Geschichtlichkeit des menschlichen Daseins wurzelt, ist sein Sein nicht Sein bloßer Vorhandenheit, sondern es geschieht als Geschichtliches. Die innere Vollzugsweise des geschichtlich Einzelnen als eines Kontinuierlichen ist das geschichtliche Geschehen. In der Aufdeckung der inneren Vollzugweise der Kontinuität als Geschehen wird eine weitere Dimension des Geschichtlichen offenbar, in der zugleich auch weitere Momente der Singularität aufleuchten. Aus dem unauflöslichen dialektischen Ineinander von Singularität und Kontinuität folgt, daß jede weitere Bestimmung des einen in eins auch immer eine Bestimmung des anderen ist. 3. Geschehen a) Innere Identität von Geschichte und Geschehen Um die besondere Seinsweise des Geschichtlichen zu erhellen, setzt Welte sie als ein Geschehen gegen das Sein bloßer Vorhandenheit ab und unterscheidet weiterhin das Geschehen des Geschichtlichen vom Geschehen im Bereich der Natur. Das Geschichtliche ist nur verständlich, wenn gesehen wird, „daß Geschehen überhaupt das Sein der Geschichte ist“ und daß „die Geschichte und alles Geschichtliche ist, indem es geschieht“47. Das Geschichtliche ist nicht vorhanden, sondern es geschieht. Es ist in der Kategorie der Substanz und dem dieser zugehörigen Begriff des Werdens im Sinne des bloßen Umschlags vom einen in ein anderes, in welchem Sinne die überlieferte Substanzmetaphysik Geschehen gedacht hat, nicht erreichbar. „Mit der Kategorie der Substanz im herkömmlichen Sinne also ist das Geschichtliche als solches gar nicht erreichbar, und man muß, um es zu sehen, in einen diesem Kategoriensystem gegenüber durchaus anderen Seinsmodus hineinkommen, der nur an ihm selbst abgelesen werden kann“48. Anzumerken ist hier, daß Welte schon an dieser frühen Stelle betont, daß das geschichtliche Geschehen mit den Mitteln des überlieferten aristotelischen Kategoriensystems nicht faßbar ist, ohne dies hier näher auszuführen49. Der kurze Hinweis aber zeigt schon, daß von dem Bedenken des Geschichtlichen her, das sich
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als ein eigener Modus von Geschehen zeigt, die Begrifflichkeit der überlieferten Metaphysik gesprengt wird und daß demgemäß ein dem zeitlosen Denken einer „Substanzmetaphysik“50 gegenüber anderes, „neues Denken“51 gefordert ist, das dem Geschehenscharakter des Geschichtlichen angemessener ist. Die Bestimmung des Seins der Geschichte als Geschehen in Absetzung gegenüber bloßer Vorhandenheit kann verständlich machen, wie vom Bedenken der Geschichtlichkeit her das Aufbrechen des überlieferten metaphysischen Denkens und seiner Kategorien und Begriffe sich für Welte aufdrängte, was sich ja auch schon in der Bestimmung des geschichtlich Einzelnen als des Ursprünglichen, Unableitbaren und Unvergleichlichen in der Vorlesung G 49/50 angedeutet hat52. Insofern der Mensch und mit ihm als dem Dasein, dem Da des Seins, alles Seiende geschichtlich ist, muß die Bestimmung alles Geschichtlichen als eines Geschehenden auch die Weise des Denkens von Sein und Seiendem betreffen. Von der für die Geschichtlichkeit sich als zentral erweisenden Kategorie des Geschehens wird verständlich, warum die Gegenüberstellung von metaphysischem Denken als dem objektivierenden, vorstellenden und in Begriffen feststellenden Denken, als dem Denken in der Kategorie der Substanz, welches das Insich-Stehende, dauernd Vorliegende und insofern Zeitlose denkt53, und dem „nachmetaphysischen“54 Denken oder dem Denken im „Gelände jenseits der Metaphysik“55 als dem Denken in der Kategorie des Geschehens und des Ereignisses bei Welte immer ausdrücklicher und weitreichender wird, was sich besonders auch in seinen Abhandlungen zur Christologie niederschlägt56. Wie näherhin das Verhältnis von metaphysischem und nachmetaphysischem Denken bei Welte zu bestimmen ist und inwiefern er darin von Heidegger her denkt und sich von ihm unterscheidet und inwiefern das Durchbrechen des Bewußtseins der Geschichtlichkeit in seinen letzten Implikationen bei Welte selbst ein Geschehen und eine Geschichte ist, wird die weitere Untersuchung zeigen. Hier geht es zunächst nur um ein Sammeln von Beobachtungen und um erste Hinweise. Jedenfalls deutet sich hier schon an, daß das Bedenken der Geschichtlichkeit durch Welte nicht einfachhin in das System der überlieferten Metaphysik integriert werden konnte, sondern in Richtung auf ein Aufbrechen und ein Überschreiten gewirkt hat. Das Bewußtsein der Geschichtlichkeit erweist sich als der Impuls und der nährende Grund für die Sprengung des überlieferten metaphysischen Denkens57.
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Alles Geschichtliche, Ereignisse, Taten, Begebenheiten, Gestalten, auch geistige Bewegungen, Ideen und Gedanken, insofern sie als geschichtliche betrachtet werden, sind nicht statisch, unveränderlich und zeitlos, sondern sie sind nur, indem sie geschehen, d.h., sie sind geschichtlich nur, indem sie je in den Bereich des sich geschichtlich vollziehenden Menschen hineinreichen. Geschichtliches geschieht, und zwar so, daß der Geschehenscharakter nicht als eine nur akzidentelle Bestimmung vom Geschichtlichen prädizierbar ist, sondern so, daß eine innere Identität zwischen Geschichtlichem und Geschehen waltet. Sofern Geschichtliches ist, geschieht es. Sein Sein ist Geschehen58. Und sofern im Bereich der Geschichte etwas geschieht, geschieht es geschichtlich. Folglich ist auch das, was in der Geschichte gegenüber anderen Erscheinungen in ihr mit einer gewissen Dauer ausgezeichnet ist und gegenüber jenen schnell werdenden und vergehenden Gestalten, die in ihrem steten Werden und Vergehen das Geschehen der Geschichte auszumachen scheinen, zu dauern und festzustehen scheint, als Geschichtliches nur, indem es geschieht59, d.h., indem es hineinreicht in das Geschehen, in dem der Mensch sein Dasein vollzieht. Das Geschichtliche ist in den durch Zeitlosigkeit ausgezeichneten Kategorien der Substanz und der Vorhandenheit nicht zu fassen. Bleiben in der Geschichte meint nicht zeitloses Vorliegen, sondern Dauern und Währen, Bleiben im ursprünglich verbalen und zeitlichen Sinne. Es schließt als Bleiben die geschichtliche Zeit ein und ist so nur als zeitliches. Es ist als Bleiben nur im Horizont der Zeit als Zeit der menschlichen Geschichte verstehbar. b) Geschichtliches Geschehen als Geschehen des Einzelnen als solchen gegenüber dem Geschehen in der Natur als dem Geschehen des Allgemeinen In bloßer Absetzung gegen die Kategorie der Substanz ist das geschichtliche Geschehen aber noch nicht hinreichend bestimmt. Denn Geschehen und die damit verbundene Beziehung zur Zeit gibt es auch in der Natur60. Auch die Prozesse in der Natur sind ausgezeichnet durch Werden und Vergehen. Veränderung und Wandel bestimmen ihr Sein. Sie sind nicht unveränderliches und starres Vorliegen, sondern unaufhörliches Geschehen, das sich in der Zeit
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vollzieht und mithin Zeit braucht. Auch als das immer Gleiche, sich ständig Wiederholende und rhythmisch Wiederkehrende ist die Natur geschehend und zeitlich bestimmt. Das geschichtliche Geschehen muß folglich nicht nur gegen ein Denken in der Kategorie der Substanz abgehoben werden, sondern es muß auch in seiner Verschiedenheit vom naturhaften Geschehen gesehen werden. Geschichtliches und naturhaftes Geschehen müssen in ihrer je verschiedenen in ihnen waltenden Zeitlichkeit unterschieden werden. Es wurde bereits betont, daß die Geschichte durchgehend durch Singularität bestimmt ist, während in der Natur das Allgemeine und Typische waltet. In ihr geschieht das immer Gleiche, das geschehend zwar Zeit braucht und in der Zeit abläuft, aber so, daß diese Zeit nur als Quantum vorkommt, als Zeitmaß, nicht aber als durch Einmaligkeit bestimmtes Datum. Ihre Zeitlichkeit ist daher die der Wiederholung des immer Gleichen und Allgemeinen und insofern Zeitlosen. Ihre Zeitlichkeit ist nicht die Zeitlichkeit des ursprünglichen Jetzt, in dem das unableitbar Einzelne und unvergleichlich Einmalige geschieht, sondern die Zeitlichkeit des Zeitlosen und insofern zeitlos Verfügbaren. Die rein quantitative Zeitlichkeit ihrer in sich zeitlosen Gestalten nivelliert das unvergleichliche und einmalige Jetzt der Zeit. Selbst in der Betrachtung der Natur in ihrem rhythmischen Wechsel der Jahreszeiten, in dem das gefüllte Jetzt in der Unverfügbarkeit und Unverwechselbarkeit der einzelnen Zeiten aufscheint, in dem es jetzt Frühling ist und jetzt die Zeit der Aussaat oder in dem jetzt Morgen und jetzt Abend ist, ist dieses Jetzt noch nicht auf die innere Spitze der Einmaligkeit gestellt und der Zeitlichkeit des Zeitlosen entronnen. Denn die unverwechselbaren Zeiten des Tages und ihre Sammlung in den Zeiten des Jahres der Natur sind als die rhythmisch wiederkehrenden Zeiten der Natur gerade als die immer gleichen und nicht unvergleichlich einzelnen und so gerade nicht als die als einmalig und als einzeln bedeutsamen Zeiten da, sondern nur als die gleichsam zeitlos zeitlichen Gestalten der Natur. In ihnen geschieht das zeitlos Gleiche und sich wiederholend Wiederkehrende. Ihre Zeitlichkeit ist die des in sich geschlossenen Kreises, der sich ständig, in seinen Anfang zurücklaufend, wiederholt. In der Zeitlichkeit der Natur sind Vergangenheit und Zukunft in die immer gleiche Gegenwart aufgehoben, denn in Zukunft geschieht das schon
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Vergangene und in der Vergangenheit geschah, was in Zukunft geschehen wird. Und auch in den Gestalten des ideal Geltenden ist die Zeit da nur als die Zeit der erfüllenden Aktualisierung des Allgemeinen und Zeitlosen, das in seiner Geltung unberührt und unabhängig ist von den in der Zeit sich entfaltenden Realisierungen61. Ihre Zeitlichkeit ist die Zeitlosigkeit des zeitlos Geltenden. In der Geschichte hingegen geschieht das Einzelne und in seiner Einzelheit Bedeutsame, das zeitlich betrachtet das Einmalige ist. Das Geschichtliche ist das Geschehen des Einmaligen als solchen, in ihm „geschieht die Einmaligkeit als solche“62. Die Zeitlichkeit des geschichtlichen Geschehens ist unverrechenbar verschieden von der der Natur und des ideal Geltenden. Es ist nicht ableitbar aus dem zeitlosen, zumindest aber zeitfernen Geschehen der Natur, das sich als dieses die Zeit in ihrer Zeitlichkeit nivellierende Geschehen nur als eine defiziente Form von Geschehen erweist. Denn indem das zeitlos Allgemeine, wenn auch in der Zeit, so aber doch in einer nur quantitativ bestimmten leeren Zeit geschieht, in der sie als Zeit unwesentlich ist, ist der für das Geschehen als Geschehen konstitutive Bezug zur Zeit nur vage und äußerlich. Der Bezug zur Zeit ist nur da als das das Geschehen äußerlich bemessende Maß, das selbst in das Geschehen als Geschehen nicht hineinreicht. Deshalb ist das geschichtliche Geschehen, in dem je das einmalig Einzelne geschieht, nur zu fassen als es selbst im Blick auf es selbst63. Nur im Blick auf das Geschichtliche selbst kann sich die eigene Seinsweise seines Geschehens enthüllen. Welte versucht, dieser Eigenart des geschichtlichen Geschehens näherzukommen durch den Hinblick auf seine ihm eigene zeitliche Struktur. Gegenüber der Zeitlichkeit der Natur will Welte in einer Phänomenologie der Zeitlichkeit des geschichtlichen Geschehens die spezifische Seinsweise des Geschichtlichen zum Vorschein bringen. c) Die Zeitlichkeit des geschichtlichen Geschehens Dem Blick auf das Geschichtliche zeigt sich, daß die Zeitlichkeit dem Geschichtlichen aufgrund seiner Gründung im menschlichen Dasein nicht wie der Natur nur äußerlich ist, sondern daß sie
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aufgrund der Innerlichkeit des Daseins dem geschichtlichen Geschehen innerlich und innerlich geöffnet ist. Die Geschichte ist das Geschehen, in dem die Zeit in das durch den Menschen konstituierte Auseinander und Ineinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft entfaltet ist. Das Geschichtliche vollzieht sich als Geschehen in der ekstatischen Einheit der Zeit, insofern es als Geschichtliches im zeitlich verfaßten Dasein des Menschen wurzelt. Das Geschichtliche als „Dasein inmitten“ ist „inmitten der Zeit“64 und insofern zeitlich bestimmt, als es seinen primären Ort in der Zeitlichkeit des menschlichen Daseins hat. Als eine wesentliche Dimension der Kontinuität des Geschichtlichen als des „Daseins inmitten“ erweist sich mithin die Zeit. Das geschichtliche Geschehen geschieht gegenüber dem naturhaften Geschehen, das in der Zeit abläuft, „inmitten der Zeit“. Es gilt nun, dieses in seiner gegenüber der Natur eigenen Zeitlichkeit zu sehen65. In der Vorlesung G 49/50 entwickelt Welte die Zeitlichkeit des Geschichtlichen am ausführlichsten und eindringlichsten66. Der Unterschied zu den späteren Vorlesungen, in denen die geschichtliche Zeitlichkeit in ihrer formalen Struktur nicht mehr in gleicher Weise als die Zeitlichkeit des Daseins entfaltet wird, wobei ‘Dasein’ nun als der Selbstvollzug des Menschen verstanden ist, sondern die Zeitlichkeit als das Ineinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft etwa als Herkunft, Schicksal, Sprache und als das Geschehen des geschichtlichen Miteinanderseins thematisiert wird, deutet wiederum in Richtung auf eine Verschiebung des Verstehens von Geschichtlichkeit und Geschichte, auf die im Vorhergehenden schon aufmerksam gemacht wurde67 und dort vorblickend als das Aufbrechen des Menschen als einzelner Person als alleinigem Grund und Träger von Geschichtlichkeit und Geschichte hin auf ein die Geschichtlichkeit des Menschen umgreifendes, gründendes und tragendes Geschehen als das Geschehen der Geschichte beschrieben wurde. Da die Entfaltung der Zeitlichkeit als die Zeitlichkeit des Daseins auch in ihrer tieferen Gründung gleichwohl konstitutiv für die Geschichtlichkeit bleibt und ihre Darstellung in der Vorlesung G 49/5068 Gültigkeit behält, soll sie im folgenden dargelegt werden.
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aa) Die innere Zweidimensionalität der Vergangenheit Einem ersten möglichen Hinblick enthüllt sich das Geschichtliche als das, was vergeht. Das „Dasein inmitten“ enthüllt sich „zeitlich bestimmt als Vergänglichkeit“69. Das Geschichtliche geschieht, indem es vergeht. Als Geschehen ist es ein Vergehen. Und nur, indem es vergeht, ist es das Einmalige70. Die Singularität des Geschichtlichen bestimmt sich zeitlich als Einmaligkeit. Darin aber unterscheidet es sich von einem bloßen Nacheinander eines Früher und Später, einer Kette von aufeinanderfolgenden Jetztpunkten im Sinne des aristotelischen Zeitbegriffs als des Maßes der Bewegung71, insofern das Geschehen des Geschichtlichen als ein Vergehen sein Ende bei sich hat. Es vollzieht sich als ein Enden und ein Vergehen ins Nicht-mehr-Sein. Dem Geschichtlichen ist das Vergehen innerlich, und nur insofern ist es vergänglich. Innerlich aber ist ihm sein Ende aufgrund der Innerlichkeit, in der der Mensch sich selbst erschlossen ist. Bloß Vorhandenes oder naturhaft Geschehendes ist als in und für sich verschlossenes weder vergänglich noch unvergänglich, denn sein Ende liegt ganz außerhalb seiner, und so geschieht es ganz außerhalb des Horizontes seines Endes und seiner möglichen Vergangenheit. Es hat keine Vergangenheit, weil es nicht vergeht im Sinne des Vorgehens in sein Ende. Vergehen als Moment des geschichtlichen Geschehens setzt die Differenz des Jetzt und des Nicht-mehr voraus und insofern ein gegenüber den einzelnen Jetztpunkten sich unterscheidendes Dauerndes, das sich über die Grenze der einzelnen Jetzt hinaus durchhält. Nur so ist geschichtliches Vergehen möglich, das alles in die Vergangenheit hinein entzieht. Hier zeigt sich schon die primäre Zugehörigkeit der Geschichtlichkeit zum Menschen als dem Wesen, das sich als sich erschlossenes Selbst endlich-zeitlich vollzieht und in seiner Zeitlichkeit dem blinden Verfallensein an das jeweilige Jetzt enthoben ist und so erst geschehend im Sinne des Geschichtlichen sein kann. Welte weist im Blick auf das geschichtliche Geschehen die innere Zweidimensionalität des Vergehens auf. „Es ist ein Entziehen und es ist ein Behalten in einem, ein behaltendes Entziehen oder ein entziehendes Behalten“72. Das geschichtliche Vergehen erscheint zunächst als ein Entziehen. Vergehend entzieht es alles in sein Nicht-mehr-Sein, sein Vergangensein, und konstituiert so Einmaligkeit.
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Durch seine Vergänglichkeit wird alles Geschichtliche einmalig. Das Vergehen entzieht jede Gegenwart in ihr Nie-mehr, in das Nicht-mehr der Vergangenheit. Indem alles in die Helle des zeitlich verfaßten Daseins gehoben ist, ist alles dem Vergehen anheimgegeben und entzieht sich alles, indem es gegenwärtig geschieht, vergehend in sein Vergangensein, in dem es nicht mehr ist und unverrückbar und unwiederbringlich entzogen bleibt. Indem es aber so in sein Nicht-mehr entzogen wird, ist es einmalig, denn „einmal nur war es“73. Als dieses entzogen Einmalige ist es aber in seiner Entzogenheit nur da, insofern es zugleich ein Behaltenes ist. Entzogenheit ist nur aufgrund der Behaltenheit des Entzogenen, denn als gänzlich entzogen wäre alles Vergangene nicht Entzogenes, sondern schlechthin nichts. Das Entzogene muß in seiner Entzogenheit, in seinem Nicht-mehr, noch irgendwie da sein, anwesen und also behalten sein, wenn es das Vergangene und Einmalige sein soll. Indem die Zeit als ein Vergehen und darin als ein Entziehen waltet, waltet sie in eins als ein Behalten. Vergangenes ist nur in einem Verhältnis zu Vergangenem, welches Verhältnis eine Weise des Anwesens und des Da dieses Vergangenen voraussetzt. Vergangenes als Vergangenes ist entzogen und behalten zugleich, es ist als entzogen behalten. Als in sein Nicht-mehr Vergehendes, als das sich alles Geschichtliche zeigt, geschieht es so, daß sein „Vergehen in sich ein Behalten ist“74. Das Vergehen, das alles Gegenwärtige in seine Vergangenheit entzieht, ist nur so denkbar, daß es das Entzogene als solches in einem Modus der Gegenwart und des Anwesens hält. Das Vergangene muß als Vergangenes zugleich in der Gegenwart anwesen und sein, „es ist gewesen, es ist also. Es steht im Sein“75. In seinem Gewesensein reicht das Vergangene in die Gegenwart, es ist in ihr da, aber so, daß es als das Entzogene anwest, das in seiner Entzogenheit zwar behalten, aber gleichwohl nicht verfügbar und wandelbar ist. Es ist „unantastbar“76 entzogen. In seinem Gewesensein steht es absolut im Sein, so daß es als Gewesenes nie ins Nichtsein übergehen kann. Als Gewesenes ist es Nicht-mehr-Sein und mithin Sein. Das als vergangen Entzogene ist als Gewesensein gegenwärtig und bestimmt so, was ist. Alles Vergangene entfaltet als Gewesenes seine Bestimmungsmacht in der Gegenwart.
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Welte unterscheidet die Gegenwart des Vergangenen von der Gegenwart des gegenwärtig Geschehenden als die „Gegenwart des Gründens“77. Das Vergangene als solches geschieht nicht noch einmal, denn es ist ja das Einmalige und Entzogene, aber als Gewesenes bleibt es Gegenwart als der die Gegenwart tragende und bestimmende Grund und dies unentrinnbar, weil als unantastbar Entzogenes behalten. Als das entzogen Behaltene waltet es gründend in der geschehenden Gegenwart, und insofern ist es einbezogen in das gegenwärtige Geschehen. Im Modus des Gründens der Gegenwart ist das Gewesene gegenwärtig und steht insofern, obwohl als Vergangenes unantastbar und unwandelbar, noch in der Unentschiedenheit und Wandelbarkeit alles Gegenwärtigen. In seiner entzogenen Einmaligkeit ist das Gewesene unantastbar, aber in seinem gegenwärtigen Gründen von Gegenwart ist es unabgeschlossen und unbestimmt. Die Weise, wie es je sein Gründen der Gegenwart in dieser entfaltet, liegt nicht nur an ihm selbst, sondern dies entscheidet sich im Geschehen der Gegenwart je urspünglich und neu, „indem jetzt auf Grund von jenem etwas Neues geschieht“78. Seine Unentrinnbarkeit als Grund geht einher mit dem Ausgeliefertsein des Modus der Entfaltung seines Gründens an die geschehende Gegenwart. Aber als Grund der je geschehenden Gegenwart ist das Gewesene unentrinnbar, und darin entfaltet es seine unaufhebbare Bedeutsamkeit79. Das Gewesene waltet und geschieht, und darin ist es bedeutsam. Indem es so gründend das Gegenwärtige trägt, ist es aber seinerseits gegründet und getragen von einer einstigen Gegenwart. Allein die Gegenwart gründet ein künftiges Gewesen. Gewesen sein kann nur, was einst in der Aktualität einer Gegenwart vergehend geschah. Welte spricht vom „Ring der Begründung“80, in dem Vergangenheit und Gegenwart in eine untrennbare Einheit gefaßt sind. Das Vergangene gründet als Gewesenes die Gegenwart, und die Gegenwart gründet als geschehende die Vergangenheit. Die Gegenwart gründet die Vergangenheit, indem sie zeitigt, was gewesen sein wird. Dies gilt auch in dem Sinne, daß die Gegenwart nicht nur immer neu noch nie Vergangenes gründet, sondern auch schon längst Vergangenes in der Entfaltung seines Gewesenseins je neu zeitigt. Das Zusammen von Gegenwart und Vergangenheit waltet als das Geschehen gegenseitigen Gründens und Gegründetwerdens. Die Gegenwart
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gründet die Vergangenheit, und diese als Gewesensein ist der Grund, auf den gegründet, jede Gegenwart je neu geschehen muß. Diese Zirkelhaftigkeit von Vergangenheit und Gegenwart, in der die Vergangenheit im Geschehen der Gegenwart gründend behalten bleibt, macht die Bedeutsamkeit des sich je in das Gewesensein hinein entziehenden Wesens der geschichtlichen Einmaligkeit aus. Die Zeitlichkeit allen geschichtlichen Geschehens, die alles Geschichtliche dem Vergehen anheimgibt, vereinzelt jedes Moment der Geschichte zum einmaligen, auf dem als gewesenem trotz, ja gerade aufgrund seiner Vergänglichkeit als sich behaltendem Entziehen eine Bedeutung liegt, die in der Gründung des Gewesenseins im Sein unvergänglich und unantastbar ist. In der Vorlesung W 62 spricht Welte von dem „unzerstörbaren Kristall“81, in den alles, was ist und daher einmal gewesen ist, unaufhebbar eingetragen ist. Was ist, wird immer gewesen sein. Und in dieser Absolutheit bleibt es in seinem präsentischen Vergangensein, seinem Gewesensein, gründend für immer bedeutsam. bb) Die innere Zweidimensionalität der Zukunft Der Ring der Begründung, welcher Vergangenheit und Gegenwart zusammenschließt, schwingt aber nicht in sich selbst, sondern ist nur möglich, indem er die Offenheit auf das Künftige als weitere Dimension in sich schließt. Der Zirkel des Begründens, den das Vergehen als In-eins von Entziehen und Behalten schließt, ist nur möglich, indem vom Künftigen her die Zeitigung von Gegenwart und Vergangenheit geschieht. Vergehen als Vorgehen ins Nicht-mehr ist nur möglich in der Öffnung auf das Noch-nicht, „die ausstehende Ankunft des Künftigen“82, denn was jetzt ist und als Vergehen waltet, wird vergangen sein. Dem Vergehen ist sein von ihm ereignetes Vergangenes zukünftig. Vergangenheit ist nur möglich in der Offenheit auf Künftiges. „Vergehen ist das Werden der Vergangenheit“83, es ist das Noch-nicht des Nicht-mehr und setzt als dieses Werden und dieses Noch-nicht Zukunft voraus. Um die Zukünftigkeit alles geschichtlichen Geschehens zu zeigen, öffnet Welte im Blick auf die Zeitlichkeit des Geschichtlichen einen zweiten Zirkel des Begründens84. Ist Vergangenes nicht denkbar ohne das Anwesen und die
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Gegenwärtigkeit des Entzogenen, mithin ohne Gegenwart des Vergangenen, so ist auch die Künftigkeit des Noch-nicht, die konstitutiv ist für das Nicht-mehr, nicht denkbar ohne die Gegenwart des Künftigen als solchen. Das Noch-nicht ist in seiner ausstehenden Künftigkeit gegenwärtig, denn das Künftige is t noch nicht. Gleichwie das Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart nicht das eines Nacheinander ist, so ist auch das von Gegenwart und Zukunft nicht ein Nacheinander, sondern ein dialektisches Ineinander. Auch in der Künftigkeit alles Geschichtlichen zeigt sich eine innere Zweidimensionalität wie in der Vergänglichkeit als entziehendes Behalten und behaltendes Entziehen. Das Künftige ist das Noch-nicht und als dieses das Entzogene und Ausstehende. Es ist das von sich her Sich-Zuschickende und Zukommende, das von keiner Gegenwart aus Herstellbare und Verfügbare. Wie das Vergangene ist es unantastbar und in seinem Walten unentrinnbar. In der Unentrinnbarkeit aber, mit der es kommt, ist das Künftige, obwohl „Ausstand“, „Einstand“ in die Gegenwart85. Es ist ausstehender Einstand und einstehender Ausstand. In dieser Doppelheit ihres Wesens gründet die Zukunft Gegenwart. „Ankommend“86 zeitigt sie Gegenwart. Sie gründet, was ist, indem sie das in sich birgt, was einmal sein wird und gewesen sein wird. Sie ist das noch Unentschiedene, das die Gegenwart in die Entscheidung drängt. Sie gründet in ihrem ausstehenden Einstand Gegenwart. Gleichwohl aber ist sie auch gegründet von der Gegenwart, insofern sie als künftig gegenwärtig noch nicht ist und insofern gegenwärtig entschieden wird, was vergehend gewesen sein wird. d) Die Endlichkeit der Zeitlichkeit als Grund von Geschichtlichkeit Das Gegründetsein der Gegenwart in der Zukunft aber hat eine Eigenart, die der Künftigkeit der Zukunft einen gegenüber den anderen Ekstasen der Zeit ausgezeichneten Charakter verleiht, der sich seinerseits auf diese bestimmend auswirkt. Diese Besonderheit der Künftigkeit ist ihre Endlichkeit. Diese meint nicht die innere Endlichkeit der Zeitlichkeit, die, indem sie endigt, die Ekstasen
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der Zeit geschehend gegeneinander abgrenzt, sondern sie meint die Weise der Endlichkeit, die die Künftigkeit als solche und nicht nur in ihrem Umschlag in der Zeitigung von Gegenwart in diese hinein endigt. Der Tod87 als das äußere Ende des Daseins endigt dieses und damit die Zeitlichkeit des Daseins überhaupt. Aufgrund der Helle und Innerlichkeit des Daseins, in der dieses sich selbst offen ist, ist der Tod aber nicht nur ein Ereignis am Ende des Daseins, sondern der Tod als Ende ist dem Dasein selbst innerlich und qualifiziert so auch dessen Zeitlichkeit. Der Tod kommt als das Ende des einzelnen Daseins nicht nur als ein Ereignis unter anderen in der Geschichte vor, sondern im Tod endet für dieses Dasein die Geschichte selbst, und die Entzogenheit und Wandellosigkeit der Vergangenheit wird endgültig. Für das geendigte Dasein ist die Vergangenheit endgültig und unantastbar auch in dem Sinne, daß deren Gründen von Gegenwart keine Möglichkeiten mehr offenläßt, da auch Gegenwart und Zukunft im Tod zu Ende sind. Wird der Tod nur von außen betrachtet als ein Ereignis in der Geschichte, über das die Geschichte je hinweggeht, so ist er als Ende der Zeitlichkeit nicht wirklich. Dort, wo er geschieht, endet mit dem Dasein das Ganze von Zeit und Geschichte88. Als Ende der Geschichte ist der Tod von allen anderen Ereignissen in der Geschichte dadurch ausgezeichnet, daß er rein künftig ist. Denn ist er, so ist weder Zukunft noch Gegenwart, noch Vergangenheit. Er endigt das Ganze der geschichtlichen Zeitlichkeit. Der Tod, insofern er geschieht, ist nie gewesen, denn er ist das Ende von Geschichte. „Er ist das Künftige kat’ exochen“89. In seiner reinen Künftigkeit liegt die Absolutheit seines Endens. Als Künftigkeit aber ist er wie alles Künftige nicht nur Ausstand, sondern als Noch-nicht Einstand und Ankunft. Er betrifft das gegenwärtige Dasein. Als reine Künftigkeit, die ankommend als Enden der Zeitlichkeit überhaupt waltet, bedeutet der Tod nicht nur das äußere Ende des Daseins und damit das Ende von Zeit und Geschichte, sondern er verändert die Seinsart der Zeitlichkeit überhaupt. Er qualifiziert sie als künftiges und also in die Gegenwart einstehendes Ende als endlich in dem Sinne, daß die geschichtliche Zeitlichkeit nicht nur je ein äußeres Ende hat, sondern endlich ist, indem sie als endliche geschieht90. Der Tod verändert die Seinsweise des geschichtlichen Geschehens, indem er jeden Moment innerlich als endlich bestimmt. Er steht nicht am Ende, sondern er
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qualifiziert jeden Augenblick als endlich. In jedem Augenblick schwingt die Drohung des Endes als des absoluten Endes, das nicht nur den einzelnen Augenblick endigt und vergangen macht, sondern das alle vergangenen Augenblicke in ihrem Gründen endgültig und alle als künftig denkbaren als nichtig verschlingt. Durch die innere Endlichkeit der Zeitlichkeit lastet auf jedem Moment das Gewicht der Vergänglichkeit, und zwar nicht nur der Vergänglichkeit der dahinfließenden Zeit in der Entfaltung ihrer drei Ekstasen, sondern der Vergänglichkeit als das Enden von Zeit überhaupt. Indem der Tod ausstehend, aber in seinem Ausstand ankommend waltet, ist die Zeit von ihrem Ende bedrängt und wird so zur drängenden Zeit91. Nun erst ist es Zeit92 und ist das Jetzt je ganz wirklich, weil je jetzt der Tod als das Ende aller möglichen Jetzt droht. Der Tod erst qualifiziert die Einmaligkeit je jeden Jetzt als bedeutsame und „wesentliche Einmaligkeit“93. Was geschieht, geschieht durch die Ankünftigkeit des Endes so einmalig, daß die Einmaligkeit auf sich selbst gestellt ist. Nun steht auf jedem einmaligen Jetzt die Schwere der Endgültigkeit, in der das Dasein einmal endgültig geendet sein wird und in der in eins damit auch die Bedeutsamkeit des jeweiligen Jetzt und so aller Jetzt zusammen unantastbar endgültig sein wird. Darin erst wird das Gewicht der geschichtlichen Einmaligkeit gegenüber der bloß formalen Einmaligkeit in der Natur deutlich, in der zwar alles einmalig geschieht, aber so, daß diese Einmaligkeit als solche „gleichgültig“ und „unwesentlich“ ist94. In der Natur ist es immer und nie Zeit, aber nie ist es jetzt und nur jetzt Zeit, denn jeder Vorgang ist gerade betrachtet als der immer sich wiederholende oder beliebig wiederholbare, auf den immer neu und beliebig zurückgekommen werden kann. Durch den Tod aber als Ende von Zeit und Zeitlichkeit überhaupt ist jeder Augenblick als ein einzelner eingefordert. Nun ist jedes Jetzt beschwert mit Endgültigkeit und dadurch erst wirklich einmalig, weil in ihm das Ende als Ende des Ganzen der Zeitlichkeit schwingt und anwest. Erst durch den Tod als Ende der Zeitlichkeit überhaupt wird die zeitliche Einmaligkeit zur geschichtlichen Einmaligkeit, d.h. zur Einmaligkeit, die als solche bedeutsam ist. Damit ist mit dem Tod als Endlichkeit der Zeitlichkeit ein wesentliches Moment erreicht, das Geschichte als Geschichte erst möglich macht. Erst die Endlichkeit in dem Sinne, daß das Vergehen, welches das Geschehen der Zeitlichkeit auszeichnet,
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selbst vergeht und endet,95 konstituiert Geschichtlichkeit96. Ohne Ende wäre das Dasein zwar zeitlich, aber nicht eigentlich geschichtlich verfaßt. Denn für ein zeitlich endloses Wesen wäre die Vergangenheit nicht als Gewesenheit bedeutsam, die Gegenwart nicht das Jetzt, in dem das Endgültige sich entscheidet, und die Zukunft nicht das bedrängende Ankommen des Endes. „Erst wenn man diese eigentliche Einmaligkeit alles Geschichtlichen wahrgenommen hat, welche erst durch das Anstehen des Endes hervorgebracht wird, dann vermag man die Spitze der Endlichkeit zu erblicken, auf der alles Geschichtliche steht“97. In der Geschichte „steht alles auf der Spitze des einen Mals“98, und zwar so, daß nicht nur die einzelnen Jetzt als einmalige bedeutsam sind, sondern auch so, daß durch den Tod das Ganze des Daseins einmalig und als einmalig bedeutsam ist. Die Geschichte geschieht nicht nur wie alles Geschehen, auch das der Natur, indem es vergeht, sondern sie geschieht als vergehendes Vergehen. Durch die Künftigkeit des Todes wird das Dasein ganz, und als ganzes wird es wie jeder Augenblick einmal für immer vergangen sein. Daher liegt auf jedem vom Ende durchwalteten Jetzt das Gewicht des Ganzen des Daseins. Dieses qualifiziert und durchwaltet jeden Augenblick. Von ihm her muß sich die Eigenart der geschichtlichen Bedeutsamkeit weiter klären lassen. Denn die Bedeutsamkeit des Einzelnen als solchen, die die geschichtliche Einzelheit auszeichnet und die durch die Endlichkeit der Zeitlichkeit des Daseins erst eigentlich in ihrer Schärfe hervortritt, ist noch nicht in ihrer Bedeutsamkeit als solcher offenbar. Die Endlichkeit zeigt sich zwar als das die Einzelheit und Einmaligkeit in ihrer Bedeutsamkeit steigernde, aber dies ist doch nur so denkbar, daß die Bedeutsamkeit eine von der als einmalig qualifizierenden Endlichkeit der Zeitlichkeit unterschiedene Quelle hat. Denn wäre die Endlichkeit als Endlichkeit bedeutsam, so wäre ja jedes Geschehen, das zeitlich als Vergehen und mithin innerlich endlich geschieht, bedeutsam und die besondere Bedeutsamkeit des geschichtlich Einmaligen wäre nicht verstehbar. Von daher zeigt sich, daß die endliche Zeitlichkeit nur ein „leeres Schema, eine Rahmenstruktur“99 ist, die erst durch ein sie Erfüllendes, das die Bedeutsamkeit trägt, ihren steigernden und verschärfenden Charakter entfalten kann. Einmaligkeit, die Zeitlichkeit als solche auszeichnet, wird auch als betonte Einmaligkeit einer durch den Tod äußerlich endlichen Zeitlichkeit nicht bedeutsam,
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es sei denn, in ihr geschähe an sich selbst Bedeutsames. Bevor der Gang der Untersuchung dies zu enthüllen sucht, soll die Zeitlichkeit des Geschichtlichen zunächst noch weiter entfaltet werden. e) Die Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit Es ergaben sich zwei Zirkel des Begründens, der von Vergangenheit und Gegenwart und der von Gegenwart und Zukunft. Indem sich aber zeigt, daß der erste Zirkel nur aufgrund der Künftigkeit der Zeitlichkeit möglich ist, so enthüllt sich darin die Einheit der Zeitlichkeit. Die zwei Zirkel liegen nicht nebeneinander, sondern sie sind nur als der eine Zirkel der einen Zeit selbst. Die Zeitlichkeit ist nur als die Einheit der drei Ekstasen. Jede Ekstase ist nur so da, daß in ihr je alle Zeithorizonte als das Ganze der Zeitlichkeit da sind100. Die geschichtliche Zeitlichkeit ist nur als innere, in sich erstreckte Erstreckung möglich, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in ein Eines gezeitigt sind. Das geschichtliche Geschehen ist in seiner Zeitlichkeit nur als das als entzogen-behaltenes Gewesensein das ausstehend-ankünftige Ende gegenwärtigende Eine und Ganze der Zeit. Die Geschichte ist als in sich erstreckte endliche Erstreckung der Zeitlichkeit nur als Zeitigung des Einen der auseinandergefalteten Zeit101. Und so zeigt sich im Blick auf das geschichtliche Geschehen eine gegenüber allem anderen Geschehen eigentümliche zeitliche Struktur, so daß erst von hier aus deutlich wird, „wieso geschichtliches Geschehen erst eigentliches Geschehen genannt zu werden verdient...“102. Die geschichtliche Zeitlichkeit ist die in sich erstreckte Erstreckung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Welte betont die Einheit der Zeitlichkeit so, daß er keiner Ekstase der Zeit einen besonderen Rang im Sinne einer die ganze Zeitlichkeit gründenden Bedeutung zuweist. Ist die Vergangenheit als Gegenwart und Zukunft gründendes „Gewesensein die mächtigste“, so die Gegenwart als die je ursprüngliche Zeitigung die anfänglichste und die Zukunft als ankommende und drängende die „für unser Erleben aktuellste“103. Einzig in der Aktualität der Künftigkeit, aus der die Zeit sich je neu zeitigt und dem Geschehen
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je einen Zeitraum offenhält, sieht Welte die „primärste Dimension der Zeit“104, dies aber nicht im Sinne eines zeitlichen Prius, sondern nur im genannten Sinne der Aktualität, in dem Sinne, daß sie dem Dasein als sich in seinem Sein vollziehend und in das Offene der Zukunft hinein sich entwerfend am unmittelbarsten ist, unmittelbarer noch als die Gegenwart, deren Erleben und Entscheiden ja je von dem Entwurf ins Künftige getragen ist. Diese Künftigkeit aber wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht als künftig in der Gegenwart anweste und sich ankünftig je ursprünglich in die Vergangenheit entzöge105. f) Geschichtliches Geschehen als das Geschehen von Anfänglichkeit, Gegenwärtigung und Neuheit Geschieht Geschichte als Geschehen der Einheit der endlichen Zeitlichkeit, so geschieht sie je als die Zeitigung von Gegenwart „auf dem Grunde des Einstigen und im Hinblick auf das Künftige. Das Geschehen der Geschichte ist Zeitigung, es geschieht je und je zu seiner Zeit in der Entfaltung einer Gegenwart im Einbezug aller Dimensionen der Zeit“106. Das Geschichtliche geschieht mithin als das Gegründetsein vom und das Grundnehmen im Gewesenen107. Es geschieht als die Herkunft aus dem Gewesenen. Das Gegenwärtige baut sich an und entfaltet sich auf dem Boden vergangenen Welt- und Selbstverständnisses. Es übernimmt darin Deutungen und Deutungsmöglichkeiten des Ganzen von Welt und Geschichte. In der Gegenwärtigkeit ihres Gründens ist deshalb im Bereich der Geschichte die Vergangenheit bedeutsam. Sie ist die Herkunft, welche die Gegenwart herkünftig bestimmt. Am Phänomen der Sprache108 zeigt sich die Macht des Gründens des Gewesenen als Herkunft eindringlich. Die Sprache ist nicht vorliegender Bestand, sondern „Geschehen des Sprechens“, „Geschehen des Gesprächs“109, und so ist sie zunächst die Sammlung des Vergangenen, das in ihr weiterwirkt. In ihr sammeln sich Erfahrungen, Vorstellungen, Deutungen und Entscheidungen vergangener Generationen, prägen sich bestimmend in sie ein und wirken gründend in die Gegenwart der Generation, die diese Sprache als Erbe übernimmt und in ihr ihr Dasein versteht, deutet und ausspricht. In der Sprache spricht das Vergangene, und insofern ist es nicht das in historischem Sinne Vergangene, sondern „das Gewesene,
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d.h. das aus seiner Vergangenheit noch Anwesende und sich Gegenwärtigende“110. Insofern das Vergangene das gründend Gewesene ist, ist das Gegenwärtige das herkünftig Gegründete. Dieses geschichtliche Gründen und Gegründetsein geschieht aber nicht im Sinne kausaler Ursache- und Wirkungs- oder logischer Bedingungs- und Folgeverhältnisse, sondern es geschieht auf dem Grunde der geschichtlichen Zeitlichkeit als der Einheit der Zeit. Das Vergangene ist nicht das bloße Nicht, sondern es ist das Nicht-mehr, das als dieses gegenwärtig ist. Es ist das Gewesene, das als Herkunft die geschehende Gegenwart gründet111. Dieses Gründen der Gegenwart aber geschieht als geschichtliches so, daß es als Gewesensein selbst gegründet ist von der jeweiligen Gegenwart als der je neuen Zeitigung aller Dimensionen der Zeit. Das Gewesene ist als Gewesenes gegenwärtig, und nur insofern ist es gewesen. Gewesenes ist nur, insofern die Gegenwart je ein Gegenwärtiges zeitigt112. Nur in der Gegenwärtigung der Gegenwart ist Gewesensein als das Walten der Herkunft möglich. Die Gegenwart gründet zwar im Gewesenen, aber in ihrer Gegenwart entspringt sie je anfänglich und neu113. Die Gegenwart ist in ihrem Gegründetsein im Gewesenen je gezeitigt, aber als Gegenwärtigung ihrer Gegenwart gleichursprünglich zeitigend, und insofern ist alles Geschichtliche in eins Ergebnis und Anfang, das Alte und das Neue, Folge und Grund114. Das Geschichtliche ist das Geschehen des je Anfänglichen. Das geschichtlich Einzelne und Einmalige ist, indem es anfänglich geschieht. Als Geschehen waltet die geschichtliche Einzelheit als Anfänglichkeit, Gegenwärtigung und Neuheit. Hier zeigt sich, wie von der Betrachtung des Geschichtlichen als Geschehen gegenüber der Entfaltung der geschichtlichen Einzelheit als Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit in der Vorlesung G 49/50, welche Bestimmungen im Blick auf die Spannung des geschichtlich Einzelnen zur Allgemeinheit des Begrifflichen und Gattungsmäßigen gewonnen wurden und welche Spannung letztlich in der ungreifbaren Ursprünglichkeit des Selbstseins der Person gründet, nun neue Bestimmungen in den Vordergrund treten, welche die geschichtliche Einzelheit vom Geschehenscharakter des Geschichtlichen her entfalten und die Ursprünglichkeit als die Ursprünglichkeit des Selbstseins und die darin begründete Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit in die Kategorie des spezifisch geschichtlichen Geschehens übersetzen. Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit
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als Beschreibungen des begriffslosen, je sui generis seienden geschichtlich Einzelnen kehren nun in der Betrachtung des Geschehenscharakters des Geschichtlichen als Anfänglichkeit und Gegenwärtigung wieder. Setzt so die Vorlesung G 49/50 in der Bestimmung der Unableitbarkeit der geschichtlichen Einzelheit als des Begriffslosen gleichsam auf der Ebene der Metaphysik an als dem Versuch, alle Wirklichkeit auf den Begriff zu bringen115, so deutet sich in der Gründung der Unableitbarkeit des geschichtlich Einzelnen in der Anfänglichkeit des Geschehens die Öffnung des Denkens in einen neuen Horizont an. Die Gegenwart ist gezeitigt-zeitigend, und insofern ist sie nie bloß Wirkung des Vergangenen, sondern sie ist, anfänglich geschehend, unverrechenbare Neuheit. Im Entspringen von Gegenwart entspringt je das Unvorhersehbare, das „noch niemals war“116 und „das es noch nie gab“117, das nur als das je anfänglich sich Gegenwärtigende hingenommen werden kann. In der Anfgänglichkeit der Gegenwart entspringt die unableitbare und unvergleichliche Einzelheit alles Geschichtlichen. In der sich gegenwärtigenden Zeitigung der Gegenwart ist ein Raum von Anfänglichkeit und mithin von Freiheit eröffnet. Das Grundnehmen im Gewesenen geschieht gegenwärtigend und insofern anfänglich und frei118. Das Gewesene als Herkunft ist Herkunft einer sich anfänglich zeitigenden Gegenwart und als solche „Herausforderung“ und „Frage“119. Die Gegenwart ist nicht einfachhin Weiterwirken des Vergangenen, sondern sie gibt in ihrer Anfänglichkeit auslegend und aneignend „Antwort“120. Sie ist „auslegende Anverwandlung“121. Die geschichtliche Gegenwart nimmt, herkünftig gezeitigt, zeitigend je neu und anfänglich Grund im Gewesenen. Ihre Möglichkeiten entspringen im Gewesenen, und sie ist als sie selbst nur, indem sie diese Möglichkeiten, die ihr aus ihrer Herkunft zuwachsen, als die ihren übernimmt122. Auf dem Grunde des gezeitigten Zeitigens und so auf dem Grunde der Freiheit erwachsen allererst verschiedene Modi der Stellungnahme der je geschichtlichen Gegenwart zum Gewesenen. Diese Stellungnahme kann etwa in revolutionärem Absprung vom Gewesenen erfolgen, im Vergessen des als Herkunft Unvergeßlichen, weil unentrinnbar Behaltenen, in bloß musealer Sammlung des Vergangenen, in unkritischer Identifikation mit dem Vergangenen oder in bewahrender Suche nach der eigenen Herkunft im Standnehmen im anfänglich Gegenwärtigen. In allen
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solchen Stellungnahmen zum Vergangenen zeigt sich die unabtrennbare und unüberspringbare Beziehung der Gegenwart zum Gewesenen, ihr Gegründetsein durch sie, zugleich aber die Gegenwärtigung und die Anfänglichkeit der Gegenwart in ihrem Grundnehmen im Gewesenen als Anverwandlung und Aneignung. Die anfängliche Zeitigung der Gegenwart aber geschieht je ins Offene und ankommend Ausstehende der Zukunft123. Die Gegenwart zeitigt sich, indem sie von der aus der Zukunft ankommenden Zeit gezeitigt wird. Sie steht als solche unter dem Vorblick auf die unverfügbar aus der Zukunft sich zuschickende Zeit, die ihr allererst den Spielraum ihrer Entwürfe eröffnet und die die Realisierung und den Erfolg ihrer Entwürfe birgt und entscheidet. Das Künftige ist wie das Vergangene nicht das bloße Nicht, sondern das Noch-nicht, in welchem Noch die Gegenwärtigkeit des Ausstandes der Zukunft sich anzeigt. Auch die Zukunft ist wie die Vergangenheit in ihrer Gewesenheit als herausfordernder und fragender Grund Moment der Gegenwart. Die Anverwandlung des Gewesenen lebt von einem Entwurf und einem Bild dessen, was, jetzt gewollt, zukünftig sein soll oder was, jetzt befürchtet, zukünftig abgewendet werden soll. Die Gegenwart lebt mithin auf dem Grunde des Gewesenen in der Freiheit auslegenden Entwurfs ins Künftige. Der Entwurf ins Künftige als gleichursprüngliches Grundnehmen im Gewesenen vollzieht sich mithin wie dieses in mannigfaltigen Modi, etwa der die Gegenwart und die Herkunft einbeziehenden Hoffnung oder der sie leugnenden Illusion, der förderlichen Sorge oder der lähmenden Beklemmung vor dem Kommenden, dem auf die Zukunft hin offenen Entwurf oder der der Zukunft verschlossenen Erstarrung im Vergangenen oder Gegenwärtigen. Gezeitigt zeitigend zeitigt das Geschichtliche je das Ganze der Zeit. Darin zeitigt es den je anfänglichen Umschlag der ankommenden Künftigkeit in die behaltene Entzogenheit der Gewesenheit. Das geschichtliche Geschehen ist so das „beständige Umschlagen: vom Künftigen über das Gegenwärtige ins Gewesensein“ und „das beständige Winken und Herausfordern: vom Gewesensein über die Gegenwart ins Künftige hinein“124. Es ist aufgrund der Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit beides zugleich, das Gründen der Zukunft über die Gegenwart ins Gewesene und das Gründen des Gewesenen als Herkunft über die Gegenwart ins Künftige.
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Als das „beständige Umschlagen“ ist das geschichtliche Geschehen je anfänglich und neu und dies auch dort, wo es in die Gewesenheit umschlägt, denn als Gewesensein ist alles vergangene Geschehen gegenwärtig und geschieht als das Gründen von Gegenwart in der anfänglichen Gegenwärtigung der Gegenwart je neu in der das Gewesene abstoßenden oder annehmenden, in beidem aber gleichwohl aneignenden Anverwandlung. Das „beständige Umschlagen“ zeigt ein Kontinuierliches an, dessen Kontinuität in der Diskontinuität der Anfänglichkeit je jeder Gegenwart erwirkt wird. Hier zeigt sich von der Zeitlichkeit des Geschehens her ein Ineinander von Diskontinuität und Kontinuität, wie es schon vorher als Wesensmoment des Geschichtlichen offenbar wurde125. In der Anfänglichkeit der geschichtlichen Zeitlichkeit liegt begründet, daß das geschichtliche Geschehen überall Anfang ist. Als dieser Anfang ist das Geschichtliche das je Diskontinuierliche und insofern Singuläre. Insofern aber die anfängliche Gegenwärtigung des je Gegenwärtigen als „beständiges Umschlagen“ in eins das Ganze der Zeit zeitigt, ist das Anfängliche nur als das Kontinuierliche anfänglich. Es ist nur als das von der Zukunft her Ankommende und in die Gewesenheit Sich-Entziehende. Nur als das Sein „inmitten der Zeit“126 ist es das Anfängliche und als dieses das je einmalig Einzelne. In der Anfänglichkeit des Geschichlichen liegt nun aber auch, daß das geschichtliche Geschehen als geschichtliches nicht in die Allgemeinheit einer metaphysisch verstandenen je neuen Wesensverwirklichung und auch nicht in die Allgmeinheit einer sich geschichtlich entfaltenden Idee im Sinne Hegels aufzulösen ist. In der Geschichte geschieht je das unverrechenbar und unverfügbar Anfängliche und Neue, das „noch niemals war“127 und das daher aus keinem Allgemeinen deduziert oder in einem Begriff als es selbst spekulativ entfaltet und gewußt werden kann. Das Geschichtliche kann daher nicht metaphysisch im Sinne der zeitlichen Erscheinung eines allgemeinen und zeitlosen Wesens konstituiert und begriffen werden, denn es ist das, „das es noch nie gab“128. Mit dem Durchdenken des Geschichtlichen mit Hilfe der Kategorie des spezifisch geschichtlichen Geschehens ist die Kategorie gewonnen, die das überlieferte Kategoriensystem der Metaphysik aufzubrechen beginnt und von der aus das Abrücken vom metaphysischen Denken im Sinne Weltes, wie es sich schon in der Entfaltung der
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geschichtlichen Einzelheit als des Begriffslosen und Unableitbaren in der Vorlesung G 49/50 und in den Hegelvorlesungen andeutet129, nun seinen eigentlichen Boden gewonnen hat, von dem aus sich ein neues Denken entfalten kann. g) Erste Zusammenfassung einer sich andeutenden Wandlung im geschichtsphilosophischen Denken Weltes Vor dem Weitergehen scheint es angebracht, auf die Verschiebung im Denken Weltes, die sich schon verschiedentlich angedeutet hat, zusammenfassend hinzuweisen. Diese Verschiebung zeigt sich schon äußerlich in der Sonderstellung, die die Vorlesung G 49/50 hinsichtlich ihrer Feingliederung aufweist, in der die Geschichte in den zwei Dimensionen der transzendierenden Tiefe und der immanenten Breite der entscheidenden Augenblicklichkeit entfaltet wird. Diese Gliederung ergibt sich aus der Entfaltung von Geschichtlichkeit und Geschichte aus dem menschlichen Dasein als endliche, aber unendlich bestimmte Person. Darin spielt der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte, der in den späteren Vorlesungen immer deutlicher durchbricht, noch keine Rolle. Eine eingehende Darlegung dieser Entwicklung wird erst möglich sein, wenn das epochale Wesen der Geschichte in dieser Untersuchung dargestellt wird. Alle gemachten Beobachtungen gründen letztlich in der sich wandelnden Sicht des Geschichtlichen überhaupt und werden von daher verständlich. Vorgreifend kann dieser Wandel so beschrieben werden, daß das gleichsam zweipolige Geschehen der Geschichte, dessen einer Pol der geschichtliche Mensch und dessen anderer Pol das Unendliche und Absolute ist, das den Menschen innerlich bestimmt und bewegt, das aber in sich jedem Wandel entzogen ist, so daß Geschichtlichkeit und Geschichte sich nur auf seiten des Menschen zutragen, in der Weise gesprengt wird, daß das Geschehen immer mehr als vom bisher als unwandelbar in sich ruhend betrachteten zweiten Pol her ereignet und begründet gedacht wird. Er ist nicht mehr das vom Geschehen unberührte Jenseits des Geschehens, sondern das Ereignen und Gründen des Geschehens selbst. Von daher erweist sich die betonter werdende Stellung des Geschehenscharakters des Geschichtlichen als konsequent, und die Verschiebungen und veränderten Weisen des Sagens, die sich bisher gezeigt haben,
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werden verständlich. Es wird sich zeigen, daß dieser Vorgang nicht als ein Bruch beschrieben werden kann, sondern als eine Entfaltung, ein Aufbrechen und Aufsprengen des im Anfang Gedachten auf ein Neues hin, dies aber so, daß das Anfängliche aufgehoben und integriert bleibt. So wird der Gedanke der Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit und Unvergleichlichkeit des geschichtlich Einzelnen als des Begriffslosen in der Vorlesung G 49/50 schon ab der Vorlesung G 54 weiter gedacht und entfaltet zur Anfänglichkeit, Gegenwärtigung und Neuheit des geschichtlich Geschehenden, was gleichursprünglich einhergeht mit einem In-den-Vordergrund-Treten des Geschehenscharakters des Geschichtlichen gegenüber der Vorlesung G 49/50 in Abhebung von den Kategorien der Vorhandenheit und des naturhaften Geschehens. Es ist ein wechselseitiger Vorgang. In ähnlicher Weise, die aus demselben Wandel des Gedankens genährt ist, wird das geschichtlich Einzelne als das „Dasein inmitten“ nun als dialogisch geschehendes Ineinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Geschehen von Herausforderung und Anverwandlung, Zuspruch und Antwort gedeutet. In diesen gedanklichen Weg gliedern sich, aus derselben Quelle fließend, das Zurücktreten der Entfaltung der Zeitlichkeit als der Zeitlichkeit des Daseins und das In-denHintergrund-Treten der Analyse des Todes ein. Gleichwohl aber bleiben die zurücktretenden Gedanken mit gedacht. Der Mensch als endliche Unendlichkeit, als Person und Selbst, der in der Endlosigkeit des Endlichen seinen unendlichen Bezug realisieren muß, bleibt bestimmend und tragend für die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen als Geschichtliches, seine zeitliche Verfaßtheit bleibt der Ort der Zeitigung der geschichtlichen Zeit. Nur ist er nicht mehr in sich verschlossen, sondern er und seine Geschichtlichkeit werden mehr und mehr als in einem grundgebenden, das Geschehen selbst ereignenden ursprünglicheren Geschehen gegründet gedacht. Und so wird vieles, was vorher zur Geschichtlichkeit gesagt wurde, nun anders, aber gleichwohl nicht widersprechend gesagt. Von daher bleibt auch die Entfaltung der Geschichtlichkeit vom Menschen als seinem endlich personalen Grund her bedeutungsvoll. Der Mensch ist das primär geschichtliche Wesen, indem er der Ort ist, in dem sich die Zeit als das Ganze der geschehenden Zeitlichkeit zeitigt. Nur indem der Mensch geschieht, geschieht Geschichte. Der Mensch ist als der Ort, in dem Geschichte da ist,
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und nur aufgrund dessen ist der Mensch in der Geschichte da130. Deshalb soll nun zunächst der Mensch als der personale Grund der Geschichte näher betrachtet werden. 4. Personalität a) Person als „Bei-sich-sein“ Die Person131 ist dadurch gekennzeichnet, daß sie sie selbst ist. Sie ist sich selbst erschlossen und hell. Sie ist für sich bei sich selbst. Sie ist „Bei-sich-sein“132. Da die Geschichte ihren Ort im seinsverstehenden Dasein hat, ist sie im Menschen als Person bei sich. Nur indem die Person bei sich ist, ist geschichtliche Zeitlichkeit als die in sich erstreckte Erstreckung der Einheit der Zeit möglich. Das Bei-sich-sein der Person entzieht den geschichtlichen Augenblick dem blinden Verfallensein an das jeweilige Jetzt und versammelt ihn, indem es ihm die Vergangenheit als entzogen-behaltenes Nicht-mehr und die Zukunft als ausständig-ankommendes Noch-nicht öffnet, in den Zeitspielraum der einen geschichtlich geschehenden Zeit. Geschichte hat somit immer und überall einen personalen Grund. Diese Tatsache wirft, was noch zu untersuchen sein wird, ein neues Licht auf die geschichtliche Einzelheit und Ein-maligkeit und deren Bedeutsamkeit. Das Bei-sich-sein und Selbstsein der Person zeigt sich nun aber als sich jeder Bestimmung und jedem Zugriff entziehend133. Denn wie auch immer die Person definiert werden mag, sei es philosophisch, psychologisch, physiologisch, biologisch oder wie sonst, bei allen derartigen Bestimmungen zeigt sich, daß immer eine Differenz bleibt, kraft derer die Person jeder Definition immer gegenüber bleibt und Stellung zu dem nehmen kann, was Anspruch erhebt, sie eindeutig zu bestimmen. Immer bleibt eine Differenz, die zeigt, daß die Bestimmungen nie die Person als Person treffen. Diese Differenz kann auch nicht dadurch übersprungen werden, daß jede Person sich selbst als Person definiert, denn auch dann bleibt die Differenz und das Gegenüber von Person als definierender und als zu definierender. Diese eindrucksvolle Einsicht Weltes in die absolute Ungreifbarkeit und Unerreichbarkeit der Person als Selbst, die er im Bild der Unbetretbarkeit einer „kristallenen
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Burg“134, eines „kristallenen Felsens“135 oder auch einer „kristallenen Kugel“136 ins Wort zu bringen sucht, impliziert als ihr Gegenstück, daß die Person weder objektivierbar noch funktionalisierbar ist. Sie kann darum nie Mittel sein137. Diese Nicht-Funktionalisierbarkeit ist ontologisch, im Sein der Person, verankert und gilt daher absolut138. Die absolute Selbstgehörigkeit der Person hat auch Folgen für das Verständnis der Geschichte. Menschen gehen kraft ihres Personseins nie einfach in geschichtlichen Bewegungen, Strömungen und Geschehnissen auf oder können für bestimmte Ziele funktionalisiert werden. Und auch ihre Zusammenfassung in Gruppen, Stände, Schichten, Gesellschaften und Staaten ist für die historische Betrachtung zwar unausweichliche Generalisierung, die aber vom Personsein je jedes Einzelnen gerade abstrahiert. Jede historische Betrachtung muß sich trotz dieser unerläßlichen Verallgemeinerungen bewußt bleiben, daß der je Einzelne als Person und damit das Geschichtliche selbst darin nie völlig er- und begriffen ist. Die Person ist als sie selbst ungreifbar und unbegreifbar. Jede Person ist nur sie selbst, und insofern ist sie unvertretbar139 und unvergleichlich140. Die Person ist gekennzeichnet durch Exklusivität141. Und insofern das Geschichtliche im menschlichen Dasein als Personsein seinen Ort hat, wirft dies ein neues Licht auf die Seinsweise alles Geschichtlichen. Im Personalen gründend, gründet es überall in der Exklusivität, Unvertretbarkeit und Unvergleichlichkeit je jedes Selbst, und die Bedeutsamkeit seiner Einzelheit erhält von daher ihren Sinn. „Das nie verallgemeinerbare personale Selbst ist der eigentliche und positive Grund, warum das Einzelne als solches das Wichtige ist, dies ist der eigentliche Gehalt dieser Einzelheit“142. b) Person als transzendierend-transzendentale Relationalität143 und Ereigniskategorie Person ist nicht nur Bei-sich-sein, sondern sie ist als dieses gerade auch Offenheit und Bezüglichkeit auf Welt und Mitperson. Sie ist als Bei-sich-sein in eins „beim anderen sein“, „universal-transzendierend sein“, „unbegrenzt selbst sein“144. Die Vorlesung W 51 entfaltet das Personsein gerade in dieser Zweieinheit von
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„transzendentaler Selbstgehörigkeit“ und „transzendentaler Offenheit“145. Person ist nicht nur Beisich-sein, sondern sie ist, indem sie bei sich ist, in eins beim anderen ihrer. Und so ist ihr Bei-sichsein näher zu kennzeichnen als „universales Bei-sich-sein“146, d.h., Person ist bei sich, sie ist sie selbst in allen möglichen Beziehungen, und deshalb kann sie in keine denkbare Beziehung nur als Mittel eingehen. Sie ist als universales Transzendieren unbegrenztes Selbstsein, und nur als diese Rückbezogenheit auf sich selbst steht sie in Beziehungen und Verhältnissen zu anderem, beides ist nur zugleich und in eins. Nur weil sie unbegrenzt bei sich ist, ist sie auch unbegrenzt über sich hinaus, und nur weil sie unbegrenzt über sich hinaus ist, kann sie allererst auf sich zurückkommen und sie selbst sein. Sie ist nicht gelegentlich bei sich und gelegentlich bei anderem, sondern sie ist nur als das In-eins beider, sie ist nur als die Relationalität des Selbstbezugs und die der Offenheit auf das andere ihrer, welche Relationalitäten nicht zwei sind, sondern nur als die eine transzendierend-transzendentale Relationalität der Person. Das Sein der Person ist Relationalität. Das Sein der Person ist als universales Bei-sich-sein unendliches Transzendieren auf alles mögliche andere, welches ‘alles’ als Welt gefaßt werden kann, und so die Person in Anlehnung an Heideggers Bestimmung des Daseins als „In-der-Welt-sein“147 beschrieben werden kann. In dem Aufsatz ‘Über zwei Weisen, das Ewige zu denken’ betont Welte den Neuansatz148, der in dieser Beschreibung des menschlichen Daseins gegenüber einem Denken liegt, das etwa in der Definition der Person durch Boethius149 manifest wird, in der das andere weder als Welt noch als Mitperson vorkommt, die Definition der Person mithin keine Relationsbestimmung enthält. Bei genauerem Zusehen zeigt sich in den Äußerungen Weltes zur Personalität, daß die Person immer schon als Beziehung gedacht ist, immer wieder auch in Anlehnung an Aristoteles und Thomas von Aquin und deren Fassung des Menschen als „quodammodo alia“, bzw. „quodammodo omnia“150, daß aber diese Relationalität als solche und damit die Betrachtung der Person als relationales Geschehen immer stärker bedacht und betont wird. Der Beziehungscharakter der Person ist immer ausgesagt, ist aber in der Vorlesung G 49/50 etwa noch nicht in allen seinen Implikationen entfaltet, z. B. in Rücksicht auf den für eine Beziehung mit gegebenen
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Geschehenscharakter. Die Person als transzendentale Offenheit auf Welt ist trotz dieser relationalen Dimension eher statisch gefaßt, zumindest aber ist diese Relationalität in ihrer Seinsweise nicht eigens bedacht. Aber auch schon hier wird die Sphäre des Personalen als die des „Unzwingbaren“, „Ungemußten“, des „reinen Geschenkes des Du und Wir“151 beschrieben, was in der Vorlesung W 51 noch betonter aufgenommen wird. Dort wird der Bezug zur Mitperson als Vollzug gegen ein bloßes Vorhandensein zweier Personen in einem Raum abgesetzt152 und als Bezug zu einem „Unberechenbaren, zu einem Ursprung, dessen Entfaltung man erwarten, aber nicht verfügen und konstruieren kann, zu einem Überraschenden, zu einem nicht Erzwingbaren, zum reinen Geschenk der Begegnung“153 beschrieben, in welchen Beschreibungen gegenüber der Vorlesung G 49/50 die Zeitlichkeit und der Geschehenscharakter der Begegnung deutlicher anklingen. Diese Tendenz setzt sich in den weiteren Ausführungen zur Person fort, so daß dann der Geschehenscharakter der Begegnung in seiner zeitlichen Dimension klarer zur Entfaltung kommt und damit die Geschichtlichkeit von Person und Miteinander immer mehr und reicher zutage tritt. Es gilt hier nicht, eine Entwicklung zu konstruieren, sondern es geht darum, auf Verschiebungen und Verdeutlichungen zu achten und in dem immer neuen Umkreisen desselben in verschiedenen Weisen des Sagens eine sich vielleicht in ihnen andeutende Verstärkung oder Verschiebung zu entdecken. Bevor aber diesen Beobachtungen weiter nachgegegangen wird, soll zunächst die Relationalität der Person als In-der-Welt-sein und als Miteinandersein in kurzen Umrissen dargestellt werden. Die Person als universales Bei-sich-sein ist in eins In-der-Welt-sein. Sie ist vor jeder Begegnung mit Welt apriorisch geöffnet auf Welt hin, und zwar so, daß diese Welt grundsätzlich keine Grenze hat, sondern nur Grenzbegriff ist für ein je überschreitbares, empirisch nicht feststellbares Eines und Ganzes. Das personale Bei-sich-sein als In-der-Welt-sein ist schlechthin transzendierend, so daß es je über alle Grenzen des Erfahrbaren und Denkbaren selbst das Undenkbare, Unvorstellbare und Unvordenkliche mit umfaßt, und nur deshalb ist die Vorstellung von Welt als des Allumfassenden möglich154. Die Einheit von transzendentalem Bei-sich-sein und transzendentaler Offenheit macht die unbedingte Nicht-Objektivierbarkeit und Nicht-Funktionalisierbarkeit der Person erst
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ganz deutlich. Nun erst zeigt sich in welchem Umfang das Selbst als es selbst ist, nämlich in schlechthin universalem Umfang. Es hält sich als Selbst in allen möglichen Beziehungen durch und trifft sich daher in allen möglichen Horizonten an. In keiner Beziehung ist es nicht es selbst, und daher ist es unter keinen Hinsichten oder Umständen funktionalisierbar. Sein Sein als Person verbietet dies unbedingt. Damit ist die Forderung, die Person nicht als ein Mittel zu gebrauchen, nicht nur eine ethische Forderung, sondern es ist ein ontologisch begründetes unbedingtes Soll155. In der Welt des Menschen als In-der-Welt-sein zeigt sich nun aber näherhin, daß die Welt nicht nur aus Dingen besteht, sondern daß in der Welt andere Personen begegnen156. Das Sein beim anderen als der Welt ist nicht nur Sein bei den Dingen, sondern auch Sein beim anderen als einem Du. Der Person kommt aus der Welt anderes Personsein entgegen. Und dies nun nicht so, daß dieser Bezug zum Du neben den Sachbezügen steht und nur gelegentlich aktiviert wird, sondern so, daß der Bezug zum anderen als Person alle anderen möglichen Bezüge zur Welt mit umfaßt. Dies versucht Welte immer wieder, durch eine Phänomenologie des Alleinseins zu zeigen157. Das Alleinsein ist nicht eine Modifikation des Daseins, welche die anderen Bezüge, in denen das Dasein steht, unberührt läßt, sondern es betrifft alle diese Bezüge. Dies zeigt sich darin, daß sich alle Bezüge zur Welt wandeln, wenn ein Du hinzutritt. Es zeigt sich, daß dieser Wandel, sei es als Förderung oder Hemmung, Betroffenheit oder Gleichgültigkeit oder wie auch immer, das Ganze des vieldimensionalen Beziehungsgefüges von Person und Welt betrifft. In der Vorlesung G 49/50 deutet Welte „allein“ als „all-ein“. „Das Alleinsein aber ist selber kein sachlicher Modus des personalen Seins, er ist vielmehr die Zurückkunft des Selbst auf sich selbst aus dem Ausgriff nach dem überall anwesenden Du, das sich überall als nur ein, als all-ein befinden. Es setzt gerade eine ursprüngliche personale Bezogenheit voraus“158. Das Alleinsein ist kein „neutrales ‘Nicht’ von Mitmenschen“159, sondern es ist ein Modus, und zwar ein unerfüllter Modus personalen Seins, es ist „personale Leere“160. Der personale Bezug ist apriorisch und transzendental, und insofern ein alle anderen Bezüge, auch Sachbezüge, bestimmender Bezug. Das In-der-Welt-sein ist personales In-der-Welt-sein, und umgekehrt ist in jede mögliche personale Begegnung zwischen Ich und Du immer auch das Ganze
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der Welt mit einbezogen, und zwar so, daß die Welt des Ich und die Welt des Du unsere Welt, die Welt des ‘Wir miteinander’ ist. Der personale Bezug liegt nicht neben der Welt, sondern er umfaßt je das Ganze der Welt, und von daher erst strahlt die Welt Bedeutsamkeit aus. Im Personsein als „überall und im ganzen Miteinandersein“161 zeigt sich analog zur Unbegrenztheit des Horizonts des In-der-Welt-seins der Horizont des Miteinanderseins in gleicher Weise unbegrenzt und allumfassend. Als Person ist die Person von allem möglichen Mitsein angegangen. Wie unerfüllt dieser unendliche Horizont faktisch auch realisiert sein mag, etwa in Weisen der Gleichgültigkeit oder der ausdrücklichen Verweigerung der personalen Kommunikation, so sind diese Haltungen doch Modifikationen des universalen Miteinanderseins. Auch hier gilt der transzendentalphilosophische Gedanke, daß Gleichgültigkeit und Verweigerung als solche des apriorischen Horizonts des Miteinanderseins bedürfen als Bedingung ihrer Möglichkeit. Auf dem Grunde des transzendentalen und universalen Miteinanderseins entspringen auch Phänomene wie Solidarität und Betroffenheit. Im Miteinandersein liegt der Bezug auf alles möglich begegnende Mitsein, und dies nicht nur in neutraler Weise, sondern so, daß das Miteinandersein als uns selbst als Person allererst konstituierende Seinsweise in eins eine „Wesensverweisung“162 darstellt, d.h., hier zeigt sich die Solidarität nicht nur als ethische Forderung, sondern als ontologisches, im Sein der Person gründendes Wesensmoment der Person als Person. In eins damit impliziert das Miteinandersein auch eine zur Person als Person gehörende Verantwortung für den je begegnenden anderen, welche Folgerung hier nur eben genannt sei163. Insofern das Miteinandersein zum Sein der Person selbst hinzugehört, bedeutet dies, daß alles Denken und Handeln im Horizont des personalen Miteinander geschieht und von daher eine Qualität und einen Anspruch empfängt, dessen Nicht-Erfüllung die Nicht-Erfüllung des eigenen Personseins bedeutet. Als was erscheint nun das Du, das auf dem Grunde des apriorischen und transzendentalen Miteinanderseins der Person begegnen kann? Das erste Merkmal des Du ist seine unableitbare Selbstgegebenheit. Der personale Bezug ist nicht aus anderen Bezügen ableitbar, sondern er ist ursprünglich, und daher ist auch das Du als
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Du, wiewohl an empirische Vermittlung gebunden, nicht aus ihr ableitbar. Das Du ist zwar über das sinnliche Medium vermittelt, aber so, daß es als Unmittelbarkeit vermittelt ist. Nur das apriorische Innestehen im personalen Bezug, eine apriorische „Vertrautheit mit dem Du“164, ermöglicht die faktische Begegnung eines Du. Das personale Verhältnis ist nicht erlernbar oder von außen durch Analyse oder Synthese einer Mannigfaltigkeit von Wahrnehmungen, etwa dem Sehen eines Antlitzes oder dem Hören einer Stimme, erreichbar. In solch absoluter Eigenkategorialität schwingend, zeigt die Begegnung mit einem Du noch weitere Eigenheiten. Obwohl an viele Vorgegebenheiten gebunden und von ihnen geprägt, etwa physischer, psychischer, physiologischer, biologischer, soziologischer und geschichtlicher Art, geht die personale Begegnung nicht in ihnen auf. Das Du zeigt sich demgegenüber vielmehr als „die Fähigkeit des Aufbruchs, des Anfangenkönnens, der Ursprünglichkeit“165. Der Bezug zum Du ist ein Bezug „zu einem Ursprung“ und insofern ein „Bezug zu einem Unberechenbaren“, zu einem „vielleicht Überraschenden“, aber „nicht Erzwingbaren, zum reinen Geschenk der Begegnung“166, das von keinem Verfügen erreichbar oder herstellbar ist. In diesen Beschreibungen der Vorlesung W 51 zeigt sich der Hinblick auf das Personale als das von sich her Sich-Zuschikkende, das die Haltung des Wartens, Sich-Aussetzens und Sich-Anheimgebens fordert. Und von hier aus öffnen sich erste Spuren hin zum Bedenken der Relationalität der Person in ihrem Geschehens- und Ereignischarakter, zum Bedenken von Zeit und Geschichte als dem Geschehen der personalen Begegnung167. Denn insofern das Du sich im freien Geschenk der Begegnung je unberechenbar und unverfügbar, anfänglich, überraschend und unzwingbar gewährt, gewährt sich im Aufgang dieses Ursprungs eine je neue Zeit zwischen Ich und Du, eine Zeit, in der in eins die Zeit des Ich und darin dieses selbst gezeitigt wird. Die unverfügbar geschehende Zeit, die in der Begegnung mit dem Du anfänglich und überraschend gezeitigt wird, ist vom Ich her nur gewärtigend zu erwarten, aber nicht vorwegzunehmen oder gar herzustellen. Die dem Ich gemäße Haltung gegenüber dem Du, das sich in der Begegnung offenbart, und darin gegenüber der sich gewährenden und schenkenden Zeit ist die des Wartens und Horchens, des Sich-Lassens und Sich-Wagens an eine mögliche sich schenkende Begegnung. Die
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Beziehung der Person als Person auf mögliches Du ist nur als Zeitlichkeit, und zwar in dem Sinne, daß diese Beziehung Zeit braucht und auf Zeit hin ist, nämlich als Warten auf das unberechenbare Geschenk der Begegnung und in dem Sinne, daß die geschenkte Begegnung allererst Zeit zeitigt und gewährt, die Zeit der Begegnung, die dem Ich den Raum seines Wirklichseins gewährt und ihm je eine neue Zeit eröffnet und anfangen läßt, in der es als es selbst je neu und anders ist, mithin als Person eine Geschichte ist. Die Erfahrung des Du ist die Erfahrung von Geschichte und Geschichtlichkeit. Die Ausdrücke, in denen das Du in der Vorlesung W 51 beschrieben wird, bergen alle schon die Dimension von Zeit und Geschichte in sich, nur bleiben sie in dieser Hinsicht unentfaltet. Die tiefere und reichere Entfaltung dieser Implikationen aber geschieht in der Vorlesung ‘Die Person als das Un-begreifliche’ vom Sommersemester 1966 und in dem Aufsatz ‘Zum Begriff der Person’ aus dem Jahre 1966168, der als Zusammenfassung der Vorlesung P 66 gelesen werden kann, der allerdings die dort betonte Ereignishaftigkeit der Begegnung nicht ausdrücklich macht. Er ist unter der Kapitelüberschrift „Grundzüge von Zeit und Personalität“169 abgedruckt, welche Überschrift das Ineinander von Personalität und Zeit und damit Geschichte deutlich anzeigt. Auf die Nähe zu F. Rosenzweig, den die Phänomene des Personalen zum „neuen Denken“ hinführten, wurde schon hingewiesen170. In seinem Aufsatz ‘Das neue Denken’ charakterisiert Rosenzweig dieses als das Denken, das gekennzeichnet ist durch das „Bedürfen des anderen und, was dasselbe ist, im Ernstnehmen der Zeit“171. Im Blick auf Welte aber bleibt im Vorblick und Vorgriff auf die weitere Untersuchung anzumerken, daß er bei aller Öffnung zum dialogischen Denken, besonders in der Vorlesung P 66, die der Person vom „Ereignis der Begegnung“172 von Ich und Du her nachdenkt, letztlich dem Denken Heideggers in höherem Maße verpflichtet bleibt. Dies zeigt sich etwa darin, daß Welte, so sehr er die Phänomene des Miteinander bedenkt, diese mit Ausnahme der Vorlesung P 66, die, wie schon betont, von der in diese Zeit fallenden Beschäftigung Weltes mit Rosenzweig geprägt ist, vornehmlich vom Selbstsein der Person, vom Ich, her denkt, nicht aber primär vom anderen in seiner Ursprünglichkeit und dem Geschehen der Begegnung,
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durch welchen Ausgang vom begegnenden anderen das dialogische Denken geprägt ist. Welte denkt daher auch die Geschichte primär vom Geschick des sich lichtenden Seins, von der Epochalität des Seins im Aufgang von Welt und der darin sich zeitigenden Zeit als der epochalen Weltzeit und nicht so sehr vom Sein her, das sich im Geschehen des anderen, im Ereignis des Zwischen von Ich und Du, zuschickt und fügt und darin die Zeit der Begegnung zeitigt. Weltes Grunderfahrung und bestimmender Horizont seines Denkens ist das Sein173, und zwar das Sein in seinem lichtenden Aufgang und Sich-Ereignen in sein Da im Dasein des Menschen, nicht aber primär als das Ereignis des Zwischen von Ich und Du, wenn auch der andere im Unterschied zu Heidegger174 bei Welte immer und stärker mit im Blick ist, was sich etwa deutlich zeigt in der Bestimmung des Miteinander als die „sich ereignende, geschehende Zeit“ in der Vorlesung G 67/68175 und den vielfältigen Analysen zum Sein der Person, der als Ich ihre Wirklichkeit erst in der Begegnung des Du gewährt ist. Und so muß gesagt werden, daß bei Welte im Unterschied zu Heidegger die Personalität immer mit bedacht wird. Das Dasein als Da des Seins wird immer auch in seinem Personsein, als Ich im Horizont eines Du, bedacht. Und von daher bietet Welte, obgleich primär vom seinsgeschichtlichen Denken Heideggers angeregt176, Ansatzpunkte für einen Brückenschlag zwischen dem epochal-seinsgeschichtlichen Denken im Sinne Heideggers und dem dialogisch-seinsgeschichtlichen Denken, welchen Brückenschlag B. Casper in seinem Aufsatz ‘Zeit und Heil’ als Frage und Möglichkeit aufweist177. Dieser Brückenschlag könnte etwa in der Vorlesung P 66, 68-83 und den Vorlesungen B 52, 89 und 92; B 60/61, 200-205 und B 66/67, 199f greifbar werden178, wo Welte die Seinsoffenheit des Daseins in der Personalität gründet, insofern die Seinserschlossenheit des Daseins erst in der Begegnung und im Anruf durch andere Erschlossenheit von Sein in die Dichte und Fülle seiner Wirklichkeit kommt. Sein lichtet sich nach Welte im personalen Raum, weil nur dort, wo das Dasein sich selbst bedeutsam ist, sich anderes öffnen kann, das Dasein sich selbst aber bedeutsam nur ist, insofern ihm ein Du entgegentritt, das ihm als Person und Selbst allererst den Ort und die Weite seines Aufgangs gewährt. Offenheit und Zuspruch des Seins schwingen mithin und haben den Ort ihrer Wirklichkeit in der personalen Begegnung. Nur wo das Dasein als vom Sein ereignetes Da des Seins von einem
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möglichen Du angegangen, gemeint und vollzogen ist, kommt es in solchem Gemeintsein auf sich zurück und gewinnt so allererst Wirklichkeit als Da des Seins. Ohne die vom Horizont eines möglichen Du gewährte Offenheit seiner selbst wäre es weder in der Offenheit seiner selbst noch darin in der Offenheit des Zuspruchs des Seins. Im einsamen Ich als Da des Seins ist dieses unwirklich und verloren, sein Sinn bleibt leer, weil das Ich selbst erst in der Begegnung, in der es unvertretbar angerufen und gemeint ist, in die Dichte und den Ernst seiner Wirklichkeit gelangt. Das Seinsgeschick als das Ereignis des Seins findet nur die dichte Helle seines Da im personalen Miteinander, zugleich aber ist dieses Miteinander gewährt im Schon-angesprochen-Sein vom Zuspruch des Seins selbst. Vielleicht liegt darin ein Gedanke, mit dessen Hilfe das Sein als das Ereignis der epoché des Seins, in dem sich die Zeit des geschichtlichen Geschicks als der Fuge von Welt und Dasein zeitigt, und das Sein als das Ereignis des Zwischen der Begegnung von Ich und Du, in dem sich die Zeit des Gesprächs als des Geschehens der verfügten Unverfügbarkeit des anderen und der unverfügbaren Verfügtheit an den anderen zeitigt, aufeinanderzugedacht werden könnten. In den beiden oben genannten Texten P 66 und dem Aufsatz ‘Zum Begriff der Person’ ist nun besonders der Gleichklang der Sprache mit der Vorlesung G 54 auffallend. Wird dort das Geschichtliche in den Ausdrücken der Anfänglichkeit und Neuheit beschrieben, so hier die Person in ihrer Personalität. Der Gleichklang der Sprache weist auf eine innere Zusammengehörigkeit. Die Person reicht immer mehr in den Zusammenhang der Geschichte, und so bestätigt und vertieft sich die in der Vorlesung G 49/50 entfaltete These, daß die Geschichte überall im Personalen gründet. In eins damit erweist sich auch die Person als ein geschichtliches Geschehen und eine Geschichte. Die Person ist hier zwar noch nicht ausdrücklich als Geschichte genannt, allerdings in der Beschreibung der Begegnung als „Schicksal“179 daraufhin geöffnet. Die Vorlesung P 66 öffnet die geschichtliche Dimension in der Rede vom Geschehen personaler Beziehung und Begegnung und vom „Ereignis der Begegnung“180, das Schicksal zeitigt, eindringlich im Unterschied zu dem Aufsatz ‘Zum Begriff der Person’, der die Begegnung als Schicksal nur kurz nennt und in dem die Kategorie
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des Ereignisses außer am Schluß in der Rede vom „Ereignis des ewigen Du“181 keine Rolle spielt. Ich und Du walten in der Begegnung als „sich ereignender Anfang“182. Im Ereignis der Begegnung erst wird das Ich und das Du wirklich. Sie sind beide anfänglicher Aufgang, zugleich aber Antwort. Das Ich ereignet sich als Anfang nur als Antwort auf mögliches Du und seinen Zuspruch und ebenso das Du, beide ereignen sich nur im Ereignis der Begegnung, ihre sich ereignende Anfänglichkeit ist zugleich ereignet183. In der Begegnung zeitigt sich Schicksal184. Sie zeitigt den Augenblick als „Zeit des Schicksals“185, sie ist Geschick. Die Zeit ist nicht das äußere Maß der Begegnung, sondern sie ist das Geschehen selbst, sie zeitigt das Sein als das, was das Ereignis der Begegnung ereignet, und sie zeitigt darin „das ganze Gefüge der Zeit“186. Darin zeigt sich, daß Person nur innerhalb der Kategorialität geschichtlicher Begegnung verstanden werden kann. Die Person ist somit, wenn auch noch nicht ausdrücklich so genannt, als „eine Geschichte“187 gefaßt. Die Ausfaltung des Personalen als Geschehen des Ereignisses der Begegnung von Ich und Du, in dem „geschickliches Schicksal“188 geschieht, läßt sich in dieser Dichte des Gebrauchs der Kategorie des Geschehens und des Ereignisses von der in diese Zeit fallenden intensiven Beschäftigung Weltes mit den dialogischen Denkern, besonders Rosenzweig, verstehen. In der Vorlesung P 66 sind die vielfältigsten Hindeutungen auf die Geschichtlichkeit geborgen, ohne daß diese aber genannt oder gar als solche entfaltet wird. Das Du als Anfangenkönnen bedeutet, daß es kraft eigenen Ursprungs ist. Begegnet Person der Person, so vollzieht sie von sich her das Du als das aus eigenem Ursprung zu ihr her Seiende189. Zur „Logik des Ursprungs“ aber gehört, daß dieser in seinem Aus-sich-Entspringen nicht völlig aufgeht, er ist ein je größeres Darüberhinaus190. In keiner Äußerung der Person ist diese als sie selbst völlig faßbar und begreifbar. Es bleibt der unverfügbare Kern des absoluten Bei-sich-seins und der unableitbaren Ursprünglichkeit und Anfänglichkeit. Als Ursprung und Anfang ist das Du weder nur Wirkung noch bloß logische Folge. Es gründet zwar auf Vorgegebenheiten und realisiert sich im sinnlichen Medium, aber sein Anfangen ist nie als Wirkung aus Ursachen oder als Fall aus einem Allgemeinen ableitbar. Undeduzierbar steht das Du ungreifbar und unverfügbar in sich selbst. Es ist je ursprünglicher
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Aufbruch191, welcher Aufbruch hingenommen werden muß als das je Neue und daher Unvergleichliche, in welcher Unvergleichlichkeit Einzigartigkeit und Einmaligkeit liegt. Diese Ausdrücke erinnern an die Beschreibung des geschichtlichen Geschehens in der Vorlesung G 54. Sie zeigen das untrennbare Ineinander von Personalem und Geschichtlichem und führen so tiefer in das Verständnis des Geschichtlichen als des als einmalig Bedeutsamen, welche Bedeutsamkeit in der bisherigen Darstellung nur formal behauptet, inhaltlich aber noch ganz unerfüllt blieb. Hier nun zeigt sich zumindest die Einmaligkeit und Einzigkeit des Geschichtlichen in seinem Gründen im Personalen und erhält dadurch einen Rang über das bloß Formale der zeitlichen Einmaligkeit hinaus, die durch den Tod als der Endlichkeit der Zeitlichkeit angeschärft und gesteigert wird, welche Steigerung aber ihre Bedeutsamkeit nicht selber tragen kann. Als das unableitbar Unverfügbare ist das Du in seiner Ursprünglichkeit und Anfänglichkeit vom begreifenden Zugriff nicht erreichbar. Es stellt sich hier die Frage nach der Möglichkeit eines gemäßen Zugangs zur Person. Grundsätzlich muß gesagt werden, daß dieser Zugang nicht über eine begriffliche Objektivierung möglich ist, denn die Person entzieht sich als Person jeglicher Objektivierung. Sie ist frei in dem negativen Sinne, daß sie nicht objektivierbar ist und frei im positiven Sinne des anfänglichen Ursprungs192. Auch hier deutet sich das Phänomen der Freiheit an, wenn es auch nicht als eigenes Thema entfaltet ist. Aber es ist genannt und bleibt so für den Zusammenhang der Geschichte bedeutsam. Als ihr eigener Ursprung ist die Person nur für andere Ursprünglichkeit zugänglich. Sie ist nur in der Begegnung zugänglich193. Es zeigt sich, daß von der Beschreibung der personalen Begegnung her sich wie von selbst die Dimension des Geschichtlichen öffnet. Denn die Begegnung des Ursprungs mit dem Ursprung kann nur so geschehen, daß das Ich das Du als Ursprung sein läßt und auf seinen je ursprünglichen Aufbruch wartet. Wie von selbst spielt die Dimension der Zeit in die Beziehung von Ich und Du. Dieses zeitliche und damit geschichtliche Moment wird durch die Beschreibung der personalen Begegnung als das Ausgesetztsein vor dem „Unausdenklichen“ und damit als „Schicksal“194 zum Klingen gebracht. Die Begegnung ist Zeitigung
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geschehender Zeit, Zeitigung der Zeit als Schicksal. In der Begegnung „geschieht“195 Schicksal, und in eins damit geschieht in der Begegnung die Person196. Und nur im Schicksal der Begegnung begegnet das Ich dem Du als Du. Das Du ist nicht greifbar, es ist nur verstehend berührbar, welches Verstehen Geschick und Schicksal ist, in dem das Ich und das Du in eins geschehen. In der Begegnung zeitigt sich das Schicksal als beider Schicksal. Die Haltung des Wartens, Horchens und Gewährenlassens ist nicht nur passives Erleiden, sondern sie ist aktives Tun, in dem das Ich sich zurückhält, aber so, daß es gleichwohl ganz beteiligt und da ist. Das Ich steht in der „Ver-antwortung“197, in der es das Du als es selbst von sich her aufgehen lassen und ihm den Raum seiner Entfaltung gewähren muß, um ihm so als Du begegnend zu antworten und antwortend zu begegnen. Auch hier klingt das Thema ‘Verantwortung’ an, nun aber nicht wie in der Vorlesung G 49/50 als das Band, das die einzelne Person an die mit unendlicher Bedeutsamkeit gefüllte Tiefe des Augenblicks, in dem sich ihr Heil entscheidet, bindet198, sondern als das Band, welches den freien Ursprung des Ich in der Begegnung an den freien Ursprung des Du bindet. Eine letzte Dimension des Personalen zeigt sich an in der Betrachtung der Unbedingtheit, die in der personalen Begegnung waltet. Sie zeigt sich auffällig in der Unbedingtheit der Eingefordertheit durch das Du in den Phänomenen etwa von Liebe und Treue oder Schuld. Im Glücken oder Scheitern solcher Begegnung kann sich ein unbedingter Anspruch offenbaren, vor dem alle möglichen anderen Ansprüche des Ich oder an das Ich zurücktreten. In solchem zeigt sich, die „Begegnung steht von ihrem Wesen her im Zuspruch der Ewigkeit“199. Darin wird die personale Beziehung von Ich und Du geöffnet hinein in eine Weite und Gründung, die sie als den „Ort des Ereignisses des ewigen Du“200, als „Ereignis des Unbedingten“201 offenbar macht. Diese unendliche Dimension, die in jeder personalen Begegnung als der Begegnung mit der absoluten Selbstgehörigkeit der Person schwingt, ist von Welte schon in dem Aufsatz ‘Miteinander und Transzendenz’ von 1962/63202 entfaltet und eingehend dargestellt, aber wieder ist anzumerken, daß es nicht im Begriff des Ereignisses geschieht, sondern dem des Transzendierens. Die Gedankenrichtung geht vom Menschen zum Unbedingten, Allumfassenden und Erhabenen, und es wird nicht wie
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im Wort des „Ereignisses des ewigen Du“ im Aufsatz von 1966 vom Ereignis der Transzendenz her gedacht, das die endlich personale Beziehung erst gründet und in seine Wirklichkeit ereignet203. Dies sei als erneuter Hinweis auf einen schon in anderen Zusammenhängen zu beobachtenden Zug des Denkens Weltes erwähnt, der vom Bedenken des Endlichen in seiner Unendlichkeit immer mehr in Richtung auf das diesen unendlichen Bezug des Menschen gründende Geschehen des Unendlichen selbst hinzielt. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß das sich anzeigende Hervortreten geschichtlicher Kategorien zur Beschreibung des Personalen, besonders ab der Vorlesung P 66, schon in den frühen Vorlesungen vorbereitet ist, die Begriffe gleichsam schon bereitliegen und geöffnet sind in Richtung ihrer Explikation im Horizont von Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit. So wird in der Vorlesung G 49/50 am Ende des Kapitels über das Miteinander in einer Schlußbemerkung in Klammern die Geschichte als „das Geschehen des Miteinander“204 beschrieben, wobei aber nicht weiter auf den Zusammenhang von Geschichte, Geschehen und Miteinander und auf das Geschehen als Geschehen eingegangen wird. Besondere Beachtung verdient auch die erwähnte Stelle in der Vorlesung W 51205. In der Vorlesung G 54 zeigt sich der Zusammenhang von geschichtlichem Geschehen und Personalität noch einmal deutlicher, als hier das Mitsein als Mitgeschehen gefaßt wird206, was in der in einer Randnotiz erscheinenden Bestimmung des Da des öffentlichen Wir als „Geschick und damit als Zeit“207 aufgenommen wird. Beides geht durchaus parallel mit der in dieser Vorlesung betonten Thematisierung des Geschehenscharakters der Geschichte. Besonders in der Vorlesung P 66 leuchtet dann das Ineinander von Personalität und Zeit, von personaler Begegnung und Geschehen, Ereignis und Geschick auf, was dann auch Eingang in die geschichtsphilosophische Vorlesung G 67/68 findet, in der in einem eigenen Kapitel dem Miteinander „als der sich ereignenden geschehenden Zeit, als der einen, ganzen Zeit“208 nachgedacht wird. Es zeigt sich darin eine Bewegung des Denkens, in der immer mehr der Zusammenhang von Person und Zeit, Person und Geschichte hervortritt als das Entspringen und die Zeitigung der Zeit in der personalen Relationalität des Menschen und in der daher immer mehr auch der zeitliche Geschehenscharakter und damit die Geschichtlichkeit der Person als Person hervortritt.
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Zum Schluß dieses Absatzes sei ergänzend noch auf spätere veröffentlichte Texte hingewiesen, in denen sich Welte zur Person äußert209. In ihnen wird die Person immer ausdrücklicher als Geschehen, Ereignis und Geschichte gefaßt210 .In ‘Jesus Christus und die Theologie’ wird die Person als das Geschehen des Ineinander von „exklusiver Innerlichkeit“ und mitteilender Äußerung als „eine Geschichte“211 bestimmt. Im Geschehen der Beziehung der Person zu Welt und Mitwelt „ereignet“ sie „sich so in ihrer Welt und lebt darin als Ereignis“212. Hier wird auf dichtestem Raum die Person als das Geschehen einer Geschichte und als Ereignis bestimmt und so vom Personalen her die Dimension der Geschichtlichkeit geöffnet. Die Person ist nicht als Substanz gefaßt, sondern in den in der überlieferten Metaphysik nachgeordneten Kategorien der Beziehung, des Geschehens und des Ereignisses. In dem Aufsatz ‘Person und Welt’ wird die Person umschrieben als „ein lebendiges Geschehen von Beziehungen, welches Geschehen wir selber sind, indem wir es vollziehen“213. Hier ist die Person rein relational gefaßt. Sie ist nicht in sich stehende Substanz, sondern Relationalität und Geschehen, und zwar so, daß in diesem Geschehen sie selbst als Beziehung geschieht. Ihr Sein ist Beziehung, und mithin ist sie nicht statisch, sondern sie geschieht, und darin ereignet sie sich als Geschichte. Person ist nicht gleichsam zeitlos vorliegend sie selbst, welches dem Geschehen entzogene Selbstsein dann noch in diese und jene Ereignisse verstrickt sein kann, so daß darin je nur geschieht, was die Person immer schon ist und ihr Selbstsein dem konkreten Geschehen gleichgültig und unberührt gegenübersteht, sondern im je sich ereignenden Geschehen geschieht allererst das Sein der Person, und außerhalb des Geschehens ist sie nicht. Die Person ist sich zwar nicht nur aufgegeben, sondern auch vorgegeben, aber so, daß diese Vorgegebenheit nur ist, indem die Person geschieht und darin selbst geschehend ist. Und so ist Person nur in der Erzählung einer Geschichte zu verstehen. Dies deutet in die Richtung auf die Frage nach dem Wer der Person. Die Frage nach dem Was greift zu kurz, denn sie greift nach dem dauernd Vorliegenden als dem allgemeinen Wesen der Person und trifft so nicht die Person in ihrem Personsein, welches nur als je neu und anfänglich sich ereignende einmalige Geschichte ist.
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Im Ereignis der Person als Geschichte „verändert sich auch die Zeit“214, was Welte neben der Entfaltung der Zeitlichkeit der Begegnung als Zeitigung des Augenblicks als der Zeit des Schicksals in der Vorlesung P 66215 in seiner Schrift ‘Was ist Glauben’ in wenigen Zeilen andeutet, und zwar in denselben Worten, in denen er in der Vorlesung G 54 und G 67/68 die Zeitigung des Geschichtlichen als die Zeitigung dessen, was „es noch nie gab“216, beschreibt. Die Zeit „hört auf, ein bloßer formaler Rahmen für funktionale Abläufe zu sein. Sie wird zum Augenblick, der sich beständig und unableitbar neu zeitigt aus dem freien Aufbruch deines Anrufs oder deines Grußes und aus meinem freien Eingehen darauf. So fängt die interpersonale Zeit des Augenblicks immer frei an. Du fängst an, und ich fange an, und aus diesem Wechselgeschehen entspringt immer etwas Neues und Frisches, dergleichen es noch nie gab und das aus keiner übergreifenden Regel abgeleitet werden kann“217. Die Zeitlichkeit des Personalen enthüllt sich mithin als die Zeitlichkeit des Geschichtlichen. Das Ineinander von Person und Geschichte macht verständlich, warum auch die Geschichte selbst immer mehr im Bild eines dialogischen Geschehens von Zuspruch und Antwort, von Herausforderung und Anverwandlung beschrieben werden kann. Die Zweieinheit von Personalem und Geschichtlichem ist nur wechselweise zu beschreiben, und das Bedenken der einen Dimension läuft ständig in die andere hinein. Je mehr das Personale bedacht wird, umso mehr enthüllt dieses seine Ursprünglichkeit, Anfänglichkeit und Unableitbarkeit und seine eigentümliche Zeitlichkeit und enthüllt darin Kategorien, die für das Verständnis des Geschichtlichen ihrerseits beitragen. Und je mehr die Geschichtlichkeit an ihr selbst bedacht wird, umso helleres Licht fällt auf die personale Beziehung und deren Geschichtlichkeit. Es zeigt sich darin, daß das metaphysische Denken als das Denken in der Kategorie der Substanz, das alles in seinem Wesensbestand fest- und sicherstellen will, vom Bedenken sowohl der Geschichtlichkeit als auch des Personalen aufgebrochen wird hin auf ein neues Denken, das sich an den Kategorien der Beziehung, des Geschehens und des Ereignisses orientiert und das sich als das Denken des unverfügbar Ursprünglichen freigeben muß an das je unableitbar geschehende Ereignis. Ein Denken, das dem
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Geschichtlichen wie dem Personalen angemessen sein will, darf nicht ein sich selbst sichern wollendes Ausgreifen auf seine Gegenstände sein, sondern es muß gegenüber solchem vordenkenden Denken ein dem unverfügbar Geschehenden nach-denkendes Denken sein. Es muß ein Denken sein, das in dem Geschehen des ihm Sich-Gewährenden selbst Geschehen und Ereignis, ein vom Geschehen von Geschichte ereignetes Denken ist. Person und Geschichte fordern ein Denken, das nicht nur erkennt, sondern „anerkennt“, ein „berührendes, aber nicht begreifendes Denken“218, ein Denken, das sich dem sich ereignenden Aufgang, Winken und Zuspruch eines anderen seiner verdankt, ein Denken, das ein Danken219 und insofern wieder eine Beziehung zum unverfügbar anderen Ursprung ist220. In solchermaßen gefordertem geduldigem und verweilendem Sich-Offenhalten für den Aufgang des Ursprungs zeigt sich auch eine tiefe Entsprechung an im Hinblick auf die Geschichtlichkeit als der Sache, die Welte bedenkt, und der Phänomenologie als der Methode, mit der er sich ihr nähert. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß sich von der Vorlesung G 49/50 an, welche die Person als Bei-sich-sein und Beim-anderen-sein schon als Beziehung, diese aber nicht eigens als Beziehung denkt, das Bedenken der Personalität immer weiter fortschreitet zum Bedenken der Beziehung als solcher, so daß schließlich die Person als das „Geschehen von Beziehungen“ gefaßt werden kann. Im Zuge der Entfaltung der Seinsweise der Person als allen ihren konkreten Beziehungen zu Welt und Mitwelt vorausliegender und diese in ihrer Möglichkeit bedingender transzendierend-transzendentaler Relationalität, schieben sich immer mehr auch die Beschreibungen der Person und des Miteinanderseins als Geschehen in den Vordergrund, wird ihr Sein immer mehr als Ereignis gefaßt und wird sie in ihrer Geschichtlichkeit und als Geschichte offenbar. Dieser Vorgang läßt sich auch an der Bestimmung des In-der-Welt-seins beobachten. Wird in der Vorlesung G 49/50 und W 51 das In-der-Welt-sein als das Beim-anderen-sein umschrieben, wobei das andere als das „Etwas“ gefaßt wird221, so erscheint später die Welt als der Raum des Etwas als der Raum der „Winke“222, des Sprechens und Grüßens223. Und so zeigt sich auch hierin die Vergeschichtlichung des In-der-Welt-seins, indem sich die Welt als
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der Raum des Etwas zur Welt als dem Raum des Zuspruchs wandelt. Damit wird das Geschehen der Person vom Geschehen des Bei-sich-seins und des Beim-anderen-seins, welche Ausdrücke beide nur vom Selbst der Person her denken, in Bewegung gebracht durch ein anderes. Nun ist die Person nicht mehr nur von sich her im Ausgriff auf ein festes und unbewegliches Etwas als Welt, sondern sie ereignet sich, indem beide, Person und Welt, in einem Einen geschehen, beide in Bewegung sind und ihr Zueinander und Ineinander erst beide als sie selbst ereignet. c) Das geschichtliche Miteinander als das „öffentliche Wir“ Der ergänzende Rückgriff auf veröffentlichte Schriften zur Person im vorigen Abschnitt geschah einerseits, weil Welte zum Thema ‘Person’ Wichtiges veröffentlicht hat, und andererseits, um den Wandel im Sprechen Weltes von der Person deutlicher zu machen. Dieser Abschnitt nun legt wieder so gut wie ausschließlich die Manuskripte der geschichtsphilosophischen Vorlesungen zugrunde224, in denen besonders ab der Vorlesung G 54 das „wirhafte“225 Wesen der Geschichte entfaltet wird. In der Vorlesung G 49/50, in der die Betrachtung des Wesens der Geschichte als entscheidende Augenblicklichkeit von der einzelnen Person ausgeht, ist zwar auch das Miteinander thematisiert, aber es erscheint nur als das Medium, in das hinein sich die Realisierung der unendlichen Tiefe der Person im Endlichen vollzieht226, nicht aber wird es als geschichtliches in seinem öffentlichen Wesen entfaltet. Gleichwohl aber ist darauf hinzuweisen, daß am Ende des Abschnittes über das Miteinander als Schlußbemerkung in Klammern der Satz steht: „Sie (die Geschichte, Zusatz v. mir) ist das Geschehen des Miteinander“227, welcher Satz andeutet, daß der Bezug der Person zum Miteinander noch weitere Dimensionen hat als die eines bloßen Mediums, was sich ja auch schon in der Bestimmung des Miteinanderseins als apriorische Seinsweise der Person gezeigt hat und was sich in der Vorlesung G 67/68 darstellt in der Bestimmung des Miteinander als „geschehende Zeitlichkeit“228 und als die „sich ereignende, geschehende Zeit“229. Hier zeigt sich, daß noch nicht alles voll entfaltet ist, was gleichwohl im Ansatz geborgen und bereit liegt.
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Enthüllt sich die Person als Grund der Geschichte und findet sich von daher die Singularität des Geschichtlichen bestimmt als die Singularität der Ursprünglichkeit, Anfänglichkeit und Unvergleichlichkeit der Person, so deutet sich im Miteinandersein als zum Sein der Person untrennbar gehörender Seinsweise in eins die Kontinuität als mit der geschichtlichen Singularität dialektisch verbundene Dimension des Geschichtlichen an als die Dialektik von unverfügbarer Selbstgehörigkeit einerseits und universaler Offenheit der Person als In-der-Welt-sein und Miteinandersein andererseits. Das Miteinandersein bewahrt und hebt die Diskontinuität der Person in ein universales Kontinuum der Vertrautheit, ja der vom Wesen her geforderten universalen Solidarität auf. Und so zeigt sich die Geschichte auf dem Grunde des universalen Miteinanderseins als ein Eines und Ganzes. Es gilt nun, der Seinsweise des Miteinander weiter nachzudenken und ihrer Eigenart, die sie im Raum der Geschichte zeigt. „Das geschichtliche Wir ist ein ursprüngliches Wir“230, d.h., es ist so ursprünglich wie das Miteinandersein selbst. Und nur aufgrund dieses ursprünglichen geschichtlichen Wir ist Geschichte. Nur weil Menschen sich immer schon in diesem Wir vorfinden und sich als dieses Wir vollziehen, gibt es Geschichte. Welte lehnt alle Vertragstheorien, als deren bekannteste Vertreter Thomas Hobbes und John Locke genannt werden können, ab231. Die Menschen finden sich immer schon im Raume und auf dem Boden eines Wir, und nur infolgedessen können sie sich in Verträgen zusammenschließen. Gemeinschaft entsteht nicht aus freiem Entschluß, sondern der Mensch als Person ist immer schon im Horizont eines geschichtlichen Wir. Dieses ist wie das Miteinander überhaupt keine Summe und durch Zusammentreten oder Zusammenzählen nicht herstellbar, sondern es ist als „eine Einheit, die freilich viele einzelne umfaßt, aber so, daß sie in diesem Umfassen ein Eines und nicht ein Vieles ist: ein Volk, ein Stand, eine Zeit (auch dieses ist ein Wir: wir heutzutage!), eine Einheit, welche sich als eine solche weiß, und als eine solche handelt...“232. Die Einheit des Wir ist sich in den einzelnen hell und offen. Die einzelnen vollziehen sich als Wir. Sie fassen sich als einzelne Personen in die Einheit einer Vielheit. In der Vorlesung S 53233 unterscheidet Welte zwischen Sozietät als dem Vollzug des „Wir“ und der Kommunikation als dem Vollzug des „Ich-Du“ als dem Selben, aber
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dem nicht Gleichen. Jedes Ich-Du ist immer auch ein Wir, aber so, daß in diesem das Ich und das Du sich nicht gegenüberstehen, sondern auf dem Grunde dieses Gegenüberstandes sich in ein Wir fassen. Kommunikation ist nur möglich auf dem Grunde der Einheit des Wir, in der Ich und Du sich erst begegnen und angehen können. Und Sozietät als das Wir ist nur möglich, indem das Ich sich mit dem Du in ein Wir faßt. Dieses Verhältnis von Ich-Du und Wir zeigt, daß beide nicht ineinander aufzulösen sind. Beides sind voneinander unablösbare Vollzugsweisen personalen Seins. Der einzelne ist im Wir nicht ausgelöscht, sondern er bleibt auch im Vollzug des Wir die unvergleichliche Person, aber so, daß er sich gerade als die Einheit mit anderen vollzieht, sein Ich ist „beiseitegetreten und gar nicht als ich da und vollzogen“234. Aber gleichwohl ist das Wir nie ohne das Ich, denn die Person als die unerreichbare Selbstgehörigkeit kann nie ins Wir aufgehoben werden, ohne daß sie selbst als sie selbst dieses vollzieht, sich also gerade im Wir durchhält235. Ja es gilt, daß aufgrund der Ursprünglichkeit der Person das Wir umso erfüllter und lebendiger ist, je erfüllter das Ich seine Selbstgehörigkeit und kommunikative Offenheit auf das Du hin vollbringt236. Diese grundsätzlichen Erwägungen zum Vollzug des Miteinander als Wir, die so auch für das Wir der Familie, der Ehe, der Freundschaft u. a. in gleicher Weise gelten, müssen nun auf das Spezifische des geschichtlichen Wir hin ergänzt werden. Auch das Wesen des geschichtlichen Wir fordert die Person als ihren lebendigen Grund. Die Person als Ich und als Wir gehört so zusammen, daß gesagt werden kann sowohl, daß die Geschichte „von Einzelnen gemacht“237 wird als auch, daß das Wir „Träger der Geschichte“238 ist, wobei aber dieses Trägersein selbst je geschichtlich geschieht239, d.h. auf einem Grunde ruht, den es selbst nicht nur aufnehmend trägt, sondern von dem es seinerseits gründend getragen ist. Dieses geschichtliche Wir, das Geschichte erst zur Geschichte macht, weshalb Welte vom „wirhaften“ Wesen der Geschichte sprechen kann, ist nun gekennzeichnet durch Öffentlichkeit und Totalität. Das geschichtliche Wir ist sich in den einzelnen Gliedern offen und bekannt240, und zwar so, daß diese Offenheit aller als Öffentlichkeit ist. Das geschichtliche Wir ist ein „öffentliches ... Wir“241. Dieser Offenheit als öffentlicher ist im Gegensatz zum
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Privaten242 eigen, daß sie sowohl räumlich als auch zeitlich eine unendliche Weite umfaßt. Aufgrund der Öffentlichkeit des Wir, in der alle Angelegenheiten öffentliche Angelegenheiten sind und je alle Glieder dieses Wir betreffen und meinen, zeigt sich das Wir als ganzes in der Weise unahängig von seinen Gliedern, daß es einerseits auch längst vergangene oder noch künftige Generationen mit umfassen kann und andererseits von den gegenwärtigen Gliedern in der Weise unabhängig ist, daß sie wechseln können, indem die einen sterben und andere geboren werden, ohne daß das Wir als dieses Volk, dieses Land, diese Sprach-, Kultur- oder Schicksalsgemeinschaft ein neues wird. Das geschichtliche Wir mag als geschichtliches zwar selbst geschichtlich geschehen243 und sich mit jeder Generation je geschichtlich wandeln, indem jede sich auf dem Grunde des Gewesenen anfänglich gegenwärtigt, das Alte, es verwandelnd, aufnimmt und so ein je neues Wort in die Geschichte hineinspricht, aber als das Wir, als das es die je gegenwärtige Generation ausspricht als eine Gemeinschaft und eine Zugehörigkeit zu einem Einen und Ganzen, als dieses Wir erscheint es als das je größere und die einzelnen überdauernde Umfassen. Von ihrem Wesen her gesehen geht die Geschichte als der Raum des geschichtlichen Wir alle einzelnen Personen an. Keine Person lebt daher nur im Privaten. Insofern der einzelne nur als Wir Person ist und aufgrund seiner Wesensverweisung ins universale Miteinander immer auch im Raum des öffentlichen Wir und damit der Geschichte steht, ist er als dieser nur sich selbst gehörende Ursprung Träger der Geschichte. Die Realisierung dieses Trägerseins wird nach Maßgabe der je obwaltenden geschichtlichen Umstände und dem Selbstsein der Person je anders ausfallen. Und es wird einzelne geben, die in besonderer Weise die Rolle von „öffentlichen Gestalten“244 übernehmen, indem sie die geschichtlichen Bewegungen, Tendenzen und Herausforderungen in besonderer Weise aufnehmen und ihnen antwortend begegnen. In ihnen „inkarniert“245 sich gleichsam der Geist der Zeit als die Weise, wie alles sich zuspricht und herandrängt und wie anderes, gleichsam unzeitig, ungehört liegen bleibt. Der einzelne ist der unersetzbare Täter der Geschichte, wenngleich er dies nur ist, getragen vom umfassenden Wir, in dem er innesteht und das ihn gründet, wie er seinerseits dieses als von ihm vollzogenes gründet.
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Die innere Offenheit und Öffentlichkeit des geschichtlichen Wir zeigt sich zusammenfassend als das Hellsein und das Wissen um das Wir, die Vertrautheit, Nähe und Zugehörigkeit aller Glieder und das daraus folgende Betreffen, Meinen und Angehen aller Glieder untereinander in Hinsicht der sie bedrängenden Aufgaben und Angelegenheiten246. Das zweite Merkmal des geschichtlichen Wir ist seine Totalität, die zugleich immer eine „konkrete Totalität“247 ist. Auf dem Grunde des universalen Miteinander hat das geschichtliche Wir seinem Wesen nach immer auch den Sinn des alles umfassenden Wir. Und so haben auch alle teilartigen Gebilde des öffentlichen geschichtlichen Geschehens, in denen viele einzelne sich als ein Wir vollziehen, z. B. Familien, Stände, Parteien, Schichten, Klassen und sonstige Gruppen248, den Sinn, als dieses Wir Teil eines umfassenden Wir zu sein. In ihrem Wir spielt in eins das Wir als die Einheit des Ganzen, auf das sie als Teilgebilde bezogen bleiben. Ihr Wir gründet in der umfassenden Totalität des einen umfassenden geschichtlichen Wir, das immer auch im Horizont einer ganzen Welt erscheint. Das geschichtliche Wir bildet ein Welt- verständnis aus. Es ist immer auch vollzogen als eine Welt, und seine Geschichte ist aufgrund der Universalität des Wir und seiner Welt249 Weltgeschichte oder steht zumindest in ihrem Hori- zont. Das geschichtliche Wir und seine Welt aber sind je konkret. Es ist das Wir und die Welt der Sprache, der Herkunft, des Volkes, des Raumes, der Kultur, der Religion, der Epoche, des Schicksals, der konkreten Geschichte selbst als Zusammen aller dieser Momente. Welte weist dabei dem Geschick als der gemeinsamen Geschichte die größte integrative Macht zu. Alle Bereiche menschlichen Lebens und alle Dimensionen eines konkreten Wir entfalten sich geschichtlich und sind nur als Geschichte. Auch sie also sind immer auch Schicksal und Geschichte, und so ist „das große Wir da als Geschick und damit als Zeit“250. Diese Bestimmung des geschichtlichen Wir als Zeit, die hier in der Vorlesung G 54 nur in einer Bemerkung am Rande des Manuskripts erscheint, wiederholt sich in der Vorlesung G 67/68 in der schon erwähnten Entfaltung des Miteinander als der geschehenden Zeit251. Zusammen mit der Bestimmung des Wir als Zeit tritt auch zum ersten Mal mit der Vorlesung G 54 im Zusammenhang des Wir als des Wir der Epoche
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die Epochalität der Geschichte hervor und damit verbunden der Hinweis auf das Geheimnis des Grundes der Geschichte, der dem Wir seinen Raum und darin seine Möglichkeiten vorgibt oder entzieht, allerdings wie die eben genannte Bestimmung des geschichtlichen Wir als Zeit nur in einer marginalen Beifügung und deren Aufnahme in wenigen Sätzen252. Auf diese Erwähnung der Epochalität und die damit zusammenhängenden Fragen wird an späterer Stelle eingegangen253. Die Konkretheit des Wir bedeutet Begrenzung und Vereinzelung und widerstreitet der Verweisung in das unbegrenzte Umfassen. Das konkrete Wir ist nur ein eines neben anderen, es setzt sich als Wir ab gegen das Ihr als die anderen und nicht Dazugehörigen, und insofern ist es nicht universal und Erfüllung des von seinem transzendentalen Grunde her geforderten ‘alle’. Die apriorisch universale Bestimmtheit zeigt sich an in der Bestimmung des anderen vom Wir her als das dem Wir gegenüber Fremde und Außenstehende, das als das Fremde schon ins Eigene des Wir eingeholt ist und als das Außenstehende vom Wir als der Mitte her eingeordnet ist. Die dem Wesen nach angezielte Totalität und Universalität, der die unaufhebbare Endlichkeit des je geschichtlichen Wir entgegensteht, zeigt sich auch in der Vereinnahmung, Einordnung und Bewältigung des Fremden als das Nebensächliche, Unwesentliche und Vernachlässigbare oder gar als das Ungute und Böse, Abzulehnende und Auszuschließende254. Aber gerade solches zeigt das Wir als das eine allumfassende, alle Polarität von Wir und Ihr aufhebende, alle integrierende , all-eine Wir und die Geschichte als die eine Geschichte. Der Mensch als Person ist transzendentales Bei-sich-sein und transzendentale Offenheit, und so ist er als einzelner eingefügt in das Ganze des Miteinander, das als universales in sich den Charakter der Öffentlichkeit und der allumfassenden und all-einenden Totalität hat. Und so steht der Mensch als Person immer schon im öffentlichen Wir und der diesem zugehörenden Geschichte, wie die Geschichte und ihr Wir auf ihm als ihrem Grund steht, in dem als sich selbst gehörender Grund erst Bedeutsamkeit geschehen kann.
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5. Bedeutsamkeit a) Bedeutsamkeit „Das Einzelne der Geschichte in der Enge seines zeitlichen Spielraumes ist bedeutsam, weil es überall einen personalen Grund hat und weil vom Wesen des personalen Seins Bedeutsamkeit ... unablösbar ist“255. Die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen ruht auf dem Personsein des Menschen als dem Ort der Geschichte. Und wo immer Geschichte geschieht, geschieht insofern das Bedeutsame. Es muß nun gesehen werden, was die Bedeutsamkeit ist und wie sie zum Personalen als ihrem Ort gehört. Das Sein der Person als universales Bei-sich-sein und universal transzendierendes Beimanderen-sein zeigt bei weiterem Zusehen, daß es nie neutrales Bei-sich-sein und neutrales Beimanderen-sein ist, sondern daß es der Person in allen ihren Vollzügen je um etwas geht, so daß in diesem Gehen-um alles im Horizont von Bedeutsamkeit steht, und dies so, daß das, wodurch alles bedeutsam wird, allen ihren faktischen Vollzügen vorausliegt. Das Stehen im Raum von Bedeutsamkeit ist apriorisch gegenüber der Hinwendung zu allem möglichen Begegnenden. Der Grund, in dem die Bedeutsamkeit schwingt, ist die Person als universale Rückbezogenheit auf sich selbst. Indem die Person sich erschlossen ist, ist der Raum gegeben, in dem Bedeutsamkeit möglich ist in dem Sinne, daß in der Erschlossenheit ihrer selbst die Person allererst sich selbst gegeben ist und sie insofern für sich selbst etwas bedeutet. Sich selbst erschlossen, ist sie sich selbst gegenüber, in welchem Gegenüber je die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Deutung liegt, welche das sich in seinem Sein erschlossene Dasein je schon irgendwie vollzogen und darin sein Sein gedeutet hat, mithin sich selbst etwas be-deutet, sich selbst bedeutsam ist. Sofern die Person je in der Deutung ihrer selbst steht, steht sie als universales Beim-anderen-sein je auch in der Deutung des Seins alles Seienden, steht alles in ihrer Deutung, und mithin bedeutet alles etwas, steht das Sein alles Seienden im Raum von Bedeutsamkeit, in der die Person sich selbst bedeutsam ist. Die Bedeutsamkeit kommt insofern nicht nachträglich zum Sein alles Seienden hinzu, sondern als im Seinsverstehen des sich in seinem Sein erschlossenen Daseins ursprünglich mitgegeben, ist sie soweit wie das Sein des Seienden
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selbst. Das Seiende ist nicht etwa und kann dann nachträglich auch noch bedeutsam werden, sondern das Seiende als solches ist je schon im Horizont von Bedeutsamkeit, es ist in seinem Sein bedeutsam. Und nur aufgrund dieser apriorischen Bedeutsamkeit kann einzelnes oder alles gleichgültig werden, aber so, daß es der Person in der Gleichgültigkeit, in der sie sich alles gleich sein läßt, gerade darum geht und das bedeutsam ist, sich alles gleich sein zu lassen, weil sie darin die ihrem Sein gemäße Weise der Deutung ihrer selbst und ihrer Welt sieht, in der sie mit sich übereinkommen kann256. Der Person geht es in allem um etwas und darin um sich selbst. „Die Bedeutsamkeit ermöglicht die konkreten Gestalten des Weltdaseins. ... Von der Bedeutsamkeit her allererst räumt uns die Welt die Möglichkeiten ein, das Da unseres Daseins so oder so zu vollziehen, so oder so dazusein“257. Es ist nun aber weiter zu sehen, daß die Bedeutsamkeit als der Horizont der Deutung alles dessen, was ist, nicht von der Person selbst „nachträglich den im Sehen, im Denken u. s. f. eröffneten Gegenständen etwa angehängt oder äußerlich hinzugefügt“ ist258, sondern daß sie der Person apriorisch als ihr Horizont, in dem sie sich vorfindet, immer schon vorgegeben ist. Im Stehen in der Deutung von allem bedeutet ihr alles etwas, in allem geht es ihr daher um etwas, ohne daß sie sich dem je entziehen könnte. Und alles wird insofern daran bemessen, ob es übereinstimme mit dem, um was es je geht. Alles steht unter der Frage nach seiner Bedeutsamkeit, wobei diese ihr Maß an dem hat, um was es letztlich geht. Dieses als die Erfüllung der Bedeutsamkeit zeigt sich als das, in dem die Person sich mit sich selbst in Einklang findet, in dem sie in ihrem Sein mit sich in Übereinstimmung kommt, welche Übereinstimmung das Wort ‘Sinn’ nennt259. Das Maß der Bedeutsamkeit ist der Sinn. In allem geht es der Person um die sinnvolle Gestalt des Daseins. Diese ist das, in dem die Person in ihrem Sein mit sich und darin mit dem Sein alles Seienden in eins kommt, das worin ihr Sein und das Sein alles Seienden aller Fraglichkeit entzogen ist. Als das Ineinander von Bei-sich-sein und Beim-anderen-sein ist die Erfüllung des einen in eins die Erfüllung des anderen, und solange irgendein Seiendes im Raum von Welt und Mitwelt in seiner fraglichen Bedeutsamkeit nur negativ erfüllt ist, ist auch das Bei-sich-sein der Person nicht erfüllt und
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mit sich eins, welche Erfüllung und Einheit erst Sinn bedeuten260. Das Maß der Bedeutsamkeit ist der Sinn. Insofern alles im Horizont von Bedeutsamkeit steht, steht alles unter der Frage nach Sinn. Als das das Faktische bemessende Maß ist das Maß der Bedeutsamkeit nicht ableitbar vom Faktischen selbst. Es bemißt das Faktische, ist selbst aber kein zu bemessendes Faktisches261. Als vom faktisch Seienden unabhängiges Maß, umfaßt es das Sein alles Seienden262. Es gibt daher nur einen Sinn, der alles umfaßt. Der Sinn als das die Person in ihrem Sein Erfüllende, als das sie mit sich selbst und darin mit allem in Übereinstimmung Bringende kann auch das Heil genannt werden263. Denn das Sinnvolle ist das, was die Person mit sich übereinstimmen läßt, was sie eint und darin ganz werden läßt, welche Ganzheit in Einheit das aus-drückt, was der Ausdruck ‘Heil’264 nennt. Das Maß der Bedeutsamkeit ist als der Sinn das Heil, und so ist die Bedeutsamkeit „nichts anderes als der ursprüngliche Bezug zum Heile, in dem und mit dem alles und immer für uns aufgeht, was immer für uns aufgeht“265. Heil bedeutet erfüllte Einheit und Ganzheit und ist insofern nur Heil, als Person, Welt und Mitwelt in eins in der Weise erfüllten Sinnes heil sind. Heil als Sinn ist als das Allumfassende das Allvereinende. Insofern das Dasein als Da des Seins das Sein alles Seienden versammelt, ist Heilsein als Sein in Wesensfülle der Sinn des Seins alles Seienden. Heil als das Maß der Bedeutsamkeit enthüllt sich als der Sinn von Sein266. Und damit zeigt die Bedeutsamkeit „ontologischen Charakter“267. Im Prinzip der Bedeutsamkeit, als dessen Maß sich das Heilsein zeigt, enthüllt sich die Zugehörigkeit von Sein und Heilsein. „Und in diesem Sinne ist Seinsverständnis als solches Heilsverständnis, und dies aus seinem ersten Ursprung“268. Dieses Zusammen von Sein und Heilsein ist die Wurzel der Bedeutsamkeit269. Diese kommt in der Helle des Daseins zu sich selbst. Im Seinsverständnis als Heilsverständnis ist das Sein alles Seienden in die Frage nach dem Heilsein gestellt und so bedeutsam, und zwar so, daß aufgrund der Einheit und Ganzheit des Heils das Heilsein als die Wesensfülle je jedes Seienden konstitutiv ist für das Heil des seinsverstehenden Daseins270. Das Heil als der Sinn des Seins der Person ist nur als die Sinnerfüllung des Seins alles Seienden. Heil ist unteilbar, allumfassend und allvereinend. Es ist ein Eines für alle und alles und dies unbedingt, d.h., es ist Heil in allen möglichen Beziehungen und Hinsichten
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und unter allen möglichen Bedingungen. Das Heil als das die Person in ihrem Sein Erfüllende ist zwar das Heil dieser einzelnen Person, und daher ist Heil nie ein formales Allgemeines. Es ist immer an die unvergleichliche Einmaligkeit der Person zurückgebunden271, aber so, daß dieses das Einmalige erfüllende Heil nicht isoliert individuelles Heil ist, sondern in der transzendentalen Offenheit der einmaligen Person das Heilsein aller und von allem von ihrem Heil unabtrennbar ist. Heil ist nicht allgemeines Heil im Sinne einer Idee von Heil, unter die jedes individuelle Heil subsumiert werden könnte, aber es ist auch nicht Heil im Sinne der isoliert gedachten Vereinzelung, sondern es ist als Heil das Heil je jedes einzelnen und darin aller und von allem. Das Heil ist nicht das Allgemeine beliebig vieler gleicher und deshalb gleichgültiger Fälle, sondern es ist das Heil, das als der Sinn des Seins alles Seienden jedes einzelne in seiner Bedeutsamkeit erfüllt, in welcher Bedeutsamkeit gerade jedes einzelne an es selbst zurückgegeben und als es selbst gemeint ist und das als Heil alles einzelne nur als Erfüllung des Sinnes aller und von allem erfüllt. Das einzelne ist darin so aufgehoben, daß es nicht vertreten werden kann, sondern daß es als dieses einzelne zum Heilsein von allem gehört und umgekehrt das Heilsein von allem zu seinem Heil272. Das Heil als der Sinn ist allumfassend, allvereinend und unbedingt und als solches unendlich. Und als unendlich ist es, in der zeitlichen Dimension gedacht, als unvergänglich und ewig zu beschreiben. Das Heil ist das, was die Person als das den Sinn ihres Seins Erfüllende ganz in Anspruch nimmt. Es ist als Sinn ihres Seins das sie in ihrem Sein Gründende und insofern immer schon Beanspruchende, aber als dieses ist es das ihr Unverfügbare. Es ist vom Menschen nicht herstellbar. Es ist das ihn Gründende und als solches ihm Entzogene, das ihm als Grund in eins Erfüllung ist. Der Mensch als Heilsverständnis ist Aussein und Hinzielen auf das ihm unverfügbar Entzogene, welche Unverfügbarkeit ihn in die Haltung der Offenheit, des Wartens und Hoffens entläßt. Die Bedeutsamkeit, deren Maß sich als das Heil enthüllt und die den Ort ihrer Entfaltung im Seinsverständnis als Heilsverständnis hat, ist die Wurzel der Bedeutsamkeit auch alles Geschichtlichen. Nun erst hat sich dessen Bedeutsamkeit als die Bedeutsamkeit des Einzelnen als solchem in ihrem sie tragenden personalen Grund
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enthüllt. Indem der Mensch, in der Helle des Seins stehend, dieses auf Heil hin als den es erfüllenden Sinn versteht, steht auch die Geschichte als das Geschehen der Entfaltung personalen Selbstseins im Horizont der Bedeutsamkeit und damit ist alles Geschichtliche bedeutsam. Alles Geschichtliche steht auf einem personalen Grund, der in allen seinen Bezügen die Erfüllung seines Sinnes als das Heil zu realisieren sucht, welches Heil als Heil Mensch, Welt und Mitwelt und so die ganze Geschichte in ein Eines versammelt. In diesem Sinne ist Geschichte immer und im ganzen Heilsgeschichte273. Alles Geschichtliche steht unter dem Maß der Bedeutsamkeit. Es ist ausgespannt im Horizont eines Unbedingten, das als sein Sinn in eins Grund und Erfüllung, Ankunft und Zukunft ist. Das Geschichtliche steht in seiner je anfänglichen Gegenwärtigung auf der Unverfügbarkeit der Herkunft, die als solche auch Unverfügbarkeit der Zukunft ist. Es steht in einem Unverfügbaren, daß es gleichwohl in allem Geschehen gewärtig-gegenwärtigend zu realisieren sucht, das aber als das Maß seines Sinnes in eins das Maß der Gemäßheit der Weise seiner geschichtlich-endlichen Realisierung ist, d.h., die Geschichte steht unter dem Anspruch der Achtung der Grenze des sie gründend-erfüllenden Unverfügbaren. Es bleibt dem noch ein Weiteres hinzuzufügen. „Das wesentliche Heil an sich selbst, zu dem wir uns ursprünglich bezogen finden und an dem alle Bedeutsamkeit hängt, es überschreitet alle mögliche Gegenständlichkeit. Es ist das Nicht, als das Darüberhinaus, gemessen an der Mannigfaltigkeit oder der Summe der möglichen Gegenstände. Im verwirrten Scheine dieser Negativität zeigt sich uns zuerst sein alles überschreitendes, sein grenzenloses Wesen“274. Das Maß der Bedeutsamkeit ist das Nicht, aber nicht als nichtiges Nicht, sondern als das Überschreiten von Seiendem, von Denken und Sprache. Es ist das Nicht als das Undenkbare, Unvorstellbare, Unbegreifbare, Unsagbare und daher Ungegenständliche. In solcher Rede deutet sich schon der Gedanke des Nichts an, wie er in späteren Schriften reicher entfaltet wird und wie er besonders auch in den zwei Wegen zu Gott in Weltes ‘Religionsphilosophie’ Gestalt gefunden hat275 und als dessen Hintergrund Heideggers Gedanke vom Nichts als dem „Schleier des Seins“276 gelesen werden muß. Auch in diesem Zusammenhang der Entfaltung der Bedeutsamkeit zeigen sich mithin schon in der Vorlesung G 49/50 erste Anzeichen eines „nachmetaphysischen“ Denkens an, das aber als
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neues Denken für Welte immer auch seinen geschichtlichen Vorgängern verpflichtet bleibt und in der Tradition der theologia negativa geschichtliche Vorläufer und Vorbilder findet, aus denen es schöpft, wie Weltes Arbeiten etwa zu Meister Eckhart eindringlich zeigen277. Als das Nicht ist das Maß der Bedeutsamkeit das Entzogene und Ferne, aber als das alles Bestimmende und Bemessende ist es zugleich das Nächste. Es begegnet dialektisch, „es ist zugleich da und nicht da“278. In dieser Dialektik zeigt es seine unbedingte und unendliche Bestimmungsmacht, die jenseits aller Verfügbarkeit und Herstellbarkeit liegt. Der Mensch und in ihm die Geschichte finden sich in der Macht und Weite des sich dem begreifenden Denken als Nicht enthüllenden Maßes der Bedeutsamkeit, als Nicht aller Seiendheit und Gegenständlichkeit, als reines Darüberhinaus, als „alles umfassendes und bergendes Über“279, als das unantastbar Entzogene und insofern Fernste, aber gleichwohl alles Bestimmende und insofern Nächste, als „numinoses, heiliges und göttliches Wesen“280. „Das wesentlich menschliche Heil zeigt ein göttliches Antlitz“281. Die Göttlichkeit des Heils zeigt sich von sich her, sie ist nicht ein zum Heil Hinzugefügtes und der Vorstellung vom Heil Äußerliches, sondern das Heil enthüllt sich von sich her als göttlich, welche Göttlichkeit sich als alle Vorstellungen unendlich transzendierend zeigt. Die Phänomenalität des Sich-Entziehens als das unendlich Transzendierende und des darin zugleich unbedingten Einforderns, Betreffens und Angehens versucht das Wort „heilig“ zu nennen. Welte führt Göttlichkeit und Heiligkeit des Unendlichen und Unbedingten als des Maßes der Bedeutsamkeit im Zusammenhang seiner Philosophie des Geschichtlichen nicht weiter aus, sondern nennt sie nur als das im Blick auf das Geschichtliche von sich her Sich-Zeigende282. b) Betroffenheit Die Bedeutsamkeit steht, insofern sie im Sein der Person wurzelt, immer schon im Horizont möglicher Begegnung. Hier nun soll die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen von der Seite des ihr begegnenden Mitseins betrachtet werden283.
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Alles Geschichtliche geschieht im Raume des Miteinanderseins, und so ist das Bedeutsame, das geschieht, das Bedeutsame „im Angesichte von ...“284. Die Bedeutsamkeit ist nicht zunächst isoliert und gleichsam nur für sich, sondern sie ist als Bedeutsamkeit je schon Bedeutsamkeit „im Angesichte von ...“. Der Horizont möglicher Begegnung gehört ihr so wesentlich und ursprünglich zu, daß gesagt werden kann, daß das ihr zugehörige Außen, das sie für mögliche Begegnung ist, zugleich ihr Innen, ihr eigentliches Wesen ist285. Das Geschichtliche hat als das Bedeutsame von innen her den Bezug auf mögliche Begegnung. Bedeutsamkeit als Bedeutsamkeit ist Bezogensein auf mögliches kommunikatives Mitsein. Von der Seite dieses begegnenden Mit, also von außen betrachtet, zeigt sich die Bedeutsamkeit als „Betroffenheit“286. Die Bedeutsamkeit entfaltet sich in der Begegnung als Betroffenheit, und wo der Begegnende nicht angegangen ist vom Geschehen des Geschichtlichen in dem Sinne, daß er als er selbst betroffen ist, da ist er diesem auch nicht eigentlich als Geschichtlichem begegnet. Zur Begegnung gehört, daß sich der Begegnende ins Spiel bringt und wagt. Er muß sich loslassen an den anderen Ursprung, um dem Du als Du zu begegnen. Dieselben Verhältnisse walten hier, da ja das geschichtlich Bedeutsame im Sein der Person und ihrem Stehen in der Offenheit des Seins wurzelt, in welcher Offenheit sie unendlich bestimmt ist von dem Hinblick auf das Heil als dem Sinn von Sein. Und so kann sich die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen nur im Personalen, in der Begegnung, entfalten. Zur Begegnung gehört, daß der Begegnende als Sich-Loslassender gleichwohl ganz er selbst ist. Denn nur als er selbst, als freie Ursprünglichkeit kann er dem Du als freier Ursprünglichkeit begegnen und darin als er selbst getroffen und betroffen sein. Betroffenheit fordert Selbstsein. Welte umschreibt das Betroffensein als „Sympathie“287. Dasselbe Phänomen deutet er in der Vorlesung G 67/68 als „Solidarität“288. Beides meint das auf dem Grunde des Miteinanderseins geschehen- de Einssein, in dem alle Menschen als sie selbst mit allen in ei-nen Raum der Nähe, des Verstehens und der Begegnung gestellt sind. Welte charakterisiert die Sympathie als „Mitschwingen“ und „Mit-Leben“, als „Einbezogensein“ in das Leben des anderen, als „Mit-Sein“ und „Kommunikation“289. Sie meint die Seinsweise der Person, in der diese immer schon in die Weite universalen Mitseins geöffnet ist und auf deren Grund faktisch viele Weisen des Miteinander
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möglich sind, auch solche der Befremdung, des Unsympathischen und des Nicht-Solidarischen. Geschieht nun die Bedeutsamkeit im Horizont des Mitseins als Betroffenheit, so geschieht das Bedeutsame je für den Begegnenden selbst, und es geschieht darin nicht als ein diesem Äußerliches, sondern es geschieht in der Betroffenheit die Bedeutsamkeit, in der sich der Begegnende selbst und darin alles bedeutsam ist. Es vollzieht sich eine „Identifikation“290, in welcher das Bedeutsame als es selbst geschieht, indem es als Betroffenheit des ihm Begegnenden geschieht und in welcher der Begegnende in der Betroffenheit als er selbst geschieht. „Es geschieht das ‘Mit’ als solches, nicht zusätzlich, sondern als das Geschehen des Bedeutsamen“291. Welte betont, daß im Geschehen der Zweieinigkeit von Bedeutsamkeit und Betroffenheit nicht allein und zuerst die Wirkungen, die unmittelbar an den Begegnenden heranreichen, betreffen, sondern daß die Bedeutsamkeit des Geschehens selbst betrifft, wie lange vergangen es auch sein mag. Alles Geschichtliche ist bedeutsam und betrifft, indem es geschieht und geschehen ist. Seine Bedeutsamkeit liegt nicht in der Schwere und Gewichtigkeit seiner Folgen. Geschichtlich ist je bedeutsam, „daß solches geschieht und geschah“292. Das Geschichtliche betrifft selbst als das, was geschah, da in ihm je die Person selbst in ihrer unantastbaren Selbstgehörigkeit geschieht. Deshalb kann alles Geschichtliche betroffen machen, wie weit in Raum und Zeit es auch entfernt sein mag. Die Weite der Bedeutsamkeit ist von ihrem Wesen her unbegrenzt. Sie ist so weit und damit so unbegrenzt wie die Tiefe personalen Selbstseins und die Weite personalen Mitseins. Grundsätzlich muß gesagt werden, daß es kein mögliches Geschehen in der Geschichte gibt, das als solches außerhalb der Macht der Bedeutsamkeit läge und so außerhalb der Betroffenheit möglicher Begegnung293. Dagegen spricht auch nicht die Fülle historischen Materials, das zwar gesammelt und geordnet vorliegt, das aber nicht mehr bedeutsam zu sein scheint. Als bloße Sammlung von Daten scheint es außerhalb der Macht des Betreffens. Vieles ist nur noch museal und antiquarisch aufbewahrt, aber nicht mehr als betroffenmachende Wirklichkeit Gegenwart. Als bloße Historie aber ist das Geschichtliche nicht in der Wirklichkeit der Begegnung, allenfalls in der Möglichkeit dazu. Denn zur Begegnung gehört die Wirklichkeit
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des Begegnenden mit hinzu, von welcher die Historie gerade absieht. Der Begegnende muß sich in den personalen Grund des Geschichtlichen freigeben, um so in seinem eigenen personalen Sein betroffen werden zu können. Diese Freigabe ist wie alles Personale nicht zu erzwingen, sie geschieht als personale ursprünglich und frei. Aber nur, wenn sie geschieht, geschieht Begegnung und in ihr Bedeutsamkeit und Betroffenheit. Allem Geschichtlichen gegenüber ist die Öffnung auf personale und darin geschichtliche Begegnung möglich, aber sie ist nicht erzwingbar. Sie ist von der musealen Sammlung des Historischen nicht herstellbar. Sie erfordert als ursprüngliche Seinsart einen eigenen, nur aus ihr selbst entspringenden Anfang. Dieser aber ist der Person als Person, die sich zwar als solche immer auch im Horizont von Sachbezügen bewegt, immer möglich, ja er ist von ihrem Wesen her gesollt. Immer steht die Person unter dem Anspruch, personalem Mitsein nicht sachlich, sondern personal zu begegnen294, und insofern das Geschichtliche einen personalen Grund hat, ist die stets mögliche und geforderte Haltung gegenüber dem Geschichtlichen die des Sich-betreffen-Lassens in der personalen Begegnung, in der dieses erst seine Bedeutsamkeit entfalten kann. Die Begegnung mit möglichem Mitsein ist nicht nur mit gegenwärtigem Mitsein gefordert, sondern es ist aufgrund der Universalität des Mitseins, die alle Räume und Zeiten umspannt, auch gegenüber vergangenem, wie möglichem künftigen Mitsein gesollt. Die Betroffenheit, als die sich die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen in der Begegnung entfaltet, ist als Möglichkeit personalen Seins selbst ein Geschehen. Sie geschieht geschichtlich und ist als solche ein selbst bedeutsames Geschehen. Der zur Bedeutsamkeit gehörende Horizont möglicher Begegnung ist von der Art geschichtlichen Geschehens. Die Geschichte enthüllt sich als „ihr eigener Horizont“295. Die Betroffenheit ist selbst Geschehen und Geschichte. In der Geschichte ist alles geschichtlich. Alle Momente des Geschichtlichen zeigen an sich den Charakter geschichtlichen Geschehens. So geschehen auch die Bedeutsamkeit und die ihr zugehörende Betroffenheit und ihr Zueinander selbst wiederum geschichtlich und als Geschichte. Das bedeutet, daß die geschichtliche Bedeutsamkeit nur ist, insofern sie als Geschehen einer Person geschieht, in dem diese sich in ihrem ihr selbst bedeutsamen Sein vollbringt, und insofern sie in der Begegnung als Betroffenheit geschieht,
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in der sie je neu und anfänglich gezeitigt wird, indem sie auf dem Grunde eines je neuen geschichtlichen Mit eine je neue Betroffenheit zeitigt, in welcher der Begegnende sich in seiner je geschehenden Geschichte mit einbringt und in dieser und als diese betroffen wird und in dieser Betroffenheit die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen anverwandelnd in die Bedeutsamkeit seiner geschehenden Geschichte mit hineinnimmt. Im Geschehen von Bedeutsamkeit und Betroffenheit geschieht das geschichtliche Mitsein von Geschichte mit Geschichte. c) Unerschöpflichkeit und Unvergeßlichkeit Mit der Geschichtlichkeit von Bedeutsamkeit und Betroffenheit ist noch ein Weiteres gegeben. Bedeutsamkeit und Betroffenheit sind als ihr je geschichtlich geschehendes Zueinander je neu und anfänglich gezeitigt, und darin sind sie „unerschöpflich“296. In jeder Begegnung wird das geschichtlich Bedeutsame in seiner Anfänglichkeit je neu gezeitigt und entfaltet darin seine Bedeutsamkeit je neu. Die Bedeutsamkeit entfaltet sich in der Betroffenheit je anfänglich. Sie ist darin unerschöpflich, weil anfänglich sie selbst. Hier zeigt sich ein weiteres Mal die durchgängige Singularität und Kontinuität des Geschichtlichen. Das Geschichtliche ist als das in seiner Einzelheit Bedeutsame das Singuläre und in der Betroffenheit, in die das geschichtlich Bedeutsame sich entfaltet, das Kontinuierliche, welches das Einzelne in einen universalen Horizont stellt, in dem es in seiner Anfänglichkeit unerschöpflich es selbst bleibt297. In der Unerschöpflichkeit des Geschichtlichen ist dieses zu ihm selbst befreit, insofern es als unerschöpfliches nie nur als Moment eines über es hinwegrollenden Fortschritts verrechnet und gleichsam „ausgeschöpft“298 werden kann. Das Geschichtliche ist als das in seiner Einzelheit bedeutsame Einmalige und Unwiederholbare das Unerschöpfliche, weil zum einen je endliche Realisierung eines unendlichen Heilsinteresses und unbedingten Sinnentwurfs und zum anderen in der möglichen Kommunikation mit einer seine Anfänglichkeit je neu zeitigenden Betroffenheit. Es ist als je Einzelnes geborgen und aufgehoben, gleichsam gerettet vor der Macht eines alles verschlingenden und alles zum bloßen Moment funktionalisierenden
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je weiteren Fortschreitens. Das Geschichtliche ist nie nur Durchgang, nie nur Wirkung, die zugleich nur Ursache eines nächsten Gliedes in der Reihe ist. Es ist nie nur Mittel. Als das Unerschöpfliche ist es das „Unausschöpfliche“299. Diese wesentliche Unerschöpflichkeit des Geschichtlichen kann nicht durch den Fortschritt der historischen Forschung verringert oder gar, wenigstens ihrer Intention nach, einmal gänzlich aufgehoben werden, so daß das Geschichtliche einmal ganz erforscht und damit als es selbst ganz ausgeschöpft wäre300. Die historische Forschung erreicht die geschichtliche Unerschöpflichkeit nicht, insofern sie sich an der Objektivierbarkeit und Feststellbarkeit des Historischen orientiert. Ihr geht es um objektiv feststellbare und nachprüfbare Tatsachen und Daten, in welcher Objektivität der Betrachter als Betrachter so weit wie möglich ausgeschaltet werden soll. In solcher Objektivität aber ist der personale Grund des Geschichtlichen gerade nicht beachtet. Er ist nur in der personalen Begegnung zugänglich, die einmal aufgrund der absoluten Selbstgehörigkeit der Person und zum anderen aufgrund der grenzenlosen Weite des personalen Mitseinshorizontes unerschöpflich bleibt. Welte sollte hier nicht dahingehend mißverstanden werden, als rede er einer subjektivistischen und infolgedessen unkontrollierbaren und irrationalen Geschichtsbetrachtung das Wort, sondern sein Anliegen geht dahin zu zeigen, daß über jede für die moderne Rationalität unerläßliche und nützliche Geschichtswissenschaft hinaus eine Auseinandersetzung mit dem von der Historie erarbeiteten und bereitgestellten historischen Material für das geschichtliche Dasein notwendig und gefordert ist, die mit den Methoden der Geschichtswissenschaft selbst nicht geleistet werden kann und die letztlich nur auf dem Boden geschichtlichen Selbstseins möglich ist. Die Geschichte hat ihren Grund und Ort in Personen und ist daher als Geschichte nur in Personen, und Person ist selbst nur sie selbst in der Geschichte, als die sie geschieht, und in der je umfassenden Geschichte, in der sie gründet und innesteht. Geschichte ist ihr eigener Horizont. Nur in der Geschichte und als Geschichte vollzieht sich eine Begegnung mit der Geschichte als Geschichte. Die Geschichtswissenschaft selbst ist eine aus der Geschichte hervorgegangene, in der Geschichte geschehende und mithin eine in die Geschichte hinein zu integrierende Weise geschichtlichen Daseins. Historie
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als objektivierende, d.h. von der Geschichtlichkeit des Erkennenden absehende Erkenntnis des Vergangenen als Möglichkeit geschichtlichen Daseins fordert als diese Möglichkeit die Reintegration in die eigene Geschichtlichkeit des Historie Treibenden, d.h., sie fordert die Auseinandersetzung der eigenen Gegenwart mit dem objektiv erkannten Vergangenen als des herkünftig Gewesenen und insofern anzueignenden Künftigen. Gegen die eben entwickelte Unerschöpflichkeit der Geschichte steht nun aber die in der Geschichte sich zeigende Macht des Vergessens301, durch die das Geschichtliche immer wieder zum nicht mehr Bedeutsamen, vielleicht noch dunkel und schwebend Verschwimmenden oder gar schon Vergessenen wird. Dieses Vergessen, das sich faktisch immer wieder zeigt, enthüllt aber dennoch die der unerschöpflichen Bedeutsamkeit des Geschichtlichen wesentlich zugehörende Unvergeßlichkeit. Denn nur als das Unvergeßliche kann das Geschichtliche vergessen werden, so daß das Vergessen an ihm selbst hervortreten kann. Das Geschichtliche „geschieht als das Unvergeßliche“302. Wo das Vergessen seine Macht entfaltet, ist es, vom Geschichtlichen selbst her betrachtet, das Negative und Widerstreitende. Als das Bedeutsame ist das Geschichtliche das Unvergeßliche. Steht das Bedeutsame je auf einem personalen Grund, so steht es damit je auf der unantastbaren Würde eines sich selbst gehörenden, unvergleichlichen Ursprungs, der von seinem Wesen her in den Anspruch einer gesollten Begegnung stellt, welches Sollen somit Unvergeßlichkeit fordert. 6. Augenblicklichkeit Aus der Einmaligkeit und Bedeutsamkeit alles Geschichtlichen ergibt sich eine weitere für dieses kennzeichnende Kategorie, die Augenblicklichkeit. Welte entwickelt diese in der Vorlesung G 49/50303 als „entscheidende Augenblicklichkeit“304. Diese ist in dieser Vorlesung der zentrale Gedanke, in dem das Wesen des Geschichtlichen zusammengefaßt wird und von dem aus alle Phänomene der Geschichte verständlich werden sollen. Von der entscheidenden Augenblicklichkeit aus teilt sich die Geschichte in zwei Dimensionen, in die transzendierende Tiefe ihres unendlichen Heilsbezugs und in die immanente Breite, in die sich dieser in der Realisierung
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in die Mannigfaltigkeit und Endlosigkeit des Endlichen hinein umlegt. Von diesem Gedanken her versteht Welte in dieser Vorlesung das Ganze der Geschichte. In den späteren geschichtsphilosophischen Vorlesungen ist dieser Gedanke nicht mehr die Mitte, um die sich alles weitere herumlegt. Die Kategorie der Augenblicklichkeit tritt eher zurück und erscheint im Zusammenhang der Entfaltung des Geschehens in seiner Anfänglichkeit und Gegenwärtigung. Für diese neue Weise der Sicht des Augenblicks kann, wie schon bei den Darlegungen zur Personalität, wiederum veröffentlichtes Material mit herangezogen werden305. Gleichwohl aber muß auch hier gesagt werden, daß der Gedanke der Geschichte als Raum, in dem sich die personale Heilsentscheidung zuträgt, und die ihm korrespondierende Sicht des Augenblicks in seinem Entscheidungscharakter gültig bleibt. Sie tritt nur zurück hinter einem ihn umfassenden, bereichernden und vertiefenden Gedanken. Dieser wird im zweiten Teil dieses Abschnitts kurz beleuchtet, wird aber seine tiefere Aufhellung erst im Abschnitt über die epochale Seinsgeschichte finden. a) Entscheidende Augenblicklichkeit306 Da es in der Geschichte aufgrund ihres personalen Grundes je um etwas geht, letztlich um das Heil als den Sinn, ist das Geschichtliche je das, in dem sich das Heil entscheiden muß. Nur als das noch Ausstehende und noch nicht Entschiedene ist das Heil das, um was es im geschichtlichen Geschehen je geht, und nur aufgrund dieses Worumwillen ist das Geschichtliche als solches das Bedeutsame. „Geschichte ist das je im Einzelnen Bedeutende als Medium der je jeden selbst betreffenden Heilsentscheidung“307. Als Geschehen des Bedeutsamen, als Geschehen der Entscheidung des Unendlichen des personalen Sinnbezugs geschieht das Geschichtliche als der Augenblick. Der Augenblick ist Augenblick, insofern in ihm die Person je das Unendliche ihres Heilsbezugs realisiert und entscheidet. Wiewohl sich in der Geschichte je das Unendliche und Unbedingte des Sinnentwurfs entscheidet, trägt sich diese Entscheidung aber in der Endlichkeit der geschichtlichen Zeitlichkeit zu. Aufgrund der zeitlichen Einmaligkeit alles Geschichtlichen, die durch
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den Tod als die Endlichkeit der Zeitlichkeit in ihrer Einmaligkeit qualifiziert wird, ist jeder Moment als einmaliger in eins endgültig. Die Endgültigkeit durchwaltet die geschichtliche Augenblicklichkeit, und erst von ihr her ist der Augenblick Augenblick. Wären nicht alle geschichtlichen Augenblicke von der Endlichkeit der Zeitlichkeit durchwaltet, die nicht nur als innere jeden Augenblick als einmalig vergehenden und ins Unwiederbringliche der Vergangenheit sich entziehenden, sondern auch als äußere vom Tod als dem drohenden und einstehenden Ende her jeden als den möglich letzten und damit endgültigen qualifizierte, so wäre jeder Augenblick im Horizont der Endlosigkeit der Zeitlichkeit und damit im Horizont der Möglichkeit endlosen Zurückkommens auf ihn, und so wäre der Augenblick nicht eigentlich endgültig und insofern nicht Augenblick. Im Horizont einer endlosen Zeit ist der Zeitmoment als solcher nicht qualifiziert. Er ist gleichgültig und selbst zeitlos. Er steht in einer endlosen Reihe gleichwertiger und damit inhaltsleerer Jetztpunkte, die nur den Rahmen bilden für ein in ihnen sich unabhängig von ihnen Vollziehendes, das Zeit braucht, aber selbst zeitlos ist. Der bloße Jetztpunkt einer endlosen Zeit ist nicht Augenblick. Zum Augenblick gehört die Endlichkeit der Zeitlichkeit, die erst jeden Moment der Zeit auf ihn selbst stellt und mit dem Geschehenden so unwiderruflich verbindet, daß Zeit und Geschehen eins sind, da es aufgrund der äußeren Endlichkeit der Zeit je nur jetzt Zeit ist. Der Augenblick geschieht endgültig, und in ihm geschieht das Endgültige, das, was sich angesichts des drängenden Endes nur in endlichem Zeitspielraum vollzieht und auf das deshalb nur noch endlich zurückgekommen werden kann, ja, von der Unverfügbarkeit des Endes her gesehen, der Möglichkeit nach gar nicht mehr, und das angesichts dieses Endes bestehen soll als das, in dem sich das Ganze des Daseins in seinem Sinn erfüllen kann308. Was je in der Geschichte geschieht, geschieht als das, was Unendliches endgültig entscheidet, und mithin geschieht es als Augenblick. Diese endgültige und entscheidende Augenblicklichkeit ist in der Geschichte meist verdeckt. Offen liegt sie nur in den großen und ausgezeichneten Augenblicken, in denen je das Ganze des Heilsbezugs gesammelt erscheint und das Selbst als es selbst nicht nur verhüllt, sondern ihm selbst offen und erfahrbar auf dem Spiel steht, wie z. B. im Augenblick der Liebe, der großen Entscheidung
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und des Todes, welche ausgezeichneten Phänomene Welte in seinem Philosophieren immer wieder dazu dienen, die an ihnen deutlicher und offener sich zeigenden Verhältnisse auch für die diese Verhältnisse nur schwächer spiegelnden alltäglichen Phänomene ans Licht zu bringen. Die Endgültigkeit waltet überall in der Geschichte, auch in den alltäglichen Geschehnissen, in denen scheinbar nur Nicht-Endgültiges entschieden wird, auf das immer wieder zurückgegriffen und verändernd eingegriffen werden kann. Denn das Geschehen ist zwar, solange es im Geschehen ist, noch wandelbar, aber es geschieht auch als dieses seinem Wesen nach endgültig, denn es ist als je geschehendes vergehend sich entziehend und als entzogenes unwandelbar und unangreifbar, und es ist vom drängenden Ende der Zeit her in der ihm wesentlichen Möglichkeit des Nicht aller Möglichkeiten, des Nicht jeglicher zukommender und zukünftiger Zeit. Das sich vordergründig bietende Bild der Geschichte als das immer weiter Sich-Webende und immer mächtiger und reicher In-sich-Sammelnde, als „epídosis eis tò autó“, als Zugabe in das Selbe, als welche alles das NichtEndgültige, Durchgang und Werden ist, ist daher nur die „inkomplete Modifikation“309 der wesentlichen Endgültigkeit alles Geschichtlichen. An dieser Stelle erscheint das einzige Mal in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen der Ausdruck ‘epídosis eis tò autó’, der von Aristoteles zur Beschreibung des Verhältnisses eines Vermögens zu seiner aktualen Erfüllung geprägt ist310 und bei J. G. Droysen als Beschreibung der Geschichte im Gegensatz zur Natur aufgenommen wird311. Bei Welte findet sich der Ausdruck auch in anderen Zusammenhängen, so im Anklang an die Verwendung bei Aristoteles bei der Entfaltung des Problems des Verstehens zur Klärung des Verhältnisses eines ursprünglichen Vermögens des Verstehens zu seiner Realisierung312 und bei der Entfaltung des Miteinanderseins zur Beschreibung des Verhältnisses des apriorischen Miteinander zum Geschehen seiner erfüllenden Verwirklichung313. In der ‘Religionsphilosophie’ beschreibt der Ausdruck das Geschehen des Ursprungs in seinem Entspringenlassen314. Der Ausdruck steht in seiner Prägung bei Aristoteles grundsätzlich in der Gefahr einer geschichtslosen oder zumindest geschichtsfernen Interpretation, und so muß auch der Gebrauch bei Welte näher untersucht werden, besonders im Zusammenhang der Entfaltung des Problems des Verstehens,
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bei der sich Welte in seinen frühen Texten noch deutlich an ein von der aristotelisch-thomistischen Akt-Potenz-Lehre geprägtes Modell von Verstehen zumindest anlehnt, welches sich auch noch in den Ausführungen zum Verstehen im ‘Heilsverständnis’315 bemerkbar macht. Gleichwohl aber muß gerade auch für diese Ausführungen aus dem Jahre 1966 gesagt werden, daß sie für Welte eine geschichtliche Interpretation des Ausdrucks nicht ausschließen, sondern gerade fordern, denn für sie muß als Hintergrund der Gedanke der Geschichtlichkeit der Wahrheit und der der epochalen Seinsgeschichte, wie er in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen und in anderen Texten bis dahin bei Welte schon vorliegt, mitgelesen werden. Bei Welte also muß der Ausdruck zunehmend auf die Geschichtlichkeit hin interpretiert werden. Daß Welte etwa im ‘Heilsverständnis’ diesen Ausdruck wählt, mag darin begründet liegen, daß dieser den von ihm gemeinten Sachverhalt des Verstehens trifft, nämlich daß dieses ein apriorischer und transzendentaler Vollzug ist, der mit dem Dasein mitgesetzt und so weder lehrbar noch lernbar ist und daß dieser Ausdruck darüberhinaus gleichwohl offen für eine geschichtliche Interpretation ist, denn er meint das Verstehen als Vollzug, nicht aber das Verstehen in Bezug auf seinen Inhalt, er meint, daß Verstehen immer aus Verstehen und in Verstehen hinein geschieht, darin aber gerade offen sein kann für ein je neu und unableitbar Aufgehendes, ein „Noch-nie-Dagewesenes“316 als aktuell zu Verstehendes, das in seiner unableitbaren Neuheit verstanden werden muß, soll es dem Verstehenden als dieses offen sein. Zugabe in das Selbe bedeutet daher in Anwendung auf das Verstehen nicht notwendig, daß das je zu Verstehende das immer schon Verstandene ist, so daß Geschichte immer schon in den Binnenraum der absoluten Vernunft eingeholt, mithin als Geschichte aufgehoben wäre. Die Gefahr einer solchen ungeschichtlichen Interpretation aber mag die Zurückhaltung in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen mit beeinflußt haben. Auffallend ist zudem, daß der Ausdruck, in der einzigen Anwendung, die er in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen, hier in der Vorlesung G 49/50 wohl im Anklang an Droysen, findet, eine eigene Wendung nimmt, so daß er gerade Beschreibung einer nur „inkompleten Modifikation“ des Geschichtlichen ist. Diese Wendung ist in dieser Vorlesung angestoßen von der Zweidimensionalität des Geschichtlichen, der transzendierenden Tiefe und deren Umschlag in
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die Endlosigkeit der Immanenz, in der die Geschichte hier beschrieben wird, so daß epídosis eis tò autó Beschreibung des Geschehens in seiner endlosen immanenten Breitenentfaltung im Gegensatz zur Endgültigkeit der transzendierenden entscheidenden Augenblicklichkeit meint und so nur eine Seite des geschichtlichen Geschehens trifft, dieses selbst mithin nicht in seinem ganzen Wesen beschreibt. Aber auch als Beschreibung dieses immanenten Geschehens der Geschichte verlangt der Ausdruck eine der Geschichtlichkeit entsprechende geschichtliche Interpretation. Er ist als Beschreibung des Geschichtlichen gerechtfertigt, insofern dieses ja gerade dadurch ausgezeichnet ist, daß alles Sich-Wandelnde auf ein Währendes und Dauerndes bezogen ist, daß es das Diskontinuierliche nur als ein zugleich auf ein Eines und Selbes, auf Kontinuierliches Sich-Beziehendes ist. Das Geschichtliche ist Geschichtliches gerade dadurch, daß es, zeitlich betrachtet, alles in ein Selbes, nämlich in die Einheit der in sich erstreckten Zeitlichkeit, integriert oder daß es, in seinem personalen Grund betrachtet, alles je begegnende andere und Fremde in das Selbe des Selbstseins der Person einholt. Nur muß in allen diesen Hinsichten sowohl ‘epídosis’ als auch ‘autó’ je in der rechten Weise verstanden werden. Gerade der Ausdruck ‘das Selbe’ verführt zu un-geschichtlichen Mißverständnissen. Weder darf ‘epídosis’ als bloße Summation verstanden werden noch ‘autó’ als starre unbewegliche und unwandelbare Selbigkeit, was in sich schon einen Widerspruch darstellt, da zur Selbigkeit als solcher Anderheit gehört. Die Geschichte ist epídosis eis tò autó, insofern sie in einem personalen Grund wurzelt, der als endliches Selbst im Horizont der Einheit der Zeit und der Einheit von Ich und Du und Welt steht. Sie ist je Zugabe in ein Selbes, welche Zugabe und welches Selbe und ihr Zueinander aber selbst nur geschichtlich geschehend sind. Die Zugabe ist geschichtliche Zugabe nur, wenn sie nicht Hinzufügung im Sinne der Summation, sondern Integration und Anverwandlung des unvorhersehbar Neuen im Geschehen der Zeitigung der Einheit der Zeit ist, wenn sie gegenwärtig das ankommend Künftige in die Weite des herkünftig Gewesenen integriert. Und das Selbe ist geschichtlich Selbes nur, wenn es nicht unwandelbare Starrheit und Unbewegtheit bedeutet oder das Selbe einer evolutiven, sich nur auseinanderfaltenden Bewegung eines als es selbst schon Angelegten und Vorbestimmten ist oder als das Selbe der hegelisch verstandenen Absolutheit
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der Vernunft gedacht wird. Geschichtliche Selbigkeit ist nur als die vom geschichtlichen Geschehen als Anfänglichkeit gezeitigte Integration und Öffnung auf das je Unableitbare, Ursprüngliche und Unverfügbare, als freie Zugabe in eine freie Anverwandlung, als freies Wort auf freie Antwort hin, als Gespräch, in dem jedem Partner die Sprache unvorhersehbar und unverfügbar vom anderen geschenkt ist und das so als Gespräch selbst das Unabsehbare und in keiner Weise Verfügbare zeitigt. Auch hier greifen die Möglichkeit des geschichtlichen Verständnisses des Ausdrucks und die seines dialogischen Verständnisses ineinander. Gerade die Möglichkeit eines verfügenden und konstruierenden und daher ungeschichtlichen Mißverständnisses mag für Welte Anlaß sein, auf den Ausdruck im Zusammenhang seiner Philosophie des Geschichtlichen zu verzichten, wiewohl aber andere Ausdrücke zur Beschreibung des Geschichtlichen aus Droysens ‘Grundriß der Historik’ weiterhin Aufnahme finden317. Die Erscheinung des Geschichtlichen als epídosis eis tò autó ist nach Welte nur „inkomplete Modifikation“ des Geschichtlichen. Wesentlich aber ist die als Augenblick geschehende Endgültigkeit, in der die Person im Augenblick das zu realisieren sucht, was ihr Sein angesichts der Unendlichkeit und Unbedingtheit ihres Heilsinteresses ganz erfüllt. Im Augenblick entscheidet sich daher immer das Ganze, das die Person ist, und darin das Ganze von Welt und Mitwelt. Die Fassung der Person als transzendierend-transzendentale Relationalität verhindert, daß die Geschichte als entscheidende Augenblicklichkeit in eine existentielle Geschichtlichkeit hinein aufgelöst werden kann, in der die Person als isolierte und nur im jeweiligen Jetzt des Augenblicks existiert und die Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit in die Zeitlichkeit einer ungeschichtlichen isolierten Punktualität aufgelöst ist. Die Relationalität der Person stellt den einzelnen in den Raum der Einheit von Zeit, Welt und Mitwelt, sie eröffnet dieses Ineinander und Zueinander als die eine Geschichte, in welcher der einzelne im Geschehen des Miteinander in den Grund des Gewesenen, in die Anfänglichkeit des Gegenwärtigen und in das einstehende Ausstehen des Künftigen gefügt ist. Der einzelne ist in der ihn umfassenden Geschichte, und diese ist in ihm als ihrem Grund und Da. Welte vereint beide Dimensionen in ein untrennbares Ineinander. Die Geschichte
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geschieht nur im Geschehen, in dem der einzelne in seiner existentiellen Geschichte geschieht und diese geschieht nur, indem sie in eins als das umfassende und öffentliche Geschehen der Geschichte geschieht. In der Geschichte geschieht weder nur existentielle Geschichte des einzelnen unabhängig von der Geschichte von Welt und Mitwelt, noch geschieht nur das dieser gegenüber gleichgültige und leere Verrinnen der Zeit einer äußeren Geschichte. Existentielle und geschichtliche Zeitlichkeit sind untrennbar. In einer von der existentiellen Geschichte losgelösten Geschichte geschieht letztlich nichts, weil geschichtliches Geschehen immer Geschehen ist, in dem und als das die Person geschieht. Und in einer rein existentiellen Geschichte, in der nur die Person als isolierte geschieht, geschieht nichts, insofern Person nur als In-der-Welt-sein und Miteinandersein Person ist. Die entscheidende Augenblicklichkeit entfaltet sich außer in der Endgültigkeit noch in einer weiteren Dimension, der der Wirklichkeit. „Dadurch, daß das unendlich Wichtige des heilsentscheidenden Geschehens auf der Endlichkeit des einmalig-endgültigen Zeitspielraumes steht, dadurch verdichtet sich in diesem Einmalig-Endgültigen des Augenblicks das, was wir Wirklichkeit nennen, in einem solchen Maße, und, mehr noch, zu einer solchen Qualität, daß man die Wirklichkeit des entscheidenden Augenblicks als die Wirklichkeit schlechthin für Personen bezeichnen kann, als die vollendete Dichte des Wirklichseins“318. Im Augenblick geschieht die Person selbst, indem sie geschehend je das Unendliche ihres Sinnbezugs entscheidet, und insofern ist sie in ihm ganz wirklich und ist der Augenblick ganz wirklich. Er ist nicht gleichsam nur das Gefäß, das mit Wirklichkeit aufgefüllt wird, sondern er ist Wirklichkeit. In der entscheidenden Augenblicklichkeit und ihrem Endgültigkeitscharakter geschieht die Geschichte als Wirklichkeit in der in der Wirklichkeit der Person in eins Welt und Mitwelt wirklich sind. Jeder Augenblick der Geschichte ist als er selbst wirklich, auch wenn sich dieser Wirklichkeitscharakter in mannigfachen Stufen und Graden modifiziert. Solange die Wirklichkeit des Augenblicks nicht voll entfaltet ist, ist auch die Person selbst nicht in der Fülle ihrer Wirklichkeit. Solange sie sich im Endlichen bewegt, ohne die Gründung dieser Bewegung vom Unendlichen ihres Heilsinteresses her zu vollziehen, bleibt sie in die Möglichkeit alles Möglichen zerstreut, ohne je das von ihr ergriffene Mögliche als Wirkliches
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zu erfahren, in dem sie selbst sich als Wirklichkeit ergreift. Sie sucht zwar auch in dieser Bewegung, in der alles Mögliche gleich möglich erscheint, das Sinnvolle und Heilende, aber sie bringt sich nicht in den Vollzug des diese Bewegung gründenden Unbedingten. Sie transzendiert sich gleichsam transzendenzlos ins Leere, aber sie transzendiert sich nicht in die Transzendenz dieses Transzendierens und so kommt sie nicht zu sich selbst als unendlich bestimmter Wirklichkeit. Diese ist als solche nicht mehr im Horizont der Möglichkeit als bloßer Möglichkeit, in der die Wirklichkeit verstanden ist als verwirklichte Möglichkeit319, sondern Wirklichkeit als Wirklichkeit, die als Augenblick geschieht, ist Wirklichkeit, in der das Daß der Wirklichkeit ist und lastet, ohne sich ins bloß Mögliche zurücknehmen und in eine beliebige Mannigfaltigkeit von Möglichkeiten hinwegstellen zu können. Die Wirklichkeit des Geschichtlichen ist darin unverwechselbar verschieden von der beliebigen Wirklichkeit des bloß Möglichen. Die Möglichkeiten der Geschichte sind daher keine Möglichkeiten etwa im Sinne des Logischen als des als wirklich denkbaren Möglichen, sondern in ihnen schwingt eine Macht der Wirklichkeit, die sie gegenüber bloß logischer Möglichkeit auszeichnet. So waltet aufgrund der Wirklichkeit des Geschichtlichen auch in der Wirklichkeit seiner Möglichkeiten eine Macht, die ihr Ergreifen oder Lassen in den Horizont des Schuldig-werden-Könnens stellt, welcher Horizont die geschichtliche Möglichkeit als von der logischen Möglichkeit kategorial getrennt erscheinen läßt, dergegenüber als logischer die Person sich nicht im Sinne der Schuld vergehen kann. Darin zeigt sich, daß alles für den Menschen wesentlich Wirkliche und ihn in seiner Wirklichkeit Betreffende geschichtlich geschieht320. Aus der entscheidenden Augenblicklichkeit entfalten sich zwei Dimensionen des Geschichtlichen, die transzendierende Tiefe und die immanente Breite. Aufgrund der einen transzendiert die Geschichte in jedem Augenblick sich selbst auf ein Unendliches hin, das aufgrund der Endlichkeit des Geschichtlichen nie erreichbar ist und aufgrund der anderen wird in jedem Augenblick etwas in die Endlichkeit der Geschichte hinein verwirklicht. In jedem Augenblick wird etwas entschieden, was als Unendliches über der Geschichte hinausliegt und durch keine geschichtsimmanente Gestalt, die als solche je endlich ist, erreicht wird. Das Geschichtliche entscheidet über das Unendliche in der Weise, daß es sich im Horizont seines
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unendlichen Bezugs je entscheidet, welche endliche Gestalt es realisiert als die, in der es sich in seinem unendlichen Heilsinteresse sinnvolle Gestalt geben will, um so vor sich und darin in eins vor dem Unendlichen ihres Maßes bestehen zu können. Jeder Augenblick ist beschwert mit unendlichem Gewicht, und so ist er „endliche Erscheinung eines Unendlichen“321, aber dies so, daß die endliche Gestalt als Erscheinung des Unendlichen nicht nur zeitliche und endliche konkrete Realisierung eines an sich zeitlosen Unendlichen ist, sondern so, daß das Endliche als innere Bezogenheit auf das Unendliche selbst unendlich ist. Das Endliche ist nicht einzelner und konkreter Fall eines Allgemeinen, sondern es ist die Gestalt, als die es als endliche Unendlichkeit das Unendliche seines Sinnbezugs vollbringt. Das Geschichtliche als das im Augenblick zu Entscheidende ist so als das Einzelne als solches in seiner Bedeutsamkeit auf sich gestellt und als Einzelnes zu sich befreit. Es ist nicht gleichgültiger Fall eines Allgemeinen, sondern es ist je als es selbst. Das Geschichtliche transzendiert als solches sich selbst, aber nicht so, daß es in diesem Transzendieren aufgelöst und ausgelöscht wäre, sondern so, daß sein es transzendierender Bezug es allererst zu Geschichtlichem macht322. Ginge es in der Geschichte um nichts oder je nur um die Realisierung eines unveränderlichen, schon vorgegebenen Allgemeinen, so wie der fallende Körper das Fallgesetz realisiert, so wäre Geschichte nicht Geschichte, in der das Einzelne als solches bedeutsam ist, weil es als endliches Unendliches im Augenblick Unendliches entscheidet. Wenn das Verhältnis von Einzelnem und Allgemeinem im Hinblick auf die Geschichte durch die Entfaltung des Geschichtlichen in seiner entscheidenden Augenblicklichkeit als das endliche Unendliche auch abgesetzt ist gegen das Verhältnis von Einzelnem als dem das Allgemeine realisierenden Fall, so muß aber gleichwohl im Hinblick auf die späteren Texte Weltes zur Geschichte gesagt werden, daß das Verständnis von Geschichte als entscheidende Augenblicklichkeit noch verborgen von einem metaphysischen Modell von Geschichte geleitet erscheint, zumindest aber in der Gefahr eines solchen Verständnisses steht, insofern das unendliche Maß der Bedeutsamkeit als das zeitlos Allgemeine gedacht werden kann, das, von der Entscheidung des Augenblicks unberührt, in dieser nur seine zeitliche Realisierung erfährt und dies umso mehr, als Welte in der Vorlesung G 49/50 den Bezug des Unendlichen und Unbedingten zur Geschichte
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von diesem selbst her nicht bedenkt. Setzt sich Welte einerseits gegen ein metaphysisches Verständnis von Geschichte ab, indem er die Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit, Unvergleichlichkeit, Endgültigkeit und Wirklichkeit des geschichtlich Einzelnen als des an ihm selbst Bedeutsamen betont, das als solches in keinem Begriff vorgedacht und festgestellt werden kann, und bricht er darin jegliche Konstruktion des Geschichtlichen auf, so bleibt in der Vorlesung G 49/50 andererseits das Verhältnis von Geschichtlichem und dem unendlichen und unbedingten Maß seiner Bedeutsamkeit als der Transzendenz, in die hinein sich das Geschichtliche als Geschichtliches transzendiert, unbedacht. Setzt sich Welte in der Vorlesung G 49/50 zumindest im Ansatz gegen ein konstruierend metaphysisches Verständnis von Geschichte ab, so impliziert sein Bedenken der Geschichtlichkeit aber auch die Wendung gegen eine relativistische Geschichtsauffassung. Die transzendierende Tiefe des Augenblicks zeigt, daß die Geschichte als Geschichte im Horizont eines zugleich Übergeschichtlichen geschieht, von welchem Horizont aus die Relativität alles Geschichtlichen bestimmt werden muß, welche Übergeschichtlichkeit Welte aber, wie eben erwähnt, in der Vorlesung G 49/50 nicht näher bedenkt. Als bezogen auf ein unendliches Maß, das alle geschichtliche Endlichkeit überschreitet, ist das Geschichtliche auf ein Übergeschichtliches bezogen, das alles in ein Eines versammelt und darin alles in Entsprechung und Vergleichbarkeit hält, so daß Geschichtlichkeit als bloße Relativität, wie bloße Relativität überhaupt, ein Ungedanke ist. Relativität ist als solche erst in einem absoluten Horizont323. Die „Unmittelbarkeit zu Gott“324, die Welte, das berühmte Wort Rankes aufnehmend, in der transzendierenden Tiefe jedes geschichtlichen Augenblicks erkennt, in der „jeder Augenblick endgültig für sich (ein Absolutum)“325 ist, kann nicht im Sinne eines platten Historismus verstanden werden, nach dem alles Geschichtliche an ihm selbst und aus ihm selbst verstanden werden muß unter Aufgabe des eigenen geschichtlichen Standorts und so unter Aufgabe sowohl der Geschichtlichkeit als auch des Selbst seins. Denn das Unendliche, das jeden geschichtlichen Augenblick in seine mit anderen Möglichkeiten unverrechenbare und daher absolute Wirklichkeit stellt, ist das Unendliche, das als das eine Maß alle Augenblicke in ihre Augenblicklichkeit fügt und das die Erfüllung des im Augenblick Entschiedenen nur ist als Erfüllung
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jedes Augenblicks. Das Geschichtliche ist als endliches relativ, aber, als vom Unendlichen bestimmt, bezogen auf ein Absolutes, das als ein Selbes alles Geschichtliche gründet, so daß alles Geschichtliche in seiner endlichen Relativität in eins bezogen ist auf ein Eines und Selbes, auf welches Selbe bezogen erst alles Geschichtliche aufeinander relativ ist. Umgekehrt aber ist aufgrund der Transzendentalität der Geschichtlichkeit klar, daß dieses alles versammelnde und alles in gegenseitige Vergleichbarkeit und Verstehbarkeit setzende unendliche Maß je nur geschichtlich, und d.h. relativ, zugänglich ist. Es ist zwar in allem Geschichtlichen als das Selbe, aber nie als das Gleiche. Der Gefahr eines relativistischen und historistischen Verständnisses von Geschichtlichkeit, die oben schon in der Form einer existentialistischen Geschichtlichkeit aufgeleuchtet ist, zu begegnen, ist das Anliegen Weltes. Die Gefahr der Isolierung des Augenblicks oder der Isolierung der Person als einzelnem Selbst ist durch Weltes Verständnis von geschichtlicher Augenblicklichkeit und Personalität gebannt. Auch die Weisen geschichtlichen Andenkens und Verstehens, wie sie Welte entwickelt, und sein Verständnis der Epochalität und des Verhältnisses von Wahrheit und Geschichtlichkeit werden zeigen, wie Welte die Geschichte vor einem relativistischen Verständnis bewahrt und als eine offene Einheit und Ganzheit zu sich selbst befreit. b) Geschenkte, gewährte und ereignete Augenblicklichkeit In der Vorlesung G 49/50 ist die Geschichte entwickelt als entscheidende Augenblicklichkeit, in der sich der Augenblick als „der Schnittpunkt zweier in ihm sich begegnender Dimensionen“326 darstellt. Einmal ist es die Dimension der zeitlichen Einmaligkeit, die in sich wiederum zwei Aspekte der Endlichkeit vereinigt, einerseits die innere Endlichkeit, in der geschehend alles in die Entzogenheit der gleichwohl als diese behaltenen Vergangenheit vergeht, und andererseits die äußere Endlichkeit, der Tod, als die Endlichkeit des Geschehens selbst, die das in sich endliche Geschehen selbst endigt. Zum anderen ist es die Dimension des personalen unendlichen Heilsbezuges, von welcher Personalität her die zeitliche Einmaligkeit erst in ihrer Bedeutsamkeit qualifiziert ist. Der Augenblick
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ist der Schnittpunkt von Endlichkeit und Unendlichkeit, er ist der Schnittpunkt, in dem sich das Unendliche des Heilsinteresses der Person in einen endlichen Spielraum hinein realisieren muß327. Wird so die Augenblicklichkeit des Geschichtlichen von dessen personalem Grund her entwickelt, so wird hier die Dimension des Unendlichen, des Übergeschichtlichen in aller Geschichte, an ihm selbst und in seinem Verhältnis zum geschichtlichen Geschehen nicht eigens thematisiert. Die Geschichte erscheint als das Geschehen von Augenblicken, in denen je jedes Selbst seinen unendlichen Heilsbezug vor einem gleichsam unwandelbaren und in seiner Beziehung zur Geschichte unbestimmten Unendlichen zu realisieren sucht. Wiewohl ausgedrückt ist, daß dieses Unendliche allererst Geschichte als Geschichte möglich macht, so bleibt dieses ermöglichende Gründen in seinem Walten doch unbedacht. Wird so in der Vorlesung G 49/50 die Augenblicklichkeit als entscheidende Augenblicklichkeit von der Entscheidung des Selbst her bestimmt, so fällt demgegenüber in den folgenden Vorlesungen die Thematisierung des Augenblicks im Zusammenhang der Entfaltung des Geschehenscharakters des Geschichtlichen und das Zurücktreten der entscheidenden Augenblicklichkeit auf. Es geht nicht darum, einen Gegensatz zu konstruieren, sondern nur dieser Beobachtung nachzugehen und auf unterschiedliche und neue Weisen des Ausdrucks zu achten, durch die sich diese Beobachtung vielleicht klären kann und die sich vielleicht in die Verschiebungen einreihen lassen, auf die im Verlauf dieser Untersuchung schon aufmerksam gemacht wurde. Zur Verdeutlichung und Erhärtung dieser Beobachtung sollen auch veröffentlichte Texte mit herangezogen werden328. In den Vorlesungen G 54 und G 61 wird die Augenblicklichkeit des Geschichtlichen vom Geschehen her entfaltet329. So wird der Augenblick von der Anfänglichkeit, Gegenwärtigung und Neuheit des Geschehens her bestimmt. Er ist die je sich zeitigende Gegenwart330. Im Augenblick zeitigt sich je anfänglich neue und unvergleichliche Gegenwart. Die Zeitlichkeit des geschichtlichen Geschehens ist die Zeitlichkeit der Augenblicklichkeit331. Die Augenblicklichkeit der geschichtlichen Zeit ist das Geschehen selbst in seinem Erbringen von je unableitbarer und unvergleichlicher, je einmaliger Gegenwart. Der Augenblick als die anfängliche Zeitigung des je Geschichtlichen ist die Zeitigung des Einmaligen und Unwiederholbaren, das
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als dieses als das Bedeutsame geschieht. So „sammelt sich im Augenblick eine nicht ableitbare Bedeutsamkeit“332. Im Augenblick geschieht das Bedeutsame, und es geschieht in der Anfänglichkeit und Gegenwärtigung des Augenblicks als das einmalig und unwiederholbar Einzelne. Es geschieht im Augenblick je ein für allemal, unvergleichlich und als solches unüberholbar. Die Augenblicklichkeit des geschichtlichen Geschehens zeitigt so das als Einzelnes Bedeutsame. Zeitlich betrachtet, geschieht die Singularität des Geschichtlichen im und als Augenblick. Im Augenblick geschieht das Bedeutsame so, daß die Bedeutsamkeit nicht jenseits des Geschehens liegt, auf die dieses nur zeichenhaft verweist333, sondern der Augenblick ist das Geschehen des Bedeutsamen. Es ist geschichtlich je bedeutsam, „daß solches geschieht“334. Geschehen und Bedeutsamkeit fallen im Sein des Geschichtlichen in eins. Die Bedeutsamkeit, der Sinn des Seins des Geschichtlichen, ist das Daß seines Geschehens selbst. Als die Zeitigung und Gegenwärtigung des geschichtlichen Geschehens zeitigt der Augenblick aber je das Eine und Ganze der geschehenden Zeit. Der Augenblick als Gegenwärtigung ist so erfüllt von Vergangenheit und Zukunft. In ihm geschieht gegenwärtig das Einzelne als solches in seiner Bedeutsamkeit, aber so, daß in eins sein Gründen im Gewesenen und sein Ausstehen ins Künftige geschehen. Hier zeigt sich gegenüber der Vorlesung G 49/50 eine andere Sicht des Augenblicks, die geleitet ist von der Entfaltung des Geschichtlichen in der Kategorie des Geschehens und die sich somit in die Beobachtung einfügt, daß der Geschehenscharakter in den späteren geschichtsphilosophischen Vorlesungen in den Vordergrund rückt. Von der Einheit des Geschehens her betrachtet, ist auch der Gefahr eines punktuellen und isolierten Verständnisses des Augenblicks und damit der Geschichte entgegengewirkt. Die Geschichte erscheint nun gegenüber ihrer Entfaltung als entscheidende Augenblicklichkeit als Kontinuität zu sich befreit. Der Augenblick ist nicht mehr nur der Augenblick der Entscheidung des Selbst in seiner personalen Heilsbezogenheit, welche Sicht des Augenblicks in der Gefahr der Sprengung des geschichtlichen Zusammenhangs steht, sondern der Augenblick ist nun mehr vom Geschehenscharakter her gesehen als der Augenblick, der das Geschehen je in seine Gegenwart zeitigt in der Einheit der ganzen Zeit. Im Augenblick geschieht nicht mehr nur die der Form nach immer wieder
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gleiche Entscheidung des Selbst als Entscheidung seines und vor seinem umwandelbaren unendlichen Sinnanspruch, die als Entscheidung im Augenblick das jeweilige Jetzt zum Jetztpunkt zu isolieren droht. Welte versteht, wie schon betont wurde, die entscheidende Augenblicklichkeit nicht in dieser äußersten Konsequenz, die die Geschichtlichkeit zur punktuellen, existentiellen Geschichtlichkeit auflöst, sondern er betont gerade auch den Zusammenhang als den Zusammenhang der Einheit der geschichtlichen Zeit sowohl der Person als in eins auch des Miteinander. Aber die entscheidende Augenblicklichkeit steht doch so im Zentrum, daß sie offen ist für ein mögliches Mißverständnis, das die Geschichte in den Bann einer zeitlosen Ewigkeit zu schlagen droht, dergegenüber Geschichte je die Geschichte der Heilsentscheidung der einzelnen Person vor einem ungeschichtlichen Unendlichen ist. Der demgegenüber veränderten Beschreibung des Augenblicks vom Geschehen her, soll nun anhand von veröffentlichtem Material, das sämtlich der Zeit nach den geschichtsphilosophischen Vorlesungen zugehört, noch kurz weiter nachgegangen werden. Zuvor aber sei noch auf die Vorlesung P 66 hingewiesen335, in der Welte bei der Entfaltung der Zeitlichkeit der Begegnung vom Ereignen des Augenblicks336 und vom „Jetzt der in der personalen Begegnung sich zeitigenden Zeit des Schicksals“ als dem „Augenblick des Schicksals“337 spricht. Darin ist der Augenblick nicht von der Entscheidung des Selbst vor dem Unendlichen seines Sinnbezugs her gefaßt, sondern er ist als in der Begegnung von Ich und Du gezeitigt und ereignet gedacht. Er ist die Zeit, die sich im Geschick des Schicksals der Begegnung von Ich und Du beiden unverfügbar fügt und darin das, was ist, allererst ereignet. Hier zeigt sich die entscheidende Augenblicklichkeit im Horizont der Entfaltung des Personalen im Gedanken des Geschicklichen aufgebrochen auf ein Geschehen hin, das erst den Zeit-Spiel-Raum, die Weite und Offenheit der Entscheidung, in der die Person als Miteinander geschieht, gewährt. In dem Aufsatz ‘Meditation über Zeit’ von 1971 behandelt Welte den Augenblick nun ausführlich als ein Phänomen der Zeit338. Er betrachtet dabei den Augenblick als eine dem gewöhnlichen Gang der dahinfließenden Zeit gegenüber ausgezeichnete Weise der Zeitigung der Zeit. In der Betrachtung des Augenblicks soll sich das Geheimnis der Zeit enthüllen. Welte entfaltet den Augenblick in
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zwei Dimensionen, einmal als den Augenblick, der ganz erfüllt ist von der Ankunft des Kommenden, in dem jetzt eintritt, was lange erwartet, erhofft oder befürchtet wurde, als den Augenblick, in dem das „Jetzt ist der Tag“339 geschieht, und zum anderen als den Augenblick des „vollständigen Vorüberseins“340, in dem etwa ein Kunstwerk oder eine Tat in der letzten Handreichung zur vollen und vollendeten Wirklichkeit kommt, in der das Ganze, auch das Ganze der im Schaffen geschehenen Zeit, gesammelt da ist. Es ist nun interessant, bei der Darlegung beider Weisen des Augenblicks auf Weltes Sprache zu achten. Das im Augenblick als „reine Ankunft und Zukunft“ Kommende wird beschrieben als „Ankunft“, „Aufgang“, „Herausforderung“, „eintreffendes Unerhörtes“, „zugeworfener Ball“, „unergründlich Eintreffendes“, „alles schenkenkönnende, aber auch alles raubenkönnende Macht“341. Und das im Augenblick des vollständigen Vorüberseins Erscheinende wird als das „Geschenkte“, als „reines, strahlendes, sich frei gewährendes Da, strahlende Präsenz“, als „das freie und vollendete Geschenk“ gefaßt342. In allen diesen Ausdrücken zeigt sich der Augenblick als die Zeit, in der sich ein Freies und Unverfügbares schenkt, gewährt und zuschickt und darin als die Zeit, die von solchem SichGewähren allererst gezeitigt ist. In diesen Zusammenhang fügt sich auch die Bestimmung des Augenblicks im Aufsatz ‘Zeit und Gebet’ von 1980: „Die Zeit als die einmalig Gewährte können wir auch den Augenblick nennen“343. Der Augenblick erscheint wie schon in der Vorlesung P 66 nicht mehr von der Seite des sich entscheidenden und seinen unendlichen Heilsbezug realisierenden Selbst, sondern er wird als Augenblick durch das bestimmt, was ihn allererst gründet, ihm Zeit und Aufgang gewährt. Der Augenblick ist die in freier Gewähr geschenkte Zeit, die dem Selbst erst den Raum seines Wirklichseins, seines Handelns und Entscheidens, zuschickt. Welte vernachlässigt die Seite der sich im Augenblick verwirklichenden Person dabei nicht. Er sieht die „Herausforderung“ des Augenblicks, die gleichsam spüren läßt: „Jetzt bin ich dran“, „jetzt müssen wir ihn (den Ball, Zusatz v. mir) greifen“344, und er sieht die „ungeheure Anstrengung“345, die das Werk dem Schaffenden abverlangt, ehe es seine Vollendung von sich her schenkt. In alledem zeigt sich, daß der Mensch nicht außerhalb des Augenblicks ihm nur gegenübersteht. Beide, Mensch und SichGewährendes, gehören im Augenblick zusammen, aber so, daß
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nun immer mehr der Augenblick von der Seite des Sich-Gewährens und Sich-Schenkens gesehen wird, welches Sich-Gewähren mehr ist als nur die eine Seite einer zweiseitigen Sache. Es ist die Gründung, die Gewähr des Geschehens als des Augenblicks, in dem das Unverfügbare sich gewährt und fügt. Der Augenblick ist nicht im Bild des Zusammentreffens zweier gleichartiger Gegenstände zu fassen. Denn das, was sich unverfügbar von sich her schenkt und aufgeht, ist das, was den Menschen, als den von diesem Aufgang her Gewährten allererst gründet und in eins damit das unverfügbar gewährte Zusammen von Gewährendem und Gewährtem im Augenblick. Der Mensch aber ist in diesem Geschenk des Augenblicks, in dem ihm sein Da gewährt ist, mit beteiligt und dabei, insofern er dem freien Aufgang Da und Stätte ist. Im Augenblick geschieht der Aufgang des Sich-Gewährenden in das von ihm Gewährte. Das Unverfügbare gründet den Augenblick als das Zusammen von Gewährendem und Gewährtem, und es gewährt darin allererst den Augenblick der Entscheidung, der das Gewährte in die Begegnung mit dem es Gewährenden stellt, aber so, daß das Gewährende seinerseits das Gewährte braucht, als den Ort seiner Entfaltung. Die Beschreibung des Augenblicks als des gewährten und geschenkten Augenblicks hebt die der entscheidenden Augenblicklichkeit nicht auf. Denn das Gewährende braucht das Gewährte als den Raum, in dem es sein Da hat. In solcher Sicht des Augenblicks ist das Geschehen geöffnet auf die Unverfügbarkeit des es gründenden Geschehens von Gewähr und Aufgang. Der Augenblick ist nicht mehr nur gesehen von der Heilsentscheidung des Selbst her, sondern von dem diese gründend-gewährenden Walten des Unendlichen. In dem Aufsatz ‘Die Lehrformel von Nikaia und die abendländische Metaphysik’ von 1970 beschreibt Welte den Augenblick vom Ereignis her. Der Augenblick ist die Zeitlichkeit des Ereignisses. Das Ereignis ist das, was von sich her aufgeht und hervorgeht und was den Menschen, sich ihm zueignend, anruft346. Das Ereignis als das von sich her unverfügbar Aufgehende gewährt den unverrechenbaren und unvergleichlichen Augenblick als den „Kairos“347, in dem der Mensch als vom Ereignis her ereigneter Angerufener in die Antwort gestellt ist, welches Antworten sein Sein als Angerufener ist. Das Ereignis zeitigt die Zeit als den Augenblick, in dem der Mensch als Angerufener in sein Da ereignet wird und als dieses
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Angerufensein seinerseits im Augenblick ver-antwortlich seine Wirklichkeit ereignet. In alledem zeigt sich eine gegenüber der Vorlesung G 49/50 gewandelte Beschreibung des Augenblicks, die jener nicht widerspricht, aber eine Verschiebung anzeigt, in der die Augenblicklichkeit tiefer gesehen wird. Die entscheidende Augenblicklichkeit der Vorlesung G 49/50 erfährt in den späteren Texten eine Vertiefung hin auf die Entfaltung ihres Geschehenscharakters und ihres Ereignetseins vom Walten eines frei Sich-Gewährenden. Der Augenblick wird nicht mehr so sehr in seinem vom Selbst her getragenen Entscheidungscharakter gesehen, sondern stärker und betonter vom Ereignis der Zueignung und so von dem die Entscheidung in Gang setzenden und sie gründenden Maß als dem Walten des Unendlichen. Der Augenblick erweist sich in seinem Geschehen als geschenkter, gewährter und ereigneter Augenblick. Wie sehr diese Sicht des Augenblicks die frühere einschließt und umgekehrt, zeigt die Rede vom „Ereignis des entscheidenden Augenblicks“, in der „uns die Tiefe der Wirklichkeit zu eigen“ wird348 in der Vorlesung G 49/50. Die Ereignishaftigkeit als Zueignung aber ist hier nicht ausgeführt, sondern nur von der Aneignung durch die Person in der Entscheidung her gedacht. 7. Seinsgeschichte und Epochalität Schon mehrmals wurde auf einen Wandel in Weltes Gedanken zur Geschichtlichkeit hingewiesen, der vor allem den Übergang von seiner ersten geschichtsphilosophischen Vorlesung G 49/50 zu den späteren betrifft. Bei aller Einheitlichkeit des Gedankens fällt die Sonderstellung auf, welche die Vorlesung G 49/50 nicht nur im Hinblick auf eine gegenüber den späteren Vorlesungen bei aller Parallelität abweichende Gliederung, sondern auch im Hinblick auf das Fehlen des Gedankens der Epochalität einnimmt. Ist in ihr die Person als Träger der Geschichte Angelpunkt der Darlegungen und wird von der Person her auf die Geschichte hin gedacht, so werden in den späteren Vorlesungen eher von der Geschichte her die Momente der Seinsweise des Geschichtlichen entfaltet. Parallel dazu geht die Beobachtung, daß in den späteren Vorlesungen der Geschehenscharakter des Geschichtlichen immer deutlicher hervorgehoben
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und entfaltet wird. Alle diese Verschiebungen scheinen nun in der zunehmenden Betonung der Epochalität des Geschichtlichen ihren Zusammenhalt zu finden. Welte weist im Zusammenhang seiner Darlegungen zur Epochalität verschiedentlich auf Heideggers Gedanken von der Seinsgeschichte hin und macht seine Bezugnahme auf Heidegger in diesem Punkt ausdrücklich349. Bevor nun Weltes eigenen Gedanken zur Seinsgeschichte und Epochalität nachgegangen wird, soll darum zunächst in knappen Linien Heideggers Gedanke der Seinsgeschichte skizziert werden. Erst dann kann das Maß der Anlehnung und der eigene Beitrag Weltes sichtbar werden. a) Heideggers Gedanke von der Seinsgeschichte Die Fundamentalanalyse des Daeins in ‘Sein und Zeit’ soll der Ausarbeitung der Frage nach dem Sinn von Sein dienen350. Heidegger versteht die Analyse des Daseins daher als Fundamentalontologie. Das Dasein hat einen Vorrang im Bereich des Seienden. Es ist jenes Seiende, das durch Seinsverständnis ausgezeichnet ist. Um die Frage nach dem Sinn von Sein angemessen zu stellen und auszuarbeiten, muß mithin zunächst das Dasein als der Horizont jeglichen Seinsverständnisses durchsichtig gemacht werden. Letztes Ziel aller Analysen aber ist nicht das Dasein selbst, sondern das Verstehen des Sinnes von Sein. Schon im § 10 von ‘Sein und Zeit’ grenzt Heidegger seine Darlegungen ab gegen ihr Mißverständnis als Anthropologie, Psychologie oder Biologie. Ist ‘Sein und Zeit’ angelegt als der Versuch, vom Verstehen des Daseins als Seinsverständnis auf den Sinn von Sein hin zu denken, so denkt Heidegger in den Jahren nach ‘Sein und Zeit’ in umgekehrter Richtung vom Sein her auf das Seiende hin. In dieser Umkehrung des Gedankens liegt die sogenannte „Kehre“351 im Denken Heideggers beschlossen. Diese bedeutet aber, wie die Anlage von ‘Sein und Zeit’, schon zeigt, nicht eine Aufgabe des Denkens von ‘Sein und Zeit’, sondern dieses ist schon geleitet von der Frage nach dem Sinn von Sein überhaupt352. Heidegger versteht die abendländische Metaphysik so, daß sie seit der Antike das Sein als „Anwesenheit“353, mithin im Horizont der Zeit verstanden habe, ohne sich jedoch der Zeit als des Horizontes ihres Verständnisses von Sein selbst vergewissert zu haben.
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Sie versteht das Sein vom Seienden her als stete Anwesenheit. Sie legt so das Sein als Gegenwart aus und versteht es somit im Horizont der Zeit, jedoch ohne Wissen darum und ohne daß die Zeit selbst zur Frage wird. Die Frage nach dem Sinn von Sein hat also, um zur Durchsichtigkeit ihrer selbst zu gelangen, eine Destruktion der überlieferten Metaphysik zu leisten, dies aber im positiven Sinne des Rückgangs in den verborgenen Grund der Metaphysik354, als Denken des in ihr Ungedachten355, als „‘Erinnerung’ an den verborgenen Entwurf des Seins auf die Zeit als das innerste Geschehen im Seinsverständnis der antiken und nachkommenden Metaphysik“356. Wenn das Sein des Seienden von der Zeit her gedacht wird, wie sind dann das Sein, wie die Zeit und wie das Verhältnis von Sein und Zeit zu denken? Die Aufhellung dieser Frage ist das Anliegen, dem Heideggers ganzes Denken nachdenkt. Im Bedenken des Seins des Seienden aber trifft Heidegger zunächst nur auf das Nichts und gelangt gerade nicht in das Sein. In seiner Antrittsvorlesung von 1929 ‘Was ist Metaphysik’ denkt Heidegger dem Nichts nach. Das Nichts ist kein Seiendes, denn es ist gerade nicht, sondern es ist das Nicht zu allem Seienden357. Wie also kommt das Dasein, das alles Begegnende als ein Etwas, ein Seiendes, versteht, vor das Nichts? „Geschieht im Dasein des Menschen ein solches Gestimmtsein, in dem es vor das Nichts selbst gebracht wird?“358 Heidegger entdeckt in der „Grundstimmung der Angst“359 das Geschehen, in dem das Dasein das Nichts erfährt. „Die Angst offenbart das Nichts“360. In ihm wird das „nichts ist es und nirgends“361 offenbar. In der Angst erweist sich die Bedeutsamkeit des innerweltlich begegnenden Seienden als nichtig. Aber gerade darin offenbart sich das Sein, denn „in der hellen Nacht des Nichts der Angst ersteht erst die ursprüngliche Offenheit des Seienden als eines solchen: daß es Seiendes ist und nicht Nichts“362. Nur weil das Dasein in der Angst das Nichts erfährt, ist es in eins in der Offenbarkeit des Seins. Das Nichts ist kein Seiendes, sondern es ist „die Ermöglichung der Offenbarkeit des Seienden als eines solchen für das menschliche Dasein. ... Im Sein des Seienden geschieht das Nichten des Nichts“363. In der Angst als der Erfahrung des Nichts kommt das Dasein nicht vor dieses und jenes Seiende, sondern es erfährt, indem sich dieses als nichtig entzieht, „das Wunder aller Wunder: d a ß Seiendes
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ist“364. „Das Nichts als das Andere zum Seienden ist der Schleier des Seins“365. In der Angst enthüllt sich im Nichts das Sein als Sein. In der Angst ist das Dasein hinweggenommen von seinem alltäglichen Umgang mit allem möglichen begegnenden Seienden und dem Vergessen des Seins des Seienden als eines solchen und allererst vor das Wunder des Seins gebracht. Insofern die Angst das Hineingehaltensein des Daseins in die Nichtigkeit alles Seienden ist, kann sie sich an allem und jedem entzünden. Das Nichts der Angst enthüllt das Daß des Seienden als eines solchen und ist gerade so an allem möglichen Seienden entzündbar. Das Sein, das sich im Nichts enthüllt, ist das andere zum Seienden. Es ist das, was allem Seienden zu sein gewährt. Es gewährt, daß Seiendes ist und in eins die Differenz zwischen Sein und Seiendem, welche Differenz Heidegger „ontologische Differenz“366 nennt. Indem Sein Seiendes gewährt, kann es als die Lichtung und Entbergung bestimmt werden367. Das Sein west als Unverborgenheit, als alétheia, als Wahrheit. „Die Wahrheit ist die Entbergung des Seienden“368. Sein west als Wahrheit. Im Geschehen des Seins als Wahrheit aber, in dem das Sein in seinem lichtenden Sich-Entbergen Seiendes gewährt, verbirgt und entzieht es sich in eins als Sein. „Das Sein entzieht sich, indem es sich in das Seiende entbirgt“369. Das Sein als Lichtung entbirgt Seiendes, indem es sich entzieht. Das Geschehen von Entbergung und Verbergung des Seins, in dem Seiendes gewährt ist, nennt Heidegger das Geschick des Seins. „Zum Geschick kommt das Sein, indem es, das Sein, sich gibt. Das aber sagt, geschickhaft gedacht: Es gibt sich und versagt sich zumal“370. Das Sein schickt sich je zu, indem es, sich verbergend, Seiendes entbirgt. Das Sein als geschickhaftes Geben und Gewähren von Seiendem ist geschichtlich. Sein als Geschehen der alétheia west als Seinsgeschichte. „Seinsgeschichte ist das Geschick des Seins, das sich uns zuschickt, indem es sein Wesen entzieht“371. „Sein schickt sich uns zu, aber so, daß es zugleich schon sich in seinem Wesen entzieht. Dies meint der Titel ‘Seinsgeschichte’„372. Erst auf dem Grunde des Geschicks des Seins, der Seinsgeschichte, ist dem Menschen als dem Da des Seins der Raum seiner Möglichkeiten eröffnet. In der Schickung des Seins ist bestimmt, wie Seiendes sich ihm zubringt373 und wie er demzufolge diesem begegnet und ihm den Raum seines Da gewährt374. So
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kann Heidegger sagen: „Das Denken ... ist das Denken des Seins. Der Genitiv sagt ein Zwiefaches. Das Denken ist des Seins, insofern das Denken, vom Sein ereignet, dem Sein gehört. Das Denken ist zugleich Denken des Seins, insofern das Denken, dem Sein gehörend, auf das Sein hört“375. Geschichte gründet je im Geschick des Seins. Die Geschichte des Menschen ist aber kein Zweites neben der Geschichte des Seins, in dem Sinne, daß sich gleichsam neben der Seinsgeschichte und unberührt von dieser auch noch eine Geschichte des Menschen und mit dem Menschen sich ereignete, sondern die Seinsgeschichte ist „a l s Gegeneinanderüber von Sein und Menschenwesen das Geschick selber“376. Mit dem Gedanken der Seinsgeschichte setzt sich Heidegger ab gegen die Vorstellung von Geschichte, wie sie in der Metaphysik gedacht ist, gegen die „Vorstellung von der Geschichte als der zeitlichen Verwirklichung überzeitlicher Ideen und Werte“377. Geschichte ist Seinsgeschichte. Sie ist das Ereignis der Zueignung des Seins an das Dasein im geschicklich-geschichtlichen Geschehen der Entbergung und Verbergung des Seins im Seienden. Seinsgeschichte ist Geschick des Seins, insofern das Sein, im Geschehen der Lichtung im Da des Seins sich zuschickend, sich ins Seiende entzieht und so in eins das Zwischen von Sein und Seiendem und Sein und Dasein ereignet. In diesem Gedanken erscheint die Geschichte nicht als Erscheinung eines Überzeitlichen im Zeitlichen, sondern Geschichte ist ereignet als Geschick des Seins, als das In-eins von SichEntbergen und Sich-Verbergen, von Gewähr und Entzug. Aus solchem Geschehen von Gewähr und Ansichhalten des Seins als Geschick und Geschichte folgt, daß das Sein je unvergleichlich ist, „daß ‘Sein’ und ‘Sein’ jeweils in den verschiedenen Epochen seines Geschickes anderes sagt“378. Das bedeutet, daß Geschichte als unverfügbares Geschick des Seins im Denken nicht abschließend und endgültig faßbar ist. Sein als Seinsgeschick entzieht sich je dem erfassenden Zugriff des Denkens. Das Denken muß sich vielmehr, geschicklich in sein Da gestellt, je in sein Geschick schikken und ihm, es im „An-denken“379 aneignend, entsprechen. Das Selbe, das im Geschick des Seins waltet, waltet in der Weise der „Jähe“380, die Heidegger mit der Jähe des Aufspringens von Knospen vergleicht381. Diese Jähe ist ereignet vom Wesen des Seins, das als Schickung in eins an sich hält. In solcher Deutung denkt Heidegger die Epochen der Geschichte aus der epoché, dem
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An-sich-halten des Seins382. In der Jähe der Epochalität des Seins aber waltet als das Selbe das Sein als Geschick383. Dieses Selbe aber ist nicht im Begriff feststellbar und bestimmbar, da es alles ‘ist’-Sagen allererst geschicklich ereignet, indem es den Raum der Offenbarkeit von Seiendem lichtet. Und daher sind auch die Epochen nicht auseinander ableitbar oder vorhersagbar384. Die Jähe verwahrt das Geschick als die entbergend-verbergende Schickung im Entzogenen. Jede Epoche im Sinne eines bestimmten Zeitabschnitts ist ereignet aus der epoché des Seins, in der das Sein an-sich-haltend sich in eins in einer geschichtlichen Weise im Seienden entbirgt und so erst eine Epoche im Sinne eines Zeitabschnitts als eine Eine öffnet und zeitigt, in der sich alles, was ist, in einem Grundzug versammelt. Jede Epoche und somit auch „jede Epoche der Philosophie hat ihre eigene Notwendigkeit“385. Dies ist aber nun nicht fatalistisch zu denken, denn „das Fatum ist als der Spruch des Seins im Sinne des sich entziehenden Geschicks nichts Fatalistisches ... . Weil Sein, indem es sich zuschickt, das Freie des Zeit-Spiel-Raums erbringt und in einem damit den Menschen erst ins Freie seiner jeweils schicklichen Wesensmöglichkeiten befreit“386. Die Geschichte ist darin nicht kontinuierliches Geschehen im Sinne eines gleichmäßigen chronologischen Ablaufs, sondern ihre Zeitlichkeit ist die Zeitlichkeit der Jähe des Geschicks, in dem Sein, sich zuschickend, in eins an sich hält und sich entzieht. Heidegger betrachtet nun die Geschichte der Metaphysik von diesem Gedanken her seinsgeschichtlich387. Und es erscheint bei Heidegger die Geschichte von den Vorsokratikern bis in ihre Vollendung bei Nietzsche und über diesen hinaus in der modernen Technik als eine einzige Epoche, als der Austrag eines Geschicks. Heidegger denkt das Geschick, das die abendländische Metaphysik ereignet, als die Schickung des Seins in der Weise seiner Verbergung388. Das Sein enthüllt sich den vorsokratischen Denkern so, daß es sich als Sein entzieht. In solchem Geschick des Seins ist die Epoche die der Seinsvergessenheit. Dies aber nicht aus einem Vergehen oder einer Nachlässigkeit des Menschen389, sondern als Geschick des Seins. Im Vergessen des Seins erringt das Seiende den Vorrang vor dem Sein. Die Metaphysik denkt das Sein nicht als Sein, sie denkt nicht die Wahrheit des Seins, sondern „sie denkt das Seiende als das Seiende“390. Sie denkt dieses mithin hinsichtlich seines Seins, sie denkt das Sein als das Sein des Seienden,
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aber nicht als es selbst. Sie denkt das in der Lichtung des Seins entborgene Seiende, aber nicht das Sein als die Lichtung selbst. „Das Sein selbst bleibt in der Metaphysik wesensnotwendig ungedacht. Die Metaphysik ist die Geschichte, in der es mit dem Sein selbst wesenhaft nichts ist: Die Metaphysik ist als solche der eigentliche Nihilismus“391. In solcher Seinsvergessenheit wird das Seiende zum Vorgestellten, zum Gegenstand des Denkens, und sein Sein wird von der Vorhandenheit als steter Anwesenheit her bestimmt. Das solchermaßen seinsvergessene Denken aber wird zum „vorstellenden Denken“, dessen Vollendung sich in der Herrschaft der Technik vollzieht. Dieses „vorstellende Denken der Metaphysik“392 gebärdet sich als das jeglichem Seienden seinen Grund zureichende Denken. Vorgestellt, wird das Seiende in seinem Grund festgestellt, welcher Grund als vorgestellter selbst von der Art des Seienden ist393, aber so, daß er sich selbst in seinem Gründen feststellt. Er ist als das gründende Seiende causa sui394. Das Seiende wird in seinem Sein gegründet in einem ersten und höchsten Seienden. „Die Metaphysik ist OntoTheo-Logie“395. In der ontotheologischen Verfassung der Metaphysik bedeutet Sein stets Sein des Seienden, aber das Sein in seiner Wahrheit als Sein und in der Differenz zum Seienden bleibt vergessen. Die Destruktion der Metaphysik bedeutet mithin das Bedenken dieser Differenz als solcher und das Denken aus dieser Differenz. In der Frage nach Sein und Zeit denkt Heidegger in den ungedachten Grund der Metaphysik. Und er denkt im Gedanken der Seinsgeschichte das Sein als Geschick und dieses als Ereignis396, und so denkt er auf die Zeit hin, die verborgen immer schon das Denken der Metaphysik bestimmt hat. Im Gedanken der Seinsgeschichte zeigt sich, daß es „Sein nur je und je in dieser und jener geschicklichen Prägung“397 gibt. „Wie es, das Sein, sich gibt, bestimmt sich je aus der Weise, wie es sich lichtet. Diese Weise ist jedoch eine geschickliche, eine je epochale Prägung“398. Im Aufsatz ‘Zeit und Sein’ von 1962 fragt Heidegger dem Verhältnis von Sein und Zeit nach. „Es gibt Sein und es gibt Zeit“399. Und Heidegger nennt das, was „beide, Zeit und Sein, in ihr Eigenes, d.h. in ihr Zusammengehören, bestimmt, ...: das Ereignis“400. Die Frage nach dem, was das Ereignis ist, sucht eine Antwort auf die Frage nach dem Sein des Ereignisses,
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und so stellt sie das Ereignis hinter das zurück, was im Ereignis allererst ereignet wird, das Sein. Solches Fragen also bleibt stecken. Sein als Ereignis meint „Sein, Anwesenlassen geschickt im Ereignen, Zeit gereicht im Ereignen. Zeit und Sein ereignet im Ereignis“401. Im Ereignis ereignet sich das Geschick des Seins im Reichen der Zeit und das Reichen der Zeit im Geschick des Seins. Das Ereignis aber entzieht sich. Es kann nicht weiter genannt werden. Das Ereignis bedeutet „das Eigentümliche, daß es sein Eigenstes der schrankenlosen Entbergung entzieht“402. Denn insofern dem Ereignis des Geschicks des Seins und des Reichens der Zeit der Mensch als Da des Seins, als der, der dem Sein den Ort seiner Lichtung und seines Aufgangs gewährt, selbst „vereignet“ ist und in das Ereignis „gehört“403, kann er das Ereignis nie vorstellend in ein Gegenüber bringen. Das Ereignis ist dem ereigneten Denken unsagbar. Das Denken von Sein und Zeit als des Ereignisses läßt aber das Seiende und damit auch die Metaphysik als das Denken des Seienden nicht als nichtig hinter sich, sondern es stellt beide erst auf ihren ungedachten und in ihnen unausdenkbaren Grund. Insofern ist das Denken, das die Metaphysik seinsgeschichtlich denkt, nicht deren Destruktion im Sinne der Zerstörung, sondern Überwindung und Verwindung im Sinne der Verwahrung, die alles in sein Eigenes als die Wahrheit seines Wesens bringt. In solchem Sinne verwindet die Überwindung der Metaphysik diese in ihr Ereignis. b) Weltes Gedanke der epochalen Seinsgeschichte und seine zunehmende Entfaltung Der Gedanke der Geschichtlichkeit des Seinsverständnisses und im Zusammenhang damit der der Epochalität tauchen in vielen Vorlesungen und Aufsätzen Weltes, bei letzteren besonders in denen zur Neubesinnung auf die Christologie, auf404. Dabei zeigt sich der Gedanke, wenn er auch in der Vorlesung G 49/50 fehlt, schon in der Vorlesung V 48/49 als die Einbettung des Verstehens in die Epochen und wird in der Vorlesung W 51 dann als Geschehen des geschicklichen Zuspruchs des Seins genannt. Die Betonung der Geschichtlichkeit des Seinsverständnisses und damit die Ansetzung von geschichtlichen Welten ist schon zu Anfang bei Welte da, nur
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spielt dabei der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte noch eine untergeordnete Rolle, sei es, daß sie gar nicht als alle Geschichte gründendes Geschehen ausgeführt ist oder sei es, daß sie wie in der Vorlesung W 51 nur als eine, wenn auch als die radikalste sekundäre Modifikation der Wahrheit genannt wird neben der Modifikation durch die Zufälligkeit des empirischen Materials des zu Verstehenden und der formalen Modifikation durch die Eigenart und die Weise des Hinblicks des Verstehenden. Es kann also nicht darum gehen, im Denken Weltes an irgendeiner Stelle einen Neuanfang zu entdecken, sondern es gilt, auf Veränderungen des Sagens und der Breite dieses Sagens zu achten, um darin vielleicht eine Wandlung zu entdecken, aber nicht im Sinne eines Bruchs, sondern im Sinne eines stärkeren und bewußteren Hervortretens des Gedankens der epochalen Seinsgeschichte und der Entfaltung seiner Wirkungen auf die Sicht Weltes von der Geschichte selbst. Zunächst soll der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte dargestellt werden, um daran anschließend auf seine zunehmende Entfaltung und seine Folgen für das Geschichtsverständnis zu achten. aa) Epochale Seinsgeschichte Einem Blick auf das geschichtliche Geschehen enthüllt sich dieses je eigenartig geprägt. Es zeigen sich in ihm Zeiträume in einer „weiträumigen Gemeinsamkeit“405, die ungeachtet der Differenzen in ihnen von einem Grundansatz durchstimmt scheinen. Dieser ist getragen von der Weise, wie sich dem Menschen das Sein des Seienden im Ganzen zuspricht und zuträgt und wie dieser demzufolge diesem Zuspruch denkend, sprechend und handelnd antwortet. „Fügung und Zuspruch des Seins“406 bestimmen weiträumig das Geschehen der Geschichte. Im jeweiligen Geschick des Seins wurzelt das je sich entfaltende Seinsverständnis in seiner Geschichtlichkeit, durch das jeweils das Ganze, in dem und als das der Mensch sich selbst, Welt und Mitwelt versteht, auf dem transzendentalen Grunde der Offenbarkeit und Wahrheit des Seins je eigentümlich modifiziert ist. „Alles menschliche Denken ... gründet im Seinsverständnis, damit aber zugleich im geschichtlichen Geschick dieses Seinsverständnisses. Es ist von ihm unablösbar. Das Geschick, in dem sich das Sein und damit alles, was ist, jedem Menschen zuspricht,
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begründet das geschichtliche Schicksal alles Denkens und aller menschlichen Gedanken...“407. In der Weise, wie die sich in weiträumig geprägte Zeiträume auseinanderlegende Geschichte als vom transzendentalen Grunde des Seins und der Wahrheit selbst ereignet gedacht wird, erweist sich die Nähe und Anlehnung Weltes an Heideggers Gedanken von der Seinsgeschichte. Und Welte verweist, wie schon erwähnt408, des öfteren auf diese Nähe zu Heidegger. Diese Aufnahme des Gedankens von Heidegger aber ist kein Bruch mit der phänomenologischen Methode, so daß das sich zeigende Phänomen mit einer vorgefaßten Theorie zu erklären versucht würde, sondern das Phänomen selbst gibt den Anhalt zu solchen Gedanken in dem, was es von sich her zeigt. Denn der Wandel, der sich in der Geschichte zeigt, enthüllt in eins, daß er nicht vom Menschen gemacht und verfügt ist, sondern daß dieser und mit und über ihn alles Seiende in ihn vor allem Denken und Handeln des Menschen schon gefügt und hinein gestellt ist. Der Mensch macht sein Welt- und Selbstverständnis nicht, sondern er findet sich darin vor und gibt ihm durch sein Denken, Sagen und Handeln nur „Gestalt und Artikulation“409. Welte versucht, dies immer wieder an Beispielen deutlich zu machen, etwa an der Antike und Homer als einer in dieser Weltzeit gründenden, diese artikulierenden Gestalt oder dem Mittelalter und seinen Gestalten in Dichtung, Architektur und Kunst410. „Solche Beobachtungen zeigen, daß der geschichtliche Wandel der Grundweisen primär nicht Tat und Werk des Menschen ist. Er ist für den Menschen Geschick, welches Geschick sich dem Menschen aus einem vorgeordneten Grunde zuschickt, und dann allerdings den Menschen herausfordert, diesem Geschick seinerseits Gestalt zu geben“411. Darin zeigt sich, daß der Wandel, dem Menschen vorausliegend, ontologisch früher ist als dieser412 und den Menschen allererst in sein Selbst- und Weltverständnis, in seine Geschichte fügt. Der Wandel, der die Geschichte verfügt, bricht aus einem Ursprung auf, der dem Menschen vorausliegt und diesem den Raum der Offenbarkeit alles dessen, was ist, aufschließt. Der Wandel gründet in dem, worin die Offenbarkeit des Seins des Seienden und der Aufgang von Wahrheit sich hält. Welte nennt diesen Ursprung mit Heidegger „das Sein“, aber unter Hinzufügung, daß dieses „Grundwort“ nur Hinweis ist „auf den eigenen, uns vorausliegenden Ursprung, aus dem sich dem Menschen je die Weise zuspricht, wie
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er sich in seiner Welt verstehen und bewegen könne“413. Des weiteren nennt Welte ihn „Geheimnis“414, „geheimnisvollen Grund“415, „großen und geheimnisvollen Grund“416 und „verborgenen Grund“417. Solche Rede soll umschreiben, daß der „Grund sein eigener ist“418, daß er unableitbar in sich selbst und aus sich selbst aufbricht, daß er „geheimnisvolle Spontaneität“419 ist und daß er vom Denken, dieses allererst in die Weisen seines Verstehens, in die Weisen seines ‘ist’-Sagens schickend, uneinholbar ist. „Geheimnis“ bedeutet bei Welte nicht das noch Verdeckte und Verhüllte, erst noch zu Entdeckende oder ein rational nicht einholbares Irrationales, sondern es ist Wort für das dem kategorialen Denken Unfaßbare, schlechthin Transkategoriale, das dem Denken aber als sein Uneinholbares als Grenze gegeben ist. Es ist Wort für das in seiner transkategorialen Entzogenheit im Denken als solches Anwesende und dem Denken Anwohnende420. Als das schlechthin Überkategoriale, das unter keine Weise des ‘ist’ zu stellen ist, entzieht sich das Sein als der geschickhafte Ursprung jeglichem Denken und Sagen, die sich nur in der Kategorialität des ‘ist’ vollziehen421. Damit bleibt der gründende Ursprung aller Offenbarkeit des Seins des Seienden und damit auch aller Geschichte dem Denken unvordenklich entzogen. Er zeigt sich nur dem „offenen“ und „gesammelten“, dem „schweigenden“ Denken422 als dem geduldigen phänomenologischen Hinblick als das, was sich in der Entbergung des Seins des Seienden als es selbst allem Denken entzieht. So kann Welte sagen: „Daß sich solches wirklich in der Geschichte ereigne und daß es also wirklich eine Geschichte der Wahrheit selber gebe, vor der Geschichte, die wir aus ihr machen, dies ist zu vermuten, wenn auch nicht zu beweisen, wenn man über große Epochen des Lebens der Wahrheit im Miteinander und in der Überlieferung hinblickt“423. Dem geduldigen Hinblick zeigt sich das Seinsverständnis des Menschen apriorisch und transzendental von der je geschicklich-geschichtlichen Weise des Aufgangs von Sein bestimmt, die ihm bestimmte Möglichkeiten seines Daseins vorgibt, indem sie in eins andere entzieht. Als im Sein selbst gründend zeigt sich der geschichtliche Wandel je „unübersteiglich“424. Der Mensch lebt je auf dem Grunde eines geschichtlich modifizierten Seinsverständnisses, wenn auch darin transzendental auf alles hin geöffnet, aber so, daß die Weise dieser Öffnung je nur eine bestimmte und konkrete,
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je geschicklich geprägte ist. Jede Weise des Seinsverständnisses bildet je eine „geschichtliche Welt“425 aus, denn seinsverstehend versteht der Mensch alles, was ist, dies aber nun so, daß die je geschichtliche Welt, obwohl je nur eine bestimmte, aufgrund des transzendentalen Geöffnetseins auf Sein überhaupt nie so in sich geschlossen ist, daß sie nicht geöffnet wäre für andere ihr begegnende Weisen des Seinsverständnisses als andere. Nur weil jegliches Seinsverständnis als solches sich je in der Offenheit dessen hält, was überhaupt ist, kann es andere Weisen des Seinsverständnisses als andere erfahren und sich selbst in Differenz dazu. Nur auf dem Grunde einer alle geschichtlich modifizierte Transzendentalität übergreifenden Transzendentalität des Seinsverständnisses als „Seinsvertrautheit“426 überhaupt, ist die Differenz zwischen geschichtlichen Seinsverständnissen als Differenz offen. Das vom geschicklichen Aufgang des Seins je geschichtlich geprägte Seinsverständnis ist ein je konkretes und bestimmtes, gleichwohl aber als Seinsverständnis in seiner konkreten Verfaßtheit auf alles und darin auf das, was überhaupt ist, gerichtet. Es bildet eine „sekundäre“, „perspektivische“ oder „historische“ Transzendentalität427 aus, die aber als solche in der Transzendentalität der Seinsvertrautheit überhaupt und darin der absoluten Bezogenheit auf das, was ist, auf Wahrheit schlechthin, ruht. Von daher sind die je geschichtlichen Seinsverständnisse und die von ihnen ausgebildeten geschichtlichen Welten nicht gegeneinander geschlossen, sondern jede geschichtliche Welt bildet ein Verständnis jeder anderen als dieser anderen, wenn auch je nur von dem ihr zugehörigen Boden ihres geschichtlichen Seinsverständnisses aus. Von daher ist es verständlich, daß jede Epoche ihr eigenes Bild etwa der Antike hat, dies aber nun so, daß in allen diesen differierenden Verständnissen die Antike als diese eine bestimmte geschichtliche Gestalt des Seinsverständnisses, als Antike, gemeint ist, als dieselbe, wenn auch nie in der gleichen Weise verstanden428. Alle geschichtlichen Welten umschließen je alle anderen Welten und Zeiten, in allen erscheint je die eine und ganze Welt und Zeit429, und nur so ist Geschichte Geschichte. Geschichte ist je das universale Umfassen aller Gestalten, und dies ist nur so möglich, daß jede geschichtliche Weltzeit universal allen Zeiten und ihren Horizonten geöffnet ist. Dieses Zusammen von je geschicklich-geschichtlichen einzigartigen Weltzeiten und ihrer inneren Universalität erst stellt
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die Unvergeßlichkeit des Geschichtlichen auf den sie tragenden Grund430. In der Einheit in dem vor allen geschichtlichen Modifikationen liegenden transzendentalen Grund der Offenheit von Sein und Wahrheit hält sich die gegenseitige Offenheit und Verstehbarkeit aller geschichtlichen Seinsverständnisse und ihrer zugehörigen Welten, welcher Verstehbarkeit im folgenden Kapitel weiter nachgegangen werden soll. Ruht der geschichtliche Wandel in einem Ursprung, der früher ist als der Mensch und seine Welt, so umfaßt das von diesem Ursprung ereignete Geschick alles, was ist. Es ist „universales Geschick“431. Dies aber nun nicht im Sinne des Zwanges und der Nötigung, sondern der Herausforderung, so daß es im Aufgang von Sein, im Ineinander von Fügung und Zuspruch, in eins die Möglichkeit freier Antwort, „die Möglichkeiten von Freiheit und Verantwortung“432 zuträgt und entbirgt. Geschichte ist nicht das Geschehen starrer Vorbestimmung und zwanghafter und blinder Entsprechung, sondern Geschichte als Geschick des Seins ist Vorgabe im Sinne der auffordernden Aufgabe zu freier Antwort und freiem Spruch auf den Zuspruch. Das Geschehen von Fügung und Zuspruch gibt Räume und Möglichkeiten des Denkens, Erfahrens und Handelns vor, aber so, daß innerhalb dieser Möglichkeiten je auf das Absolute dessen, daß ist, was ist, hingeblickt wird und ihm begegnend je frei entgegnet werden muß. Innerhalb der dem Menschen vorgegebenen Weise des Horizontes dessen, wie Sein sich ihm zuspricht, steht dieser frei in Antwort und Verantwortung seines Hinblicks und Zugriffs. Geschichte als Seinsgeschichte, in der im Geschick des Seins sich dieses selbst in eins mit der durch die je geschickliche Offenheit des Seins verfügte Freiheit des Menschen ereignet, Geschichte als herausfordernder Zuspruch und antwortender Spruch, ist dem „Gespräch“433 zu vergleichen, in dem das Wort die Freiheit der Antwort in eins gründend freigibt und anrufend herausfordert. Im Geschick des Seins gründend ist die Geschichte in unaufhörlichem Wandel. Im je geschichtlichen Zuspruch des Seins ist das geschichtliche Geschehen je in eine einzigartige Gestalt des Seinsverständnisses und damit der Welt im ganzen gefügt, die als aus dem Verborgenen Ursprung ereignet unberechenbar und unableitbar ist. Von daher erreicht die Ursprünglichkeit und Unableitbarkeit des Geschichtlichen vom seinsgeschichtlichen Denken her eine neue
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Dimension. Die Unableitbarkeit, die in der Vorlesung G 49/50 die Unableitbarkeit der ursprünglichen Selbstgehörigkeit je jeder Person ist und in den späteren Vorlesungen als die Unableitbarkeit der Gegenwärtigung und Anfänglichkeit des geschichtlichen Geschehens eine Vertiefung erfährt, zeigt sich nun im Gedanken der Seinsgeschichte als die Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit des Seins als Geschick und Geschichte. Hier stellt sich die Frage, ob darin nicht die Gefahr liegt, daß der Gedanke der Seinsgeschichte die Unableitbarkeit der Person auslöscht und so die Freiheit des Menschen nivelliert und damit auch die Möglichkeit einer Ethik negiert. Demgegenüber aber zeigt die eben zitierte Stelle G 54, 103434 wie auch der weitere Verlauf der Untersuchung, daß bei Welte Freiheit und Unverfügbarkeit der Person, gerade auch in ihrem Ereignetsein in ihr Da im lichtenden Geschick des Seins, in dem der Person allererst Offenheit und damit Freiheit zugeeignet ist, gewahrt bleibt, ja als konstitutiv in das Ereignis des Seins in sein Da mit hineingehört und daß in diesem Zusammenhang auch die absolute Gründung, die bei Welte immer auch betont und ausdrücklich im Spiel bleibt, die Freiheit des im Geschick ereigneten Da des Seins im Sinne des Ethischen anfordert. Der Gedanke der Seinsgeschichte sprengt jegliches metaphysische Verständnis von Geschichte, welches das geschichtliche Geschehen als Verwirklichung eines zeitlos Allgemeinen faßt, welche Allgemeinheit als solche im Begriff feststellbar ist. Denn im Geschick des Seins wird die Kategorialität des ‘ist’ je geschicklichgeschichtlich allererst ereignet. Das gründende Geschick des Zuspruchs des Seins, in dem dieses, sich in eine geschichtliche Weise des ‘ist’ entbergend, sich als es selbst entzieht, kann mithin in solchem ‘ist’ nicht gefaßt werden, welches ‘ist’ aber die unabdingbare Form jeglichen Denkens und Sagens darstellt. Bei der Betrachtung des geschichtlichen Wandels, der in seinem Grund dem Denken entzogen bleibt und für dieses ins Chaotische auseinanderzutreiben scheint, „heben sich aber doch eigentümliche und charakteristische Formen aus dem scheinbar form- und uferlosen Gange heraus“435. Der Wandel zeigt sich von „epochaler Struktur“436, d.h., er „waltet so, daß er je für große Geschichtsräume der menschlichen Freiheit ihre Grundmöglichkeiten entgegenbringt, so daß sich von daher die Formen des menschlichen Denkens und Sprechens, ja des menschlichen Daseins im ganzen eigentümlich bestimmen
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so, daß sich diese zu großen Epochen ordnen“437. Das in der Geschichte des Seins ereignete Geschick gibt je für langhin die Grundweise vor, wie das Seiende dem Menschen aufgeht und sich entbirgt, indem es andere Weisen an sich hält und entzieht, und wie der Mensch sich und alles darin versteht und in sein Handeln und Wirken aufnimmt. Das Geschick des Seins ereignet ein je geschichtliches Seinsverständnis als eine je bestimmte Weise des Verstehens alles dessen, was ist, es ereignet eine bestimmte Weise des Geschehens von Sinn als dem, in dem etwas möglichem Verstehen in seiner Bedeutung aufgeht438 und sich darin in den Horizont alles dessen, was ist, fügt. Im Geschick des Seins ereignet dieses, sich im Dasein in sein Da lichtend, einen je geschicklichen Sinn als eine je bestimmte Weise der Erschlossenheit und des Verstehens von Sein. Diese Grundweise oder dieser Grundansatz ist dann das Selbstverständliche und Unbedachte, von dem aus alles andere bedacht und reflektiert wird, das selbst aber als das Selbstverständliche zunächst in seiner Eigenart nicht zur Gegebenheit kommt. Es ist der unbefragte Boden, auf dem alles ruht. Erst in der Begegnung mit einem anderen epochalen Grundansatz, sei es synchron in der Begegnung mit einer fremden Kultur, die auf einem eigenen epochalen Ursprung ruht, oder anachron in der Begegnung mit einem vergangenen epochalen Weltverständnis, kann die Eigenheit des eigenen epochalen Grundansatzes hervortreten und ans Licht kommen439. Die Möglichkeit der Wahrnehmung anderer Urspünge als anderer setzt aber eine apriorische Differenz voraus zwischen der Weise, in der das, was ist, gedacht wird, und dem, was darin als das, was es ist, gedacht wird. Die Differenz zwischen einer je relativen Form und einem in seinem ‘ist’ je absoluten Inhalt ist Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung einer Differenz zwischen konkreten Seinsverständnissen. Diese Differenz ist die schon genannte Differenz zwischen der sekundären oder historischen Transzendentalität des Seinsverständnisses und der umgreifenden Transzendentalität der Seinsvertrautheit und der Bezogenheit auf Wahrheit überhaupt. Der Wandel der geschichtlichen Grundweisen des Aufgangs von Sein hat „epochalen Charakter, dieser zeitigt je Epochen als umfassende Welt-Zeiten“440. Welte unterscheidet nun in diesem Wandel grundsätzlich zwei unterschiedliche Bewegungen. Die eine ist die „explikative“441 Bewegung der „freien Ausdifferenzierung und
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Auszeitigung“442 eines Grundansatzes innerhalb einer Epoche, und die andere ist die Bewegung, in der „die Epoche selbst geschieht und neu geschieht“443. Welte unterscheidet den Wandel in einer Epoche und den Epochenwandel als den Umbruch von einer Epoche in eine andere. In der Epochalität der Geschichte zeigt sich das Eigentümliche der geschichtlichen Zeitlichkeit. Es ist nicht die gleichmäßig dahinfließende zählbare Zeit, sondern die epochale Zeitlichkeit, die sich je aus unverfügbarem Geschick unberechenbar zeitigt. Die geschichtliche Zeitlichkeit als die epochale Zeitlichkeit ist das diskontinuierliche Aufbrechen des gleichförmigen Flusses der Zeit als des Maßes der Bewegung, welch letzterer sich der Unverfügbarkeit des Geschicks zu entledigen sucht, indem in ihr Vergangenheit und Zukunft als lineare Verlängerung des Jetzt immer schon eingeholt sind444. Im Aufbrechen dieser rechnenden Zeit gleicht die geschichtliche Zeitlichkeit der Zeitlichkeit der Jähe der Seinsgeschichte bei Heidegger, wie sie im vorhergehenden Abschnitt dieses Kapitels aufgezeigt wurde445. Welte verwendet auch einmal in der Vorlesung G 67/68 diesen Ausdruck: „Der epochale Wandel der Geschichte erscheint uns jetzt wie der Wandel eines nie ganz endenden Gesprächs, das uns immer wieder wie von geheimer Macht erfaßt, jäh und doch kaum vermerkt an einen neuen Ort führt ...“446. Das Ereignis des Aufgangs und Zuspruchs des Seins ist Zeitigung von Zeit in der Jähe epochalen Geschicks. Im Geschick des Seins zeitigt sich die geschichtliche Zeit als der epochale Zeit-Raum je geschehender Geschichte. Im Gedanken der epochalen Seinsgeschichte zeigt sich die Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit des Geschichtlichen uneinholbar und unaufhebbar verwurzelt. Im Ausdruck der Jähe kommt die Sprengung eines metaphysisch konstruierenden Verständnisses des Geschichtlichen ins Wort. Die Jähe des Geschicks ist uneinholbar gegenüber der zeitlichen Realisierung der Allgemeinheit eines zeitlosen Wesens oder der Entfaltung einer absoluten Vernunft in ihrer Notwendigkeit. Im jähen Geschick des Seins ist die Geschichte aus allen metaphysischen Fesseln, aus der Umklammerung jeglichen Begriffs gelöst. Die Geschichte ist je das Unbegreifliche, nicht auf den Begriff zu bringende Unvorhersehbare. Die Jähe schickt je das unvergleichlich Einzigartige447, das „Noch-nie-Dagewesene“448, „das es noch nie gab“449, das, was „noch niemals war“450. Indem die
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Epoche geschieht, geschieht die Jähe des Geschicks einer anfänglich neuen und unvergleichlichen Weise des Aufgangs von Sein. Dieser „epochale Umschlag“ 451 zeitigt eine neue Epoche des Seinsverständnisses, auf dessen Grund sich eine neue Weise des Denkens und der Erfahrung, der Weltgestaltung im ganzen ausbildet, die nicht als Folge oder als Möglichkeit des alten epochalen Grundansatzes verstehbar ist, sondern die unvergleichlich neu und anders ist. Die neue Epoche ist mit der alten weder im Sinne der Explikation noch in den Kategorien von Fortschritt oder Verfall verrechenbar. Die Epochen sind nicht auseinander ableitbar. „Es gibt kein System der Epochen“452. Sie sind je „unvergleichlich einmalig“453 und „einmalig unwiederholbares, aus keiner allgemeinen Regel verrechenbares Gebilde bzw. Geschehen“454. Tritt ein neuer Ansatz hervor aus verborgenem Grund, so zeitigt er eine neue Weise des Daseins unter Aufnahme von Gestalten und Möglichkeiten der alten Epoche, aber so, daß sich rückblickend zeigt, daß die Aufnahme des Alten in einer Weise geschieht, die nicht mehr die alte ist und aus ihr auch als Möglichkeit nicht verstanden werden kann. Welte untersucht in dieser Hinsicht immer wieder den Übergang von der Antike zum Mittelalter und dessen Aufnahme antiker Tradition, die als diese Aufnahme das Alte fortführen und nachahmen will, die aber in ihrer Auswahl und Aneignung zeigt, wie die Zitation antiker Formen und Gestalten gerade nicht mehr antik, sondern mittelalterlich ist455. Jede Epoche ist Zeitigung des Horizonts dessen, was ihr offen und zugänglich ist und was ihr verschlossen bleibt, und in eins Zeitigung der Weise, wie diesem offenen Raum von Möglichkeiten begegnet wird. Dieser Umschlag geschieht nun je auf verschiedene Weise. Er kann sich etwa verborgen ankündigen und langsam hervorbrechen im Erlahmen eines alten Ursprungs456, dessen Kraft erlischt, dessen hervorgebrachte Gestalten ihre Sagekraft verlieren und demgegenüber neue Erfahrungen des Denkens und Sprechens sich zutragen. Oder er kann auf der Höhe der explikativen Entfaltung eines Ursprungs durchbrechen, welche Weise des epochalen Umschlags Welte ins Bild eines „gepfropften Reises“457 bringt. Oder es können Ursprünge nebeneinander aufbrechen, wie etwa die des Abendlandes, der semitischen, indischen und ostasiatischen Welt458. Dabei zeigt sich die räumliche Dimension mit einbezogen, aber so, daß sie selbst keinen neuen Ursprung hervorbringt. Auch scheinen bisweilen
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epochale Umschwünge mit großen geschichtlichen Ereignissen, etwa Entdeckungen, seien sie theoretischer, praktischer oder geographischer Art, verknüpft zu sein. Aber bei näherem Zusehen zeigen auch sie sich angebaut auf einem epochalen Grund, von ihm gezeitigt und nicht selbst diesen zeitigend. Ihre Bedeutung liegt nicht im Hervorbringen eines neuen epochalen Grundes, sondern vielmehr in der Erschließung bisher unentfalteter Möglichkeiten dieses Grundes459. Innerhalb der je aus geheimnisvollem Grund geschicklich gezeitigten Epochen aber steht das Geschehen der Offenbarkeit des Seins nicht gleichsam still. Die Geschichte geschieht in unaufhörlichem Wandel460. Der Wandel innerhalb einer Epoche ist der Wandel als „freie Ausdifferenzierung“461, als „freie Auszeitigung der epochal vorgegebenen Möglichkeiten“462. Die Freiheit der Entfaltung des epochalen Grundansatzes zeigt sich an der Unmöglichkeit, den Gang des Geschehens innerhalb eines epochalen Grundes vorherzusehen und vorauszubestimmen und in der sich je aufdrängenden Einsicht, „daß alles auch hätte anders gehen können“463. Die Freiheit liegt im Zusammenspiel der frei vorgegebenen Möglichkeiten des epochalen Grundes und der von diesem als dem Aufgang des Seins dem Menschen als dem Da des Seins je zugesprochenen und zugeeigneten Offenheit und Freiheit. Erweist sich die Epoche in ihrer Entfaltung als frei, so zeigt sich nach Welte doch eine unumkehrbare Richtung des Ganges der Auszeitigung. Dieser Gang ist zu beschreiben als der Gang von Frühzeiten über Hochzeiten zu Spätzeiten. Die Anfänge sind geprägt von der Sammlung, Einfachheit und Ruhe des Ausdrucks und der Formen. In ihnen liegen die Möglichkeiten noch weitgehend unentfaltet als Möglichkeiten. Sie sind groß und ausdrucksstark durch die Sammlung an „potentieller Ursprungskraft“464. Innerhalb des geschichtlichen Geschehens werden diese Möglichkeiten immer mehr ausgeschöpft und der Reichtum an Formen und Gestalten nimmt in freier und immer neuer Antwort auf den Zuspruch zu. Die „mittleren Zeiten“465 sind geprägt vom Zusammenklang und Gleichklang, vom stimmigen Gleichgewicht von Reichtum der Formen einerseits und innerer Ausdruckskraft andererseits. Es sind die Zeiten des In-eins-Schlags „der noch ungebrochenen Einheit des epochalen Lebensgrundes“466 und des freien Ergreifens und Ausdrucks seiner Möglichkeiten im Reichtum kraftvoll gesammelter Formen. „Darin
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können sie zum Rang des Klassischen aufsteigen“467. In den Spätzeiten löst sich dieses Gleichgewicht auf zugunsten der Ausdifferenzierung in die Mannigfaltigkeit ungezählter Gestalten. Die Einheit und Kraft geht verloren im bloßen Spiel der Formen. Die Sammlung in ihrem Grund verliert sich in die auseinandergelegte Vielzahl beliebiger Möglichkeiten, deren äußere Fülle ihre innere Einheit verdeckt. Der Gang dieser Ausdifferenzierung der Epochen aber folgt keinem Gesetz im Sinne der Determiniertheit des Mechanischen oder Biologischen. Es ist ein Gespräch von Zuspruch und Antwort, in dem das eröffnende Wort Horizonte und Möglichkeiten freigibt und darin mannigfaltige und unvorhersehbare Wendungen zuläßt. Mit dem ersten Wort ist das Gespräch eröffnet, aber als Gespräch gerade als das Nicht-Festgelegte und Freie, als das in seine Zukunft hinein Offene, das im Geschehen erst seine Zeit zeitigt. Der Gang von frühen zu späten Zeiten ist der Gang, in dem die Antwort des geschichtlichen und d.h. endlichen Daseins sich in die Endlosigkeit begrenzter Gestalten differenzieren muß. Der Epochenbegriff im Sinne der freien Ausdifferenzierung einer Grundweise, in der das Sein sich dem Menschen zuspricht, und so je geschichtliche Weisen des Seinsverständnisses zeitigt, ist bei Welte nun nicht eindeutig festgelegt. Epochen sind nach Welte einmal die Antike, das Mittelalter und die Neuzeit468, in denen sich ein epochaler Grundansatz auszeitigt. Dann aber spricht er auch vom Barock469 oder dem Hellenismus470 als eigenen Epochen, und er spricht von der „Großepoche“471, die den epochalen Ansatz der hellenistischen Welt über das Mittelalter bis an die Gegenwart heranträgt, welche Großepoche an die Epoche der Seinsvergessenheit der Metaphysik bei Heidegger erinnert als das eine Geschick, das sich von den Vorsokratikern bis zu seiner Vollendung in Nietzsche und der modernen Technik vollzieht. Diese Unschärfe des Begriffs überlagert sich zum Teil mit dem Ausdruck ‘Welt’ für ‘Epoche’472, wobei ‘Welt’ auch für jede kleinere Einheit innerhalb einer Epoche stehen kann, bis hin zur Welt des je einzelnen Daseins als In-der-Welt-seins473. Grundsätzlich aber kann wohl gesagt werden, daß Welte Antike, Mittelalter und Neuzeit als die eigentlichen Epochen sieht, wobei er im Anklang an Heidegger auch den darin waltenden einen Grundzug, der sich in der abendländischen Metaphysik zum Austrag bringt, als einen tieferen epochalen Grundansatz annimmt.
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Welte sieht das Abendland als eine umgreifende Einheit474. Dies ist kein Widerspruch zu dem Gedanken der epochalen Umbrüche, denn diese geschehen ja selbst geschichtlich. Sowohl der Wandel in der Epoche als auch der Epochenwandel geschehen geschichtlich, d.h., sie geschehen so, daß sie nicht gleichsam an einem Punkte Null anfangen und enden, sondern so, daß sie das Vergangene als ihren Grund in Aufnahme und Aneignung, zwar diskontinuierlich von einem neuen Grundansatz aus, aber dennoch in Kontinuität bewahren. Das Vergangene, auch das durch einen epochalen Umbruch getrennte, bleibt, wenn auch von einem epochal neuen Boden aus aufgenommen, das herkünftig bestimmende und sich zusprechend und zueignend anzueignende Gewesene. Die vergangenen epochalen Ursprünge sind im je gegenwärtigen als Moment der Herkunft da und gewesend gegenwärtig. Die Diskontinuität der Epochen ist keine absolute, sondern sie geschieht als geschichtliche, in der Offenheit der Einheit der Zeit. In der Diskontinuität der Epochen bricht die Kontinuität nicht ab, sie waltet nur anders als in den Epochen nämlich als „Kontinuität epochaler Art“475. Wie in der Geschichte nichts isoliert in sich steht, so auch nicht die epochalen Umbrüche und ihre Epochen. Die Geschichte bleibt auch in ihrer Epochalität eine Geschichte. Im Vergleich mit Heidegger fällt auf, daß Welte die epochale Seinsgeschichte pluraler sieht. Er betrachtet die Epochen in ihrer sich darbietenden konkreten Mannigfaltigkeit und denkt nicht im zweipoligen Schema von Seinsvergessenheit und Andenken an das Sein wie Heidegger, in welchem Schema die Zweipoligkeit von Uneigentlichkeit und Eigentlichkeit in der Fundamentalanalyse des Daseins von ‘Sein und Zeit’ wiederzukehren scheint. Welte legt kein Maß an die Epochen. Das Sein schickt sich je anders zu und entzieht sich darin je anders, ohne daß dies einem dem Menschen zugänglichen Maß unterläge, das bei Heidegger in den Modi von Uneigentlichkeit und Eigentlichkeit, Vergessen und Andenken, verborgen wenigstens, mitzuschwingen scheint, wenn er auch betont: „Uns fehlt nicht nur jeder Maßstab, der es erlaubte, die Vollkommenheit einer Epoche der Metaphysik gegen eine andere abzuschätzen. Es besteht überhaupt kein Recht, in dieser Weise zu schätzen. ... Jede Epoche der Philosophie hat ihre eigene Notwendigkeit“476.
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Während Heidegger die Forderung stellt, der epoché des Seins als dem an sich haltend sich verbergenden und in die Seinsvergessenheit schickenden Sein als dem Ungedachten des Anfänglichen andenkend nachzudenken, betrachtet Welte die Geschichte und ihre Epochen je in der Weise, wie Sein sich in ihnen zuspricht, welcher Zuspruch je Wahrheit ist. Welte denkt die Epochen als geschichtliche Zeiträume vom Ereignis der epoché des Seins als dem Geschehen des lichtenden und entbergenden Sich-Schickens im Geschehen des sich in die Verbergung entziehenden An-sichhaltens in dessen lichtend zueignender Schickung, Heidegger dagegen in dessen verbergend sich entziehendem An-sich-halten. Die Epochen sind bei Welte primär von der sich in ihnen zutragenden Weise der Entbergung und des Zuspruchs des Seins und nicht seiner Verbergung und im Gefolge nicht seines Vergessens betrachtet, und sie sind in ihrer unableitbaren Vielfalt geeint in ihrer diesem Zuspruch antwortenden transzendentalen Offenheit auf das Absolute der Wahrheit des Seins selbst. Welte sammelt die Vielfalt der Epochen, ohne sie wie Heidegger aus einem einzigen anfänglichen Geschick des Seins ereignet zu denken, in dem dieses, sich im Seienden entbergend, als Sein entzieht und verbirgt in eins mit dem Wesen der Unverborgenheit477. Heidegger denkt vom Sein her. Er betrachtet die Geschichte unter der Hinsicht seiner Ontologie als Frage nach dem Sinn von Sein. Welte dagegen geht vom Reichtum und der Fülle der sich in der Geschichte konkret darbietenden Mannigfaltigkeit aus und sucht je die jeder Epoche eigene Weise der Lichtung des Seins als der Wahrheit, durch die eine jede getragen ist und die als je geschichtliche Weise des Geschehens der Wahrheit jede andere verstehen, ansprechen, betreffen und bereichern kann, da alle transzendental geeint sind im Bezug auf die Absolutheit der Wahrheit selbst. Welte betrachtet die Geschichte nicht vom Boden einer allgemeinen Ontologie aus. Er fragt nicht vom Boden der Frage nach dem Sinn von Sein nach der Geschichte, sondern er treibt Ontologie des Geschichtlichen als Phänomenologie des Geschichtlichen. In dieser Phänomenologie des Geschichtlichen aber stellt sich die Frage nach dem Sinn von Sein neu, und es wird eine neue Zugangsweise dazu gewonnen, nämlich die des zeitlichen, durch den Menschen selbst mit konstituierten Geschehens.
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bb) Zunehmende Entfaltung des Gedankens und seine Bedeutung für Weltes Geschichtsverständnis Schon wiederholt wurde auf eine fortschreitende Bedeutung des Gedankens der Seinsgeschichte und der Epochalität im Denken Weltes hingewiesen. Zugleich aber wurde betont, daß dieser Gedanke schon früh da ist, allerdings erscheint er in den frühen Texten noch eher wie dazugestellt und nicht als solcher entfaltet und geklärt. So wird schon in der Vorlesung V 48/49 die Einbettung jedes Verstehenshorizontes in eine Epoche genannt, aber die Epochalität selbst nicht ausgeführt oder gar als Zuspruch und Fügung des Seins, als Geschick ausdrücklich gemacht478, wie es andeutungsweise in der Vorlesung V 58 und explizit in der Vorlesung V 62/63 geschieht479. Auffallend ist gegenüber der Vorlesung W 51, in der, gleichwie hier in der Vorlesung V 48/49 nach der Aufdekkung der Grundstruktur des Verständnisses, so dort der von Mitteilung und Überlieferung, jeweils deren sekundäre Modifikationen erläutert werden, daß in der Vorlesung V 48/49 wohl die Modifikation von der materialen Seite, der empirischen Faktizität, her und die von der formalen Seite, dem vollziehenden Selbst, her genannt sind, nicht aber die Modifikationen vom transzendentalen Grund der Wahrheit selbst, von der epochalen Seinsgeschichte, her, wie es in der Vorlesung W 51 geschieht480, in der diese sekundäre Modifikation vom transzendentalen Grund der Wahrheit selbst her auch schon als die „radikalste“481, weil die alle anderen Modifikationen transzendental umfassende482 bestimmt und als Epochalität bedacht und entfaltet wird. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang auch der Vergleich der thematisch zusammenhängenden Vorlesungen W 51 und W 62. Geht die Vorlesung W 51 von der Entfaltung des Geistes als des Ortes der Wirklichkeit und Offenheit der Wahrheit aus und wird die Bestimmung der Wahrheit als Offenheit selbst nur genannt, nicht aber als lichtende Entbergung des Seins des Seienden von diesem her als Geschehen expliziert, so beginnt die Vorlesung W 62 mit einer Kritik an dem Wahrheitsbegriff der adaequatio rei et intellectus und dessen Gegenüberstellung gegen die von Heideggers Wahrheitsverständnis her gedachte „Ur-Geschichte der Wahrheit“483 als das Geschehen des Ineinander von lichtender Entbergung des Seins für möglichen Hinblick und dem Denken als dem Geöffnetsein
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auf Wahrheit hin und als dem Ort der Entfaltung der Wahrheit. Wahrheit erscheint nun als Entbergung, Offenbarung, als Ereignis, Zueignung und Geschick. Wahrheit ist Geschehen und Geschichte484. Dieser andere Zugang hebt die Verhältnisbestimmungen von Geschichtlichkeit und Wahrheit in der Vorlesung W 51 nicht auf, aber er zeigt doch eine Verschiebung an, indem nun das Verständnis von Wahrheit von der Offenbarkeit her als das Geschehen des Ineinander von sich offenbarendem Zuspruch des Seins und diesen bergenden Hinblick des Denkens entfaltet wird. Die Geschichtlichkeit der Wahrheit wird darin nicht mehr nur primär von der Geschichtlichkeit des endlichen Geistes her bedacht als dem Ort, an dem die Wahrheit offenbar wird und in den hinein aufgehend die eine und absolute Wahrheit in unabsehbare Möglichkeiten von perspektivischen Modifikationen auseinandertritt und so gleichsam je nur einen Strahl des Lichtes der absoluten und transzendentalen Wahrheit im Endlichen widerspiegelt, sondern die Geschichtlichkeit der Wahrheit wird nun auch von der Seite des transzendentalen Grundes der Wahrheit her als das Ereignis ihres Aufgangs im lichtenden Geschehen des Seins bedacht. Der Gedanke der Seinsgeschichte erscheint nicht mehr nur wie in der Vorlesung W 51 als eine sekundäre, wenn dort auch schon als die radikalste Modifikation der einen Wahrheit, sondern er bildet in der Entfaltung der Ur-Geschichte der Wahrheit den Ausgang des ganzen Gedankens von Wahrheit und Geschichtlichkeit. Der Gedanke, daß es eine „Geschichte der Wahrheit ... vor der Geschichte, die wir aus ihr machen“485 gebe, der in der Vorlesung W 51 in der Nennung der epochalen Seinsgeschichte als eine sekundäre Modifikation der Wahrheit nur eben anklingt, ist nun zum entscheidenden Gedanken geworden. Damit aber werden die Ausführungen der Vorlesung W 51 über die Geschichtlichkeit der Wahrheit durch die Endlichkeit des Wahrheit vollziehenden geschichtlichen Daseins nicht überholt, in welcher Endlichkeit die Absolutheit der Wahrheit in eine unabsehbare Mannigfaltigkeit von Perspektiven auseinandertritt, die zwar in ihrem Blick auf die Absolutheit der Wahrheit transzendental geeint sind, diese aber nie als absolute verwirklichen. Die Problemfelder Geist als Ort des Aufgangs von Wahrheit, Modifikationen, kommunikativer Horizont und Weltgestalt der Wahrheit werden wieder aufgenommen. Gerade auch die Absolutheit der Wahrheit tritt nun in der Rede vom „Übergeschichtlichen in der Urgeschichte der
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Wahrheit“486 und der Wahrheit als „einem ewigen, alles umfassenden, unzerstörbaren Kristall“487 wieder auf. Damit bleibt die Gründung von Überlieferung als der Weise des Da von Wahrheit in der Geschichte in der Partizipation des Geistes an der veritas prima488, von welcher Gründung Welte in der Vorlesung W 51 im Rückgriff auf Thomas von Aquin ausgeht, gültig, nur wird nun versucht, diese Partizipation in ihrem Sich-Ereignen und als Geschehen zu denken. So zeigt sich in der Vorlesung W 62 im Hinblick auf die Beschreibung der Wahrheit als Geschehen der Lichtung des Seins gegenüber der Vorlesung W 51, in welcher der Gedanke der Seinsgeschichte, wenn auch schon in seiner transzendentalen Dimension erkannt, nur beiherspielt, eine Wandlung, indem dieses transzendentale Geschehen als Geschehen und in seiner Gründung von Geschichte ernstgenommen ist, so daß er das metaphysische Modell geschichtlichen Wahrheitsvollzugs als der Partizipation an der zeitlosen Selbigkeit der veritas prima aufbricht, und zwar so, daß darin das Sich-Ereignen der Wahrheit des Wahren tiefer in den Blick kommt, welche Geschichtlichkeit der Wahrheit für das Verständnis der Geschichte und ihrer Epochen grundlegende Bedeutung gewinnt. In den geschichtsphilosophischen Vorlesungen stellen sich die Unterschiede im Hinblick auf den Gedanken der Epochalität und der Seinsgeschichte wie folgt dar. In der Vorlesung G 49/50 fehlt er, wie schon erwähnt. In der Vorlesung G 54 findet er kurze Erwähnung einmal in einer marginalen Beifügung im Zusammenhang des öffentlichen und wirhaften Wesens der Geschichte und dann in einer Schlußbemerkung des Kapitels über den Sinn der Geschichte. Hingewiesen sei hier auch auf den Beginn der Vorlesung G 54, wo bei der Behandlung der Transzendentalität der Geschichtlichkeit von der Geschichtlichkeit Gottes489 als der Geschichtlichkeit des Gründens von Geschichte gesprochen wird, ohne daß aber diese Geschichtlichkeit des Gründens in der Weise ihres Gründens näher bestimmt und ausgefaltet ist. In der Vorlesung G 61 erscheinen, auch im Zusammenhang des öffentlichen Wesens der Geschichte, die Epochen als die im langhin bestimmenden Zuspruch des Seins gegründeten Weltzeiten, und auch die Unterscheidung von epochaler und explikativer Bewegung wird angedeutet, allerdings nicht ausgeführt. Die Vorlesung G 67/68 schließlich ist in zwei Teile gegliedert, deren erster die Momente der Seinsweise des Geschichtlichen,
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seine dialektische Verfassung, seine Unvollendbarkeit und Hoffnungsstruktur parallel den früheren Vorlesungen entfaltet und deren zweiter Teil in einem Neuansatz den Blick auf die Epochalität des Geschichtlichen lenkt und nun allein von diesem Hinblick aus auf die Dialektik, die Unvollendbarkeit und die Hoffnungsstruktur der Geschichte stößt490. Alle diese Hinweise fügen sich in ein Eines. Der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte tritt bei Welte immer stärker hervor und dies nicht nur in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen. Es ist ein Merkmal seines ganzen Philosophierens. Dies ist verständlich, da die Geschichtlichkeit alle Bereiche von Mensch und Welt betrifft, der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte seinen Einfluß daher in allen Bereichen entfalten muß. Werden die Epochen sehr früh genannt und fällt sogar der Ausdruck „epochale Seinsgeschichte“ schon in der Vorlesung W 51, so ist dieser Gedanke doch noch nicht der Sammel- und Angelpunkt der Überlegungen, sondern er ist Glied einer Reihe verschiedener Modifikationen, wenn auch schon als die radikalste gedeutet. Der Gedanke der Seinsgeschichte erscheint noch wie dazugestellt, während etwa in der Vorlesung W 62 und im zweiten Teil der Vorlesung G 67/68 von ihm her auf alles andere hin gedacht wird. In den geschichtsphilosophischen Vorlesungen fällt am meisten wohl das Fehlen des Gedankens in der Vorlesung G 49/50 auf, die das Wesen des Geschichtlichen von der Person her als entscheidende Augenblicklichkeit bestimmt. Wird hier vom menschlichen Dasein her auf die Geschichte hin gedacht, so wird seit der Vorlesung G 54 eher von der Geschichte her auf die Geschichte hin gedacht. Wird in der Vorlesung G 49/50 die Geschichte in der Geschichtlichkeit des Menschen gegründet, so wird später die Geschichtlichkeit des Menschen als vom Geschick des Seins her gegründet gedacht. Die Geschichtlichkeit des Daseins wird mehr und mehr eingeholt in die Geschichtlichkeit des Seins. Vielleicht könnte man mit allem Vorbehalt und unter Hinweis auf die bleibende Unvergleichlichkeit mit Heidegger von einer ‘Kehre’ im geschichtsphilosophischen Denken Weltes sprechen, welche Kehre sich auch im übrigen Denken Weltes bemerkbar macht, wie etwa die Gedanken Weltes zur Person schon gezeigt haben. ‘Kehre’ meinte dann bei Welte das Geschehen, daß sich in seinem Denken, in dem er je auf das Selbe hindenkt, die Weisen seines Blickens und Sagens ändern, welche Änderung zu beschreiben wäre, als die Wendung
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von der zeitlos-überzeitlichen Selbigkeit des Absoluten von Wahrheit und Sein hin zur geschicklich-geschichtlichen Überzeitlichkeit von Wahrheit und Sein, die Wendung von der Geschichtlichkeit des Daseins zur Geschichtlichkeit des Seins. Welte kommt, ausgehend vom metaphysischen Denken und dieses integrierend weiterdenkend, immer stärker zum Denken der Geschichtlichkeit des Seins, welche Geschichtlichkeit die Deduktion des Wahren aus einer zeitlosen Wahrheit vor der Geschichte unmöglich macht, als welche Deduktion sich die alles aus einem allgemeinen zeitlosen Wesen ableitende und in Begriffe feststellende Metaphysik versteht. Welte setzt sich stets ab gegen das Verständnis der Geschichte als zeitlicher Erscheinung zeitloser Wesenheiten, welche Ablehnung sich immer auch gegen Hegels Konstruktion der Geschichte aus der absoluten Idee wendet. Stets betont er die Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit des Geschichtlichen. Nur erhalten diese gegenüber der Entfaltung der Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit als der Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit der Selbstgehörigkeit je jeder Person immer deutlicher ihren Grund in der Unableitbarkeit und Unverfügbarkeit des Seins als Geschick und Geschichte. ‘Kehre’ meint nicht die Aufgabe des früher Gedachten, sondern die Verwahrung des Gedachten in seine tiefere Gründung im vorher Unbedachten. Es gilt nun noch auf einige Punkte hinzuweisen, die der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte für ein Verständnis der Geschichte impliziert. Zum Teil traten solche Implikationen schon in den Wandlungen hervor, die sich in den einzelnen Momenten der Seinsweise des Geschichtlichen angezeigt haben, so etwa in der stärker werdenden Betonung der Kategorie des Geschehens und des Ereignisses, dem Wandel von der entscheidenden zur geschenkten und gewährten Augenblicklichkeit, in der Kontinuität als epochaler und in der Zeitlichkeit der Jähe. Diese beobachteten Verschiebungen zeigen sich nun alle vom Gedanken der epochalen Seinsgeschichte her verständlich. Alle Momente der Geschichte erhalten von ihm her eine neue Tiefe. Die Singularität des Geschichtlichen ist nun in der zeitlichen Einmaligkeit und in der Einzigkeit personalen Selbstseins in eins zu bestimmen als die Einzigartigkeit, Einmaligkeit und Unvergleichlichkeit des je geschichtlichen Geschicks des Seins. Die Kontinuität
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tritt als epochale hervor, in der das Sein in der Diskontinuität der Jähe als das Selbe je die Geschichte ereignet. Das Geschehen wird als Geschehen allererst zu sich gebracht. Denn nun entspringt es nicht mehr nur der zeitlichen Verfaßtheit des menschlichen Daseins. Es ist nicht mehr nur das Geschehen der Entscheidung des geschichtlichen Menschen vor einem überzeitlich Wandellosen und daher als Geschehen nur Medium, sondern es ist das Geschehen, in dem das Sein selbst, sich im Sein des Seienden entbergend, die Offenbarkeit und Lichtung und darin den Menschen als das Da des Seins je geschicklich ereignet. Es ist das Geschehen, in dem das Sein selbst geschieht im Ereignis seiner Lichtung und Entbergung, und im Ereignis seines Aufgangs Zeitigung von Zeit. Die Zeit ist nicht Medium des Ereignisses, sondern sie zeitigt sich im Ereignis des Seins. Sein ist nicht zeitloser Bestand, sondern Sein als Ereignis ist Zeitigung von Zeit. Und so ist die Geschichte nicht mehr nur „Medium der personalen Heilsentscheidung“491 wie in der Vorlesung G 49/50, sie ist nicht nur Rahmen und Durchgang eines an ihm selbst von ihr Unberührten, etwa der unendlichen Bestimmung des Menschen, sondern sie ist selbst und in allen ihren Momenten an sich selbst bedeutsam. Somit bestimmen sich auch Ursprünglichkeit, Unableitbarkeit, Anfänglichkeit und Unvergleichlichkeit neu als die Unverfügbarkeit der Jähe des Geschicks, dessen Grund unerreichbar sein eigener ist, welche Unerreichbarkeit den Grund als Grund auflöst in die Grundlosigkeit des Abgrunds des Gründens492. Damit aber zeigt sich die Metaphysik als die Bereitstellung des Grundes als des zeitlosen Wesens für das Denken des Geschichtlichen unangemessen. Der entscheidende Augenblick, in dem sich das endlich-unendliche Selbst gleichsam seiner unendlichen Bestimmung zu vergewissern sucht im Gegenüber eines unwandelbar Entzogenen und vom Geschehen selbst Unberührbaren, erweist sich im Gedanken der Geschichtlichkeit des Seins als Ereignis, das die Jähe als den Kairos zeitigt, in dem das sich ereignend-zueignende Sein und das in der Zueignung des Seins ereignete Da des Seins und deren Zwischen und Gegenüber geschicklich ereignet wird493. Damit aber ist die Geschichte nicht in eine chaotische Endlosigkeit von isolierten Geschicken aufgelöst, sondern sie ist als Geschichte erst zu sich befreit, indem sich ihr je das Eine und Selbe, das Sein, als das verborgen gründende Geheimnis zuspricht. Kontinuität ist nicht die
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Summe je punktuellen Entscheidungsgeschehens, sondern die Kontinuität des Seins selbst, als dessen Geschick die unvergleichliche Singularität der ereigneten Augenblicke in ihrer Bedeutsamkeit unaufhebbar ist. Die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen erweist sich nicht nur als die Bedeutsamkeit, in der sich jede Person als Heilsverständnis selbst angehört, sondern, diese gründend, als die Bedeutsamkeit des Seins selbst, die sich lichtet im Nichts des Wunders, daß überhaupt etwas ist und nicht nichts494. Die Geschichte ist nicht der Trümmerhaufen, an dessen Materialität sich als bloßem Medium seinem Sinn nach Zeitloses entscheidet und das als dieses Medium letztlich bedeutungslos ist, allenfalls aber nur Ziel bloß sammelnden historischen Interesses, welches Interesse so aber selbst im Grundlosen schwebt. Indem Geschichte als Geschick gedacht ist, ist sie als eine Einheit, als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, zu sich befreit, in der je das Sein selbst sich unverfügbar zuspricht. Jede Zeit ist Ereignis des Seins, und so ist keine mit anderen verrechenbar, etwa als das vom Fortschritt Überholte oder noch zu Überholende oder als das von der einstigen Größe Überstrahlte. Im Geschick des Seins erhebt sich jede Epoche „unmittelbar zu Gott“495. Keine ist nur Glied in einer Kette, sei es des Fortschritts oder des Niedergangs. Denn es gibt kein Maß der Epochen in der Geschichte. Das Maß ist das Sein selbst, das dem von ihm geschicklich verfügten Denken unerreichbar ist. Das geschichtliche Geschick schickt die Geschichte je in die Weise des Zuspruchs und der Offenbarkeit des Seins und damit in die Weise ihres Seinsverständnisses, welches dem Denken die Weise des ‘ist’ allererst vorgibt. Und so ist in der unverfügbaren Einzigkeit je jedes Zuspruchs auch die diesen Zuspruch verwahrende Antwort des je geschichtlichen Daseins in seiner unvergleichlichen Einzigkeit unvertretbar und unübersteigbar. Die Einzigkeit je jedes Zuspruchs ereignet die je einzigartige Bedeutsamkeit der Antwort. Alles Geschichtliche ist mithin als es selbst bedeutsam, weil ein je einmaliger und einzigartiger, unwiederholbarer und unüberholbarer Bezug zum Sein selbst. Und so ist der jeweilige Bezug, in dem je jede Gegenwart zu Vergangenheit und Zukunft steht, nicht der eines bloß sammelnden historischen Interesses oder der eines rechnenden, die ganze Geschichte immer schon im Begriff festgestellt
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und konstruiert habenden Denkens, sondern es ist je der Bezug zum Sein als des Unverfügbaren je jedes geschichtlichen Geschicks. Von der Geschichte des Seins her erweisen sich auch die Unerschöpflichkeit und Unvergeßlichkeit des Geschichtlichen in einer neuen Tiefe. Es ist die Unvergeßlichkeit je jedes geschicklichen Zuspruchs, der als Zuspruch des Seins nie im Begriff sichergestellt und dem Vergessen durch seine logische Ableitbarkeit enthoben ist, sondern er ist je nur im andenkenden und eingedenklichen Hören vernehmbar, daher nie endgültig ausschöpfbar in der Fülle seines Geschicks. Es bleibt die unverfügbare Überfülle des Geheimnisses, das je den geschichtlichen Ort seines Andenkens lichtend allererst ereignet. Im Gedanken der Seinsgeschichte ist Geschichte nicht die Weise der zeitlichen Realisierung eines zeitlosen Wesens, sondern sie reicht als im Geschick des Seins selbst geschehend in den verborgenen Grund von Geschichte hinein. Damit sind auch die drei Dimensionen der geschichtlichen Zeitlichkeit erst auf sich gestellt. Denn nun ist die Unverfügbarkeit der Zukunft aller verrechnenden Einholung ins begreifende und konstruierende Denken entzogen. Die Zukunft ist Zukunft des „Noch-nie-Dagewesenen“496, sowohl des Zuspruchs als darin auch der Antwort, das in keinem Begriff vorhergewußt oder hergestellt werden kann. Und die Vergangenheit ist als das unverfügbar vom Geschick Ereignete nur je andenkend zu vernehmen, aber nie von Gegenwart oder Zukunft überholbar. Und je jede Gegenwart ist der Austrag eines Geschicks, das weder nur Folge des Vergangenen noch nur Durchgang zu Kommendem ist. Jede Gegenwart ist, wiewohl in der Kontinuität der Geschichte und sich als diese zeitigend, je nur sie selbst und als diese unaufhebbar bedeutsam. Je einmalig und unwiederholbar geschicklich-geschichtlich gezeitigt, steht jede Zeit in der Kontinuität des Seins selbst. In der geschickhaften Lichtung des Seins als dem Ereignen von Geschichte aber ist auch der Mensch als das Da des Seins in die Offenbarkeit und die Helle alles dessen, was ist, gestellt, in der er sich alles als eines, das ist, gegenüberstellt und so in die Freiheit ereignet ist. Im Geschick des Seins gründen das Geschehen der Lichtung und Offenbarkeit des Seins und das diese verwahrende Da, das dem Sein den Ort seines Aufgangs und seiner Entfaltung gewährt. Das Geschick ereignet die Geschichte als das Geschehen von frei sich gewährendem Zuspruch und der in diesem
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Zuspruch je geschicklich-geschichtlich gegründeten Freiheit des Entspruchs. So ist die Geschichte das Geschehen des Ineinander von gewährendem und gewährtem Ursprung, von gründender und gegründeter Freiheit. Und so erweisen sich die von Welte zu Anfang der Vorlesung G 67/68 gestellten Fragen als zu bejahende: „Ist der Mensch vielleicht zugleich Wirker und Gewirkter dessen, was in der Geschichte geschieht? Ist Geschichte etwas, was zugleich aus dem Menschen entspringt und doch zugleich auch von einem übermenschlich-umfassenden Bereich über ihn verfügt? Über ihn und über alles?“497. Die Geschichtlichkeit des Menschen ist gegründet in der Geschichtlichkeit des Seins. Sie ist ereignet „im Wandel des Zuspruchs des geheimnisvollen Grundes, aus dem, ihm antwortend, der Mensch je und je geschichtlich da ist“498. In diesem Satz ist Weltes Gedanke der Seinsgeschichte zusammengefaßt. Der Mensch ist im geschicklichen Zuspruch des Seins je geschichtlich ereignet und als dieser in die Antwort, d.h. in die Unvertretbarkeit der Freiheit gestellt. c) Das Problem des Verhältnisses von Sein und Gott Im Gedanken der epochalen Seinsgeschichte taucht unwillkürlich die Frage auf, was mit ‘Sein’ gemeint sei. Welte nennt den Grund, in dem Geschichte gründet, unter Verweis auf Heidegger „Sein“, spricht aber mehr noch vom „verborgenen“ oder „geheimnisvollen Grund“, vom „vorausliegenden Ursprung“, vom „Geheimnis“499. Erste wichtige Hinweise, wie Welte diesen Ursprung näherhin denkt, können aus seinen eigenen Darlegungen zur Gottesfrage bei Heidegger entnommen werden. aa) Weltes Heidegger-Interpretationen Welte hat mehrere Aufsätze zu Heidegger veröffentlicht, die außer dem ersten alle von der Frage des Gottesgedankens bei Heidegger geleitet sind500. Aber auch in der ersten Veröffentlichung, welche die Grundgedanken Heideggers skizzieren will, wird im Schlußabsatz die Frage von Sein und Gott angedeutet. Der Frage, ob die Interpretationen Weltes Heideggers Gedanken treffen501 und wie
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das Problem des Verhältnisses der Frage nach dem Sein und der Frage nach dem göttlichen Gott bei Heidegger selbst zu entscheiden ist, kann hier nicht nachgegangen werden502. Hier ist nur von Bedeutung, wie Welte selbst Heidegger in dieser Frage verstanden und zu interpretieren versucht hat. Kennzeichen aller Heidegger-Interpretationen Weltes ist der Hinweis auf die Notwendigkeit, den Gedankengang Heideggers im nachvollziehenden Mitgehen aus ihm selber zu verstehen, nicht aber vorschnell vom Boden anderer Gedankenentwürfe aus zu beurteilen. Allen Aufsätzen ist daher vor der expliziten Beschäftigung mit der Gottesfrage eine eingehende Entfaltung des Denkansatzes und Grundgedankens Heideggers vorangestellt, um aufgrund dessen erst die Frage nach Gott im Denken Heideggers zu stellen. Besonderes Gewicht liegt dabei auf dem Hinweis, daß Heideggers Denken nur zu verstehen ist, wenn das Ineinander von Phänomenologie und Ontologie beachtet wird. Dann nur sind Heideggers Gedanken in einen Horizont gestellt, in dem sie in ihrem Gedachten verstanden werden können, wenn gesehen wird, daß er Phänomenologie als Ontologie und Ontologie als Phänomenologie betreibt. Nur unter Berücksichtigung der phänomenologischen Methode sind daher auch Heideggers Aussagen zur Gottesfrage in ihrer Intention und in ihrem Gemeinten verstehbar. Im ersten Aufsatz ‘Die Lichtung des Seins’ wird nur im schon genannten Schlußabschnitt die Unerläßlichkeit betont, die Frage nach dem Gottesgedanken bei Heidegger in den Horizont eines gemäßen „Mitdenkens“503 mit Heidegger, d.h. in den Horizont der Frage nach dem Sein zu stellen. Nur im Horizont der von Heidegger gedachten Differenz zwischen Sein und Seiendem hat die Frage nach Gott bei Heidegger ihren Ort. Ohne auf diese Frage aber explizit einzugehen, deutet Welte nur die Richtung ihrer Lösung an, welche Andeutung Gott als ein Seiendes verneint und als das Sein nennt504. Diese Identifizierung aber beantwortet nach Welte nicht die Frage: „Was heißt dies, das Sein selbst?“505, sondern wirft sie erneut auf. Bemerkenswert ist hier die Identifizierung von Sein und Gott, die aber nicht weiter ausgeführt wird. Der folgende Aufsatz ‘Die Gottesfrage im Denken Martin Heideggers’ aus dem Jahre 1964 denkt nun thematisch und nicht nur am Rande wie der vorgenannte der Gottesfrage bei Heidegger nach. Er
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entfaltet die Frage Heideggers nach Gott vor dem Hintergrund des Briefes Heideggers ‘Über den Humanismus’. Dort wird das Sein bestimmt als die Lichtung und das Geschick, das allem Seienden zu sein gewährt506. „Das ‘Sein’ - das ist nicht Gott und nicht ein Weltgrund. Das Sein ist weiter denn alles Seiende und ist gleichwohl dem Menschen näher als jedes Seiende, sei dies ein Fels, ein Tier, ein Kunstwerk, eine Maschine, sei es ein Engel oder Gott“507. „Doch das Sein - was ist das Sein? Es ist Es selbst“508. Hier also ist Gott als vom Sein gewährt als Seiendes und als solches als „abkünftig“509 vom Sein bestimmt. Das Sein ist das „Anfänglichere“510 gegenüber Gott. Darin aber wird Gott wie alles Seiende in die Fraglichkeit gestellt und von der Frage: „Warum ist überhaupt Seiendes und nicht nichts?“ verschlungen511. Welte deutet diesen Satz im Humanismusbrief von der seinsgeschichtlichen Verfassung des Denkens her. Heidegger nennt mit dem Wort ‘Gott’ demzufolge Gott im Sinne des höchsten Seienden, als das Gott vom seinsvergessenen, sich des Seienden vorstellend vergewissernden Denken der onto-theologisch verfaßten Metaphysik begriffen wird. Dieses höchste Seiende als den als causa sui festgestellten Gott aber verneint Heidegger in der Suche nach dem göttlichen Gott, denn zu „diesem Gott kann der Mensch weder beten, noch kann er ihm opfern. Vor der Causa sui kann der Mensch weder aus Scheu ins Knie fallen, noch kann er vor diesem Gott musizieren und tanzen“512. In der Linie dieses metaphysischen Denkens, in dem Gott zu einem „Gemächte des Denkens“513 geworden ist, liegt in seiner letzten Konsequenz die Proklamation des Todes Gottes durch Nietzsche oder in anderer Weise, aber ebenso konsequent, der Ausfall Gottes im Denken und in der Erfahrung unter der Herrschaft der Technik, die, alles in ihr Verfügen stellend, sich gebärdet, si Deus non daretur. In solcher Vollendung der Metaphysik kann sich im „Fehl Gottes“ der göttliche Gott anzeigen, denn der „Fehl Gottes und des Göttlichen ist Abwesenheit. Allein Abwesenheit ist nicht nichts, sondern sie ist die gerade erst anzueignende Anwesenheit der verborgenen Fülle des Gewesenen und so versammelt Wesenden ...“514. Hier also wird es entscheidend, die Verneinung der Göttlichkeit des metaphysischen Gottes als des höchsten Seienden und die Aufnahme der Rede vom Tod und vom Fehl Gottes nicht als Atheismus zu deuten, sondern sie als phänomenologische Rede zu verstehen. Der göttliche Gott fehlt, d.h., er zeigt sich nicht an
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ihm selbst, sondern er zeigt sich in der Entbergung seines Entzugs. Daß der Gott in seiner Anwesenheit sich zu erfahren gebe, dies aber ist vom Menschen nicht herzustellen, sondern nur zu erwarten. Er kann nur in den Bereich hinausfragen, in dem dieser erscheinen kann, in die Dimension des Heiligen. Heideggers Denken will solch vorbereitendes und wartendes Denken sein im Geleit des Dichters, der den Fehl Gottes als Geschick unvergleichlich erfahren hat - Hölderlin. Das Denken stößt an eine Grenze, die es von sich her nicht überschreiten kann, und es ist deshalb vielleicht angemessener, „im Bereich des Denkens von Gott zu schweigen“515, welch schweigendes Denken als „das gott-lose Denken, das den Gott der Philosophie, den Gott als Causa sui preisgeben muß, dem göttlichen Gott vielleicht näher“516 ist. Heidegger sucht das Denken in den Bereich hinein zu öffnen, in dem es sich als begreifendes Denken läßt und in dem allein der göttliche Gott von sich her sich gewähren kann, es ist die Dimension des Seins und des Heiligen, denn: „Erst aus der Wahrheit des Seins läßt sich das Wesen des Heiligen denken. Erst aus dem Wesen des Heiligen ist das Wesen von Gottheit zu denken. Erst im Lichte des Wesens von Gottheit kann gedacht und gesagt werden, was das Wort ‘Gott’ nennen soll“517. Welte geht auf die Ordnung dieser Stufenfolge des bereitenden Denkens nicht näher ein518, außer mit dem Hinweis, daß der „vorbereitende Schritt ... das Denken in die Lichtung des Seins“519 ist. Welte läßt das Wort als Ausdruck der Frage nach dem göttlichen Gott stehen: „Wir sehen also, Heideggers Frage nach Gott ist die Frage nach dem göttlichen Gott“520. Gleichwohl aber zeigt sich, daß die Identifizierung von Sein und Gott, wie sie im ersten Aufsatz Weltes vorgenommen wurde, den Sinn des Denkens und Sagens Heideggers nicht trifft. Welte versucht nun, dieser Frage im letzten Abschnitt des Aufsatzes anhand des Vortrags Heideggers von 1962, ‘Zeit und Sein’, erneut nachzugehen. Hier scheint es für Welte, daß Heidegger in Bezug auf die Nennung des göttlichen Gottes „einen unscheinbar scheinenden Schritt weitergegangen“521 ist. Welte erläutert den Satz „Es gibt Sein“522 aus dem Vortrag ‘Zeit und Sein’. Das Sein geschieht als Ereignis, in dem das Sein das Seiende gewährt. Dieses Ereignis als Gewähren ist ein Geben. Das Geben ist das Sein als Ereignis. Indem Welte das Geben als das Ereignis des Seins interpretiert, rückt er das Es, das gibt, ab von seinem Geben und damit vom Sein als Ereignis. Das
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Es „scheint noch weiter jenseits des Seienden und darum noch unsäglicher und wortloser als selbst das Sein und sein Ereignis. Es ist vielleicht der scheueste Versuch, das Unaussprechliche zu sagen, ohne es doch zu verletzen“523. Damit deutet Welte das Es als den Verweis auf den Gott jenseits des Seienden und jenseits des Seins, das im Gewähren von Seiendem sich ereignet. In solcher Deutung ist das Sein als das Geschehen des Gebens des Es als „abkünftig“ vom Es gedacht. In der Interpretation des Es als dem Hinweis auf den göttlichen Gott jenseits des Gottes der Metaphysik als des höchsten Seienden scheint die Gefahr, Gott unter das Sein zu stellen, gebannt. In dem Aufsatz ‘La question de Dieu dans la pensée de Heidegger’ von 1971 nimmt Welte seine Interpretation von ‘Zeit und Sein’ ausführlicher, zugleich aber auch zurückhaltender wieder auf524. Das Es wird nun nicht mehr über das Sein und sein Ereignis als dem Geben gestellt, sondern das Es wird als das Ereignis gedacht, in dem das Sein sich in die Lichtung und das Anwesen schickt. Das Sein geschieht als Ereignis, als das Geben als Lichtung und Anwesen und verschwindet als Sein525 Im Versuch, im Ereignis das Zusammengehören von Es und Sein zu denken, ist die dem Gedanken Heideggers nicht gerecht werdende Trennung von Es einerseits und Sein als das Ereignis andererseits in der Weise, wie es im Aufsatz von 1964 gedacht ist, abgeschwächt. Das Es ist als das Ereignis nicht mehr jenseits des Seins und seines Ereignisses angesetzt, sondern als das Ereignis des Seins, in dem dieses, sich in die Lichtung schickend, sich als es selbst entzieht. Im Denken des Ereignisses aber ist erneut eine Grenze erreicht, die nicht überstiegen werden kann, da, so zitiert Welte Heidegger: „se manifeste dans l’événement-appropriation cette chose particulière que son bien le plus propre se dérobe au dévoillement illimité“526. Damit entzieht sich das Ereignis wiederum allem Begreifen und Sagen. Es bleibt „l’inconcevable“ und „l’indicible“527. Es entzieht sich dem Gedanken, indem es ihm als das Entzogene anwest. Es entzieht sich „comme le secret“528. Nun ist nicht mehr das Es in Konkurrenz zum Ereignis des Seins als der Hinweis auf das Unaussprechliche, den göttlichen Gott, gedacht, sondern das Ereignis des „Es gibt Sein“ als das Geheimnis gedeutet, aber dies nun so, daß diese Deutung nicht als ein „scheuester Versuch“529 Heideggers selbst bestimmt wird, sondern als Frage des Lesers und Interpreten
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ausgewiesen ist530. Diese Deutung aber wird nun in einem letzten Teil zu erhärten versucht durch den Hinweis auf eine Äußerung Heideggers anläßlich seines achtzigsten Geburtstags: „Ist unser Wohnen der Aufenthalt in einem Vorenthalt des Hohen?“531. Der Hohe ist der Gott nach Welte. Er west in der Gestalt der Verbergung und des Entzugs an, die den Menschen beunruhigt532. Welte führt den Gedanken nicht weiter, aber es fällt gegenüber den Aufsätzen von 1948 und 1964 die Betonung des Anwesens des Gottes als Gestalt seines Entzugs auf. Darin öffnet sich gegenüber den früheren Texten die Dimension des Phänomenologischen in einer neuen Weise für den Gottesgedanken. Und dies ist das Bemerkenswerte des Aufsatzes von 1971 gegenüber den früheren. Und so schließt Welte unter Betonung der Unabschließbarkeit und Unerzwingbarkeit des Nachdenkens des Heidegger’schen Gottesgedankens mit dem Hinweis, daß solch vorsichtiges, umsichtiges und zögerndes Denken, wie es sich bei Heidegger findet, die Unangemessenheit und Voreiligkeit bewußt machen kann, mit der gemeinhin von Gott gesprochen wird. Dies ist Ausdruck davon, wie ernst Welte bei allen Versuchen, dem Verhältnis von Sein und göttlichem Gott bei Heidegger nachzudenken, die Unabschließbarkeit und Unverfügbarkeit des bereitenden und wartenden Denkens Heideggers jenseits der Metaphysik nimmt. Zu Anfang des Aufsatzes ‘Gott im Denken Heideggers’, der 1975 erstmals veröffentlicht, aber schon nach Weltes Heidegger-Seminar im Sommersemester 1973 niedergeschrieben wurde, nimmt Welte ausdrücklich Bezug auf seine früheren Versuche zum Gottesgedanken bei Heidegger unter dem Hinweis darauf, daß er „einige wichtige Hinweise in diesen Interpretationsvorschlägen nicht mehr aufrechterhalten kann“533, und unter ausdrücklichem Hinweis darauf, daß der nun vorgelegte Interpretationsvorschlag „wohl auch dieses Mal vorläufig sein“534 wird und „nicht geschützt vor Verirrung“535 ist. Die Zurücknahme einiger Deutungen in den früheren Aufsätzen bezieht sich somit nicht nur auf die Aufsätze von 1948 und 1964, sondern sie betrifft auch den von 1971 und dort wohl den Versuch, der Gottesfrage bei Heidegger über die Interpretation des „Es gibt Sein“ näherzukommen. Denn es fällt auf, daß dieser Gedanke nun gänzlich fehlt. Dagegen wird der schon 1971 nur kurz erläuterte Satz von Heidegger anläßlich seines achtzigsten Geburtstags breiter aufgenommen, und es fällt auch ein breiteres Nachdenken über den Fehl Gottes und die Heranziehung von Heideggers Rede vom „Geviert“ und den „winkenden Boten der Gottheit“536 auf. Damit deutet sich ein weiteres Fortschreiten im Ernstnehmen der phänomenologischen Intention in Heideggers Rede von Gott an. Nachdem Welte die ontologische Differenz erläutert hat, stellt er die Frage: „Bleiben wir also beim Sein, jenem Sein, das sich zuerst als Nichts zeigte. Was ist es? Ist es gar Gott? Man könnte versucht sein so zu denken, besonders, wenn man sich erinnert, daß einst z. B. bei Thomas von Aquin ‘ipsum esse’ der metaphysische Name für Gott war. Allein eine solche vorschnelle Identifikation können wir uns hier nicht erlauben. Es würde dem phänomenologischen Grundzug dieses Denkens widersprechen, an die Stelle des sich zeigenden Seins einen aus der Tradition gewonnenen Begriff zu setzen“537. Damit läßt Welte ausdrücklich zumindest seinen Versuch von 1948 hinter sich. Im neuen Entwurf ist der Hinweis auf die phänomenologische Methode entscheidend. Welte geht von der Möglichkeit aus, daß das Sein, das sich in ‘Was ist Metaphysik’ als das Nichts als der „Schleier des Seins“538, im Brief ‘Über den Humanismus’ aber als „Es selbst“539 gezeigt hat, sich noch auf andere Weise zeigen könne. So „schließt der Satz ‘Das Sein ist Es selbst’ zwar unbedachte metaphysische Bedeutungen aus, nicht aber die Möglichkeit des Wandels im Aufgang des Seins“540. Damit schließt die Verneinung der Identität von Sein und Gott nur die Identität des Seins mit dem metaphysisch gedachten Gott als dem höchsten Seienden aus, sie meint aber nicht ein Präjudiz im Hinblick auf den Aufgang des Seins, welcher Aufgang je geschicklich ereignet, je nur in einem phänomenologischen Hinblick verwahrt werden kann.
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Heideggers Reden vom Sein, vom Nichts, vom Heiligen und von Gott dürfen nicht als metaphysische Aussagen und ihre von Heidegger aufgewiesenen Bezüge zueinander dürfen daher nicht metaphysisch im Sinne einer ontischen Identität oder Nicht-Identität verstanden werden, sondern sie müssen, obgleich sich in der Kategorialität des ‘ist’ bewegend, phänomenologisch im Sinne des Verweilens bei dem und des bergenden Aufweisens dessen, was von sich her aufgeht und sich dem Denken zeigt, genommen werden. Ausgang ist je das, was sich zeigt und was in solchem Sich-Zeigen erfahren wird. Dies aber ist die Not des Fehls Gottes. Im Nachgehen des Weges Hölderlins drängen neue Worte in den Vordergrund, „der Heilige“, „der Göttliche“, „Gott“ und „im Nennen dieser
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neuen Worte kann das alte große Wort Sein eher um einiges zurückbleiben“541. Aber diese „neuen Dimensionen müssen also in ihrer Kontinuität mit dem Vorgedachten gesehen werden. Sie sind nicht einfach ein anderes, sie sehen und sagen vielmehr dasselbe, aber freilich auf eine andere Weise“542. So läuft der Aufsatz hinaus auf die Interpretation des Satzes: „Ist unser Wohnen der Aufenthalt in einem Vorenthalt des Hohen?“543. Und Welte deutet diesen Satz Heideggers, in dem das Sein nicht genannt ist: „Aber wie wäre es, wenn das Sein im Schleier des Nichts eine geschickhafte Gestalt des ‘Vorenthalts des Hohen’ selber wäre? Der schweigende Schatten seiner Verborgenheit und Abwesenheit? Dies würde erklären, warum es als Sein nicht mehr genannt zu werden braucht ...“544. Darin ist die Schlußbemerkung des Aufsatzes von 1971 aufgenommen und ausgeführt. Das Sein ist nun als die geschickhafte Gestalt des Hohen gedeutet. Welte denkt das Verhältnis von Sein und göttlichem Gott bei Heidegger im Sinne des Epiphanischen545. Diese Deutung liegt im „Gelände jenseits der Metaphysik“546, und damit sind auch die Sicherungen des Feststellens und Begreifens aufgehoben. Die Identität von Sein und Gott ist nicht mehr aussagbar, da alle Weisen des Denkens und Sagens im Bereich des Seins und des Gottes als des Transkategorialen unzureichend und unangemessen sind. Diese Deutung hält eine Beziehung von Sein und Gott aufrecht, ohne daß diese kategorial aussagbar und feststellbar ist. Das Denken im „Gelände jenseits der Metaphysik“ muß sich entlassen an das, was sich von sich her, sich entbergend, gewährt und naht oder sich, sich verbergend, entzieht. Sein und Gott und deren Bezug sind nicht kategorial festlegbar, sondern können nur je geschicklich-geschichtlich erfahren werden in der Weise ihres Sich-Zeigens und Sich-Verbergens. Damit zeigt sich das phänomenologische Denken, das je den geschicklich-geschichtlich sich gewährenden Phänomenen geduldig und wartend zu entsprechen sucht, als das Denken, das im „Gelände jenseits der Metaphysik“ und deren verfügend vorstellendem Denken allein noch angemessen bleibt. Weltes Heidegger-Interpretationen zeigen seinen Weg im Ausgang vom metaphysischen Denken zum Denken jenseits der Metaphysik, auf dem er vom Versuch, Gott und Sein im Sinne der traditionellen Metyphysik in einer Einheit zu denken, schrittweise zu einem Denken kommt, das sich, sich immer wagender und lassender,
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dem Sich-Zeigenden verdankt und dem Sein und Gott und deren Verhältnis je nur geschicklichgeschichtlich erfahrbar werden. bb) Weltes eigene Position Diesen Beobachtungen hinsichtlich des Denkens Weltes von Sein und Gott, wie es sich in den Heidegger-Interpretationen zeigt, sind aus anderen Gedankenkreisen Weltes weitere hinzuzufügen. Nach Welte zeigt sich ein ursprüngliches Zusammengehören von Sein und Gott als dem unendlichen Geheimnis, wie auch immer dieses Zusammengehören aufgeht und in seinem Aufgang im denkenden Hinblick verwahrt werden muß. Welte versucht, den metaphysischen Gedanken Gottes als des ‘ipsum esse’, das zugleich als das ‘summum ens’ gedacht ist, so daß der Gottesbegriff der Metaphysik immer schon in einer unaufgelösten und widerspruchsvollen Spannung steht, unter bewahrender und verstehender Aufnahme und Integration in einem Denken am Ende und jenseits der Metaphysik neu zu denken. Dabei sind besonders die Vorlesungen ‘Über den Begriff Gottes’ und die Abhandlungen ‘Thomas von Aquin und Heideggers Gedanke von der Seinsgeschichte’547 und ‘Bemerkungen zum Gottesbegriff bei Thomas von Aquin’548 aufschlußreich. In den geschichtsphilosophischen Vorlesungen wird dieses Problem nicht eigens thematisiert. Das Sein, der Ursprung, der Grund, das Geheimnis, das in epochalem Geschick Geschichte ereignet, wird mit der Unendlichkeit, die in der Geschichte als deren innere Bestimmtheit, als deren Getriebensein zum Heil als der Alleinheit, der Allmacht, dem Allwissen und der Unvergänglichkeit waltet, göttlich genannt. Der Sinn, der die Geschichte als ihr Worumwillen bewegt, wird als „göttliches Bild“ genannt, ohne daß das Verhältnis von Sein als Grund und Göttlichkeit als innerem Sinn der Geschichte thematisiert ist. Nur in der Vorlesung G 54 wird Gott als der, der den Menschen nach seinem Bilde und Gleichnis schafft, auch als der Grund des Geheimnisses der Epochen vermutet, aber nicht ausgeführt549. Aber aus anderen Zusammenhängen ergeben sich weitere Hinweise. Besonders in der Vorlesung B 52 ist das Verhältnis von Gott und Sein selbst entfaltet550. Die Fraglichkeit alles Seienden, die sich zuletzt in die Frage sammelt: „Warum ist überhaupt etwas?“,
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verschlingt alles Seiende in ein unendliches Geheimnis, das selbst nicht ist, sondern sich jenseits des ‘ist’ als dessen Grund, als Sein selbst, zeigt. Thomas von Aquin nennt es darum „ipsum esse“551, und er nennt es zugleich Gott. Es ist das, was auf keine Weise ein Seiendes ist, sondern das, was allem Seienden sein Sein zukommen läßt. Als dieses ist es der Grund jenseits des Seins des Seienden. Aber in solchem ‘ist’-Sagen ist es schon wieder ins ‘ist’ eingeholt und gedacht als eines, das ist, und so ist es gerade nicht das Sein selbst, das allem Seienden sein Sein gewährt, sondern es ist ein Seiendes, dem Sein zukommt. Thomas ist sich dieses Sachverhalts bewußt und sagt deshalb „... de Deo scire non possumus, quid sit ...“552, denn „Deus non est in aliquo genere“553. D.h., Gott als das ipsum esse fällt nicht unter die Weisen, in denen Sein zukommen kann und in denen demgemäß etwas als etwas ausgesagt werden kann. Das Sein selbst fällt nicht unter die Kategorien als die Weisen, in denen Sein zukommt, es ist kategorial nicht faßbar und daher nicht wißbar und aussagbar. Gott als das ipsum esse ist mithin kein Seiendes. Sein kommt ihm nicht zu, d.h., es is t nicht554. Von da aus stellt Welte an Heidegger die Frage, ob dieser in seiner Kritik am metaphysischen Begriff Gottes als des höchsten Seienden den „‘Gott der Metaphysik’ zulänglich gefaßt“555 habe. Ist Gott als das ipsum esse nicht, so kann nach Welte gleichwohl gesagt werden, Gott, das unendliche Geheimnis, ‘ist’ das Sein selbst, insofern der Mensch in die Weisen kategorialen Denkens gesetzt ist. Nur muß sich das Denken und Sagen der Unangemessenheit des Kategorialen gegenüber dem Transkategorialen bewußt sein. Gott als das Geheimnis, in dem alles, was ist, gründet, ‘ist’ das Sein selbst, insofern darin ausgedrückt sein soll, daß dieses Geheimnis einerseits allem Seienden Sein zukommen läßt und daß andererseits das Sein ihm selbst nicht zukommt, sondern daß es das Sein selbst ist. Indessen aber ist die Identifizierung von Sein selbst und Gott auch inadäquat. Denn sobald gedacht wird ‘Sein selbst’, wird gedacht ‘Sein selbst is t’, und so ist es als Seiendes gedacht, dem es zukommt zu sein. So kann das Geheimnis, das Gott genannt wird, sowohl als ipsum esse genannt werden als es auch als dieses verneint werden muß. Denn sowohl das ipsum esse als das Sein selbst kann als das Nicht-Seiende nur im Horizont von Seiendheit gedacht und ausgesagt
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werden und ist so in seiner Überkategorialität dem Denken nur kategorial faßbar als auch das unendliche Geheimnis, in das die Fraglichkeit alles Seienden fällt, nur kategorial denk- und aussagbar ist als auch deren Verhältnis nur im ‘ist’ denkend und aussagend geborgen werden kann. So kann also gesagt werden ‘Gott ist das Sein’ und ‘Gott ist nicht das Sein’. Daher bedarf es in Hinsicht sowohl auf Gott als auch auf das Sein als auch auf deren mögliches Verhältnis der „tranzendierenden Auflösung“556 des angemessenen Gedankens und der unangemessenen Rede des ‘ist’. Das Verhältnis von ipsum esse und Gott ist nur kategorial faßbar, welche Kategorialität aber gerade weder das eine noch das andere, noch deren mögliches Verhältnis trifft. Weder Gott als der Name des unendlich gründenden Geheimnisses ist noch ist das Sein als das Zukommenlassen des Seins alles Seienden, noch ist Gott das Sein oder das Sein Gott. Welte verweist in diesem Zusammenhang neben Gregor von Nyssa, Gregor von Nazianz, Dionysios Pseudo-Areopagita, Nikolaus von Kues und Johannes vom Kreuz immer wieder und besonders ausdrücklich auf Meister Eckhart557 als Vertreter der negativen Theologie, auf die Welte als ein entscheidendes Element der Tradition immer wieder hindeutet558 und die nach ihm nicht nur neben der Metaphysik her, sondern immer auch vom Boden des metaphysischen Denkens aus erwuchs559. Und Welte sieht und betont auch den Zusammenhang und Gleichklang mit chinesischen und japanischen Denkern560. Und so kann er diese Frage mit der Bemerkung schließen: „Es nützt wenig, zu disputieren, ob das ipsum esse Gott oder Gott das ipsum esse sei, es muß gelingen genauer zu sagen, was man je meine ...“561. Und es muß in Hinsicht auf eine Verhältnisbestimmung von Gott und Sein je auch die „phänomenologische Differenz“562 gesehen werden, die sich zwischen Sein und Gott zeigt, bei welch letzterem sich nach Welte in der religiösen Erfahrung und der religiösen Sprache die Dimensionen des Heiligen und Personalen anzeigen. Darin zeigt sich zweierlei. Einmal will Welte den Bezug von Sein und Gott, wie ihn die überlieferte Metaphysik gedacht hat, aufnehmen. Zum anderen aber versucht er, die Weisen der Bezüge von Sein und Gott im Anschluß an die Tradition der negativen Theologie, die für Welte Weggefährte und Begleiter, aber nicht einfach Negation der Metaphysik ist, aus den starren metaphysischen Begriffsschemata zu lösen, indem er auf das hindenkt, was
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sich einem behutsamen und von sich absehenden phänomenologischen Denken zeigt. Welte erkennt in der phänomenologischen Methode die Möglichkeit eines neuen Zugangs zu dem, was die Worte Sein und Gott nennen, und darin die Möglichkeit eines ursprünglicheren Vernehmens des Aufgangs, dessen Widerhall sie je auf ihre Weise darstellen. Im Hinblick auf den Gedanken der epochalen Seinsgeschichte, in der sich aus „verborgenem Grund“, dem „Geheimnis“, dem „vorausliegenden Ursprung“, dem „Sein“ je und je das Sein des Seienden, sich lichtend, zuschickt und die so je geschicklich Geschichte ereignet, müssen diese Bestimmungen gelesen werden als Versuche, das zu benennen, was sich zeigt. Die Aussagen ‘das Sein ist der Gott’ oder ‘der verborgene und geheimnisvolle Grund ist das Sein’, können nicht mehr als begriffliche und kategoriale Identifikationen verstanden werden, sondern sie müssen in ihrer Kategorialität transzendiert werden als Versuch der Nennung dessen, was sich zeigt, indem es sich in eins als es selbst entzieht, indem es sich, sich zuschickend, verbirgt, welche Schickung allererst die Weisen des ‘ist’ und damit des Denkens und Sagens ereignet. Die In-eins-Setzung des Seins im Geschick der Seinsgeschichte mit Gott ist nicht Sache des begrifflichen und definierenden Denkens, das vor aller Geschichte seine Sachverhalte schon deduzierend sicherstellen und festlegen kann, sondern die Bezüge, die zwischen dem göttlichen Gott und dem Geschick des Seins walten, können sich nur in der Erfahrung des Ereignisses des Geschicks der Geschichte selbst enthüllen und erfahren werden. „Damit hört aber das Denken dieses höchsten Geheimnisses auf, im alltäglichen Sinne objektivierbar und formalisierbar zu sein. Zwar können und müssen wir auch darüber sprechen, daß das Geheimnis ist, die Unendlichkeit, der Grund, das Sein selbst, am Ende Gott. Die Fülle des im ursprünglichen Schweigen Begegnenden drängt selbst dazu ebenso wie die Bedingtheiten unseres irdischen Denkens und Daseins, innerhalb derer gerade das Höchste nicht unausgesprochen und unentfaltet bleiben darf ...“. Allein solche Sprache „wird ein einzigartiges Verhältnis zum Worte haben müssen, da es ja gerade ihre Aufgabe ist, das Unaussprechliche zur Sprache zu bringen“563. Die Erfahrung des Geschicks und der Fügung des Seins als der „Fügung Gottes“564 nährt sich nicht aus dem und ist nicht herstellbar vom begreifenden
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Denken, sondern sie ist ursprüngliche Erfahrung, die sich als Erfahrung das zu Erfahrende vorgeben lassen und erwarten muß, nicht aber seiner begreifend schon gewiß und seines Daß und Wie sicher sein kann. Und so macht Welte ausdrücklich, daß zum Verstehen des Geschicks des Seins als Fügung Gottes eine andere Dimension gehört als die des begreifenden Denkens, nämlich die unvorwegnehmbare Erfahrung des entbergenden und offenbarenden Ereignisses des Geheimnisses selbst. Das diesem gemäße Denken ist solches, das sich diesem lichtenden und offenbarenden Ereignis verdankt und nur verwahren kann, was sich zeigt. Darin ist es als ereignetes Denken weder seiner selbst noch seines Gegenstandes, noch der Zeit als seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sicher. Es ist geschicklich-geschichtliches Denken, das dem Ereignis des Geschicks andenkend nach-denkt. d) Die „Überwindung“ der Metaphysik als „Bewahrung“ der Metaphysik Bisher wurde des öfteren vom metaphysischen Denken, seiner Unangemessenheit an die Erfahrung der Geschichtlichkeit und der Notwendigkeit eines neuen, „nachmetaphysischen“565 Denkens gesprochen. Es gilt nun deshalb, Weltes Metaphysikbegriff, seine Rede vom Nachmetaphysischen, vom „Ende der Metaphysik“566 und vom „Gelände jenseits der Metaphysik“567 zu klären. Welte ist bestimmt von der Metaphysikkritik Heideggers. Dessen Anliegen ist eine „Destruktion“568 und „Überwindung der Metaphysik“569, die seit ihren Anfängen, anhebend im Denken der Vorsokratiker, stets das Seiende als Seiendes, das Sein im Hinblick auf das Seiende, nicht aber das Sein als Sein, die Wahrheit des Seins denkt570. Diesem Denken des Seienden entspricht ein „vorstellendes“571 und „rechnendes“572 Denken, das sich dem Seienden gegenüberstellt und dieses, ihm einen Grund zureichend, sicherstellt. Es ist ein Denken, welches das Seiende, es vor sich stellend, in Begriffen sicherstellt und über es, mit ihm rechnend, verfügt. Darin aber vergißt solches Denken, das sich nur an das Seiende hält, das Sein. Es ist seinsvergessen. Überwindung der Metaphysik heißt nun aber nach Heidegger nicht Destruktion im Sinne einer negativen Loslösung573, sondern Rückgang in den
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Grund der Metaphysik574 als das Andenken an das in ihr Ungedachte575, das Sein. Überwindung meint verwandelnde Bewahrung. Sie ist „Wiederholung“576, welche Wiederholung nicht leeres Noch-einmal, sondern Wieder-holung im Sinne der Erschließung und Bewahrung des zu Wiederholenden in seinen „ursprünglichen, bislang verborgenen Möglichkeiten“577 meint. Dies geschieht in einem „wesentlichen“578 und „besinnlichen Denken“579, das „statt mit dem Seienden auf das Seiende zu rechnen“ „sich verschwendet ... für die Wahrheit des Seins“580. Solches Denken läßt die Sicherung im begreifenden und zugreifenden Begriff hinter sich. Es ist „Opfer“581 seiner selbst an das Ereignis des Seins, und es ist „Dank“582 an die je sich gewährende und lichtende Wahrheit des Seins. Welte nun betont die Unschärfe und Mehrdeutigkeit des Begriffs ‘Metaphysik’. Er weist daher des öfteren ausdrücklich darauf hin, daß er diesen Begriff in dem durch Heidegger geprägten Verständnis verwendet583. Darin meint Metaphysik nach Welte weniger bestimmte Inhalte als vielmehr eine bestimmte Weise des Denkens. Welte versteht unter Metaphysik einmal ein Denken das als vorstellendes, begreifendes und objektivierendes Denken sein Gedachtes in Begriffen feststellt, und zum anderen das diesem Denken entsprechende „System von objektiven Gedanken“584. Metaphysik ist „Begriffsmetaphysik“585. Sie fragt nach dem Seienden und näherhin nach dem, wabs es sei, welches Was sie vorstellt als die „Ständigkeit des Bestandes“586, als zeitloses Wesen, dessen Realisierung zwar je in der Zeit und im Medium des Empirischen geschieht, das aber in seinem zeitlosen Was von seiner je zeitlichen Erscheinung unabhängig und unberührt bleibt. Das Seiende als der in seinem Was sichergestellte Gegenstand hat seine Bedeutung in der Realisierung seines Wesens, nicht aber ist es als es selbst in seiner einmaligen Zeitlichkeit bedeutsam. Die Metaphysik abstrahiert bei dem auf sein Wesen reduzierten Seienden von der Zeit. Sie ist das Denken des Zeitlosen als das der Zeitlichkeit der Faktizität enthobenen Allgemeinen. Das metaphysische Denken verfügt über sein Gedachtes, da es dieses auf das zeitlos Allgemeine und so immer Gleiche reduziert. Und indem es über das Zeitlose als sein Gedachtes verfügt, verfügt es über die Zeit, indem es diese als nichtig überspringen kann. Im Denken des Zeitlosen hat sich das metaphysische Denken immer schon der Wahrheit bemächtigt und
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ist ihrer vor aller Geschichte mächtig. Die Wahrheit ist zeitlos, und so ist das Wahre vor der Geschichte deduzierbar. Diese selbst ist vernachlässigbar, weil unerheblich für die Wahrheit des Wahren, wie auch das Wahre selbst als es selbst unerheblich ist, weil je nur zeitliche Realisierung zeitloser Wahrheit. Solches Denken erweist sich als umso unangemessener, je mehr die Geschichtlichkeit und mit ihr die Zeit in den Blick kommen, was selbst aber nicht allein Leistung des Denkens ist, sondern im Geschick des Seins gründet. In der Erfahrung des je geschicklichen Aufgangs des Seins als der Erfahrung je geschichtlicher Seinsverständnisse, in der Erfahrung des Seins als Ereignis zeigt sich das Sein des Seienden nicht mehr als die Ständigkeit eines zeitlosen Bestandes, in welcher Ständigkeit die Zeit nur als zu durchlaufendes Medium erscheint, sondern das Sein des Seienden enthüllt sich als der vom Ereignis der Lichtung des Seins je geschickhafte Aufgang von Wahrheit, welcher Aufgang das Denken selbst ereignet und ihm sein zu Denkendes zuschickt. In der Erfahrung des Seins als Geschick und Geschichte und damit der Erfahrung der Geschichte als Geschichte und nicht nur als zeitliche Erscheinung eines Zeitlosen erweist sich das metaphysische Denken als unangemessen. Wahrheit als das Geschehen der geschicklichen Lichtung des Seins ereignet sich geschichtlich. Die wesentliche Erfahrung, die Welte zur Überschreitung der Metaphysik drängt, ist die Erfahrung der Geschichtlichkeit und deren Nicht-Faßbarkeit in dem sich der Zeit entledigenden Denken der Metaphysik, dessen Grundimpuls und Grundanliegen das zeitlose System einer im Begriff sichergestellten abgeschlossenen und zeitlosen Wahrheit ist. Die Erfahrung der Geschichtlichkeit und damit auch der Geschichtlichkeit des Denkens fordern ein neues Denken, das sich, „seine metaphysische Ungeduld“ und sein „metaphysisches Mißtrauen“587 hinter sich lassend, dem Unverfügbaren der Geschichte öffnet und sich an sie freigibt. Dies stellt nach Welte nicht eine defiziente Möglichkeit des Denkens dar, sondern es ist eine Weise des Denkens, in der dieses in sein Wesen kommt. Für Welte ist die Freigabe des Denkens an die Unverfügbarkeit und Uneinholbarkeit seines eigenen Seins und darin des Seins alles Seienden, die Freigabe an das Unverfügbare des Seins selbst die eigentliche und höchste Möglichkeit des Denkens588. Das Denken, das - kategorial verfaßt - je das denkt, was ist, und darin, nach allem ausgreifend, alles unter
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seine Begriffe bringt, ist in der Fraglichkeit des Seins alles Seienden immer schon in der Möglichkeit der Überschreitung des ‘ist’ in das dem Denken entzogene Undenkbare589, es ist in der Möglichkeit des „Nichts-denkens“590, des Denkens des Nichts allen Denkbaren. Dieses ergreift das Denken gerade darin, daß es seinem Begreifen entgeht591. Im Denken des ihm Undenkbaren ist das Denken in der Möglichkeit transzendierenden Denkens592. Dies meint die Öffnung des Denkens von sich her hin auf das im ‘ist’ des begreifenden Denkens Unbegreifliche und Unfeststellbare. Damit steht auch die Begrifflichkeit des Denkens in der Möglichkeit „transzendierender Begrifflichkeit“593, in der sich eine Differenz zwischen dem im Begriff Begriffenen und dem in ihm angezielten Unbegreiflichen auftut. Diese Differenz waltet als Dialektik, so daß das im Begriff Gedachte in eins zu bejahen und zu verneinen ist. Das Denken hat als solches ein „ursprüngliches Verhältnis“ zu einer „Art von ‘ungegenständlicher Gegenständlichkeit’„594. Dies meint die Möglichkeit des Denkens, in das Nicht seines Denkbaren einzukehren, das ihm Undenkbare als ein solches zu denken und dem Unbegreiflichen in seiner Unbegreiflichkeit inne zu werden. Das Denken des Undenkbaren ist nicht Begreifen im Sinne des Gegenständlichen, aber es ist gleichwohl Denken. Das transzendierende Denken ist Denken im Sinne des Berührens des ungreifbar entzogenen Un-denkbaren als des in dieser Negativität denkend Berührten595. Das Denken ist offen für das, was nur als das Undenkbare denkbar ist596. Es steht in der Offenheit der Negation seiner selbst und seiner Begriffe. „Das Denken kann denkend sich selbst und seine Gestalt negieren, es kann denken: es ist undenkbar, es kann, indem es sich setzt, sich selbst aufheben, sich selbst Schweigen gebieten, es kann die Schuhe von seinen Füßen lösen, den Finger auf seinen eigenen Mund legen, und doch darin nicht aufhören, sondern vielleicht gerade am höchsten sein, was es ist: denken ...“597. Die Negation des Denkens, die im Denken des Undenkbaren geschieht, ist aber keine leere Negation. Durch das Medium der Negation öffnet sich das kategoriale Denken dem Nichts als dem Nichts des Kategorialen, es öffnet sich dem Transkategorialen, ohne dieses zu fassen. Im Kategorialen verbleibend, öffnet es in der Negation dieser Kategorialität den univoken Sinn seiner endlichen Begriffe in einen analogen, ins Unendliche und Unverfügbare transzendierenden Sinn598. Und so ist das Denken als
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Denken auch in der Möglichkeit, das Unverfügbare des Geschichtlichen und das Geschichtliche als das Unverfügbare und allem feststellenden Begreifen entzogene Begriffs- und Namenlose zu denken und sich je an dieses freizugeben. Es ist in der Möglichkeit, die geschicklich-geschichtliche Kategorialität seines ‘ist’ in die Unverfügbarkeit des dieses ereignenden Geschicks des Seins zu überschreiten. Die Metaphysik als vorstellendes und begreifendes Denken ist eine geschichtliche Weise des Denkens auf dem Grunde einer geschicklichen Gestalt des Seinsverständnisses. Wie alles Geschichtliche ist sie mithin nicht notwendig im Sinne der logischen Notwendigkeit, sondern der „geschickhaften Notwendigkeit“599, d.h. der Notwendigkeit als der Not der Antwort auf einen geschicklichen Zuspruchs des Seins, dessen epochaler Umschlag in der Zeitigung der Not einer neuen Antwort auch das Ende der Metaphysik als epochaler Weltgestalt ereignet und fügt. Wie alles Geschichtliche kann die Metaphysik daher nicht einfachhin überwunden werden im Sinne des Zurücklassens und Fortrückens ins Nicht-mehr-Bedeutsame600. Geschichtlich gibt es kein wegstellendes Hinter-sich-Lassen, sondern nur das das Vergangene in seiner Gewesenheit integrierende und verwandelnde Aneignen. Die Überwindung ist geschichtlich nur als „Verwindung“ im Sinne der „Bewahrung“601 möglich, welche Bewahrung umso mehr gefordert ist, als Welte die Metaphysik als eine „unermeßlich fruchtbare Epoche unserer Geschichte“602 bezeichnet und als er den „Hintergedanken“ und den „Keim“603, der in der Metaphysik zu ihrer Überschreitung liegt, sieht und dessen Wirksamkeit ihm in der Überlieferung der Metaphysik in der Erscheinung der negativen Theologie immer wieder aufleuchtet. Diese aneignende und integrierende Bewahrung ist nun nach Welte in der Kategorie des Ereignisses möglich. Diese ist die Kategorie, in der das nachmetaphysische Denken, das sich als geschichtlich erfährt und das die Geschichte als Geschick erfährt, der Unverfügbarkeit des Geschichtlichen angemessen nachzudenken versucht. Welte bekennt die Bedeutung dieser Kategorie für sein Denken604. Das Denken des Ereignisses denkt im Horizont von Zeit und Geschichte. Es kann dem Geschehen des Geschicks, in dem sich aus unverfügbarem Ursprung Sein und Zeit in eins und so das Zusammen von Mensch, Welt und Mitwelt als Geschichte ereignen,
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nachdenken. Im Ereignis ist die Jähe und Ursprünglichkeit, der Aufgang des je Geschicklichen gedacht und damit die Geschichte als Geschichte. In solches Denken ist nach Welte das metaphysische Denken des Zeitlosen integrierbar605, so nämlich, daß das Zeitlose nur begriffliche Abstraktion des nur als Zeit sich Ereignenden ist, dieses aber nicht ein zeitloses Wesen in der Zeit realisiert, sondern das Wesen die Fülle des Ereignisses einer Geschichte ist. Gleichwohl übersteigt Welte auch das nachmetaphysische Denken als das Denken in der Kategorie des Ereignisses. Auch dieses hat wie das metaphysische Denken nur ein „relatives Recht“606. Auch das nachmetaphysische Denken bleibt, obwohl die Geschichtlichkeit ernstnehmend, selbst geschichtlich, d.h., es muß besinnlich phänomenologisches Denken bleiben, insofern das, was Ereignis je meint und als was Ereignishaftigkeit je aufgeht, je geschichtlich ist und geschichtlich bestimmt werden muß. Auch das nachmetaphysische Denken bleibt je geschicklich-geschichtliches Denken des ‘ist’, welches ‘ist’ zwar in ihm überstiegen ist im Denken des Ereignisses des Seins als der je geschicklichen Lichtung des Seins im je geschichtlichen ‘ist’, aber es nennt das Ereignis, in dem das ‘ist’ allererst ereignet ist, dennoch je im ‘ist’. Damit nennt es das Gründen vom Gegründeten her. So faßt auch das nachmetaphysische Denken jenes nicht adäquat607. e) Wahrheit und Geschichtlichkeit In der Vorlesung W 62 beschreibt Welte die „Ur-Geschichte der Wahrheit“608 und setzt diese gegen das Verständnis von Wahrheit als adaequatio rei et intellectus609 ab. Dieses erweckt die Vorstellung von zwei in sich geschlossenen Bereichen, dem der Wirklichkeit und dem des Denkens und der nachträglichen Angleichung des Denkens in seinem Gedachten an die Wirklichkeit, so daß „das Denken das Wirkliche denkt und ... das Wirkliche das Gedachte ist“610. Dieses Modell von Wahrheit aber setzt die Vergleichbarkeit von Denken und Wirklichkeit voraus, diese wiederum setzt ein Drittes als Vergleichsgrund voraus. Die Notwendigkeit eines Vergleichsgrundes zeigt, daß der Gedanke von zwei in sich geschlossenen Bereichen, die irgendwie verglichen werden sollen, undurchführbar ist, denn Vergleichbarkeit setzt Verhältnis und dieses
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wechselseitiges Offensein voraus. Zudem erhebt sich bei diesem Modell die Wahrheitsfrage neu als die Frage nach dem Kriterium der Wahrheit des Aktes des Vergleichens und Angleichens. Das Modell der Wahrheit als adaequatio also scheitert an der Vorstellung zweier geschlossener Bereiche und der Notwendigkeit der Ansetzung eines Dritten, aufgrund dessen beide in ein Verhältnis zueinander allererst gesetzt werden können. Weltes Kritik am Modell der adaequatio geht von einer anderen Bestimmung des Denkens aus. Dieses ist nicht in sich geschlossen, so daß die gedachte Sache wieder nur Gedachtes ist, das Denken mithin nie über sich hinaus zur Wirklichkeit kommt, sondern „Denken ist ja immer schon, sich aufhalten bei Sachen“611. „Denken war gar nie in einem geschlossenen Ich-Gehäuse, sondern von Anfang an war es immer schon draußen, im Freien dessen, was ist. Denken ist immer schon das freie Über-sich-hinaus“612. Denken denkt je etwas, es denkt nicht sein Gedachtes, sondern ein Etwas, die Sache als das, was wirklich ist. Denken als etwas denken aber ist nur so möglich, daß die wirkliche Sache sich von sich her dem Denken entgegenbringt. Das Denken vermag das Wirkliche, das es in seinem Gedachten meint, nicht von sich her herzustellen. Gerade weil dem Denken die Differenz zwischen der Wirklichkeit des Wirklichen und der Unwirklichkeit des als wirklich nur Gedachten offen ist, erkennt es die Unverfügbarkeit dessen, was wirklich ist, als das andere seiner. Das Wirkliche selbst also muß in seinem Sein offen und gelichtet sein für möglichen Hinblick, und dies so, daß dieses Geöffnetsein nicht ein Zusatz zum Sein des Seienden ist, sondern zum Sein als Sein gehört. Für dieses Verständnis des Seins des Seienden als Lichtung und Entbergung nennt Welte Heidegger ausdrücklich613. So sind weder Denken noch Seiendes als das Wirkliche in sich geschlossen, sondern beide sind je über sich hinaus. Wahrheit geschieht dann im Geschehen des SichOffenbarens des Seins des Seienden für möglichen Hinblick, der seinerseits für den Aufgang von Sein, ihm Raum und Stätte gewährend, offen ist. So kann Wahrheit als „Gespräch“ verstanden werden, in dem die Entbergung und Lichtung des Seins des Seienden das gründende und bemessende Wort spricht, aber so, daß es das Denken als den Ort seines Aufgangs und seiner Entfaltung braucht614. „Im immer schon lebendigen Zusammen dieser beiden Seiten lebt die Wahrheit. Indem sich das Seiende
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offen dem Denken schickt und zueignet als das, was es ist, das Denken aber, das sich ihm immer schon Zuschickende in seinen Blick aufnimmt und darin sich ausbreiten läßt, darin geschieht so etwas wie Wahrheit. Es geschieht als Ereignis (Zueignung) und Geschick. Oder als Zuspruch in ein Hören hinein“615. Wahrheit ist Ereignis und Geschick und darin Geschichte. Wahrheit waltet als die Offenheit, in der sich das Sein, das sich, sich denkendem Hinblick zuschickend, entbirgt und das diese Lichtung in ihr Da bergende Denken begegnen. In diesem Geschehen, in dem die Lichtung des Seins des Seienden sich im denkenden Hinblick entfaltet, geschieht Wahrheit als Geschichte. Dieses Geschehen nennt Welte die „Ur-Geschichte der Wahrheit“616. Insofern nun im Geschehen der Wahrheit die Zueignung von Sein und Denken als dessen Da geschieht, kann die Formel der adaequatio rei et intellectus nun neu verstanden werden „als die gemäße (adäquate) Begegnung des Seins des Seienden mit dem hinblickenden Denken“617. Im Unterschied zu Heidegger betont Welte nun aber neben dem Geschehen des Zusammen von Entbergung des Seins und „Eingelassenheit in die Entbergung des Seienden als eines solchen“618 als dem Geschehen von Wahrheit auch ein absolutes Moment in dieser „Ur-Geschichte der Wahrheit“, und zwar „als ihre Bedingung“619. Er nennt es das „Übergeschichtliche in der Ur-Geschichte der Wahrheit“620. Im je geschicklichen Ereignis der Wahrheit scheint die Wahrheit ihrer selbst nicht sicher. Flüchtig und wandelbar ist, was sich als das zeigt, was ist, und flüchtig und wandelbar ist der bergende Hinblick des Denkens. Das Sein des Seienden schickt sich in je neuem Aufgang je neu und anders zu, und der denkende Hinblick hat je einen bestimmten und begrenzten und insofern in jeder Begegnung anderen Ort und eine je andere Perspektive seines Blickens. Besonders in der Vorlesung W 51 und dem Aufsatz ‘Wahrheit und Geschichtlichkeit’ wird die Geschichtlichkeit der Wahrheit vom Vollzug der Wahrheit im endlichen Geist her entfaltet, aber auch in der Vorlesung W 62 tritt diese Dimension der Geschichtlichkeit der Wahrheit hervor621. Im Endlichen tritt der Hinblick auf die Wahrheit dessen, was ist, in eine unabsehbare Endlosigkeit von Perspektiven auseinander, welche die Absolutheit der Wahrheit modifizieren und so nur in relativer und gebrochener Weise widerspiegeln. Der Hinblick auf das, was ist, ist im Endlichen vielfach bedingt. Er ist relativ auf den materialen
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Bereich und seine Zufälle, den formalen Bereich des je Wahrheit vollziehenden Selbst, seinen je bestimmten Selbstvollzug etwa und seinen je unterschiedlichen und sich wandelnden Ausgriff auf das, was ist, etwa in ästhetischer, theoretischer oder praktischer Weise, und er ist, dies wird aber erst in der Vorlesung W 62 voll entfaltet, relativ auf die Weise des geschicklichen Zuspruchs des Seins selbst. Aus allen diesen sekundären Modifikationen der Absolutheit der Wahrheit, in der jedoch alle möglichen Vollzüge dessen, was ist, transzendental geeint sind, bildet sich je eine perspektivische und sekundäre Transzendentalität aus als die Weise einer geschichtlichen Welt und des ihr eigenen Wahrheitsvollzugs. In diesen „geschichtlichen Ganzheiten“622 spiegelt sich die Transzendentalität der Wahrheit wider als der Wahrheit alles Wahren, als der Wahrheit alles dessen, was ist. So umfassen diese „geschichtlichen Welten“623 auch je alle anderen geschichtlichen Welten als andere, jedoch so, daß deren Andersheit wiederum nur von der Perspektive der eigenen Welt her in den Blick kommt. Jede geschichtliche Welt bildet bestimmte Weisen und Kategorien des Denkens und der Sprache aus, in denen die Wahrheit alles dessen, was ist, vollzogen wird, und innerhalb dieser umfassenden Weisen geschieht der Vollzug der Wahrheit dessen, was ist, je selektiv und von mannigfaltigen Zufällen und Modifikationen des materialen und formalen Bereichs bedingt. So ist der Vollzug der Wahrheit in der Geschichte in einem unabsehbaren Wandel der relativierenden Modifikationen und Perspektiven begriffen, und so scheint die Wahrheit selbst wandelbar und sich als Wahrheit aufzulösen. In diesem unabsehbaren Wandel aber zeigt sich ein Wandelloses. Im Geschehen der Wahrheit ereignet sich je das, was ist, und dies ist darin, daß es ist, was es ist, unumstößlich. Wie wandelbar das Ereignis der Wahrheit von beiden Seiten, der des offenbarenden Zuspruchs des Seins und der des diesem offenen und diesen, ihm antwortend, bergenden Hinblicks sein mag, so zeigt sich in ihm doch, was je ist, und daß dies sich jetzt so zeigt, wird wahr sein, auch wenn ein neuer Aufgang von Wahrheit es verschlingt. „Das Flüchtige ist, was es ist. Es ist fest und unverbrüchlich verbunden mit seinem Sein“624. „Im Maß es ist, wankt es nicht“625. Das Seiende, so flüchtig und vergänglich es in seinem Aufgang von Sein sein mag, und so flüchtig und vergänglich auch der Hinblick sein mag, in dem sein Sein sich ins Da entfaltet, ist
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entschieden in seinem Sein. Es ist, was ist. Dies ist die Formel, in der Welte immer neu die Absolutheit der Wahrheit zu umschreiben sucht. Er nennt sie deshalb auch den „unzerstörbaren Kristall“626. Daß ist, was ist, ist unumstößlich. Und es ist transzendental umfassend, denn auch alles, was nicht ist, ist davon umfangen, indem wahr ist, daß nicht ist, was nicht ist. Darin ist das, was im je geschicklichen Ereignis der Wahrheit aufgeht, unumstößlich was es ist, solange es ist, und wenn es vergangen ist, so ist es gewesen, was es gewesen ist. In der Wahrheit als Geschichte waltet zugleich ein Übergeschichtliches, Absolutes, das alle möglichen Hinblicke verpflichtet und bemißt. Darin ist die Wahrheit unbedingt und absolut, denn wäre sie selbst von etwas bemessen, so wäre dieses sie bemessende Maß und sein Bemessen ja selbst wieder davon umfangen, daß sie sind, was sie sind, wären mithin in der Wahrheit gegründet627. Darin, daß ist, was ist, daß der sich zuschickend lichtende Zuspruch des Seins in seiner Entfaltung im denkenden Hinblick ist, was er ist, daß sich zeigt, was sich zeigt, darin ist die Wahrheit als je ereignishaftes Geschick und als Geschichte absolut. Ja ihr geschicklich-geschichtlicher Aufgang setzt dieses Absolute, daß ist, was ist, voraus. Geschichtlichkeit ist nur denkbar in der absoluten Entschiedenheit dessen, was ist, in seinem Sein. Nur wenn absolut ist, was ist, kann gewesen sein, was gewesen ist, kann mithin Geschichte sein. Zur Geschichlichkeit gehört ein Übergeschichtliches, zur Zeitlichkeit ein Über-dieZeit-hinaus-Sein. Im Phänomen der Geschichte zeigt sich ein absolutes Moment, ohne das Geschichte nicht Geschichte ist628. Geschichte als bloße Relativität, in der es nur Relatives gibt, ist nicht denkbar. Relata sind nur als sie selbst, wenn sie zumindest in ihrem Sein entschieden sind, wenn sie sind, was sie sind, und nur so sind sie überhaupt als sie selbst in Relation zu anderem zu setzen629. Wie geschichtlich die Wahrheit in ihrem je geschicklich geschehenden Ereignis des Zueinander von entbergender Lichtung des Seins und bergendem Hinblick des Denkens auch ist, so übergeschichtlich muß sie in dem Sinne sein, daß das Wahre in seiner Wahrheit aller Zeit enthoben und über aller Geschichte ist. Das heißt aber nicht, daß die ereignishaft geschehende Wahrheit in anderen Zeiten nicht wieder im je neuen Aufgang von Wahrheit geborgen werden kann und muß. Wahrheit muß sich geschichtlich in
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der Zeitigung je anfänglicher geschichtlicher Zeit be-währen. Ihre Überzeitlichkeit ist in der Geschichte nur im und als das Geschehen ihrer Bewährung. Dies gehört zu ihrem geschichtlichen Sich-Ereignen, so daß etwa die Aufgänge von Wahrheit in der Antike im Mittelalter als diese antiken Aufgänge neu geborgen werden und sich bewähren müssen in dem dem Mittelalter sich zueignenden Aufgang von Wahrheit. Aber alle Geschichte gründet im Absoluten dessen, daß ist, was ist. Dieses gewährt, daß alle ihre Momente nicht in zusammenhangslose Atome auseinanderfallen, die als solche Atome selbst zerfielen, sondern daß alle Momente zusammengehalten und geeint sind in dem Einen und Absoluten und insofern Übergeschichtlichen der Wahrheit. Darin sind alle schon vergangenen Momente aufgehoben und, in ihrer Wahrheit alle kommenden Zeiten beanspruchend, bewahrt, und umgekehrt meint und vollzieht darin jede Gegenwart in ihrer Offenheit und Erschlossenheit von Vergangenem und Künftigem dieses in seiner Wahrheit, als das, was es gewesen ist und sein wird. „Das Übergeschichtliche in der Ur-Geschichte der Wahrheit ist die Bedingung ihrer möglichen Geschichte unter Menschen“630. Wahrheit geschieht geschichtlich als das In-eins von Übergeschichtlichem und Geschichtlichem. Insofern der Aufgang der Wahrheit Ereignis und Geschichte ist, ist die Wahrheit selbst geschichtlich. Die Weise der Lichtung und des Aufgangs der Wahrheit des je geschehenden Wahren zeigt sich näherhin epochal bestimmt. In diesen epochalen Weisen des Aufgangs des Seins wurzeln die verschiedenen Gestalten des Hinblicks, des Seinsverständnisses. Wahrheit ist insofern geschichtlich, als sie sich zum einen je geschichtlich ereignet und als sie zum anderen in eins geschichtliche Weisen des sie bergenden Hinblicks ereignet. So ist die Wahrheit je das Unverfügbare und Unvorhersehbare, „Noch-nie-Dagewesene“631. Die Wahrheit ist geschichtlich. Sie schwebt nicht jenseits der Geschichte „als ihr Hintergrund, ihr Himmelsgewölbe, ihr anderes“, sondern sie „durchdringt diese vollständig“632. Hiermit wendet sich Welte schon in der Vorlesung W 51 gegen den „tópos epouránios“633 des platonischen Modells von Wahrheit, welches die Wahrheit aller Geschichte in ein von der Geschichte unberührbares Jenseits der Geschichte entzieht. Wahrheit als geschichtliche ist nie in einem zeitlosen System faßbar, wie etwa Hegel es als die wahre Gestalt der Wahrheit beschreibt634. Wahrheit ereignet sich je und in je anderen geschichtlichen Gestalten,
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die zum Ereignis der Wahrheit selbst mit hinzugehören. Denn die Wahrheit hebt sich zwar von der geschichtlichen Gestalt, als die sie aufgeht, ab, indem sie andere Weisen des Aufgangs entzieht und diese zugleich in der Weise der Fremdheit und Andersheit für den Hinblick öffnet, der nun in seiner Relativität hervortritt, dieses Sehen der eigenen Relativität aber hebt diese nicht auf, so daß die Wahrheit in ihrer Absolutheit greifbar würde635. Wahrheit lichtet und entzieht sich nur je geschicklich, welche Geschicklichkeit als epochale waltet und so je epochale Weltgestalten der Wahrheit im ganzen heraufführt. Diese geschichtlichen Gestalten sind aber nicht die Wahrheit in ihrer Absolutheit, sondern sie sind je geschichtliche Antwort auf den geschicklichen Zuspruch. Sie sind zwar im Blick auf das Absolute dessen, was ist, durchsichtig auf das Übergeschichtliche der Wahrheit, aber sie können nicht aufgehoben werden im Griff nach der Wahrheit selbst. Diese entzieht sich je in der Lichtung in einem geschichtlichen Da. Wahrheit ist nur geschichtlich da, sie ereignet sich in der Absolutheit ihrer Übergeschichtlichkeit geschichtlich, und darin ereignet sie in eins je geschichtliche Weisen ihres Da, und insofern ist sie selbst geschichtlich. Sie ist geschichtlich als das Ereignis dessen, was je ist und insofern wahr ist, d.h. als das Ereignis der Wahrheit des Wahren, und sie ist geschichtlich als das dieses mit gründende Ereignis der Weise des Aufgangs dessen, was ist, im Geschick der Lichtung des Seins, d.h. als Ereignis der Wahrheit des Wahren, welche beiden ein Ereignis sind. Und so kann gesagt werden: „Wo die Geschichte geflohen wird, wird auch die Wahrheit geflohen“636. Wahrheit ist geschichtlich, und wo versucht wird, die Wahrheit in einem zeitlosen System zu fixieren, da wird, indem eine Gestalt als die Wahrheit selbst fixiert wird, von der Wahrheit als Geschick und Geschichte und darin von der Wahrheit selbst abgesehen. Nur wenn die Wahrheit als Geschichte ernstgenommen wird, ist auch die Geschichte selbst als sie selbst ernstgenommen. Sie ist dann nicht nur Erscheinung, sondern sie ist je Aufgang und Ereignis der Wahrheit. Geschichte ist nicht nur zeitliches Abbild zeitloser Wahrheit, sondern sie ist das Geschehen, in welchem sich Wahrheit unverfügbar ereignet und geschieht. Insofern die Geschichte in das Geschehen der Wahrheit selbst gehört und damit auch der je denkende Hinblick des Menschen auf den Zuspruch des Seins, ist die Wahrheit auch eine je
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vom Menschen zu verantwortende. Sie ist nicht zeitlos jenseits der Geschichte und unberührt vom Geschehen der Geschichte, sondern sie ist mit der Geschichte sich ereignende Wahrheit und in der Geschichte auf dem Spiel stehende Wahrheit. Die Wahrheit als geschichtliche ist aus der Sicherheit zeitlosen Geltens weggerückt. Im Gedanken des Geschichtlichen als partizipativem Abbild der zeitlosen Wahrheit ist diese unberührbar dem Geschehen entzogen. Im Gedanken der Wahrheit als Geschehen und Geschichte des Ineinander des Aufgangs des Seins und der Bergung im Denken ist die Wahrheit der Geschichte anheimgegeben. Sie lebt zwar im Absoluten als dem Übergeschichtlichen, aber dieses Absolute dessen, daß ist, was ist, ereignet und entscheidet sich je geschichtlich, insofern zum einen die Wahrheit je im Ereignis des Wahren geschieht und zum anderen im Ereignis der unverfügbaren Offenbarkeit des Seins die Offenheit und Freiheit des dieses versammelnden Hinblicks ereignet ist. Die Wahrheit ist in der Absolutheit dessen, daß ist, was ist, übergeschichtlich, aber sie ist geschichtlich in dem je Sich-Ereignenden dessen, was ist, und der epochalen Fuge des dieses gründenden Ineinander von Aufgang und Bergung dieses je SichEreignenden637. Das Verständnis von Wahrheit als Ereignis, Geschehen und Geschichte zeigt sich auch der Phänomenalität personalen Miteinander und dem, was sich darin als Wahrheit öffnet, angemessener, ja dieses ist geradezu das Modell der Wahrheit als Ereignis, welches Welte ja auch als „Gespräch“638 beschreibt. Jegliche Beziehung von Ich und Du, Sprache, Liebe, Treue, Verantwortung, Vertrauen, Glaube, Freundschaft, Haß, Neid oder Feindschaft sind ja nie zeitlos, sondern ihre Wahrheit ereignet sich unvorwegnehmbar nur im Geschehen der Begegnung als Geschichte639. Wahrheit ist darin das, was sich im Geschehen der Geschichte als wahr erweist und sich bewahrheitet im je neuen Ereignis der Geschichte. Wahrheit geschieht so geschichtlich als Bewährung, als Bewahrheitung. 8. „Verstehen“, „Andenken“, „Übersetzen“, „epochales Gespräch“ - Tradition In den Darlegungen zur Bedeutsamkeit wurden mit der Betroffenheit, Unerschöpflichkeit und Unvergeßlichkeit des Geschichtlichen
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die Grundelemente von Tradition als die Geschichte geschieht, schon genannt640. Nun geht es darum, diese Wesensmomente des Geschichtlichen im Blick auf die Geschehensweise der Geschichte als Tradition zusammenzusehen, in Bezug auf den Gedanken der epochalen Seinsgeschichte zu vertiefen und Weltes Verständnis von Tradition als Wesensmoment des Geschichtlichen herauszustellen. a) Geschichtliches Verstehen und geschichtliche Vergewisserung Schon in der Vorlesung G 49/50 arbeitet Welte die Kategorie des geschichtlichen Verstehens aus641. Verstehen ist eine Kategorie personalen Seins. Die dem Personalen zugehörige Erkenntnisart ist das Verstehen, und die Weise seiner Vergewisserung ist der Glaube. Geschichte ist da in Personen, und aufgrund dessen stehen diese in der Geschichte, deren zugehöriger Wesensraum, ohne den sie nicht Geschichte ist, das Miteinander, das geschichtliche Wir ist. „Blickt man von hier hin auf das, was wir als Geschichte wissen und worin wir uns als geschichtlich wissen, so wird man gewahr, daß Verstehen und Glauben nicht gelegentliche Bezüge sind, die darin vorkommen mögen und vorkommen können. Vielmehr zeigt sich der ganze Zusammenhang der Geschichte als ein Zusammenhang des Verstehens und des Glaubens derart, daß er ohne diese Modi personaler Synthesis weder überhaupt ein Zusammenhang noch - infolgedessen - überhaupt Geschichte wäre. Wissen als Verstehen, Vergewisserung als Glauben sind wesentliche Gestalten des für die Geschichte konstitutiven Mediums des personalen Miteinander“642. Geschichte geschieht im Verstehen, und dieses ist Vollzugsweise personalen Seins. Verstehen ist die Weise geschichtlichen Wissens. Verstehen aber ist nur als Vollzug. Daraus wird sich die unauflösliche Zweieinheit von Geschichte und Verstehen ergeben. Geschichte ist als Verstehen, und Verstehen ist als Geschichte643. Welte unterscheidet in der Vorlesung G 49/50 zwei Betrachtungsweisen des Geschichtlichen, die sich aus der Zweidimensionalität von transzendierender Tiefe und immanenter Breite des Geschichtlichen ergeben. Es ist die Betrachtung des Geschichtlichen einmal in seinem puren „daß es einmal so war“644 und zum anderen in seinen immanenten Wirkzusammenhängen645, so daß die Bedeutsamkeit
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des Einzelnen in seiner Bewirktheit von früherem und seiner Ursächlichkeit für weiteres Geschehen aufgeht, nicht aber in ihm selbst liegt. Diese geschichtsimmanente Betrachtungsweise gründet aber letztlich in der transzendierenden Tiefe alles Geschichtlichen. Sie ist nur deren Brechung ins endliche und begrenzte Zeitdasein, in dem sich die Unendlichkeit der Bedeutungstiefe des Daseins als Heilsverständnis in die Endlosigkeit des Endlichen auseinanderlegt. Beide Betrachtungsweisen der Geschichte gehören insofern ergänzend zusammen, aber so, daß die zweite in der ersten gründet und der geschichtliche Zusammenhang selbst wiederum in seinem puren „daß es einmal so war“ bedeutsam ist. Die geschichtsimmanente Betrachtungsweise allein wird dem Geschichtlichen als Geschichtlichen nicht voll gerecht, aber es ist eine zur Geschichte selbst gehörige Möglichkeit geschichtlicher Betrachtung. Wissenschaftlich durchgeführt ist sie die Betrachtungsweise der Historie. Die eigentliche Unterscheidung der geschichtlichen Betrachtungsweisen bei Welte liegt nicht so sehr und allein in der Unterscheidung des die Betrachtung leitenden Interesses am Einzelnen als solchem und am geschichtsimmanenten Zusammenhang, sondern in der Unterscheidung eines daseinsmäßigen und eines vom geschichtlichen Selbstsein abstrahierenden Verhältnisses des Betrachtenden selbst zur Geschichte. Welte unterscheidet ein „geschichtlich-daseinsmäßiges“ und ein „historisch-wissenschaftliches“646 Verhältnis zur Geschichte, in welch letzterem gerade die Möglichkeit eines geschichtslosen Verhältnisses zur Geschichte liegt als dem Versuch, sich in musealem, ästhetischem oder theoretischem Verhältnis zum Geschichtlichen diesem als Wirklichkeit zu entziehen647. Insofern ist gerade eine historische Betrachtungsweise des Geschichtlichen, deren Ziel es ist, je jede Epoche unter Ausschaltung der Gegenwart des Betrachters aus ihr selbst zu verstehen, sosehr sie darin die unverrechenbare Bedeutsamkeit des Geschichtlichen betont, ein Beispiel geschichtslosen Umgangs mit der Geschichte, da sie ihren eigenen geschichtlichen Standort leugnet. Welte selbst geht es um die geschichtlich-daseinsmäßige Betrachtung des Geschichtlichen als die diesem als solchem ursprünglich zugehörige Seinsweise. Die Historie ist eine abgeleitete, sekundäre Weise des geschichtlichen Daseins des Menschen, in der dieser sich der Geschichte gegenüberstellt und diese objektiviert, welche
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Objektivierung selbst einem geschichtlichen Seinsverständnis zugehört und auch als Objektivierung der Geschichte diese selbst nie hinter sich bringt und so einen gleichsam ungeschichtlichen Standort erreichte. In Weltes Betrachtung der Seinsweise des Geschichtlichen als eines solchen geht es um die originäre Weise geschichtlichen Daseins, als welche sich das geschichtliche Verstehen zeigt als die Weise, wie Geschichte als Zusammenhang und damit als Geschichte möglich ist. Insofern Geschichte ihren Ort im Personalen hat, ist Geschichtliches als ein solches nur zu wissen, indem das personale Sein, das sich als und in der Geschichte vollzieht, verstanden wird. Geschichtliches muß verstanden werden, wenn es geschichtlich erkannt sein will. Das Verstehen von Personen aber ist grundsätzlich verschieden von der Erkenntnis und dem Wissen des nicht-personalen Seins. Das personale Erkennen als Verstehen ist Verstehen unobjektivierbaren, weil unverfügbar entzogenen Selbstseins. Person als Person ist nur erkannt, insofern sie in ihrer unableitbaren und ungreifbaren Selbstgehörigkeit verstanden ist. Verstehen als Verstehen von Personen ist mithin immer unabgeschlossen und unabschließbar. Darin unterscheidet es sich grundsätzlich von allem Sacherkennen und allem Sachwissen, das sich gerade im methodisch gesicherten Zugriff schließt, indem es, über die Sache verfügend, mit ihr fertig wird, sie in ihrem Sein völlig im erkennenden Zugriff feststellt648. Um den unverfügbaren, sich aller sicherstel lenden Objektivierung entziehenden, weil dieser gegenüber immer neu in der Macht des Sich-ihrGegenüberstellens und des Sich-dazu-Verhaltens stehenden Ursprung zu erkennen, muß der Erkennende als er selbst sich diesem Ursprung ganz öffnen. Denn nur wenn er den Ursprung in seiner Ursprünglichkeit an sich heranläßt, kann er diesem begegnen. Nur Ursprung erkennt den Ursprung, „nur Freiheit erkennt Freiheit“649, „nur die Person erkennt die Person“650. Nur indem der Erkennende sich dem anderen Ursprung öffnet und ihn als Ursprung sein läßt, ist er selbst als Ursprung erst wirklich, weil nun seinerseits vom anderen Ursprung angerufen und in seinem Ursprung und in seiner absoluten Selbstgehörigkeit gemeint651. Im Verstehen ist mithin der Verstehen-Wollende vom Erkenntnisvorgang nicht ausschließbar. Darin unterscheidet sich das Verstehen auch von der Erkenntnisweise der Historie als dem methodisch gesicherten und durch Objektivierbarkeit
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und intersubjektive Nachprüfbarkeit definierten Zugriff auf das Geschichtliche, welcher Zugriff den Erkennenden in seinem Selbstsein aus dem Erkenntnisvorgang gerade zu eliminieren sucht. Diese für die Erkenntnis des Personalen und damit des Geschichtlichen eigentümliche Erkenntnisweise, das Verstehen, hat nun auch gegenüber aller sachlichen Erkenntnis eine eigene Weise ihrer Vergewisserung. Der tragende Grund der Gewißheit der Wahrheit des Verstehens liegt nicht im Subjekt und der von ihm aufgestellten, die Objektivität der Objekte konstituierenden und sicherstellenden Methode, sondern das Fundament der Gewißheit kann nur aus dem dem eigenen Ursprung begegnenden Ursprung gewonnen werden, d.h. nicht im Rückgang auf den Erkennenden und seinen methodischen Vorgriff, sondern im Verlassen seiner selbst und im Lassen seines Zugriffs auf den anderen Ursprung. Die Gewißheit der Wahrheit seines Verstehens gewinnt der Verstehende nur im sich verlassenden Einlassen auf den unverfügbaren Ursprung, in welchem SichVerlassen der andere erst in seiner Wahrheit aufgehen kann, an der sich die Wahrheit des Verstehens ausweisen muß. Welte nennt dieses sich einlassende Sich-Verlassen auf die Freiheit unverfügbaren Ursprungs „Glauben“652. „Nur der Mut des vertrauenden Sich-aussetzens läßt den einzigartigen Grund sichtbar werden, der verläßlich, aber nicht verfügbar gerade aus dem Abgrund der personalen Freiheit uns entgegenkommen kann“653. Die Wahrheit des zu Verstehenden kann nur aufgehen, wenn sich der Verstehende dessen unverrechenbarem Ursprung anheimgibt. Und so ist die Vergewisserung des Verstehens, d.h. die Vergewisserung, daß das Verstandene die Wahrheit des zu Verstehenden ist, nicht objektivierbar. Sie verlangt das Selbstsein des Verstehenden selbst als das freie Sich-Einlassen auf den zu verstehenden Ursprung. Sie verlangt den „Vorschuß des Glaubens“654. Dieser meint das Sich-Öffnen und Sich-Einlassen auf die unverfügbare Ursprünglichkeit des Begegnenden. Der Vorschuß des Glaubens aber ist nicht blind und geht nicht notwendig in den Glauben über, der sich der Wahrheit des begegnenden Ursprungs als der für die eigene Wahrheit entscheidenden Wahrheit anvertraut. Die „Vorgabe des Glaubens“655 im Verstehen entscheidet noch nicht über die Glaubwürdigkeit des Verstandenen und den möglichen Anspruch seiner Wahrheit als einer für die Wahrheit des Verstehenden entscheidenden Wahrheit. Zur Vorgabe des Glaubens gehört die „Vorsicht der Kritik“656, in der
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der Vernehmende und Verstehende in seinem Selbst- und Weltverständnis mit dabei ist, dies aber so, daß er sich zunächst vom Vorschuß des Glaubens, in dem dem anderen erst der Raum des Aufgangs seiner Wahrheit gewährt ist, leiten läßt. Die Vorsicht der Kritik ist die Seite des Verstehens, in welcher der Verstehende bei aller Öffnung und Bereitschaft für den zu Verstehenden und seine Wahrheit als er selbst, in seinem selbst- und weltverstehenden Selbstvollzug und auf Integration des zu Verstehenden in diesen, wenn auch als einen sich durch das Verstehen verwandelnden, verstehen muß, wenn er verstehen will. Der Verstehende muß bei allem SichEinlassen, das den anderen als ihn selbst in seiner Wahrheit vernehmen will, dem, was ihm in solchem Sich-Einlassen als Wahrheit begegnet, als er selbst wiederum begegnen. Die aufscheinende Wahrheit des zu Verstehenden kann sich darin gerade auch als dessen Sein in der Unwahrheit seines Wesens enthüllen. Im Verstehen, daß der zu Verstehende sich in der Unwahrheit vollzieht, kann gerade die Wahrheit des zu Verstehenden als die Wahrheit des Verstehens liegen. Die Entscheidung über die Tragfähigkeit der Wahrheit des anderen Ursprungs für die Wahrheit des eigenen Ursprungs ist unvertretbar und mit dem Verstehen der Wahrheit des zu Verstehenden nicht schon mit vollzogen. Zum Vorschuß des Glaubens gehört die Vorsicht der Kritik, in der die Glaubwürdigkeit des Begegnenden erst aufscheinen kann. Daraus erst kann ein entschiedener Glaube erwachsen als das vertrauende Sich-Anbauen auf die Wahrheit des Begegnenden als auf die für das eigene Selbstsein entscheidende Wahrheit, ein Glaube, der, obwohl in seiner Gewißheit nicht objektivierbar und fixierbar und in seiner Vorsicht nicht „rational beherrschbar“657, sich dennoch hell und durchsichtig ist. Der Glaube als Vorschuß des Glaubens im Verstehen, der das Verstehen erst auf seine Wahrheit als auf die Wahrheit des zu Verstehenden hin öffnet, darf also mithin nicht einfach gleichgesetzt werden mit einem möglicherweise daraus erwachsenden Glauben als einem vertrauenden Annehmen der im Verstehen aufgegangenen Wahrheit des zu Verstehenden als der Wahrheit, in welcher der Verstehende die Wahrheit seiner selbst erkennt. Die Kriterien der Vergewisserung des Verstehens sind nicht festlegbar oder aus Regeln ableitbar, da das zu Verstehende das freie Selbstsein der Person ist. Aber der Glaube als Sich-Einlassen
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auf die Freiheit des Begegnenden ist gleichwohl nicht willkürlich, sondern er geschieht in der Helle ebensolcher Freiheit, in der sich der Glaubende selbst gehört und ihm die Wahrheit seines Seins anheimgegeben ist. Der „Verdacht des Ungenauen“658 gegenüber der glaubenden Vergewisserung des Personalen und Geschichtlichen legt sich nahe nur von den dem Personalen unangemessenen Kategorien verrechenbarer und verfügbarer Exaktheit in der Welt der Sachbezüge. Von der Objektivität sachlicher Gewißheit zur Unverfügbarkeit der Vergewisserung im Glauben gibt es keine quantifizierbaren Verrechenbarkeiten. Es waltet ein ontologischer Unterschied, ein „Kategorienumschlag“659. Der Ernst des Selbstseins ist das entscheidende Kriterium personalen Verstehens, mithin auch geschichtlichen Verstehens. Der Ernst des Selbstseins macht den Glauben kritisch, so daß dieses sich nicht blind und willkürlich, weil grundlos, sondern im Lichte seiner eigenen Helle und Vernünftigkeit glaubend verhält. Das Maß, an dem Wahrheit und Unwahrheit des Verstehens gemessen werden können, ist nicht objektivierbar und fixierbar wie Kriterien methodischer Exaktheit und damit sachlicher Richtigkeit660. Die andere Person und darin das Geschichtliche sind nicht feststellbar und ein für allemal im Wissen fixierbar, sondern die Wahrheit des Geschichtlichen ist nur als je neue Bewahrheitung vergewisserbar, als Geschichte, die je gegenwärtig die Wahrheit des Gewesenen verstehend versammelt im Geschehen ankommender Zukunft. Solch geschichtlicher Aufgang der Wahrheit des Geschichtlichen im Verstehen hat seine eigene Gewißheit, die ihre Sicherheit nicht an sachlichen Kriterien bemißt und deren Tragfähigkeit unendlich weiter ist, insofern sie auf dem Ernst und der Offenheit personalen Selbstseins aufruht, in welcher der andere immer schon als er selbst mit gemeint ist. Wissen um Geschichtliches als solches ist Verstehen, insofern das Geschichtliche das ist, worin sich personales Selbstsein und personale Freiheit, im geschichtlichen Zuspruch des Seins stehend, je versteht und handelnd vollbringt, ja die Möglichkeit des Verstehens personalen Mitseins erst konstituiert Geschichte. Solches Verstehen wird seiner sicher nur im Glauben als dem SichEinlassen auf die unverfügbare Ursprünglichkeit unableitbaren Selbstseins. Das Verhältnis zum Geschichtlichen als eines solchen ist in seiner wesentlichen Weise das Verhältnis von Verstehen und Glauben und nicht das eines völlig objektivierbaren Wissens von Gegenständlichem
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als Wissen von Tatsachen und Fakten. Dieses kann zwar ein Zugang zum Geschichtlichen sein, aber ein sekundärer und in seinem Wesen funktional bestimmter, der seinen Grund und sein Ziel in einem sich geschichtlich vollziehenden Selbst hat. Aus diesem Zusammenhang muß eine Verhältnisbestimmung von Historie und Geschichte, Historie und Tradition ihren Ort und ihr Maß gewinnen. b) Tradition als Andenken und Übersetzen Die Sicht des geschichtlichen Verstehens als Verstehen von Personen bestätigt sich in der Vorlesung G 54 in der schon besprochenen Betroffenheit als der Kehrseite der Bedeutsamkeit „im Angesichte von“661 und in der Vorlesung G 67/68 in der Charakterisierung des „sich Angehens der Epochen“ als „sich Angehen von Personen“662. Es gilt diesem durch die Erkenntnisweise des Verstehens und Glaubens gekennzeichneten Geschehen der Einholung des Gewesenen in die Gegenwart und seinem in der Einheit der Zeit immer mitgeschehenden Bezug zur Zukunft weiter nachzudenken. Entwickelt Welte diesen Zusammenhang in der Vorlesung G 54 als „Andenken“663, so in den Vorlesungen G 67/68, W 51, W 62 und in den hermeneutischen Vorlesungen als „Gespräch“, „Dialog“ und „Übersetzen“664. Das Bedenken des Selben unter gewandeltem Ausdruck mag mit dem Hervortreten des Gedankens der epochalen Seinsgeschichte zusammenhängen, dessen Implikationen in den Termini des „Dialogs“ und des „Über-setzens“665 schärfer gefaßt werden konnten als im Ausdruck des Andenkens, in dem als solchem der Gedanke verstehenden Zusammenhangs mit fremden epochalen Ursprüngen nicht schon von sich her anklingt, wie es in denen des Gesprächs und des Über-setzens eher der Fall ist. aa) Andenken Geschichtliches Geschehen als das Geschehen des Bedeutsamen, das in der Begegnung als Betroffenheit geschieht, ruft als dieses das „Andenken“666. Das Andenken ist eine grundlegende Kategorie des Geschichtlichen, da dieses als das in seiner Bedeutsamkeit Unvergeßliche auf mögliches Andenken bezogen ist. Dagegen spricht
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auch nicht die Faktizität des Vergessens, denn dieses ist nur möglich, insofern es gegen die Unvergeßlichkeit als ihr Maß streitet. „Das faktische Vergessen ist zwar ein Ausfall, eine Negativität, aber nicht eine bloße Negativität, vielmehr der Ausfall eines Angerufenen, und also weilend und geschehend im Raume dieses Anrufs. Das Anrufende ist das Unvergeßliche, und das im Anruf Angerufene ist das Andenken“667. Die Zweieinheit von Bedeutsamkeit und Betroffenheit geschieht als die Zweieinheit von Unvergeßlichkeit und Andenken. Das Bedeutsame geschieht als solches als das Unvergeßliche, und seine Entfaltung in der Begegnung als Betroffenheit stellt diese in den Ruf des Andenkens als den Raum ihrer Wirklichkeit. Im Andenken geschieht das Unvergeßliche, betrachtet von der Seite des ihm Begegnenden. Das Andenken ist nicht eine äußerliche Möglichkeit geschichtlichen Daseins, deren Verwirklichung Geschichte als Geschichte nicht berührt, sondern „das Andenken - als mögliches, aufgerufenes oder als wirkliches - konstituiert Geschichte als Geschichte“668. Insofern das Geschichtliche das in seiner Einzelheit Bedeutsame ist, ist es das Unvergeßliche, das, was von seinem Sein her ins Andenken ruft. Das Andenken gehört zum Sein des Geschichtlichen, es ist eine ontologische Bestimmung, ohne die Geschichte nicht Geschichte ist und deren defiziente Verwirklichung eine defiziente Gestalt des Geschichtlichen zur Folge hat. Aus der Wesensverfassung des geschichtlichen Andenkens muß eine gemäße Ausarbeitung der Frage nach der Tradition als der Überlieferung eines geschichtlich Vergangenen an eine Gegenwart ihre Möglichkeiten und Grenzen finden. Welte bestimmt das Andenken als die Weise, in welcher das Vergangene als Vergangenes gegenwärtig wird. Es ist das gedenkende Verweilen „in der Gegenwart eines nicht mehr Gegenwärtigen, eines Vergangenen“669. In dieser Bestimmung sind vorab alle „mythischgnostischen“670 Mißverständnisse abgewehrt, in denen das Vergangene gleichsam von seinem Ort in der Vergangenheit weggerückt und als ein Gegenwärtiges in die Gegenwart gezogen wird. Das Geschichtliche, auf das sich das Andenken bezieht, ist dagegen das Einmalige, das geschehend in die unwiderruflich entzogene, wiewohl als solche behaltene Vergangenheit vergeht, in der es unverrückbar und in seinem Vergangensein unantastbar entzogen ist. Der Versuch des Verständnisses des Vergangenen als eines je in der Möglichkeit neuer ursprünglicher Gegenwart Stehenden bedeutet
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die Auflösung von Zeit und Geschichte, insofern in der Gegenwärtigsetzung des Vergangenen als aktueller Gegenwart in eins Vergangenheit und Zukunft als sie selbst ausgelöscht wären. Dagegen betont Welte gerade das Wunder geschichtlichen Daseins, beim Vergangenen als solchem zu sein671, welches Wunder das Wunder der Geschichte selbst ist. Als Maß der Wirklichkeit des Andenkens zeigt sich von seiner Bestimmung als Verweilen in der Gegenwart des Vergangenen als Vergangenen, das als Geschichtliches das Bedeutsame und mithin das Betreffende ist, die Betroffenheit des Andenkenden selbst, wie schon in den Darlegungen zum Verstehen, das ja die Erkenntnisweise des Andenkens ist, deutlich wurde. Darin ist auch die wesentliche Differenz zwischen dem geschichtlichen Dasein und der Historie als einer Möglichkeit geschichtlichen Daseins angebbar672. Die Möglichkeit der Objektivierung des Vergangenen im historischen Wissen hat ihren Grund im geschichtlichen Dasein selbst, das aufgrund seines andenkenden Wesens verschiedene Weisen und Grade der faktischen Erfüllung seines Wesens möglich macht. Die Historie als der Versuch die Vergangenheit in Absehung vom betrachtenden Selbst zu objektivieren und durch ihre die Objektivität sichernde Methode das Vergangene in einem vom Selbstsein des Betrachters unabhängigen und ihn als ihn selbst nicht brauchenden Wissen sicherzustellen, gründet in dem ursprünglichen Bezug des Daseins zur Bedeutsamkeit des Geschichtlichen. Das die Historie konstituierende Interesse ist es, ein der Intention nach gleichsam ungeschichtliches, für jeden nachprüfbares Wissen zu erreichen, in dem die Geschichte in ihrer puren Faktizität, die Tatsachen, unabhängig vom geschichtlichen Standort des Betrachters gewußt werden und das, rein getrennt von seinen möglichen Auslegungen, dem Ideal und dem Anspruch wissenschaftlicher Exaktheit und intersubjektiver Nachprüfbarkeit entspricht. Darin ist es gerade Ziel der Historie, die Betroffenheit geschichtlichen Andenkens „im neutralisierten (unbetroffenen) bloßen Wissen von Daten“673 zu eliminieren. Mit der Ausschaltung der Wirklichkeit des Selbstseins aber wird die Wirklichkeit des Geschichtlichen selbst ausgeschaltet, indem die je eigene Gegenwart ausgeblendet wird und damit die Vergangenheit als gewesende Herkunft und die Zukunft als Künftigkeit herkünftiger Gegenwart. Welte weist mehrmals auf die Gefahr der Historie hin, sie statt als Mittel geschichtlichen Daseins schon als
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dieses selbst zu nehmen. Er erkennt, darin an Kierkegaard und Nietzsche anschließend674, die Gefahr der Historie als einer „Form des Vergessens“675, des Absehens vom Geschichtlichen in der Macht seiner Wirklichkeit, des unableitbaren Wirklichseins dessen, „daß solches geschah“676, und darin des Vergessens der Wirklichkeit eigenen Selbstseinmüssens in der Wirklichkeit der Vergangenheit und Zukunft versammelnden Gegenwart. Darin waltet ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Historie und der Wirklichkeit geschichtlichen Daseins, die als Wirklichkeit geschichtlichen Andenkens, als Wirklichkeit lebendiger Überlieferung geschieht. Historie ist damit nicht abgewertet oder als überflüssig erklärt, sondern nur in ihrer Differenz zur erfüllten Wirklichkeit geschichtlichen Daseins als Tradition gesehen. Historie erwächst auf dem Boden geschichtlichen Daseins. Sie kann „Hüter“677 der Möglichkeit geschichtlich geschehenden Daseins sein, indem sie das Vergangene in seinen faktischen Zusammenhängen und Bedingtheiten oder als Philosophiehistorie oder Philologie in den Kategorien seines Denkens und den Bedeutungsstrukturen und Bedeutungszusammenhängen seiner Sprache erschließt und klärt. Dieses geschichtliche Dasein selbst aber ist sie nicht schon als sie selbst und aus sich heraus, sondern sie steht dafür in der Notwendigkeit ihres Grundgewinnens und ihres Rückbezugs auf die Wirklichkeit des Historie treibenden geschichtlichen Selbstseins. Erst in diesem Rückbezug hat das einzelne geschichtliche Dasein den Freiraum und die Freiheit eigenen geschichtlichen Selbstseins, zu welcher Geschichtlichkeit des Selbstseins die Gegenwart als der ausgezeichnete Modus geschichtlicher Zeitlichkeit gehört, in dem sich Vergangenheit je auf Zukunft hin sammelt. Im Andenken geschieht in der Betroffenheit das geschichtlich Vergangene, das sich so in seine Gewesenheit, d.h. in die Gegenwart seines Vergangenseins als eines solchen, entfaltet. Die Möglichkeit solchen Betroffenwerdens setzt die Öffnung des Andenkenden in der Wirklichkeit seines Selbstseins voraus, so daß er in der Betroffenheit selbst geschieht. Geschichtlichsein ist nur als Selbstsein wirklich. Sofern der dem Vergangenen Begegnende nicht im Vollzug der Wirklichkeit seines Selbstseins steht, ist er auch nicht als er selbst beim Vergangenen, und so ist dieses nicht als das Geschichtliche, als das gewesend betroffen machende Bedeutsame wirklich und da, sondern es ist nur museal und ästhetisch oder
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theoretisch betrachtet und so vielleicht als ausnehmend Historisches, nicht aber als Geschichtliches. Historie ersetzt nicht das Geschichtlichsein, aber Geschichtlichsein ist möglich ohne ausgefaltete Historie in der Form moderner Wissenschaft. Andenken fordert Selbstsein und ist so je „ein wirkliches, gegenwärtiges, neues, einmaliges Geschehen“678. Das geschichtliche Sein ist in allen seinen Dimensionen geschichtlich. Und so ist sowohl das Andenken geschichtliches Geschehen, d.h., es vollzieht sich als einmaliges, unableitbares und ursprüngliches Geschehen auf dem Grunde des Gewesenen in der gegenwärtigen Zeitigung auf unverfügbare Zukunft hin, als auch das im Andenken geschehende Vergangene darin geschichtlich geschieht. Das Geschichtliche geschieht nicht einmalig in dem Sinne, daß es vergangen ein in sich geschlossenes Vorhandenes wäre, sondern seine Einmaligkeit geschieht als geschichtliche Einmaligkeit in der Geschichte wiederum in der Einmaligkeit andenkenden Geschehens. „In der Geschichte kommuniziert andenkend je der Ursprung mit dem Ursprung, das Einmalige mit dem Einmaligen“679. Daraus ergibt sich der scheinbare Widerspruch, daß das im Andenken sich in seiner Gewesenheit entfaltende Einmalige einerseits als es selbst geschieht, andererseits aber im Durchgang durch den andenkenden, gleichfalls einmaligen Ursprung je als ein anderes ist. Der je gegenwärtig andenkende Ursprung ist als geschichtlicher gleichwie der vergangene je relativ auf die Bedingungen und Voraussetzungen seiner Welt und Zeit, seines Selbst- und Weltverständnisses. Das Geschichtliche wandelt sich im Andenken im Wandel der Einmaligkeit des je andenkenden Ursprungs, so daß es im Andenken ein je unvergleichlich anderes wird. Die Ursprünglichkeit und Anfänglichkeit der Geschichte scheint, sosehr sie als Geschichte Kontinuität und darin Andenken fordert, diese zu verunmöglichen. Wie also soll ein Geschichtliches in seiner Identität in der Geschichte bewahrt werden? Insofern Geschichte je sich anfänglich zeitigende Ursprünglichkeit, mithin als Kontinuität je eigener Ursprünglichkeit ist, zeigt sich, daß die Identität des Geschichtlichen nur im Wandel als Kontinuität in Diskontinuität zu bewahren ist. Die Identität und Selbigkeit eines Geschichtlichen geschieht nur als Geschichte, d.h., das Geschichtliche ist als dieses die Geschichte seines Andenkens. Das Geschichtliche „ist in dieser sich ständig ins Unvergleichliche hinein wandelnden Geschichte
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selbst, und es ist niemals außer ihr. Indem je der jeweilige Ursprung betroffen wird im Andenken von dem, was einmal geschah, da ist dieses Einmalige freilich je ein anderes in der Macht seines Betreffens, aber gerade darin ist es es selbst, dieses Unausschöpfliche, das sich in seiner unvergleichlichen Unausschöpflichkeit immer wieder ganz neu ausstrahlt, gerade darin ist es das immer anfängliche, frische, initiative, kräftige, lebende und also damit wirklich das, was es selbst ist: indem es sich andenkend ins Unabsehbare ändert, gerade darin hat es und bewahrt es seine Identität“680. Identität des Geschichtlichen ist geschichtliche Identität, Geschichte. Die Anfänglichkeit des Geschichtlichen gewährt diesem die Möglichkeit, sich in je neuen Ursprüngen zu zeitigen und in deren unvergleichlicher Einmaligkeit seine Selbigkeit im Wandel zu bewahren. Dies ist nur zu denken in der Setzung einer Differenz zwischen der Identität des Geschichtlichen selbst und der je geschichtlich relativen Gestalt, in der es sich in die Geschichte zeitigt und verwandelnd bewahrt. Diese Differenz wird von Welte gedacht als die Differenz zwischen der transzendentalen Einheit aller geschichtlichen Ursprünge in der Absolutheit dessen, daß ist, was ist, als ihrem bewegenden und in allem gemeinten Grund des Seins der Wahrheit und der je durch die Endlichkeit ihres Vollzugs begrenzten und modifizierten Realisierung dieser Einheit in der Wahrheit. Diese transzendentale Einheit aller Ursprünge und damit auch ihrer als andenkender ist der Grund der Möglichkeit von Andenken und mithin von Geschichte, insofern diese eines Grundes bedarf, der die sich im Andenken entfaltende Anfänglichkeit des Geschichtlichen in ein Eines versammelt, das den Zusammenhang einer geschichtlich geschehenden Identität gewährt. Von daher erscheint die von Welte immer wieder betonte Differenz zwischen Selbigkeit und Gleichheit im Horizont des Geschichtlichen verständlich. Gleichheit ist Gleichheit der geschichtlichen Gestalt als einer empirisch wahrnehmbaren, die als solche begrenzt und relativ ist und die, als Gleichheit schematisch fixiert, die Selbigkeit des Geschichtlichen zerstört, die als solche durch die Unvergleichlichkeit und Einmaligkeit geschichtlicher Ursprünglichkeit hindurch nur im Wandel ihrer je geschichtlichen Gestalt bewahrt bleibt. Identität des Geschichtlichen ist Identität im Wandel. Wo versucht wird, eine geschichtliche Gestalt in ihrer Gültigkeit
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auch für fremde geschichtliche Ursprünge zu fixieren, ihr mithin als relativer Gestalt absolute Geltung zuzusprechen, geht die Identität des Geschichtlichen gerade verloren681. Das Geschichtliche geschieht in seiner Identität nicht als Reproduktion eines Vergangenen in seiner äußeren Gestalt, sondern als je anfängliche Zeitigung seiner Wahrheit in neue Gegenwart hinein. So zeigt sich auch im Andenken die Identität von Geschichte und Geschehen. Das Geschichtliche ist es selbst, indem es geschieht. Die Darlegung des Andenkens als Wesensmoment des Geschichtlichen erhebt nun aber die Frage nach einem Kriterium, an dem die Variationen des je faktisch vollzogenen Andenkens auf ihre Gemäßheit hin bemessen werden können. Denn die Geschichte zeigt mannigfache Formen, die auf dem sie ermöglichenden Wesensgrund des Andenkens faktisch realisiert werden und von denen das Vergessen und die Historie als Möglichkeiten der faktischen Realisierung des andenkenden Wesens schon aufgeleuchtet sind. Weitere sind alle möglichen Gestalten der Rückwendung zum Vergangenen, etwa als Revolution, Restauration oder Renaissance682, die Welte aber nur nennt. Es geht ihm hier nicht vorab um die Fülle faktischer Gestalten, sondern um ihre Gründung und ihr Maß im andenkenden Wesen des Geschichtlichen selbst. Nur vom Blick auf das Sein kann sich auch ein Kriterium der Beurteilung ihrer Wesensgemäßheit finden lassen. Dieses wird in der Vorlesung G 54 nicht eigens thematisiert, klingt allerdings in der Betonung der Wirklichkeit geschichtlichen Andenkens in der Wirklichkeit des Selbstseins und in der Kommunikation von Ursprung zu Ursprung schon an. Es wird daher erst im folgenden Abschnitt zur Sprache kommen. bb) Übersetzen und epochales Gespräch Welte entwickelt besonders in seinen hermeneutischen Vorlesungen das Verstehen als Gespräch, näherhin als „Welt-Dialog“683, insofern jeder Verstehende aufgrund seines In-der-Welt-seins je seine eigene Welt ausbildet und diese öffnet auf umfassendere Welten, die Welt der Familie, der sozialen Gruppe, der Gesellschaft, des Volkes, der Epoche684. Im Verstehen müssen insofern immer schon die Welt des Verstehenden und die Welt des zu Verstehenden vermittelt werden. Die Möglichkeit des Verstehens fremder
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Welten, deren Differenz durch das Moment der Zeit entscheidend gesteigert wird685, besonders auffällig im Verstehen epochal getrennter Welten, nennt Welte die Möglichkeit des „Übersetzens“686. Es ist aber nicht nur die Weise des Verstehens epochal getrennter Ursprünge, sondern es ist das Geschehen des Verstehens selbst687. Die Möglichkeit des Verstehens verschiedener Welten ist mithin Bedingung der Möglichkeit von Tradition, d.h. der Möglichkeit, einen Bedeutungsgehalt in der Geschichte als diesen selbst in je gegenwärtigem Verstehen zu bewahren, welche Möglichkeit besonders in Frage steht beim verstehenden Bewahren eines durch einen epochalen Umbruch Getrennten. Gerade der Gedanke der epochalen Seinsgeschichte mag die Rede vom „Über-setzen“, vom „Hinübersetzen des Geistes auf den Boden eines fernen geistigen Kontinents“688 angeregt haben. Es gilt nun zunächst die grundsätzliche Möglichkeit des Verstehens von fremden, bis hin zu den durch einen epochalen Neuansatz getrennten Welten aufzuzeigen und dann die von Welte für dessen gemäße Verwirklichung entwickelte Methode darzulegen. Zur Möglichkeit des Verstehens von Vergangenem als Möglichkeit von Tradition gehört zunächst zweierlei, einmal die Eröffnetheit des Vergangenen als Vergangenen in der Gegenwart des Verstehenden, die mit der geschichtlichen Verfaßtheit des Menschen als dem Stehen in der Einheit der geschehenden Zeit gegeben ist, und zum anderen die grundsätzliche Offenheit der Welt des Verstehenden für die Begegnung anderer Welten als anderer. Diese ist begründet in der transzendentalen Bezogenheit jedes Verstehenden und seiner Welt auf das, was ist,689 und der darin angezeigten apriorischen Umfassung aller möglichen Ursprünge als das, was sie sind, insofern der Bezug auf das, was ist, nicht neutral, sondern der Bezug auf Wahrheit ist. D.h., in allen möglichen Bezügen auf das, was ist, liegt die Intention auf die Wahrheit dessen, was ist. Es geht in allem Verstehen von etwas darum, zu verstehen wie es in Wahrheit ist. In dieser transzendentalen Bezogenheit auf die Absolutheit der Wahrheit waltet eine Differenz zwischen der Absolutheit dessen, was ist, und dem möglichen Vollzug desselben, d.h. zwischen der Absolutheit als der Absolutheit dessen, daß ist, was ist, und der Relativität sie vollziehender endlicher Gestalten. Es liegt darin die Helle und Eröffnetheit einer möglichen Pluralität geschichtlich relativer Gestalten des Vollzugs dessen, was ist, und darin die Eröffnetheit
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der Andersheit anderer Gestalten und Vollzüge dessen, was ist. Diese Eröffnetheit der Andersheit als Andersheit und damit die Möglichkeit des Verstehens von Fremdem als Fremdem, die Transzendentalität des Verstehens, ist für Welte das „Wunderbare“690 des Verstehens schlechthin. Das Verstehen einer anderen Welt, die in einem anderen epochalen Grund ruht, ist darin eingeschlossen. Denn jede epochale Weltzeit bildet aufgrund des Zuspruchs und der Fügung des Seins eine geschicklich-geschichtliche Weise des Verstehens von Sein, des Seinsverständnisses, aus. Darin aber ist sie je auf das Absolute der Wahrheit des Seins bezogen und in dieser Bezogenheit transzendental geeint mit allen möglichen begegnenden anderen geschicklichen Aufgängen von Sein und deren zugehörigen Seinsverständnissen, die je eine andere epochale Welt und darin eine „sekundäre“, „perspektivische“ oder „historische Transzendentalität“691 ausbilden, die aufgrund der Transzendentalität des Seins und der Wahrheit in ihrer Perspektivität hervortreten und in eins damit in Differenz zu anderen perspektivischen Transzendentalitäten treten kann. Es soll nun aufgrund der transzendentalen Einheit allen Verstehens eine Lösung des Problems der Möglichkeit geschichtlichen Verstehens gewonnen werden. Welte entwirft dazu eine „Methodik“692 des Welt-Dialogs, die grundsätzlich für alles Verstehen Gültigkeit hat, im Falle eines „epochalen Gesprächs“693 jedoch umso größerer Sorgfalt und Behutsamkeit bedarf. Eine unabdingbare Voraussetzung möglichen Verstehens ist die Annahme des eigenen Selbstseins und damit die Annahme der ihm zugehörigen Begrenztheit und Bestimmtheit des je geschichtlichen Ortes und der je geschichtlichen Zeit, mithin die Annahme der eigenen Geschichtlichkeit694. Zur Geschichtlichkeit gehört die dem Geschichtlichen selbst unverfügbare, weil verfügte Einmaligkeit des Eingelassenseins in die Unverfügbarkeit eines bestimmten Ortes, einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Welt, einer bestimmten Herkunft, eines je geschicklichen Zuspruchs des Seins. Wie sehr je jede Gegenwart in die Freiheit ihrer Antwort, in die Unverfügbarkeit ihres Selbstseins, gestellt ist, so ist diese Antwort, selbst als Verweigerung oder Ablehnung des geschichtlich Verfügten, eben Verweigerung gegen das die Freiheit gründend Verfügte und so unentrinnbar im Boden dieses Verfügten verwurzelt. Jede geschichtliche Gegenwart ist in aller Freiheit des von ihr Gedachten und
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Hervorgebrachten, auch in der Freiheit der Verweigerung gegen ihre Herkunft, den Kategorien, Denk- und Fragemöglichkeiten ihrer Weltzeit und ihres Seinsverständnisses verhaftet. Die Vorstellung eines „zeitlosen Punktes“695 in der Geschichte ist Illusion. Sie ist der Schein des Selbstverständlichen und der „Normalisierung des Jeweiligen“696, in der „die jeweilige Zeit ... zu der eigentlich zeitlosen Selbstverständlichkeit“697 wird. Die Bedingtheit und Relativität des Gegenwärtigen wird als das Selbstverständliche und insofern Unreflektierte in ihrer Relativität verdeckt und als das schlechthin und absolut Gültige, als die alles bemessende Norm genommen. Diese Verabsolutierung des Faktischen aber ist nur Schein geschichtslos-geschichtlichen Daseins. Zur Annahme der Geschichtlichkeit gehört die Annahme der eigenen geschichtlichen Relativität. Diese ist aber nur möglich als Offenheit für die je geschehende Gegenwart, ihre Möglichkeiten, Bewegungen und geistigen Strömungen. Diese Offenheit ist nur in der Distanz zur eigenen Welt. Diese aber setzt die Begegnung mit fremden Welten voraus. Erst in der Erfahrung der Andersheit tritt die Eigentümlichkeit und Eigenart der je eigenen Welt hervor698. Erst die geschichtliche Erfahrung von Andersheit öffnet die Differenz der Absolutheit der Wahrheit und der Möglichkeit der Pluralität relativer Vollzüge, die in der transzendentalen Bezogenheit schwingt, als eine solche. Geschichtliches Selbstbewußtsein ist konstituiert im Durchgang durch die Negativität der Erfahrung von Andersheit699. Auf dem Grunde der transzendentalen Bezogenheit auf die Wahrheit dessen, was ist, und der daraus folgenden Offenheit der eigenen Welt ist je jede Gegenwart angerufen und in ihrer Geschichtlichkeit, durch die sie je in der Einheit des Ganzen von Welt und Zeit steht, beansprucht, in die fremde, hier die vergangene und in ihrer Vergangenheit gegenwärtige Welt als sie selbst verstehend einzutreten als eine geschichtliche Weise, „ein Zeugnis“700 der Wahrheit selbst. Dies „heißt mehr als übersetzen: es heißt über-setzen, hinüber, auf den anderen epochalen Grund, aus dem heraus die alte Welt eben ist, die sie ist“701. Übersetzen ist kein Vorgang der Suche lexikalischer Entsprechungen, sondern das Geschehen des Hinübersetzens in die Mitte der fremden Welt, die Suche nach dem „Anlaß und Ursprung“702, das Hören auf das „Urwort“703, den Zuspruch des Seins selbst, als dessen Antwort die Gestalten der fremden Welt
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verständlich werden. Darin geht es um die Wahrheit des Seins selbst. Im Geschehen der epochalen Seinsgeschichte bedeutet Tradition nicht nur das Innestehen in der Herkunft je geschichtlichen Selbst- und Weltverständnisses, sondern Tradition als der Vollzug gegenwärtigen Innestehens in der Gewesenheit des Geschehenen ist der Bezug auf die je geschichtlichen Zusprüche des Seins. Die Bedeutsamkeit, die den Verstehenden in Anspruch nimmt und betrifft, die Unvergeßlichkeit und Unerschöpflichkeit des Geschehenen ist nicht nur die Ursprünglichkeit und unverfügbare Freiheit geschichtlichen Selbstseins, sondern in diesem die des Ereignisses des Seins selbst. Dieses aber ist der Grund, der den Verstehenden selbst ereignet, und so ist das Geschehen des geschichtlichen Übersetzens, das Geschehen von Tradition, nie nur „gedankenlose Altertümelei“704, ästhetische Spielerei, Genuß sammelnder Bildung oder Erkenntnis historischer Wissenschaft, wiewohl gerade letztere als Klärung der je geschichtlichen Welten in ihren historisch faktischen Bedingungen und Zusammenhängen ausgezeichnetes und für das gegenwärtige durch moderene Wissenschaftlichkeit geprägte Zeitalter unerläßliches Mittel geschichtlichen Verstehens ist, sondern es ist Geschehen des Verstehenden selbst in seinem Gegründetsein in der Wahrheit des Seins. Es ist Bildung in dem Sinne, daß es den Verstehenden in seinem Wirklichsein bildet und darin mit der Schwere des Seins selbst betrifft705. Im Geschehen der Übersetzung ist der Verstehende und seine Welt angegangen und als sie selbst von der fremden in Frage gestellt. Der Verstehende setzt sich im Übersetzen nicht aus seiner Welt weg in die fremde hinüber, sondern er bleibt als Übersetzender in seiner Welt. Nur so kann diese zur Frage werden und kann er als er selbst, und d.h. überhaupt verstehen. Das Geschehen des Übersetzens zeigt sich als zirkulär. Der Verstehende muß in seiner Welt als seiner stehen, um die fremde als fremde zu entdecken, und nur in der Negativität der Erfahrung der Fremdheit des anderen erfährt er die Eigenheit seiner Welt706. Nur wenn die eigene Welt in Frage und in den Anspruch einer Antwort gestellt ist und die fremde in den Ernst eines eigenen Aufgangs von Wahrheit, kann sich ein wirkliches „Gespräch von Welt zu Welt“707 ereignen, ereignet aus dem Hören auf das Eine und Selbe der Wahrheit des Wahren, die, geschichtlich geschehend, „nie das eine Gleiche“708 ist. Im epochalen Gespräch erst können
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„epochale Entsprechungen“709 aufleuchten, in denen auf dem Grunde der eigenen Welt eine Wirklichkeit gefunden wird, von der aus die fremde Welt als Wirklichkeit begegnen und in ihrer Wahrheit aufscheinen kann. Tradition geschieht insofern nur in der Bereitschaft für den vergangenen Zuspruch, in der Vergangenes als Gewesenes die Gegenwart in ihrer Künftigkeit betrifft. Im Gespräch sind beide Ursprünge als sie selbst da, und ohne sie ist kein Gespräch, kein Dialog, sondern Monolog, sei es in der absoluten Fixierung der eigenen Welt oder im Schein der Normativität des Einstigen unter Absehung von der je eigenen Gegenwart und ihrem geschicklichen Aufgang von Wahrheit. Wohl um der Wahrung der Ursprünglichkeit von Verstehendem und zu Verstehendem und der unabsehbaren Verwandlung beider im Geschehen willen faßt Welte das Geschehen der Tradition ins Bild eines Gesprächs und setzt diesen Ausdruck in seinem Hindeuten auf ein Selbes gegen Gadamers Ausdruck der „Horizontverschmelzung“710 ab. Im Gespräch sind beide Ursprünge als Ursprünge bewahrt. Es bleibt eine uneinholbare Distanz, in der das Gespräch lebt. Innerhalb dieser Distanz aber ist das Gespräch Geschehen, in dem beide geschehen, so daß beiden Neues geschieht und darin beide neu werden. Das Wort der alten Welt erhält im herübersetzenden Verstehen einen neuen Klang, und die neue Welt wandelt sich im hinübersetzenden Verstehen. Das Verstehen ist das Geschehen des Hinüber- und Herübersetzens, des Hinübersetzens vom eigenen Ursprung in den fremden Ursprung als solchen und des Herübersetzens des vom Boden des Eigenen gewonnenen Fremden in die eigene anverwandelndverwandelte Welt711. Das Gespräch zeitigt das „Noch-nie-Dagewesene“712. Der Einklang, der im Übersetzen schwingt, kann aber nicht mechanisch hergestellt, berechnet und konstruiert werden. Die Helle des Einklangs der zwei Unvergleichlichen und Einmaligen ist „divinatorisch“713. Er ist rational nicht vollständig einholbar und objektivierbar, da er den je eigenen unobjektivierbaren Ursprung als seinen Ort fordert und dieser zudem als geschichtlicher immer im Geschehen der Geschichte und somit der Tradition steht, aus der er sich, sie objektivierend und sich ihr gegenüberstellend, nicht ganz herausnehmen kann. Alle Historie bleibt Moment der Tradition714. Der Einklang des Übersetzens ist ein „divinatorischer Vorgang, ein Geschehen, ein Ereignis“715, „dessen plötzliches Licht
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nur aus der Geduld des reinen und langen Hörens sich schenken kann“716. Im Zusammenstellen dieser Ausdrücke zeigt sich ein Verständnis des Divinatorischen an. Es meint das Unverfügbare, das Sich-gewähren-Müssen des Aufgangs und des Ereignisses der Wahrheit in der Helle des Verstehens. In der Rede vom Divinatorischen klingt die Geschichtlichkeit des Übersetzens als Vollzug der Tradition an, und sie zeigt, wie ernst Welte die Geschichtlichkeit in allen ihren Konsequenzen sieht. Nur Geschichte versteht Geschichte und dies nur je geschichtlich. Geschichte ist ein Zusammenhang des Verstehens, und Verstehen ist Geschichte717. Allem Verstehen stellt sich die Frage nach einem Kriterium seiner Wahrheit und so nach dem möglichen Einklang des Übersetzens und des epochalen Gesprächs. Das Kriterium des Verstehens von Geschichtlichem als des Verstehens von Personalem kann aber kein objektives und fixierbares sein718, denn Person als Person ist ja gerade das Nicht-Objektivierbare und Unverfügbare. Die Frage nach der Wahrheit des Verstandenen läßt sich daher nicht methodisch objektivierbar beantworten, wiewohl die Historie als kritische Aufhellung und Klärung des Vergangenen in seiner ihr zugänglichen Objektivität ein zu integrierendes Moment der Frage nach der Wahrheit des Verstandenen ist. Das Kriterium ist selbst personaler und geschichtlicher Art. Es ist nur im Geschehen selbst und als Geschehen. Es ist der Ernst des Selbstseins, mit dem der Verstehende dem zu Verstehenden begegnet und in dem er die Wirklichkeit seines Selbstseins in seiner Gründung vom anderen Ursprung her vollzieht und darin dem anderen Ursprung als Ursprung begegnet und sich, sich verlassend, glaubend vergewissert, welche Begegnung und Vergewisserung je nur als Geschichte geschehen kann, als Geschichte der Treue des Glaubens und der Bewährung der Tragfähigkeit des Grundes des Glaubens. Die Wahrheit geschieht geschichtlich, und insofern geschieht auch ihr Kriterium geschichtlich im Geschehen des Ernstes geschichtlichen Selbstseins, das im Geschehen der Wahrheit ereignet wird. Kriterium der Wahrheit ist die Wahrheit selbst, in welcher der Verstehende im Ernst seines Selbstseins im Verstehen in seine Wahrheit kommt und darin alle geschichtlichen Ursprünge, sie achtend und aufnehmend, in ihre Wahrheit kommen und in ihrer Wahrheit sein läßt. „Wahrheit ist im universalen und geschichtlichen Gespräch unter uns, in welchem wir mit allen Menschen in Kontakt sind, alles uns etwas bedeutet
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und uns angeht und wir immer über die Relativität des eigenen Blickes auf das Zeugnis aller horchen müssen, das sie vom Absoluten der Wahrheit geben, um aber von der Relativität dieser Absolutheit wieder auf die Absolutheit unserer eigenen Relativität hinzuschauen: ob wir sehen können - wie es wirklich damit ist“719. Die Wahrheit geschichtlichen Verstehens und darin die Wahrheit des geschichtlich verstehenden Daseins selbst geschieht mithin als Tradition als das Geschehen der Offenheit zu allen geschichtlichen Ursprüngen und als deren aneignend-verwandelnde Integration in das Geschehen der gewesend-gewärtigen Gegenwart der je eigenen Geschichte. Gegen die Geschichtlichkeit des Verstehens und damit der Tradition als des Geschehens des Grundnehmens im herkünftig Gründenden zeigen sich vielfältige Formen des Versuchs, gleichsam aus der Geschichtlichkeit auszusteigen und die Gegenwart in ihrer Herkünftigkeit zu negieren, etwa als der Versuch, die Differenz der Welten zu übergehen, in der „Normalisierung des Jeweiligen“720 in der gegenwärtigen Weise des Seinsverständnisses die einzig mögliche zu sehen und so alles fremd Erscheinende von dem Selbstverständnis der Gegenwart her zu interpretieren und es entweder unter dieses zu subsumieren oder es als überholt zu eliminieren721. In der Ausschaltung des Vergangenen wird die Künftigkeit der Gegenwart mit ausgeschaltet, denn insofern die Gegenwart als Maß fixiert wird, ist der Blick auf die Zukunft mit fixiert und sind die gegenwärtigen Entwürfe und Ausgriffe in die Zukunft geschlossen. Die Zukunft wird und muß geschehen, wie die Gegenwart sie vorausentwirft, denn jenseits ihrer Entwürfe gibt es nichts. In der Fixierung auf die Gegenwart wird ein „Totalsystem verfügbarer und verwaltbarer formaler Richtigkeit“722 erstellt, das sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft schon eingeholt hat. Grund und Folge solcher Totalisierung und Verabsolutierung des Relativen ist der Abbruch des Gesprächs, das Wesensmoment des Geschichtlichen ist und ohne welches das geschichtliche Dasein sich seines Bodens beraubt, ohne ihn jedoch je verlassen zu können. Geschichtslosigkeit erweist sich als defiziente Möglichkeit des Geschichtlichseins. Sie bedeutet nicht Ungeschichtlichsein, sondern den Vollzug des geschichtlichen Daseins im Schein der Absolutheit seiner Gegenwart, welche Gegenwart aber im Geschehen selbst immer schon in die Einheit der geschichtlichen Zeit eingeholt ist. Im Versuch, die Gegenwart
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dem Geschehen zu entziehen und sie zu fixieren, wird sie das „Un-Zeitige“ und „UnZeitgemäße“723, da immer schon vom Geschehen vergehend überholt. Parallel mit solchen Versuchen der Fixierung geht eine Formalisierung und Schematisierung724. Im Versuch, dem geschichtlichen Geschehen zu entgehen, werden Formen, in denen die Gegenwart Gestalt gewinnt, als die gleichen festgehalten. Dadurch aber verlieren sie ihre Sagekraft. Die Fixierung der Form bedeutet eine Entleerung. Im Vorgang der Entleerung der Gestalten zu bloßen Schemata zeigt sich deutlich, wie jede Gegenwart vom Geschehen überholt wird. Geschichtlich ist das Selbe nie als und in der bloßen Wiederholung des Gleichen zu bewahren, sondern nur in der Wieder-holung des Gewesenen in die antwortende Freiheit der ihre Künftigkeit gewärtigenden Gegenwart725. Verabsolutierung der Gegenwart kann in der Ausbildung fixierter Formen und Schemata in eine andere Gestalt geschichtslos-geschichtlichen Daseins umschlagen, die Verabsolutierung des Vergangenen. Darin werden einst geschichtlich gewordene, dann aber fixierte und so von geschichtlicher Wirklichkeit entleerte, in bloßer Formalität übernommene Gestalten festzuhalten versucht unter Ausschaltung des Geschehens gegenwärtigen Daseins. Gegenüber allen Formen des Auszugs aus der Geschichte bemißt sich die wesentliche Geschichtlichkeit geschichtlichen Daseins und damit der Tradition an dem gegenwärtigen In-einsSchlag von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Einheit der geschichtlichen Zeit. Der Gefahr der Absolutsetzung einer Dimension der Zeit ist nur durch ein lebendiges Ernstnehmen aller geschichtlichen Ursprünge zu steuern, welcher Ernst letztlich der Ernst des Wirklichseins der Gegenwart selbst ist, die somit als ausgezeichneter Modus der geschichtlichen Zeitlichkeit ihr Recht behält. Die Gegenwart muß in der Gründung im herkünftig Gewesenen und in der Künftigkeit kommenden Geschicks als sie selbst und in der Wirklichkeit der ihr geschichtlich zugehörigen Weise des Seinsverständnisses und der Weltgestaltung sein. Sie muß geschichtlich sie selbst sein, indem sie in der Unverfügbarkeit ihres geschichtlichen Ortes sie selbst ist, zu welchem geschichtlichen Ort aber gerade Herkunft und Zukunft hinzugehören. Sie muß die Vergangenheit als Gewesenheit gegenwärtigen, so daß diese in ihrem Gründen in den Raum gegenwärtiger
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Freiheit hereinsteht und so in die Gegenwart freier Künftigkeit. Tradition ist nicht ästhetische oder museale Sammlung des Vergangenen. Tradition ist nicht Historie726. Sie ist auch nicht Unterstellung der Gegenwart unter die Norm des Vergangenen als absoluter, sondern Tradition ist das Geschehen der Geschichte selbst als der gegenwärtigen Gründung im Gewesenen, dessen Gegenwärtigkeit in eins Zukunft ist. Nur als Gewesenheit, d.h. als in seiner Vergangenheit gegenwärtige Künftigkeit ist Vergangenes geschichtlich und nicht bloß historisch. Nur wenn das Vergangene in seiner Bedeutsamkeit gewesend in die Gegenwart hereinragt und in die Zukunft hinein geschieht, ist Geschichte als Geschehen in der Helle alles versammelnder Einheit der Zeit. Tradition ist Geschehen, in dem das Gewesene gerade darin treu bewahrt wird, daß es, gegenwärtig an-verwandelt, dieser Gegenwart Geleit in das „Noch-nie-Dagewesene“ der Zukunft gibt727. Die Zeitlichkeit der Tradition ist nicht die Zeitlichkeit einer kontinuierlich gleichgültig dahinfließenden, alles ins Nichts entziehenden zählbaren Zeit, sondern die Zeitlichkeit alles versammelnder Bewahrung, die Zeitlichkeit, in der alle Dimensionen der Zeit gegenwärtig in die Einheit der geschichtlichen Zeit versammelt sind, und so die Wahrheit des Gewesenen in der Gewärtigung des Künftigen, d.h. auf Zukunft hin im Ereignis der Gegenwart je neu in ihre Offenheit und ihr Da hinein geschieht. Die Kontinuität der Tradition ist auch als epochale und über epochale Umbrüche des je waltenden Seinsverständnisses hinweg nicht abgebrochen, sondern in der transzendentalen Einheit der Wahrheit des Seins geschichtlich wesentliche Möglichkeit. Zur Tradition gehört gerade auch die gegenwärtige Einholung gewesenen epochalen Geschicks, das auch in seiner Uneinholbarkeit von der Gegenwart in seinem gewesenen Zuspruch und der diesem antwortenden Freiheit gewesenen geschichtlichen Daseins der Gegenwart herkünftig-gründend Räume zuspielt, in deren Offenheit und Weite sich diese, wenn auch in unvergleichlich neuer und unvorwegnehmbarer Weise ins Künftige entwirft. An der Einheit der Zeit, in der alle Dimensionen der Zeit in eins geschehen, sind alle Formen der Hinwendung zum Vergangenen zu beurteilen, sei es in der Aufnahme als Renaissance oder Restauration, in der Abkehr als Revolution oder in der Abstoßung eines verdrängenden Vergessenwollens728, und daran bemessen sich auch alle diesen zugehörigen Formen einer reflexiv ausgearbeiteten Hinwendung
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zum Vergangenen als Historie. Von der Einheit der Zeit aus muß auch die Frage nach der Möglichkeit, Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Ausbildung und Reglementierung verbindlicher Gestalten und Sprachen und damit das Verhältnis von Tradition und Autorität beantwortet werden. Wie immer solches näherhin zu entscheiden sein mag, so ist von der Geschichtlichkeit her zu sagen, daß Autorität nur geschichtliche Autorität sein kann729, d.h. Autorität, die in der Fülle und Ursprünglichkeit der Gegenwart alle geschichtlichen Ursprünge als Ursprünge in ihrer gewesenen Wahrheit auf Zukunft hin integriert. Geschichtliche Autorität ist so in der Wahr-ung aller Ursprünge als Ursprünge durch Freiheit und in der Integration aller begegnenden Ursprünge durch Toleranz konstituiert. Die Kontinuität der Tradition und darin der Geschichte ist nicht Kontinuität der Reproduktion730, sondern Kontinuität des Gewesenen in der freien, je anfänglichen Gegenwärtigung je jeder Gegenwart in ihrem Aussein auf die Unverfügbarkeit sich gewährender Künftigkeit. Freiheit als die Ursprünglichkeit und Anfänglichkeit je jeder Gegenwart ist mithin Wesensmoment der Tradition, als die sich die Geschichte vollzieht. Tradition ist nicht Knechtung der Gegenwart durch das Vergangene, sie ist nicht Aufgabe der Gegenwart an die Vergangenheit, sondern sie ist gegenwärtiges Geschehen der Herausforderung zu geschichtlichem Selbstsein, sie ist Geschehen geschichtlicher Freiheit.
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II. DIALEKTIK DER GESCHICHTE
1. Der Zug der Unendlichkeit Nachdem die einzelnen Momente des Seins des Geschichtlichen entfaltet wurden, geht es nun darum, zu fragen, was das so vielfältig bestimmte geschichtliche Geschehen „von innen her bestimmt, so zu geschehen, wie es geschieht“1, nämlich als das singulär kontinuierliche, einmalig unwiederholbare, unableitbar anfängliche, augenblicklich unerschöpfliche, unvergeßlich bedeutsame Geschehen. Es geht um die Frage: „Geschieht wirklich etwas, indem Geschichte geschieht, oder am Ende bloß dies und das“2, das ohne Sinn und Worumwillen letztlich bedeutungslos und gleichgültig ist? Es geht um die Frage nach dem Grund und dem Sinn der Geschichte, dies aber nicht im Sinne des äußeren Woher und Wohin, des Vorher und Nachher, sondern es geht um die Frage nach dem, „was das von innen her Treibende und Bestimmende, der innere Anfang des geschichtlichen Geschehens sei, das im Inneren Zielende und Leitende, das innere Ziel, télos und im Sinne des inneren Ziels und Leitbildes das innere Ende. Wir fragen nach der bewegenden Seele der Geschichte, also nach jenem Inneren, von dem her ihr Gesche- hen jeweils geschieht und das diesem Geschehen die leitenden Ziele vorgibt. In diesem Sinne fragen wir nach der inneren Idee der Geschichte“3. Im Kapitel über die Bedeutsamkeit4 hat sich schon gezeigt, daß es im Geschehen des Geschichtlichen je um etwas geht, ja daß in ihm die Bedeutsamkeit selbst geschieht, deren Maß sich als der Sinn als die erfüllte Übereinstimmung des Daseins mit sich selbst und darin mit allem Seienden, als dessen erfülltes Einssein und Ganzsein, als Heil enthüllt hat. Das Worumwillen des Geschichtlichen ist das Heil als der Sinn von Sein. Hier ist nun weiter zu sehen, als was sich die bisher noch formale Bestimmung des Sinnes als der heilen Übereinkunft des geschichtlichen Daseins mit sich und allem, um derentwillen geschieht, was geschieht, im weiteren Blick auf die Geschichte näherhin zeigt und in welche Gestalten sie sich im Geschehen auseinanderlegt. Welte nennt das das geschichtliche Geschehen von innen her Bewegende und Bestimmende in vielerlei Wendungen, das „Gesetz“5, die „Seele“6, den „Sinn“7, das „Worumwillen“8, die „Idee“9, den „Zug“10, den „Grundzug“11, den „Antrieb“12, den „Grund“13, die
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„Triebfeder“14, den „Nerv“15, den „Entwurf“16, den „Logos“17, den „inneren Zusammenhang“18 der Geschichte. Diese große Variabilität des Ausdrucks zeigt, daß das von Welte etwa in den Ausdrücken ‘Gesetz’ oder ‘Idee’ der Geschichte Gemeinte nicht einfachhin mit dem etwa von Popper19 kritisierten Verständnis historischer Gesetze und Gesetzmäßigkeiten seitens bestimmter Richtungen der Geschichtsphilosophie, von denen er im Vorwort zur deutschen Ausgabe seines Buches ‘The Poverty of Historicism’ besonders die Marx’sche und Spengler’sche nennt und die eine Gesetzmäßigkeit der Geschichte im Sinne einer unabänderlichen Notwendigkeit, Berechenbarkeit und Prognostizierbarkeit des Ablaufs des Geschehens behaupten, identifiziert werden darf oder mit der Idee im Sinne Hegels, nach dem die Geschichte das An-und-für-sich-Werden dessen ist, was der Geist an sich immer schon ist20, so daß „es vernünftig in ihr zugegangen“ und „sie der vernünftige, notwendige Gang des Weltgeistes“21 ist. Nach Hegel ist die Geschichte die Idee selbst in ihrer Entfaltung, und alles in der Geschichte ist nur notwendiges Moment und Durchgang. Es gibt letztlich keine Freiheit, denn alles geschieht in der Notwendigkeit der Vernunft selbst, deren „List“ die Freiheit aufhebt22. Welte wendet sich gerade gegen Hegels Idee23 als der unentfalteten, alle Wirklichkeit mit Notwendigkeit aus sich entlassenden und sich darin zu sich selbst vermittelnden absoluten Vernunft, weil in der Idee als Geschichte und der Geschichte als Idee die Geschichte in die Logik und ihre Notwendigkeit aufgelöst ist, in der alles nur Moment und Durchgang ist, und so die Geschichte „die Schädelstätte des absoluten Geistes“24 ist. Freiheit und Einzelheit sind darin vernichtet, und so ist die Geschichte als Geschichte vernichtet, in der das je Unableitbare und Unkonstruierbare, das Anfängliche und Noch-nie-Dagewesene als das in seiner Einzelheit Bedeutsame geschieht. Hegels Bewegung der Geschichte ist die logische Bewegung, in der alles aus einem obersten Prinzip deduzierbar ist, deren Ziel und Ende die Rückkehr in den Anfang bedeutet und deren Momente je nur Medium des Durchgangs in die Vollendung, Mittel der Vermittlung des Anfangs mit sich selbst in seinem anderen sind. Es ist aber nicht die geschichtliche Bewegung, in der sich das unableitbar Anfängliche zeitigt, das noch nie war und unvergleichlich es selbst ist.
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„Idee“, „Zug“, „Gesetz“, „Antrieb“, „Seele“ bei Welte dagegen meinen die „dynamische Potenz“25, die „geistige Potenz“26. Dies meint nicht das noch unentfaltete, aber schon in der logischen Notwendigkeit vorherbestimmte und a priori festgesetzte Ganze der Wirklichkeit, sondern das - nennen wir es - ‘Prinzip’ der Bewegung selbst. „Idee“ meint darin aber auch nicht „eine theoretische oder sonst wie abstrakt-neutrale Idee-an-sich“, keinen „abstrakten Gedanken“27, sondern eine Potenz, „die ihre eigene Realisierung in Gang bringt“28. Zur Veranschaulichung kann etwa folgender Text aus ‘Im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit’ dienen: „Worauf es uns ankommt im Dasein, und wo wir mit ihm hinauswollen, das ist zunächst für uns nie einfach bloß gegeben und in diesem Sinne nie einfach faktisch. Es ist eines, woran wir alles Faktische messen, wonach wir alle faktischen Situationen befragen, worin wie in einem Lichte alles Faktische sich findet. Es taucht im Bereiche unseres Daseins als ein fürs Ganze maßgebliches, jedoch ausständiges und immer nur vorentworfenes Ziel auf, nicht hingegen als ein von uns nur als gegeben hinzunehmendes. Darum sagen wir: das, worum es uns je und immer und im ganzen geht, und woran wir alles Einzelne und Faktische messen, hat, vom Dasein her gesehen, zunächst die Seinsweise der Idealität. ... Wir haben die Idee, wie es sein solle und was herauskommen solle. Das Ideelle ist das Gesollte, und als solches ist es nicht einfach das faktisch und positiv Gegebene, wie andererseits das faktisch und positiv Gegebene dadurch, daß es dieses ist, noch nicht das Gesollte und Ideelle ist. Aber das Ideelle bezieht sich in der Weise des Sollens von vornherein auf alles Faktische, auf alles Wirkliche und Mögliche. ... Das Ideelle, das wir als das Gesollte auch das Ideale nennen, setzt alle Bewegungen des Daseins in Gang und lenkt sie“29. Die Idee, der Sinn ist das Worumwillen, welches das Geschehen in Bewegung setzt, indem es ihm ein Maß entgegenstellt, das die Differenz aufreißt zwischen dem, was ist, und dem, was sein soll. Die Idee als das Maß ist das Soll, das eine Bewegung in Gang setzt hin auf die Verwirklichung dieses Worumwillen. Sie wirkt als Antrieb zur Veränderung des Faktischen hin auf eine größtmögliche Übereinstimmung mit ihr. Die Idee als das sinngebende Worumwillen läßt das Geschehen anfangen, indem sie die Differenz zwischen dem, was ist, und dem, was sein soll, zwischen Realität und Idealität, öffnet. In diesem Sinne des bewegenden
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Antriebs waltet die Idee als Erwirken ihrer selbst, als ihre Realisierung in Gang bringend, und nur in diesem Sinne der Idee als Prinzip und Antrieb der Bewegung ist der Verweis auf Hegel gerechtfertigt, insofern dieser die Idee als die Einheit des Begriffs und der Realität bestimmt30, nicht aber in dem Sinne, daß diese die Bewegung anstoßende Idee die Bewegung determiniert im Sinne der logischen Notwendigkeit oder der abbildhaften und erscheinungsweisen Ausfaltung ihrer selbst in alle ihre Momente als des immer schon vorgegebenen und vorherbestimmten An-sich, das im Durchgang durch seine Entfremdung in die Andersheit in der Entäußerung in die Zeit in die Vollendung des An-und-für-sich-Seins des absoluten Geistes gelangt. Die Idee, der Sinn der Geschichte ist das das geschichtliche Geschehen in Gang setzende Worumwillen, welches das Geschehen, ihm Offenheit und Weite und so Freiheit einräumend, in sein Geschehen freisetzt, in den Grenzen seiner Endlichkeit und darin in der Endlosigkeit seiner endlichen Möglichkeiten sein Worumwillen realisierend, diesem in der Weise seiner Endlichkeit zu entsprechen, sich ihm zu öffnen oder zu verschließen, sich ihm zu nähern oder an ihm zu scheitern. Zeit und Geschichte sind nicht Entfremdung und Entäußerung31, sondern Zeit und Offenheit des Ereignisses der Wahrheit als des Gesprächs von sich gewährendem Zuspruch als dem das Geschehen eröffnenden und beanspruchenden Wort und der darin eröffneten und gewährten Freiheit der Antwort und des Entspruchs. Die Idee, die in ihrer treibenden und bestimmenden Macht der Willkür des Menschen entzogen ist, bedeutet nicht die Aufhebung der menschlichen Freiheit, sondern sie ist „dieser Freiheit vorgeordnet als das sie Bewegende“32. Das Geschichtliche ist nicht nur zu überwindendes Moment und Durchgang, Ausfaltung eines notwendigen zeitlos Festgesetzten und Bestimmten, der in seiner logischen Notwendigkeit konstruierbare Gang der absoluten Vernunft selbst, sondern es ist anfänglich es selbst. In ihm geschieht unableitbar, was ist. Es entscheidet seine Wirklichkeit und darin sein Verhältnis zu dem es bewegenden Worumwillen. Vielleicht mag gerade die Betonung der Offenheit und des eröffnenden, ins Freie und Weite setzenden Waltens der Idee der Grund dafür sein, daß Welte den Ausdruck, der in den vorhergehenden Vorlesungen durch die HegelVorlesungen in den fünfziger Jahren gerade auch in seiner Absetzung gegen Hegel
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nahe- und bereitgelegen haben mag, in der Vorlesung G 67/68 nicht mehr aufnimmt. Es geht nun zunächst darum, im Blick auf die Geschichte ein Worumwillen, eine Idee, einen Zug des Geschichtlichen zu entdecken. Und dabei betont Welte im Hinblick auf die gemäße Methode wiederum die Unerläßlichkeit eines phänomenologischen Vorgehens im Gegensatz zur „Aufstellung einer beliebigen Theorie“33. Der Zug als das Worumwillen wird sich als unendlich und unbedingt enthüllen und damit das Geschichtliche, obgleich stets im Endlichen und als endlich geschehend, als unendlich bestimmt. Daraus resultiert die Dialektik des Geschichtlichen als des Geschehens des in seiner Endlichkeit unendlich Bestimmten. Diese Dialektik des Geschichtlichen gründet letztlich in der dialektischen Verfaßtheit des Menschen als „endliche Unendlichkeit“34. Der Mensch als Da des Seins steht in der Erschlossenheit von Sein. Er ist grundsätzlich bei allem Möglichen dessen, was ist, und insofern auch bei allem Möglichen dessen, was nicht ist. Er ist quodammodo omnia. Als dieses ist er grundsätzlich über alle Grenzen des Faktischen hinaus in der Unendlichkeit und Unbedingtheit der Wahrheit des Seins. Zugleich aber vollbringt er diese unendliche Offenheit, sei es als Erkennen oder Wollen, in der Endlichkeit seiner Vollzüge. Diese dialektische Verfaßtheit des Menschen als endliche Unendlichkeit ist Weltes Grundbestimmung des menschlichen Daseins35, von der mithin auch die Geschichte geprägt ist. Die Dialektik der Geschichte gründet in der Dialektik des Daseins, da die Geschichtlichkeit ihren „primären Ort“36 im Dasein des Menschen hat, die Geschichte somit die Gestaltwerdung des Seins- und Selbstverständnisses des Menschen ist37. Die Geschichte ist die Offenheit, in der und als die sich der Mensch als geschichtlicher entfaltet und realisiert, und insofern gründet die unendliche Bestimmtheit des Geschichtlichen in der unendlichen Bestimmtheit des gleichwohl endlichen Daseins des Menschen. Die Idee der Geschichte ist die Idee des Menschen, in der dieser sich auf die Erfüllung seines unendlichen Worumwillen als des Sinnes seines Seins entwirft. Die Fassung der Geschichte als die Gestaltwerdung des menschlichen Daseinsvollzugs widerspricht nicht dem Verständnis der Geschichte als dem Sich-Ereignen der Geschichte des Seins, insofern der Mensch als vom Geschick des Seins ereignetes Da des Seins die Stätte des Austrags dieses Geschicks
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ist. Gerade in diesem Geschick beruht seine endlich-unendliche Verfaßtheit. Die Geschichte als die Gestaltwerdung des Seinsverständnisses des Menschen ist die Gestaltwerdung der vom geschicklich-geschichtlichen Ineinander von Gewähr und Entzug des Seins ereigneten Offenheit und Erschlossenheit des Seins, welche Erschlossenheit, das Sein bergend, diesem allererst sein Da gewährt. Die Dialektik, die sich im Blick auf die Geschichte enthüllt und in der sich die dialektische Verfaßtheit des Menschen spiegelt, ist darin gerade die Dialektik von Gewähr und Entzug des Seins, die Dialektik als das Ereignis des Ineinander der Unendlichkeit der Offenbarkeit und Wahrheit des Seins und des darin zwar unendlich geöffneten, gleichwohl aber, als unverfügbar in sein Da geschickt, endlich verfaßten Daseins. Schon bei der Entfaltung der Bedeutsamkeit des Geschichtlichen zeigte sich der Sinn als das, was das Dasein mit sich und darin mit allem in erfüllte Übereinstimmung, ins Heilsein, kommen läßt, als deren apriorisches Maß als allumfassend, unendlich und unbedingt, und darin wurde schon die unendliche und unbedingte Dimension des Geschichtlichen offenbar. Das Heil als das Maß der Bedeutsamkeit des Geschichtlichen zeigte sich zudem als dialektisch begegnend, da es als das alles bemessende Maß in allem Faktischen da und präsent, als das im Endlichen aber nicht Realisierbare und insofern Entzogene aber in eins nicht da ist. An diese Andeutungen zur geschichtlichen Bedeutsamkeit anknüpfend, soll hier nun in einem ersten Teil die Unendlichkeit des Geschichtlichen inhaltlich weiter gefüllt und in seinen Momenten offengelegt werden und daran anschließend der dialektische Gegenzug der Endlichkeit genauer gefaßt werden, um aus dieser „Dialektik zwischen unendlicher Idee und endlicher Realität“38, aus der „Differenz zwischen der Unendlichkeit des Entwurfes und der Endlichkeit des Faktischen“39 Einsichten zu gewinnen für das Sein des Geschichtlichen selbst, seine Möglichkeiten und Grenzen, die Wahrheit seines Wesens und die Möglichkeiten seines Unwesens.
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a) Unendlichkeit als Unvergänglichkeit und das „Ein-für-allemal“ In einer ersten Weise zeigt sich der unendliche Zug des Geschichtlichen in dessen zeitlicher Verfaßtheit. Die durch die innere Endlichkeit der gegeneinander abgegrenzten Ekstasen der Zeitlichkeit und durch die äußere Endlichkeit, den Tod, als Ende von Zeit und Zeitlichkeit überhaupt qualifizierte Zeitlichkeit, die als in sich erstreckte Erstreckung der Zeit in der Einheit der Zeit gezeitigte Zeitlichkeit hatte sich als die Zeitlichkeit des geschichtlichen Geschehens erwiesen, ohne die Geschichte nicht Geschichte ist. „Von der Idee der Geschichte her aber sehen wir gleichzeitig einen unaufhörlichen Kampf gegen die Zeit“40. Sie geschieht im Antrieb, „das Bleibende als das Beständige hervorzubringen“41, das die Zeit Überdauernde, vom Vergehen Uneinholbare aufzurichten, denn „nur unter dieser Bedingung ist etwas wirklich da am Tage der Geschichte“42, ja das Geschichtliche geschieht, insofern es als das Bedeutsame geschieht, letztlich im Entwurf un-endlicher Dauer. Das Geschichtliche geschieht im Entwurf und in der Idee „für immer“ und „für alle Zeiten“43, in der „Idee der Unvergänglichkeit“44, der Unvergänglichkeit an Bedeutsamkeit und Sinn und der Unvergänglichkeit gegenwärtiger Seinsmacht. Von seinem Sinn her entwirft es sich als in seiner Bedeutsamkeit alle Zeiten umfassend und in seinem Sein alle Zeiten überdauernd. Darum auch entfaltet sich seine unaufhebbare Bedeutsamkeit im vergehenden Geschehen der Geschichte als Unvergeßlichkeit45. Das Gegenwärtige geschieht im Anspruch, für immer bedeutsam, in seiner Wahrheit für immer gültig und in seinem Sein dauernd zu sein. Es geschieht als das Gegenwärtige im Einbegreifen des Vergangenen und Künftigen, indem es im Anspruch der Erfüllung ihres Sinnes geschieht. Im Blick auf das Vergangene geschieht jede anfänglich sich zeitigende Gegenwart als das „jetzt endlich“46 der Erreichung seines Sinnes und seiner es erfüllenden Wahrheit, sei dies negativ im revolutionären Absprung vom im Vergangenen Erreichten oder positiv in der aufnehmenden und anknüpfenden Vollendung des vom Vergangenen Überkommenen. Sofern das Gegenwärtige als Abfall und Rückfall hinter das Vergangene erscheint, zeigt sich dieser Niedergang als ein Defizientes, das nicht sein sollte, und damit zeigt sich die Gegenwart auch im Niedergang als das, was die Erfüllung des
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Vergangenen zeitigen und gewähren sollte. Im Blick auf die Zukunft zeigt sich das alle Zeiten einbegreifende Wesen des gegenwärtig Geschehenden als der Anspruch, das Wahre und Erfüllende, das vom inneren Sinn des Geschehens her Gesollte, das, was als das Wahre und Erfüllende von keiner Zukunft überboten werden kann, sondern das, was seine Zukunft schon ist, aufzurichten und zu realisieren. Sofern das Gegenwärtige als das Vorübergehende, als bloße Vorstufe zu kommender Erfüllung erscheint, schwingt darin die Resignation vor dem sich Versagenden, das aber vom Sinn des Geschehens her das jetzt Gesollte und Erstrebte ist. Die Gegenwart erscheint so als das Nochnicht ihres Sinnes, welches Noch-nicht das Nicht eines Mangels, ein Nicht-sein-Sollendes anzeigt. Der Gedanke, daß die Gegenwart, sei es von der Vergangenheit oder der Zukunft in ihrem Sinn als nichtig oder überholt erklärt wird, erscheint als das ihrem Geschehen Widersprechende, weil ihren Sinn Negierende47. Das Geschichtliche geschieht seinem Sinn nach für immer, als das Unvergängliche, als das, was im unwiederholbaren Einmal des Jetzt dieses Jetzt ganz erfüllt und vollendet, und darin geschieht es als die Erfüllung aller Jetzt, insofern das einmalige Jetzt der geschichtlichen Zeit in der Einheit aller Jetzt geschieht. Es geschieht als das „concretum universale“ nicht nur im Sinne seiner Zeitigung in der Kontinuität und Einheit der Zeit48, sondern auch im Sinne des in der Zeitigung seiner unwiederholbaren Einmaligkeit alle Zeiten in ihrem Worumwillen in sich schließenden Jetzt. Das Geschichtliche geschieht seinem Worumwillen nach als das „Ein-für-allemal“49, als das Eine, das in seiner gegenwärtig sich zeitigenden Einmaligkeit seine Vollendung als seinen Sinn realisiert und darin den Sinn aller Zeiten in sich schließt. Von der Idee der Unvergänglichkeit und des alle Zeiten beanspruchenden und erfüllenden Einfür-allemal deutet Welte auch die in der Geschichte auftretenden Phänomene der Genealogien und Denkmäler: „Von daher verstehen wir, wenn in der Geschichte immer wieder Genealogien gemacht werden, die die Bedeutung des Gegenwärtigen aussagen, indem sie es mit allem Gewesenen verknüpfen, und dies im typischen Fall immer über alle empirisch-geschichtlichen Grenzen hinaus ins abgründig vorgestellte Ewige, das dann mythisch zur Aussage kommt. Wir verstehen es, wenn immer wieder Denkmäler gemacht, Pyramiden getürmt werden, um ins Unabsehbare,
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in Ewigkeit zu bleiben“50. In der Aufstellung von Genealogien zeigt sich der einholende Rückgriff in die vergangenen Zeiten, im Äußersten bis in den Anfang von Zeit überhaupt, und in der Errichtung von Denkmälern zeigt sich der einholende Ausgriff in das ausstehend Künftige aller kommenden Zeiten, in welchem Rück- und Ausgriff die Gegenwart alle Zeiten in sich versammelt. Zum Sinn des geschichtlich Geschehenden gehört aufgrund seines Ortes und seiner Gründung im menschlichen Dasein der Entwurf auf das Heil als das erfüllte Einssein der Person mit sich selbst in der Unbedingtheit ihres Bei-sich-seins und der Universalität ihres Beim-anderen-seins. In der Einheit von unbedingter Selbstgehörigkeit und universaler Offenheit auf alles, was ist, ist die Person immer schon über jede Grenze dessen, was ist, hinaus und damit unendlich bestimmt. Das Heil als das den Sinn des Seins der Person Erfüllende ist mithin unendlich und unbedingt. Diese Unendlichkeit des Heils entfaltet sich in Hinsicht der zeitlichen Verfaßtheit der Person als Entwurf und Idee der Unvergänglichkeit und Ewigkeit. Ja diese Idee der Unvergänglichkeit gehört unabdingbar zur Person als geschichtlicher. Denn nur insofern das Dasein in seiner Zeitlichkeit immer schon über die Zeit hinaus ist, kann ihm die Zeit innerlich sein im Sinne ihrer Geschichtlichkeit. Zeit als Zeit ist nur offen im Horizont des anderen von Zeit. Zur Zeitlichkeit gehört das Über-die-Zeit-hinaus-Sein. Im Geschichtlichen als der Gestaltwerdung des geschichtlichen Daseinsvollzugs waltet mithin die Idee der Ewigkeit, die sich in der Endlichkeit von Denken und Erkennen in der Vorstellung von Un-vergänglichkeit und un-endlicher Dauer darstellt. Zum Heil als dem in allem Geschichtlichen entworfenen Sinn gehört Unendlichkeit als Unvergänglichkeit. Heil als dieser, zeitlich gedacht, unvergängliche Sinn realisiert sich in der Endlichkeit der geschichtlichen Zeitlichkeit als das Einmal-für-immer, das Ein-für-allemal, da Heil als Heil nur gegenwärtig jetzt und als Heil für das und im Jetzt der geschehenden Einheit der Zeit nur ist, indem es in eins für immer, in der Einmaligkeit seines Jetzt für alle Male ist. Das Geschichtliche als die Gestaltwerdung der Heilsbestimmtheit der Person, als das insofern unendlich bestimmte Endliche, geschieht mithin seinem Worumwillen nach, zeitlich betrachtet, als das unvergängliche Ein-für-allemal, in dem in der im Einmal
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sich realisierenden Erfüllung seines Sinnes, sich in eins der Sinn aller Zeiten zuträgt und erfüllt und un-endlich währt. Das Geschichtliche geschieht in der Zeitigung der geschichtlichen Zeit, es geschieht, indem es sich in der Zeitigung seiner Zeit in die eine Zeit hinein zeitigt, zugleich aber geschieht es als das seinem Sinnentwurf nach unvergängliche Ein-für-allemal, das gegen die Abträglichkeit der vergehenden Zeit streitet und darin als das, was in der Zeit seinem Sinn nach über die Zeit hinaus ist. Zeitlichkeit bedeutet Endlichkeit. Das geschichtliche Geschehen aber geschieht als das seinem Sinn nach Unvergängliche, mithin Unendliche. Es geschieht als dieses Unendliche im Endlichen zum einen in gleichsam äußerlicher Unendlichkeit als das Un-vergängliche als das end-los Dauernde, und zum anderen in gleichsam innerer Unendlichkeit als das Ein-für-allemal als das im Jetzt alle Zeiten aufhebend erfüllende Ewige. b) Unendlichkeit als Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit Es gilt, die Idee der Unendlichkeit inhaltlich weiter zu bestimmen. Das geschichtliche Geschehen zeigt sich als das Geschehen, in dem der Mensch geschieht, indem er sein Dasein vollzieht. Darin geht es je um etwas, um dessentwillen geschieht, was geschieht. Dieses Worumwillen ist das den Menschen unendlich Erfüllende. Es scheint auf in dem, was im endlichen Spielfeld der Geschichte in dessen endloser Mannigfaltigkeit je realisiert wird im Versuch, dieses Streben in die Ruhe seiner Erfüllung zu bringen. Dabei zeigt sich nun, daß das Geschichtliche je das zu realisieren sucht, was gegenüber dem faktisch Bestehenden als das „je Bessere“51 erscheint. In dieser Wendung zum je Besseren enthüllt sich die Idee des Guten als das bewegende Worumwillen des geschichtlichen Geschehens. Das je Bessere ist das in Hinsicht des Guten je Erfüllendere. Mit der Gutheit als innerem Antrieb des Geschichtlichen zeigt sich nun aber in eins die Wahrheit, denn das Gute ist nur gut, insofern es in Wahrheit das Gute ist. Das Gute ist das vom geschichtlichen Dasein in seinem unendlichen Streben nach Heil Erstrebte, das es mit sich in Übereinstimmung und insofern in die Wahrheit seines Wesens kommen läßt. Das Gute ist das Wahre, und das Wahre ist das Gute52. Wahrheit und Gutheit zeigen sich als
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Wechselbestimmungen, denn die Wahrheit ist „durch sich selbst das Gute“53, und das Gute ist gut nur, insofern es in seiner Gutheit entschieden, d.h., insofern es in Wahrheit das Gute ist. Diese Fassung der Koinzidenz des Wahren und Guten ist von der mittelalterlichen Transzendentalienlehre geprägt, nach der Wahrheit und Gutheit keine akzidentellen, sondern transzendentale Bestimmungen des Seienden sind, d.h., sie fallen mit dem Sein des Seienden zusammen54. Die Wahrheit des Wahren als die Öffnung und Offenbarung alles dessen, was ist, hält das Sein alles Seienden offen, für den möglichen es bergenden Hinblick des Daseins und bewegt dieses darin auf alles hin als das Erstrebenswerte, weil es als Da des Seins Erfüllende und insofern Gute55. Die Geschichte geschieht in der Idee des Wahren und Guten56, und dies auch dort, wo das Böse und Unwahre als solche geschehen. Unwahrheit als solche ist Lüge. Sie bedeutet, daß das Dasein die Unwahrheit als Unwahrheit weiß, sie aber in der Vortäuschung von Wahrheit vollbringt, und nur in solchem Schein von Wahrheit kann es anderem Dasein in Unwahrheit begegnen57. Die Lüge ist, indem sie die Unwahrheit als solche vollbringt, bei der Wahrheit. Und ebenso kann das Böse nur tun, wer es als das Un-gute weiß und in seinem Tun ein für sich Gutes und Sinnvolles erkennt58. Selbst in den Phänomenen der Lüge und des Bösen bestätigt sich die Idee der Geschichte als die Idee von Wahrheit und Gutheit. Im Geschichtlichen lebt der Anspruch, das je Bessere als ein Je-mehr an Wahrheit und Gutheit zu realisieren, ein Mehr an Erkenntnis und Wissen etwa oder in Hinsicht der Ordnung des Miteinander ein Mehr an Gerechtigkeit und Recht, Frieden und Freiheit59 als den Gütern, die das Miteinander in seinem Sein erfüllen, indem sie jedem einzelnen das für ihn Wahre und Gute gewähren. Dieser Anspruch des Je-mehr als des je Besseren ist die Erscheinungsweise, in der sich die Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit im Endlichen spiegelt. Die Idee der Wahrheit und Gutheit, welche die Geschichte bewegt, entfaltet sich etwa auch im Streben nach der „Steigerung des Wissens und Könnens“60. In der Steigerung des Wissens steigert sich die Erkenntnis des Wahren und darin steigern sich die Möglichkeiten zur Realisierung des Guten. Das Geschichtliche geschieht im Antrieb, das Wissen immer weiter auszudehnen, die Grenzen des Nichtwissens zurückzudrängen und darin die Räume des
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dem menschlichen Können Zugänglichen zu erweitern, welchem Können wiederum das Wahre als das zu realisierende Gute als sein Sinn innerlich ist. Das Geschichtliche geschieht als Steigerung von Wissen und Können und dies um der Realisierung des je Besseren willen in Hinsicht auf die ausstehende Erfüllung, es geschieht als das, was alles in die Wahrheit seines Seins bringt. Dabei zeigt sich nun eine merkwürdige Doppelheit dieser Steigerung. Zum einen erscheint das je Bessere als das „je Dienlichere“61 im Dienste der Erreichung eines erstrebten Worumwillen, etwa als des guten und gerechten und insofern das Miteinander und darin jeden einzelnen in seine Wahrheit bringenden Zustandes des geschichtlichen Wir, zum anderen aber geht der Zug „über das Bessere als das nur Dienliche hinaus“62 zu einem „Überschuß“63 jenseits von Dienlichkeit und Nützlichkeit. Und diese Form des Wissens als Überschuß, als „reines Wissen um des Wissens willen“64 ist nicht eine zufällige und beiläufige Spät- oder Nebenform des Wissens, sondern sie gehört zur Möglichkeit des wissenkönnenden Menschen als solchem. In dieser „Steigerung ins Überflüssige“65 zeigt sich eindringlich, wie das Wahre als Wahres in sich schon das Erstrebenswerte und insofern Gute ist. Der Zug zum Überschuß zeigt sich aber auch im Bereich der Anwendbarkeit des Wissens als Können. In der Kunst als einer Form des Könnens löst sich dieses von der Fessel der abzweckenden Dienlichkeit, indem sie dem Wahren in freiem und schöpferischem Spiel ihrer Kräfte Gestalt zu verleihen und es zur Darstellung zu bringen sucht. Und gerade im Überschuß über das Dienliche, sowohl im Wissen als auch im Können, im Wissen des Wahren als des Wahren um seiner selbst willen und im künstlerischen Vermögen, die Wahrheit des Wahren ohne Verstellung durch Zwecke und Dienlichkeiten zum Scheinen zu bringen, leuchtet die Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit als des in allem Wissen und Können Erstrebte heller auf als im Wissen und Können des Dienlichen. Wissen und Kunst sind nicht nur als Mittel, sondern sie sind in sich, unabhängig ihrer Dienlichkeit für Zwecke, sinnvoll, weil das Wahre in seiner Wahrheit und das Gute in seiner Gutheit unbedingt sind. Wahrheit und Gutheit stehen unbedingt in sich, welche Unbedingtheit sich phänomenal gerade in der Möglichkeit der Zwecklosigkeit von Wissen und Können zeigt. In der Doppelheit von Wissen und Können als Dienlichkeit und Überschuß enthüllt sich die Unendlichkeit des Wahren und Guten
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und darin des Geschichtlichen, dessen Umwillen sie sind, wiederum in zweierlei Weise. Einmal geschieht sie als die Un-endlichkeit des „Alleswissens“ und „Alleskönnens“66 im Sinne der Überschreitung aller Grenzen des Nichtwissens und Nichtkönnens im Zuge der Rea-lisierung des „je Besseren“ als des als das unbedingt Gute Intendierten. Das Geschichtliche geschieht darin je um der Steigerung des Wissens des Wahren als des Wahren und als der Quelle des Könnens des Guten willen, welche Steigerung als Hinausgehen über alle Grenzen des Endlichen waltet. Das ‘alles’ des Alleswissens und Alleskönnens meint die Un-endlichkeit als die End-losigkeit des Endlichen, mit dem im Horizont der unendlichen Offenheit des seinsverstehenden endlichen Daseins an kein Ende zu kommen ist. Zum anderen aber waltet die Unendlichkeit in der Idee des Wahren und Guten als die Unbedingtheit und Absolutheit von Wahrheit und Gutheit als des in der Geschichte Erstrebten. Sie meint das Wahre und Gute als das, was unbedingt, in schlechthin allen möglichen Hinsichten und unter allen möglichen Bedingungen wahr und gut ist, das als das Wahre und Gute unendlich wahr und gut ist. Das Geschichtliche, das als die Realisierung des Wahren und Guten geschieht, geschieht mithin im Horizont einerseits der äußeren Unendlichkeit des Seins als des Seins alles dessen, was ist, das als solches wahr und gut und insofern erkennens- und erstrebenswert ist, und andererseits in der inneren Unendlichkeit als der Unbedingtheit und Absolutheit von Wahrheit und Gutheit, in der das Wahre wahr und das Gute gut ist. c) Unendlichkeit als Alleinheit und das „Eins und Alles“ In einem weiteren Blick auf die Geschichte zeigt sich diese „beseelt von der Idee der größtmöglichen Einheit der größtmöglichen Allheit“67. „Es zeigt sich zunächst, daß Geschichte immer auf so etwas wie Einheit eines Vielen, größtmögliche Einheit eines größtmöglichen Vielen hinausläuft“68. „Die ganze Geschichte scheint ... bewegt zu sein von einem Zug zu je größeren, d.h. zu je umfassenderen Einheiten“69. Die Komparative weisen auf einen Zug zur Steigerung der Einheit zur Erreichung des je besseren Zustandes als dem de facto bestmöglichen, welches ‘bestmöglich’ die Grenze der Faktizität, nicht aber die Grenze der Idealität bezeichnet.
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Es ist die Grenze als der Widerstand der Endlichkeit gegen die Realisierung der Unendlichkeit der Idee, welche Unendlichkeit in ihrem Hinaustreiben „über alle bloß faktischen Grenzen“70 die Grenze allererst als solche hervortreten läßt. Die Geschichte zeigt sich als die Geschichte von Einheitsbildungen, welche Einheiten zu immer größerer, idealiter zur „totalen Umfassung“71 drängen. Die Geschichte geschieht in einer sie bestimmenden „wesentlichen Katholizität“72. Sie ist getrieben vom „Prinzip der vollständigen Umfassung“73. So weist Welte auf die sich im Konkreten immer neu zeigenden Einheitsbildungen74, ausgehend von der Familie als der Einheit aufgrund des biologischen Zusammenhalts über den Zusammenschluß von Familien zu Sippen und Sippenverbänden bis hin zu dem, was als Stamm eine konkrete Einheit darstellt, und weiter zu den Völkern und Reichen auf der Grundlage des Zusammenschlusses von Stämmen. Diese Einheitsbildungen gehen über die Volksgrenzen hinaus zur Zusammenfassung mehrerer Völker und Reiche in Imperien oder Staatengemeinschaften bis hin zu wenigen - im Zeichen des Hervortretens der Erde als einer Gesamtheit - sogenannten Weltmächten75, die sich diese Weltmacht im Bewußtsein, daß die Welt eine Einheit und mithin nur eine Weltmacht als eine all-einige sein könne, gegenseitig streitig machen, ein Bewußtsein, das etwa schon im römischen Imperium im Anspruch, den orbis terrarum zu umfassen, wach war76 und so die durchgängige Allgemeinheit der Einheitsidee eindrücklich zeigt. Noch in einem weiteren Phänomen zeigt sich der Zug zur Einheit in der Geschichte deutlich, im Phänomen der „Hauptbildung“77. Geschichtliche Einheitsbildungen haben die Tendenz der Ausbildung einer konkreten Spitze in einem Herrscher, Oberhaupt oder Anführer, als der „Repräsentation“, der „Da-werdung“, der „Inkarnation der Einheit“78, in dem Sinne, daß in diesem Einen die Einheit in einer konkreten Gestalt wirklich wird und so in der Macht der Wirklichkeit erkannt und angeschaut werden kann. Es ist das Phänomen der Konkretisierung der Einheit in dem Einen, welcher Eine nicht unbedingt ein einzelner sein muß, sondern auch das Eine einer Gruppe oder eines Kollegiums sein kann, sofern in ihm wie auch im einzelnen Einen die Einheit der Gemeinschaft in besonderer Weise aufleuchtet, sei es durch Herkunft, Amt, Wahl, Geschichte, Leistung oder wie auch immer. Das Aufleuchten der Einheit nur legitimiert den Einen. Dies bestätigt sich gerade auch im Usurpator,
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der immer versuchen muß, den Schein der Legitimität als den Schein der Verkörperung des und der Sinneinheit mit dem Ganzen zu wahren. Es gilt nun, den Grund dieser durchgängigen Einheitsbildung zu suchen, welche Durchgängigkeit der Annahme der Willkürlichkeit entgegensteht. Die Tendenz zur Einheit ist Folge des wirhaften Wesens der Geschichte, sie ist Folge dessen, daß die Geschichte auf personalem Grund ruht. Geschichte geschieht als und insofern im Raum des personalen Miteinanderseins, das sich als die geschehende Zeit enthüllt hat. Person ist universales Bei-sich-sein als universales Beimanderen-sein, wobei in der Beziehung auf anderes als der Offenheit auf alles, was ist, die personale Beziehung ausgezeichnet ist gegenüber der Beziehung auf Welt als die Welt der Dinge79, die aber gleichwohl vom Selbstsein der Person als Beziehung auf sich selbst in der Beziehung auf das andere ihrer unablösbar ist. Die personale Beziehung aber ist insofern ausgezeichnet, als die Person in der personalen Begegnung erst als Person, als sie selbst in ihrer absoluten Selbstgehörigkeit und in ihrer unvertretbaren Möglichkeit des Anrufens eines Du und des Angerufenwerdens durch ein Du gemeint und angegangen ist. Erst in der Begegnung mit dem Du hat das Ich eine Stätte und ein Da, insofern es erst darin als es selbst vom Du vollzogen wird. Dieses Angehen von Personen nun bedeutet, insofern die Möglichkeit des Angehens anderer und des Angegangenwerdens durch andere die Person erst als Person in ihre Wirklichkeit bringt, nicht nur eine bloße Möglichkeit, sondern es bedeutet eine „konkrete Wesensverweisung“80, so daß das konkrete Auftreten einer Person die personale Begegnung fordert. Der Horizont des apriorischen Angehens von Personen zeigt sich aufgrund der Unendlichkeit des Selbstbesitzes der Person, infolge deren ihre Offenheit auf das andere ihrer selbst unendlich bestimmt ist, als selbst unendlich. Die apriorische Öffnung ins Miteinander ist unbegrenzt. Die sich zeigenden Grenzen sind je nur Grenzen des Faktischen. In der apriorischen Verfaßtheit der Person als universales Miteinandersein entfaltet sich die Geschichte je im Horizont dieser Universalität als Weltgeschichte81, wobei ‘Welt’ hier die Einheit der Universalität der Welt als Mitwelt meint. Personalität bedeutet als solche immer schon Vielheit als Differenz von Ich und möglichem Du, welches Du der apriorischen Möglichkeit
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der Anzahl seiner Verwirklichungen nach aufgrund der unendlichen Offenheit des Ich als alle Grenzen übersteigend bestimmt ist. Und Personalität bedeutet als diese Vielheit immer schon Einheit, insofern Du nur Du ist im Horizont einer Einheit von Ich und Du, die beide in der Begegnung zusammenschließt. Personalität ist immer schon Einheit einer Vielheit. Diese apriorischen Verhältnisse des Personalen sind der Grund der geschichtlichen Einheitsbildungen. Der Person geht es nun im Vollzug ihrer selbst je um sich selbst als die Erfüllung des Sinnes ihres Seins. Begegnung ist daher nicht neutrales Beim-anderen-sein, sondern es geht in ihr um die mögliche Übereinstimmung mit dem anderen als Übereinstimmung mit sich selbst. Zu dem, was die Person mit sich übereinstimmen und heil sein läßt, gehört als Heil des Bei-sich-seins, das als solches unendlich beim anderen ist und demgemäß von seinem Wesen her auf alles mögliche Du verwiesen ist, die Übereinstimmung mit allen anderen. Die Person als Miteinandersein findet ihr Heil als ihren Sinn nicht in der Einzelheit als Vereinzelung. Entfaltung des eigenen Personseins als des Beim-anderen-seins ist nur als Entfaltung des Personseins aller möglich. Heilsein der Person bedeutet Heilsein aller. Sofern nur einer ausgeschlossen bleibt, ist die Person als universales Miteinandersein nicht mit sich eins und insofern nicht heil82. Es zeigt sich, „daß der Sinn ihres personalen (unbegrenzten) Selbstbesitzes nicht mit ihrer Einzelheit zusammenfällt, vielmehr diese unbegrenzt übersteigt. Das Wesen der Personalität ist Selbstbesitz, aber nicht Einzelheit. Darum ist die Person in jeder erfüllten, geglückten Gemeinschaft mehr sie selbst, als sie es in der Vereinzelung wäre ...“83. Personales Miteinander aber ist als personales nur als „freie Vielheit“84 möglich, denn das Miteinander ist nur als je von jedem Selbst vollzogenes. Es ist nur, insofern Ich und Du sich als Wir vollziehen und sich in dieses aufheben. Miteinander verlangt als Eingehen auf die Unverfügbakeit des anderen das Seinlassen des anderen und Zurückhaltung des eigenen Verfügens und insofern Aufgabe des eigenen Selbstseins. Aufgrund des absoluten Selbstbesitzes der Person ist Miteinander nur, indem jedes Selbst sich gründend ins Miteinander stiftet. Einheit ist mithin nur als Einheit freier Personen, welche Freiheit zum Personsein als absolutes Selbstsein unabdingbar gehört. In dem In-eins von freier Selbstgehörigkeit
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und Aufhebung derselben in die Einheit des Miteinander liegt eine sowohl von der Einzelheit des Selbst als auch von der Einheit des Miteinander her unaufhebbare Spannung, insofern beide in der Unverfügbarkeit personalen Seins schwingen. Einzelheit bedeutet als solche Gefahr der Sprengung und Teilung der Einheit, und Einheit bedeutet Gefahr der Vereinnahmung der Einzelheit. Es ist eine wechselseitige Gefährdung, weil ein wechselseitiges Gründen und Gegründetwerden in der Freiheit und Unverfügbarkeit personalen Seins. Das Selbst muß das Miteinander zwar selbst wirken und vollziehen, indem es sich frei in dieses aufhebt. Es gründet insofern Miteinander. Aber es ist gleichermaßen gegründet vom Miteinander als dem unverfügbaren Grund, aus dem freies Selbstsein, ihm begegnend, es als Person allererst ruft und so in seine Wirklichkeit bringt. In gleichem Maß ist mithin auch die Einheit des Miteinander gründend und gegründet in einem. Die Differenz von Einzelheit und Einheit ist im Personalen von keinem Pol her auflösbar. Einheit ist nur als Einheit einer Vielheit von einzelnen und braucht diese einzelnen als freie einzelne, insofern sie als personale nur in ihnen und durch sie ist, und der freie einzelne ist als Person gegründet in der Einheit, die ihn mit anderer Einzelheit zusammenschließt und insofern erst als Person realisiert. Das konkrete Miteinander und darin die Geschichte zielen mithin auf ein apriorisches Maß der Einheit, in dem sich die Freiheit personalen Selbstseins und die freie Aufhebung dieses Selbstseins in die Einheit personalen Miteinander in eins erfüllen. Die Geschichte zielt auf einen „Zustand der Sozietät, in welchem einerseits der freie, unbegrenzte Selbstbesitz je jeder Person, andererseits die Einheit und Totalität des personalen Miteinanders vollkommen zusammenfielen und eins wären dergestalt, daß das Miteinander nirgends die Person begrenzte oder sich durch sie geteilt fände, andererseits die Person im Miteinander die volle, sie ganz umgreifende freie Fülle ihres Selbstseins hätte, ohne ihrerseits dadurch veräußerlicht oder geteilt zu werden ...“85. In dieser Entfaltung des Ideals des Miteinander aus der Entfaltung dessen, was Person ist, zeigt sich, daß dieses mit dem übereinkommt, wonach das geschichtliche Geschehen strebt und was es in die Steigerung aller erreichten Einheit zur je umfassenderen und einbegreifenderen Einheit einer „freien Vielheit“ treibt, der Einheit einer je größeren Vielheit, die ihrem Sinn nach un-endlich ist, einmal in dem Sinne, daß sie nichts außer sich läßt, und zum anderen in dem Sinne,
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daß sie die freie Einheit unendlich sich selbst gehörender einzelner ist, die das unendliche Selbstsein der einzelnen nicht aufhebt, sondern erfüllt und die ihrerseits durch das Selbstsein der einzelnen nicht geteilt und begrenzt, sondern als Einheit vollkommen ist. Die Idee der Geschichte zeigt sich als das „Eins und Alles“86, als eine „Einheit, die alles umfängt und versammelt“87, eine Einheit, die je jedes Selbst als den personalen Grund der Geschich- te mit sich eins sein läßt in der Einheit mit allen, die das Mit-ein-ander erfüllt, indem im Mit einer sich dem anderen eint und so alle allen. Die Idee der Einheit als des Eins und Alles umschließt darin nicht nur die anderen als die anderen Personen, sondern als die Einheit von Personen als dem Beim-anderen-sein auch das andere als die Welt der Dinge, und so bedeutet die Idee der Einheit in der Geschichte auch die Einheit des geschichtlichen Daseins mit der Natur, in der diese seingelassen sein kann, was sie ist, und die Einheit des Menschen mit der Welt der Kultur als den Gestalten seines Wirkens etwa in Kunst, Wissenschaft und Technik. Die Person ist Einheit des vielfältigen Auseinander von Selbst, Welt und Mitwelt, und so ist die Einheit des Miteinander auch Einheit mit Welt in ihren vielfältigen Erscheinungsformen als Natur- und Kulturwelt. Die Idee des Eins und Alles in der Geschichte bedeutet Sammlung, Integration und Seinlassen aller begegnenden personalen Ursprünge und deren Weltbildungen, sie bedeutet darin Sammlung aller Weisen des Zuspruchs des Seins. Einheit der Vielheit bedeutet auch Einheit der Vielfalt, in der alle Weisen der Erschlossenheit von Sein im Sinne des verstehenden Seinlassens geeint sind. Die Geschichte erstrebt Einheit allen Seins als Einheit des Eins und Alles, in der alles eins ist nicht im Sinne der verfügenden und zwingenden Vereinheitlichung, die sich alles als das Gleiche und Gleichgültige einerlei sein läßt, sondern der Einung, in der sich alles als es selbst und darin frei allem eint. d) Unendlichkeit als Allmacht In Fortsetzung seiner Betrachtung der Geschichte ist es für Welte angezeigt, auch „von der Idee der Allmacht als der Idee der
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Geschichte zu sprechen“88, denn es zeigt sich, daß jegliche Einheitsbildung in der Geschichte „nur real umfassend sein“ kann „als eine mächtige Ordnung. Schwindet die Macht, dann schwindet auch das Umfassen, dann weicht die Einheit dem Verfall, die Sammlung im Weiten der Auflösung und die geschichtliche Bewegung sinkt ab, entgegen ihrer inneren Tendenz. Darum ist es gleichwertig, wenn wir sagen, der Zug der Geschichte gehe zu umfassenden Einheitsbildungen, und wenn wir sagen, er gehe in der Richtung auf umfassende Machtgebilde. Der Weite des Umfassens entspricht die Höhe der Macht, dies sind die zwei Seiten der selben Sache, und um diese selbe Sache geht es überall im Geschehen der Geschichte“89. Welte versteht unter Macht „das Vermögen zu sein“90. Zur Idee der Geschichte als ihr sie bewegendes Worumwillen, als der Sinn, um dessentwillen geschieht, was geschieht, gehört die Macht als der Antrieb des Erwirkens dieser Idee in die Wirklichkeit, des „sich aus sich heraus Erwirklichens“91, des „Wirklichwerdens der Idee selbst der Geschichte“92, die Macht als das „waltende, geschehende Wirklichsein dieser Idee“93 als der als Worumwillen treibende Anstoß zu ihrer Realisierung. Macht ist das Sein der Idee als „dynamische Potenz“94, die das Geschehen ihrer eigenen Realisierung bewegt. Macht als Sein der Idee im Sinne des Sich-Erwirklichens in die Wirklichkeit gehört zur Idee selbst, denn „denken wir daran, daß wir Idee nennen, das Geistige, zu dem es gehört, sich selbst in die Wirklichkeit zu überführen, dann können wir die Seite der Wirklichkeit der Idee, die zu ihr gehört, ihre Macht nennen, die Macht zu sein ...“95. Macht ist das Sein der Idee im Sinne des bewegenden und wirkenden Antriebs, des sich geschehend in die Wirklichkeit Erwirklichens und wirkend in der Wirklichkeit Haltens, der Kraft zu sein als der Kraft wirklich zu werden und wirklich zu sein. Insofern Macht als das Sein der Idee als die Kraft ihrer Wirklichkeit zur Idee der Geschichte gehört, ist die Geschichte wesentlich „Geschichte der Macht“96. Geschichtliches Geschehen geschieht im Sich-Erwirken seiner Idee als seines bewegenden Worumwillen, und insofern ist Geschichte als das im Wirkendsein Wirklichwerden der Idee Geschichte der Macht. In seiner Schrift ‘Über das Wesen und den rechten Gebrauch der Macht’ bietet Welte eine ausführliche Entfaltung des „ontologischen Grundes der Macht“97. Diesen legt er hier im Unterschied
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zu den geschichtsphilosophischen Vorlesungen, in denen das Verhältnis von Macht und Sein im Zusammenhang der Entfaltung des Seins der Idee nur in kurzen Linien gezeichnet wird, eingehend dar. Macht also ist „das Vermögen zu sein“. Was immer ist, ist nur, insofern es zu sein vermag. „Was gar nicht zu sein vermag, also gar nicht mächtig ist, das ist auch nicht“98. Macht ist eine ontologische Bestimmung, insofern sie mit dem Sein des Seienden als eines solchen zusammenfällt. Nun aber hat die Macht, wiewohl sie so weit ist wie das Sein, gleich diesem eine ausgezeichnete Stätte, in der sie in ihr volles Wesen kommt. Diese Stätte ist der Mensch als der „genuine Ort der Macht“99. Macht im Bereich der Natur ist nicht in vollem Sinne Macht, insofern darin alle Macht bewußtlose Macht, sich selbst mithin nicht mächtige Macht ist. Sie ist nicht mächtig, weil sie ihrer selbst nicht mächtig ist. Ob als aufbauende oder zerstörende Macht ist die Macht in der Natur insofern nicht eigentlich Macht, als sie nicht von sich weiß, mithin nicht selbst im Vermögen ihrer selbst als der Macht ihrer Macht ist. Die Natur geschieht nicht in der Offenheit ihres Seins, sie vollbringt ihr Sein nicht als Sein, und insofern geschieht sie gar nicht als sie selbst. Sie ist ihres Seins und darin ihrer selbst nicht mächtig und geschieht insofern machtlos. „Es zeigt sich, daß die Macht ein Grundzug des Seins ist. Was als Selbst seinslos ist, ist als Macht auch machtlos“100. Die Macht der Natur ist die „ihrer selbst nicht mächtige Macht“101. Der Mensch dagegen vollbringt als Dasein sein Sein und darin das Sein alles Seienden. Er ist als Da des Seins des Seins mächtig. Das zeigt sich etwa darin, daß er, wiewohl er wie alles Seiende ein kontingentes Wesen ist, mithin nicht durch sich selbst ist und daher sowohl sein als auch nicht sein kann, sofern er ist, dieser Kontingenz selbst mächtig ist in dem Sinne, daß er, insofern er ist, sein Sein als auch sein Nichtsein vollbringen kann. Er kann sein Sein vollziehen oder, es vollziehend, auch aufgeben. In der „Macht zur Ohnmacht“102 zeigt sich seine Macht. Der Mensch ist des Seins mächtig, indem er es als Erschlossenheit von Sein vollbringt und indem er darin in eins sein Nichtsein vermag. Der Mensch vollbringt als Da des Seins sein Sein in der Universalität seiner Seinsoffenheit als Macht der Beziehung und Hinwendung zu allem, was ist. Erkennend und wollend ist er allem Möglichen dessen, was ist, mächtig, welches ‘alles’ als ‘Welt’ benannt
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seine Macht als „Welt-Macht“103 ausweist. Im In-der-Welt-sein des Menschen nun ist, wie schon betont104, der personale Bezug der in der Mannigfaltigkeit aller möglichen Bezüge ausgezeichnete. Der personale Bereich ist mithin auch der Ort, an dem sich Macht am eindringlichsten entfaltet. Indem der Mensch die Fülle seines Seins in der personalen Dimension entfaltet, gewinnt auch die Macht im Miteinander entscheidende Gestalt105. Im wesentlichen Sinne seiend und mächtig ist der Mensch als Person nur in der personalen Begegnung. Seines Seins mächtig ist er nur, insofern er des Du als Du und darin seiner selbst als Anrufen und Angerufensein mächtig ist. Der entscheidende Ort, an dem sich Sein als Macht entfaltet, ist das Miteinandersein. Als Geschehen des Miteinander geschieht die Geschichte daher als Geschehen je umfassenderer Einheitsbildungen als Geschehen je mächtigerer Machtbildungen als des Wirklichseins von Einheitsbildungen. Denn Einheit ist wirklich nur, insofern sie ihres Seins mächtig ist, indem sie sich als Erwirken von Wirklichkeit vollbringt und darin ihr Sein erwirklichend behauptet. Im Horizont dieses Miteinander zeigt sich die Macht nun aber von einem Maß bestimmt, an dem bemessen sie sich als Macht entscheidet. Es zeigt sich im Blick auf die konkrete geschichtliche Macht, daß Macht von ihrem Wesen her „ermächtigte Macht“106 ist. Dieses ermächtigende Prinzip der Macht ist das Recht107. Dies zeigt sich daran, daß Macht, die als rechtlose Macht erscheint, als Macht gemindert ist, während umgekehrt das Aufscheinen eines Rechts Macht bedeutet, wie machtlos diese im Konkreten auch sein mag hinsichtlich der ihr konkret zur Verfügung stehenden Machtmittel. Mangel an Recht bedeutet Mangel an Macht, und „daran wird sichtbar, daß Recht selbst Macht ist“108. Die konkrete Machtlosigkeit des Rechts erscheint als Mangel, der den Anspruch des Rechts auf Macht enthüllt. Der Mangel enthüllt die Defizienz des Faktischen gegenüber einem Sollen, welches Sollen die Macht in ihrem Wesen als Recht erweist. Darin wird deutlich, daß Macht und Recht nicht zwei verschiedene, nur äußerlich und beiläufig zusammentretende Dinge sind, sondern daß das Recht das die Macht Ermächtigende ist, das Maß, an dem sich ihre Wesentlichkeit bemißt. Dies macht auch verständlich, warum das Unrecht den Schein des Rechts braucht, um mächtig zu sein und sich in der Wirklichkeit zu behaupten109. Die Machtlosigkeit des Unrechts
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zeigt sich darin, daß es Gewalt braucht. Gewalt aber ist „Ohnmacht“110, „Macht am Ende“111. In der Gewalt zeigt sich der Mangel an Macht. In ihr zeigt sich, daß Macht als das Vermögen zu sein und sich zu erwirklichen vom Recht ermächtigt ist. Es zeigt sich darin, daß Macht nicht „neutrales Machthaben meint, vielmehr eine Mächtigkeit, die den Rang absoluten Sinnes und absoluten Anspruchs und unbedingter Gültigkeit wesenhaft bei sich hat“112. Macht zeigt sich als gegründet in der Unbedingtheit absoluter Sinnhaftigkeit. Macht ist von dem, was mächtig sein soll, ermächtigte Macht. Macht ist nicht schon Macht als das, was faktisch mächtig erscheint, sondern sie entscheidet sich als wesentliche Macht im Unterschied zur Gewalt nur, wenn sie Macht dessen ist, was aus unbedingtem Anspruch mächtig sein soll113. Zeigt sich die Macht als Sein der Idee, als die Kraft ihres Wirkendseins, so zeigt sie sich im Hinblick auf ihre Ermächtigung durch das Recht als Sein der Idee. Sie ist Macht nur als Sein der Idee als des Worumwillen, welches sich als die Unbedingtheit absoluten Sinnes, als die Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit enthüllt. Zeigt sich die Idee in Hinsicht ihres Seins als Macht, so zeigt sich die Macht als von der Idee ermächtigte Macht, welche Idee sich inhaltlich als die Idee absoluten Sinnes, als die Idee der Wahrheit und Gutheit, hinsichtlich ihres Waltens als Ermächtigung der Macht aber als Recht erweist. Im unauflöslichen Zusammen von Idee und Macht zeigt sich, daß Macht und Idee nicht gleichsam zwei verschiedene Dinge sind, sondern daß die Macht das Sein der Idee selbst ist und die Idee die Ermächtigung als Recht-fertigung der Macht. Sein der Idee ist Macht, und Macht ist Recht als Sein der Idee. Macht ist das Sein der Idee hinsichtlich ihres Wirklichseins und Wirkendseins, und Recht ist das Sein der Macht hinsichtlich ihres Ermächtigtseins durch die Idee. Die Idee aber ist die Wahrheit und Gutheit, die sich als Idee der Einheit entfaltet, in der allem Seienden sein Gutes als das es Erfüllende gewährt und damit alles in seine Wahrheit befreit ist, in der alles als es selbst eins sein kann. Darin erweist sich das Recht als Maß der Macht als unbedingt. Als Ermächtigung der geschichtlich wirkenden Macht ist das Recht dem geschichtlichen Geschehen transzendent. Rechtsordnungen rechtfertigen sich mithin nicht durch ihre geschichtliche Wirklichkeit, sondern sie stehen in der Kritik eines unbedingten Maßes, an dem sie sich als
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Rechts- oder Unrechtsordnungen, als Macht- oder Gewaltordnungen entscheiden. In der Gründung des Rechts im Unbedingten wendet sich Welte gegen einen bloßen Rechtspositivismus, nach dem Recht gleich geschichtlich gesetztem Recht ist. Wiewohl alle Rechtsordnungen konkrete geschichtliche Bildungen sind, mithin als diese in ihrer Form kein Absolutes darstellen, so ist nach Welte die Möglichkeit von Rechtsordnungen doch nur so denkbar, daß sie je geschichtliche Konkretionen eines Unbedingten, der „Idee des Rechts selber“114 sind. Diese innere Zugehörigkeit von Macht und Recht als ihrem ideellen, sie ermächtigenden Maß hat nun noch eine Besonderheit ihrer Erscheinungsweise zur Folge, was wiederum daran abgelesen werden kann, wie Macht in der Geschichte erscheint. In der Ermächtigung der Macht durch das Recht zeigt sich, wie schon zitiert wurde, daß die Macht nicht „neutrales Machthaben meint, vielmehr eine Mächtigkeit, die den Rang absoluten Sinns, absoluten Anspruchs und unbedingter Gültigkeit wesenhaft bei sich hat“115. Aufgrund dieses Ranges und dieser Erhabenheit erscheint die Macht in der Öffentlichkeit, als die das geschichtliche Wir west, als Herrlichkeit116. „Der Zug zur Einheit der Vielen, als Zug zur Macht (über viele) und zur Herrlichkeit (vor vielen), das sind nicht drei Züge, sondern nur ein Zug“117. Die Herrlichkeit ist die Erscheinungsweise der Macht als dem Leuchten des Ranges und der Erhabenheit der Macht als Sein der Idee. Die Macht ist „Macht in Herrlichkeit, weil sie geschichtlich ist im offenen Wir als diesem zugehörig. Die Herrlichkeit ist die geschichtliche Weise der Unverborgenheit des Ranges der Macht, das offene Glänzen dieses Ranges“118. Diese Herrlichkeit erscheint konkret daher besonders leuchtend als die Herrlichkeit des Einen als dem Da und der Repräsentation der Einheit aller119, in dem wie die Einheit, so die Macht als die Wirklichkeitskraft dieser Einheit ihr Da findet. Welte führt diese Andeutungen zur Herrlichkeit, die er mit Beispielen aus der Geschichte belegt, nicht näher aus, denn sie ist hier nur Thema, insoweit sie als geschichtliche Erscheinungsform der Macht, deren durchgängiges Anwesen in der Geschichte dokumentieren soll. Welte weist aber in diesem Zusammenhang auf die Ausarbeitung einer „Phänomenologie der Herrlichkeit“120 als Aufgabe hin. Zusammenfassend zeigt sich die Idee der Geschichte als Idee der Macht, d.h. des Antriebs zu ihrem Wirklichsein. Insofern Sein
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Macht bedeutet, ist die Geschichte die Geschichte von Machtbildungen. Alles Geschichtliche geschieht als das, was seine Macht, und dies bedeutet letztlich seine Seinsmacht, zu behaupten strebt. Das Dasein als der Ort der Macht steht in der Offenheit alles dessen, was ist, und insofern erstrebt es Macht, in der es seines Seins mächtig ist, als Allmacht. Der Mensch ist im Vollzug seines Seins quodammodo omnia. Seine Macht als Vermögen zu sein ist mithin Vermögen, alles zu sein - Allmacht. Im endlichen Vollzug seines Daseins aber stößt der Mensch und mit ihm die Geschichte je an Grenzen, die seine Macht und darin sein Sein beschränken. Als zugleich unendlich bestimmt, strebt das geschichtliche Geschehen als das Geschehen des geschichtlichen Daseins nach der Überschreitung aller Grenzen seiner Macht als den Grenzen seines Seinkönnens. Das Geschichtliche geschieht in der Idee der Allmacht, der Idee, allen Seins mächtig zu sein, in der Idee, in Einheit mit allem zu sein, so daß es im Vollzug seines Seins bei allem ist, ohne darin eine Grenze zu erfahren, in der Idee der Allmacht als dem Vermögen der Einheit, in dem es seines Seins so mächtig ist, daß es darin des Seins alles Seienden mächtig ist, es als es selbst sein zu lassen, ohne darin eine Beschränkung des eigenen Seins zu erfahren, vielmehr gerade darin seines Seins als des Seins in der Offenheit des Seins ganz mächtig und damit erfüllt und heil zu sein. Die Idee der Geschichte als die Idee der Allmacht ist unendlich bestimmt, insofern sie zum einen im grenzenlosen, un-endlichen Horizont der Umfassung und Einheit des Seins alles Seienden steht, und als zum anderen, vom Recht als ihrer ideellen Ermächtigung her gesehen, sich der Sinn ihres Seins allein in der Unendlichkeit und Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit erfüllt. e) Unendlichkeit als Verantwortlichkeit Als eine letzte Weise der unendlichen Bestimmtheit des Geschichtlichen beschreibt Welte das Phänomen der Verantwortlichkeit121. „Alles geschichtliche Geschehen steht wesentlich unter der Macht der Verantwortung und ist an allen Punkten dadurch gekennzeichnet, es ist verantwortliches Geschehen“122. Ausdrücklich behandelt wird die Verantwortlichkeit des Geschichtlichen nur in
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der Vorlesung G 49/50, in der von der Anlage der Entfaltung des Geschichtlichen als entscheidender Augenblicklichkeit in seinen beiden Dimensionen der transzendierenden Tiefe und der immanenten Breite, in die sich die unendlich transzendierende Tiefe im Endlichen umlegt, die Darstellung der Verantwortlichkeit gefordert ist als die Darstellung des Geschehens, in dem die Person in der Realisierung ihres Worumwillen als des unendlichen Heilseins sich selbst und darin dem Unendlichen, das sie als Selbst bestimmt, verantwortlich ist. Obwohl nur hier eigens thematisiert, scheint der Gedanke der Verantwortlichkeit des Geschichtlichen aber auch in den anderen geschichtsphilosophischen Vorlesungen durch, ja er findet in der Vorlesung G 67/68 in der Form des Gedankens der vom Geschichtlichen unablösbaren Möglichkeit der Schuld ausdrückliche, wenn auch nur knappe Erwähnung123. Welte bestimmt die Verantwortlichkeit als „das Band, durch welches je jedes Selbst in der Einmaligkeit seines Augenblicks mit seiner unendlichen Bedeutung entscheidend verknüpft“ ist und „ihr verwirklichend antwortet“124. Verantwortlichkeit ist der „Zusammenhang, in welchem je Person im Augenblick durch die endliche Gestalt des Geschehens dem Unendlichen antwortet, von dem sie als Person in Anspruch genommen ist“125. Hier zeigt sich, was oben im Hinblick auf das Verhältnis Weltes zum dialogischen Denken schon angedeutet wurde126. Auch die Verantwortung wird wie das Miteinandersein der Person vom Selbst her und seinem unendlichen Grund, nicht aber primär vom anderen her gedacht. Verantwortlichkeit wird gedacht als das Band, mit dem das Selbst an sich und darin an das Unendliche gebunden ist. Verantwortlichkeit gegen den anderen ist aufgrund des Miteinanderseins der Person darin zwar mit gegeben und immer auch mit gemeint, aber sie wird nicht als im anderen anfänglich gründend gedacht. Selbstsein bedeutet Erschlossenheit seiner selbst und darin Stehen im Horizont der Deutung seiner selbst. Sich selbst offen, steht das Selbst immer schon in der Deutung seiner selbst, in der es sich je etwas be-deutet. Selbstsein ist Bei-sich-sein in allen möglichen Beziehungen. Als Stehen in der Offenheit des Seins ist der Mensch immer schon über alle Grenzen des Seienden hinaus unendlich bestimmt. Insofern das Selbst sich selbst bedeutsam ist, ist es sich mithin unendlich bedeutsam. Der Horizont des Sinnes, in dem es sich deutet, ist unendlich. Als Selbst vollbringt es daher alle
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seine Vollzüge im Horizont unendlichen Sinnes. In allen vollzieht es sein Aussein auf unendlichen Sinn und antwortet darin auf sein unendliches Bestimmtsein, und dies so, daß es als Selbst seinen Vollzügen gegenübersteht, sie mithin vor sich selbst und darin vor dem Unendlichen, um das es ihm geht, ver-antworten muß. Verantwortlichkeit ist mithin nicht Verantwortlichkeit vor endlichen Instanzen, sondern sie geschieht im Horizont des Unendlichen. Als im Selbstsein ontologisch verwurzelt, ist die Verantwortlichkeit vom Selbst unablösbar. Sie zeigt sich als etwas, das dem Selbst von niemandem, auch nicht von der Gemeinschaft aller anderen, abgenommen oder in dem es von anderen vertreten oder von dem es von anderen entbunden werden kann. In ihrer Unablösbarkeit zeigt sich, daß die Verantwortlichkeit mit nichts verrechenbar ist, weder mit Vorteilen noch Wünschbarkeiten, ja nicht einmal mit bestehenden Gesetzen und Normen. Diese setzen vielmehr Verantwortlichkeit als Bedingung ihrer Möglichkeit schon voraus. Darin enthüllt sich die Verantwortlichkeit als ontologisch früher als alle konkret begegnenden Normen, die solche nur sind als Gegenstand möglicher Verantwortlichkeit. Diese wurzelt im Selbstsein der Person. Sie ist das Band, mit dem das Selbst unauflöslich an es selbst gebunden ist. In der Bindung des Selbst an es selbst als unendliches Bei-sich-sein gründet die Unendlichkeit der Verantwortlichkeit. In allen Vollzügen verhält es sich zu sich selbst und antwortet darin dem, als was und woraufhin es sich in der Deutung seiner selbst versteht. In allen seinen Vollzügen steht es mithin in der Ver-antwortung seiner selbst. Insofern es dem Selbst in seinem Gehen um es selbst um den Sinn geht, in dem es in seinem endlich-unendlichen Selbstbesitz heil sein kann, ist es, indem es als Selbst mit sich selbst belastet ist, mit dem Unendlichen seines Sinnes belastet. Die Verantwortlichkeit bindet das Selbst unlösbar an es selbst und darin an das Unendliche des ihm in seinem Gründen unverfügbar entzogenen Worumwillen127. Insofern nun das Selbst geschichtlich ist und nur im Jetzt des geschichtlichen Augenblicks, der das Ganze der Zeit in sich sammelt, sein Da hat, geschieht die Verantwortlichkeit selbst geschichtlich. Sie ist nicht zeitloses Verhältnis des Selbst zu sich selbst, sondern sie ist nur, indem sie geschieht. Als geschichtlich geschehend, geschieht sie je augenblicklich. Ja es muß sogar umgekehrt gesagt werden, daß das Geschehen nur geschichtlich ist,
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indem es im Augenblick verantwortlich geschieht. Verantwortlichkeit ist keine „äußere Zutat zum Augenblick“128, vielmehr erst konstituiert Verantwortlichkeit den geschichtlichen Augenblick. Denn geschichtliches Geschehen ist dieses nur als das Geschehen, in dem in der Einzigkeit und Unwiederholbarkeit des einmaligen Augenblicks je das Bedeutsame geschieht. Die Bedeutsamkeit aber hat ihren Ort im Selbstsein der Person als dem Verhältnis des Selbst zu sich selbst, als welches Verhältnis das Selbst sich selbst verantwortlich ist. Nur indem also Verantwortlichkeit geschieht als das Band, welches das Selbst an es selbst bindet und darin Bedeutsamkeit konstituiert, geschieht das Geschichtliche als das Geschehen des als es selbst Bedeutsamen. Geschichtliches Geschehen als bedeutsames ist mithin nur als verantwortliches. Verantwortlichkeit ist eine „geschichtliche Grundkategorie“129. Geschichtliches Geschehen ist verantwortliches Geschehen, und indem Geschichte geschieht, geschieht Verantwortlichkeit. Sie ist keine äußere Zutat zum Augenblick, wie sie auch keine äußere Zutat zum Selbst ist. Das Selbst geschieht je im Augenblick und darin geschieht Verantwortlichkeit. Mit dem Erweis der Verantwortlichkeit als geschichtlicher Grundkategorie ist in eins die Freiheit als Prinzip der Geschichtlichkeit gegeben. Welte behandelt sie, wie schon betont, in seinen geschichtsphilosophischen Vorlesungen nicht eigens, aber im Prinzip der Verantwortlichkeit des Geschichtlichen ist die Freiheit unabdingbar mit gesetzt. Verantwortlichkeit ist das Geschehen des Selbstseins als des Selbstverhältnisses, welches Verhältnis Freiheit bedeutet. Selbstsein bedeutet Freisein für sich und darin für alles. Selbstsein als Verantwortlichkeit und Selbstsein als Freiheit sind Wechselbestimmungen. Es sind die beiden Seiten eines einzigen Geschehens, so daß Freiheit als solche verantwortlich und Verantwortlichkeit als solche frei geschehen. Freiheit geschieht als Verantwortlichkeit und Verantwortlichkeit als Freiheit. Im Geschehen der Freiheit als Verantwortlichkeit enthüllt sich zugleich die Gebundenheit der Freiheit, die Welte in der Formel der Freiheit als „Bestimmen und Bestimmtsein“130 umschreibt. In der Betonung der verantwortlichen Freiheit als Prinzip der Geschichte ist somit das Geschichtliche wiederum aus jeglichem Systemgedanken und seinen Notwendigkeiten gelöst und als Geschehen des Unableitbaren und Unverfügbaren in die Bedeutsamkeit seiner Einzelheit gestellt.
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Betrachtet Welte die Verantwortlichkeit in der Vorlesung G 49/50 von der entscheidenden Augenblicklichkeit des Geschichtlichen her, so kann aber im Hinblick auf die späteren Vorlesungen, in denen im Gefolge des Gedankens der Seinsgeschichte die Augenblicklichkeit in ihrem Gewährt- und Ereignetsein hervortritt, die Verantwortlichkeit auch im Horizont des Geschicks des Seins verstanden werden, nämlich als Verantwortlichkeit, in der das Selbst, indem es im Augenblick entscheidet, wie und als was es sich vor dem Unendlichen seines Sinnes im Endlichen Gestalt gibt, darin antwortet auf den je geschicklichen Zuspruch des Seins, der es allererst als Offenheit und Da des Seins, als Erschlossenheit alles dessen, was ist, und darin als Erschlossenheit seiner selbst ereignet, welche Erschlossenheit und Helle ihm allererst den Raum und die Weite gewährt, in der es in der Möglichkeit und Freiheit der Antwort als der Wurzel seiner Verantwortlichkeit steht. In ihr als von der Offenbarkeit des Seins ereigneter Verantwortlichkeit gründet letztlich ihre Unablösbarkeit. Weil das Selbst sich selbst gewährt und darin seiner selbst nicht verfügend sicher ist, ist es an sich selbst verhängt. Es zeigt sich als Selbstseinmüssen. Es ist es selbst und vollzieht sich selbst und ist insofern Grund seines Selbstseins, es ist Selbstseinkönnen, aber es ist nicht Grund dieses Selbstseinkönnens, was sich in seinem Selbstseinmüssen offenlegt. Das Selbst findet sich als Selbst in die Verantwortlichkeit geschickt. Diese ist von ihm insofern nicht bewältigbar oder aufhebbar. Sie ist über es als Selbstseinmüssen verhängt, als das es sich vorfindet, ohne ihm, über dessen Grund verfügend, mächtig zu sein. Indem das Selbst sich als Selbst von der geschicklichen Offenbarkeit des Seins gewährt ist131, verweist es seine Verantwortlichkeit, in der es sich selbst ver-antworten muß, in die Antwort auf den es je augenblicklich gewährenden Grund seines Antwortenkönnens, den sich zuschickenden Zuspruch des Seins. Verantwortlichkeit steht mithin immer schon im Horizont der Offenbarkeit des Seins als dem Geschehen der Wahrheit des Seins. Darin zeigt sich das geschichtliche Dasein als das Geschehen des Geschichtlichen in der Verantwortlichkeit, dem je geschicklichen Zuspruch des Seins zu entsprechen und darin selbst in der Wahrheit seiner selbst zu geschehen. Darin zeigt sich die Geschichte verantwortlich, allen geschicklichen Zusprüchen, auch den gewesenen, im Horizont ihrer Wahrheit, sie geschichtlich bewahrend, zu begegnen in dem Sinne, daß sie sich
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keine gleich sein lassen kann, sondern gegenüber allen unter dem Anruf der Wahrheit des Seins steht. Als gründend in Personen geschieht das Geschichtliche verantwortlich, in welcher Verantwortlichkeit es im Horizont der Unendlichkeit steht, der Unendlichkeit seines Selbstseins und darin der Unendlichkeit seines es gewährenden Grundes. Das Geschichtliche geschieht verantwortlich im Horizont des Unendlichen, zum einen insofern das geschichtliche Dasein als unendliche Offenheit des Seins und so in der Grenzenlosigkeit der Verantwortlichkeit geschieht, die gegenüber allem, was ist, in der Verantwortung steht, und zum anderen insofern die Verantwortlichkeit als das Band, welches das Selbst an es selbst und darin an die Unendlichkeit seiner Bestimmtheit als des es gewährenden Grundes bindet, je Unendliches verantworten muß. Verantwortlichkeit ist sowohl hinsichtlich ihrer Weite als auch hinsichtlich ihrer Tiefe unendlich. Die unaufhebbare Verantwortlichkeit des Geschichtlichen, deren Unendlichkeit es in seiner Endlichkeit nicht mächtig ist, offenbart, daß „Geschichte sich nicht in sich selbst schließt, vielmehr auf eine eigentümliche Weise über sich weist“ 132, daß sie als Geschichte im und ins Unverfügbare hinein geschieht, hinsichtlich ihres Sinnes, um dessentwillen geschieht, was geschieht und hinsichtlich des Grundes, der, sich zusprechend, je den Raum des Geschehens gewährt. Verantwortlichkeit weist das geschichtliche Geschehen über sich hinaus, zugleich aber auch in es hinein. Denn als geschichtliches, das augenblicklich in der Einheit der Zeit geschieht, geschieht es in der Verantwortlichkeit jeder Zeit für das Ganze der Zeit als ihrer Herkunft und Zukunft. Darin zeigt sich die Verantwortlichkeit auch als das Band, das jede Gegenwart an das Ganze der Geschichte bindet und das die Loslösung der Gegenwart von Vergangenheit oder Zukunft als Lösung aus der Verantwortlichkeit ihnen gegenüber hinsichtlich ihrer Wesentlichkeit als defizient erweist. Die Vergangenheit bleibt für jede Gegenwart zu verantworten im Sinne der Gründung der Gegenwart in ihr als Herkunft und als die Gegenwart bestimmender Überlieferung sowohl des vergangenen Zuspruchs des Seins als in eins das, diesem antwortend, sein Da gewährenden Daseins. Die Vergangenheit ist als Gewesenheit zu verantworten, als die sie zur Wahrheit jeder Gegenwart gehört. Und die Zukunft ist von der Gegenwart zu verantworten in dem Sinne, daß diese sich als geschichtliches Geschehen der
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Unverfügbarkeit des ankommend Entzogenen offenhält als des Ereignisses des Seins selbst und in dem Sinne, daß sie die Möglichkeit künftig antwortenden Daseins auf künftigen Zuspruch des Seins im Horizont dessen, was in ihrem Vermögen steht, bewahrt. Gegenwärtiges geschichtliches Dasein ist im Horizont seiner Möglichkeiten verantwortlich für die Möglichkeit künftigen verantwortlichen geschichtlichen Daseins. Diese Folgerungen für die Verantwortlichkeit im Lichte der Einheit der geschichtlichen Zeit sind von Welte nicht ausdrücklich gemacht, aber sie liegen als Konsequenz der Verantwortlichkeit des geschichtlichen Geschehens im Horizont des von ihm Gedachten. f) Das „Bild Gottes“ in der Geschichte Welte sucht, im Blick auf die Geschichte ein Worumwillen als bewegenden Grund ihres Geschehens zu entdecken. Denn als das Geschehen des geschichtlichen Daseins, das sich je auf den Sinn als auf die sinnvolle Gestalt seines Seins entwirft, in der es in der „reinen Identität“ „ungeteilten und in nichts entfremdeten Einsseins und Ganzseins ... mit sich selbst“133 ist, geschieht Geschichte nicht in der Neutralität und Gleichgültigkeit des Dies oder Das, sondern es geht in ihrem Geschehen je um etwas. Dieses, um was es je geht, hat sich in vielerlei Weisen gezeigt. In allen diesen aber scheint ein Gemeinsames auf, die Unendlichkeit ihres Horizonts. Die Unendlichkeit hat sich dabei in allen Gestalten in zweierlei Weise gezeigt, als extensiv und intensiv134. Es geht in allen Gestalten des Worumwillen um die extensive Unendlichkeit im Sinne des end-losen Allumfassens und um die intensive Unendlichkeit im Sinne der Unbedingtheit des Sinnes, der in sich, unabhängig von der Weite des Umfassens und unabhängig von jeder möglichen Hinsicht, absolut sinnvoll ist135. Die Unendlichkeit erscheint im endlichen Gedanken in diese zwei Weisen auseinandergelegt, insofern darin die Unendlichkeit nur negativ136 als Un-endlichkeit im Bild der End-losigkeit und als Un-bedingtheit im Bild des Allen-Bedingungen-ledig-Seins faßbar ist. So hat sich die Idee der Unvergänglichkeit in der Idee der endlosen, alle Zeiten umfassenden Dauer als Un-vergänglichkeit gezeigt, zugleich aber auch als das seinem Anspruch nach alle Zeiten aufhebend-erfüllende Ein-für-allemal
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als Bild der intensiven, in zeitlichen Kategorien unfaßbaren, unendlichen Zeit als der Ewigkeit. In ähnlicher Weise hat sich die Unendlichkeit von Wahrheit und Gutheit als die Endlosigkeit gezeigt, in der sie das Sein alles Seienden umfaßt und als die Unbedingtheit, in der das Wahre wahr und das Gute gut ist. Und so hat sich auch die Unendlichkeit der Idee der Alleinheit als die Unendlichkeit des end-losen Allumfassens und als die Unendlichkeit des Eins und Alles enthüllt, in der sich das unendliche Selbstsein in der Einheit erfüllt und die Einheit im Geschehen des Selbstseins der einzelnen. Die Unendlichkeit der Idee der Allmacht hat sich als die Endlosigkeit grenzenlos allesumfassender und allesvermögender Mächtigkeit und in der Unbedingtheit des sie ermächtigenden Rechts als dem In-sich-Ruhen der Wahrheit des Seins alles Seienden entfaltet. Zuletzt hat sich die Unendlichkeit der Verantwortlichkeit als die Endlosigkeit, in der sie gegenüber allem, was ist, in der Verantwortung steht, und als die Unbedingtheit, in der das Selbst sich selbst und darin dem es gewährenden Grund und Sinn unvertretbar und unablösbar verantwortlich ist, gezeigt. In allen Gestalten des in der Geschichte aufscheinenden Worumwillen waltet Unendlichkeit. Dies weist darauf hin, daß das, worum es im geschichtlichen Geschehen je geht, kein Vielerlei bedeutet, daß „der Sinn der Geschichte“ nicht „bald dies, bald das“ ist, sondern „vielmehr ein Eines, das sich in verschiedenerlei Weisen anzeigt“137, ein Eines, in das alle Gestalten des Worumwillen sich im Unendlichen sammeln und einen. Es geht darum, zu sehen, ob sich in der Vielheit der aufscheinenden Worumwillen ein Eines enthüllt. Die Gemeinsamkeit der Weisung ins Unendliche deutet auf die Einheit des Worumwillen, zumal Einheit selbst als ein bewegendes Worumwillen erschienen ist. Es soll nun versucht werden, aus den mannigfaltigen Weisen, in denen sich die Unendlichkeit als Sinn des geschichtlichen Geschehens enthüllt, den einen waltenden Sinn zusammenzusehen138, in dem alle sich im Unendlichen treffen. In der Zusammenfassung der vielerlei Dimensionen des Geschichtlichen zeigt sich das Geschichtliche getrieben von der Idee der Unvergänglichkeit, der Idee der Unbedingtheit, der Idee des Alleswissens und Alleskönnens, der Idee der Alleinheit und der Idee der Allmacht. Diese Ideen nun sind nach Welte nicht eine Vielheit, denn es zeigt sich in ihrem Zusammen die „Idee göttlichen Lebens“139 als die Idee ewigen, unbedingten, allwissenden,
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allvermögenden, alleinen, allmächtigen und herrscherlich-erhabenen ungeteilten Lebens140. Der Bedeutungsgehalt jeder dieser Ideen ist Bestimmung dessen, was das Wort ‘göttlich’ nennt. Die Idee der Geschichte als ihr bewegendes Worumwillen, welches das Geschehen antreibt in die „Richtung des Eins und Alles, der Bildung von Einheit, die alles umfaßt und als alles umfassende Macht aufweist, die als Herrlichkeit strahlt und lebt als alles Wissen und alles Vermögen, bis in den alle bloße Notwendigkeit überfliegenden Überschuß freien Spiels der Gedanken und der Kunst“, „enthüllt sich als der Zug zu göttlicher Gestalt und Fülle des Daseins“141, „denn göttlich ist die Gestalt des allvermögenden, allwissenden, alles vereinenden, aus sich selbst vollkommenen Lebens“142. „Mit einem Wort: sucht man das Bild des bewegenden Sinnes der Geschichte zu zeichnen, so gewinnt man das Bild göttlichen Lebens, so erscheint das Antlitz Gottes, und zwar hier nicht über der Geschichte schweben, sondern in ihr als ihr bewegendes agens“143. Und in Hinsicht auf die Einheit als den Sinn des geschichtlichen Miteinander erscheint die Idee göttlichen Lebens als die Idee des „Reiches Gottes“144 als der Wirklichkeit, in der „jeder ebensosehr er selbst ist wie alle dadurch eins sind“145. „Das Bild des Reiches Gottes ist wirkend in der Geschichte (ohne daß ihr das Stichwort von außen gegeben werden müßte) insofern jeder darin immer mehr (im Grunde unendlich) er selbst sein will, als es die aktuelle Gemeinschaft zuläßt, und doch in der Gemeinschaft sein, nicht isoliert, und indem jede Gemeinschaft mehr (und auch im Grunde unbegrenzt) die Fülle und Totalität des freien Lebens aller sein will und doch gerade in der Freiheit je eines jeden gegründet ist“146. Die Idee der Geschichte als die Idee göttlicher Seinsfülle ist nicht von außen an die Geschichte herangetragen, sie ist nicht vorgreifender Zugriff einer Theorie des Geschichtlichen, sondern sie ist Beschreibung dessen, was das geschichtliche Geschehen von sich her zeigt, sie „läßt sich durchaus auch philosophisch ablesen aus einer sorgfältigen Analyse des Phänomens des Geschichtlichen selbst“147. Insofern das Geschichtliche die Wirklichkeit darstellt, als die sich das geschichtliche Dasein vollbringt, lebt in ihr das Bild Gottes als das Bild ewigen, unbedingten, allwissenden, alleinen, allmächtigen - göttlichen Lebens. Denn im Menschen als endliche Unendlichkeit lebt das Bild Gottes als das Bild unbegrenzten, unendlichen, ungeteilten und heilen Einsseins mit sich selbst als des
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Sinnes, auf den hin der Mensch sein Dasein entwirft. Der Ausdruck vom Bild Gottes im Menschen ist die biblische Umschreibung von Weltes Verständnis des Menschen als endlicher Unendlichkeit. Insofern der Mensch das Bild Gottes in sich trägt als das, woraufhin er sich entwirft, ist er Ebenbild oder Abbild Gottes148. In seiner unendlichen Bestimmtheit, in der er sich auf unendliches Einssein und Ganzsein als seinen ihn erfüllenden und heilenden Sinn entwirft, spiegelt er in diesem Entwurf die Gestalt göttlicher Seinsfülle wider. Als Bild aber erfüllt sich der Mensch nicht in sich selbst, denn das Bild hat seine Wirklichkeit von dem, dessen Abbild es ist. Das Abgebildete ist der Grund und Sinn seines Seins. „Das Bild ist nicht nur von seinem anderen her, was es ist, es ist auch auf sein anderes zu“149. Das Bild Gottes in der Geschichte liegt dieser mithin nicht als abstrakte Vorstellung gleichsam nur äußerlich gegenüber, sondern es ist das sie als Grund und Sinn innerlich Bestimmende, das ihr Sein als Geschichte ausmacht. Geschichte ist mithin Geschichte, insofern es in ihr „immer um die unendliche Gestalt“150 geht. Ginge es in der Geschichte um nichts oder je nur um dieses und jenes, so zerflösse sie ohne inneren Zusammenhang in die sinnleere Mannigfaltigkeit punktueller Faktizität. Geschichte wäre nicht Geschichte, sondern bedeutungsloses Vielerlei isolierter Fakten. Nur weil das Geschichtliche in der Idee des Unendlichen als dem Bilde göttlichen Lebens geschieht, ist es als Einzelnes von „unausschöpflicher und unvergeßlicher Bedeutsamkeit“151 und ist es als das Bedeutsame in seiner Singularität in eins in der Kontinuität mit allem, ist es das concretum universale. Einzig als unendliches ist es wirkliches Geschehen, in dem die Zeit selbst geschieht, denn nur im Horizont der Unendlichkeit als der Ewigkeit ist Zeit als Zeit. Einzig als unendliches ist es augenblicklich, denn nur im Horizont des Unendlichen geschieht der Augenblick als die Sammlung des Eins und Alles im unwiederholbaren Einmal der geschehenden Zeit. Noch in einem weiteren Sinne geschieht das Geschichtliche im Horizont des Unendlichen und Unbedingten. Denn es geschieht als geschichtliches, insofern in ihm das Unendliche als die Unendlichkeit und Unbedingtheit der Wahrheit geschieht, in der schlechthin alles ist, was es ist, und in der so entschieden ist, daß gewesen ist, was gewesen ist, und sein wird, was sein wird, in welcher Entschiedenheit nur Geschichtlichkeit geschieht. Nur indem in ihr die Absolutheit der Wahrheit als die
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Entschiedenheit des Seins alles Seienden waltet, geschieht die Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit. Geschichte bewegt sich im und ist immer schon bewegt vom Unendlichen. Sie ist daher nie nur endlich und relativ. Sie ist als Geschichte endlich-unendliches Geschehen, indem das Unendliche und Absolute im Endlichen und Relativen geschieht. „Nur wer Absolutheit und Relativität als unzertrennlich am Werke sieht in der Geschichte, sieht sie ganz“152. Hier erweist sich das Verständnis des Geschichtlichen als bloße Relativität als Mißverständnis153. In bloßer Relativität zerflösse die Entschiedenheit und Bedeutsamkeit des Geschichtlichen und darin dieses selbst. Die Relativität des Geschichtlichen, die dieses in der Bindung an eine je bestimmte Zeit und einen je bestimmten Ort als Beziehungsgeschehen konstituiert, ist Relativität nur als gründend im Absoluten als der Öffnung des Raumes und der Weite der Einheit, in der Beziehung als Beziehung geschehen kann. Geschichte als bloße Relativität ist keine Geschichte, wie bloße Relativität sich als solche auflöst. Geschichte als Geschehen des in seiner Einzelheit Bedeutsamen gründet in der Absolutheit der Entschiedenheit des Seins alles Seienden, die das Einzelne in seiner Einzelheit und darin auch im Geschehen der geschichtlichen Zeitlichkeit trägt, und in der Unendlichkeit des Sinnes als dem Grund der unaufhebbaren Bedeutsamkeit des Einzelnen und als dem Sinn der das Geschehen als Geschehen bewegt. Die Geschichte, bewegt von der Idee extensiver und intensiver Unendlichkeit, geschieht in der Idee und dem Bild göttlichen Lebens, „der erfüllende Sinn ist Gott“154. Insofern ihr sie bewegendes und sie in ihre Wirklichkeit „erwirklichendes“155 Worumwillen die Gestalt göttlichen Lebens ist, ist die Geschichte „ihrer eigensten Struktur und Ontologie nach religiösen Wesens, und also überall, auch da, wo sie scheinbar areligiös ist“156. In diesem Zusammenhang zitiert Welte auch die §§ 81 und 86 von Droysens ‘Grundriß der Historik’: „Aus der Selbstgewißheit unseres Ichseins, aus dem Drang unseres sittlichen Sollens und Wollens, aus der Sehnsucht nach dem Vollkommenen, Einen, Ewigen, in der unser dürftiges, ephemeres, bruchstückhaftes Sein erst ergänzt fühlt, was ihm fehlt, ergibt sich uns zu den ‘Beweisen’ vom Dasein Gottes der für uns beweisendste“157. Indem die Geschichte als Geschehen des menschlichen Daseins in der Unendlichkeit personalen Selbstseins geschieht, geschieht sie in der Idee des Unendlichen, Ewigen, Unbedingten,
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Einen und Vollkommenen als des sie erfüllenden und heilenden Sinnes. Als dieses Geschehen, das nur im Horizont des Absoluten geschieht, ist sie der geschehende Beweis der wirkenden Wirklichkeit des Unbedingten und Absoluten selbst. Als Geschehen des Entwurfs von absolutem Sinn, geschieht sie aber gerade in der Defizienz und dem Ausstand der Wirklichkeit dieses Sinnes. Und so fügt Welte den § 86 von Droysens ‘Grundriß der Historik’ an: „Sie (die Geschichte, Zusatz v. mir) ist nicht ‘das Licht und die Wahrheit’, aber ein Suchen danach, eine Predigt darauf, eine Weihe dazu: dem Johannes gleich: ouk en tò phos, all óti marturése perì tou photós“158. In beiden Zitaten spricht sich der unendliche Sinn des Geschichtlichen aus. In beiden aber geschieht dies je im Aufweis einer Differenz, der Differenz, welche Sehnsucht und Suche in sich austragen. Die Geschichte geschieht im Unendlichen und Unbedingten. Sie geschieht als Erwirklichung ihres sie bewegenden unendlichen Sinnes und ist darin der geschehende Beweis der waltenden Wirklichkeit des Unendlichen und Absoluten. Als Erwirklichung ausstehenden Sinnes aber geschieht das Geschehen der Geschichte gerade in und als die Differenz zwischen Idealität und Faktizität. Dieser Differenz und Spannung gilt es, im Blick auf die Geschichte weiter nachzugehen. In dieser Differenz zwischen entworfener Idealität und verwirklichter Realität zeigt sich, daß das Geschichtliche nicht nur im Zug des Unendlichen geschieht, sondern daß es in seiner Realität in der Endlichkeit und als endliches geschieht. Das Geschichtliche zeigt sich je begrenzt und endlich. „Endlichkeit ist ein Charakter der Seinsweise des Geschichtlichen selbst, nicht etwa bloß etwas äußerlich Dazukommendes“159. Diesem „Gegenzug der Endlichkeit“160 gilt es nun nachzudenken und die Weisen seines Waltens im geschichtlichen Geschehen phänomenologisch zu erheben. 2. Der Gegenzug der Endlichkeit a) Endlichkeit als Vergehen und Epochalität Das Geschichtliche geschieht seinem Worumwillen nach als das unvergängliche Ein-für-allemal. Im Blick auf die dieses Worumwillen realisierende Faktizität aber zeigt es sich überall als das Vergängliche. In Hinsicht des Seins des Geschichtlichen als Geschehen
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enthüllt sich die Endlichkeit des Geschichtlichen als dessen Vergänglichkeit, und zwar so, daß diese zum Sein des Geschichtlichen selbst gehört161, denn das „beständig sich zeitigende Geschehen ist aus seiner innersten Natur heraus notwendig auch ein Vergehen“162. Das Geschichtliche ist, indem es geschieht. Das geschichtliche Geschehen aber ist ausgezeichnet durch eine ihm eigene zeitliche Struktur. Dem geschichtlichen Geschehen ist die Zeit selbst innerlich. Es geschieht, indem es nicht nur in der Zeit abläuft in dem Sinne, daß es Zeit braucht, diese Zeit aber nur das äußerliche Medium des Geschehens darstellt und als diese eine einmalige Zeit gleichgültig ist, so daß das Quantum der etwa auf einer Zeitskala gemessenen verbrauchten Zeit auf dieser Skala beliebig verschiebbar ist, ohne daß sich das Geschehen selbst ändert, sondern das geschichtliche Geschehen geschieht vielmehr, indem die Zeit selbst geschieht. Die geschichtliche Zeit ist nicht quantitativ meßbare qualitätslose Zeit, die hinsichtlich ihrer Quantität mit jeder anderen Zeit beliebig vertauschbar ist und mithin weder Gegenwart noch Vergangenheit, noch Zukunft hat, wie etwa das naturhafte Geschehen, das, Zeit brauchend, in ihr als ihrem Medium nur abläuft und so zu jeder Zeit geschehen kann. Dieses ist nicht eigentlich Geschehen, sondern Prozeß, Vorgang und als dieser wiederholbar, so daß seine Zukunft seine Vergangenheit und seine Vergangenheit seine Zukunft ist und also beide als sie selbst aufgehoben sind. Im geschichtlichen Geschehen aber als dem Geschehen der Zeit selbst geschieht diese in der unwiederholbaren Einmaligkeit, die jeden Moment mit unvergleichlicher Bedeutsamkeit belastet und als diesen einzelnen anfänglich zeitigt. Das Geschehen der Geschichte ist das Geschehen in der Einheit der Zeit als dem in sich offenen Einen und Ganzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In dieser zeitlichen Verfaßtheit geschieht das Geschehen als Gegenwärtigung, als das Geschehen des Umschlags, in dem die ausstehende Zukunft, in die Gegenwart ankommend, diese in die Vergangenheit entzieht. Ankünftig gegenwärtigend geschieht das Geschehen in eins als Vergehen in das vergangen Entzogene. Geschichtliches Geschehen geschieht vergehend. Geschehen als Gegenwärtigung ist in sich Vergehen als Endigen von Gegenwart. Gegenwärtigen als „das sich Erwirken der Aktualität ist in eins das sich Auflösen derselben“163. Indem Gegenwart geschieht, vergeht
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sie als Gegenwart, und in eins damit vergeht die in ihr gewärtigte Zukunft als gewärtigte, auf die hin sie sich als Gegenwart je entwirft164. Im geschichtlichen Geschehen fällt der Doppelsinn des Ausdrucks ‘Vergehen’ als ‘vergangen werden’ und als ‘zunichte werden’ zusammen165. Indem das Geschehen seine Gegenwart zeitigt, vergeht und endigt sie als Gegenwart im Ankommen des Künftigen ins Nicht-mehr der Vergangenheit. Indem Gegenwart in ihrer Gegenwärtigung in eins vergeht, wird sie vergangen und darin als Gegenwart zunichte. Als Vergangenheit ist sie in der Wirklichkeit ihres Gegenwärtigseins zunichte. Vergangen ist das Geschichtliche zwar unvergeßlich und in seiner Unvergeßlichkeit gegenwärtig, und nur darin ist es das Vergangene, aber „gemessen am Sinn des Geschehens als Gegenwärtigen, als Da-sein, ist es nicht mehr, geschieht es nicht mehr und ist es ins Grab seiner Vergangenheit gelegt, und zwar endgültig“166. Indem das Geschehen des Geschichtlichen als Vergehen geschieht, geschieht das Geschichtliche als das Vergängliche. Das unvergängliche Ein-für-allemal, als das es seinem Sinn nach geschieht, realisiert sich in der Endlichkeit zeitlichen Geschehens als das je ein für allemal Vergangene. Es ist einmal und nie wieder. In Hinsicht seiner endlichen Realität ist es das je ein für allemal Vergangene und hat als das sich selbst als unvergänglich behauptende Ein-für-allemal gerade keine Realität in der Geschichte. Die von M. Müller gebrauchte Rede von der „Geschichtslosigkeit des ‘ein-für-alleMale’„167 bewahrheitet sich insofern auch im Kontext des Welte’schen Denkens. Und insofern sich das Geschichtliche als das je im endlichen Geschehen Sich-Realisierende in dieser endlichen Realität als das erfüllt realiserte Ein-für-allemal behauptet, leugnet es die Wirklichkeit geschichtlichen Geschehens und damit die eigene Geschichtlichkeit und ist insofern geschichtslos. In Hinsicht seines Sinnes als seiner Idealität aber ist der Anspruch des Ein-für-allemal gerade wesentlich geschichtlich, insofern er sich zum einen als das Worumwillen des geschichtlichen Geschehens zeigt und zum anderen, damit zusammenhängend und es tragend, als der Grund der Möglichkeit der Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit, die als solche den Horizont des Über-die-Zeit-hinaus-Seins als der Ewigkeit voraussetzt. Das Vergehen und Endigen des Geschichtlichen gehört zu seinem Sein. Es konstituiert jeden Moment des Geschehens als einen geschichtlichen.
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Aber am auffälligsten zeigt es sich am Ende als der „äußeren Marke der Erstreckung zeitlich ausgedehnter geschichtlicher Gebilde“168 und dem Tod als dem Ende des geschichtlichen Daseins. Indem das Geschehen in der Einheit der Zeit sich je anfänglich in seine Gegenwart erbringt und in dieser die aktuellste Dimension seiner Zeit zeitigt und indem es in der Unvergänglichkeit, im Endlichen als endlose Dauer gedacht, seinen Sinn hat, rückt in der Geschichte und für das geschichtliche Dasein je das Dauernde und Währende als das Erstrebte und in seinem Entwurf die Endlichkeit des Geschehens Überdeckende in den Vordergrund. Es zeigen sich in der Geschichte relativ dauernde Gebilde, das Dauernde der Zeitgenossenschaft oder der Epoche etwa oder das Dauernde sozialer und politischer Gebilde. Im Blick darauf scheint die Endlichkeit des Geschehens wie weggerückt, wiewohl sie aber dennoch in jedem Moment des Geschehens waltet169. Ja es scheint sogar der Tod des geschichtlichen Daseins darin überwunden. Denn wo „ein Mitspieler hinwegschwindet aus der Spielbahn der Geschichte, da entsteht wohl in einem begrenzten Kreis und für eine begrenzte Zeit eine Erschütterung. Aber, wie man sagt: das Leben geht weiter. Das was so das Leben genannt wird - was ist es nur - schließt sich schnell wieder über der dunklen Stelle und gibt sich nach diesem befremdlichen Umbruch den Anschein, ununterbrochen weiter zu gehen. ... So gibt sich das Geschehen den Anschein eines geschlossenen und lückenlosen Stromes von Fortschritt und Aufstieg, obwohl es ganz voll ist vom Abstieg und dem Ende des Todes aller seiner Mitspieler. ... So geht die Geschichte in allen ihren Mitspielern beständig zu Ende, und sie geht doch, dies nicht zur Kenntnis nehmend, den Gang ihrer endlosen und ins Unendliche zielenden Entwürfe immer weiter“170. Das Vergehen aber ist darin nur überdeckt und nur zum Schein überwunden. Denn alles, auch das relativ Dauernde und die Zeit scheinbar Überdauernde, vergeht in jedem Moment seiner Gegenwart in sein Nicht-mehr. Und wenn auch für das geschichtliche Dasein in seinem Streben nach dem Dauerhaften und Bleibenden für eine Weile verdeckt und überspielt, so enthüllt sich nach gewisser Zeit doch, daß das Gegenwärtige nicht mehr das Einstige ist, daß ein Neues geworden und das Alte vergangen ist. „Und so liefert uns denn die von Gestalten reiche Geschichte genug der Beispiele, die nach ihrem Programm und ihrer Intention ewig dauern sollten. Aber es kam der Tag ihres Falles,
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und ihre Spuren verwehten. Genug der Rechtsordnungen, die für alle Geschlechter das Maß aller menschlichen Dinge sein sollten. Aber es kam das Vergessen darüber. Genug der Königsgräber, die für ewig ein Andenken bewahren sollten und sie zerfielen doch“171. In solch poetisch anmutender Sprache beschreibt Welte die allem Sinn des Geschichtlichen widersprechende, gleichwohl aber unüberwindliche und je obsiegende Macht der Endlichkeit des geschichtlichen Geschehens im Vergehen aller seiner Gestalten. Und ebenso tritt im Tod dort, wo er wirklich erfahren ist, die Vergänglichkeit des Geschichtlichen unübersehbar ans Licht und macht „das gesammelte Vergangensein vieler Momente sichtbar“, das vielleicht „lange nicht zum offenen Zuge gekommen“ ist172. Das Vergehen konkreter geschichtlicher Bildungen steht im Zusammenhang mit dem Vergehen des geschichtlichen Daseins, insofern es als Vergehen nur in der Helle der geschichtlichen Zeitlichkeit als dem Geschehen des Daseins ist und die geschichtlichen Gestalten und Gebilde Gestalten des geschichtlichen Daseinsvollzugs des Menschen sind und in dessen Ende auch ihrerseits endigen, wenn ihre Dauer auch das einzelne Dasein überdauern kann, da sie als geschichtliche im Miteinander und daher in der Weite des die Realität des einzelnen Daseins überschreitenden öffentlichen Wir der Geschichte geschehen. Die Endlichkeit des geschichtlichen Geschehens zeigt sich auch in dessen Epochalität173. Die Geschichte erstrebt ihrem Sinn nach je das zeitlos Dauernde, das Unvergängliche. Im Geschehen als epochalem aber ist das Geschichtliche je zurückgebunden an die Epoche, der es zugehört, hat an ihr seine Grenze und ist so nie ein für allemal. In der Epochalität steht die Geschichte in der Grenze einer vom Geschick des Seins epochal ereigneten Zeit als der Zeit eines geschichtlichen Seinsverständnisses, das dem geschicklichen Zuspruch des Seins geschichtlich entspricht. Die geschichtliche Zeit zeitigt sich auch in der epochalen Weise ihres Ereignisses endlich. Die Geschichte, die sich auf das Dauernde entwirft, steht in der unverfügbaren Unbeständigkeit des Geschicks des Seins. Das Geschichtliche geschieht endlich in der Weise, daß es an eine bestimmte Zeit als eine Epoche gebunden ist und daß es darin die Wahrheit vergangener Epochen je nur in der Geschicklichkeit seiner Wahrheit bergen kann und die Zukunft ihm als die vom geschicklichen Zuspruch künftig ereignete Zeit verhüllt ist. Die Geschichte sucht ihrem Sinn nach die Wahrheit als die Wahrheit
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für immer und gewinnt Wahrheit als das Geschehen des geschicklichen Ineinander der Offenbarkeit des Seins und des diese bergenden Hinblicks als dessen Da doch nur geschichtlich als die Wahrheit ihres epochalen Geschicks. Darin ist jede Zeit, die ja im Horizont und der Offenheit aller Zeiten steht, nicht nur der Wahrheit der epochal getrennten Zeiten, sondern auch ihrer eigenen unsicher174. Wahrheit geschieht, und dies ist besonders im Blick auf die Epochalität geschichtlichen Geschehens deutlich, geschichtlich und darin endlich und relativ. Die Endlichkeit des Geschehens als Vergänglichkeit zeigt sich gerade auch in der Epochalität, indem sie alle Gestalten von Wahrheit und darin alle Gestalten von Sprache, Wissen und Kunst, auch alle Gestalten, in denen das Miteinander Gestalt gewinnt, letzlich alle Gestalten, in denen der Mensch die Wahrheit des Wahren vollbringt, in die Gefahr des Leer- und Unzeitigwerdens, des Erlöschens ihrer Sagekraft175 stellt. Darin zeigt sich das Vergehen des als während Entworfenen, Ausgesprochenen und Gestalteten. Die Wandelbarkeit des Geschichtlichen, besonders auffällig im Wandel der Epochen, zeigt sich als Erscheinungsweise der Endlichkeit des geschichtlichen Geschehens, als Weise der Vergänglichkeit alles Geschichtlichen. Das Geschichtliche geschieht in der Endlichkeit seines Geschehens in der Idee der Unvergänglichkeit als das Vergängliche, in der Idee des Ein-für-allemal als das ein für allemal Vergehende. Das Vergehen als Geschehen des Geschichtlichen erscheint als das „Widersinnige“176, da es wider den Sinn des Geschehens streitet. „Es verbreitet den Schrecken des Absurden“177. In der Endlichkeit ihres Geschehens erscheint die Geschichte als die Geschichte des Scheiterns178, in der die Endlichkeit der Realität über die Unendlichkeit der Idealität siegt. Aber im unaufhörlichen und immer weiter sich gegenwärtigenden Geschehen zeigt sich das unendliche Worumwillen, die Grenze der endlichen Realität je überschwingend, als der Antrieb je neuen Geschehens. Die Dialektik der Unendlichkeit der Idealität und der Endlichkeit der Faktizität ist in der Geschichte unlösbar. Ja gerade diese Dialektik konstituiert sie als Geschichte. Sie ist nicht in der Geschichte lösbar, so daß Geschichte gleichsam in der Geschichte in die Ruhe der Fülle ihres Sinnes gelangen könnte. Geschichte als das Geschehen, in dem das endlich-zeitlich verfaßte Dasein als endliche Unendlichkeit geschieht, ist nur Geschehen als Vergehen, aber zugleich geschehend
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nur im Horizont unendlichen, in zeitlicher Hinsicht unvergänglichen Sinnes. Das geschichtliche Geschehen geschieht dialektisch, es geschieht vergehend als unvergänglich. Als dieses dialektische Geschehen weist es über sich hinaus179. Geschichte ist Geschichte nur als das „Über-sichhinaus“180, als endliches Geschehen, das seinem es bewegenden Sinn nach über sich hinaus ins Unendliche gechieht, als Vergehen, das nur im Übertieg in die Unvergänglichkeit geschieht. b) Endlichkeit als Endlosigkeit des Je-mehr und „Dialektik des Ungenügens“ Das Geschichtliche geschieht seinem Sinn nach als das unbedingt Wahre und unbedingt Gute. Aber zugleich zeigt sich, daß es in der Endlichkeit seiner Faktizität je nur das Wahre und Gute in bestimmter Hinsicht und unter bestimmten Bedingungen und darin gerade nicht das Unbedingte, sondern das Bedingte und Relative und insofern das Endliche ist181. Die Endlichkeit als die Wirklichkeit des Geschichtlichen ist es, die sein „unbedingt Gemeintes immer unter Bedingungen stellt“182. Die Geschichte drängt dahin, das absolut Wahre und Gute und darin das Absolute an Recht und Gerechtigkeit zu realisieren, die schlechthin allem sein es erfüllendes Gutes gewährt und so alles in der Wahrheit seines Seins sein läßt. In der Realisierung dieses Worumwillen aber zeigt sich das Geschichtliche verwiesen an die Endlichkeit des Endlichen, das sich ihm als seine Wirklichkeit gewährt. Das Geschichtliche als das Geschehen, als welches der geschichtliche Mensch sein Dasein vollzieht, findet sich überall im Bereich des Endlichen und seiner endlosen Mannigfaltigkeit, in der das Unendliche nie als es selbst da und in seiner Unendlichkeit unmittelbar wirklich ist. Es ist zwar wirklich in dem Sinne, daß es das Geschichtliche als dessen Worumwillen bestimmt und insofern wirkend ist, aber es ist unwirklich, insofern es in seiner Unendlichkeit je unwirklich, ja unverwirklichbar ist183. Diese Unwirklichkeit des Unendlichen als des unbedingten Sinnes des Geschichtlichen zeigt sich phänomenal am Ungenügen jeder geschichtlich realisierten Gestalt und jedes geschichtlich erreichten Zustandes184. Das Ungenügen am Endlichen, das dieses als defizient erfährt, offenbart in eins die
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Endlichkeit des Faktischen und die Unendlichkeit seines Sinnes. In seiner negativen Phänomenalität erscheint das Ungenügen im „Nur“ und „Aber“185, in dem alles Geschichtliche im Entwurf seines Sinnes seiner wirklichen Gestalt widerspricht und sie als „zu gering und zu wenig“186 befindet. Ins Positive gewendet, erscheint das Ungenügen als das Hinaus-gewiesen-Sein über alles Faktische „ins immer ‘je mehr’„187. Die Unendlichkeit des Sinnes stößt an Grenzen, die sich im Verwiesensein ins Je-mehr enthüllen. Die Weisung ins Je-mehr, in der das Geschichtliche die Unendlichkeit seiner Bedeutsamkeit erfährt, weist dieses aber, indem sie es über alle Grenzen des Endlichen ins Unendliche verweist, in eins in die Endlichkeit hinein, denn ein Mehr ist im Endlichen nur als ein „plus von Endlichkeit“188 denkbar. Die Unendlichkeit spiegelt sich im Endlichen „in dem quantitierenden immer je mehr“189 der Endlosigkeit des Endlichen. Der in der Endlichkeit unerfüllbare unendliche Sinn realisiert sich im Endlichen im Umschlag in „das immer je mehr der Endlosigkeit des Endlichen“190, mit dem das Endliche nie an ein Ende kommt. Zeigte sich die Endlichkeit des Geschichtlichen in Hinsicht des Geschehens als die Endlichkeit des „unvermeidlichen zu Ende Gehens“, so zeigt es sich in Hinsicht der Unbedingtheit seines Worumwillen als die Endlosigkeit des „nicht zu Ende Kommens“191. Die Endlichkeit, selbst in ihrem Äußersten als Endlosigkeit gedacht, ist nie Unendlichkeit. Zwischen End-losigkeit und Unendlichkeit waltet gleichsam eine ontologische Grenze. Die Unendlichkeit des Geschichtlichen als die Unbedingtheit des Wahren und Guten realisiert sich in der endlich-endlosen Vielheit des Endlichen als der unbeendbare Überschritt des Je-mehr über alles geschichtlich Geschehende und Geschehene. Alles Geschichtliche ist je nur dieses eine Wahre, nie die Wahrheit alles Wahren, und es ist darin nur in dieser oder jener Hinsicht, unter dieser oder jener Bedingung wahr. Dies aber bedeutet Relativität und Endlichkeit. Und ebenso ist es auch mit dem Guten. Alle Weisen, in denen sich Wahrheit und Gutheit im Endlichen entfalten, sind defizient. Wissen etwa ist immer nur dieses und jenes Wissen, Können nur dieses und jenes Können, in welchem ‘dieses und jenes’ Wissen und Können ihre Grenze haben, die sie vom Alleswissen und Alleskönnen unaufhebbar ausgrenzt. Auch in Hinsicht des Guten als Recht und Gerechtigkeit gilt, daß sie wirklich immer nur als dieses konkrete Recht sind, das in seiner konkreten Gestalt gegen andere
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Gestalten streitet. Wirkliches Recht ist endliches Recht, bezogen auf eine bestimmte Grundlage des Miteinander, dessen Recht es ist, und darin begrenzt von dessen Grenzen. Das Geschichtliche geschieht als das Zu-wenig, das als dieses der „Imperativ“192 zum Je-mehr ist, welches Je-mehr grundsätzlich und immer schon alles Faktische transzendiert. In „dieser Dialektik und dieser Differenz des Ungenügens“193 transzendiert das Geschichtliche sich selbst. Es ist die Dialektik zwischen der Unendlichkeit des Entwurfs auf die Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit, die alles, was ist, einschließt, und der Endlichkeit als der Relativität der Wirklichkeit, die alles unter Bedingungen stellt und in Grenzen weist. Das Verwiesensein ins Je-mehr läßt sich auch von der Seite des Selbstseins des geschichtlichen Daseins als Grund der Geschichte deutlich machen, insofern die Unbedingtheit des Entwurfs im Selbstsein der Person gründet. Selbstsein bedeutet in allen möglichen Hinsichten und Bedingungen, d.h. unbedingt selbst sein. Um Selbst zu sein, transzendiert sich das Selbst immer schon auf das andere seiner. Es ist als Selbst immer schon mehr als es selbst. Und es ist als Selbst nur, wenn es unendlich mehr ist, denn gelangte es an eine Grenze, an der es sich als Selbst nicht durchhielte, so wäre es als Selbst aufgehoben. Selbstsein bedeutet unendlich selbst sein, d.h. unendlich mehr sein als es selbst. Dieses ‘unendlich mehr’ legt sich in der Endlichkeit der Wirklichkeit des Selbstseins des Menschen, das zwar als Selbst unendlich bestimmt ist, sich in der ausschließenden Einzigkeit seines Selbst-seins und in der Entzogenheit seines Grundes aber in die End-lichkeit gesetzt findet, in die Endlosigkeit des Je-mehr um. Das Je-mehr, als welches das Geschichtliche geschieht, ist letztlich das Je-mehr unendlich bestimmten endlichen Selbstseins, in welchem die Unendlichkeit als Unbedingtheit und Universalität ihren Ort hat. Die Dialektik des Ungenügens ist die Dialektik endlichen Selbstseins, das als Selbst im Horizont des Unendlichen, aber als sich in sein Selbstsein unverfügbar und unaufhebbar gesetzt vorfindendes Selbst in eins in der Endlichkeit der Entzogenheit seines Grundes und Sinnes geschieht. Es ist die Dialektik des Selbstseins des Menschen als „endlicher Unendlichkeit“194.
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c) Endlichkeit als Einzelheit und „Dialektik der Gesellschaft“ Das Geschichtliche geschieht als das „Eins und Alles“ im Entwurf unendlicher Einheit. Seine Endlichkeit, die sich zunächst als Vergänglichkeit und dann als die Endlosigkeit der Relativität gezeigt hat, enthüllt sich nun im Blick auf die Einheit als Sinn des Geschichtlichen als die Endlichkeit der Einzelheit, zu der als ihr zugehörige Kehrseite die Endlichkeit als Vielheit gehört. Diese Endlichkeit als Einzelheit und Vielheit ist wie die beiden zuvor genannten Weisen der Endlichkeit mit dem Sein des Geschichtlichen wesensmäßig verbunden. Denn dieses zeichnet sich dadurch aus, daß es das Einzelne als solches ist. „Alles in der Geschichte ist ein Einzelnes - nicht das Ganze. Und damit zugleich: ein Einzelnes neben anderem Einzelnen. Formal: im Ganzen nur ein Teil - nicht das Ganze. Und darum: ein Teil neben anderen Teilen“195. Endlichkeit als Einzelheit ist nur die andere Seite der Endlichkeit als Vielheit, denn daß Einzelnes ist, bedeutet, daß vieles Einzelnes ist und daß jedes Einzelne das Ende jedes anderen ist. So bedeutet Einzelheit in eins Vielheit von Einzelnem und darin ist Endlichkeit als Einzelheit in eins Endlichkeit als Vielheit. In diesem Abschnitt nun sei zunächst dem Walten der Endlichkeit als Einzelheit nachgedacht196. Das geschichtlich Einzelne ist dadurch bestimmt, daß es als endliches unendlich bedeutsam ist. Darin aber liegt eine „grundsätzliche Zweideutigkeit“197 der Einzelheit. Denn einerseits ist in ihr das Unendliche in ein konkretes Da und darin in die Macht der Wirklichkeit gesammelt, andererseits aber ist das Unendliche infolge der Aufsplitterung des Einzelnen in die Vielheit zerstreut und findet so im Einzelnen gerade nicht die Stätte seiner Macht und Fülle. Das Einzelne ist Verdichtung und Zerstreuung zugleich. Es ist als Ort und Stätte des Unendlichen in eins in der „Enge“ und der „Bruchstückhaftigkeit“198 seiner Einzelheit, und so ist es gerade nie wirklich die Präsenz und Fülle des Unendlichen. Seine Einzelheit ist Verneinung des Unendlichen, wiewohl sie ihrem Sinn nach unendlich ist. Es ist als Einzelnes je Einzelnes in der Einheit einer Vielheit oder als Teil eines Ganzen, aber so gerade nicht die Einheit oder das Ganze selbst. Es findet als Einzelnes seine Grenze einmal gegenüber anderem Einzelnen, dessen Ende es
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seinerseits zugleich bedeutet, und zum anderen gegenüber der Einheit, in der die Vielheit ihren Grund hat. Die Einzelheit nun findet ihre wesentliche Form im Personalen. Denn dort ist im Selbstsein der Person die Einzelheit auf sich gestellt und sich selbst innerlich und offen, und so ist die Einzelheit des Einzelnen als Person erst eigentlich Einzelheit, indem sie als solche geschieht. Insofern nun das Geschichtliche im Selbstsein des Menschen gründet und geschieht, gründet die geschichtliche Einzelheit in der Einzelheit personalen Selbstseins. Und die Einheit des Eins und Alles als das unendliche Worumwillen des geschichtlichen Geschehens zeigt sich primär als Einheit des personalen Miteinander, des geschichtlichen Wir. Dabei aber bleibt anzumerken, daß in dieses geschichtliche Miteinander, wie schon betont, aufgrund dessen, daß das Sein der Person universales Beim-anderen-sein ist, grundsätzlich alles, was ist, einbezogen ist, insofern das andere der Person nicht nur der andere, sondern auch das andere als das Nicht-Personale, die Welt der Dinge ist. In der Offenheit auf anderes ist je schon Mitwelt und Welt eröffnet. Person ist Mitsein und In-der-Welt-sein in untrennbarer Einheit. Somit entwirft sich die einzelne Person in der Unendlichkeit ihrer Selbstgehörigkeit, deren andere Seite die Unendlichkeit ihres Sinn- und Heilsbezugs ist, im Entwurf der Einheit ihrer selbst als die Einheit mit allem, als die Einheit des Eins und Alles, immer auch auf die Einheit ungeteilten Einsseins mit der Welt als der Welt der Dinge, sei es als Natur- oder Kulturwelt. Dieses bleibt in den folgenden Gedanken mitzudenken. Der einzelne strebt als unendlich bestimmtes Selbstsein danach, alles zu sein. Er entwirft sich auf das Eins und Alles als das unendliche Einssein mit allem als seinen ihn erfüllenden und heilmachenden Sinn. Darin aber steht der einzelne in seiner Einzelheit in der unauflöslichen Spannung zu dem anderen seiner, einmal als den anderen einzelnen und zum anderen zu der die Beziehung auf die anderen gründenden Einheit des Wir, welche Spannung von einzelnem und Einheit des Wir hier zunächst betrachtet wird. Die Spannung zwischen dem einzelnen und den vielen einzelnen wird als die „Dialektik der Souveränität“199 im folgenden Abschnitt bedacht. Hier geht es zunächst um die Spannung zwischen dem einzelnen und der Gemeinschaft, dem geschichtlichen Wir, als der „Dialektik der Gesellschaft“200.
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Der einzelne ist als unendliches Selbstsein als Grund und Vollbringer des geschichtlichen Wir nie als Teil einfachhin in dieses aufhebbar201, er bleibt diesem je auch gegenüber. Das bedeutet aber auch umgekehrt, daß er sich nie vollendet ins Wir aufheben kann. Das Wir findet seine Grenze am einzelnen und der einzelne am Wir. Die Einheit im Endlichen zeigt sich nie so vollkommen, daß sich der einzelne im Wir als er selbst ganz erfüllt und sich das Wir im Seinlassen der einzelnen ganz eins und ungeteilt findet. Das Selbst bleibt dem Wir immer auch gegenüber, da dieses zwar unendlich bestimmt, aber in der Wirklichkeit seines Da begrenzt und endlich ist. Es ist je nur das Wir einer endlichen Vielheit, einer Zeitgenossenschaft etwa, einer Epoche, eines Volkes oder einer politischen oder sonstigen Ordnung, der sich der einzelne immer auch gegenüberstellen und sie in seinem Umfassen überschreiten kann und die ihn daher nie ganz in ihrer Einheit als mit sich einig umfassen kann202. Der einzelne sprengt je die Einheit des Wir. Er bleibt dem Wir auch in der Weise gegenüber, daß auch er selbst sich der Einheit vorenthält, die ihm als endliche Grenze bedeutet und die ihn so nicht unendlich selbst sein läßt. Die Einheit von einzelnem und Wir ist in der Endlichkeit der Wirklichkeit nie grenzenlos, so daß sowohl einzelner als auch Wir im Gegenüber eine Begrenzung erfahren. So ist der einzelne im Wir zwar mehr er selbst als in der Vereinzelung seiner Einzelheit, insofern der Vollzug des Wir das Wesen seines Selbstseins ausmacht, aber er ist im Wir je auch weniger und gemindert er selbst, insofern dieses als je wirkliches Wir einer begrenzten Vielheit nie die Unendlichkeit des Selbstbesitzes des einzelnen vollkommen tragen kann und dieser sich so im Wir nie ganz und mit sich einig wiederfindet. In diesem unaufhebbaren begrenzenden Gegenüber, in dieser Dialektik der Gesellschaft liegen Gefahren sowohl für den einzelnen als auch für das Wir. Die dialektische Verfassung birgt einmal die Versuchung seitens des Wir, den einzelnen als verfügbares Glied einzufordern und ihn nicht als unvertretbares Selbst seinzulassen und freizugeben, vielmehr sein Sein in der Einforderung durch das Wir aufgehen zu lassen. Es ist die Gefahr der Totalisierung als der gewaltsamen Unterordnung des einzelnen unter das Wir, welches Wir als geschichtliches sich je eine konkrete Ordnung geben muß, in der es als Wir präsent ist. Diese Ordnung aber hat ihre Wirklichkeit je nur in den sie
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repräsentierenden und sie in der Wirklichkeit konkreten Handelns vollziehenden einzelnen. Die gewaltsame Niederhaltung des freien Selbstseins des einzelnen in der Absolutsetzung eines endlichen Wir ist mithin letztlich Gewalt einzelner über einzelne. Das Wir als Wir aber ist auf dem Grunde des unendlichen Selbstseins der Person unendlich bestimmt und braucht alle einzelnen in der Freiheit ihres unvertretbaren Selbstseins als seine es vollbringenden Träger. Im einzelnen dagegen liegt die Versuchung zum einen in der Absolutsetzung des eigenen Selbstseins in dem Sinne, daß der einzelne seine Freiheit mit bloßem Eigenwillen gleichsetzt, welche Gleichsetzung die Gefahr der Anarchie darstellt, in der das Wir in das „atomisierte Aggregat bloßer Eigenwilligkeit“203 aufgelöst ist. Zum anderen aber birgt der einzelne die entgegengesetzte Gefahr der Aufgabe seines Selbstseins und dem selbst-verlorenen Untergehen im Wir als der Masse oder der blinden Gefolgschaft in sich, welche Selbstverlorenheit ihren sie ermöglichenden Grund im Selbstsein der Person als Selbstseinmüssen und darin als Verantwortlich-sein-Müssen hat. Sie ist die Flucht des Selbst vor der Last der Verantwortung seiner selbst im Horizont alles dessen, was ist. In dieser Aufdeckung der Gefahren der Dialektik der Gesellschaft zeigt sich Weltes Sensibilität gegen alle Möglichkeiten der Defizienz des geschichtlichen Wir. Er entlarvt alle Formen von Totalitarismus, Vermassung und Anarchie gleichermaßen als Weisen des Unwesens von Gemeinschaft, die eine ontologische Grenze verletzen. Denn in allen diesen Weisen von Gemeinschaft wird entweder das Selbstsein oder das Wir negiert, welche beiden aber ontologisch aufeinander verwiesen sind, indem das Selbstsein des einzelnen im Wir gründet und das Wir im Selbstsein des einzelnen. Das einzelne Selbst ist Selbst nur, indem es sich ins Wir als der Weite des Bezugs seiner selbst als Selbst auf mögliches anderes Selbst gründet und als Wir vollzieht. Es ist als Selbst nur als Wir. Und ebenso hat das Wir seinen Grund im Vollzug der einzelnen als Selbst und darin als Wir. Die Negierung eines Pols durch den anderen, wobei die Negation des Selbstseins durch das Wir letztlich die Negation durch sich als Wir absolut setzende einzelne ist, negiert diesen selbst. Ein totalitäres Wir ist nicht wesentliches Wir, sondern Gewalt einzelner über einzelne. Darin aber verfehlen diese den Sinn ihres Seins als Personen und sind selbst Grund ihrer eigenen
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Seinslosigkeit im Sinne der Wesenslosigkeit. Denn sie realisieren, gemessen an dem sie erfüllenden Worumwillen des Eins und Alles als der freien Einheit aller, in der sie erst einig und heil sie selbst sind, weil darin von allen frei als sie selbst gemeint und angenommen und umgekehrt sich selbst, alle seinlassend, allen einend, das im Hinblick auf ihr Wesen Sinnlose und sie in die Sinnlosigkeit Setzende. So sind auch alle Formen von Vermassung als der Selbstaufgabe des selbstvergessenen Selbst ins Wir und der Anarchie als der eigenwillentlichen, sich absolut setzenden Selbstbehauptung des einzelnen gegen das Wir sowohl Formen des unwesentlichen Selbstseins als auch des unwesentlichen Wir, und insofern sind sie alle unwesentlich geschichtlich. Denn indem sie den einzelnen als den unaufhebbaren Grund des Wir oder die Gemeinschaft als den Grund der Wirklichkeit des einzelnen gewaltsam begrenzen, ihnen den Raum ihrer Entfaltung verschließen und so beide in ihr Unwesen verkehren, sind sie als unwesentliche Weisen der Einheit als dem Worumwillen des Geschichtlichen geschichtslos-geschichtlich, weil dessen personalen Grund mißachtend. Die Dialektik der Gesellschaft gründet in der Endlichkeit als der Einzelheit als dem Sein des Selbstseins des geschichtlichen Daseins. Sie hat darin ontologische Wurzeln und ist mithin unauflöslich. Die Einheit des Eins und Alles, hier betrachtet als die Einheit von einzelnem und Wir, ist nie in der Ruhe unendlicher Erfüllung, in welcher der einzelne im Wir unendlich eins mit sich ist, indem er sich frei allen eint und diese ihm und in der das Wir als Erfüllung des einzelnen alle, sie seinlassend, zum erfüllten Selbstsein befreit. Denn weder findet sich der seinem Wesen nach unendliche Selbstbesitz des einzelnen in der endlichen Wirklichkeit des geschichtlichen Wir ganz wieder noch kann die ihrem Wesen nach unendliche Einheit des Wir an den Grenzen der endlichen Wirklichkeit des einzelnen, der sich dem Wir bei aller Einigung immer, anderes Selbstsein beschränkend, vorenthält, ungeteilt sein204. So zeigt sich in der Dialektik der Gesellschaft das geschichtliche Geschehen in stetem Scheitern, zugleich aber weist es darin über sich hinaus in das Geschehen der Fülle der Einheit, auf die es sich entwirft als auf die Einheit, in welcher der einzelne sich frei im Wir aufhebt und das Wir die Weite des freien Selbstseins jedes einzelnen ist. In der Endlichkeit der Wirklichkeit aber ist höchstens ein labiles, stets gefährdetes, weil ontologisch
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dialektisch verfaßtes Gleichgewicht möglich, dessen Institutionali sierung in der politischen Ordnung des geschichtlichen Wir Welte in der Demokratie sieht „als ein kompliziertes System des institutionalisierten Gleichgewichts zwischen zentraler Macht und peripherer Freiheit, als ein System des Kompromisses, in dem die zentrale Macht mächtig, aber im Blick auf die Freiheit der vielen nicht zu mächtig, die vielen aber frei, jedoch im Blick auf die Größe und Handlungsfähigkeit des Ganzen nicht zu frei sein dürfen“205. Welte bekennt sich darin zur Demokratie als der politischen Verfassung des geschichtlichen Wir, welche die Möglichkeit des Gleichgewichts der Dialektik der Gesellschaft offenhält, der Verfassung, in der wenigstens die Möglichkeit geborgen liegt, daß Selbstsein und Freiheit des einzelnen und Einheit des Wir ihr je geschichtlich mögliches Je-besser und Je-mehr finden. d) Endlichkeit als Vielheit und „Dialektik der Souveränität“ Die Endlichkeit als Einzelheit waltet in eins als Vielheit. Darin liegt die Möglichkeit, die Dialektik der Einheit nicht nur als „Dialektik der Gesellschaft“ als die Dialektik zwischen der Einzelheit des einzelnen und der Einheit des Wir, sondern auch als „Dialektik der Souveränität“206 als die Dialektik zwischen der Einzelheit des einzelnen und der Vielheit der vielen einzelnen zu betrachten. Die Zweiheit folgt aus dem Auseinanderfallen des Unendlichen im endlichen Denken in die Unendlichkeit als intensive, welche die Einheit als Einheit der Erfüllung von einzelnem und Wir meint, und als extensive, welche die Einheit in ihrer Universalität und ihrem Allumfassen meint. Es ist die Unterscheidung in der Betrachtung der Einheit des Eins und Alles als Sinn des Geschichtlichen einmal in Hinsicht des ‘Eins’ und zum anderen in Hinsicht des ‘Alles’. In diesem Abschnitt nun geht es vorrangig um die letztere207, wiewohl beide Hinsichten nicht rein zu trennen sind, da der einzelne in der Einheit des Wir nur ist, insofern er sich den vielen einzelnen eint. Das Geschichtliche geschieht in der Idee des Eins und Alles, und darin geschieht es seinem Sinn nach in eins in der Idee der Allmacht im Sinne des Vermögens der Erwirklichung der Einheit. Im Streben nach Alleinheit strebt das geschichtliche Geschehen nach
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Allmacht, deren Ermächtigung als Macht der Einheit aller aber im Recht liegt, das als Recht allem gerecht wird, d.h., allem den Wesensraum der Wahrheit seines Seins gewährt und offenhält. Nun zeigt sich aber gleichwohl alles in der Geschichte diesem es erfüllenden Sinn gegenüber als defizient, denn „nicht nur hat der Einzelne am Wir und das Wir am Einzelnen ein Ende und daher einen seinsmäßigen Streit, sondern ebenso ist in der Geschichte auch jeder Einzelne das Ende des anderen Einzelnen ...“, und darin liegt, „daß die unendliche Bestimmtheit der Geschichte an das Einzelne als an die vielen Einzelnen zersplittert ist, an eine Vielheit, mit der sie als unendliche Bestimmtheit nicht kompatibel ist“208. Der Idee des Geschichtlichen, hier als Allmacht als die Macht zur Einheit aller betrachtet, welche Idee der Allmacht aber nur eine Entfaltungsweise der Idee unendlicher Seinsfülle ist und so in ihr alle beschriebenen Erscheinungsweisen der Idee göttlichen Lebens mitgemeint sind, zeigt sich in eine Vielheit zerstreut, dies aber nicht so, daß sie darin als sie selbst zerteilt wäre, sondern so, daß sie sich in allem Einzelnen in ihrer Unendlichkeit erhebt, welches Einzelne in seinem Grund die Einzelheit des geschichtlichen Daseins ist, da alles andere, was sonst als geschichtliche Einzelheit erscheint, dies je ist als Gestaltwerdung des Vollzugs des geschichtlich verfaßten Menschen. Die unendliche Bestimmtheit des Eins und Alles findet sich in der Geschichte in die vielen einzelnen zerstreut, so daß sich in vielen, letztlich in allen einzelnen, der Anspruch der Allmacht erhebt, zugleich aber jeder einzelne sein Ende erfährt am Anspruch jedes anderen. So entsteht die Situation der „Rivalität“209 oder „Konkurrenz“210 als eine Grundverfassung des geschichtlichen Miteinander und darin der Geschichte. Welte beschreibt sie als die „Dialektik der Souveränität“211. Es ist die Dialektik, in der jeder einzelne als Vollbringer des geschichtlichen Wir nach Souveränität strebt als der Macht, sich allen ohne Minderung des eigenen Seins, und dies bedeutet für den heilen Zustand des Personseins auch ohne Minderung des Seins aller anderen, zu einen und darin den anderen mächtig zu sein, dabei aber im Raume seiner endlichen Verfaßtheit jeden anderen doch als Grenze erfährt, gleichwohl aber auf das Einssein mit ihm verwiesen bleibt. Insofern die Spannung zwischen einzelnem und Wir im Endlichen nicht lösbar ist, ist es auch die Spannung zwischen dem einzelnen und den vielen einzelnen nicht. In der ontologischen
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Grundverfassung des Daseins als endlicher Unendlichkeit hat auch das Phänomen der Konkurrenz seine Wurzeln. Der einzelne ist als endliches Selbstsein seines Selbst nicht so mächtig, daß er den anderen ganz Selbst sein lassen kann, er versucht vielmehr diesen unter seine Bestimmungsmacht zu bringen, um sich ihm zu versichern. Der einzelne, der als Selbst seine Erfüllung in der Einheit mit allen anderen hat, versucht, von sich aus unter Übergehung ihres unverfügbaren Selbstseins diese Einheit herzustellen. Sofern die Konkurrenz in einem konkreten geschichtlichen Wir in den Zustand eines labilen Gleichgewichts getreten ist, in dem die Machtansprüche des einzelnen in einer konkreten freien Macht- und Rechtsordnung durch Kompromiß zu einem Vergleich mit den Ansprüchen der vielen anderen gekommen sind, und so jedem wenigstens in bestimmten Grenzen sein Selbstsein von den anderen gewährt ist, welcher Vergleich aber nur als Kompromiß, als Aufgabe von eigenen Ansprüchen, möglich ist, und so als Kompromiß immer Grenze bedeutet, zeigt sich, daß dieses konkrete Wir nun in Konkurrenz tritt mit dem Wir jeder anderen konkreten Einheitsbildung, die als endliche je auch wieder eine einzelne ist. Welte nimmt gerade das Phänomen der konkreten souveränen Einheitsgebilde in der Geschichte wie die Völker und Staaten, in denen die Dialektik der Souveränität noch deutlicher hervortritt als unter den einzelnen einzelnen, als Beispiel, um diese zu veranschaulichen. Denn sie sind die einzelnen, die in keine konkrete Einheit gefaßt sind. In ihnen zeigt sich die Konkurrenz der einzelnen als der vielen am deutlichsten. Hier erscheinen die Grenzen zwischen den einzelnen auch sinnenfällig als Grenzen von Macht- und Hoheitsgebilden. Und darin enthüllt sich die Idee der Allmacht umso sinnenfälliger, sei es im Sinne der wesentlichen, vom Recht ermächtigten Macht, die einen friedlichen Ausgleich und ein Zusammen mit allen möglichen einzelnen erstrebt, ohne sie in ihrer Souveränität anzutasten, oder sei es in der unwesentlichen Macht als der Gewalt, die ihre größte Erscheinung im Krieg und der ihm folgenden Gewaltherrschaft findet, als der Bestreitung des Selbstseins der anderen, welches Unwesen sich darin zeigt, daß „die Tyrannei ... die Zerstörung dessen, was sie selbst sein will“212, ist. Denn sie will Einheit und zerstört den Grund von Einheit, das freie Selbstsein der einzelnen als einzelner einzelner und als einzelne Wir. „Die Tyrannei ist nicht die Vollendung dessen, was die Geschichte will, weil sie gerade
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nicht die Präsenz des Unendlichen ist, sondern nur die ins Schreckliche potenzierte Form der Endlichkeit“213. Auch in der Entfaltung der Dialektik der Souveränität zeigt sich Weltes Sensibilität gegen jede Form von Gewalt. Gewalt ist der Widerspruch der Macht als des Vermögens zu sein, das als solches immer schon in der offenen Einheit alles dessen, was ist, als der Einheit des Seins steht. Gewalt als Widerspruch zur Macht ist Widerspruch zum Sein als dem Seinlassen alles dessen, was ist. „Darum ist auch die eigentliche Höhe der geschichtlichen Macht nicht dort, wo dieselbe einen Zwangscharakter hat ..., sondern wo sie die Macht der Freien ist ... (Nicht umsonst umkleidet sich selbst die Zwangsmacht mit dem Scheine, in der Spontaneität des Volkswillens zu gründen)“214. Welte entlarvt in der Aufdeckung der ontologischen Verhältnisse alle Formen der Gewalt als Unrecht und als Formen des Unwesens des Geschichtlichen. Er verurteilt im Blick auf das Ontologische als das Maß von Wesen und Unwesen die ontischen Gegebenheiten auch in ihren sublimsten Formen der Verschleierung ihres Unwesens mit dem Schein der Wesentlichkeit als Weisen des Unwesens, die sie in Wahrheit sind. Das Auftreten der Macht als Gewalt, das sich in der geschichtlichen Wirklichkeit so aufdringlich zeigt, ist Folge der Endlichkeit der Wirklichkeit, aufgrund derer die Idee der Allmacht als der Macht freier Einheit in die Einzelheit der vielen einzelnen zerstreut ist, die in ihrer endlichen Einzelheit, für die jeder andere Grenze und Ende der Macht bedeutet, versucht sind, diese im Endlichen unaufhebbare Grenze zu überwinden, indem sie, das Recht der anderen negierend, diese mit Gewalt in die Einheit mit sich bringen wollen, welche erzwungene Einheit aber nie wesentliche Einheit sein kann, die jeder einzelne als er selbst, d.h. frei, vollbringen muß. Die Idee der Geschichte als Eins und Alles und darin als Allmacht ist eine ontologische Bestimmung. Sie darf daher nicht vorschnell ontisch mißverstanden werden. Macht in diesem ontologischen Sinne meint zunächst nicht Macht als die konkreten Machtverhältnisse oder Machtmittel, die im Endlichen nie frei von Gewalt sind, sondern sie meint eine Bestimmung, aufgrund deren die konkreten Phänomene der Macht bis hin zu ihrer Verkehrung ins Unwesen der Gewalt erst möglich sind. Die Allmacht des Geschichtlichen meint das Vermögen des Einsseins des geschichtlichen Daseins mit allen und mit allem, in welches Einssein auch das Ganze der geschichtlichen
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Zeit gehört. Dieses Einssein nun hat, ontologisch betrachtet, seinen Sinn nicht in der Aufrichtung einer allumfassenden Macht im Sinne der gewaltsamen Beherrschung aller, als welche totalitäre Macht Allmacht leicht mißverstanden wird, da sie im Endlichen als je begrenzte Macht immer auch Macht gegen ist215. Allmacht als Idee der Geschichte im Sinne Weltes meint das Vermögen der wesentlichen und wahren Einheit mit allen, in welcher Einheit alle frei und als sie selbst eins sein können. Allmacht meint das Vermögen zu sein im Seinlassen alles dessen, was ist, d.h. zu sein in der Wahrheit des Seins alles Seienden, es heißt, seines Seins als des Da des Seins alles dessen, was ist, mächtig zu sein im Seinlassen von allem. Allmacht meint das Vermögen, sich allem, es in seinem Recht als seiner Wahrheit seinlassend, zu einen. Allmacht als Idee der Geschichte meint, ontologisch betrachtet, mithin nichts weniger als totalitäre Gewalt. Diese ist vielmehr nur die Möglichkeit ihrer Verkehrung ins Unwesen und darin gerade Verfehlung ihres Sinnes als Erfüllung ihres Seins. Die Idee der Allmacht zeigt sich daher nicht nur und schon gar nicht wesentlich im Phänomen des Machthabens mit den Mitteln der Gewalt, zu denen auch die nicht unmittelbar eingesetzten Potentiale als drohende Gewalt gehören. Gewalt ist Erscheinung des Unwesens der Macht und zeigt diese nur negativ in ihrer Verkehrung. Deren Wesen als Macht freier Einheit zeigt sich vielmehr grundsätzlich in dem Phänomen, daß die einzelnen als einzelne einzelne und als einzelne Wir je von allen möglichen anderen angegangen und darin mit ihnen immer schon irgendwie eins sind. Es zeigt sich darin, daß sie sich den anderen mitzuteilen, zu erklären, sie zu verstehen, sie zu überzeugen oder zu überreden, d.h., einen Zustand der Übereinstimmung mit ihnen zu erreichen versuchen, und erst wo dies nicht möglich ist, sich von ihnen als dem Fremden, Unbedeutenden oder gar Feindseligen abwenden, welche Abwendung aber auch eine, wenn auch negative Form ist, sich ins Einssein und den Einklang mit den anderen zu bringen. Einheit ist nicht nur Einheit politischer Ordnung oder wirtschaftlichen und kulturellen Austauschs. Sie hat viele Formen, zu denen auch die negativen Formen des offenen Ausschlusses der anderen gehören als Weisen, das Uneinige einzuordnen und so in Einheit mit sich zu bringen. So sind etwa auch die Phänomene der Sprachlosigkeit oder der Verweigerung
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der Kommunikation Phänomene der Macht als der Macht der Einheit, allerdings negative als Resignation gegenüber der faktischen Uneinigkeit und so Machtlosigkeit. Denn sie zeigen sich bei näherem Zusehen als defizient, als ein Nicht-Gesolltes und Nicht-Gewolltes, als resignatives Zugeständnis an die faktischen Zustände. Dazu gehört auch die Gewalt. Sie ist der Versuch, die Einheit zu erzwingen, die sich nicht von sich her gewährt, auf die aber jeder einzelne und jedes konkrete Wir von ihrem Wesen her verwiesen sind. Die Idee der Allmacht als die Macht der Alleinheit gründet in der apriorischen Verwiesenheit jedes einzelnen ins Miteinander und zeigt sich daher in allen Weisen geschichtlichen Daseins, sei es wesentlich oder unwesentlich. Die Dialektik der Souveränität als die Dialektik zwischen der Endlichkeit als Vielheit und der Unendlichkeit als allmächtiger Einheit zeigt sich wie die Dialektik der Gesellschaft von der Geschichte her unauflöslich. Denn die Endlichkeit als Vielheit, wie groß diese auch sein mag, ist mit der Unendlichkeit nicht kompatibel216. Selbst in einer mächtigen Einheit des geschichtlichen Wir, in der alle konkreten Realisierungen des Wir, alle geschichtlichen Einheitsbildungen, in ein Eines zusammengefaßt wären und sich in der Ordnung eines Weltimperiums Gestalt gäben, wäre nicht die Erfüllung der Unendlichkeit der Idee der Allmacht als der Idee der Geschichte217. Denn auch diese Einheit wäre begrenzt, äußerlich in ihrem Umfassen und innerlich in der Grenze, die jeder einzelne als unendlich bestimmtes endliches Selbstsein sowohl gegen die Einheit des Wir als auch gegen jeden anderen einzelnen bildet218. Die Dialektik der Souveränität weist über sich hinaus in eine Einheit, in der alle allen mächtig sind in dem Vermögen, alle in ihrer Unendlichkeit als sie selbst sein zu lassen und in diesem Seinlassen gerade erst dem eigenen Sein ganz mächtig zu sein und darin erst erfüllt und heil. In der Dialektik der Souveränität und der ihr zugehörigen Dialektik der Gesellschaft weist die Geschichte über sich hinaus in eine Erfüllung des Miteinander, deren Linien in das münden, was die Bibel mit dem Ausdruck ‘Reich Gottes’ benennt, welchen Ausdruck Welte zur Beschreibung des Sinnes des geschichtlichen Miteinander und darin des geschichtlichen Geschehens aufnimmt219.
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e) Endlichkeit als Möglichkeit von Schuld und „Dialektik der Verantwortung“ Zuletzt gilt es auf eine weitere Weise der Endlichkeit des Geschichtlichen zu achten, die sich in der „Unvollendbarkeit der Verantwortlichkeit“220 als die unaufhebbare Möglichkeit von Schuld zeigt221. Das geschichtliche Geschehen ist verantwortliches Geschehen als das Geschehen, in dem das geschichtliche Dasein je augenblicklich an sich selbst verhängt und darin in die Antwort gegenüber der unendlichen Bedeutsamkeit gestellt ist, in der stehend es allererst es selbst ist222. Die Verantwortlichkeit des geschichtlichen Daseins ist von diesem aufgrund der Unendlichkeit des zu Verantwortenden nicht abschließbar. Diese Unabschließbarkeit entfaltet sich in zwei Richtungen, zum einen in Richtung des verantwortlichen Selbstseins und zum anderen in Richtung der Tiefe seines Grundes, wobei beide Richtungen als die zwei Seiten derselben Sache zusammengehören. Das endliche, als Selbst jedoch gleichwohl unendlich bestimmte geschichtliche Dasein kann sich seiner nie sicher sein, insofern es als endliches der unendlichen Tiefe und Weite seines Selbstseins nie sicher sein kann. Das Selbst antwortet je der Unendlichkeit, in der es sich selbst bedeutsam ist, aber es bleibt hinsichtlich der Frage, ob es in seinen antwortenden Vollzügen diesem Unendlichen gerecht wird, auf dieses bezogen als auf das Maß, das auf die Antwort des Daseins, sie beurteilend und richtend, seinerseits antwortet. Welte beschreibt das Geschehen der Verantwortlichkeit als ein dialogisches Geschehen, als „die Situation eines Gesprächs, von Spruch und Antwort“, in dem das Dasein, dem unendlichen Anspruch antwortend, wiederum bezogen ist „auf eine Antwort, die wir nicht vorwegnehmen dürfen und aus der sich doch entscheiden muß, was wir wesentlich sind und wie sich in unserer Verantwortung die Tiefe unseres Heils sich erfüllt“223. Verantwortlichkeit ist die auf einen unendlichen Anspruch antwortende Anfrage in der Gewärtigung einer unverfügbaren, sie richtenden und ihre Erfüllung bemessenden und entscheidenden Antwort dieses sie beanspruchenden Anspuchs. In der Gewärtigung dieser von ihr aus unvorwegnehmbaren Antwort ist sie von sich her unvollendbar in dem Sinne, daß sie auf ein ihr Unverfügbares verwiesen bleibt, das als
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ihr Maß über die Erfüllung dieses Maßes und darin über sie selbst entscheidet. Der Unvollendbarkeit der Verantwortlichkeit als das Verwiesensein auf die Unverfügbarkeit ihres unendlichen Grundes, dem sie als endliche nie sicher sein kann, entspricht die Unvollendbarkeit der Verantwortlichkeit als die Unsicherheit, in der das Selbst seiner selbst unsicher ist. Denn indem es in der Unendlichkeit der Bedeutsamkeit, in der stehend es allererst ein Selbst ist, nicht sicher sein kann, kann es seiner selbst nicht sicher sein224. Diese Unsicherheit des Selbst gegen sich selbst birgt die ihr zugehörige Möglichkeit der Negation des unendlichen Anspruchs, unter dem es steht, in sich als die Behauptung, mit ihm, ihn erfüllend, fertig zu sein. Es ist die Möglichkeit der Erklärung des nur Endlichen und Relativen zum Unendlichen und Absoluten. Es ist die Möglichkeit der Hybris, die in Mißachtung ihrer Endlichkeit des Unendlichen verfügend mächtig zu sein behauptet. Dies ist die Möglichkeit des „endlichen Unendlichseinwollens“225 als Möglichkeit des geschichtlichen Daseins als endlicher Unendlichkeit, in welcher Möglichkeit des endlichen Unendlichseinwollens Welte die Möglichkeit des Bösen sieht und darin die Möglichkeit von Schuld. Die Möglichkeit des Bösen und mit dieser die Möglichkeit von Schuld liegen in der Überschreitung einer Grenze, welche das Dasein als endliche Unendlichkeit von der Unendlichkeit trennt. Diese Grenze ist keine hinausschiebbare oder gar aufhebbare Grenze. Die Möglichkeit von Schuld bezeichnet eine absolute, weil eine Wesensgrenze des geschichtlichen Daseins, die zu seinem Sein als solchem gehört. Die Möglichkeit von Schuld ist eine im Sein des Daseins gegründete, mithin eine ontologische Möglichkeit, wie die unaufhebbare Verantwortlichkeit eine ontologische Bestimmung des Daseins ist, ja Schuld ist eine Weise des Vollzugs der Verantwortlichkeit und ist nur auf ihrem Grunde226, und d.h. zugleich auf dem Grunde von Freiheit227, möglich. Sofern Verantwortlichkeit im Sein des Daseins gründet, und so von diesem unablösbar ist, steht dieses unaufhebbar in der Möglichkeit von Schuld, und diese ist daher unauflöslich mit dem Geschehen des Geschichtlichen verbunden. Die Möglichkeit von Schuld, damit aber nicht schon notwendig ihre Wirklichkeit, gehört zum Sein des Geschichtlichen228, und so bezeichnet die Unvollendbarkeit der Verantwortlichkeit als Möglichkeit von Schuld eine Weise der
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Endlichkeit des Geschichtlichen, die dieses wesentlich und darum unaufhebbar von der Erfüllung seines Sinnes trennt. Die Endlichkeit des Geschichtlichen als Möglichkeit von Schuld gehört zum geschichtlichen Geschehen als solchem, und so bedeutet seine Unvollendbarkeit hinsichtlich der Verantwortlichkeit eine wesentliche, nicht nur eine zufällig faktische. Die Endlichkeit des Geschichtlichen, die in der Möglichkeit seines Schuldigwerdens liegt, zeigt ihre Schärfe im Blick darauf, daß die Möglichkeit von Schuld das geschichtliche Dasein in der stets lauernden Möglichkeit der Selbstentfremdung hält, also in der dauernden Möglichkeit der Verfehlung seines Sinnes als des Heilseins, welches Heilsein vollendetes Einssein, reine Identität mit sich selbst meint. Denn Schuld bedeutet „Selbstwiderspruch“229, „schuldig werdend wollen wir etwas und entscheiden wir uns im Augenblick für etwas, was wir zugleich - in anderer Hinsicht - niemals wollen noch je wollen können, so daß unser Selbstvollzug mit uns selbst in den absoluten Streit gerät. Niemand kann schuldig sein wollen“230. In der Schuld setzt sich das Dasein in seiner Endlichkeit absolut und setzt sich darin in Widerspruch zu sich selbst, insofern es diese Endlichkeit gerade nicht will. Es will unendlich sein und setzt sich in der Schuld gerade endlich, indem es seine Endlichkeit als unendlich nur behauptet und sich so selbst belügt. Es setzt das, was es überwinden will, seine Endlichkeit, unendlich. Schuld, die darin besteht, daß das Endliche zum Unendlichen erklärt und darin das Unendliche in seiner Unendlichkeit geleugnet wird, ist Negation der Unendlichkeit und darin Abfall des Daseins als endlicher Unendlichkeit von sich selbst. In der Schuld wird das Dasein, indem es gegen den unendlichen Anspruch schuldig wird, gegen sich selbst schuldig. Schuld geschieht in der Unendlichsetzung des Endlichen, sie ist Negation der Unendlichkeit als solcher und des unendlichen Sinnes des Daseins, das aber gleichwohl auf unendlichen Sinn verwiesen bleibt. Darum kann das Dasein nie in der Schuld als Schuld sein wollen. „Man kann die Vorteile, die mit der Schuld verknüpft sein mögen, wollen: Genuß, Besitz, Macht etc.. Aber all dies, an sich selbst betrachtet, ist nicht schuldig. Dagegen kann man die Schuld nicht formell wollen“231. Schuld ist Selbstwiderspruch im Widerspruch gegen das Unendliche seines Grundes und Sinnes. Beides gehört untrennbar zusammen.
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Das Nicht-schuldig-sein-Wollen zeigt sich phänomenal in den verschiedenen Weisen, in denen sich das schuldig gewordene Dasein zu seiner Schuld verhält. In diesen zeigt sich die abweisende Macht der Schuld. Nicht-schuldig-sein-wollend wird das schuldige Dasein von der Schuld in die Flucht gewiesen, indem es sie zu vergessen versucht oder sie in der Verkehrung des Unrechts in Recht als Unschuld behauptet. In beiden Fällen zeigt sich, daß das Dasein nicht in der Schuld als Schuld sein kann232. Selbst in der Verzweiflung als dem Eingeständnis der Schuld zeigt sich dies. Denn an der Schuld verzweifelnd, erkennt das Dasein seine Schuld an, indem es jedoch zugleich, allen Zweifeln enthoben, weiß, daß es darin nie mit sich eins sein kann, und so sucht es in diesem Selbstwiderspruch, in dem es schuldig ist und nicht schuldig sein will, seine Schuld aber auch nicht von sich aus beheben kann, gerade sein Nichtsein als einzige, ihm möglich erscheinende Lösung dieses Widerspruchs. Und selbst die Reue233 als die Übernahme der Schuld, die aber im Gegensatz zur Verzweiflung dem unverfügbaren Grund der Unendlichkeit gegenüber wahrer ist, insofern sie nicht, diesem vorgreifend wie die Verzweiflung, die Unlösbarkeit der Schuld behauptet, sondern diese der Unverfügbarkeit des unendlichen Grundes anheimgibt, ist als diese Übernahme der Schuld die Ablösung von ihr. Denn „... in der Reue lösen wir uns von der Schuld, wir wollen nichts mit ihr zu tun haben, wir lassen sie los, aber gerade indem wir uns zu ihr bekennen“234. In allen diesen Möglichkeiten zeigt sich aber zugleich, daß das Dasein der Schuld von sich her nicht ledig werden kann. Und dies ist verständlich, insofern ja die Schuld als ontologische Möglichkeit des Daseins in dessen Sein wurzelt. Schuld ist eine Möglichkeit des Daseins, sein Sein zu vollziehen. Schuldig geworden ist es mithin in seinem Sein davon betroffen und verändert235, und von daher sind alle seine Vollzüge davon betroffen. Es findet in der Schuld keinen Raum, in dem es sich nicht als schuldig antrifft. Von daher zeigen sich die Fluchtversuche schon a priori zum Scheitern verurteilt. Die Schuld wurzelt im Selbstvollzug des Daseins, und insofern das Selbst sich nie los wird, wird es, schuldig geworden, seine Schuld nicht los. Darin enthüllt sich die Unbedingtheit der Schuld. Indem die Schuld alle Vollzüge des schuldig gewordenen Daseins betrifft und verändert, läßt sie sich mit keinem von ihnen verrechnen oder durch ihn ablösen. Selbst
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die Reue als Weise, in der sich das schuldig gewordene Dasein in die Wahrheit seines Schuldigseins bringt und die Schuld als Schuld vollzieht, läßt sich nicht mit der Schuld verrechnen, denn „wo wir Bedingungen stellten (ich bereue nur, wenn ...) wären wir offenbar nicht in der Wahrheit der Reue“236. Auch die Reue hebt die Schuld nicht auf, sie bekennt sich nur zu ihr als ihrer Wahrheit. Und so zeigt sich in der Wirklichkeit der Schuld eine zweifache Unmöglichkeit, einerseits die Unmöglichkeit des Daseins, in der Schuld als Schuld zu sein, und andererseits die Unmöglichkeit, sie von sich her aufzuheben. Diese „Dialektik der Schuld“237 gründet in der „Dialektik der Verantwortung“238, in der das geschichtliche Dasein geschieht. Sie ist der unauflösliche Widerspruch, die Erfüllung der Verantwortlichkeit zu suchen als der vollendeten Übereinstimmung mit sich selbst und darin mit dem unendlichen Grund und dabei doch in eins in der Unverfügbarkeit des Unendlichen zu sein, welche Unverfügbarkeit und Entzogenheit, vom Selbst her betrachtet, den Grund der unaufhebbaren, zu seinem Wesen als endlicher Unendlichkeit gehörenden Möglichkeit der Schuld bedeutet. Darin zeigt sich die Unvollendbarkeit der Verantwortlichkeit auf zweierlei Weise, zum einen als die Unverfügbarkeit des und die Verwiesenheit auf den unendlichen Grund, dem die Verantwortlichkeit als ihrem Grund nicht sicher sein kann, und zum anderen als die Möglichkeit von Schuld als der Unsicherheit des Daseins gegenüber sich selbst, welche zwei Weisen in Wahrheit eins sind. Die Unendlichkeit der Verantwortlichkeit findet ihr Ende je in der Möglichkeit der Schuld als Folge der Entzogenheit des Unendlichen im Endlichen. Welte aber geht noch einen Schritt weiter. Er sieht die Unvollendbarkeit der Verantwortlichkeit des Geschichtlichen als Schuld nicht nur in der Möglichkeit von Schuld als dem Bösewerden des endlichen Daseins als endlicher Unendlichkeit im endlichen Unendlichseinwollen, sondern er sieht auch die in einer anderen Hinsicht wesentliche Zugehörigkeit der Wirklichkeit von Schuld zum Geschichtlichen, die gleich der ersten in der Entzogenheit und Unverfügbarkeit des Unendlichen im Endlichen gründet. Diese Behauptung der Unvermeidbarkeit der Wirklichkeit von Schuld will die Verantwortlichkeit und Freiheit des Menschen nicht aufheben.
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Sie meint die „Tragik der Endlichkeit“239, in der die Schuld als wirkliche und nicht nur als mögliche zur Geschichte gehört. Sie meint die „geschichtliche Schuld“240, die im geschichtlichen Geschehen nicht nur als Möglichkeit, als mögliches Bösewerden des geschichtlichen Daseins lauert, sondern die unabdingbar als Wirklichkeit zum geschichtlichen Geschehen als solchem gehört. Das Tragische hebt die Freiheit nicht auf, sondern ist nur aufgrund von Freiheit. Die Tragik der Endlichkeit meint den unaufhebbaren Konflikt zwischen der Unendlichkeit des Anspruchs und der Endlichkeit der ihm antwortenden Wirklichkeit der Freiheit, in dem diese scheitert unabhängig davon, wie sie sich entscheidet. Sie meint die Tragik, in der die Freiheit als endliche in der Unvermeidbarkeit ihrer Entscheidung immer schon schuldig ist aufgrund des Scheiterns der endlichen Realisierung an der Unendlichkeit ihres Sinnes, zu welchem Schuldigsein etwa auch der in der Unvermeidbarkeit der Wahl liegende Ausschluß aller anderen Wahlmöglichkeiten liegt. In der Tragik dieses Scheiternmüssens liegt die Tragik des Geschichtlichen als die Tragik der geschichtlichen Schuld. Diese erscheint in dreierlei Weisen. Sie liegt zunächst und grundlegend darin, daß alles Geschichtliche in seiner Endlichkeit seinem es treibenden und beanspruchenden unendlichen und unbedingten Sinn nie genügt, daß es immer zu wenig ist. Das Geschichtliche ist nie das Gute schlechthin, sondern es ist immer nur relativ, in bestimmter Hinsicht gut, in anderer aber nicht gut. Es bleibt zweideutig. Gut ist das Geschichtliche, insofern es das Gute realisieren will, darin aber ist es zugleich nicht gut, insofern es als endliches der Unendlichkeit der Gutheit, zu der etwa auch die Unvergänglichkeit gehört, nie ganz genügt, welches Ungenügen auch darin besteht, daß es in der Wahl einer Möglichkeit als der Möglichkeit des Guten andere Möglichkeiten des Guten übergeht oder sogar als Möglichkeiten vernichtet241. Darin liegt die zweite mit der ersten als dem Zurückbleiben hinter dem unendlichen Anspruch zusammenhängende Weise von geschichtlicher Schuld. Das Geschichtliche ist als realisierte Möglichkeit immer auch Grund des Nicht der Wirklichkeit, vielleicht sogar des Nicht der möglichen Wirklichkeit der in der Wahl dieser einen Möglichkeit ausgeschlossenen, nicht verwirklichten Möglichkeiten. Das geschichtliche Geschehen bringt, indem es geschehend Möglichkeiten ergreift, „zugleich andere Möglichkeiten zum Verschweigen
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und zum Verstummen“242, denen es als liegengelassene ihre wirkliche Wirklichkeit schuldig bleibt und darin ihnen gegenüber schuldig ist. Geschehend je eine Möglichkeit verwirklichend, ist das Geschichtliche Grund des Nichtseins der wirklichen Wirklichkeit, vielleicht sogar der wirklichen Möglichkeit anderer Möglichkeiten und darin schuldig. Es ist der Gedanke, den Heidegger in ‘Sein und Zeit’ als das „ursprüngliche Schuldigsein“243 des Daseins als das „Grundsein einer Nichtigkeit“ zum Ausdruck bringt244. Darin liegt eine dritte Möglichkeit von geschichtlicher Schuld, die allerdings in ihrer Möglichkeit nicht schon Wirklichkeit bedeutet, aber auch nicht die Schuld des Bösewerdens meint. Es ist der Versuch, sich von jeglicher Entscheidung und Wahl zu enthalten, um unschuldig zu bleiben245. Aber abgesehen davon, daß auch die Entscheidung zur Unentschiedenheit und ihr folgend zur Untätigkeit Entscheidung und Tat ist, ist diese zumindest insofern schon schuldig, als sie sich dem Anspruch des Rechts als einem zu verwirklichenden versagt. Indem sich das geschichtliche Dasein als der Ort der Entfaltung des Rechts in die Wirklichkeit versagt, versagt es sich dem Recht selbst als dem unbedingten, das Geschichtliche in seiner Wirklichkeitsmacht ermächtigenden Recht als der Wahrheit des Seins, die allem zu sein gewährt und gegenüber der das geschichtliche Daseins als Da des Seins beansprucht ist, allem Seienden den Wesensraum zu öffnen, in dem es in seine Wahrheit aufgehen kann. In der ontologischen Wirklichkeit der Schuld, die Welte „geschichtliche Schuld“ nennt, gründet letztlich auch die ontologische Möglichkeit der bösen Schuld in der Geschichte, denn jene erste meint das Geschehen des geschichtlichen Daseins als endlicher Unendlichkeit, das in dieser dialektischen Verfaßtheit, vom Unendlichen angesprochen und im Horizont unendlicher Möglichkeiten, sich und dem Unendlichen immer schuldig bleibt, was es seinem Sinn nach gleichwohl ist und insofern sein sollte. Darin liegt dann auch die Möglichkeit der bösen Schuld als der Behauptung des endlich Möglichen als des wirklich Unendlichen246. In dieser ontologischen Wirklichkeit der geschichtlichen Schuld und der ontologischen Möglichkeit der bösen Schuld weist das geschichtliche Geschehen über sich hinaus in die unverfügbare Lösung der „Fessel
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der Endlichkeit“247 als der Lösung sowohl der Tragik der geschichtlichen Schuld als auch der bösen Schuld. f) Die „Dialektik der Geschichte“ In allen Weisen, in denen sich das unendliche Worumwillen des Geschichtlichen gezeigt hat, stößt dieses auf die Grenze der Endlichkeit. Alle Weisen des unendlichen Zuges der Geschichte brechen sich am Gegenzug der Endlichkeit, so daß sich je eine Dialektik gezeigt hat, die über das Geschichtliche hinausweist. Das Geschichtliche geschieht seinem Sinn nach ein für allemal, es geschieht als das Unvergängliche, und es geschieht als das unbedingt Wahre und Gute, in dem alle und alles in der Macht ihres Wirklichseins eins sein können. Es geschieht als das Eins und Alles, das in seiner unendlichen Bedeutsamkeit seine Verantwortlichkeit, die es an sich und an das Unendliche und darin an alles, was ist, bindet, ganz erfüllt. Zugleich aber geschieht es in der Endlichkeit seiner Wirklichkeit als das Vergängliche und Wandelbare, nur bedingt Wahre und Gute, das auch in der Endlosigkeit des Je-mehr nicht in die Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit gelangt. Es geschieht als das bloß Einzelne, das in seiner endlichen Einzelheit nie in die vollendete Einheit weder mit dem Wir noch darin mit den dieses tragenden vielen einzelnen kommt. Und es stößt je an die Grenze der Endlichkeit, welche die Verantwortlichkeit als unendliche nie vollendet sein läßt, und zwar sowohl in Hinsicht der Unverfügbarkeit des Unendlichen als des Grundes der Unsicherheit und Labilität des Selbst als endlicher Unendlichkeit gegenüber sich selbst, in welcher Unsicherheit die Möglichkeit der bösen Schuld ontologisch verwurzelt und daher unaufhebbar ist, als auch in Hinsicht der Entzogenheit des Unendlichen und Unbedingten im Endlichen als des Grundes der unvermeidbaren geschichtlichen Schuld. Die Geschichte geschieht je in der Idee des Unendlichen, realisiert jedoch immer nur Endliches. „Die Wirklichkeit der Geschichte stößt überall an Grenzen, die Idee der Geschichte erkennt keine Grenze“248. Dies bezeichnet die grundsätzlich dialektische Struktur des Geschichtlichen. Welte nennt diese „Dialektik der Geschichte“249 auch das „Paradox der Geschichte“250. In dieser paradoxen Verfaßtheit der Geschichte kehrt
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das Paradox des geschichtlichen Daseins als endlicher Unendlichkeit wieder. Die Dialektik der Geschichte ist das Geschehen der Dialektik des geschichtlichen Daseins. Wie für den Menschen so bestätigt sich daher auch für die Geschichte Weltes Hinweis auf die Kierkegaard’sche Bestimmung des Menschen als der „Synthesis von Unendlichkeit und Endlichkeit“251, denn der „unendliche Horizont verbunden mit der ihm innewohnenden Unbedingtheit, lebend aber im endlichen und bedingten Menschen, scheint die Triebfeder der ganzen menschlichen Geschichte zu sein“252. Die Endlichkeit zeigt sich als die „umfassende Grundstruktur“253 des Geschichtlichen. Dies ist aber nur so denkbar, daß das Geschichtliche zugleich über diese Endlichkeit immer schon hinaus ist. Die Endlichkeit zeigt sich als solche nur, weil die Geschichte in eins unendlich bestimmt ist, welche Bestimmung das endlich Geschichtliche immer schon über diese Endlichkeit hinaus sein läßt. Nur dieser „Zusammenstoß der faktischen Endlichkeit mit der ideellen Unendlichkeit“ läßt den „Stoß der Endlichkeit“254 erfahren. Von diesem Stoß speist sich die Bewegung des geschichtlichen Geschehens. Der unendliche Horizont, an der Grenze der Endlichkeit sich brechend, ist die Triebfeder des geschichtlichen Geschehens. Denn käme dieses im Endlichen an sein Ziel, so wäre es als Geschehen am Ende. Erfüllte sich der Sinn des Geschichtlichen je im Endlichen, so käme das Geschehen in sich selbst zum Stillstand, hörte mithin auf Geschehen und Geschichte zu sein. Nur weil das Geschichtliche je über seine endliche Realität in den Horizont des Unendlichen und Unbedingten hinausgewiesen ist, geschieht es in der Gewärtigung je neuer und anfänglicher Gegenwart, ist es je neu als Geschehen bewegt. Schlösse sich im Jetzt der Realisierung die Differenz zwischen der Idealität als dem es bewegenden Worumwillen und der Realität, hätte es seine Zukunft im Jetzt völlig eingeholt und seine Vergangenheit überholt und wäre damit als Geschehen zum Stillstand gekommen. Nur in dieser dialektischen Verfassung, in der es als endliches zugleich unendlich bestimmt ist, ist es in seiner endlichen Einzelheit als solcher unendlich bedeutsam und durchmißt es in dieser Bedeutsamkeit den Zusammenhang alles dessen, was ist, ohne in ihm als es selbst unterzugehen. Ohne diese dialektische Verfassung wäre das Endliche in seiner endlosen Zerstreutheit und Vielfalt je nur leere Einzelheit ohne Kontinuität. Die endlose Vielheit wäre absolut diskontinuierlich und
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damit nicht Geschichte. Geschichte ist nur als solchermaßen dialektisches Geschehen Geschichte. In dieser dialektischen Verfaßtheit aber schließt sich das Geschichtliche nicht in sich selbst. Geschichte ist nur als Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit, die mithin von der Geschichte als Geschichte nicht aufhebbar ist. In dieser dialektischen Verfassung ist das Geschehen der Geschichte gleichsam eine „Sisyphusarbeit“, denn „... immer muß der schwere Stein der Unendlichkeit gewälzt werden, und immer fällt alles zurück in die Endlichkeit, welche der Unendlichkeit ein Ende macht“255. Das Geschichtliche sucht, das Unendliche zu realisieren und ist so immer schon über die Endlichkeit seiner Realität hinaus, dies allerdings nur im Scheitern seiner immer neuen Entwürfe. Es verwirklicht im Aussein auf das Unendliche als seinen Sinn immer nur das Endliche, mithin das Nicht-Erfüllende und darin gerade Nicht-Gesollte als das zu Überwindende. Und so ist die Geschichte „der notwendige, doch vergebliche Versuch ihrer Überwindung“256. Notwendig ist der Versuch insofern, als das Geschichtliche gerade durch das Geschehen dieses Versuchs Geschehen und Geschichte ist. Der Entwurf auf unendlichen Sinn und damit der Versuch seiner realisierenden Erfüllung ist das, was Geschichte zu Geschichte macht. Dieser Versuch aber ist, so notwendig er ist, immer auch vergeblich, denn das Unendliche ist mit der endlosen Vielheit, ja selbst mit der Allheit des Endlichen, nicht kompatibel. So ist die Geschichte „die geschehende und notwendige Unmöglichkeit“257. Denn weder ist der unendliche Zug der Geschichte im Endlichen realisierbar oder wenigstens ein für allemal zum Schweigen zu bringen noch ist die Endlichkeit der Realität von der Unendlichkeit der Idealität aufhebbar. Das Geschichtliche realisiert immer nur das Endliche und entwirft sich dennoch unablässig und unaufhebbar ins Unendliche. Endlichkeit und Unendlichkeit sind beide „immer zugleich Sieger und Besiegte“258, beide sind je besiegt und unbesiegbar zugleich. Und nur in diesem unbeendbaren Streit ist Geschichte Geschichte. In diesem Zusammenhang bestätigt sich für Welte die Geltung des Wortes Heraklits: „Pólemos pánton mèn patér esti“259. Welte bringt das Dialektische des Geschehens auch in das Bild vom Meer260, in dessen Bewegung je eine Kraft das Wasser in die Höhe treibt, das zugleich von einer Gegenkraft in die Tiefe gezogen wird, und nur in diesem Gegeneinander, das zugleich ein Ineinander ist, ist die
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Bewegung der Wellen. Der unablässige Wogengang des Meeres ist Welte Bild für die unauflösliche Dialektik der Geschichte, in der es keinen Stillstand der Bewegung gibt, solange sie Geschichte ist. Denn das Sein der Geschichte ist gerade das Geschehen dieser dialektischen Bewegung. Im Widerspruch der Unendlichkeit der Idealität zur Endlichkeit der Realität bleibt der Sinn alles Geschichtlichen diesem unerreichbar entzogen. „Er ist wie versiegelt mit dem Siegel der Endlichkeit, und niemals kann die Geschichte dieses Siegel brechen, wiesehr sie es auch immer wieder versucht“261. In dieser Unlösbarkeit des Siegels, auf dessen Lösung sie aber als auf den Sinn ihres Seins gleichwohl bezogen bleibt, ist die Geschichte als unendlich bestimmte endliche Wirklichkeit über sich hinaus verwiesen. Die Geschichte geschieht als transzendierendes Geschehen262. „Sie ist als Geschehen das Über-sich-hinaus“263. Die Geschichte geschieht in der „Transzendenz der Idee“264 in dem Sinne, daß sich diese in der Endlichkeit nicht erfüllt, und so geschieht sie als das beständige Scheitern an der Unmöglichkeit der immanenten Realisierung ihres Sinnes. Hier bestätigt sich nochmals Droysens Beschreibung der Geschichte: „Sie ist nicht ‘das Licht und die Wahrheit’, aber ein Suchen danach, eine Predigt darauf, eine Weihe dazu“265. Die Geschichte ist nie das vollendete Da ihres Sinnes, sie ist ein Suchen im Ausstand ihres sie Erfüllenden, „ein Suchen, nie ein Haben, ... die Predigt eines Sein-Sollenden ... Weihe und Widmung an ein immer Entzogenes und Sich-Entziehendes“266. Geschichte ist mithin nie in der Ruhe des sie Erfüllenden und Heilenden. Sie geschieht als Über-sich-hinaus als Aussein auf ein von ihr her nicht Bewirkbares und Herstellbares. Sie ist das Geschehen des Ausseins auf das ihr unverfügbar Entzogene. Sie geschieht als das Gewärtigen der freien Gewähr dessen, auf welches sie sich als den sie erfüllenden Sinn entwirft. In diesem dialektischen Über-sich-hinaus ist die Geschichte von ihrer ontologischen Verfassung her nie in sich schließbar. Sie erreicht ihren Sinn nicht in der Geschichte und als Geschichte. In der unaufhebbaren Entzogenheit des Unendlichen ihres Sinnes in ihrer wesentlichen Endlichkeit ist in der Geschichte nie ein Zustand vollendeten Heilseins möglich. Damit sind alle Geschichtstheorien, welche die Künftigkeit einer immanenten Erfüllung der Geschichte behaupten, von Weltes Phänomenologie der Geschichte als geschichtsferne Konstruktionen dargetan, die der Geschichte
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als Geschichte nicht gerecht werden, sondern vielmehr ein Versuch sind, der Geschichtlichkeit der Geschichte und darin der Unverfügbarkeit des Sinnes zu entgehen. Alle diese Versuche nehmen das Geschichtliche nicht als es selbst, denn sie denken Vergangenheit und Gegenwart als in der Zukunft überholbar. Sie denken zwar auch das Über-sich-hinaus, aber nur als die Überholbarkeit eines Moments durch seine jeweilige Zukunft, letztendlich die durch stetes Fortschreiten zu erreichende absolute Zukunft als die immanente Erfüllung, in der das Über-sich-hinaus auch als Überholbarkeit aufgehoben ist. Weltes Gedanke der Geschichte als das Geschehen des Über-sich-hinaus, als das sich Geschichte einem phänomenologischen Hinblick enthüllt, überholt dagegen kein Jetzt der Geschichte in seiner Einzelheit und Bedeutsamkeit, er rettet vielmehr alle Phänomene267, indem er alle Augenblicke als das Geschehen des Über-sich-hinaus im Sinne des Geschehens in der Unbedingtheit und Unendlichkeit seines Sinnes mit unverrechenbarer und unaufhebbarer Bedeutsamkeit erfüllt sein läßt und so jeden in seiner Bedeutsamkeit dem bloßen Abriß durch das immanente Fortschreiten der leeren als der zählbaren Zeit enthebt. Das dialektische Über-sich-hinaus des Geschichtlichen meint auch nicht seine Aufhebung in der Verwirklichung eines von ihm unabhängigen zeitlosen Wesens. Das Über-sich-hinaus des Geschichtlichen bedeutet sein Aussein auf die erfüllende und sinnvolle Gestalt seines Seins, die als solche ohne dieses nicht denkbar ist, sondern als sein Sinn dieses gerade als es selbst an es selbst freigibt. Die Entzogenheit dieses Sinnes, die das Geschichtliche als Geschichtliches geschehen läßt, ist, seinsgeschichtlich gedacht, die Entzogenheit des Seins, das sich in seinem Geschick verbirgt. Das geschichtliche Dasein, das im lichtenden Geschick und Zuspruch des Seins in sein Da, in die Erschlossenheit von Sein und darin als endliche Unendlichkeit ereignet wird, ist in seiner Verwiesenheit an das Seiende immer schon über dieses hinaus beim Sein als dem entzogenen Gewähren seiner selbst und alles dessen, was ist. In diesem Über-sich-hinaus aber ist es als vom Sein ereignetes Da des Seins nicht aufgehoben oder im Sinne des Fatalistischen an dessen Geschick vereignet, sondern in der Offenheit und Freiheit der Antwort und des Entspruchs auf den Zuspruch des Seins, in welcher Offenheit es als es selbst unaufhebbar und unvertretbar es selbst ist. Das dialektische Geschehen der
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Geschichte als der geschehende Versuch seiner Überwindung gründet in dem vom Sein ereigneten Geschick als dem dialektischen Geschehen von Entbergung und Verbergung, Lichtung und Entzug, in dem sich das Sein, sich im Seienden offenbarend und sich darin dem Menschen zuschickend, in eins entzieht. Die Geschichtlichkeit des Seins meint die Weise seines Aufgangs, in der es, sich dem Menschen lichtend, diesen als Erschlossenheit von Sein, als endliche Unendlichkeit und darin als Freiheit ereignet. Im An-sich-halten des Seins aber, in dem sich dieses im Geschick, das den Menschen in sein Da-sein und darin in seine Geschichte ereignet, dieser zugleich entzieht, zeigt sich die Übergeschichtlichkeit des Seins. Diese meint nicht Un-geschichtlichkeit sondern das An-sichhalten des Seins, in dem es im Sich-Schicken die geschicklich-geschichtliche Zeit zeitigt und sich ihr, sich im Seienden zusprechend, anheimgibt, sich aber zugleich als das die Geschichte gründend Ereignende entzieht. Im lichtenden Geschehen des Geschicks, in dem in eins die Zeitigung von Zeit geschieht, entzieht sich das Sein zugleich in das Geheimnis der Verbergung, in der es dem geschichtlichen Dasein entzogen bleibt, gleichwohl aber als dessen Ereignen diesem auch im Entzug als sein Grund und Sinn anwohnt. Als das sich im Geschick entbergend-verbergende geschichtlichübergeschichtliche Ereignen von Geschichte, welches das geschichtliche Dasein als die Helle und das Da des Seins ereignet, weist es dieses und darin die Geschichte über sich hinaus in die Wahrheit des Seins selbst. In diesem Über-sich-hinaus aber ist Geschichte gerade nicht als Geschehen aufgehoben, sondern allererst als Geschichte, insofern sie im lichtenden Geschehen des Seins in die Offenheit und Freiheit ereignet ist und darin, insofern das Dasein dem Zuspruch des Seins unvertretbar und unvorwegnehmbar antwortet, in ihrer Bedeutsamkeit je unüberholbar geschieht.
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III. DIE NEIGUNG DER GESCHICHTE IN DIE UNWAHRHEIT Als dialektisches Geschehen des endlich-unendlichen Über-sich-hinaus ist die Geschichte grundsätzlich in einer „instabilen Konstitution“1, denn stets ist sie über alle im Endlichen erreichte Realität schon wieder hinaus verwiesen in die je größere, letztlich absolute Erfüllung ihres unendlichen Sinnes als ihrer Idealität. „Die Wirklichkeit bleibt immer hinter der Idee zurück, die Idee treibt immer über die Wirklichkeit hinaus und weder das eine noch das andere hört je auf, die Menschen zu bestimmen“2. Es ist die Instabilität, in der die Geschichte als Geschehen des geschichtlichen Daseins in die Möglichkeit ihres Wesens und ihres Unwesens, ihrer Wahrheit und ihrer Unwahrheit freigegeben ist. Zunächst nun soll der ihr wesentlich zugehörigen Möglichkeit ihres Unwesens und ihrer Unwahrheit nachgedacht werden, denn die „dialektische Grundverfassung alles geschichtlichen Daseins und die daraus erfließende instabile Konstitution des Wesens der Geschichte im Ganzen hat nun die Folge, daß die Geschichte beständig geneigt ist sich in ihre Unwahrheit hinein zu wenden“3. 1. Verzweiflung als endliches Lassen des Unendlichen Die Umschreibung der Verzweiflung als endliches Lassen des Unendlichen und im folgenden Abschnitt der Hybris und des Bösen als endliches Fassen des Unendlichen bezieht sich auf eine Stelle der Vorlesung G 49/50, in der Welte in einer Randnotiz Hybris und Verzweiflung vergleichend gegenüberstellt und dazu bemerkt: „zu einfach beides: nur fassen und nur lassen“4. Beide Möglichkeiten sind also zu einfach, d.h. ungenügend. Die Möglichkeit der Verzweiflung5 wurzelt in der dialektischen Wesensverfassung des geschichtlichen Menschen und darin der Geschichte als endlicher Unendlichkeit. Die Geschichte geschieht dialektisch „als das Rätsel, das aus seinen eigenen Kräften keine Lösung zuläßt und das sich doch als auf die Lösung bezogen erfährt“6. In dieser Erfahrung der Entzogenheit und Ferne des unendlichen Sinnes und der Unmöglichkeit seiner Realisierung kann das geschichtliche Dasein an seinem Sein verzweifeln. Es ist als endliche Unendlichkeit auf unendlichen Sinn bezogen, darin aber
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zugleich je an die Endlichkeit verwiesen und in ihr scheiternd, es ist als endliche Unendlichkeit in eins end-loses Endlichseinmüssen. In diesem Widerspruch liegt die Möglichkeit der Verzweiflung. In dieser gibt das Dasein seinen Sinn auf. Es negiert ihn, wiewohl gerade diese Negation die Bezogenheit auf unendlichen Sinn offenbart. Es nimmt die Entzogenheit seines unendlichen Sinnes und Grundes, aufgrund derer dieser im Endlichen nie da und erfüllt und in der Gegenständlichkeit endlicher Wirklichkeit greifbar ist als das Nichts und Nichtige. Es erklärt das im Horizont seiner Gegenständlichkeit Ungegebene und in den Kategorien seines Denkens und Erkennens Unfaßbare als das Nicht7. Verzweifelnd behauptet das Dasein die Unmöglichkeit, das Nicht seines Sinnes. Das Geschichtliche als das Geschehen des geschichtlichen Daseins geschieht darin wie im Leeren, weil Sinnlosen. Es geschieht nur dieses und jenes, ohne Zusammenhang und ohne Sinn, wobei es gleichgültig ist, ob nun dieses oder jenes geschieht. In der Behauptung der Unmöglichkeit seines Sinnes geschieht das Geschichtliche bedeutungslos, ja letztendlich seinslos, denn es geschieht je als das in Bezug auf den Sinn seines Seins Nichtige. Das Geschehen ist mithin geschichtslos, denn es geschieht ohne Sinn und so ohne Zusammenhang und Bedeutung. In der Unmöglichkeit von Sinn ist die Gegenwart sinnlos geworden und mit ihr Vergangenheit und Zukunft. Die Einheit der geschichtlichen Zeit ist zur qualitätslosen und leeren, äußerlich ablaufenden zählbaren Zeit geworden, in der es gleichgültig ist, was geschieht und wann es geschieht, denn was immer geschieht, ist das Sinnlose, das je neue Scheitern der Unendlichkeit des Seinsollenden an der unaufhebbaren Endlichkeit des faktisch Möglichen. Wie gegenwärtig das Nichtige geschieht, so geschah es in der Vergangenheit und so wird es in Zukunft geschehen, und darin sind alle drei Dimensionen der Zeit leer in sich und leer gegeneinander und so als Einheit zerfallen. In der Anerkennung der eigenen Endlichkeit liegt die Wahrheit der Verzweiflung. Ja Wahrheit liegt selbst in der Verzweiflung als Verzweiflung, denn sie verzweifelt an der Unmöglichkeit der Realisierung von unendlichem Sinn, erkennt mithin die Unendlichkeit und Unbedingtheit als das sie Erfüllende an, denn nur als das Entbehren des unendlichen Sinnes ist sie Verzweiflung. Das endliche Unendlichsein im Modus der Verzweiflung ist in seiner Wahrheit, insofern es sowohl seine unaufhebbare Endlichkeit als auch
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seine seinsollende Unendlichkeit anerkennt. In der Verzweiflung als dem Entbehren des unendlich Gesollten liegt eine unendliche Resignation und ein unendliches Leiden, welche Resignation und welches Leiden, die mit keinem Endlichen verrechenbar sind, die Unendlichkeit phänomenal zur Erscheinung bringen. Unwahr aber ist die Verzweiflung darin, daß sie in der Unmöglichkeit der Herstellung von Sinn im Endlichen die Möglichkeit von Sinn überhaupt negiert. Sie bestimmt und verfügt darin über das ihr als endliche entzogene Unendliche. In diesem auch in der Verzweiflung liegenden Verfügen über das unverfügbar Entzogene liegt die „metaphysische Ungeduld“ und das „metaphysische Mißtrauen“8, denn ein Verfügen ist auch die Behauptung der Nichtigkeit und des Nichtseinkönnens des Nicht-Verfügbaren. In der Behauptung der Unmöglichkeit des Unendlichen, weil im Endlichen Nicht-Herstellbaren, im Lassen des Unendlichen liegt ein verfügender Vorgriff auf das Unverfügbare, in welchem Vorgreifen Unwahrheit liegt. Die Verzweiflung läßt das Unendliche als endlich Herstellbares, aber gerade darin läßt sie es nicht als das Unendliche in seiner Unendlichkeit und Unverfügbarkeit sein. Ihr Lassen ist das endliche Lassen im Sinne der Negation, des Hintersich-Lassens, nicht aber des Sein-Lassens. In diesem lassenden Vorgriff offenbart sich die Unwahrheit und die Schwäche der Verzweiflung. In der Verzweiflung hält das geschichtliche Dasein seiner Wahrheit als dem dialektischen Geschehen der endlichen Unendlichkeit nicht stand. Sie ist die vorgreifende, weil sich sichern-wollende Schwäche, die sich besonders im Modus des Denkens und der Reflexion in der Konstruktion von Systemen und Gedankengebäuden niederschlägt und ausbreitet, in denen alles, was ist, letztlich das Sein selbst in den Griff des Denkens gelangen soll, welches sichernde und verfügende, weil alles schon in sich begriffenhabende und aus sich deduzieren-könnende Denken Welte ‘metaphysisch’ nennt. Die Verzweiflung wurzelt im Verfügenwollen des geschichtlichen Daseins, welches Verfügenwollen im Modus des Denkens Welte in dem Ausdruck ‘Metaphysik’ zusammenfaßt. Verzweiflung ist in Hinsicht denkenden Selbstvollzugs des Menschen Metaphysik im Scheitern, die sich auch in diesem Scheitern noch verfügend behaupten will, indem sie den Gegenstand ihres Verfügens und darin sich selbst als nichtig erklärt.
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In der Verzweiflung ist das Geschichtliche in seiner Unwahrheit und seinem Unwesen, denn in ihr geschieht die vorgreifende Behauptung seiner Nichtigkeit. Diese bedeutet die Auflösung der geschichtlichen Zeitlichkeit. Darin ist Geschichte nicht mehr Geschichte, denn in ihrer Gründung im Gewesenen gründet sie im Nichtigen, welches Gewesen sie im Wissen um seine Nichtigkeit immer schon im Griff hat und als nichtiges abstoßen kann, und auch in der Gewärtigung der Zukunft gewärtigt sie das künftig Nichtige, und so zeitigt sie auch die Gegenwart als das sinnlos Nichtige. Im verzweifelnden Verfügen und Vorgreifen auf das je Geschehende als das Nichtige geschieht die Geschichte nicht als die Zeitigung des Unvergleichlichen, „das es noch nie gab“9, sondern als die Zeitigung des immer schon in seiner Nichtigkeit Eingeholten und als das Nichtige Bedeutungslosen. Es geschieht nichts, weil das immer Gleiche geschieht und dies als das Nichtige. Darin fällt das geschichtliche Geschehen letztlich hinter das Geschehen der Natur, in welchem das Gleiche als das in seiner Allgemeinheit Bedeutsame geschieht. Verzweiflung ist eine Weise geschichtslos-geschichtlichen, weil unwesentlichen und unwahren geschichtlichen Daseins, da sie die Anfänglichkeit und Unvergleichlichkeit der sich zeitigenden Zeit in eins mit der Entzogenheit und Unverfügbarkeit ihres Grundes und Sinnes, die unabdingbar zum Geschichtlichen als solchem gehören, in dem verzweifelt-verzweifelnden Verfügen über den Sinn als der dem Unverfügbaren vorgreifenden Negation allen Sinnes negiert. 2. Hybris und Bösewerden als endliches Fassen des Unendlichen Versucht die Verzweiflung, in der Negation der Möglichkeit von Sinn der Unendlichkeit ihrer Bestimmung zu entkommen und ihr so, wenn auch um den Preis unendlicher Resignation und unendlichen Leidens, scheinbar ledig zu werden, so ist die Unwahrheit der Geschichte in der Form der Hybris und des Bösewerdens der Versuch, die Endlichkeit als Endlichkeit zu leugnen und ihr auf diese Weise zu entkommen10. Es ist die Flucht vor der Entzogenheit und Unverfügbarkeit des unendlichen Sinnes in die Endlichkeit, aber so, daß diese in ihrer Endlichkeit geleugnet und gerade unendlich
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wichtig genommen wird11. Das geschichtliche Dasein als endliche Unendlichkeit wird zum „endlichen Unendlichseinwollen“12. Die Flucht des Daseins vor der Unendlichkeit seines Sinnes treibt dieses zunächst in die endlose Mannigfaltigkeit des Endlichen. Das Dasein kann, sich darin zerstreuend und verlierend, die Unendlichkeit seines Sinnes vergessen und der Unerfülltheit seines Seins scheinbar entkommen. Diese Möglichkeit der Zerstreuung im Endlichen haben Pascal und Kierkegaard13 eingehend und in aller Schärfe darzustellen vermocht. Auf beide weist Welte in diesem Zusammenhang immer wieder hin. In diesem Vergessen des Unendlichen und der „Angewöhnung an die Oberfläche des Endlichen“14 aber entgeht das geschichtliche Dasein der Dialektik seines Geschehens nur zum Schein und nur auf Zeit. Der „Stachel der Endlichkeit“15 stößt das Dasein immer wieder in die Wirklichkeit seines Scheiterns. Um dem zu entgehen, ist das geschichtliche Dasein gezwungen, in der Wendung ans Endliche das Unendliche nicht nur zu verdrängen und zu vergessen, sondern das Endliche selbst als das Unendliche zu behaupten. Die Flucht ins Vergessen wandelt sich zur Flucht in die Hybris. In dieser kehrt sich das endliche Dasein in die Unwahrheit nicht nur des Vergessens in der Zerstreuung, sondern in die Unwahrheit der Lüge und des Trugs. Es behauptet sich in seiner Endlichkeit als unendlich, mit welcher Behauptung das Bösewerden des geschichtlichen Daseins einhergeht. Dies zeigt sich etwa in der die Hybris begleitenden Tabuisierung, die nicht nur als das Verschweigen und Verdrängen alles dessen erscheint, was dem Unendlichseinwollen widerspricht, etwa der Phänomene von Schuld und Tod als Phänomene der Endlichkeit, sondern die sich auch in die unduldsame und gewaltsame Erklärung der eigenen endlichen Wirklichkeit zum Unendlichen und Unbedingten wendet, die diese allem Zweifel entzieht. Zur Tabuisierung gehört die „ideologische Verklärung“16 alles Endlichen zum Absoluten von Wahrheit und Gutheit und letztlich die gewaltsame Niederhaltung aller begegnenden und widerstreitenden Ansprüche17. In der Hybris als der Erklärung der eigenen Endlichkeit zur Unendlichkeit wird die Möglichkeit des Bösewerdens des Geschichtlichen zur geschehenden Wirklichkeit. Dies zeigt sich sinnenfällig in der Wendung in die Gewalt gegen anderes und andere, aber auch im Trug, der sich in der die Gewalt begleitenden ideologischen Verklärung und Tabuisierung vollzieht. Im endlichen Unendlichseinwollen als dem Bösewerden zeigt sich die Unwahrheit in der Gewaltsamkeit der Behauptung der eigenen Unendlichkeit und Unbedingtheit, die sich gegen die Wahrheit des Rechts als das Sein alles anderen vergeht und darin gegen die Wahrheit des eigenen Seins als die Wahrheit seiner unaufhebbaren Endlichkeit, die auch in der höchsten und gewaltsamsten Steigerung nie Unendlichkeit wird. Und in dieser Unwahrheit zeigt sich, daß auch das Bösewerden des Geschichtlichen letztlich eine Form der Verzweiflung ist18, der Verzweiflung, auf das Unendliche bezogen zu sein und es im Endlichen nie herstellen zu können, nur ist sie in ihrer Verkehrung als der gewaltsamen Wendung an das Endliche verdeckter als die Verzweiflung der Schwäche. Und es zeigt sich in dieser verzweifelten Gewaltsamkeit des Geschichtlichen, die das Unendliche im Endlichen, dieses gewaltsam uminterpretierend und als Unendliches bloß behauptend, greifen und fassen will, sein Scheitern. In der Behauptung der Unendlichkeit des Endlichen scheitert das geschichtliche Dasein an seiner Endlichkeit, denn es stellt sich im falschen Schein der Unendlichkeit als das auf, was es niemals sein will - das Endliche. Nichts als die Gewaltsamkeit zeigt deutlicher, daß das Geschichtliche im Bösewerden scheitert. Denn es will das unvergängliche Eins und Alles, in dem alle und alles in freier und allem sein Sein gewährender Einheit mit ihm eins sind und in dem es in der reinen Identität mit sich selbst ist, und hält in der gewaltsamen Totalisierung und unterdrückenden Vereinnahmung aller diese Freiheit und Einheit gerade nieder. Es will in seinem
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endlichen Wollen das, was es zugleich unendlich nicht will. Es gilt nun, diesen Selbstwiderspruch, der in der Möglichkeit des Bösewerdens liegt, auf seine ontologischen Wurzeln hin zu befragen, in welcher Klärung sich die Möglichkeit des Bösen in eins mit der Klärung der Verfassung der Freiheit als Freiheit zum Guten und Bösen aufhellen muß. Gerade die ontologische Frage nach der Möglichkeit des Bösen, das als das Sinnwidrige und Sinnzerstörende erscheint und allen Versuchen einer Lösung und Vollendung sowohl des menschlichen Daseins wie darin der Geschichte widerstreitet, ist Welte ein zentrales Anliegen, wie seine Aufsätze über ‘Thomas von Aquin und das Böse’ und zu Nietzsche zeigen19. Welte geht bei seiner Untersuchung der Möglichkeit des Bösen vom Menschen als endlicher Unendlichkeit aus, und er erkennt die
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ontologischen Wurzeln dieser Möglichkeit in dieser dialektischen Verfassung des Menschen, in der dieser immer eine Differenz in sich erfährt, aufgrund deren er seiner selbst nicht sicher sein kann. Diese Sicht der Gründung des Bösen in der endlich-unendlichen Verfassung des Menschen findet Welte bestätigt sowohl bei Thomas von Aquin als auch in anderer Hinsicht und anderem Zusammenhang bei Schelling und Kierkegaard20. Auch Nietzsche ist ihm im Gedanken des Übermenschen ein Zeuge für die Differenz zwischen Menschlichem und Übermenschlichem, Endlichem und Unendlichem im Menschen, die zu seiner Wesensverfassung als Menschen gehört, ohne daß Nietzsche jedoch diese Differenz und ihre Folgen hinsichtlich der Frage nach Wesentlichkeit und Unwesentlichkeit des Selbstvollzugs des Menschen bedacht habe21. Der Mensch ist in seiner endlichen Wirklichkeit zugleich unendlich bestimmt. Er ist als Da des Seins immer schon über alle Grenzen des Seienden hinaus beim Sein, und er ist über alles Wahre und Gute immer schon hinaus in der Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit. In diesem unendlichen Bestimmtsein sucht das Dasein in allen seinen Vollzügen, in denen es sein Sein vollbringt, immer schon das Unendliche und Unbedingte als das den Sinn seines Seins Erfüllende. Zugleich aber findet es sich als endlich vor. Es findet sich zwar sich selbst aufgegeben und darin frei, indem es an ihm liegt, sich zu vollziehen, aber es findet sich in eins sich vorgegeben und an sich verhängt. Es findet sich als Selbst und in der Freiheit vor, die in diesem Selbstsein liegt, zugleich aber auch in der Entzogenheit seines Grundes, in der Entzogenheit „der Macht, welche es (das Selbst, Zusatz v. mir) gesetzt hat“22, um mit Kierkegaard zu sprechen. Darin liegt, daß das Dasein als sich selbst offene Offenheit alles dessen, was ist, um erfüllt zu sein, unendlich sein muß, dieses Unendliche als der es in seine Offenheit ereignende Grund aber zugleich das ihm Entzogene und Ferne, das andere seiner ist. In der Entzogenheit seines Grundes ist das Dasein seiner selbst nicht mächtig und nicht in der Sicherheit ungefährdeten und vollkommenen Selbstvollzugs. In dieser Unsicherheit in sich selbst und gegenüber sich selbst, weil gegenüber seinem Grund, kann das endlich-unendliche Wesen sich auf seine Endlichkeit zurückziehen und an das ihm Nahe und Greifbare, an das, was ihm als endliche Wirklichkeit entgegenkommt, halten und sich vom Unendlichen ablösen. Darin aber muß
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es nun im Endlichen sein gleichwohl von ihm als endliche Unendlichkeit nicht ablösbares unendliches Bestimmtsein zu erfüllen suchen. D.h., es sucht auch in der Ablösung vom Unendlichen das Unendliche seines Sinnes, es sucht das Unendliche als das absolut Gute, das es in den Sinn als die Wahrheit seines Wesens kommen läßt. In allen seinen Vollzügen ist das Dasein als endliche Unendlichkeit nicht von dem transzendenten Wahren und Guten als der Wahrheit und Gutheit selbst ablösbar. Auch in der Ablösung vom unendlich Guten will es dieses selbst. Diese Unablösbarkeit des menschlichen Willens vom transzendenten Guten, in welcher der Wille dadurch Wille ist, daß er das Gute will, daß „die natura selber des Willens“ ist, „ein appetitus oder eine inclinatio boni zu sein (de verit. XXII, 5): ipsa voluntas est quaedam inclinatio, eo quod est appetitus quidam“ und in der das Gute dadurch das Gute ist, daß es das Gewollte, d.h., daß es „Bezogenheit ist auf einen (wirklichen oder möglichen) Willen: bonum est convenientia entis ad appetitum (de verit. I, 1)“23, diese Unablösbarkeit hat zur Folge, daß das Dasein, das sich vom Unendlichen ablöst, auch in dieser Ablösung das Gute als das es Erfüllende, daß es das transzendente und absolut Gute als die Gutheit alles Guten selbst will. Welte nennt diese Unablösbarkeit den „heimatlichen Ruf des Guten“24. Die Ablösung vom unendlichen Guten als dem Unverfügbaren in dem gewaltsamen Versuch der Herstellung des Unherstellbaren ist das Böse. Es ist das Endliche, das sich als unendlich behauptet, das Bedingte, das sich zum Unbedingten erklärt, es ist die „verkehrte Transzendenz“25, die „verkehrte endliche Unendlichkeit“26. Es ist das, was sich in der Absolutsetzung seiner Endlichkeit in die Bestreitung der Rechte von anderem und d.h. in die Gewalt gegenüber anderem setzt und darin zugleich in den Widerspruch gegen sich selbst. Darin will die Freiheit, „was sie im Grunde nicht will, sie hat so sich selbst gegen sich“27. Das Böse ist Selbstwiderspruch und insofern „Hemmung der Freiheit“, „im Vollzuge des Bösen“ ist „nicht reine Freiheit, vielmehr Freiheit des Vollzuges im Streite und in der Bestrittenheit durch etwas in uns, was das nicht will“28. Das Böse ist Verkehrung des Wesens ins Unwesen, der Wahrheit in die Unwahrheit, und darin liegt seine wesentliche Unabtrennbarkeit von der Gewalt. Das Böse waltet als das Gewaltsame, das, von dem die Macht als Macht ermächtigenden
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Recht her gesehen, die „Macht am Ende“29, das Machtlose, weil Rechtlose ist. Das Böse braucht die Gewalt, um sich gegen das Recht aller und darin gegen die Wahrheit seines eigenen Seins zu behaupten. Die Not der Gewalt, in der sich das Böse in der Behauptung seiner Endlichkeit als Unendlichkeit gegen das Sein alles Seienden und darin gegen sich selbst wenden muß, zeigt, daß das Böse die Überschreitung einer ontologischen Grenze bedeutet, denn Gewalt ist Wendung gegen das Recht als die Wahrung der Wahrheit des Seins alles Seienden selbst. In der Möglichkeit des Bösen als der Möglichkeit der Ablösung der endlichen Unendlichkeit von ihrem unendlichen Grund, durch den sie gesetzt ist, in der Deklarierung des Endlichen als Unendliches liegt das Wesen des Menschen selbst, der in seiner Endlichkeit unendlich bestimmt ist, aber dieser unendlichen Bestimmung als Endlichkeit nicht aus sich mächtig ist. Die Möglichkeit des Bösen wurzelt in der dialektischen Wesensverfassung des Menschen, welche Dialektik Differenz bedeutet30. Der Mensch als Dasein ist Identität mit sich und allem aufgrund der Identität mit dem Unendlichen, aber so, daß diese Identität nur ist als Identität einer unaufhebbaren Differenz, der Differenz zwischen sich und seinem unverfügbaren Grund und darin der Differenz zwischen sich und der Andersheit alles anderen. Diese unaufhebbare Differenz setzt das Dasein in eine Negativität, weil Ferne zu seinem Grund und darin zu allem, was ist, wiewohl es als Da des Seins in seinem unendlichen Bestimmtsein auf dieses und darin auf alles, was ist, bezogen und ihm nahe ist. Der Mensch als endliche Unendlichkeit ist der Austrag der Dialektik der Nähe und Entzogenheit seines Sinnes und Grundes, welche Dialektik ihn in seinem Daseinsvollzug in eine unaufhebbare Zweideutigkeit stellt, in der ihm alles in eins mit seinem es setzenden unendlichen Grund zweideutig erscheint als das zugleich Gewollte und Nicht-Gewollte. Das Endliche ist das Gewollte als das Wirkliche, Nahe, Greifbare und darin Erfüllung Verheißende, das aber in seiner Endlichkeit, die nie ganz erfüllt, sondern als Grenze Erfüllung gerade verweigert, zugleich das Nicht-Gewollte ist. Und ebenso ist das Unendliche als das Grundgebende und Sinngewährende das Gewollte, das aber als das Entzogene und Ferne, in der Endlichkeit der Wirklichkeit nie Sich-Gewährende, sondern das Dasein stets in seine Unerfülltheit und Defizienz Setzende zugleich das Nicht-Gewollte ist. Welte faßt
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diese Dialektik von Nähe und Ferne, in welcher der Mensch als endliche Unendlichkeit sein Sein vollzieht, in ein Wort Hölderlins, mit dem dieser sein Gedicht ‘Patmos’ beginnt: „Nah ist/ Und schwer zu fassen der Gott“31. Die Schwere des Fassens, sei diese in der Weise des Erkennens oder Handelns, ist letztendlich die Unmöglichkeit der Überschreitung der Grenze zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit seitens der Endlichkeit, die aber als Endlichkeit in der Offenheit und Verwiesenheit auf das Unendliche schwingt, die als Endlichkeit die Nähe des Entzogenen selbst ist. In dieser Dialektik von Nähe und Entzogenheit, die nicht willkürlich, sondern das Wesen des Menschen ist, liegt die Wurzel des Bösen als ontologischer Möglichkeit der Freiheit des Menschen32. Das Böse ist nicht Zufall oder nebensächlicher Unfall, sondern es gehört als Möglichkeit zum Wesen des Menschen selbst. Dessen Freiheit ist mithin „Freiheit zum Guten und Bösen“33. Die Unendlichkeit und das Schwanken der Freiheit zwischen dem Guten und Bösen liegt in ihr als Freiheit der endlichen Unendlichkeit, die sich gegen ihre Verwiesenheit an die Unverfügbarkeit ihres unendlichen Grundes und Sinnes an ihre Endlichkeit klammern und sich in ihr in der Behauptung ihrer Unendlichkeit gegen das ihr Unverfügbare, aber gleichwohl sie in ihrem Wesen Bestimmende und Erfüllende, abschließen kann. Nur von dieser ontologischen Gründung des Bösen und dem darin liegenden Sein des Bösen als selbstwidersprüchliche Verletzung einer ontologisch unüberschreitbaren Grenze, nur von dieser „einen, immer gleichen, transzendenten Grundgestalt des Bösen“, „nur von dem ersten, dem transzendenten Bösen her ist es begreiflich, wieso dieses, obwohl es materialiter immer in endlichen Bezügen sich realisiert, doch formaliter und wesentlich von absolutem und unendlichem, mit nichts verrechenbarem Range ist, warum es also jenen Ernst bei sich hat, welcher die Auszeichnung alles Ethischen ist“34. Aus der ontologischen Wurzel des Bösen folgt, daß der geschichtliche Mensch und mit ihm die Geschichte in der Wirklichkeit ihrer Endlichkeit nie einen vollendeten Zustand erreichen können, da nicht nur die verwirklichte Möglichkeit des Bösen, sondern auch die mögliche Wirklichkeit des Bösen, die im Sein des Daseins wurzelt, einen Mangel und damit Unerfülltheit bedeutet hinsichtlich des Sinnes ihres Seins als des unbedingt und unendlich Guten als des Heils. Das geschichtliche Dasein steht in der Entzogenheit seines
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Grundes immer in der Unsicherheit seiner selbst und so immer in der Möglichkeit des Scheiterns, sei es der Verzweiflung der Schwäche, in der es das Unendliche und damit die Möglichkeit seines Sinnes aufgibt oder der Verzweiflung des Bösen, in der es gewaltsam das Endliche als unendlich setzt. Beide Weisen sind Weisen der Unwahrheit des Geschichtlichen und darin Weisen geschichtslosen Geschichtlichseins, denn beide suchen, die in der Endlichkeit unauflösbare Dialektik doch aufzulösen und darin die Geschichte als in sich geschlossen und erfüllt stillzulegen, wobei sie aber entweder das Unendliche im Endlichen oder das Endliche an ein bloß deklariertes Unendliches aufgeben. Beide sind verzweifelt, weil unwahre Weisen des Geschichtlichseins, die das Fragmentarische und Ephemere35, das zum Geschichtlichen, sofern es Geschichtliches ist, gehört, es gewaltsam wegdeutend, überspringen wollen, entweder in der Behauptung der Nichtigkeit des Unendlichen, im endlichen Lassen des Unendlichen, oder in der Behauptung der Unendlichkeit des Endlichen, im endlichen Fassen des Unendlichen und im Verfügen über das unverfügbar Entzogene.
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IV. HOFFNUNG ALS WAHRHEIT DER GESCHICHTE Nachdem sich Verzweiflung und Hybris gleichermaßen als Selbstwiderspruch und darin als Verkehrung des Geschichtlichen in die Unwahrheit erwiesen haben, in der das geschichtliche Dasein entweder als nichtig behauptet, worauf es dennoch als sein es möglich Erfüllendes bezogen bleibt, oder aber als schon erfüllt behauptet, was stets in der Differenz und Ferne eines Entzogenen und damit im Modus der Nichterfüllung bleibt, gilt es nun die Wahrheit der Geschichte zu suchen1. Verzweiflung und Hybris sind unwahr, weil beide Vorwegnahme des Unvorwegnehmbaren, Verfügen über das Unverfügbare sind, die Verzweiflung in der Behauptung der Unmöglichkeit von Sinn, die böse Hybris in der Behauptung der Gegenwart von Sinn in der Erklärung des NichtErfüllten zum Erfüllten. Die Wahrheit der Geschichte geschieht mithin als das Gewährenlassen des Aufgangs oder des Entzugs von Sinn als des Unverfügbaren und Unherstellbaren. 1. Hoffnung und apriorische Struktur des Erhofften Das Geschichtliche geschieht in der Dialektik von endlicher Realität und unendlicher Idealität als das Über-sich-hinaus, als Bezogenheit auf das ihm Entzogene und Unverfügbare, das in der Wirklichkeit seines Geschehens Nicht-Bewirkbare und Nicht-Verwirklichbare. Die „in allem Geschehen wirkende Bezogenheit auf die nicht-bewirkbare Vollendung“2 ist Welte die Umschreibung dessen, was das Wort ‘Hoffnung’ nennt. „Denn Hoffnung nennen wir den beseelenden, dem Augenblick sinngebenden Hinblick auf das Ent- zogene und Unherstellbare ...“3. Die Geschichte als das Über-sich-hinaus ist hoffendes Geschehen, „als Ausblick, Antrieb, Bewegung auf das Ausständige, nicht Gegebene und doch Bewegende und Treibende. Die Geschichte ist hoffendes Geschehen, d.h. über sich hinaus weisendes, sich über sich hinaus bewegendes und von diesem Über-sich-hinaus bewegtes Geschehen“4. Als Geschehen des Übersich-hinaus ist die Hoffnung ein „transzendierendes Prinzip“5, aber dies so, daß es transzendierend auf wirkliche Transzendenz zielt im Sinne des alle Immanenz Überschreitenden. Welte wendet sich gegen das ‘Prinzip Hoffnung’ bei Bloch als „Hoffnung auf eine
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geschichtsimmanente Größe“6. Die Hoffnung der Geschichte hofft auf das, was sie als Geschichte aufhebt, was mithin in der Immanenz der Geschichte nicht erreicht werden kann. „Die der Seinsverfassung aller Geschichte einwohnende Hoffnung ist eschatologischer Art“7. Sie ist eschatologische Hoffnung, insofern die Verwirklichung des von ihr Erhofften als die Präsenz unendlichen und unbedingten Sinnes die Lösung der Dialektik des geschichtlichen Geschehens, mithin das Ende der Geschichte als Geschichte, bedeutet. Geschichte als unendlich bestimmte Endlichkeit geschieht in der Hoffnung der Lösung des Siegels und der Fessel der Endlichkeit. Sie geschieht als das Über-sich-hinaus als das Hinaussein über die Grenze ihrer Endlichkeit. Sie geschieht als Hoffnung auf das, was sie als Geschichte endigt. Ohne diese Hoffnung auf die Lösung seiner Dialektik als Gewähr seines es als Geschehen bewegenden Sinnes zerfiele das geschichtliche Geschehen8. Nur in der Hoffnung auf sich gewährenden Sinn geschieht, was immer geschieht. Ohne diese hoffende Voraussetzung von Sinn wäre alles Geschichtliche gleichgültig, ja als Geschichtliches nichtig, es geschähe allenfalls als bloßes Dies und Das, wobei letztlich das eine vom anderen nicht zu trennen wäre, weil beide bedeutungsleer wären. Geschichte als Geschehen des Bedeutsamen wäre aufgelöst. Auch Verzweiflung und Hybris geschehen nur unter der Voraussetzung von Sinn, die Verzweiflung im Lassen des Sinnes als der Vorwegnahme der Unmöglichkeit und Nichtigkeit von Sinn, welche Vorwegnahme verzweifelte Anerkennung von Sinn als eines Gesollten ist, die Hybris in der bloßen Behauptung von Sinn in der Endlichkeit der Wirklichkeit. Die Hoffnung ist mithin nicht nur ein transzendierendes Prinzip, das über alles im Geschehen der endlichen Wirklichkeit Erwirklichbare hinaus hofft auf die Unendlichkeit und Unbedingtheit von Sinn, sondern sie ist auch ein „transzendentales Prinzip“9, das allem geschichtlichen Geschehen ermöglichend und bewegend zugrundeliegt. Es ist transzendental in dem Sinne, „daß alle Geschichte in der Kraft der Hoffnung und im Zuge der Hoffnung geschieht“10. In diesem Sinne stimmt Welte Bloch durchaus zu. Als transzendentales Prinzip ist die Hoffnung „ontologische Hoffnung“11. Sie ist das Sein des geschichtlichen Geschehens selbst, insofern sie alles Geschehen, es freisetzend und bewegend, gründet, in ihr geschieht mithin alles Geschehen. Hoffnung als Bestimmung des Seins des
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geschichtlichen Geschehens ist mithin die Wahrheit der Geschichte. Diese ist, „wirkend zu sein als Hoffnung“12. Das „Geschehen der Geschichte selbst hofft: soweit sie in Wahrheit ist“13. Hoffnung ist die Wahrheit der Geschichte, insofern sie sowohl die eigene Endlichkeit als auch das Bestimmtsein von dem ihr unverfügbar entzogenen Unendlichen als Wahrheit wahrt. Die Hoffnung ist „die Aneignung dieser das Da des immanenten Geschehens transzendierenden Spannung“14 zwischen endlicher Realität und unendlicher Idealität, welche Spannung das geschichtliche Geschehen selbst ist. Die Annahme der Wahrheit ihres Seins in der Hoffnung aber bedeutet in eins die Freisetzung der Geschichte, denn insofern diese sich hoffend in die Wahrheit der Entzogenheit ihres Sinnes bringt, ist sie befreit vom Zwang und der Gewaltsamkeit von Verzweiflung und Hybris. Insofern die Geschichte hoffend ihr transzendierendes Wesen vollbringt, ist sie frei von der gewaltsamen Verunendlichung des immanenten Endlichen. Hoffend ist das geschichtliche Dasein nicht untätig, sondern in der Anerkennung ihrer Grenze gerade befreit zum „tätigen Hinblick“, zum „tätigen Ja zum Möglichen“15, zur Verwirklichung des je Besseren als des einstweilen Bestmöglichen16, in welch tätigem Ja das geschichtliche Dasein in seiner Bezogenheit auf unbedingten Sinn als auf das unbedingt Gute in die Offenheit seiner Freiheit und darin in das Angerufensein vom Guten als dem Gewollten verwiesen ist. Hoffnung ist die Bejahung der Möglichkeit von Sinn. Es ist die Erwartung eines Erstrebten und Gesuchten, dessen Möglichkeit als wirkliche Möglichkeit vorentworfen, dessen wirkliche Wirklichkeit aber zugleich weder als notwendig noch als allein in der Macht des Hoffenden liegend gedacht ist. Zur Hoffnung gehört mithin der Glaube als die vertrauende Bejahung der möglichen Wirklichkeit des Erhofften, sowie darin die Ungewißheit17 im Sinne der Nicht-Herstellbarkeit und des Sich-gewähren-Müssens und die Ungewißheit im Sinne der Nicht-Demonstrierbarkeit der Glaubwürdigkeitsgründe im Sinne der Logik. Zur Hoffnung gehört der Zweifel als die Ungewißheit über das Sich-Gewähren des Erhofften und als die Unsicherheit des Hoffenden selbst, in der er seiner selbst und darin seines Glaubens unsicher ist. Die Hoffnung des Geschichtlichen und darin der Geschichte ist wie eine Frage, die auf unverfügbare und unvorwegnehmbare Antwort harrt, die sich von sich her gewähren muß18. Sie ist Hoffnung auf Gnade,
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auf freie Gewähr eines Unherstellbaren und Ungeschuldeten19, in welcher Bezogenheit auf freie Gewähr immer schon die Möglichkeiten von Zweifel und Angst liegen als Modi des Vollzugs der Differenz von Erhofftem und möglicherweise Sich-nicht-Gewährendem. Als Frage an das nur als Gnade frei Sich-Gewährende aber trägt die Hoffnung ein apriorisches Bild des Erhofften in sich, ein apriorisches Maß dessen, was sie als Hoffnung in der Präsenz des Erhofften als ihrer Erfüllung aufhebt, „enthält doch die Frage schon den Entwurf ihrer möglichen Antwort“20. Sie greift darin dem Unverfügbaren nicht verfügend vor, denn sie erhofft das Erhoffte ja gerade als das als Gnade Sich-Gewährende, als das sie „Überwältigende“21 und erkennt nur in solchem ein sie möglicherweise Erfüllendes. Ihr Vorentwurf ist vielmehr die Helle, in der sie sich als Hoffnung selbst versteht und in der sie einem vielleicht Sich-Gewährenden als dem von ihr Erhofften und sie Erfüllenden ansichtig werden kann. Sie hofft auf ein Nahekommen und Sich-Gewähren des unendlichen, ihren Sinn verwahrenden Geheimnisses als das das Siegel und die Fessel der Endlichkeit in allen ihren Dimensionen Lösende, als das das Vergehen und den unabsehbaren Wandel in die Unvergänglichkeit des ewigen Da Wendende, als das die Bedingtheit des Wahren und Guten in die Präsenz der Unbedingtheit von Wahrheit und Gutheit Aufhebende, als das die Einzelheit und Vielheit in die freie Einheit des Eins und Alles Einende und als die Lösung der Möglichkeit von und als die Vergebung der Wirklichkeit der Schuld, als die Gewähr göttlichen Lebens. Dieser apriorischen Struktur des Erhofften der geschichtlichen Hoffnung gilt es nun weiter nachzudenken, und zwar in Hinsicht eines die Hoffnung in ihrer Wirklichkeit ermächtigenden Grundes. 2. Ausschau nach einem Grund der Wirklichkeit der Hoffnung als Ausschau nach Offenbarung a) Geschichtliche Gemäßheit eines solchen Grundes Das Unendliche des Sinnes des Geschichtlichen ist nur in der Hoffnung fragend berührbar, nicht aber im Sinne etwa der Metaphysik greif- und begreifbar. Es geht also um die Frage, wie die
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Hoffnung „da und wirklich sein, einen Grund ihrer Wirklichkeit finden“ kann, denn „alle Hoffnung verfällt, wenn sie nicht einen Grund ihrer Erfüllung und Verwirklichung findet“ und „die Geschichte bedarf innerhalb ihres Ganges schon eines wirklichen Grund gebenden Zeichens ihrer Erfüllung von dem göttlichen Geheimnis her ...“22. Die transzendierende Hoffnung als Geschehen der Wahrheit des geschichtlichen Daseins ist gewiesen, in der Endlichkeit ihrer Immanenz eines Grundes gewärtig zu sein, soll sie wirkliche Hoffnung sein. Denn nur im Raume der endlichen Wirklichkeit entscheidet sich und ist für das geschichtliche Dasein da, was immer ist. Ohne Grund in der Wirklichkeit ist die Hoffnung in der Gefahr des Unwirklichwerdens in der Leere bloßer Spekulation, welche die wirkliche Wirklichkeit des Daseins in seinem unendlichen Heilsinteresse nicht tragen und im Horizont der hoffenden und vertrauenden Bejahung der Möglichkeit von Sinn halten kann. Der Ernst der Wirklichkeit fordert einen Grund der Wirklichkeit der Hoffnung in der Geschichte, denn nur „was sich für uns in der Geschichte entscheidet, entfaltet für uns das volle Maß der Wirklichkeit. Was diessei s der Geschichte, in einer geschichtslosen (entscheidungslosen) Unwirklichkeit läge und geschehen würde, bliebe im ganzen im Scheine des Unernstes und des Verschwindens im Privaten und Subjektiven, was jenseits der Geschichte, über allen Tod und alles Ende hinaus gedacht wird, bleibt wieder im Scheine eines bloß Gedachten und Verschwimmenden und bekommt seinen Ernst für uns nur, wenn es mit einer Erscheinung und Entscheidung innerhalb der Geschichte verknüpft ist, wenn etwas Wirkliches geschehen und entschieden ist, hier und jetzt, darauf hin“23. Die geschichtliche Hoffnung ist nur wirklich und im Ernst der Wirklichkeit, wenn sie Gewärtigung der Wirklichkeit eines Grundes ihres Hoffens in der Geschichte ist. Sie ist Hoffnung nur als Gewärtigung und Ausschau eines Nahekommens, einer Offenbarung des Unendlichen in der endlichen Wirklichkeit ihrer Immanenz. Sie fordert als Hoffnung des geschichtlichen Daseins diesen Grund, ohne ihn jedoch herstellen zu können. Sie hofft als Hoffnung auf die die Endlichkeit lösende Gnade in eins auf eine sich im Raum ihrer endlichen Wirklichkeit zusprechende Gewähr des von ihr Erhofften als Grund ihres Hoffens und als Zuspruch in ihrer Unsicherheit, in der sie immer von der Möglichkeit der Verzweiflung und des Bösewerdens begleitet und
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angefochten ist. Sie hofft auf Zeichen, in denen die ihren Sinn entscheidende Transzendenz in der Immanenz erscheint, auf „Zeichen, die in der Immanenz das Transzendente melden“24, Zeichen, in denen Offenbarung des Unendlichen im Endlichen geschieht. Die Geschichte als hoffendes Geschehen hat von sich her als Hoffnung des geschichtlichen Daseins, das im Endlichen den Raum seiner Wirklichkeit hat, und im Blick auf dessen Schwanken und dessen Gefährdung als der Neigung in die Unwahrheit „Anlaß, auf eine Bestätigung und Gewähr ... des in ihr Erhofften zu achten und solches zu gewärtigen“25. In diesem Sinne ist sie „Warten und Ausschau auf Offenbarung“26. b) Geschichte und Offenbarung Es ergibt sich ein geschichtlicher Charakter von Offenbarung, insofern die Geschichte Ausschau nach Offenbarung als ein der Geschichte immanentes Zeichen ist, in dem das Transzendente sich in der Geschichte entbirgt. Offenbarung in der Geschichte ist nur als selbst geschichtliches Ereignis denkbar. Hier öffnet sich der Blick auf Weltes Offenbarungsverständnis und auf sein im Gedanken der Geschichtlichkeit mit grundgelegtes epiphanisches Gottesverständnis, wie sie Welte besonders in seiner ‘Religionsphilosophie’ und den Vorlesungen B 60/61 und B 66/67, welch letztere für dieses Thema auf die Vorlesung B 60/61 zurückgreift, entfaltet27. Da sich für das geschichtliche Dasein alle Wirklichkeit im Raum der Geschichte und als Geschichte entfaltet, ist damit vom philosophischen Gedanken der Geschichte als Ausschau auf mögliche Offenbarung als Grund der Wirklichkeit ihrer Hoffnung die Frage nach der Geschichte als dem Ort möglicher Offenbarung und damit nach dem Verhältnis von Geschichtlichkeit und Offenbarung gestellt. Die Möglichkeit von Offenbarung als Nahekommen des unendlichen transzendenten Grundes und Sinnes von Geschichte in der Immanenz der Geschichte kann philosophisch nicht ausgeschlossen werden, ihre Wirklichkeit aber kann philosophisch auch nicht deduziert werden. Wenn aber die philosophische Betrachtung der Geschichte vor die Möglichkeit von Offenbarung gestellt ist, ja diese sogar als Teil der Hoffnung der Geschichte aufdeckt, ist es ihr als Klärung des menschlichen Selbst- und Weltverständnisses aufgegeben,
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die Bedingungen der Möglichkeit von Offenbarung in der Geschichte von seiten des Menschen als des Adressaten von Offenbarung, der als solcher Offenbarung, wenn sie geschieht, als solche verstehen muß, zu klären. Soll für den geschichtlichen Menschen Offenbarung in der Geschichte wirklich sein, so muß sie sich geschichtlich ereignen. Zur Offenbarung als Wirklichkeit für den geschichtlichen Menschen gehört ihr Ereignischarakter. Offenbarung muß sich, insofern sie geschieht, geschichtlich ereignen, denn alle Wirklichkeit des Menschen ist geschichtlich, selbst die Natur, die das geschichtliche Dasein gerade als das Geschichtslose betrachtet, ist in dem, was sie für dieses bedeutet und wie sich dieses in ihr und ihr gegenüber versteht, geschichtlich. Geschichtlichkeit ist eine transzendentale Bestimmung, die in der Sammlung und Offenheit des Seins alles dessen, was ist, in der Helle des Da-seins, alles geschichtlich bestimmt. So ist auch das unendliche Geheimnis des Grundes von geschichtlichem Dasein und Geschichte und darin des Seins alles Seienden, sofern es sich offenbarend gewährt nur offenbar und da, insofern es das Dasein in seiner Geschichtlichkeit trifft, und d.h., insofern es sich ereignet und so in geschichtlicher Gestalt erscheint. In dieser endlichen und geschichtlichen Gestalt erst wird nach Welte der unendliche Grund als das unendlich entzogene Geheimnis das, was in dem Wort ‘Gott’ genannt ist. „Das unendliche Geheimnis wird Gott, indem es Gestalt wird“, und es „konstituiert sich primär als Gestalt in Offenbarungsereignissen. Nach dieser Hypothese ist also Gott eine epiphanische, d.h. auf Offenbarung bezogene Bestimmung“28. Welte weist in diesem Zusammenhang der Gründung der Göttlichkeit Gottes in epiphanischen Ereignissen auch auf Thomas von Aquin hin, der seine fünf Wege zu Gott je mit dem Satz „et hoc dicimus Deum“ oder gleichbedeutenden Formulierungen schließt29. Darin leuchtet eine Differenz zwischen der philosophischen Bestimmung des unendlichen Geheimnisses auf und dem, was die religiöse Erfahrung als Gott erfährt und die religiöse Sprache ‘Gott’ nennt, welche beiden durch die nachträgliche Identifizierung zwar als in ein Selbes weisend erkannt, aber in ihrer Differenz nicht aufgehoben sind. Es ist die Differenz zwischen dem philosophischen Begriff Gottes als des unendlichen Geheimnisses und dem in der religiösen Erfahrung sich offenbarenden göttlichen Gott.
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Neben dieser phänomenologischen Differenz zwischen philosophischer Betrachtung und religiöser Erfahrung aber scheint in der Bestimmung Gottes als Gestalt noch eine grundsätzlichere Differenz auf zwischen Gott als Gestalt, die sich in Offenbarungsereignissen kundgibt, und dem gestaltlosen, „weiselosen Grund und Abgrund“; „da ist Gott nicht Gott, da ist er, was er ist“30, da ist er „von allen Namen frei und aller Formen bloß“31. Das unendliche weiselose Geheimnis wird Gott im Ereignis seiner Offenbarung. Zur Göttlichkeit Gottes gehört seine Geschichtlichkeit. Von diesem Gedanken Gottes als epiphanischer Gestalt des weiselosen Geheimnisses ergeben sich nun aber auch neue Möglichkeiten, die Geschichtlichkeit Gottes und den Bedeutungsgehalt dessen, was Offenbarung heißen kann, neu zu denken, welche Möglichkeiten gerade auch neue Möglichkeiten der Theologie bedeuten. Die Geschichtlichkeit Gottes als das Geschehen seines Aufgangs und seiner Offenbarung weist damit in einen Bezug des Geheimnisses zur Geschichte und zum geschichtlichen Menschen, in dem die Geschichte selbst als in die Wirklichkeit Gottes hineinreichend gedacht werden kann und von dem aus die Offenbarung Gottes als seine Geschichte mit dem geschichtlichen Menschen als wirkliche Geschichte gedacht werden muß, die in der Offenheit und Freiheit Gottes und des Menschen geschieht. Offenbarung bedeutet so nicht mehr Enthüllung eines zeitlos, in der Zeit nur verdeckten Wahren, sondern sie ist Ereignis der Wahrheit selbst. Offenbarung ist nicht Mitteilung eines zeitlos Wahren, das in einer zeitlos gültigen Lehre zusammengefaßt werden kann. Sie ist auch nicht Kundgabe dessen, was der menschlichen Vernunft im Rückgang auf sich selbst auch aus eigener Kraft nur nicht so „geschwind“ und „leicht“32 hell werden kann, sondern sie ist Ereignis, geschehende Geschichte, in der der unendliche Grund selbst einen je unverfügbaren Anfang in die Geschichte des Menschen hinein zeitigt, der in der und als Geschichte neue Geschichte ereignet, in welcher der Mensch je anfänglich im Ereignis seiner Geschichte geschieht. Insofern gründet Offenbarung je neue Geschichte, indem sie sich ereignishaft in den Wandel der Geschichte und die Freiheit des geschichtlichen Menschen zeitigt. Darin ist die geschichtliche Zeit nicht leeres Bild zeitloser Ewigkeit, sondern die überzeitliche Ewigkeit des weiselosen Grundes hat in seinem offenbarenden Aufgang in der Zeitigung in die Geschichte hinein und darin in der Zeitigung anfänglicher
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Geschichte von sich her einen Bezug zu Zeit und Geschichte33. Offenbarungsgeschichte ist so nicht mehr Verwirklichung eines immer schon zeitlos Wahren, Rückführung eines im Anfang schon Gewesenen und so nur uneigentlich Geschichte, sondern sie ist geschichtlicher Dialog des Menschen mit dem die Geschichte gründend Ereignenden und der Geschichte Offenen. Sie ist ereignishaftes Mitgehen des in seinem offenbarenden Aufgang geschichtlich Übergeschichtlichen auf dem Weg des geschichtlichen Menschen. Sie ist Geschichte des Geschehens des Übergeschichtlichen in die Geschichte hinein und mit der Geschichte. In Hinsicht der Klärung der Bedingungen der Möglichkeit von Offenbarung bleiben noch weitere Folgen der Geschichtlichkeit von Offenbarung zu bedenken. Wenn sich das unendliche Geheimnis dem geschichtlichen Menschen offenbart, indem es unter die Bedingungen von Endlichkeit und Geschichtlichkeit tritt, so bedeutet dies, daß dann „das Überseiende für die menschliche Erfahrung zu einem Seienden wird“34. Es erscheint als Gestalt in einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort und für bestimmte Menschen. Es ist als Gestalt ein Seiendes neben anderen Seienden. Die Offenbarung hat, indem sie geschieht, ihre Zeit und ihren Ort, und damit hat das unendliche Geheimnis eine bestimmte Weise seines Aufgangs, eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort. Es wird Gestalt als „die sich ereignende Einheit einer konkreten Mannigfaltigkeit von offenbarenden Wirkungen“35. Es ist als Ereignis Gestalt und nimmt darin an einem bestimmten Zusammenhang und seinen Wandlungen teil und gründet und fügt als Ereignis in eins zugleich neue Geschichte als einen neuen geschichtlich sich eröffnenden Zusammenhang. Es tritt als endlich-geschichtliche Gestalt neben andere endliche Gestalten und ihr geschichtliches Geschick und nimmt daran gegründet-gründend teil. Dies aber zeigt, daß die Offenbarung als diese endliche Gestalt nur Offenbarung ist, insofern sich in ihr zugleich die Entzogenheit der Transzendenz als solche mit enthüllt. Offenbart sich das unendliche Geheimnis, „so kommt es zu diesem absoluten Paradox, daß es sich nähert in der endlichen Gestalt, aber eben darin die Ferne seiner unberührbaren Transzendenz mit spüren läßt“36. Welte nennt dieses Geschehen „die entscheidende Dialektik aller Offenbarung“37. Nur in der Dialektik von Entbergung und Verbergung, Aufgang und Entzug, Nähe und Ferne, Gewähr und Überwältigung offenbart sich das Unendliche in
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der Endlichkeit der Immanenz, nur in solcher Dialektik kann das Unendliche als solches für das Endliche offen und offenbar werden, ansonsten wäre es ein unterschiedslos Endliches. Erscheint aber Offenbarung im Horizont des Menschen als wirkliche, so ist sie auch endlich in der Weise, daß dieser seine endlichen Vorstellungen, die immer auch geschichtlich geprägt sind, an dieses Offenbarungsereignis heranträgt und es von daher verstehen und verstehend weitersagen wird. Darin erscheint der Gott als Gestalt in den Ereignissen seiner Offenbarung in je verschiedenen Zeiten und Räumen je auf eigentümliche Weise, wenngleich auch alle Gestalten in ihrer Verschiedenheit und in ihrer geschichtlichen Wandelbarkeit je in ein Selbes weisen38. Zu diesem geschichtlichen Wandel gehört, insofern das Geschehen der Geschichte ein Vergehen ist, auch das Verklingen, Versinken und Leerwerden epiphanischer Gestalten im Gange der Geschichte. Und es gehört das Ausbleiben und der Entzug der Erfahrung des Aufgangs des Göttlichen dazu. In der Erfahrung des Entzugs und des Leerwerdens der Gestalt, in der diese nur noch von ferne auf das Geheimnis hinzuweisen vermag, ja die Präsenz des Geheimnisses in ihr erloschen scheint, sind die Kraft der Erinnerung und die Bereitschaft des Achtens auf ein neues Nahekommen des unverfügbar Entzogenen und Sich-Entziehenden die Weisen des geschichtlichen Daseins, in denen es in den vom Menschen her unentscheidbaren Möglichkeiten der Leere und der Nichtigkeit der Sinnlosigkeit oder der Fülle sich gewährenden Sinnes dem entzogenen Grund verbunden bleibt. In dieser geschichtlichen Lage hat auch die Reflexion nach Welte eine entscheidende, wenn auch wie alles Endliche, eine zweideutige Bedeutung. Sie hat eine wichtige Funktion in der Bewahrung einstiger Gestalt und in der Klärung des in ihr Enthüllten in der Zeit der Ferne und des Fehls Gottes. Die reflexive Durchdringung gehört zum geschichtlichen Menschen, aber sie muß sich gerade als diese der Geschichtlichkeit der Wirklichkeit öffnen. Als dem Innestehen in der geschichtlichen Wirklichkeit liegt in ihr aber gerade auch die negative Möglichkeit des Versuchs, sich dieser zu entziehen. Die Reflexion kann sich in sich fixieren und die Gestalten in ihrer Äußerlichkeit als notwendige und unabdingbare Weisen des Nennens und des Umgangs mit dem unendlichen Geheimnis behaupten, um sich so dem unendlichen Grund gerade im Entzug seiner in der Gestalt aufgehenden Präsenz
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zu versichern. Sie kann diese Gestalt in ihrer äußersten Möglichkeit als das unendliche Geheimnis selbst ausgeben. Dies aber ist eine unwesentliche Weise der Reflexion, da sie sich sowohl der unverfügbaren Entzogenheit des unendlichen Geheimnisses und der Geschichtlichkeit seines Aufgangs als auch ihrer eigenen Geschichtlichkeit versagt. In der Reflexion aber liegt auch die positive Möglichkeit, sich als sichern-wollende und greifen-wollende zu lassen und sich im Überstieg ihrer kategorialen Begrifflichkeit in die „Gelassenheit“39 des Lassens als des Hinter-sichLassens aller endlichen Gestalten in ihrer Äußerlichkeit zu transzendieren, wie es etwa in der Einsicht des Tao Tê King: „Der Name, kann er genannt werden, ist nicht der ewige Name“40 oder in Meister Eckharts Gedanken der Abgeschiedenheit geschieht. Darin erscheint das unendliche Geheimnis nicht als wesenlos, sondern als gestalt- und weiselos41. Im Lassen der Gestalten liegt aber immer auch „die Möglichkeit des Sein-Lassens, Gewähren-Lassens“42 der Gestalten. Sie können genannt werden als Gestalten und Namen des Namenlosen, das als das Namenlose alle Namen in eins bejaht und verneint. Kein Name und keine Gestalt ist daher absolut und absolut festzuhalten. In dieser lassenden Reflexion ist dem geschichtlichen Menschen die Möglichkeit der Kommunikation mit und der Toleranz gegenüber allen geschichtlichen Offenbarungsereignissen und der in ihnen sich zeitigenden Mannigfaltigkeit geschichtlicher Gestalten verwahrt, einer Toleranz43 gegenüber allen Gestalten als den immanenten Zeichen, in denen das gestaltlose und weiselose Geheimnis sich in die Geschichte hinein offenbart und dem geschichtlichen Menschen nahekommt und die als solche geschichtlichen Gestalten alle in dieses Selbe weisen. In dem Maße, als der geschichtliche Mensch seine Geschichtlichkeit annimmt, wird er frei für die Geschichte. c) Personalität und Einmaligkeit: die „absolute Konkretion“ Im philosophischen Bedenken des Geschichtlichen und darin der Bedingungen der Möglichkeit von Offenbarung, auf welche die Geschichte in ihrem faktischen Geschehen weist, gilt es nun vom Selbstverständnis des Menschen her auf weitere mögliche Weisen zu achten, welche diesem am meisten gemäß sind und in denen er
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Offenbarung als geschichtlichen Aufgang des Unendlichen als Gewähr und Zusage, wenn sie geschieht, am ehesten als solche verstehen kann. Es ist auch auf die „Konvenienz“44 von menschlich geschichtlicher Gewärtigung von Offenbarung und möglicherweise sich gewährender Offenbarung zu achten, denn der „Mensch versteht am besten, was ihm am meisten entspricht“45. Nachdem sich zunächst die Geschichtlichkeit einer möglichen Offenbarung ergab als das der Geschichtlichkeit des Menschen Entsprechende, erhebt sich die Frage nach weiteren Dimensionen einer möglichen Offenbarung im Blick auf den geschichtlichen Menschen, sein Selbstverständnis und das darin gegebene Vorverständnis möglicher Offenbarung. Der Blick auf das Geschichtliche zeigt, daß eine mögliche Offenbarung als Gewähr einer Antwort auf die Frage des Menschen nach Sinn und Heil geschichtlich sein muß, wenn sie im Raum des geschichtlichen Daseins ganz wirklich sein soll. Ein nur abstrakter, von allen geschichtlichen Gegebenheiten abstrahierender und insofern zeitloser Gedanke kann der Hoffnung keinen tragenden Grund geben, da diese als Hoffnung auf Gnade das Daß ihrer möglichen Erfüllung gerade als das allem Verfügen - auch dem des Denkens - Entzogene, als das sich von sich her Gewähren-Müssende, aber nicht in einem zeitlosen Gedanken Faßbare gewärtigen muß. Die Abstraktion des Gedankens aber abstrahiert gerade von der Wirklichkeit und entfaltet deren mögliche Sinngestalt gerade nur als gedachte und beläßt diese so in der Unentschiedenheit und Unsicherheit hinsichtlich eines wirklichen Grundes ihrer Hoffnung. Die geschichtliche Ereignishaftigkeit einer zu gewärtigenden Offenbarung als Ansage von Heil aber enthüllt nun noch eine weitere Dimension, in welcher das geschichtliche Dasein erst in seiner vollen Entfaltung getroffen und angegangen wäre, in welcher es sich mithin erst als in seiner Sinnfrage ganz angenommen und aufgenommen verstehen könnte. Dies ist die Dimension des Personalen46. In ihr erst ist das geschichtliche Dasein im Ernst und der Fülle seiner Wirklichkeit, denn nur darin ist es als es selbst und in seiner absoluten Selbstgehörigkeit, in der es sich unendlich bedeutsam ist, gemeint und angegangen. Erst in der personalen Begegnung hat es als geschichtliches Dasein sein Da. In ihr nur ist es ganz wirklich, weil es in ihr als es selbst gemeint, als es selbst unvertretbar gefordert und angerufen ist. In der Begegnung
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von Ich und Du, in der sich das Ich dem Du öffnen und sich seiner ihm unverfügbaren Ursprünglichkeit, die ihm erst den Raum seines Ich-Seins gewährt, anheimgeben muß, ist es als Person ganz da und daher in seinem Aussein auf Sinn, in dem es ihm im Gehen um den Sinn seines Seins um den Sinn des Seins alles Seienden geht, erst ganz beteiligt und engagiert. Im bloß Abstrakten und Sachhaften ist das geschichtliche Dasein nie als es selbst ganz wirklich und darin ist auch das Sein alles Seienden leer und ortlos, denn es ist vom Gedanken oder der Sache, mit der es sich auseinandersetzt, selbst nicht gemeint und daher als es selbst in seinem Personsein unaktualisiert und leer. Somit ist in Hinsicht eines möglichen offenbarenden Zeichens zu sagen, daß es als ein personales, das sich der Geschichte in ihrem überall personalen Grund zuspräche, dem Geschichtlichen am angemessensten erscheint, weil es dieses nur so in der vollen Tiefe seines Seins träfe und beträfe. Als mögliche Gewähr einer heilenden Vollendung wäre mithin gerade ein personales Zeichen ein Zeichen, welches das geschichtliche Dasein am meisten als ein Zeichen der Gewähr der Erfüllung seines Personseins verstehen könnte. Angenommen nun, es gewährte sich ein solches personales Zeichen als Ereignis einer Person in der Geschichte, so vollzieht es sich im Miteinander als Geschehen von Verstehen und Glauben. Seine Vergewisserung als Vergewisserung personalen Geschehens ist nicht logisch und rational oder, im zeitlich-geschichtlichen Horizont gedacht, allein mit den Mitteln historisch-kritischer Methode zu bewerkstelligen, sondern sie ist als personale Vergewisserung nur als Glaube. „Das Grundgewinnen als Hoffnung kann in der Geschichte nur ein Glauben personaler Art sein“47, der von dem Abwägen und dem Verrechnen bloßer Sachkategorien und von der Sicherheit der Methode sachhaften Wissens qualitativ getrennt bleibt. Das Geschichtliche als Geschehen des geschichtlichen Daseins geschieht in personalem Grund. Es ist mithin immer Geschehen von Personen und so nur in der Weise personaler Erkenntnis und personaler Vergewisserung verstehend und glaubend anzueignen. Personales Verstehen und dessen Vergewisserung als Glaube schwingt im Raum der unzwingbaren und von allem äußeren Verfügen unerreichbaren unvertretbaren Selbstsein je jeder Person, und dies sowohl von seiten des Verstehenden als auch des zu Verstehenden. Der Verstehende findet tragenden Grund seiner Vergewisserung
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nur im freien Selbstsein des ihm Begegnenden. Und er als Selbstsein findet dieses nur, wenn er sich als er selbst, d.h. wiederum aus der Ursprünglichkeit und Freiheit seines Selbstseins sich diesem öffnet und sich dessen Aufbruch anheimgibt, in welchem dieser sich als er selbst bezeugt. Glaubende Vergewisserung ist Zeugnisnehmen. Glaube und Zeugnis sind die beiden Seiten desselben. Zum Zeugnis gehört das Hellwerden des Zeugen in ihm, das Durchscheinen des Ernstes seiner freien Ursprünglichkeit, so daß zur Sache, die er vorträgt, er selbst als der diese in der Kraft seines Wirklichseins und dem Ernst seines Selbstseins und seines Heilseinwollens Bezeugende untrennbar mit hinzugehört. Zeuge und Zeugnis sind nicht zu trennen, insofern der Zeuge das bezeugt, was gerade nicht sachlich zu wissen, mithin nicht in Ablösung von dem es Bezeugenden vergewisserbar ist, sondern Zeugnis ist das, was den Grund möglicher Vergewisserung im Zeugen selbst hat. Der Zeuge ist die Gewähr der Wahrheit des Bezeugten. Gerade dieses Verhältnis aber ist das Verhältnis des geschichtichen Daseins zu einer zu gewärtigenden möglichen Offenbarung. Denn diese ist das in ihrem Daß, wie letztlich - auch bei allen Konvenienzargumenten - in ihrem Wie und Was nicht sachlich Wiß- und Vergewisserbare, sondern das nur im Zeugnis der Offenbarung selbst Sich-Öffnende. Offenbarung ist der unvorwegnehmbare und unkonstruierbare, die Wahrheit erst ereignende, tragende und gewährgebende Grund dieser Wahrheit selbst. Von daher legt sich der Gedanke einer personalen Offenbarung als des sowohl der Personalität des Adressaten der Offenbarung als auch der Ursprünglichkeit der Offenbarung selbst Entsprechende nahe. Die Weise der Vergewisserung sich ereignender Offenbarung ist mithin einzig der Glaube als Zeugnisnehmen, als Annehmen der Bezeugung eines Zeugen. Offenbarung als geschichtliches Ereignis im personalen Raum trägt sich dem denkenden Hinblick als das dem Geschichtlichen Entsprechende zu sowohl von dem Bedenken dessen, daß mögliche Offenbarung als Zusage des Heils gerade Zusage des Heils des Personseins und an Personsein als des Grundes der Geschichte sein muß und insofern ein personales Zeichen als Zeichen dieses Heils angemessen erscheinen läßt, als auch vom Bedenken dessen her, daß die Hoffnung auf Gnade möglicher Offenbarung gewärtig ist als das, dessen sie gerade auf keine Weise mächtig ist und dem sie sich durch keine nur bei ihr liegende Anstrengung zu vergewissern
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vermag, sondern bei dem sie allein auf eine ihr entzogene Gewähr der Wahrheit, auf Zeugnis, angewiesen ist, das sie nur, sich lassend und aufgebend, vertrauend und glaubend, entgegennehmen kann. Vom Bedenken des Seins des geschichtlichen Daseins öffnet sich mithin der Blick auf das Personale als der Horizont, in dem sich Offenbarung geschichtlich ereignet, zum einen, weil „für uns Menschen in der personalen Begegnung, und in ihr allein, Entscheidung und Schicksal über unser Welt-Dasein im ganzen liegen kann“48, und zum anderen, weil sich das geschichtliche Dasein möglicher Offenbarung als dem aus unverfügbarem Ursprung Sich-Gewährenden, gleichwohl aber das Dasein in seinem Heilsinteresse ganz Einfordernden, nur glaubend, also wiederum nur personal, zureichend vergewissern kann. Sofern wir also „als Menschen Anlaß haben, im Kreis der Immanenz unseres Weltdaseins nach kündenden Zeichen des ewigen Heils Ausschau zu halten, so sind die, die in den personalen Möglichkeiten liegen, die schlechthin ausgezeichneten...“49. Nun bleibt aber noch ein Weiteres zu bedenken. Denn auch ein Zeichen der Gnade als eine personal sich zutragende, in einer Person sich ereignende Offenbarung als das Auftreten eines personalen Zuspruchs und Anspruchs wäre gemäß der Mannigfaltigkeit und endlosen Zerstreutheit des Geschichtlichen in der Möglichkeit, zu vielen Zeiten, an vielen Orten und in und durch viele Personen sich zu ereignen. „Allein, wenn diese (Vielfältigkeit, Zusatz v. mir) eine bloße Vielheit bleibt, die nicht schließlich in das Ein-für-allemal eines personalen Ereignisses zusammenläuft, dann kann weder das Selbst in der Hoffnung ganz wirklich werden, noch könnte andererseits die Geschichte im Ganzen darin das entscheidende Zeichen der gnadenhaften Erfüllung ihres Sinnes erkennen“50. Denn das Geschichtliche geschieht von seiner inneren, es treibenden Offenheit auf unbedingten Sinn und unendliches Heil her als das Ein-für-allemal, das in seiner Bedeutsamkeit alles in sich versammelt und in die freie Einheit des Eins und Alles führt, in der allem im Seinlassen von allem das Heil seiner Vollendung gewährt ist. Alles Geschichtliche geschieht als das als Einzelnes Bedeutsame, das in seiner Bedeutsamkeit unvergleichlich und unvergeßlich ist und in seiner Unerschöpflichkeit durch die Weite aller geschichtlichen Zeit betroffenes Andenken ruft. Blickt mithin das geschichtliche Dasein auf Offenbarung als ein Ereignis, in dem
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sich ihm in der Unerfülltheit seines Sinnes heilende Lösung seines Scheiterns und Gewähr seines Heils zusagen soll, so zeigt sich das Ein-für-allemal als ein das geschichtliche Dasein in dieser Gewärtigung von Offenbarung leitender Vorblick. In der Vielheit und Zerstreutheit geschichtlicher Offenbarungsereignisse bleibt das geschichtliche Dasein, wenn auch darin sich im Raum seiner Wirklichkeit bewegend, noch nicht ganz entschieden, sondern zerstreut in die Möglichkeit, sich hierhin oder dorthin zu wenden. Die sich geschichtlich zeigende Vielfalt von Ereignissen, in denen verschiedene Menschen und Menschentümer ein Nahekommen des unendlichen Geheimnisses vernahmen und vernehmen, weist daher vom Blick auf die Idee des Geschichtlichen als des Ein-fürallemal und im Blick auf das Maß der geschichtlichen Hoffnung als der Hoffnung auf eine sich zusagende Entscheidung seines Heils in eine mögliche Sammlung in einem Offenbarungsereignis, in dem sich der Anspruch, die alles betreffende alle Räume und Zeiten versammelnde, ein-fürallemal entscheidende Offenbarung des Unendlichen zu sein, dem Menschen entgegenbringt, und dies aufgrund des Personseins des geschichtlichen Daseins als personales Geschehen. Es ist dies der Anspruch der „absoluten Konkretion“51, in der sich in einem konkreten geschichtlichen Da das für alles geschichtliche Da Entscheidende, mithin Unbedingte, ereignet und zuträgt. Von solchem Anspruch angerufen, geschähe das geschichtliche Dasein erst in der Fülle seiner Wirklichkeit, in der es in seiner Endlichkeit dem Unendlichen und Unbedingten geöffnet ist. Die absolute Konkretion ist absolut in dem zweifachen Sinne, daß in einer konkreten Person sich die Unendlichkeit des absoluten Geheimnisses, Antwort auf die Frage der Geschichte zusagend, gewährt im Horizont und Anspruch der offenen Weite aller geschichtlichen Zeit und daß dieser absolute Anspruch der in dieser einen Person offenbar wird, vom geschichtlichen Dasein fordert, sich in der Begegnung mit diesem Anspruch in seinem unendlichen Heilsinteresse ganz zusammenzunehmen und zu sammeln in die Entscheidung des glaubenden Sich-Anbauens oder des verweigernden Sich-Versagens gegenüber diesem Anspruch auf Vollendung und Erfüllung seines Daseins und darin aller Geschichte. In der Entscheidung, in der die Unendlichkeit und Unbedingtheit des Sinnes seines Seins und darin allen Seins in einem konkreten geschichtlichen Da auf dem Spiel steht, ist das geschichtliche Dasein ganz wirklich, weil ganz gesammelt in der
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Wirklichkeitsmacht des Augenblicks, in dem gegenwärtig das Gewesene in seiner offenen Künftigkeit geschieht und geschehend versammelt ist. In der absoluten Konkretion nur kann das geschichtliche Dasein eins mit sich und darin erst in der Fülle seiner Wirklichkeit sein, denn solange es in die Vielheit von Möglichkeiten zerstreut bleibt, ist es mit einem Teil seiner selbst immer im Horizont anderer Möglichkeiten, denen es sich grundsätzlich ebensogut zuwenden kann, und so wendet es sich der ergriffenen Möglichkeit nie ganz zu. Seine Wirklichkeit bleibt mit Möglichkeit durchsetzt, und dies gerade im innersten Da seines Seins, in dem es ihm um dieses selbst geht. Es bleibt in der Möglichkeit, sich anderen Offenbarungsträgern ebensogut zuwenden zu können, ohne sich in einem als dem einen entscheidenden absoluten und nicht nur relativen Absoluten zu gründen, und so bleibt es im Ergreifen einer Möglichkeit den anderen gegenüber weiterhin im Verhältnis der Möglichkeit und so in der realisierten Möglichkeit nicht ganz realisiert. Die Einmaligkeit als das Ein-für-allemal einer geschichtlichen Offenbarung ist Teil der Hoffnung der Geschichte, die in der Hoffnung auf gnadenhafte Erfüllung ihres Sinnes in eins auf eine sich in der Endlichkeit ihrer Wirklichkeit ereignende Zusage hofft als Grund der Wirklichkeit ihrer Hoffnung. Sie ist dies aufgrund des Seins der Geschichte selbst, die in der Idee des Ein-fürallemal geschieht52. „Aus der inneren Logik der Geschichte selbst erscheint als die Bedingung des Wirklichwerdens und Grundgewinnens ihrer Hoffnung gerade das, was als das am meisten Paralogische und Paradoxe empfunden werden muß: der geschichtliche Absolutheitsanspruch eines einzigen, alle und das Ganze der Geschichte einfordernden personalen Ereignisses“53. Die Hoffnung auf absolute Konkretion als den sich in einem Ereignis konkretisierenden Absolutheitsanspruch entspringt dem Sein des Geschichtlichen selbst, das als „concretum universale“54 in der Einheit der geschichtlichen Zeit und des geschichtlichen Miteinander alle Geschichte in sich versammelt. Sie gehört zum Geschehen des geschichtlichen Daseins, insofern dieses als personales Selbstsein im Horizont universalen Miteinander als der Einheit der geschichtlichen Zeit für sich nur ganz ernst und wirklich sein kann in dem, was für alle und für alle Zeiten im Ernste bedeutsam ist. Was nur für das isolierte Selbstsein der Person unbedingte Gültigkeit hat, hat es auch für
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dieses nicht. Was die Person nur für sich ernst nimmt, nimmt sie auch für sich nicht ganz ernst, weil sie sich als geschichtliches Mitsein und damit als sie selbst gerade ausklammert. Hier ist auch der Einspruch gegen die Möglichkeit absoluter Konkretion zu betrachten, nach dem diese ausschließend, weil nur eine geschichtliche Stunde in ihrer Wirklichkeit treffend, und insofern in ihrem Absolutheitsanspruch geschichtslos sei. Die absolute Konkretion aber als das einmalige und endgültige Ereignis der Heilszusage des unendlichen Geheimnisses im Ereignis der geschehenden Geschichte einer Person, klammert weder Vergangenheit noch Zukunft aus, und zwar weder hinsichtlich der Möglichkeit personaler Begegnung noch hinsichtlich der Möglichkeit anderer Offenbarungsereignisse. Sie bedeutet die Aufnahme und Sammlung aller möglich ergangenen und ergehenden Offenbarungsereignisse in verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Menschentümern in einem geschichtlichen Da, das deren Reichtum und Mannigfaltigkeit in ihrem Weisen in das Selbe eint und dieses Selbe offenbar macht als das Eine, das alle umfaßt und allen gilt und das sich in diesem konkreten einen, endgültigen und unüberholbaren Ereignis im Umfassen aller Zeiten allen ein für allemal absolut zusagt als das ihren Sinn eschatologisch Verwahrende. Als geschichtliches aber bleibt dieses Ein-für-allemal nicht in seine Gegenwart eingeschlossen, sondern es ist gerade als der geschichtliche Zusammenhang von Verstehen und Glauben ereignet, in dem es im Ereignis neu und anfänglich sich zeitigender Zeit in je anfänglichem Geschehen von Verstehen und Glauben neu Ereignis wird und darin neue Zueignung ereignet. Das Geschehen der absoluten Konkretion geschieht geschichtlich als die Möglichkeit der verstehenden und glaubenden Aneignung, in der sie sich je anfänglich in die Geschichte hinein zeitigt und in dieser Zeitigung je neue Geschichte ereignet. In dieser Anfänglichkeit und Ereignishaftigkeit realisiert sich in der Geschichte das Ein-für-allemal der absoluten Konkretion, die geschichtlich alle Geschichte versammelt. Der Absolutheitsanspruch, der mit der absoluten Konkretion einhergeht, ruft auch den Einspruch der Relativität alles Geschichtlichen hervor. Denn er erscheint auch im Blick auf diese Relativität als das die Geschichtlichkeit überfordernd negierende Geschichtslose. Dies gilt aber nur in Hinsicht auf die Faktizität und das vom geschichtlichen Dasein Realisierbare, nicht aber im Blick auf
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die Idee der Geschichte als das Ein-für-allemal, ihre Hoffnung auf gnadenhafte Vollendung und ihre Hoffnung auf einen geschichtlich sich gewährenden Grund ihrer Hoffnung, in welcher Idee und in welcher Hoffnung Geschichte ihrem Sinn nach gerade als das Absolute geschieht. Dazu bleibt besonders zu bedenken, daß der absolute Anspruch, der zur absoluten Konkretion gehört, seine Stätte im Personalen, d.h. im Raum von Freiheit und Glauben hat. Die Absolutheit der absoluten Konkretion ist mithin von jedem geschichtlichen Selbstsein, das ihrem Anspruch begegnet, selbst zu vollziehen und zu entscheiden. Die Öffnung der Absolutheit des Anspruchs geschieht nur in der Helle der Absolutheit, in der die Person sich selbst gehört, sie geschieht mithin personal und darin der Absolutheit des Horizontes des geschichtlichen Daseins und darin der Geschichtlichkeit angemessen. Sie ist keine äußerlich zu behauptende und für anderes Selbstsein, dieses übergehend, vorgreifend zu beanspruchende Absolutheit. Die glaubende Gründung in der absoluten Konkretion, die sich als diese exklusiv vollzieht, bedeutet zwar einerseits die Relativierung der Bedeutung möglicher anderer begegnender Offenbarungsereignisse in anderen geschichtlichen Räumen und Zeiten für dieses glaubende Selbstsein selbst. Sie bedeutet aber als personales Geschehen von ihrem Wesen her nicht den Abbruch der Kommunikation oder die Verweigerung sich betreffen-lassenden Hinblicks auf solch möglich Begegnendes, und sie bedeutet als Gründung in einer gnadenhaft sich gewährenden Offenbarung nicht die Vorwegnahme der möglichen Erfahrung des Treffens anderen geschichtlichen Daseins vom Ereignis dieser Offenbarung oder die Vorwegnahme der Unmöglichkeit anderer Offenbarungsereignisse, in denen das unendliche Geheimnis anderen geschichtlichen Räumen und Zeiten offenbar wird. Diese Vorwegnahme ist unmöglich, sowohl hinsichtlich der Unverfügbarkeit anderen geschichtlichen Selbstseins als auch der Unverfügbarkeit des unendlichen Geheimnisses selbst. Die wahre Möglichkeit absoluter Konkretion ist die des personalen Miteinander, mithin die des „wesentlichen Gesprächs“55, dessen Wahrheit sich als Offenheit und Toleranz, als Ernstnehmen und Seinlassen des in seinem Ursprung unverfügbar entzogenen Selbstseins der anderen ereignet. In diesem Sinne eines geschichtlichen Absolutheitsanspruches56, der als dieser in den personalen Zusammenhang von Verstehen und Glauben gegründet ist57, erscheint die absolute Konkretion
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als das dem Sinn des Geschichtlichen Konnaturale und Angemessene, als das ihm Ent-sprechende, als sich geschichtlich zu-sprechende Zusage einer Antwort auf die hoffende Frage der Geschichte nach Sinn. Mit diesem Gedanken des auf die Geschichte hinblickenden Vorblicks auf mögliche Offenbarung als Gewähr einer Antwort auf die hoffende Frage der Geschichte endet Weltes Philosophie des Geschichtlichen. Daran schließt sich ein erneuter und den Anfang seiner Vorlesungen wieder aufgreifender Hinblick auf das Christentum an. Insofern sich die Geschichte in ihrem dialektischen Geschehen von der Idee unendlichen, göttlichen Lebens bewegt und in ihrer wesentlichen Wahrheit als hoffende Ausschau nach Offenbarung zeigt, und dies als Offenbarung, in der ihr in einem geschichtlichen personalen Da für immer und für alle die Gewähr der ihre Dialektik lösenden Vollendung als ihres Heils zugesagt ist, hat das menschliche Denken aus sich heraus Anlaß, sich überschreitend, im Blick auf die gegebene Wirklichkeit zu sehen, ob in dieser solches sich zeige. Darin hat es Anlaß, seinen Blick auf die Erscheinung des Christentums zu richten als einer Erscheinung in der geschichtlichen Wirklichkeit, in der sich solcher Offenbarungsanspruch mächtig erhebt. Hier also öffnet sich der Blick wieder auf das Christentum, der im Gange der Untersuchung zurückgelassen wurde, ein Blick, der - immer noch denkend - die Erscheinung des Christentums und seines Anspruchs in seinem Verhältnis zur Geschichtlichkeit des Geschichtlichen und zu der vom Geschichtlichen her sich öffnenden Hoffnung auf Offenbarung bedenkt und zu klären versucht. Die Entscheidung über die Wahrheit des Christentums ist dabei weder gefordert noch angemessen. Es geht vielmehr um den denkenden Hinblick auf ein in der Wirklichkeit der Geschichte positiv Gegebenes, ein in der Wirklichkeit aufleuchtendes Phänomen. Es geht um den Hinblick auf dessen in der Wirklichkeit sich mannigfaltig manifestierendes und dokumentierendes Selbstverständnis und dessen Anspruch als solchen, unabhängig von der Wahrheitsfrage, die sich als Frage nach dem Anspruch einer geschichtlich sich ereignenden Person nicht philosophisch demonstrieren läßt, sondern die Vergewisserung personalen Selbstseins fordert.
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So schließt sich der Kreis, das Ende wendet sich wieder-holend in den Anfang. Es ist aber nicht der Kreis der leeren mechanischen oder der naturhaften Wiederholung des immer Gleichen, sondern der Kreis der geschichtlichen Wieder-holung, die das anfängliche Fragen als das Geschehen seiner unvordenklichen Geschichte wieder-holt, als die sich dieses im Unterwegssein zur antwortenden Gewähr seines Sinnes in einer möglicherweise sich zeitigenden Antwort ereignet. Die Erfahrung der Wirklichkeit des Christentums war Welte über die moderne Erfahrung der Geschichtlichkeit hinaus und angesichts dieser Erfahrung Anstoß zur Untersuchung der Seinsweise des Geschichtlichen als der Seinsweise des geschichtlichen Daseins, das im Blick auf die Wirklichkeit als ein sich in seinem Sinnentwurf möglicherweise im Christentum verstehendes erscheint. So ist die Gegebenheit des Christentums als Anstoß mithin auch Ziel der Untersuchung. Der den Anfang der Untersuchung in ihrem Ende wieder-holende und so die Mitte bergend einholende Kreis fragt nach Geschichtlichkeit und Christentum als der Frage, ob ein christliches Selbstverständnis Möglichkeit des Wesens oder des Unwesens geschichtlichen Daseins ist, dessen Geschichtlichkeit zu seinem Sein als endlich-zeitlichem gehört. Die Ontologie des Geschichtlichen ist bei Welte mit angestoßen und mit betroffen von der Frage, ob und wie sich das Christentum angesichts und in der Geschichtlichkeit der Geschichte verstehen könne, welche Frage sich aufgrund des mit dem Christentum verbundenen Absolutheitsanspruchs in die ihr entsprechend-antwortende Frage wendet, ob und wie sich die Geschichte im Christentum verstehen könne58.
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C. DER HINBLICK AUF DAS CHRISTENTUM Welte nimmt nach dem Durchgang durch das philosophische Bedenken von Geschichtlichkeit und Geschichte den seine Vorlesungen einleitenden fragenden Hinweis auf das Verhältnis von Christentum und Geschichtlichkeit wieder auf, zunächst im Blick auf den Inhalt der christlichen Botschaft und dann in Hinsicht des formalen Verhältnisses von Geschichtlichkeit und den Wesensmomenten des Christentums, dem Ursprung als einmaligem Ereignis einer Person, der Vollzugsweise als Glauben und der Vermittlung als Tradition1. I. DAS CHRISTENTUM ALS MÖGLICHE ANTWORT AUF DIE FRAGE DER GESCHICHTE (Eine inhaltliche Deutung) Der apriorische Vorblick auf eine mögliche Gewähr einer Antwort auf die hoffende Frage und fragende Hoffnung der Geschichte bedeutet keinen ungemäßen Vorgriff des Menschen auf die Freiheit und absolute Unverfügbarkeit des unendlichen Geheimnisses. Er hat auch keinerlei Beweiskraft im Sinne der Logik, er ist vielmehr als „lenkendes Prinzip des Verstehens“2 zu begreifen. Er ist Ausdruck des Selbstverständnisses des Menschen, der als Adressat einer möglichen Offenbarung Gottes diese in ihrem Spruch und Anspruch als Wort an ihn verstehen können muß, soll Offenbarung Gottes Offenbarung an und für den Menschen sein. Ob und wie sie sich ereigne, ist damit nicht entschieden oder vorweggenommen. Vorgezeichnet sind in diesem Apriori nur die Weisen der Gewärtigung vom menschlichen und darin immer denkenden Selbstvollzug her als des Adressaten einer möglichen Offenbarung. Dies sind Weisen, in denen der Mensch eine mögliche Offenbarung als Offenbarung an sich und darin sich selbst in Richtung auf „ein Maximum und Optimum“3 an Verstehen seinerseits verstehen kann. Zu diesen Weisen der Gewärtigung gehört gerade die Gewärtigung von Offenbarung aus unverfügbarer Gnade und Freiheit Gottes. Die Hoffnung der Geschichte hat sich als Hoffnung auf die Lösung der Fessel der Endlichkeit in allen ihren Dimensionen enthüllt, als Hoffnung auf unvergängliches, alleiniges, allmächtiges,
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unendliches, göttliches Leben, und in eins als Hoffnung auf eine dieser Hoffnung grundgebende Bestätigung und Gewähr in der Geschichte als Hoffnung auf Offenbarung, in der sich in einem geschichtlichen Ereignis ein für allemal die Vollendung zusagt und dies im Raum des Personalen als dem Raum, in dem der Ernst und die Dichte der Wirklichkeit des geschichtlichen Daseins sich sammelt und entscheidet. „In diesem ihrem Anfrage-Charakter ist die Wahrheit der Geschichte selbst ein Zeiger auf das Christentum“4. Denn die geschichtliche Erscheinung des Christentums erhebt den Anspruch, daß sich in der geschichtlichen Person Jesu Christi die einmalige, alle Geschichte einfordernde, unüberbietbare Heilsoffenbarung Gottes ereignet hat. Von diesem Anspruch her ist das geschichtliche Dasein in seinem hoffenden Fragen angeleitet, auf das hinzusehen, was ihm in den Zeugnissen des Christentums, vornehmlich in den geschichtlich unmittelbaren Zeugnissen von der Geschichte der Person Jesu Christi selbst, die im Neuen Testament niedergelegt sind, entgegentritt. In diesen Zeugnissen der Begegnung mit der Person Jesu nun bezeugt sich die glaubende Erfahrung, daß in ihm Gott selbst in die Geschichte aufgebrochen ist. Er ist den Menschen in der Person Jesu offenbar und erfahrbar geworden5, und dies näherhin als die Ansage des Heils für alle. Die Aufhebung aller Schranken und partikularen Eingrenzungen, die Universalität der Heilszusage gehört unablösbar zur Botschaft des Heils in Jesus Christus6. Dieses Heil ist angesagt als das Reich Gottes, das im offenbarenden Ereignis Jesu Christi schon nahegekommen ist7, oder als die heilige Stadt vom Himmel her, in der jede Träne getrocknet sein wird und in der weder Tod noch Trauer, noch Klage, noch Mühsal sein werden8. In solchen Bildern kündet die Botschaft das Heil als die Lösung des Siegels und der Fessel der Endlichkeit als die Auferstehung der Toten, die Vergebung der Schuld und die Einheit der Liebe, in der alle eins sind in der Gemeinschaft mit Gott. Sie kündet dies nicht nur als die ferne noch ausstehende Zukunft, sondern als das Geschehen der Geschichte Jesu Christi selbst, in dem die Lösung der Endlichkeit als Erlösung schon geschehen ist, weil er die Zusage Gottes an Mensch und Geschichte nicht nur aussagt, sondern zusagend in Person selbst ist. Die christliche Botschaft verkündet die alle Endlichkeit lösende Erlösung zwar als das noch eschatologisch ausstehende und als Ende aller Geschichte
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zu Erwartende, aber sie verkündet es in eins als das in Jesus Christus schon Geschehene und Angebrochene, als das unlösbare Siegel und Angeld der Vollendung. Sie verkündet und verheißt das Heil als das Schon geschehener Erlösung im Geschehen der Person Jesu, zugleich aber als das Noch-nicht noch ausstehender Vollendung. Sie verkündet die Offenbarung Gottes in Jesus als die Mensch und Geschichte heilzusagende Gewähr Gottes selbst in der Geschichte, aber sie verkündet dieses Heil nicht als das schon erfüllte und in seiner Erfüllung in der Geschichte gegenwärtige, sondern als das eschatologische, die Geschichte erfüllend lösende Übergeschichtliche9. Die Botschaft der alles entscheidenden göttlichen Heilsoffenbarung in Jesus Christus nimmt die Geschichte in ihrer hoffenden Frage, in der die Vollendung ihres Wesens vorgezeichnet und vorentworfen ist, auf, indem sie erlösende Antwort verheißt, welche Verheißung in Jesus Christus mit dem Anspruch göttlicher Autorisierung, ja göttlicher Unmittelbarkeit auftritt. Die christliche Offenbarung geht über die Endlichkeit und die Grenze der Geschichte nicht hinweg, verdeckt oder negiert sie nicht, sondern sie nimmt diese gerade ganz ernst, sie hat „diese Grenze gerade im Auge“10, die Hinfälligkeit und Vergänglichkeit im Tod, die Hinfälligkeit und das Scheitern im Ungenügen des Je-mehr, die Uneinheit des Miteinander, die Verstrickung in Schuld. Sie ist gerade Wort in die Heillosigkeit hinein. Sie nimmt die Grenze der Endlichkeit und darin des endlichen Menschen so ernst, daß sie diesen und seine Entscheidung für die Annahme des Angebots des Heils ganz einfordert. Von daher sind auch die Gerichtsdrohungen zu verstehen. Sie sind das Offenbarmachen der Nichtigkeit einer sich verabsolutierenden und sich unendlich setzenden Endlichkeit. Sie sind gerade die Einforderung der Freiheit und Entscheidung des Adressaten der Heilsoffenbarung. Sie sind Aufweis der Selbstzerstörung im Selbstwiderspruch des endlichen Unendlichseinwollens und Weisung auf den Weg des Heils im Hören auf die Botschaft als auf den Weg, der zur Wahrheit als dem Leben führt11. Darin haben sie Heilssinn12. Sie sind Ruf in die Verantwortlichkeit der Freiheit geschichtlichen Selbstseins. Im Blick auf die Geschichte, ihre Seinsweise und die Wahrheit ihres Wesens und im Blick auf die christliche Botschaft erscheint die Geschichte wie ein „Apriori des Christentums“13, wie ein
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„Christentum vor dem Christentum“14 und das Christentum als die Botschaft, Ansage und Zusage des Reiches Gottes in Jesus wie die aposteriorische, den apriorischen Entwurf der Geschichte aufnehmend-erfüllende Antwort auf ihre hoffende Frage15. Dabei aber bleibt zu betonen, daß darin weder die Unverfügbarkeit Gottes noch die Freiheit der Entscheidung des Glaubens des geschichtlichen Menschen angetastet sind. Sosehr der Mensch sich als geschichtlicher in der ihm aposteriorisch entgegenkommenden christlichen Botschaft verstehen kann und diese ihn gerade in seiner Frage und Hoffnung auf Heil treffen kann, sosehr ist das Zeugnis dieser Botschaft vom Heil in Jesus Christus vom Menschen in ihrem Daß und Wie aus dem unverfügbaren Geheimnis der Freiheit Gottes unableitbar entgegenzunehmen und in der seinerseits unzwingbaren Freiheit des Glaubens als Ereignis der Offenbarung Gottes selbst anzunehmen. Die aufleuchtenden Entsprechungen sind nicht, etwa logisch, einklagbar und in ihrer Logik die Wirklichkeit weder des göttlichen Geheimnisses noch des geschichtlichen Menschen zwingend, sondern sie sind nicht zwingende und nicht erzwingbare, nur aposteriorisch zu gewärtigende, gleichwohl aber für das Verstehen bedeutsame Zeichen, in denen sich der geschichtliche Mensch, wenn sie sich ihm gewähren, als von einer Offenbarung Angegangener und Gemeinter umso mehr verstehen kann, als sie ihn in seinem vorverstehenden Selbstverständnis treffen, welches Verstehen von Offenbarung sich in mannigfaltigen Weisen vollziehen, gleichwohl aber in allen diesen Weisen menschliches Verstehen bleiben muß, wenn Offenbarung Offenbarung sein, d.h., wenn dem Menschen in ihr etwas offenbar werden soll.
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II. DAS CHRISTENTUM ALS WESENSERFÜLLUNG DES GESCHICHTLICHEN (Eine formale Deutung) Die Geschichtlichkeit der christlichen Offenbarung liegt nicht nur darin, daß sie, die hoffende Frage der Geschichte aufnehmend, als die Gewähr einer Antwort erscheinen kann, sondern auch darin, daß sie als Ereignis in der Geschichte selbst geschichtlich verfaßt ist und in allen ihren Dimensionen des Vollzugs, der Vergewisserung und der Vermittlung geschichtlich geschieht1. Dem ist im folgenden - wenigstens in Umrissen - noch weiter nachzudenken. 1. Einmaligkeit Das Christentum gründet in einem geschichtlichen Ereignis, dem Ereignis der Person Jesu Christi. Darin liegt der ausgezeichnete Wirklichkeitscharakter des Christentums, der es von einem nur spekulativen Gottesverhältnis unterscheidet2. Das Christentum hat „personalen Ereignischarakter“3. Darin liegt seine Unabtrennbarkeit von der Geschichtlichkeit und die Unmöglichkeit seiner Auflösung in ein zeitloses System. Die Besonderheit dieses einmaligen geschichtlichen Ereignisses in Jesus aber ist, daß es den Anspruch erhebt, das alles entscheidende Ereignis der Offenbarung Gottes zu sein, in dem sich dieser endgültig, unüberbietbar und ein für allemal Mensch und Geschichte zusagt und gegenüber dem alle anderen möglichen Offenbarungsereignisse in der Geschichte nur relativ, aber nicht absolut verbindlich sein können. Dieser Anspruch auf Letztgültigkeit und Unüberholbarkeit findet seinen biblischen Ausdruck im Ein-für-allemal, im ephápax des Hebräerbriefes4 und in der Rede von der Fülle der Zeit5, die im Geschehen der Geschichte Jesu sich ereignet. Es ist der Anspruch, für alle Zeiten, die vergangenen wie die kommenden, die endgültige Gewähr der Heilszusage Gottes zu sein. Dieser absolute Anspruch, der mit dem Anspruch des Ein-für-allemal unweigerlich verknüpft ist, findet seine theologische Entsprechung im Gedanken der Inkarnation. Denn wenn in Jesus Gott selbst das Heil so zusagt, daß dieser Jesus Gott selbst ist, ist dieses Ereignis der Zusage des Heils absolut unüberholbar, weil Ereignis Gottes selbst. Das Wort Jesu läßt sich
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von keiner Zukunft überholen, weil das Ereignis Jesu das Wort Gottes in Person ist. Gegen diesen Anspruch eines Ereignisses in der Geschichte auf absolute Geltung, gegen den Anspruch einer geschichtlichen Zeit, alle geschichtlichen Zeiten in ihrem Sinn in sich zu sammeln und zu tragen, erhebt sich die Erfahrung der Endlichkeit alles Geschichtlichen, das geschehend wird, sich wandelt und schließlich ins Nicht-mehr des Vergangenen vergeht, die Erfahrung, daß alles einmal und nur einmal und dann nie wieder geschieht, und dies auch in Hinsicht seiner Bedeutsamkeit, die im Kommen und Gehen der Zeiten die Zeit ihres Aufgangs, aber auch die Zeit ihres Wandels, Sinkens und Versinkens hat. Und es erhebt sich gegen die Absolutheit des Ein-fürallemal die „Forderung der Vernunft, allem gegenüber, was in der Geschichte spricht, offen zu sein, und nicht etwa in der Exklusivität der Bindung ans Eine und den Einen den anderen Worten in der Geschichte und ihrem Anspruch und Gehalt sich zu versagen und so, im Abbrechen der Offenheit, der Bereitschaft, der Kommunikation ihnen und der Vernunft Unrecht zu tun (Jaspers!)“6. Diesem Einwurf aber muß nun vom Blick auf die Geschichtlichkeit her begegnet werden. Dabei wird der Anspruch des Christentums so betrachtet, wie er in dessen Zeugnissen aufscheint. Die Klärung seines Verhältnisses zur Geschichtlichkeit setzt aber noch keine Entscheidung über seine Wahrheit voraus. Sie soll nur die Frage der formalen Vereinbarkeit oder Nicht-Vereinbarkeit von Geschichtlichkeit und Christentum in Hinsicht seines Anspruchs des Ein-für-allemal klären. Das geschichtliche Ereignis der Offenbarung in Jesus, das seinem Anspruch nach als die ein für allemal gültige Heilsoffenbarung Gottes geschieht, ist geschichtlich zunächst in dem Sinne, daß es ein bestimmtes einmaliges Ereignis in der Geschichte ist und wie alle geschichtlichen Ereignisse im Zusammenhang der gegenwärtigen Gründung im und der Aufnahme des Vergangenen und der Öffnung auf Zukunft hin als der Eröffnung neuer Geschichte steht. Das geschichtliche Ereignis der Heilsoffenbarung in Jesus steht nicht außerhalb der Geschichte. Es begegnet in ihm der Charakter „der ausgezeichneten Einmaligkeit des Geschehens, in welchem uns der Grundcharakter des Geschichtlichen schlechthin wiederbegegnet: Hier wiederholt sich das, was Geschichte ist, auf eine ausgezeichnete Weise: das Einmalige geschieht, es erweist sich in seiner Bedeutsamkeit
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als unerschöpflich und unvergeßlich, es ruft in seiner unvergeßlichen Bedeutsamkeit das Andenken und die andenkende Kommunikation, das betroffene und in der Betroffenheit verwandelte Mitsein der immer neuen Menschen und immer neuen Augenblicke durch die Geschichte hin mit dem Einen Einmaligen, ... es begründet und stiftet in diesem umfassenden Ruf ins glaubende Andenken ein umfassendes und seiner Natur nach öffentliches Wir: wir finden alle ausgezeichneten Bestimmungen des Geschichtlichen Seins wieder. Die Erscheinung und das Ereignis Jesu ist die Wiederholung der Geschichtlichkeit ...“7. Es gehört einer bestimmten Zeit und Epoche an und ist von ihr geprägt, äußert sich in den Möglichkeiten und Perspektiven ihrer Sprache und ihres Verstehens, die ihr aus ihrer Vergangenheit gewährt sind. Darin aber ist es wie alles Geschichtliche nicht in sich geschlossen, sondern für die kommunikative Teilnahme anderer geschichtlicher Räume und Zeiten offen. Es steht in der Offenheit der Wahrheit als eines geschichtlichen Gesprächs auf dem transzendentalen Grund der Absolutheit der Wahrheit, in dem sich alle Zeiten als den Vollzug dessen verstehen, was in Wahrheit ist, und in dem alle offen sind für das Ereignis und den Aufgang von Wahrheit in der Geschichte, sei es aus der Tiefe des Gewesenen, der Helle der Gegenwart oder dem ausstehenden Ankommen des Zukünftigen. Noch in einem weiteren Sinne aber ist das geschichtliche Ereignis des absoluten Geschehens in Jesus geschichtlich, denn es entspricht nicht nur der Grundstruktur alles geschichtlichen Geschehens, sondern es nimmt auch den Sinn des Geschichtlichen auf, der gerade in der Einmaligkeit des Ein-für-allemal liegt. Das Geschichtliche geschieht nicht nur als das Einmalige als solches, das in seiner Einmaligkeit das Bedeutsame ist und in dieser Bedeutsamkeit unvergeßlich und unausschöpflich ist und je nur in seiner Ursprünglichkeit und Anfänglichkeit als es selbst im Andenken ansichtig werden kann, sondern es geschieht darin gerade je in dem Worumwillen des Ein-für-allemal, in dem sein Sinn als das Heil und darin als der Sinn von allem geschieht, es geschieht im Einbegreifen aller Zeiten der Geschichte und als das Unvergängliche, alle Zeiten versammelnde, vom Abriß der Zeiten Unberührte. Im Anspruch, daß im Ereignis der Person Jesu Gott selbst sich unüberholbar aller Geschichte zusagt, geschieht diese Einmaligkeit des Ein-fürallemal als der Sinn des Geschichtlichen im Glauben seiner
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geschichtlich-übergeschichtlichen Erfüllung. Dieser Anspruch des Ein-für-allemal ist nicht ein der Geschichtlichkeit der Geschichte Widersprechendes oder sie Überforderndes, sondern die Aufnahme ihrer wesentlichen Hoffnung auf die endgültige und unüberholbare Einmaligkeit einer geschichtlichen Gewähr der Erfüllung ihres Sinnes, die von der Geschichte selbst weder vorwegnehmbar noch ihrer Möglichkeit nach negierbar ist, sondern nur aposteriorisch erwartet oder entgegengenommen werden kann. In der 4. Beilage zur Vorlesung G 54 schreibt Welte: „Gott läßt sich einmal bemerken (der sich zugleich überall bemerken läßt) so, daß wir im Geschichtlichen Grund haben, geschichtlich zu leben im Dunkel, doch mit Hoffnung transzendierender Art. Höchste Gemäßheit des zunächst ungemäß Erscheinenden“8. Darin enthüllt sich der Sinn der ausgezeichneten Einmaligkeit der Heilsoffenbarung in Jesus als die Erfüllung der Hoffnung des geschichtlichen Daseins auf eine geschichtliche Gewähr und Bestätigung ihrer Hoffnung auf erfüllenden Sinn jenseits ihrer Verfügbarkeit vom unverfügbaren Grund aller Geschichte her, zu welcher Hoffnung der Hinblick auf die Einmaligkeit als das Eindeutigkeit und Entschiedenheit Gewährende mit hinzugehört. Die Erscheinung des Christentums erscheint in ihrem Anspruch auf Unüberholbarkeit und ausgezeichnete Einmaligkeit so nicht als ungeschichtliches Überspringen der Möglichkeiten und der Wirklichkeit des Geschichtlichen, sondern als die mögliche gnadenhafte Gewähr des Grundes der Wirklichkeit der Hoffnung der Geschichte. So erscheint sie gerade als wesentlich geschichtlich und als das der Geschichtlichkeit der Geschichte Entprechende, ja diese Erfüllende als Erfüllung ihrer Hoffnung auf die absolute Konkretion des Ein-für-allemal. Das Geschichtliche geschieht je einmalig und seinem Sinn nach als das Ein-für-allemal, an welchem Sinn es in seiner dialektischen endlich-unendlichen Verfaßtheit von sich her je scheitert, auf den hin es sich aber je hoffend entwirft und darin zugleich auf eine der Wirklichkeit seiner Hoffnung grundgebende einmalige Gewähr vom übergeschichtlichen, seinem Verfügen entzogenen Grund seines Seins her. So erscheint die qualifizierte Einmaligkeit des Ein-für-allemal des christlichen Offenbarungsanspruchs als das der Geschichtlichkeit der Geschichte antwortend Ent-sprechende. Im Blick auf die Absolutheit, die zum Anspruch des Ein-für-allemal gehört, ist zu sagen, daß sie von der überall endlichen
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Realität der Relativität des Geschichtlichen her gesehen als Widerspruch zur Geschichtlichkeit erscheint, daß sie aber im Hinblick auf dessen innere Vollzugsweise, dessen Sinn und der daraus entworfenen Hoffnung als das ihm Entsprechende und Konnaturale erscheint. Diese Entsprechung von Absolutheit und Geschichtlichkeit geht soweit, daß das Geschichtliche ohne Vollzug des Absoluten nicht geschichtlich ist. Dies zeigt sich am deutlichsten schon darin, daß der transzendentale Bezug auf die Absolutheit der Wahrheit dessen, daß ist, was ist, unabdingbare Bedingung ihres Geschehens ist, insofern nur auf dem Grunde der Absolutheit der Wahrheit als der Entschiedenheit des Seins der Raum und die Weite der Geschichte möglich ist als die Einheit der Zeit, in der gewesen ist, was gewesen ist und sein wird, was sein wird, weil ist, was ist. Zur Geschichtlichkeit des Geschichtlichen gehört mithin das Schwingen in der Absolutheit konstitutiv hinzu. Ohne dieses endliche und relative Vollbringen des Absoluten wäre es nicht das Geschichtliche als das Geschehen der Entschiedenheit des Seins in der Einheit der Zeit. Folglich ist eine mögliche Offenbarung des ihm entzogenen Grundes seines Seins und Sinnes als eine qualifiziert einmalige, weil von der Geschichte selbst unüberholbare und alle Geschichte betreffende mit der darin liegenden Absolutheit ihres Anspruchs nicht ein der Relativität des Geschichtlichen Widersprechendes, sondern ein die relative Absolutheit des Geschichtlichen gerade Aufnehmendes und ihr Gemäßes. Der absolute Anspruch des Ein-für-allemal der Offenbarung in Jesus ist sowohl das der Geschichtlichkeit im Blick auf ihr Sein und ihren Sinn Entsprechende und sie Integrierende als aber auch das im Blick auf die ihr zugehörige Relativität Widersprechende. In diesem Ineinander von Entspruch und Widerspruch zeigt sich die Unverfügbarkeit solch offenbarenden Geschehens vom Geschichtlichen her als der Aufgang des ihm unherstellbar Entzogenen und insofern Fernen als des als freie Gewähr seines Sinnes und als dieser Sinn ihm Nahen. Bei dieser Paradoxie aber bleibt der besondere Sinnzusammenhang und die besondere Ordnung der Einmaligkeit und Ausschließlichkeit des Offenbarungsereignisses in Jesus zu beachten. Es ist der Zusammenhang der Ansage des Heils für alle Zeiten. Es ist der Zusammenhang der alles einschließenden Universalität des Heils, und so ist es die Ordnung personaler Kommunikation als der Weise der Öffnung der Wahrheit dieses absoluten Anspruchs, der personalen
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Kommunikation, die von der Begegnung freien unzwingbaren Selbstseins getragen ist, dieses als freies anruft und fordert9. Der Raum, in dem sich der Anspruch der Wahrheit des Ereignisses in Jesus als die absolut entscheidende Zusage des Heils dem geschichtlichen Dasein allein öffnen kann, ist der Raum des Personalen, in dem es je jeder Person um sich selbst und darin um das Heil von allem geht. Es ist der Raum unzwingbaren personalen Glaubens als der Vergewisserung personalen Anspruchs. Die Absolutheit des Ereignisses im Geschehen der geschichtlichen Person Jesu, seine Gottesherrschaft, ist nicht ein empirisch Objektivierbares und empirisch Vergewisserbares oder ein logisch Ableitbares und insofern vom Selbstsein des Sich-Vergewissernden Unabhängiges, sondern es ist die Absolutheit, die nur in der das Selbst einfordernden glaubenden Vergewisserung der geschichtlichen Person Jesu durch je jede geschichtliche Person offen ist. Diese Ordnung personaler Kommunikation wirft nun aber auch ein Licht auf das Problem des Absolutheitsanspruches des Christentums. Dieser hat sein Da nur im Raum personaler Vergewisserung, näherhin im glaubenden Grundnehmen in der Person Jesu in der Entscheidung ihrer Glaubwürdigkeit und im Aufgang ihres Anspruchs auf Wahrheit als dem Aufgang der Wahrheit des Glaubenden selbst. Er kann folglich nur im Glaubenden selbst hell werden und nur je von ihm vollzogen werden. Die Absolutheit des Christentums ist daher nie eine nur objektiv zu behauptende, sondern eine glaubend und auf Glauben hin zu vermittelnde. Die Absolutheit des Christentums bedeutet den Glauben an die unverbrüchliche Liebe und Treue Gottes, in der er zu der Verheißung des Heils für alle in der Person Jesu steht. Als Absolutheit des Ein-für-allemal mit universalem Heilssinn, welche Universalität zum Heil als Heil gehört, da Heilspartikularismus einen Widerspruch in sich bedeutet, insofern die Person universales Mitsein ist, kann sie mithin nie exklusiv sein im Sinne des Ausschlusses anderen geschichtlichen Daseins und anderen geschichtlichen Menschentums. Die Absolutheit kann als christliche, d.h. als sich auf die Ansage des universalen göttlichen Heilswillens in Jesus Christus anbauende, nur inklusiv sein im Sinne der Anerkennung der absoluten Selbstgehörigkeit unzwingbaren personalen Selbstseins allen geschichtlichen Daseins und in der Anerkennung der Freiheit Gottes als der Anerkennung der Möglichkeit seiner Offenbarung in anderen Zeiten
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und Räumen und der Anerkennung von deren Wahrheit. Gerade die Absolutheit fordert die Weite und integrierende Offenheit auf alle und alles hin. Gerade in der absoluten Entschiedenheit liegt die Möglichkeit, aber auch die Gefordertheit grenzenloser Kommunikation. Der Anspruch des Ein-fürallemal fordert die wahre Begegnung mit allem, d.h. die Begegnung in der Offenheit der Wahrheit alles Wahren, die offen ist für die Wahrheit auch des anderen und Fremden, ohne dieses einfachhin in die eigene Wahrheit hinein aufzulösen. Zum Absolutheitsanspruch des Christentums gehört wesentlich die universale Offenheit für die Wahrheit alles Wahren und mithin Toleranz11 als die Achtung und Annahme der Unverfügbarkeit und Selbstgehörigkeit, der Eigenursprünglichkeit und Uneinholbarkeit alles Geschichtlichen und der Unverfügbarkeit und Uneinholbarkeit des unendlichen Geheimnisses als des Grundes des Ereignens von Geschichte und darin der Unverfügbarkeit geschichtlicher Offenbarungsereignisse als den Aufgängen Gottes in geschichtlichen Räumen und Zeiten und ihres Ereignisses von Wahrheit12. So kann das Bedenken der Geschichtlichkeit als das Bedenken der Unverfügbarkeit und unaufhebbaren Bedeutsamkeit des Geschichtlichen das Verständnis des Christentums und seines Anspruchs erhellen und sein Selbstverständnis in seine Wahrheit als Offenheit und Toleranz hinein fördern, ebenso wie das Bedenken der Erscheinung des Christentums das Verständnis der Geschichte in ihrer Geschichtlichkeit, ihrer Wahrheit und ihrer Wesenshoffnung erhellen kann. Noch ein Letztes bleibt in Hinsicht des Ein-für-allemal der geschichtlichen Offenbarung in Jesus zu bedenken. Diese bedeutet nicht die Aufhebung und Auflösung von Geschichte. Sie bedeutet keine Entgeschichtlichung der Geschichte in dem Sinne, daß nun die Geschichte entschieden und das geschichtliche Geschehen seiner Bedeutsamkeit beraubt und insofern als geschichtliches aufgehoben wäre. Denn auch im Glauben an die endgültige Heilszusage in Jesus Christus bleibt im Selbstverständnis des Christentums, das sich aus den Zeugnissen des Neuen Testaments als dem Zeugnis des Wortes Gottes nährt, die Geschichte auch als Heilsgeschichte noch offen. Entschieden und endgültig offenbar wurde in Jesus die Zusage des universalen und absoluten Heilswillens Gottes, darin aber ist die Vollendung nicht vorweggenommen. Die Spannung von schon geschehener Erlösung im Ereignis der Person Jesu und noch ausstehender
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Vollendung ist nicht die Spannung von Schon und Noch-nicht als die Spannung zwischen dem Anfang und Ende eines mechanischen oder eines organischen Prozesses, in welchem Anfang das Ende schon in der Weise angelegt und vorweggenommen ist, daß er die Zeit nur als leeren Raum seines Ablaufens oder der Entwicklung seines schon keimhaft Eingewickelten braucht, nicht aber als die Zeit der Zeitigung der Freiheit des Geschehens selbst. Die Spannung des Schon und Nochnicht, die in der Geschichte Jesu als dem Ereignis der Gewähr und Zusage des Heils als des Sinnes aller Geschichte aufgebrochen ist, ist die Spannung der Geschichte selbst als des Geschehens der Freiheit der Entscheidung, in der die Geschichte gerade in ihrem Geschehen freigesetzt ist zur Antwort auf das von ihr zwar unüberholbare Wort Gottes, in dem dieser sich selbst an sich bindet, das aber gleichwohl ihre eigene Freiheit nicht überholt, sondern gerade anruft und fordert. In dieser Hinsicht könnte das Bewußtwerden der Geschichtlichkeit der Geschichte gerade auch neue Einsichten fördern im Hinblick auf ein theologisches Verständnis der Heilsgeschichte als des Geschehens Gottes in und mit der Geschichte, als des Zusammen von geschichtlicher Übergeschichtlichkeit des göttlichen Geheimnisses und der Geschichtlichkeit des geschichtlichen Menschen. In diesem Zusammenhang ist noch anzudeuten, daß die ausgezeichnete Einmaligkeit des geschichtlichen Offenbarungsereignisses in Jesus Christus die Geschichte Gottes mit der Geschichte auch in dem Sinne nicht auflöst, in dem die Geschichte je geschieht aus dem Sich-Ereignen von Gewähr und Entzug des göttlichen Geheimnisses als des christlich verstandenen gründenden Ursprungs der Epochen und darin auch ihrer als religiöser Epochen als dem Ereignis des je geschichtlichen Aufgangs und der geschichtlichen Gestaltwerdung des Geheimnsisses des namenund weiselosen Grundes für den geschichtlichen Menschen13. Das Ein-für-allemal der Offenbarung löst die Geschichtlichkeit der Geschichte auch in der Epochalität ihres Sich-Ereignens als des geschicklich-geschichtlichen Ereignisses von Geschichte im Geschick von lichtender Entbergung und verbergendem Entzug nicht auf, das je geschichtliche Zeiten in das Geschehen ihrer Wahrheit zeitigt, in dem sie dem Zuspruch antwortend entsprechen und in dem sich in eins Nähe und Ferne des göttlichen Geheimnisses selbst ereignen. Die Geschichte bleibt geschichtlich im Sinne der unablässigen
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Zeitigung je geschichtlicher Zeit und dem darin sich ereignenden unablässigen Wandel des Ineinander von Zuspruch und Entspruch, und darin bleibt in ihr die Erfahrung des Aufgehens und Abnehmens der Gestalt Gottes, die Erfahrung der Nähe und des Fehls Gottes, seines Ausbleibens und seiner Ferne auch nach dem Ereignis der Offenbarung und Gestaltwerdung Gottes in Jesus Christus, in dem sich Gott endgültig der Geschichte zusagt. Nun aber hat die geschichtliche Hoffnung im Glauben an den geschichtlichen Aufgang Gottes in der absoluten Konkretion des Ereignisses der Person Jesu die selbst geschichtliche Gewähr ihres absoluten Grundes, der sie als Hoffnung in den unabsehbaren Wandlungen des Geschehens der Geschichte gelassen machen kann, auch in der Erfahrung des Entzugs, der Erfahrung des Fehls und des Todes Gottes, wie sie besonders die Moderne prägt, geschichtlich, d.h. auf absoluten Sinn hin zu leben und ihm in andenkender Vergewisserung wartend und horchend gewärtig zu sein aus dem die Geschichte ereignenden und gewährenden Grund als dem Nichts des namen- und weiselosen Geheimnisses14. 2. Glaube Die Geschichte als das Geschehen geschichtlichen Daseins hat sich als ein Zusammenhang von Verstehen und Glauben gezeigt auf dem Grunde personalen Miteinanderseins. Das Geschichtliche als das Geschehen, in dem das geschichtliche Dasein sein Sein in der Einheit der Zeit vollzieht, und dies so, daß es ihm dabei je um das Unendliche seines Sinnes und darin um den Sinn von allem geht, ist offen nur für gleichfalls geschichtliches Dasein. Die Bedeutsamkeit des Geschichtlichen ist offen nur im Raum personalen Selbstseins, in welchem sie den Ort ihrer Entfaltung hat, insofern es Bedeutsamkeit nur gibt für ein Wesen, das als in der Offenheit des Seins stehend sich selbst in seinem Sein geöffnet ist und so in der Deutung seiner selbst und alles dessen, was ist, mithin im Horizont von Bedeutsamkeit steht. Das Geschichtliche als Geschehen, in dem das geschichtliche Selbstsein seine Seinsoffenheit als Antwort auf den Zuspruch des es in die Erschlossenheit von Sein ereignenden Geschicks des Seins vollbringt, ist in seiner Wahrheit nur im Verstehen personalen Selbstseins erkennbar. Zum Verstehen von
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personalem Sein aber gehört als Verstehen von Freiheit der Glaube als das freie Sich-Einlassen auf die freie Ursprünglichkeit anderen Personseins. Das Wissen des Geschichtlichen vollzieht sich im Verstehen von Personen, dessen Wahrheit nur im Glauben vergewisserbar ist. Die objektive Erkenntnis des Geschichtlichen im Sinne der Historie als des feststellenden Sicherstellens der anhand von in der Gegenwart vorliegenden, kritisch zu prüfenden Quellen empirisch greifbaren historischen Fakten erreicht das Geschichtliche in der Freiheit seines personalen Grundes nicht und insofern erreicht es die Wahrheit des Geschichtlichen als eines solchen nicht. Die Erkenntnisweise der Historie erstrebt Gewißheit im Sinne der objektiven Sachgewißheit der empirischen Wissenschaften. Sie erreicht diese aber nur approximativ, da das Empirische nie positiv verifizierbar, sondern nur durch das Kriterium der Falsifizierbarkeit negativ bewährbar ist in dem Sinne, daß es noch nicht falsifiziert ist, aber der Möglichkeit der Falsifikation ausgesetzt bleibt, „denn das Historische geht nicht mit einsehbarer Notwendigkeit aus seinen ermöglichenden Bedingungen hervor“15. Von daher ist das historische Wissen nicht absolut gewiß, weil nie absolut vergewisserbar. Es bleibt wie alles empirische Sachwissen im Horizont der Zufälligkeit und Wahrscheinlichkeit, die auch durch noch so große quantitative Steigerung nie zur Gewißheit als einer mit ihr unverrechenbar anderen Qualität des Wissens wird. Damit ist die Nützlichkeit und Unerläßlichkeit der Historie für das moderne Bewußtsein der Geschichtlichkeit einerseits und das der Wissenschaftlichkeit andererseits nicht bestritten. Welte weist in der Aufdeckung der bleibenden Differenz von Historie als einer Möglichkeit geschichtlichen Daseins und dem geschichtlichen Dasein selbst nur auf den Überschuß des Geschichtlichen gegenüber seiner Einholung in der Historie hin als dem Überschuß der Wirklichkeit geschichtlichen Selbstseins, das als Vollbringer der Historie von deren Objektivierungen unerreichbar und uneinholbar ist und dieser gegenüber immer in der Entscheidung des sinnvollen Sich-Verhaltens zu ihr steht. Von daher bleibt eine unaufhebbare Differenz zwischen historischem Wissen und dem geschichtlichen Dasein als dessen vollbringendem und tragendem Grund. Im Bedenken dieser Zusammenhänge zwischen Historie und geschichtlichem Daseinsvollzug zeigt sich die gegenüber aller Sacherkenntnis eigene Erkenntnisweise des Geschichtlichen als solchen,
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nämlich als Erkenntnisweise von Verstehen und Glauben als die Erkenntnisweise des Personalen, die für die Erkenntnis des Geschichtlichen unerläßlich und vom qualitativ verschiedenen Zugang der Historie zur Geschichte nicht ersetzbar ist, insofern es sich um zwei kategorial verschiedene Erkenntnisweisen handelt, nämlich einerseits die des Sachhaften und andererseits die des Personalen. Die Historie stellt zwar die Mittel geschichtlichen Verstehens bereit, insofern sie die äußeren Bedingungen und Umstände des Geschichtlichen aufhellt, in denen sich dieses entfaltet, und sie kann so für das Verstehen des Geschichtlichen erhellende und es in seinen Möglichkeiten kritisch gegen eine die Wirklichkeit überspringende phantastische Illusion abgrenzende Einsichten bieten16 und darin als Korrektiv wirken gegenüber einem sich der von ihm geforderten Behutsamkeit und Achtsamkeit auf die empirisch wahrnehmbare Wirklichkeit des Geschichtlichen als des Historischen verschließenden, sich nur im Kreis seiner eigenen schweifenden Einbildungen bewegenden, nicht aber das Geschichtliche selbst treffenden und so sein Wesen verfehlenden geschichtlichen Verstehen. Es kann aber nicht die Wahrheit eines Geschichtlichen als die Wahrheit des Ereignisses je geschichtlichen Daseins, das in der Freiheit seines unvertretbaren Selbstseins dem je geschicklichen Aufgang des Seins in der Zeitigung des Noch-nie-Dagewesenen entspricht, objektivierend demonstrieren, insofern das Selbstsein sich als solches jeglicher Objektivierung entzieht. Die freie Ursprünglichkeit des Geschichtlichen als die Ursprünglichkeit personalen Selbstseins ist nur verstehbar für und in freier Ursprünglichkeit. Das Verstehen von Geschichtlichem als solchem geht mithin nicht in der Objektivierbarkeit des Historischen auf, sondern fordert, diese integrierend, das Verstehen des Nicht-Objektivierbaren, das Begreifen des Unbegreiflichen als das Sich-Öffnen und Sich-Einlassen auf Personen und darin auf die je ursprüngliche Weise ihres Selbstseins, in dem sie, sich vollziehend, dem geschicklichen Ereignis des Zuspruchs des sie in ihr geschichtliches Da ereignenden Seins je anfänglich antwortend entsprechen. Das historische Erkennen geschieht im Absehen vom Selbstsein des historisch Erkennenden mit dem Ziel der Erkenntnis der historischen Faktizität als das, was gleichsam unabhängig vom geschichtlichen Standort des Erkennenden zeitlos wahr ist. Das geschichtliche Verstehen hingegen fordert als Verstehen des Geschichtlichen in seinem Geschichtlichsein,
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d.h. als das Geschehen von Personen in der Bedeutsamkeit ihres Sinnes als des Sinnes des Seins alles Seienden in der Einheit der Zeit als der Einheit aller Zeiten, das Selbstsein des Verstehenden, insofern Selbstsein nur vom Selbstsein, d.h. im Glauben als freiem Sich-Einlassen auf die freie Ursprünglichkeit personalen Selbstseins verstehend erkannt werden kann. Verstehen von Geschichtlichem versteht so nur im Horizont eigenen Selbstseins, d.h. im Horizont des Geschehens der eigenen Geschichte und auf diese hin. Verstehen und Glaube geschehen als Verstehen von Geschichtlichem durch geschichtliches Dasein mithin selbst geschichtlich und als Geschichte. Ihre Wahrheit ist nicht eine vom Verstehenden unabhängige und zeitlos vergewisserbare, sondern es ist die Wahrheit einer Geschichte, die ihr Da nur in der Geschichte glaubenden Verstehens hat. Nur Geschichte versteht Geschichte. Diese der Geschichtlichkeit der Geschichte zugehörige Weise ihres Wissens und ihrer Vergewisserung vollzieht sich im Andenken als der Weise, wie gegenwärtiges geschichtliches Dasein in der Gegenwart des Vergangenen als Vergangenen sein kann als der Voraussetzung des verstehenden Umgangs mit vergangener Geschichte. Dazu gehört als unerläßliche Bedingung nur, daß eine Quelle des Vergangenen in der Gegenwart antreffbar ist, etwa als schriftliche oder mündliche Überlieferung oder als Gegenstand des alltäglichen, handwerklichen, künstlerischen oder kultischen Lebens. Im Andenken ist die Unverrückbarkeit von Gegenwart und Vergangenheit nicht überspielt, sondern gerade bewahrt. In der geschichtlichen Gleichzeitigkeit von Gegenwart und Vergangenheit im Andenken ist die Differenz der Zeiten gerade so vollzogen, daß sie ins Gespräch treten können, welches Gespräch sie beide in ihrem unaufhebbaren Selbstsein braucht. Von dieser Seinsweise des Geschichtlichen ist der Vollzug des Christentums als des Glaubens an die geschichtliche Person Jesu als dem Ereignis der entscheidenden Heilsoffenbarung Gottes hinsichtlich seines Verhältnisses zur Geschichtlichkeit zu beurteilen. Der christliche Glaube findet seinen konkreten Anhalt an dem in der Gegenwart in schriftlicher Gestalt vorliegenden Zeugnis des Lebens Jesu als dem Niederschlag des Zeugnisses ihm begegnender zeugnisnehmender Mitmenschen von seinem Bezeugen der Nähe des Reiches Gottes. Die neutestamentlichen Schriften sind mithin Zeugnis des Zeugnisses. Dies aber bedeutet keinen grundsätzlichen Unterschied
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hinsichtlich der Möglichkeit zeugnisnehmenden Glaubens je jeder anfänglichen Gegenwart an das Ereignis der Offenbarung in Jesus, insofern das Zeugnis selbst zeugnisnehmender Erstzeugen seinem Wesen nach das Sein und die Wahrheit des Bezeugten, d.h. hier das Zeugnis des Wortes und Lebens Jesu von der Nähe Gottes, selbst ist. Das Verstehen von Geschichtlichem ist das Verstehen von Personen in der Freiheit ihres Selbstvollzugs, in dem es ihnen im Gehen um sich selbst um alles geht und so alles im Horizont von Bedeutsamkeit steht. Die Wahrheit solchen geschichtlichen Verstehens als die Wahrheit des zu verstehenden Geschichtlichen öffnet sich daher nur im Glauben als dem Sich-Einlassen auf den Aufgang anderen Ursprungs. Im Aufleuchten der Wahrheit des zu Verstehenden im glaubenden Sich-Einlassen liegt nun aber auch die Möglichkeit, daß diese als eine für die Wahrheit des Verstehenden selbst entscheidende, diesen mithin anrufende und beanspruchende Wahrheit aufgehen kann, wie es im christlichen Glauben geschieht. Darin ist der sich einlassende Glaube auf eine neue Weise gefordert. Er ist nicht nur die Vorgabe des Glaubens als dem Gewähren des Raumes, in den hinein der zu Verstehende sein Wort sagen kann, sondern auch das Grundnehmen im Geschehen des anderen Ursprungs als dem Zeugen der Wahrheit für das eigene Selbstsein. Insofern nun diese Wahrheit nicht eine solche ist, die der Glaubende auch im Rückgang auf sich selbst erreichen kann, so daß das Zeugnis der anderen Person nur erweckende oder erinnernde Kraft hat, sondern eine solche, die der Glaubende nicht in sich finden und aus sich haben kann, weil sie im freien Aufbruch eines anderen geschieht, wie etwa die unvorwegnehmbare und unverfügbare Zusage von heilender Vergebung und Liebe, wie sie im Anspruch der christlichen Wahrheit geschieht, so gehört zu solchem glaubenden Sich-Gründen auf die Person des anderen die Vorsicht und dies in einem zweieinigen Sinne17, zum einen als die Vor-sicht auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen und zum andern als die Rück-sicht auf sich selbst im Vorsehen seiner selbst in seinem unvertretbaren Selbstseinmüssen auch im Blick seines Heilseinwollens. Die kritische Vorsicht blickt vor auf den Zeugen und sein Bezeugen der Wahrheit des Zeugnisses hinsichtlich der Frage, ob er wahrer Zeuge ist, d.h., ob er reines und lauteres Vollbringen des von ihm Bezeugten selbst ist in dem Sinne, daß er diesem im Vollbringen
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seiner selbst entspricht. Seine Glaubwürdigkeit aber läßt sich als Kategorie personalen Seins nicht aus dem additiven Sammeln seiner Äußerungen konstruieren und errechnen. Sie läßt sich also nicht etwa historisch dartun, insofern die Person selbst nicht einfachhin die Summe ihrer Äußerungen, sondern gerade das in ihnen sich zwar nähernde, aber gleichsam sich entziehende Ungreifbare ist. Die Mannigfaltigkeit der Äußerungen ist nur Vermittlung der Unmittelbarkeit der Begegnung mit dem Du selbst, ohne daß dieses darin in den Griff zu bekommen ist. Das Sehen der Tragkraft des anderen braucht das Wagnis des Ich, da nur im Aufgehenlassen der Freiheit des anderen dieser als er selbst begegnen kann. Es braucht die Öffnung des Ich, damit ihm Erfahrung als Widerfahrnis eines Unabsehbaren und Unverfügbaren geschehen kann. Der Glaube als entschiedenes Grundnehmen im anderen ist nicht rational und objektiv entscheidbar. Er ist deshalb nie erzwingbar18. Er ist ein „Verhältnis von Freiheit zu Freiheit“19, von freiem Aufgang zu freier Offenheit auf Erfahrung hin, und insofern ist er Ereignis und Geschichte. Darin unterliegt er dem Werden, Wandel und Vergehen geschichtlichen Geschehens. Er ist nur als je neu geschehender, grundnehmend im gewesenen Geschehen und auf künftiges Geschehen hin. Er ist Geschichte und hat eine Geschichte. Insofern gehört zu ihm der Wandel, das Abklingen und Neuwerden. Es gehört zu ihm die Treue als Geschehen des Glaubens im Geschehen der Zeit. Im glaubenden Sich-Vergewissern des anderen als des Zeugen der Wahrheit der Unendlichkeit des eigenen Sinnes gewinnt das Verstehen seinen tiefsten Ernst und ist aller Möglichkeiten bloß ästhetischen Erkennens, in dem Möglichkeit und Wirklichkeit des Erkennenden gleichgültig bleiben, oder bloß theoretischen, etwa historischen Erkennens, in dem zwar die Erkenntnis der Wahrheit der Wirklichkeit intendiert ist, aber diese Wahrheit im Bezug auf die Bedeutsamkeit für das eigene Selbstsein völlig unentschieden bleibt, enthoben20. Darin zeigt sich, daß in einem rein historischen Verhältnis zu einem Geschichtlichen ein möglicherweise in ihm liegender Anspruch als ein den Betrachter einfordernder gerade nicht aufleuchten kann, da ein solcher in der Definition des Historischen als des Objektivierbaren, vom Selbstsein des Betrachters Unabhängigen nicht vorkommt, sondern schon in der methodischen Bestimmung der Historie als Historie als ein möglicher Gegenstand
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ausgeschlossen ist. Hier wird die Ungemäßheit des Versuchs der Entscheidung der Wahrheit des Christentums mit historischen Mitteln deutlich. Indem zum geschichtlichen Verstehen als Verstehen von Personen das eigene Selbstsein gehört, liegt darin die Möglichkeit, daß die Wahrheit als eine entscheidende und den Verstehenden unbedingt beanspruchende Wahrheit aufleuchten kann. Geschieht solches, dann wird das Verstehen ernst und entschieden. Alles geschichtliche Verstehen fordert in der Vorgabe des Glaubens und der Annahme der eigenen Geschichtlichkeit zwar das Selbstsein des Verstehenden, aber es fordert dieses nicht notwendig schon als ein sich unbedingt entscheidendes. Es ist zwar im Hinblick auf die Wirklichkeit des Selbstseins dichter als das ästhetische oder theoretische Verstehen etwa der Historie, insofern es ihm um die Wahrheit des Geschichtlichen im Horizont der Wirklichkeit der eigenen Geschichte und darin um die Wahrheit und Wirklichkeit eigenen geschichtlichen Daseins geht, aber darin ist es solange noch unentschieden und nicht ganz auf sich gesammelt, als es in keiner ihm in der Vielfalt des Geschichtlichen entgegenkommenden Wahrheit eine es mit dem ganzen Interesse der Wahrheit seines Seins und seines Sinnes unbedingt betreffende und einfordernde, ihn in die Entscheidung rufende, weil sein Sein entscheidende Wahrheit findet. In der in der Geschichte positiv gegebenen Erscheinung des christlichen Glaubens als des Glaubens an die den Sinn des Seins alles Seienden entscheidende Heilsoffenbarung in der geschichtlichen Person Jesu zeigt sich so eine Möglichkeit geschichtlichen Verstehens und Glaubens in der Dichte ihrer höchst möglichen Entfaltung. Welte beschreibt die geschichtliche Person Jesu immer wieder als den „Freund“21 des geschichtlichen Menschen, der diesem als konkrete geschichtliche Mitperson zum Zeugen des Aufbruchs Gottes in der Geschichte werden kann auf dem Grunde personalen und d.h. immer auch geschichtlichen Glaubens. Das glaubende Grundnehmen in der geschichtlichen Person Jesu als dem Zeugen des Heilswillens Gottes ist geschichtliche Möglichkeit geschichtlichen Selbstseins, insofern sich dieses immer schon verstehend und glaubend, mithin zeugnisnehmend, in das geschichtliche Miteinander gründet. Das Sich-Gründen in Jesus als dem einen und entscheidenden Zeugen widerspricht auch in seiner Unbedingtheit nicht der Geschichtlichkeit geschichtlichen Daseins, insofern es diesem in
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seinem Personsein je um die Erfüllung seines unbedingten Sinnentwurfs geht. Diese Erfüllung ist Erfüllung nur als eine das Personale aufnehmende und insofern das Personale betreffende. Deshalb ist auch ihre geschichtliche Zusage als eine personale und im Ereignis einer einmaligen Person geschehende dem geschichtlichen Dasein gemäß. Die Gründung einer möglichen Erfüllung des unendlichen Heilsinteresses der Person auf eine abstrakte, zeitlos gültige, eben notwendige und konstruierbare Wahrheit wäre dagegen eine dem geschichtlichen Personsein ungemäße Weise der Vergewisserung seines Heils, insofern eine abstrakte, zeitlose Wahrheit es in seinem Personsein gerade unangesprochen und somit in seinem Selbstsein unheil beließe. Die Möglichkeit christlichen Glaubens als eine Möglichkeit geschichtlichen Daseins aber zeigt sich nicht nur darin, daß der christliche Glaube als das Sich-Gründen auf den einen und unbedingten Zeugen die zur Geschichtlichkeit der Geschichte gehörende Weise geschichtlichen Verstehens und geschichtlicher Vergewisserung aufnimmt und verdichtet, sondern auch in der Weise, in der er sich als Grundnehmen in dem geschichtlichen Ereignis der Geschichte Jesu in der Geschichte und auf Geschichte hin entfaltet. Er bedeutet keinen Ausstieg aus der Geschichtlichkeit, sondern gerade eine Weise der Erfüllung des Wesens geschichtlichen Daseins. Der Glaube im Sinne des Christentums ist wie alle Formen des Glaubens als Weisen personalen Seins geschichtlich, er ist geschehende Geschichte22. Als Grundnehmen in einer geschichtlichen Person, deren Zeugnis in seiner äußeren Gestalt gegenwärtig ist, ist er ganz gegründet in der Zeit, und dies so, daß er auch als Zeit geschieht. Der christliche Glaube ist geschichtlich, insofern seine Wahrheit sich geschichtlich ereignet und als Ereignis geschieht23. Die Wahrheit des christlichen Glaubens ist geschichtlich. Sie ist das Geschehen, in welchem das geschichtliche Dasein in seinem Grundnehmen in der geschichtlichen Person Jesu das Ereignis des offenbarenden Aufbruchs Gottes in die Geschichte hinein glaubend vollzieht. Die Wahrheit des Glaubens ist Ereignis und Geschichte, insofern sich in ihr das offenbarende Ereignis Gottes in Jesus in seiner konkreten Einmaligkeit im Glauben lichtet und so im Glauben je neu Ereignis wird. Im Ereignis des Glaubens vollzieht sich die Aufhebung der Begrenzung der konkreten Einmaligkeit Jesu als momentaner im Zeitdasein, und es geschieht die geschichtliche Einmaligkeit
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des Ein-für-allemal als des Einbegreifens aller Zeiten in seiner unausschöpflichen und unvergeßlichen Bedeutsamkeit durch die Geschichte hin. Die Wahrheit des einen Ereignisses ereignet sich in seiner Unvergeßlichkeit durch die Geschichte hin als die Wahrheit des Ereignisses des Glaubens des je geschichtlichen Daseins, das als dieses in der Einheit der Zeit geschieht und so in der Möglichkeit des Andenkens steht als dem Vollzug der Unvergeßlichkeit des Geschichtlichen durch das begegnende geschichtliche Dasein, in welchem dieses im Geschehen seiner unverrechenbaren Gegenwart mit dem vergangenen Ereignis gleichzeitig werden kann als der sich ereignenden Gleichzeitigkeit von Bedeutsamkeit und Betroffenheit. Die Geschichtlichkeit des christlichen Glaubens zeigt sich weiterhin nicht nur in der Ereignishaftigkeit des gründenden Ereignisses und dem Ereignis des Aufgangs seiner Wahrheit im andenkenden Glauben, sondern auch in der im offenbarenden Ereignis der Zusage und Verheißung des Heils Gottes aufspringenden Spannung des Schon der Zusage und des Noch-nicht ihrer sie erfüllenden Vollendung. Der christliche Glaube eröffnet Geschichte, insofern sein Geglaubtes Verheißung von Zukunft als einer absoluten ist, in welcher die Geschichte in der Vollendung ihres Sinnes, als Geschichte aufgehoben, ruht, und der Glaube insofern im Vertrauen auf die verheißene Erfüllung seines Sinnes als absoluter Zukunft die geschichtliche Zukunft in all ihrer Unvorhersehbarkeit und freien Ursprünglichkeit als von dieser absoluten Zukunft umfangene und getragene geschichtlich leben kann in der Geschichte. Als dieser in der Geschichte sich gründende und Geschichte eröffnende Glaube geschieht er als selbst geschehende Geschichte, in welcher er seine Gegenwart bestehen muß in der andenkenden Einholung seiner Gewesenheit als dem gründenden Ereignis seines Glaubens, zum einen als der Gewesenheit des Ereignisses der geschichtlichen Person Jesu und zum anderen als der Gewesenheit des Ereignisses seines sich darin gründenden Zum-Glauben-Kommens und dessen gewesener Geschichte, und in welcher er seine Gegenwart bestehen muß in der hoffenden Erwartung künftiger Erfüllung der Verheißung seines Heils. Zum christlichen Glauben gehört das Geschehen geschichtlicher Kontinuität als der Treue zum gründend Gewesenen als dem Schon und der Hoffnung ins erfüllend Künftige als dem gewesend verheißenen Noch-nicht in der Diskontinuität je
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anfänglicher Zeitigung von Gegenwart in der Einheit des diskontinuierlichen Kontinuums geschichtlicher Zeit. Die Erscheinung des christlichen Glaubens zeigt sich nicht als geschichtslose Überforderung der oder als gleichsam un-geschichtlicher Ausstieg aus der Geschichtlichkeit, sondern als ein sie in allen ihren Momenten ernstnehmendes Sich-Einschwingen in die Geschichtlichkeit. Nachdem sich die in der Geschichte positiv gegebene Erscheinung des Christentums in Hinsicht ihres Inhalts und auch formal in Hinsicht ihres Ursprungs als der Geschichtlichkeit der Geschichte gemäß gezeigt hat, zeigt es sich nun auch in seiner Vollzugsweise als Glauben im Glauben an das Ereignis der geschichtlichen Person Jesu als dem entscheidenden Zeugen der Heilszusage Gottes in der Geschichte als geschehende Geschichte und darin als die Seinsweise des Geschichtlichen als Zusammenhang von Verstehen und Glauben wesentlich aufnehmend. 3. Tradition Das Christentum ist nicht nur hinsichtlich seines Ursprungs und seiner Vollzugsweise geschichtlich, sondern auch hinsichtlich seiner Vermittlung durch die Geschichte hin, in der es als Überlieferung geschieht als die Weise, wie etwas in der Geschichte als es selbst in seiner Wahrheit bewahrt wird24. Tradition aber geschieht nicht in der Sammlung eines materialen Bestandes, der in Archiven abgelegt und unabhängig von der geschehenden Zeit den Abriß einer inhaltsleeren, qualitätslosen zählbaren Zeit überdauern kann, solcher Bestand ist höchstens die Bewahrung der Möglichkeit von Tradition. Sie geschieht als Zusammenhang andenkenden Verstehens und Glaubens als je neues Ereignis der Wahrheit des Gewesenen im Geschehen wahrheitsfähigen gegenwärtigen Daseins. Insofern nun das Christentum keine abstrakte Lehre, ihre Wahrheit keine logische oder mathematische Wahrheit ist, die aus sich keinen Bezug zur Zeit unterhält, sondern in einen solchen nur durch den sie vollziehenden Menschen kommt, sondern insofern das Christentum geschichtlichen Ereignischarakter hat, seine Wahrheit sich geschichtlich ereignet hat und als das geschichtliche Dasein beanspruchende Wahrheit in je einmaligem Bezug zum Ereignis aller Zeiten steht und in ihrer Zeitigung je unvorhersehbar und anfänglich
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neu Ereignis wird, zeigt sich, daß das Christentum nur als Tradition in der Geschichte dauern kann, seine Wahrheit mithin nur als je geschichtlich geschehende bewahrt werden kann, d.h. nur als wandelbare im Wandel der Geschichte selbst. Die Offenbarung ist in der und als Geschichte ereignet, aber nicht als Aufhebung der Geschichte, sondern als eschatologisches Wort, als Grund der Hoffnung auf eschatologische Erfüllung. Die Geschichte selbst geht in ihrer dialektischen Verfassung weiter ihren Gang. So ist auch das Offenbarungswort selbst in seiner Vermittlung dem Gang der Geschichte und seinen Wandlungen, auch den epochalen, anheimgegeben25. Der Glaube als Vollzugsweise des Christentums ist als Grundnehmen im Ereignis der geschichtlichen Person Jesu angewiesen auf die Vermittlung seiner Unmittelbarkeit als Glaube, die ihn als personales Geschehen auszeichnet. Er ist nur als geschichtlich in die Unmittelbarkeit seines Ereignisses vermittelter, welche Unmittelbarkeit gleichwohl unabdingbar zu ihm als Glaube gehört, denn nur der „Glaube bringt den möglichen Einklang mit dem Zeugen des Glaubens“26. Die Zeitlichkeit des Glaubens ist existentielle Zeitlichkeit als die Zeitlichkeit des Ernstes des Selbstseins, aber dies nur so, daß diese existentielle Zeitlichkeit gründet in und vermittelt ist durch die geschichtliche Zeitlichkeit, ja als Zeitlichkeit geschichtlichen Selbstseins als Beim-anderen-sein und In-der-Welt-sein immer schon als die Zeit von Welt und Mitwelt, als die Zeit der Geschichte gezeitigt ist. Geschichtliche Unmittelbarkeit ist je geschichtlich vermittelte Unmittelbarkeit. Der Glaube ist angewiesen auf die Vermittlung der Worte und Taten Jesu als das Zeugnis der Nähe des Reiches Gottes durch das zeugnisnehmende, d.h. glaubende Zeugnis geschichtlicher Mitpersonen in diesem gründenden Zeugnis Jesu selbst. Gegenwärtiger Glaube gründet auf dem Zeugnis selbst zeugnisnehmenden Glaubens sogenannter Erstzeugen als den geschichtlichen Mitpersonen der Geschichte Jesu selbst, deren Zeugnis des Zeugnisses Jesu im Neuen Testament seinen schriftlichen Niederschlag gefunden hat und das durch die Geschichte hindurch in immer neuem, nun sekundärem, weil im Zeugnis der Erstzeugen gründendem Zeugnisgeben und Zeugnisnehmen bewahrt wird im Geschehen der Tradition27. Die Gründung gegenwärtigen Glaubens im Zeugnis selbst glaubend zeugnisnehmender Erstzeugen und in der vermittelnden Gemeinschaft der Reihe der Zweitzeugen durch die Geschichte hindurch
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bedeutet aber keinen Mangel der Authentizität des Zeugnisses Jesu, insofern das Sein des Zeugnisses das Sein des Bezeugten und die Wahrheit des Zeugnisses die Wahrheit des Bezeugten ist. In diesem Traditionsgeschehen aber bewahren die Erstzeugen einen Vorrang gegenüber der unabsehbaren Reihe sekundärer Zeugnisse als der geschichtlich unüberholbare „vermittelnde Grund“28, auf dem geschichtlich alles weitere steht als auf dem Zeugnis des Zeugnisses Jesu selbst, in welchem Zeugnisnehmen sie die geschichtlich unmittelbaren Empfänger der Offenbarung Gottes sind. Das Zeugnis der Erstzeugen ist autoritativ, insofern es geschichtlich unersetzlich ist für alle spätere geschichtliche Zeit, „vor die Wirklichkeit der ursprünglichen Heilsoffenbarung“ zu „kommen“29. Die Wahrheit der christlichen Offenbarung, welche als das Selbstsein beanspruchende und entscheidende nur im Zeugnis vermittelbar ist, weil sie nur im Zeugnis aufgeht, kann deshalb nur im zeugnisnehmenden Glauben als sie selbst bewahrt werden. Christliche Tradition hat mithin als Zusammenhang von Zeugnisgeben und Zeugnisnehmen, als Zusammenhang des Glaubens auf Glauben hin ihren Ort in der Gemeinschaft der Glaubenden30. Dies gilt dann aber gerade auch für die Theologie als die ausdrückliche Sammlung und theoretische Ausarbeitung des Verstehens der Gottesoffenbarung in Jesus und darin der christlichen Tradition, in welcher diese vermittelt ist. Theologie ist mithin nur im Glauben und der Gemeinschaft der Glaubenden möglich, insofern nur darin die Wahrheit der christlichen Botschaft und so die Wahrheit der Tradition als deren Vermittlung aufgehen kann31. Darin zeigt sich, daß eine nur „historische Theologie“32 der Geschichtlichkeit von Ursprung, Vollzug und Vermittlung des Christentums nicht gerecht wird. Die Historie ist Mittel einer geschichtlichen Theologie, aber von dieser durch den Ernst geschichtlichen Selbstseins getrennt, in welchem die Wahrheit des Ereignisses Jesu den Ort ihres Aufgangs hat. Christlicher Glaube ist durch die Tradition des Zeugnisses der Gemeinschaft des Glaubens vermittelt, und umgekehrt ist das Ereignis der Offenbarung Gottes in Jesus als die alle Zeiten beanspruchende und entscheidende Wahrheit nur als Tradition, in der es im gegenwärtigen Ereignis seiner Gewesenheit in eine offene geschichtliche Zukunft hinein geschieht, die es als dieser Anspruch
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an je neue Gegenwart immer schon bei sich hat. Darin fügt es sich in die Seinsweise geschichtlichen Daseins, zu dem Tradition wesentlich gehört, insofern sich dieses in der Einheit der geschichtlichen Zeit je gegenwärtig im Horizont von Vergangenheit und Zukunft vollzieht, Vergangenheit mithin Moment seines Selbstseins ist. Tradition ist die Weise, wie das geschichtliche Dasein in der Gegenwart des Vergangenen als Moment seiner Wahrheit sein kann und dieses als das Gewesene in seiner Wahrheit bewahren kann. Tradition geschieht als Gespräch, in welchem die Wahrheit des Gewesenen sich im Wahrheitsgeschehen der Gegenwart ereignet, so daß sich das Gewesene je neuer Gegenwart zuspricht und die Gegenwart Antwort gibt auf den herkünftig gründenden Zuspruch. Die Dialogizität von Tradition zeigt, daß diese nicht Sammlung oder Reproduktion eines materialen Bestandes bedeutet, sondern Ereignis und Geschichte, insofern die Wahrheit des Gewesenen als Wahrheit nur aufgeht im je neuen Geschehen wahrheitsfähigen geschichtlichen Daseins. In der transzendentalen Bezogenheit des geschichtlichen Daseins auf Wahrheit geht es in der Tradition je um die Bewahrung des Gewesenen in seiner Wahrheit. Da Wahrheit nur je im aktuellen Vollzug ist, bedeutet die historische Sammlung materialen Bestandes in seiner Materialität noch nicht Bewahrung der Wahrheit. Sie ist allenfalls die Bewahrung der Möglichkeit wirklichen Vollzugs der Wahrheit des Gewesenen. Die Frage, wie die Wahrheit des Gewesenen geschichtlich bewahrt werden kann und die darin eingeschlossene Frage nach einem Kriterium der Wahrheit der Tradition33, verschärft sich nun aber bei der Betrachtung der christlichen Tradition, insofern es in ihr um die Bewahrung einer ihrem Anspruch nach absolut bedeutsamen Wahrheit geht, die als einmalig geschehene alle Geschichte unbedingt beansprucht. Es erhebt sich so in der Geschichte des Christentums immer wieder die Frage, ob das gegenwärtig Geglaubte noch das ursprünglich zu Glaubende ist und damit auch die Frage nach Möglichkeit und Wirklichkeit einer Wesenskontinuität des Christentums durch die Geschichte hin. Die Klärung dieses Problems ist Aufgabe der Theologie als dem ausgearbeiteten Verständnis des Christentums. Besonders seit dem Aufkommen des Bewußtseins der Geschichtlichkeit zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts und damit des Sehens des Wandels der je waltenden epochalen Seinsverständnisse, der besonders an der christlichen
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Tradition sichtbar geworden ist, da es in dieser ja gerade um die Bewahrung des einen unwandelbaren Ursprungs durch alle Zeiten hindurch geht, ist die Frage nach der Möglichkeit christlicher Tradition dringlich geworden. Es ist seither unmöglich, sowohl die Bibel als auch ihr je geschichtliches Verständnis in der Tradition wie selbstverständlich vom Boden des gegenwärtig waltenden Seinsverständnisses aus zu lesen. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen „geschichtlich je einmalig geprägten Christentümern“34 treten stark hervor und scheinen unvereinbar nebeneinander zu liegen, ja diese geschichtlichen Wandlungen scheinen sogar schon die Bibel in ihrer Einheit und damit in ihrer Wirklichkeit als Zeugnis des einen Ursprungs zu sprengen. Im Sehen dieser geschichtlichen Wandlungen und im Sehen der in der Theologie vollzogenen Flucht vor der Geschichtlichkeit formuliert Welte mit Recht die These, daß der Theologie im Hinblick auf die Geschichtlichkeit als transzendentale Wirklichkeit ihre eigentliche Methodik noch bevorsteht35. Welte versucht in vielen seiner Arbeiten, besonders denen zur Christologie, aber auch an vielen anderen Stellen, diese Methodik zu entwickeln als die Methodik einer die Geschichtlichkeit ernstnehmenden und sie als die transzendentale Wirklichkeit des Menschen integrierenden Theologie. An ihre läge es, Möglichkeiten an die Hand zu geben, die Spannungen zu verstehen und aufzulösen, die innerhalb der Theologie selbst im Zuge des Bewußtwerdens der Geschichtlichkeit und in dessen Gefolge des Aufkommens der historischkritischen Methode zwischen Exegese und Dogmatik und innerhalb der Dogmatik zwischen der Christologie im engeren Sinne und der Soteriologie aufgetreten sind und die im Bewußtsein der Gläubigen besonders in der Spannung zwischen der Sprache der Bibel und der von Dogma und Katechese spürbar geworden sind. Weltes Entwurf einer neuen Methodik der Theologie ist die Anwendung der Methode des Übersetzens und des epochalen Weltdialogs als die Weise geschichtlichen Verstehens und darin geschichtlicher Tradition, wie er sie besonders in seinen hermeneutischen Vorlesungen und in der Vorlesung W 62 entwickelt, auf die christliche Tradition, welche Anwendung möglich sein muß, sofern das Geschehen der christlichen Tradition Möglichkeit geschichtlichen Daseins sein soll, welche Anwendung aber zugleich auch ein Maß der Unterscheidung von Wesen und Unwesen der Wirklichkeit
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christlicher Tradition darstellt. Es ist der Entwurf einer seinsgeschichtlichen theologischen Hermeneutik, welche die Geschichte christlichen Glaubens und darin christlicher Tradition aus ihren epochalen Gründen und den aus ihnen entspringenden Seinsverständnissen zu verstehen versucht. Hier zeigt sich die Unerläßlichkeit der Philosophie in der Theologie, und zwar nicht nur neben ihr oder ihr nur vorgelagert, sondern im Binnenraum der Theologie selbst, als die Erhebung der je geschichtlichen Seinsverständnisse36. Als erste Aufgabe einer seinsgeschichtlichen Hermeneutik stellt sich die Klärung des je waltenden epochalen Grundansatzes und des darin ereigneten epochalen Seinsverständnisses, aus dem die Zeugnisse der Offenbarung, sowie die der Tradition als die Zeugnisse dieser Zeugnisse sprechen. In dieser Klärung der Differenz der epochalen Seinsverständnisse sind besonders „die epochalen Knoten- und Wendepunkte ins Auge zu fassen“37, an denen „die Offenbarungsbotschaft einer neu auftauchenden und sich zeitigenden epochalen Weltzeit sich zuspricht“ und „in solchem Sich-zusprechen sich gleichsam hinüber setzt, in einen neuen bewegten Grund und dort eine neue, bisher nicht gesehene Gestalt erwirkt“38. Es geht darum, die Zeugnisse vom Boden des ihnen zugehörigen Seinsverständnisses aus zu lesen. Da alle geschichtlichen Zeugnisse sich aber als Zeugnisse der einen Gottesoffenbarung in Jesus verstehen, diese „verstehen, denken und aussprechen wollen“39, so gilt es sie nicht nur nebeneinander zu stellen, sondern durch sie hindurch auf dieses Eine und Selbe zu blicken, als dessen Verstehen und Bezeugen sie sich alle vollziehen. Dieser Durchblick der verschiedenen Denk- und Sprechweisen auf das Selbe hin wäre der zweite Schritt einer seinsgeschichtlichlichen Hermeneutik. Sie sollte ein „System epochaler Entsprechungen“40 aufstellen, in dem die Kontinuität der epochal getrennten Gestalten im Hinblick auf den einen verpflichtenden Ursprung aufleuchten kann, den sie als das anfänglich Gründende alle bewahren wollen. Im Rückbezug auf das Ursprüngliche zeigt sich ein Vorrang des biblischen Zeugnisses als dem „qualifizierten Zeugnis des Anfangs“41, das seine Gestalt selbst auf dem Boden einer geschichtlichen und insofern relativen Weise menschlichen Seinsverständnisses gewonnen hat. Welte sieht die autoritativ verpflichtende Bedeutung dieser einen geschichtlichen
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Gestalt in der Unbedingtheit ihrer Weisung für je aktuelle Entwürfe der darin ausgesprochenen unbedingten Wahrheit. Die geschichtliche Sprachgestalt der absolut bedeutsamen Gottesoffenbarung in Jesus, wie sie im Neuen Testament vorliegt, ist in ihrer äußeren Gestalt nicht die Wahrheit selbst, sie ist Medium, allerdings ein alle weiteren aktuellen Vollzüge der Wahrheit des Ursprungs bemessendes Maß, indem sie als geschichtlich primäres Zeugnis des Ursprungs die ausschließliche Möglichkeit ist, geschichtlich vor die Wirklichkeit des Ereignisses des Ursprungs zu kommen. Sie legt als äußere Gestalt die Wahrheit nicht fest, denn diese steht in sich selbst, aber sie ist Weisung für gegenwärtigen zeugnisnehmenden Wahrheitsvollzug, der nur im Gehorsam gegen diese Weisung, in der die Wahrheit des Offenbarungsereignisses geschichtlich unmittelbare Gestalt gefunden hat, dieser Wahrheit im aktuellen, diese Wahrheit verstehen-wollenden Vollzug ansichtig werden kann42. Die Rangordnung aller anderen Gestalten, die Ausdruck des Vollzugs der Wahrheit des Ursprungs sein wollen, ergibt sich daraus, inwieweit durch sie die Anfänglichkeit des Anfangs gegenwärtig neue Kraft gewinnt und neu geweckt wird43. Das Sehen solcher Rangunterschiede aber setzt schon einen Vorbegriff des Ursprungs und seiner Wahrheit voraus. Dieser ist nicht objektivierbar. Er hat seinen Anhalt nur an der geschichtlichen Gestalt der primären Zeugnisse. Er fordert eine ursprüngliche „theologische Urteilskraft“44, einen „theologischen Spürsinn“45, der „aus der Fülle des Gegebenen quer durch die Mannigfaltigkeit der seinsgeschichtlichen Sprachen das Ursprüngliche und Wesentliche in der Sache des Christentums zu sehen vermag“46. Ein dritter Schritt bestünde darin, daß auf dem Grunde des Sehens von Entsprechungen in epochal getrennten Verständnisweisen der einen christlichen Botschaft nach den Anlässen in der je älteren epochalen Gestalt gefragt wird, die auf dem Boden des neuen epochalen Grundansatzes eine demgegenüber neue Gestalt erwirkt haben und danach, welche Anlässe des älteren Verständnisses demgegenüber im neuen Verständnis zurückgetreten oder gleichsam liegengeblieben sind. Dadurch könnte umgekehrt in den neuen Verständnisweisen die Kontinuität mit dem Früheren gesehen werden, das ja durch den epochalen Umschlag nicht gleichsam weggewischt wird, sondern geschichtlich weiterwirkt und sich, wenn auch epochal getrennt, der neuen Epoche herkünftiggründend zuspricht.
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So könnte die Möglichkeit einer Rückübersetzung des Neuen in das Ältere und von beiden in den Ursprung gewonnen werden, so daß das „epochale Recht“47 jeder geschichtlichen Verstehensweise der Offenbarung in den Blick kommen könnte als die Weise, in der für eine Zeit die Wahrheit der Offenbarung sich ereignete und so offen wurde für das Verstehen und Glauben dieser Zeit. Von solchen Übersetzungen und Rückübersetzungen her könnten nicht nur die einzelnen geschichtlichen Christentümer in ihrer epochalen Zugehörigkeit besser verstanden werden, sondern auch die urspüngliche Botschaft selbst könnte so im Durchgang durch die epochalen Verschiebungen und Verwerfungen in ihrem Reichtum und in ihrer Fülle neu in den Blick und so in die Offenheit und Weite kommen, in denen ihre Wahrheit neu Ereignis werden kann48. Dieses wäre die unerläßliche Voraussetzung dafür, daß sich in der epochalen Krisis, in welcher das Christentum gegenwärtig innesteht, ein neues Wort gewähren könnte, das den Ursprung, ihn bergend, so hinübersetzen könnte in die kommende Zeit, daß es dem gegenwärtigen und kommenden Menschentum wieder als Wort Gottes hell werden könnte, in dem dieses die Bestätigung seiner Hoffnung als die Zusage seines Heils von Gott her zu vernehmen vermöchte. Eine seinsgeschichtliche theologische Hermeneutik gewänne Freiheit49 gegenüber allen geschichtlichen Gestalten des Christentums, in denen sich das eine Wort je zusprach, und darin gewänne sie „eine neue Freiheit für die Offenbarung selbst“50. Sie könnte in der Fülle der geschichtlichen Gestalten den einen Ursprung vernehmen, um so für die geschichtliche Gegenwart Möglichkeiten zu bereiten, ihn neu zu bergen in eine neue, dem gegenwärtigen Seinsverständnis ensprechende Gestalt. Eine seinsgeschichtliche Hermeneutik machte frei von der Bindung an eine Gestalt als unbedingter und so frei für das Wort Gottes selbst als das Wort, das als Wahrheit für alle Zeiten jeder Zeit seine Wahrheit zuspricht. In einer seinsgeschichtlichen Hermeneutik wird der eine Ursprung in der Gemeinschaft mit allen geschichtlichen Gestalten seines Verstehens bewahrt, indem alle als Weisen geschichtlichen Verstehens der Wahrheit des Ereignisses des Wortes Gottes wichtig, aber keine als Gestalt absolut wichtig genommen wird. Die christliche Tradition findet als geschichtliche ihre Wahrheit nur, wenn sie keine geschichtliche Gestalt des einen unbedingt verbindlichen gründenden Ursprungs ausschließt, sondern im Sehen der Wahrheit aller die je
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größere und uneinholbare Wahrheit zu sehen und zu vernehmen versucht. Einen Vorrang hat darin nur die Bibel als die geschichtliche Gestalt des geschichtlichen Ursprungs, aber dies nicht im Hinblick ihrer seinsgeschichtlich bedingten Gestalt, sondern im Hinblick des darin vermittelten Ereignisses der absoluten Wahrheit, für das geschichtlich diese eine geschichtlich relative Gestalt als Grund absolut wichtig ist, weil sie in ihrem gründenden Anfang von keiner späteren ersetzbar und vertretbar ist. Eine theologische Hermeneutik, welche die Tradition seinsgeschichtlich versteht, gründet in der Erkenntnis des geschichtlichen Wandels der Weisen des Verständnisses der einen Botschaft. Sie erkennt die Notwendigkeit des je neuen Verstehens des Selben, denn nur „wo es gewagt wird, dasselbe als das nie Gleiche vielmehr das immer Neue und zu Erneuernde im immer neu zu erbringenden Verstehen zu vollziehen, da hat es gerade als das nie Gleiche (immer Neue) die Chance, dasselbe zu bleiben“51. Die Bewahrung von Wahrheit in der Geschichte ist nur geschichtlich möglich, d.h. im steten Wandel der Weisen ihres Da, entsprechend dem Wandel der geschichtlichen Weisen des Denkens und Verstehens, seiner Kategorien, Stile und Formen, in denen sie geschehend als Wahrheit offenbar wird. Die Leistung einer seinsgeschichtlichen Hermeneutik ist die ausgezeichnete Aufgabe gegenwärtiger Theologie52, die ihr geschichtlich zugewachsen ist. Darin muß sie einer neuen Sprache, in welcher die Botschaft sich in diese Zeit hinein äußern kann, Wege bahnen und Möglichkeiten öffnen. Die Verbindlichkeit dieser neuen Sprache läge dann in ihrer geschichtlichen Gefordertheit seitens des gegenwärtigen Seinsverständnisses einerseits und der Macht der Weckung neuer Anfänglichkeit des ursprünglichen Wortes andererseits. Sie kann mithin als verbindliche nur eine offene Verbindlichkeit sein, die geöffnet ist dem Zuspruch der Tradition als ihrem herkünftig Gewesenen und den geschichtlichen Wandlungen von Denken, Verstehen, Sprache und Erfahrung und in beiden dem Ereignis der ursprünglichen Wahrheit selbst. Im Bedenken der Geschichtlichkeit und der Vorbereitung einer seinsgeschichtlichen Hermeneutik müßte die Theologie im Gefolge auch neue Wege öffnen für ein gemäßes Verständnis der Relativität auch des Dogmas als geschichtlicher Fassung der Wahrheit des Ursprungs, die relativ ist auf diese als ihr Maß, relativ auf das je seinsgeschichtliche Verständnis dieser Wahrheit und relativ auf die
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je besondere Perspektive des Hinblicks und deren Sprache53. Neue Möglichkeiten ergäben sich unter diesem Gesichtspunkt gerade auch für das Verstehen des „Meta-Dogmas“54 der Unfehlbarkeit55 als „Eigenschaft der Gesamtkirche“56 in seinem Bezug auf die Unfehlbarkeit der Wahrheit der Offenbarung selbst, nicht aber der je geschichtlichen Gestalt, in der diese Wahrheit je geschichtlich relativ und insofern einseitig und perspektivisch begrenzten Ausdruck im Dogma gewinnt. Ein weiteres Gebiet, das eine Integration der Geschichtlichkeit besonders dringlich macht, ist das Bedenken epochaler Seinsverständnisse nicht nur gleichsam in die Tiefe der Vergangenheit, sondern auch in die Breite der Gegenwart als der Versammlung gleichzeitiger epochal getrennter Menschentümer und dessen Fruchtbarmachung für den Auftrag der Verkündung des Wortes an alle Völker57, so daß jedes das Wort der Wahrheit in seiner Sprache hört58. Am ausführlichsten führt Welte die Methode einer seinsgeschichtlichen theologischen Hermeneutik am Beispiel der Christologie durch, deren Formulierung auf den frühchristlichen Konzilien bis heute die Geschichte des christlichen Glaubens bestimmt hat und in welcher er den Ausdruck einer epochalen Übersetzung biblischer Christologie auf den Boden eines neuen Seinsverständnisses sieht. Welte charakterisiert diesen epochalen Umschwung als die Übersetzung des biblischen vormetaphysischen Seinsverständnisses, das „am ehesten vom Begriff des Ereignisses her deutbar scheint“59, in das Seinsverständnis der abendländischen Metaphysik60. Welte ergeben sich daraus wichtige Einsichten und Vorschläge für ein neues Verständnis und eine neue Sprache der Christologie, in denen sich der gegenwärtige Glaube im Rückgriff auf die biblischen Ursprünge und unter Integration des Gehaltes der frühchristlichen Dogmen besser verstehen und artikulieren könnte. Dem ist hier nicht weiter nachzudenken. Es sei auf die vielfältigen Beiträge Weltes zu diesem Thema verwiesen. Am Ende der Vorlesung G 67/6861 bedenkt Welte ausdrücklich die Situation der Offenbarung in der gegenwärtigen Stunde. Er sieht darin eine „äußerste Gefährdung“ und „eine äußerste Möglichkeit“62, wie es sie bisher noch nie gab. Ihre äußerste Gefährdung liegt danach in der Herrschaft der technischen Rationalität63, die sich der Geschichtlichkeit entledigt, indem ihr Geschichte
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nur noch der Zeitspielraum einer verfügbaren und herstellbaren Welt darstellt. Die Vergangenheit ist als das Überholte abgestreift, und die Zukunft ist im planend verfügenden Ausgriff schon eingeholt. Die Künftigkeit der Zukunft geht in der Herstellbarkeit durch die planende Rationalität auf. In solcher Entgeschichtlichung der Geschichte verliert auch die christliche Offenbarung ihre Bedeutsamkeit, zum einen inhaltlich, insofern der Mensch sein Woher und Wohin selbst in der Hand hat und zum anderen formal, insofern ihr unbedingter Anspruch an das Selbstsein je jeder Person in der alles verobjektivierenden Methode der naturwissenschaftlich-technischen Rationalität weder als ein möglicher Gegenstand vorkommt noch nachprüfbar und kontrollierbar ist und insofern als ideologieverdächtig abgestoßen werden muß. Darin liegt ihre äußerste Gefahr, zugleich aber auch der Aufgang einer äußersten Möglichkeit, insofern die Frage nach dem Sinn dieser Rationalität und ihrer Anwendungen, die innerhalb dieser Rationalität nicht löbar ist, für ein waches Bewußtsein nun umso stärker aufbricht, je größer die Möglichkeiten dieser Rationalität werden. Damit kann auch die Bereitschaft des Hörens auf eine Botschaft wie die des Christentums neu aufbrechen. Eine ausgezeichnete Möglichkeit der Offenbarung in der gegenwärtigen Stunde aber liegt auch und besonders im Bewußtsein der Geschichtlichkeit, das von der technischen Rationalität her zwar in der Gefahr seiner Verdrängung und Verdeckung steht, das aber gleichwohl seit seinem Aufkommen im 19. Jahrhundert stark gewirkt hat. Denn es läßt im Sehen vieler Epochen die eigene nicht mehr als das Selbstverständliche nehmen, von dem aus alle anderen in gleichsam ungeschichtlicher Naivität verstanden werden können. Die aus diesem Bewußtsein entstandene Geschichtswissenschaft hat ein reiches Material vorgelegt, angesichts dessen die gegenwärtige Welt in ihrer Relativität und damit auch die Relativität der Herrschaft der technischen Rationalität aufgehen muß. Denn diese findet sich selbst in ein geschichtliches Geschick eingebettet und kann dieses mithin nicht von sich aus ganz einholen. Desgleichen hat das Bewußtsein der Geschichtlichkeit gelehrt, die Offenbarung und ihre je geschichtliche Gestalt geschichtlich zu lesen. Es hat so für den Zuspruch der Offenbarung selbst und sein Verständnis in den Denk- und Sprechweisen der Gegenwart neue Freiräume eröffnet. In der Lösung von den Sprachweisen der Vergangenheit kann der Zu-spruch
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durch sie hindurch neu gehört werden und sich in eine neue Sprache hinein ereignen, denn er ist „nicht an eine bestimmte Sprache gebunden“, wenn er auch „immer eine bestimmte Sprache spricht“64. In dieser Freiheit von den geschichtlichen Gestalten als absolut verbindlichen liegt die Möglichkeit der Offenbarung in der gegenwärtigen epochalen Krisis, die Welte für eine der größten in der Geschichte hält65 und in der ihr Zuspruch ins Leere und Ungehörte zu sprechen scheint und ihre Sagekraft von der modernen Rationalität übertönt und als sinnloses, weil nicht unter die Definition der Gegenständlichkeit ihrer Gegenstände und Gegenstandsbereiche fallendes und so von ihren Verifikations- und Falsifikationskriterien nicht erfaßbares Wort abgestoßen wird. Tradition ist das Geschehen der Wahrheit des Christentums in der Geschichte. Das Christentum geschieht geschichtlich nur im und als das Geschehen der Tradition. Diese ist als die Weise der Vermittlung des Christentums in der Geschichte nicht Überforderung der Geschichtlichkeit in dem Sinne, daß in der Geschichte nichts in der Unbedingtheit seiner Wahrheit bewahrt werden könnte, sondern sie ist gerade Erfüllung der Geschichtlichkeit der Geschichte, in welcher Wahrheit nur als Überlieferung bewahrt werden kann, insofern Wahrheit nicht als materialer Bestand gegeben, sondern nur je im aktuellen Vollzug als Wahrheit offen und da ist. D.h., sie ist in ihrer Absolutheit als Wahrheit nur je geschichtlich da als in einem äußeren Medium von der Innerlichkeit des Wahrheitsvollzugs geschichtlichen Selbstseins zum aktuellen Verstehen in der Innerlichkeit anderen geschichtlichen Selbstseins vermittelte Unmittelbarkeit, und anders ist sie nicht. Der materiale Bestand ist nur Medium, das die Unmittelbarkeit des Ereignisses der Wahrheit vermittelt. Es garantiert aber nicht schon die Einheit der je Verstehenden in der von ihnen verstandenen Wahrheit. Ja im Horizont ihrer je geschichtlich begrenzten Lage und der je geschichtlichen Perspektivität ihres Seinsverständnisses fordert die Überlieferung der Wahrheit eines Wahren in der Geschichte gerade einen geschichtlichen Wandel der materialen Gestalt, so daß eine Wahrheit, in je neuem Ereignis aufgehend, als eine selbe aufleuchten und so in ihrer Unbedingtheit als Wahrheit bewahrt werden kann. Dieser Wandel ist umso mehr gefordert, als es gilt, Wahrheit über epochale Umbrüche hinweg und durch sie hindurch zu bewahren.
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Wahrheit ereignet sich je neu, sie ist in ihrer Absolutheit als Wahrheit in der Geschichte nur geschichtlich. Insofern ist die christliche Tradition im Anspruch auf die Bewahrung der absolut beanspruchenden und entscheidenden Wahrheit des Wortes Gottes nicht geschichtliche Unmöglichkeit, sondern Vollzug der Geschichtlichkeit. Alles geschichtliche Dasein blickt in seinem Wahrheitsvollzug immer auf die Absolutheit der Wahrheit. Sie ist das in seinem aktuellen Verstehen je Gemeinte und in dem in der Mitteilung und Überlieferung Geäußerten und Weitergegebenen je Intendierte. Der Zusammenhang geschichtlicher Tradition als Überlieferung von Wahrheit besteht gerade und nur in dieser transzendentalen Einheit in der Absolutheit der Wahrheit. So ist das in der christlichen Tradition Vollzogene als die geschichtliche Überlieferung der Wahrheit des Ereignisses der Offenbarung Gottes in seiner Absolutheit das in aller geschichtlichen Tradition formal Vollzogene. Die christliche Tradition ist die geschichtliche Bewahrung des Grundes der Hoffnung je geschehenden geschichtlichen Daseins durch die Geschichte hindurch. Ihr materialer Bestand ist nicht schon diese Tradition, sondern nur die Bewahrung ihrer Möglichkeit, insofern Tradition Geschehen und Ereignis der Wahrheit ist, das die Offenheit und Gegenwart geschichtlichen Daseins braucht. Zur Tradition gehört die geschichtliche Gegenwart als die ausgezeichnete Dimension geschichtlicher Zeitlichkeit, in welcher diese sich in ihrer erstreckten Erstreckung gegenwärtigend zeitigt. Tradition ist Geschehen je gegenwärtigen geschichtlichen Daseins. Sie fesselt somit die Gegenwart nicht an die Vergangenheit, sondern sie befreit jene zum geschichtlichen Selbstsein, in welchem dieses, das Vergangene als seine Herkunft vollziehend, sich in diesem Gegenüber die Freiheit eines herkünftigen Ganges in eine unabsehbare Zukunft erwirkt. In der Tradition als dem Vermittlungsgeschehen, in welchem die Gegenwart in die Zukunft ihrer Gewesenheit gelangt, ist jede geschichtliche Gegenwart gerade herausgefordert als Gegenwart unvertretbar sie selbst zu sein. Die Vergangenheit in ihrer Gewesenheit vollziehend, stellt sich die Gegenwart in die Wahrheit ihrer Herkunft und steht so frei in der gegenwärtigen Entscheidung der Wahrheit ihrer Zukunft, zu der als Wahrheit die Wahrheit der Herkunft in ihrem Gründen unlösbar gehört. In diesem Sinne ist auch die christliche Tradition nicht Aufgabe gegenwärtigen Selbstseins an das Vergangene in seiner äußeren Gestalt, sondern
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Bewahrung der Wahrheit des Gewesenen als der Wahrheit des Wortes Gottes an jede geschichtliche Gegenwart für das je gegenwärtige Ereignis dieser Wahrheit in der Entscheidung des Glaubens als der Wahrheit der Zukunft des Glaubenden. Daran ist die christliche Tradition wie alle Tradition in ihrer Wesentlichkeit zu messen. Erstarrt sie in geschichtlsloser Fixierung des Vergangenen in seiner Relativität, so ist sie nicht Tradition, insofern sie die Gegenwart ihrer Zukunft beraubt, indem sie ihr diese als ihr Vergangenes schon vorgibt, und sie damit auch der Gegenwart beraubt, welche der ausgezeichnete Modus der Zeitlichkeit der Tradition als der geschichtlichen Zeitlichkeit ist, insofern diese in ihrer Zeitigung der Aktualität des Geschehens geschichtlichen Daseins entspringt. Im Rückblick auf den Hinblick auf das Verhältnis von Geschichtlichkeit und Christentum muß gesagt werden, daß das Christentum sowohl inhaltlich als auch formal hinsichtlich seiner Wesensmomente als Ursprung, Vollzug und Vermittlung der Seinsweise des Geschichtlichen nicht widerspricht, sondern sie wesentlich erfüllt. Es ergibt sich eine gegenseitige Erhellung66: „Die Geschichte versteht sich im Christentum. Das Christentum in der Geschichte“67. Die Geschichte findet im Blick auf das positiv in ihr gegebene Christentum die Möglichkeit einer Antwort auf ihre Frage, und sie kann sich von dieser möglichen Antwort her selbst verstehen und sich durchsichtig werden in Bezug auf die in ihr waltenden Wesensverhältnisse, und das geschichtliche Dasein kann im glaubenden Sich-Gründen in der Botschaft des Christentums und seiner Verheißung den Grund gewinnen, in der Geschichte geschichtlich, d.h. im Entwurf der Sinnhaftigkeit seiner Freiheit zu geschehen. Das Christentum aber kann im Bedenken von Geschichtlichkeit und Geschichte die Entsprechung von Frage und Anwort sehen, in der es zur Geschichte steht. Es kann darin die Botschaft und ihre Verheißung neu verstehen, und es können ihm im Bedenken der Geschichtlichkeit zugleich die Weisen des Vollzugs seiner Wesensmomente, des Ursprungs als des einmaligen geschichtlichen Ereignisses, des vollziehenden Glaubens als geschehender Geschichte und der vermittelnden Tradition als geschichtlichen Wahrheitsgeschehens hell werden, so daß es sich selbst in seiner Geschichtlichkeit und seinem geschichtlichen Sich-Ereignen durchsichtig werden und ein Maß der Wesentlichkeit seiner geschichtlichen Vollzugsweisen gewinnen
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kann. Im Verstehen seines geschichtlichen Ereignischarakters und darin im Verstehen von Glauben und Tradition als dem geschichtlichen Da seines geschichtlichen Ursprungs in der Geschichte kann es sich gegen geschichtslos-geschichtliche, in der Illusion eigener Ungeschichtlichkeit stehende Weisen von Glauben und Tradition vorsehen. Es kann im Verstehen der Geschichtlichkeit und der darin beschlossenen epochalen Weisen geschichtlicher Seinsverständnisse auch seine schon geschehene Geschichte neu verstehen und so frei werden für die Künftigkeit seiner Geschichte. So kann auch die Theologie als reflexive Entfaltung des Christentums sich im Bewußtsein der Geschichtlichkeit neu verstehen lernen. Sie kann, insofern sie sich als Theologie, d.h. als ausgearbeitetes Verstehen des Wortes Gottes, immer schon als Hermeneutik vollzieht, eine seinsgeschichtliche Hermeneutik entwickeln, die frei macht für ein je geschichtliches Hören des ursprünglichen Zuspruchs des Wortes Gottes selbst und die den Zusammenhang seiner ganzen Geschichte verstehen und in seinem Reichtum in ein neues ursprünglicheres Hören auf den Ursprung integrieren kann. Diese „Ent-sprechung beweist im äußerlichen Sinne vielleicht nichts“68, insofern die Wahrheit des Christentums als geschichtlich ereignete Offenbarung der Zusage des Heils aus dem unverfügbaren Geheimnis selbst im Ereignis der Person Jesu nur im Glauben und damit nur im Ernste je geschichtlichen Selbstseins aufgehen kann. Die Wahrheit des Christentums ist geschichtliches Ereignis, das als solches nicht ableitbar und so nicht demonstrierbar ist, sondern im Geschehen geschichtlichen Selbstseins je neu Ereignis werden und sich darin als Wahrheit bewähren muß. Die Entsprechungen sind mithin nicht zwingend im Sinne rationaler Beweisverfahren, aber ihr Aufleuchten kann einer fides quaerens intellectum das Licht sein, das den intellectus fidei erhellt und das so in eine sich hell und durchsichtig gewordene, weil vom intellectus erhellte fides hineinführt.
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D. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE Aufgabe dieser Zusammenfassung soll es sein, die wichtigsten Ergebnisse der Betrachtung von Weltes Philosophie des Geschichtlichen kurz zu nennen, einerseits in Hinsicht ihrer Geltung im philosophischen Bereich und andererseits in Hinsicht ihrer Folgen für den christlichen Glauben und die Theologie als die reflexive Ausarbeitung dieses Glaubens. Zu den Grunderfahrungen Weltes gehört die Geschichtlichkeit. Diese Erfahrung traf auf sein an den Kategorien der Scholastik gebildetes theologisches Denken, in dem als dem Denken des zeitlosen Wesens der Dinge die Bezüge der Wirklichkeit zu Zeit und Geschichte und darin auch die des Christentums als Offenbarung Gottes in der Geschichte weitgehend unbedacht blieben. Die Erfahrung dieser Spannung zwischen der Erfahrung der Geschichtlichkeit und dem geschichtsfernen Denken innerhalb der Theologie verstärkte die Erfahrung der Geschichtlichkeit und trieb sie umso mehr ins Bewußtsein, je mehr dadurch die Geschichtlichkeit des Christentums selbst in den Blick kam. Die Erfahrung der Geschichtlichkeit ist Welte der entscheidende Anstoß, über das überlieferte metaphysische Denken, in dessen Kategorien diese als sie selbst undenkbar ist, hinaus zu denken auf ein nachmetaphysisches als ein der Geschichtlichkeit gemäßes Denken hin. Im Blick auf Weltes wiederholte Versuche, dem Sein des Geschichtlichen nachzudenken, zeigte sich, wie Weltes Denken selbst eine Geschichte ist1. Schon in der ersten geschichtsphilosophischen Vorlesung G 49/50 wird das Geschichtliche von Welte als das Ursprüngliche und Unableitbare, als das in kein System Einholbare gedacht. Aber diese Unableitbarkeit des Geschichtlichen wird gleichsam noch vom Boden der überlieferten Metaphysik aus als dem Versuch, die Wirklichkeit in ein Begriffssystem zu fassen, als die Unableitbarkeit des Begriffslosen gedacht. Im Vergleich dazu tritt in den folgenden Vorlesungen die Kategorie des Geschehens immer deutlicher in den Vordergrund und wird als solche entfaltet, so daß die Unableitbarkeit des Geschichtlichen als des Begriffslosen nun in der Unableitbarkeit des Geschehens als der Anfänglichkeit
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und Gegenwärtigung der Zeitigung von Zeit seinen Grund findet. Im Bedenken des Geschehens als solchem bricht sich der von Heidegger angeregte Gedanke der Geschichtlichkeit des Seins zunehmend Bahn, der in seiner Aufnahme durch Welte jedoch eine selbständige und eigene Fassung erhält. So wird die Geschichtlichkeit, die in der Vorlesung G 49/50 noch ausschließlich von der Geschichtlichkeit des Daseins als Person her entfaltet wird, welche Entfaltung sich besonders in der Entfaltung der Zeitlichkeit als der Zeitlichkeit des Daseins, in den Analysen des Todes, der Verantwortlichkeit und der Schuld und in der Bestimmung des Wesens des Geschichtlichen als entscheidende Augenblicklichkeit zeigt, geöffnet auf deren Gründung in der Geschichtlichkeit des Seins selbst, die das Dasein allererst je geschicklich-geschichtlich in sein Da ereignet. Im geschicklichen Ereignis des lichtenden Aufgangs des Seins findet die Geschichtlichkeit des Da des Seins seinen Grund. Im Ereignis des Seins zeitigt sich Zeit als die je anfänglich geschehende geschichtliche Zeit. Die Erfahrung der Geschichtlichkeit treibt Welte, von Heidegger angeregt, immer mehr dazu, Sein neu zu denken. Sein erweist sich im Geschehen seines lichtenden Aufgangs im Dasein als Ereignis und ist so nicht mehr in den überlieferten Kategorien, deren oberste die der Substanz als des In-sich-Stehenden, stets Vorliegenden und Vorhandenen ist, denkund aussagbar. Sein ereignet sich. Sein Sich-Ereignen ist Zeitigung von Zeit. Sein ist nur im Horizont von Zeit denkbar. Die Zeit gehört in sein Ereignis und ist nicht nur ein äußerlich an es herangetragenes, es bemessendes Quantum einer zählbaren leeren Zeit. In der Erfahrung der Geschichtlichkeit erweist sich so das phänomenologische Denken als das dieser einzig gemäße, insofern es sich dem anfänglichen Geschehen und Ereignis des Noch-nieDagewesenen öffnet und dem unverfügbaren Aufgang des je von sich her Sich-Zeigenden in geduldigem Hinblick den Raum seines Aufgangs gewährt. Im Bedenken des Geschehens des Geschichtlichen enthüllt sich immer mehr auch die Dialogizität des Geschichtlichen als des Geschehens des im Zuspruch des Seins und der darin ereigneten Freiheit des Entspruchs des geschichtlichen Daseins unverfügbar Sich-Ereignenden und des als dieses dialogische Geschehen wiederum anderem geschichtlichen
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Dasein in seinem Geschehensein Sich-Zusprechenden und es Anrufenden. Daraus wird die zunehmende dialogische Beschreibung des Geschichtlichen verständlich, etwa der Geschichtlichkeit der Wahrheit als Tradition im Modell des Gesprächs. Das Gespräch ist als das Ineinander und Zueinander von Zuspruch und Antwort als neuer Zuspruch, wobei beide je unverfügbar aus eigener Ursprünglichkeit und Anfänglichkeit geschehen und dennoch in die Einheit eines Kontinuums gefügt sind, das in jedem diskontinuierlichen Aufbruch je neu als das eine und währende geschehend Ereignis wird. Die sich zeigende untrennbare Zugehörigkeit von Geschichtlichkeit und Personalität unterstreicht die zunehmende Beschreibung der Geschichte in dialogischen Kategorien und Bildern einerseits und das Verstehen der Person als Ereignis und Geschichte andererseits. Die Aufdeckung des Geschichtlichen als Ereignis des geschicklichen Ineinander und Zueinander von Sein und darin ereignetem Dasein durch Welte soll nun in seinen wesentlichen Implikationen zusammenfassend genannt werden. Welte erkennt zunächst die Transzendentalität der Geschichtlichkeit. Die Wirklichkeit ist als die Wirklichkeit des Menschen als Da des Seins immer und überall geschichtliche Wirklichkeit. Über den Menschen als dem endlich-zeitlichen Wesen, das in der Erschlossenheit von Sein in der Offenheit seiner selbst und darin in der Einheit der Zeit geschieht, ist alles geschichtlich. Selbst das als zeitlos gedachte ideal Geltende ist in der Zeitlosigkeit seines Geltens nur je als das im Geschehen des geschichtlichen Daseins, in ihm hellwerdend und aufgehend, Vollzogene, und insofern ist es nur geschichtlich geschehend. Alles Sein ist als Sein nur in der Erschlossenheit des vom Sein geschicklich ereigneten Da des Seins, und darin ist es nur je geschichtlich da und offen. Es geht als Sein nur je geschichtlich auf. Welte wendet sich besonders gegen die Entgeshichtlichung in der modernen Naturwissenschaft, welche die Wirklichkeit in der Aufstellung zeitlos geltender Gesetze einholt und sich so von der Zeit löst. Sie hat die Vergangenheit nur als das Überholte und die Zukunft ihrer Intention nach nur als den Raum der Erreichung eines endgültig unüberholbaren Wissens und Könnens bei sich, in welchem die Wirklichkeit als ganze zeitlos eingeholt und verfügbar und so in ihrer Künftigkeit bedeutungslos
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sein wird, weil in ihr je nur das zeitlos Verfügbare aussteht. Alles, was in ihr ankommend noch aussteht, steht schon unter der Verfügungsmacht der Gegenwart. Welte betont für die Naturwissenschaften wie auch für die Geisteswissenschaften und hier besonders für die Historie die Unerläßlichkeit, sich ihrer Verwurzelung im geschichtlichen Dasein bewußt zu werden, welches Dasein erst den Grund einer wissenschaftlich objektivierenden, das Subjekt der Wissenschaft ausschaltenden Zuwendung zur Wirklichkeit ist und sich darin Rechenschaft über den Sinn solcher Zuwendung geben muß, insofern die Wissenschaft selbst die Frage ihres Wozu nicht aus sich selbst beantworten kann. Der Auszug besonders des naturwissenschaftlichen Denkens und im Gefolge davon von dessen Anwendung in der Technik aus der Geschichte in dem Sinne, daß die Vergangenheit das als überholt Vernachlässigbare, allenfalls nur noch museal Interessierende, die Gegenwart entweder schon Vollendung oder Durchgang zu einem vollendeten ungefährdeten Zustand in der Zukunft ist, auf den ein unaufhaltsamer Fortschritt zutreibt, der als Fortschritt auf das Maximum und Optimum an Wissen und Können in der vorausgesetzten Künftigkeit der Einholung dieses Optimums dann aber doch aufgehalten, weil am Ziel ist, verdeckt die Frage nach dem Sinn, welcher das Geschehen gegenwärtigen Daseins je neu und unvertretbar anfordert, und damit verdeckt er das Geschehen der Geschichtlichkeit gegenwärtigen Daseins selbst. Neben dem Schein der Entledigung von der Geschichte in der modernen Naturwissenschaft kritisiert Welte auch die Einholung und damit Entgeschichtlichung der Geschichte in einem metaphysischen oder einem in einem solchen offen oder verdeckt wurzelnden System. Die Geschichte ist als Geschichte uneinholbar zum einen als das uneinholbare, weil unverfügbare Ereignis des Seins und zum anderen als das Geschehen der darin ereigneten Offenheit und Freiheit des Daseins als dem ereigneten Geschehen der bergenden Antwort auf den je geschicklichen Zuspruch. Geschichte ist uneinholbares Ereignis der Freiheit geschichtlichen Daseins, wobei diese Freiheit selbst vom je geschicklichen Aufgang des Seins als dem je unverfügbaren Ereignis von Sinn als dem, worin sich die Verstehbarkeit dessen, was ist, je hält2, ereignet ist. Das Verstehen von Sein ist im Geschehen von Aufgang und Entzug ein je geschichtlich
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epochal ereignetes und insofern ist der Sinn als das, in dem jeglichem Verstehen die Bedeutung von etwas aufgeht, ein je geschichtlicher. Darin zeigt sich die uneinholbare Unerschöpflichkeit der Vergangenheit und die uneinholbare Offenheit der Zukunft für jedes Denken, weil diese je nur vom gegenwärtigen epochalen Ereignis von Sein aus verstehbar sind. Das gegenwärtige Verstehen des je geschichtlichen Sinngeschehens, das in der Absolutheit der Intention des Verstehens als des Verstehens dessen, was ist, immer Wahrheitsgeschehen ist, ist zwar in der epochalen Kontinuität des Ereignisses des Seins selbst jeglichem Ereignis von Sinn geöffnet, aber als geschichtlich ereignetes Verstehen von Wahrheit nie absolute Einholung dieses Ereignisses selbst. Geschichtliches Dasein ist im Ereignis des Seins je ereignetes geschichtliches Seinsverständnis, je geschichtlich geprägtes Verstehen der Wahrheit des Seins, das als dieses alle geschichtlichen Seinsverständnisse transzendiert auf die Absolutheit der Wahrheit selbst als das in allem Verstehen Gemeinte, aber dies nur vom Boden ihrer epochal ereigneten Offenheit alles dessen, was ist. Die Geschichtlichkeit schwingt in der Erschlossenheit der Absolutheit, sie ist so nur, indem das geschichtliche Dasein seine Geschichtlichkeit transzendiert, aber so, daß es darin seinem unverfügbaren Ereignetsein unüberschreitbar verfügt ist. Diese Verfügtheit aber ist nicht die des Fatums. In der Betonung der Erschlossenheit übergeschichtlicher Absolutheit als Konstituens geschichtlichen Daseins enthebt Welte den Gedanken der Seinsgeschichte einem Mißverständnis im Sinne des Fatalistischen und betont demgegenüber gerade die im Geschick des Seins ereignete Offenheit und Freiheit und darin Verantwortlichkeit des geschichtlichen Daseins, die in diesem geschicklichen Ereignetsein nicht aufgehoben, sondern als geschichtliche herausgefordert und angerufen ist. In der Gründung des Geschehens des Geschichtlichen im Übergeschichtlichen bewahrt Welte die geschichtliche Relativität und damit die Geschichte vor einer relativistischen Auflösung. Im Gedanken des Geschehens der geschichtlichen Relativität als deren dialektischer Überschreitung auf Absolutheit hin, im Gedanken des Geschehens des Geschichtlichen im Horizont eines Übergeschichtlichen befreit Welte das Geschichtliche als Unaufhebbares zu sich selbst und begründet zugleich die Einheit der Geschichte als der gegenseitigen Offenheit und Verstehbarkeit alles Geschichtlichen.
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Im Entwurf einer seinsgeschichtlichen Hermeneutik liefert Welte die Methodik geschichtlichen Verstehens als dem Geschehen des geschichtlichen Daseins selbst und befreit so die Gegenwart geschichtlich zu sich selbst, indem er diese als gegenwärtiges, also als frei und anfänglich ereignetes geschichtliches Geschehen von Tradition erweist. Insofern Tradition das Geschehen von Geschichte ist, ist sie nur als Moment der Gegenwart in der Zeitigung offener Künftigkeit. Tradition ist nur als gegenwärtig geschichtliches Ereignis von Wahrheit. Wahrheit ist geschichtlich nie als zeitloses Gelten, sondern sie ist Ereignis und Geschichte, sie ist gewesend-gewärtigende Gegenwärtigung der Offenheit von Sinn. Wahrheit ist geschichtlich als je geschichtliches Ereignis dessen, was ist, und sie ist geschichtlich als je geschicklicher Aufgang, in den sich die Offenbarkeit alles dessen, was ist, fügt und sich dem Menschen zuspricht und ihn in seine antwortende Verantwortung ereignet. Jede Gegenwart muß ihre Geschichte als gewesene im Horizont ihres geschicklich-geschichtlichen Ereignisses von Wahrheit, in welchem in der Einheit der Zeit je alles, was ist, versammelt ist, gleichsam neu schreiben, und sie muß im gegenwärtigen Innestehen in der Ver-antwortung des Zuspruchs des Seins neue Geschichte fortschreiben. Geschichte ist Freiheitsgeschehen, und so ist auch das Bewußtsein der Geschichtlichkeit, das jede Gegenwart in ihrem gründenden Gewesen in die Gewärtigung ihrer Künftigkeit befreit, Freiwerden des geschichtlichen Daseins für die Geschichte. Besonders in der Klärung geschichtlichen Verstehens als des Übersetzens zeigt Welte die Gewinnung von Freiheit durch das Bewußsein der Geschichtlichkeit, und dies gerade auch im Hinblick auf die christliche Tradition als dem Geschehen der Geschichte der Wahrheit des Offenbarungsereignisses in Jesus Christus in der Geschichte und durch die Geschichte unverrechenbar geschicklich ereigneter geschichtlicher Seinsverständnisse hin. Tradition ist Wahrheitsgeschehen und insofern nur als Geschehen geschichtlichen Daseins. Darin liegt ihre Verschiedenheit von der Historie , welche Verschiedenheit Welte unter Betonung der Unerläßlichkeit der Historie im modernen Denken klar herausstellt und dabei die Gefahren einer Vermengung beider aufdeckt. Tradition als gewärtig-gegenwärtigendes Geschehen des Bezugs
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zum Gewesenen ist im Horizont der epochalen Seinsgeschichte je andenkend-verstehender Bezug zur Wahrheit des Seins selbst. Das Gewesene ist darin unausschöpfbar, ebenso wie die Zukunft uneinholbar offen ist. Jede Zeit ist nie nur Durchgang, sondern jede steht als vom Sein ereignet und in der ereigneten Freiheit des Daseins geborgen je in der Unmittelbarkeit des Ereignisses des Seins und so je unvertretbar und unverrechenbar in sich selbst. Welte lehnt alle Einholung der Geschichte ab, sei es im Sinne des Fortschritts oder des Verfalls. Geschichte ist nicht konstruierbar. Zugleich aber bewahrt Welte die Geschichte in der Betonung der Absolutheit der Wahrheit des Seins als dem Sinnbezug geschichtlicher Freiheit vor einem historistischen Mißverständnis , welches die Geschichte letztlich in eine zusammenhangslose Punktualität auflöst, deren gegenseitige Eröffnetheit und relative Verstehbarkeit darin unausgewiesen, ja unmöglich ist. Welte betont demgegenüber das Übergeschichtliche als Moment der Geschichtlichkeit. Nur indem das geschichtliche Dasein im Horizont eines Übergeschichtlichen schwingt und diesem dialektisch geöffnet ist, ist Geschichte als Geschichte möglich, insofern Geschichte nur Geschichte ist in der Sammlung einer unabsehbaren Mannigfaltigkeit von disparaten singulären Momenten in ein Eines, welche Disparatheit als solche die Entschiedenheit des Seins als die Absolutheit der Wahrheit in dem Sinne braucht, daß ist, was ist, so daß zeitlich gedacht, gewesen ist, was gewesen ist, und sein wird, was sein wird. Ein weiteres wichtiges Element von Weltes Philosophie des Geschichtlichen ist die Betonung des Personseins des geschichtlichen Daseins. Die Geschichte ist in ihrem Ereignetsein vom Zuspruch des Seins Geschichte von Personen. Geschichte ist Geschehen personalen Miteinander und so Geschehen von Freiheit und Verantwortung. Geschichte ist nie nur Geschick im Sinne des Fatums, das über den Menschen hinweggeht, sondern sie ist als Geschichte nur als das Geschehen des diesem antwortenden Gegenüber personalen Selbstseins. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Differenz zu Heidegger festzuhalten in dem Sinne, daß bei Welte, gerade auch durch seine Gründung des Geschichtlichen im übergeschichtlich Unendlichen und Absoluten, die Personalität des geschichtlichen Daseins konstitutives Moment des Geschichtlichen ist und in beidem damit auch die Fragen des Ethischen, wie etwa die
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Breite der Behandlung der Möglichkeit des Bösen und die Unterscheidung von böser und geschichtlicher Schuld immer wieder deutlich machen. Wenn dieses auch als Ethik nicht ausgearbeitet ist, so ist es doch in seiner Grundlegung im Ontologischen ausgeführt, und das Ethische ist so als Konstitutivum geschichtlichen Daseins erkannt und festgehalten. Geschichte ist verantwortliches Geschehen, und sie ist als das Geschehen der Person als Miteinandersein Freiheitsgeschehen, in welchem Freiheit an Freiheit grenzt. Sie ist das Geschehen je jeder Person im Mitsein mit allen. In der Betonung des Geschehens des Miteinander als des Geschehens der Geschichte bewahrt Welte die Geschichte vor dem Mißverständnis einer existentialistischen Geschichtlichkeit, in der je nur im gleichsam zeitlosen Jetzt die einzelne Existenz als isoliert vereinzelte geschieht und in der so gerade nicht Geschichte als das Geschehen der Offenheit eines Einen und Ganzen in der Mannigfaltigkeit von Raum und Zeit, Mensch, Welt und Mitwelt geschieht. Als dieses personale Freiheitsgeschehen ist die Geschichte Geschehen des geschichtlichen Daseins als endlicher Unendlichkeit. Geschichte geschieht im Endlichen im Horizont des Unendlichen, und so geschieht sie in dieser Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit je nur als begrenzte Verwirklichung ihres sie bewegenden Worumwillen. Sie geschieht als Verwirklichung eines je Besseren, aber nie des absolut Guten, sie realisiert die Unendlichkeit und Unbedingtheit ihres Sinnes nur endlich und bedingt. Das geschichtliche Dasein bleibt zudem als endliche Freiheit in der Möglichkeit böser Schuld und der Wirklichkeit geschichtlicher Schuld und so im endlichen Raum seiner Wirklichkeit immer unvollendet. Geschichte ist daher nie in der Geschichte und durch die Geschichte in ihrem Worumwillen als einem unendlichen und unbedingten vollendbar. Geschichte bleibt als Geschichte immer endlich und ist daher nie von sich her in eine von ihr aus zu erreichende Erfüllung ihres Sinnes aufhebbar. Sie hat die Erfüllung ihres unendlichen Worumwillen als die Aufhebung der Endlichkeit in allen ihren Dimensionen, als Vergänglichkeit, Begrenztheit, Bedingtheit, Einzelheit, Vielheit, Möglichkeit und Wirklichkeit der Schuld, nur als Hoffnung auf die Lösung ihres dialektischen Geschehens, in dem sie als endlich-unendliches
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im Endlichen je am Unendlichen scheitert, durch das ihr unverfügbar Entzogene bei sich. In der Aufdeckung der Wahrheit der Geschichte als der Hoffnung auf das Unverfügbare kehrt die Unverfügbarkeit des Geschichtlichen wieder als die Unverfügbarkeit seines Sinnes, der ihm in der Dialektik seines Geschehens, im Entwurf zwar hoffend berührt, in der Realisierung jedoch je an ihm scheiternd, ungreifbar entzogen bleibt. In der Klärung der Seinsweise des Geschichtlichen ergeben sich im Hinblick auf das Christentum zum einen Möglichkeiten des Verständnisses desselben als Offenbarung der Gewähr eschatologischen Sinnes , zum anderen aber auch Vorgaben zur Beurteilung eines gemäßen Vollzugs des Christentums, sei es im praktisch gelebten Glauben oder in der darin wurzelnden reflexiven Erhellung als Theologie. Welte arbeitet die Geschichtlicheit des Christentums in seinen Wesensmomenten als Ursprung, Vollzug und Vermittlung heraus, enthüllt darin aber zugleich ein Maß der Unterscheidung eines geschichtlich wesentlichen Vollzugs des Christentums als Glaube und Tradition gegenüber unwesentlichen Weisen des Vollzugs des Christentums. In der Aufhellung der Geschichtlichkeit in ihrer Transzendentalität ist auch das Verständnis des Christentums betroffen. Es kann nicht mehr statisch als Vorliegen einer geschichtsunabhängigen Wahrheit verstanden werden, sondern es muß als in seinem Ursprung geschichtliches Ereignis und als je neues Ereignis seiner Wahrheit in den je geschichtlichen Seinsverständnissen seines glaubenden Vollzugs betrachtet werden. Es ist nur als der je geschichtliche Aufgang der Wahrheit seines Ereignisses im Ereignis geschehenden Glaubens. Seine Wahrheit ereignet sich geschichtlich in der Bewährung im je gegenwärtigen Geschehen des Glaubens und ist so als dieselbe nur im Wandel ihres Vollzugs im Horizont der je geschichtlichen Seinsverständnisse. So ist auch sein Absolutheitsanspruch nur als je unvorwegnehmbar geschichtlich, d.h. in der geschichtlichen Offenheit aller Räume und Zeiten geschehender. Der Aufgang seiner Wahrheit ist unverfügbares Geschehen von anrufendem Anspruch und antwortendem Entspruch. Er ist nicht demonstrierbar und in seiner Wahrheit in einer geschichtlichen Gestalt
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fixierbar. Im Blick sowohl auf seinen Vollzug als Glauben als auch seine Vermittlung als Tradition zeigt sich der eine Ursprung nur im Geschehen der Übersetzung bewahrt als dem Geschehen gegenwärtigen geschichtlichen Daseins im andenkenden Vollzug des Gewesenen. Im Sehen der Geschichte des Glaubens und der Tradition und der darin liegenden Unerläßlichkeit des Übersetzens des einen Ursprungs und seines Vollzugs in je geschichtlichen Seinsverständnissen in das je gegenwärtige und von diesem in jene erschließt Welte Glauben und Tradition neue Möglichkeiten, indem er sie zur geschichtlichen Gegenwart befreit, in welcher das Gründen des einen Ursprungs und seiner Geschichte erst in seiner Wahrheit geschehen kann. Das Sehen der geschichtlichen Bedingtheit aller Glaubensvollzüge befreit das Geschehen von Glauben und Tradition zur Wahrheit und so zum eigenen geschichtlichen Selbstsein. Das Sehen der Wahrheit der Geschichtlichkeit entdeckt in eins die Geschichtlichkeit der Wahrheit und befreit darin das geschichtliche Dasein zur Freiheit seines geshichtlichen Wahrheitsgeschenss. Im Blick auf die Theologie zeigt sich so die Notwendigkeit, das geschichtsferne Denken zu überwinden und die Geschichtlichkeit aller Wirklichkeit zu integrieren. Es ergeben sich besonders Möglichkeiten einer geschichtlichen Aneignung der Tradition und so der Wahrheit des Ursprungs als in aller Tradition geschichtlich vollzogener. Besonders in der Christologie weist Welte auf eine mögliche Annäherung an die biblischen Ursprünge durch die Kategorien des Geschehens und des Ereignisses unter Integrierung der von den Kategorien der abendländischen Metaphysik geprägten überlieferten Christologie. Auch für das Verständnis von Offenbarung ergeben sich neue Horizonte. Offenbarung hat geschichtlichen Ereignischarakter. Sie ist Ereignis und Geschichte. Sie ist so nicht mehr als Kundgabe von zeitloser Wahrheit zu denken, die vom Menschen und seinem Wahrheitsvollzug unabhängig ist, oder als Kundgabe einer Wahrheit, welche der Mensch grundsätzlich auch aus sich selbst im Rückgang auf den Binnenraum seiner Vernunft erreichen könnte, die ihm nur aufgrund seiner Defektibilität schwerer zugänglich ist. Offenbarung ist Geschehen Gottes mit dem Menschen. Von hier aus ist Offenbarung neu zu denken als Offenbarung in je geschichtlichen Ereignissen,
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die eine unverfügbare Geschichte der Freiheit des Menschen mit Gott zeitigen. Offenbarung ist Gestaltwerdung Gottes für den Menschen in geschichtlichen Ereignissen. In diesem Sinne ist Gott für die Geschichte offen und selbst geschichtlich. Er ist geschichtlich als gründendes Ereignen und ereignishaftes Mitgehen mit der Geschichte des Freiheitsgeschehens des geschichtlichen Menschen. Die Fragen nach Zeit und Ewigkeit, Zeitlichkeit und Überzeitlichkeit werden darin neu Aufgabe und Herausforderung theologischen Denkens. Im Geschehen von Offenbarung als Geschehen und Ereignis ist die Geschichtlichkeit Gottes als das Gründen von und die Eröffnetheit der Geschichte für Gott für Glauben und Theologie neu verstehbar, und so gewinnt die Heilsgeschichte als Geschichte neue Bedeutung. Sie ist nicht mehr in einem geschichtslos verstandenen Exitus-reditus-Schema zu denken. Im Gedanken der Geschichtlichkeit Gottes ist die geschichtlich ereignete und sich ereignende Freiheit des Menschen als Geschichte des Menschen mit Gott und als Geschichte Gottes mit dem Menschen kein Widerspruch zu einem zeitlos ewigen Plan Gottes mit der Geschichte, sondern die Geschichtlichkeit und darin die Freiheit zum Unverfügbaren des geschichtlichen Handelns des Menschen ist geschichtlich-übergeschichtliche Fügung Gottes. Sein Plan ist darin die geschichtliche Freiheit. Die Fügung Gottes kann in der Eröffnetheit der Geschichte für das geschichtlich-übergeschichtliche unendliche Geheimnis nun als Fügung zum Unverfügbaren des geschichtlichen Freiheitsgeschehens des Menschen gedacht werden. Sie ist die Entlassung des geschichtlichen Menschen in die Freiheit seiner Geschichte und die Geschichte seiner Freiheit, und so ist darin erst auf eine wirkliche Geschichte Gottes mit dem geschichtlichen Menschen hin gedacht. Von solch geschichtlich theologischem Denken könnten sich neue Wege bahnen zur Öffnung und Annäherung überlieferten theologischen Denkens und seiner zumeist geschichtsfernen Kategorien, besonders in Bezug auf den Begriff Gottes etwa als ipsum esse oder actus purus, an die biblischen Denk- und Sprechweisen, etwa ihre Rede vom Bund Gottes mit den Menschen oder von der Treue Gottes, in denen seine Geschichtsmächtigkeit bezeugt wird.
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In der Erfahrung der Geschichtlichkeit kann auch die Religionsgeschichte neu gedacht werden und darin gerade auch die moderne Erfahrung der Ferne und des Fehls Gottes, wie sie Welte in seinem Verständnis Gottes als der epiphanischen Gestalt des weiselosen Geheimnisses denkt. Darin wird die Erfahrung Gottes in der Geschichte als geschichtliches Geschick von Entbergung und Entzug gedacht, das sich in der Mannigfaltigkeit und Weite von Zeit und Raum je in eine Geschichte auseinanderlegt, die ihrerseits wieder in der Weite der einen und als diese eine Geschichte geschieht. Kern einer die Geschichtlichkeit integrierenden Theologie, in welcher Integration Welte die vordringliche Aufgabe gegenwärtiger Theologie sieht, ist eine seinsgeschichtliche Hermeneutik. Insofern sich Theologie als das wissenschaftlich ausgearbeitete Verstehen der in Schrift und Tradition überlieferten Offenbarung Gottes in Jesus als Verstehen vollzieht, gehört zu ihr eine ausgearbeitete Hermeneutik und als das Verstehen eines geschichtlichen Ereignisses in der Geschichte und durch die Geschichte hin näherhin eine geschichtliche Hermeneutik, die als geschichtliche nur als seinsgeschichtliche sein kann. Theologie muß als Geschehen von Tradition geschichtlich verstehen. Sie ist nur als Geschehen der wechselseitigen Übersetzung der je geschichtlich ereigneten Glaubensverständnisse in die Wahrheit des einen geschichtlichen Ursprungs als der in allen vollzogenen Wahrheit, um darin ihrer Aufgabe der Übersetzung des Ursprungs in die gegenwärtige Sprache, in welcher die Wahrheit der Botschaft neu Ereignis werden und so gehört und verstanden werden kann, zu erfüllen. Theologie ist geschichtliches Verstehen des einen Ursprungs in der und durch die Tradition als Übersetzung dieses Ursprungs in die geschichtliche Gegenwart. In seiner Philosophie des Geschichtlichen leistet Welte einen Beitrag zum Verstehen der Geschichtlichkeit als solcher, deren Bewußtsein seit dem 19. Jahrhundert den Menschen bestimmt. Er leistet darin einen Beitrag zum Selbstverständnis des geschichtlichen Menschen, zugleich aber auch zum Verstehen des Christentums als geschichtlicher Erscheinung in ihrem geschichtlichen Ereignischarakter und als möglich zu glaubende geschichtliche Offenbarung des Geheimnisses über aller Geschichte in die Geschichte hinein
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und durch die Geschichte hin als Antwort auf die Frage der Geschichte und als Grund der Wirklichkeit ihrer Hoffnung, und darin eröffnet er Möglichkeiten des Selbstverständnisses des christlich Glaubenden in seinem Glauben. Bei allem Anstoß des Hinblicks auf die Geschichte durch die geschichtliche Erscheinung des Christentums und dem Versuch, Voraussetzungen seines Verstehens vom Sein des Geschichtlichen und dem Selbstverständnis des Menschen als geschichtlichem her aufzudecken, trennt Welte jedoch streng zwischen Geschichtsphilosophie und Geschichtstheologie. Zwischen der Aufdeckung der Wahrheit der Geschichte als Hoffnung auf gnadenhafte Erfüllung ihres Sinnes und auf gnadenhafte Gewähr eines geschichtlichen Grundes der Wirklichkeit dieser Hoffnung als Hoffnung auf Offenbarung einerseits und dem glaubenden SichGründen auf das geschichtliche Ereignis der Person Jesu als diese Offenbarung in der absoluten Konkretion in der Geschichte andererseits liegt die von der philosophischen Aufdeckung des Seins des Geschichtlichen uneinholbare Faktizität des geschichtlichen Ereignisses der Person Jesu selbst und der uneinholbaren Faktizität der Entscheidung möglichen Glaubens als der Vergewisserung dieses Ereignisses als der für das eigene Sein absolut entscheidenden Wahrheit der Offenbarung Gottes. Welte schaut, von der Erfahrung des Christentums angestoßen, im Absehen von diesem auf die Geschichte und ihre Seinsweise, um es so im erneuten, nun durch den Aufgang der Geschichtlichkeit als solcher bereicherten Hinblick als das dem Selbstverständnis des geschichtlichen Menschen als Heilsverständnis zutiefst Entsprechende zurückzuerhalten, welche Entsprechung nichts beweist und beweisen kann, aber erhellendes Licht auf die Entscheidung eines möglichen Glaubens zu werfen und darin die Wahrheit des Glaubens als die die Wahrheit der Geschichte aufnehmend be-wahrende Wahrheit zu be-währen vermag.
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SE 10. PhGl 9. Vgl. K. Rahner, Hörer des Wortes. Zur Grundlegung einer Religionsphilosophie, München 1941. Vgl. dazu HV 41-47, bes. 41: „Der Grund und Anfang ... alles verstehenden Mitvollzugs ist die Helle des Seins, die unser Dasein anfänglich als menschliches konstituiert“ (Hervorh. v. Welte); DF 19-31, bes. 24f: „Unser Da kommt hervor, aus der Verschlossenheit ins Helle unseres Hinblicks ... . Wir nennen diese Helle die Lichtung des Daseins“ (Hervorh. v. Welte); SF 11: „Wir denken das(,) was der Mensch ist(,) als Da-sein. Zum Da des menschlichen Daseins gehört die eigentümliche Helle, in der wir je für uns d a sind und in der vieles für uns d a ist. Die Silbe Da sagt zunächst diese Helle“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch M. Heidegger, SZ § 4. Vgl. das Prooemium zum Proslogion von Anselm von Canterbury, hrsg. v. L. Schneider und P. Bachem, Köln 1966, 197. SF. PhGl 176, 178; SE 160; F 47, 71. Vgl. auch V 48/49, 145, wo Welte die Dialektik des endlichen Geistes als die des „endlichen Unendlichen oder des relativen Absoluten“ beschreibt. HV. Vgl. dazu etwa B. Pascal, Pensées, Frg. 72, 194, 205 (vgl. Gl 33f) und S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode 8: „Der Mensch ist eine Synthesis von Unendlichkeit und Endlichkeit, von dem Zeitlichen und dem Ewigen, von Freiheit und Notwendigkeit, kurz eine Synthesis“ (vgl. SF 50) und ebd. 25: „Das Selbst ist die bewußte Synthesis von Endlichkeit und Unendlichkeit, die sich zu sich selbst verhält ...“. Als Beleg für Weltes Verständnis des Menschen als endlicher Unendlichkeit vgl. bes. SF und Über das Böse. Eine thomistische Untersuchung (Quaestiones Disputatae 6), Freiburg 1959, auch abgedruckt in SE 155-169, allerdings hier ohne die in den Quaestiones Disputatae 6 beigefügten Textauszüge aus Thomas von Aquin, De veritate q. 22 und q. 24, und vgl. Weltes Aufsätze zu Nietzsche, in: SE 228-261 und ZE 158-175. Vgl. PhGl 187. V 48/49, 145. HV 226; G 49/50, 171. SE 151 (Hervorh. v. Welte). HV 67. Welte nimmt diesen Ausdruck in bewußter Absetzung von K. Barth auf. Vgl. dazu HH 9 und die Marginalie in B 60/61, 45: „K. Barth Recht der Eigenständigkeit der Offenbarung, nicht folgen in dem, daß er keinen ‘Anknüpfungspunkt’ zulassen will“ (Hervorh. v. Welte). Diese Marginalie kann, was aber in diesem Zusammenhang unerheblich ist, auch eine Beifügung vom Wintersemester 1966/67 sein, in dem Teile aus B 60/61 in B 66/67 übernommen wurden (vgl. etwa die Datumsangaben in B 60/61, 42 und die Seitenverweise in B 66/67, etwa 22,89,101,228 u. a. auf B 60/61). SE 42.
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Vgl. H 50, 163f: „Es kann nur so sein, daß die Vernunft als unsere Vernunft an ihrem höchsten Punkt gerade dies für vernünftig findet, sich nicht auf sich selbst ... zu gründen, sondern gerade sich zu gründen auf die tragende Kraft eines begegnenden Du. So daß also der Glaube, das sich Gründen auf das Du, gerade das wird, worin die Vernunft selbst am höchsten mit sich selbst übereinstimmt. Es muß gezeigt werden können, daß sie ganz sie selbst ist, indem sie sich ganz auf das andere ihrer selbst gründet und einläßt“ (Hervorh. v. Welte). SE 10. SE 10. SE 10. Vgl. SE 10. Vgl. dazu auch die Vorlesung Mph 43, die die ontologische Differenz durch die Entfaltung des Wesens der Ursache und dieses durch den Gedanken der Partizipation aufzuhellen sucht. Auffallend ist der Ansatz zu einem dynamischen Denken von Partizipation als geschehender Beziehung durch das In-Bezug-Setzen von Identitäts- und Kausalitätssatz (vgl. etwa Mph 43, 104f). Vgl. SE 61. Der Gedanke der participatio bleibt, wie Welte später bekennt (vgl. ZG 8), in seinem Denken lebendig, wenn er auch im „Hervortreten der Zeit“ etwas in den Hintergrund tritt und Welte immer mehr auch den Ausfall religiöser Erfahrung in der modernen Welt, die durch wissenschaftliche Rationalität und Technik und durch deren eindimensionalen, durch exakte Feststellbarkeit und Nachprüfbarkeit im Sinne der Naturwissenschaften gekennzeichneten Erfahrungsbegriff geprägt ist, ernst nimmt und nun der Erfahrung des Unendlichen in der Gestalt des Nichts nachdenkt. Zur Eigenart von Weltes Phänomenologie vgl. K. Hemmerle, Denken der Grenze - Grenze des Denkens. Zur Phänomenologie Bernhard Weltes, in: Die Angewiesenheit der Theologie auf das philosophische Fragen, hrsg. v. B. Casper, München/Zürich 1982, 9-27. Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang erscheint mir die Charakterisierung von „Bernhard Weltes Phänomenologie als in sich transzendierendes Denken“ (22), welches das Sich-Zeigende in seinem Sich-Zeigen sein läßt, was es ist, und dem sich in diesem Seinlassen das Sich-Zeigende in seinem Verweisen über sich hinaus auf das Geheimnis zeigen kann. „Alle Phänomenerfahrung wird Grenzerfahrung“ (23). Atheismus 194. J. Chr. und 336. Vgl. H 59/60, 213,215; Die Lehrformel 114 u. a.. ZG 280. DF 22-24. DF 23. Vgl. auch DL 14-16, bes. 16: „... wir werden phänomenologisch arbeiten. Wir wollen durch die Bemühung des Denkens das zum offenen Sichselberzeigen bringen, was schon im Verborgenen gegenwärtig ist“. E. Husserl versteht unter „epoché“ die „Ausschaltung“ und „Einklammerung“ der „natürlichen Einstellung“, d.h. aller Vormeinungen und Vorurteile des praktischen und theoretischen Lebens (vgl. Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie, Husserliana III, 1, neu hrsg. v. K. Schuhmann, Den Haag 1976, 60-66). Sinn dieser
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„phänomenologischen Reduktion“ ist es, „alles Transzendente (mir nicht immanent Gegebene) ... mit dem Index der Nullität zu versehen, d.h. seine Existenz, seine Geltung ist nicht als solche anzusetzen, sondern höchstens als Geltungphänomen. Über alle Wissenschaften darf ich nur verfügen als Phänomen, also nicht als Systeme geltender, als Prämisse, selbst als Hypothese für mich als Ansatz zu verwendender Wahrheiten. ... der eigentliche Sinn des Prinzips ist die beständige Aufforderung, bei den Sachen ... zu bleiben ...“ (Die Idee der Phänomenologie, Husserliana II, hrsg. v. W. Biemel, Neudruck der 2. Aufl. 1958, Den Haag 1973, 6; Klammerbemerkung und Hervorh. v. Husserl). Vgl. P. Hünermann, Der Durchbruch. Vgl. den Schluß der Hegelvorlesung H 54/55, 204: „Dies ist immer das Ergebnis der wirklichen Begegnung mit einem großen Denker: es geht Licht von ihm aus auf den eigenen Weg, auch wenn dieser in mehr als einer Hinsicht ein anderer sein muß“. Zur Lage der Theologie heute und zur Rolle der Philosophie im Rahmen dieser Situation, in: Die Angewiesenheit der Theologie auf das philosophische Fragen, hrsg. v. B. Casper, München/Zürich 1982, 65. Am ausführlichsten scheint mir der Hinweis auf die Geschichte in SE 149: „Aber ... so ist auch die Geschichte ihrerseits nicht bei der Gestalt, nach der sie wesentlich und in allen Formen ihres Geschehens gravitiert. ... Die Geschichte gravitiert in allen ihren Erscheinungen nach einer Gestalt, die sie niemals erreicht, durch welche aber „erst ihr eigentliches Wesen als Geschichte vollzogen würde: Daß in einem Da alle Hoffnung fürs Ganze sich entscheide und erfülle. Es ist dieselbe Gestalt, in der allein das Heil geschichtlich denkbar ist, wie es sich als Vorentwurf in der Wesenshoffnung des Menschen findet ...“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. ebd. 150; Gl 35; ZE 167; ebd. 77; HH 11. Die Aufstellung der Vorlesungen mit Titel- und Jahresangaben und deren Abkürzungen findet sich im Abkürzungsverzeichnis S. 448f dieser Arbeit. Vgl. WG; ZE 211-232. M; Frieden. HV 27. SE 366-379; Was hat die Philosophie in der Theologie zu tun?, in: Theologische Quartalschrift 154 (1974) 303-310; SE 351-365, bes. 361-365; HV 11-67; vgl. auch Gl 11-20. Vgl. die Untersuchung Weltes ‘Die Grenze als göttliches Geheimnis’, in: SE 62-73. Ausführlicher als in Weltes Texten zum Verhältnis von Philosophie und Theologie findet sich das Problem des Verstehens und auch dessen Zusammenhang mit der Theologie als eigenes Thema in reichen und feinsinnigen Analysen in Weltes hermeneutischen Vorlesungen behandelt, deren Darlegung aber eine eigene Arbeit zu Weltes Hermeneutik füllen würde. HV 29. Vgl. HV 45f. Vgl. SE 377, wo Welte von der „capacitas Dei“ des Menschen spricht.
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PhGl 188. HH 9. Vgl. S. 10f dieser Arbeit. Vgl. G 54, 1-3. G 54, 2 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 18. G 54, 49. Angemerkt sei hier, daß wörtliche Zitate oder an Welte angelehnte Formulierungen belegt erden. Das Übrige ist meine aus dem Text gewonnene Interpretation. Zur besseren Übersicht und zur Erschließung besonders der unveröffentlichten Manuskripte werden meist die für den jeweiligen Abschnitt relevanten Textstellen in einer Anmerkung zusammenfassend angegeben. G 67/68, 6. Vgl. dazu S. 382 Anm. 30 dieser Arbeit. Vgl. S. 6f dieser Arbeit. G 67/68, 5f. G 54, 1. G 54, 1 (Klammerbemerkung v. Welte). Weltes Verhältnis zur Phänomenologie Heideggers soll hier nicht erörtert werden. Zu vergleichen ist dazu etwa das undatierte Exposé Weltes ‘Bemerkungen zum Seinsbegriff Heideggers’, wohl Anfang bis Mitte der fünfziger Jahre niedergeschrieben, das sich ebenfalls in Weltes Nachlaß findet (neu veröffentlicht in: Fragend und lehrend den Glauben weit machen, hrsg. v. K. Hemmerle (Schriftenreihe der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg), München/Zürich 1987, 133-138), aber auch alle Aufsätze Weltes zu Heidegger (vgl. Die Lichtung; SE 262-276; La question; ZG 258-280), in denen er stets die Unerläßlichkeit der Beachtung und des Ernstnehmens der Phänomenologie Heideggers für das Verständnis von dessen Denken betont. Alle diese Texte machen deutlich, wie die Berührung mit der phänomenologischen Methode auf Welte nachhaltig gewirkt hat und welche entscheidende Bedeutung er dieser als Möglichkeit eines völlig neuen Zugangs zu allem, was ist, zum Sein des Seienden, zum Sein und darin zu Welt und Geschichte und so auch zur Geschichte des Denkens und deren Aneignung beimaß. A. VORÜBERLEGUNGE N I. GESCHICHTLICHKEIT UND CHRISTENTUM
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Vgl. G 49/50, 7-18; G 54, 3-6; G 61, 1-5. Vgl. S. 57-64 dieser Arbeit. G 49/50, 3. G 49/50, 184. G 54, 3. G 61, 1-5. G 54, 3: „Das Christentum hat insofern ein ausgezeichnetes Verhältnis zur Geschichte, als es, streng genommen, gar keine Geschichte hat, sondern wesentlich und ganz Geschichte ist (Hervorh. v. Welte). G 54, 5. Vgl. Mt 12,28 (// Lk 11,20): „Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen“ und Lk 17,21: „Man kann auch
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nicht sagen: Seht, hier ist es!, oder: Dort ist es! Denn: Das Reich Gottes ist schon mitten unter euch“. G 61, 1; vgl. dazu G 61, 1-3 und G 49/50, 10. Zu Kierkegaard vgl. Philosophische Brocken 734, bes. 9: „Sokratisch gesehen, ist jeglicher Ausgangspunkt in der Zeit von selbst ein Zufälliges, ein Verschwindendes, eine Veranlassung; der Lehrer ist auch nicht mehr“ und 10: „Verhält es sich solchermaßen mit dem Lehren der Wahrheit, so kann der Umstand, daß ich von Sokrates gelernt habe oder von Prodikos oder von einem Dienstmädchen, mich lediglich geschichtlich beschäftigen“ und ders., Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift, 2. Teil, 27-29, bes. 28: „Der Gegenstand des Glaubens ist nicht ein Lehrer, der eine Lehre hat; denn wenn ein Lehrer eine Lehre hat, ist eo ipso die Lehre wichtiger als der Lehrer ... . Sondern der Gegenstand des Glaubens ist die Wirklichkeit des Lehrers: daß der Lehrer wirklich da ist“. Vgl. Platon, Theaitetos 150c, welche Stelle Kierkegaard in Philosophische Brocken 9 zitiert und übersetzt: „Zu entbinden zwingt mich der Gott, doch das Gebären hat er mir versagt“. G 49/50, 8f (Hervorh. v. Welte). Vgl. Joh 14,6: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“. Vgl. Joh 14,9: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“. Vgl. Joh 1,14: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“. G 49/50, 10 (Hervorh. v. Welte). G 54, 5. G 61, 3f. G 61, 3. Vgl. S. 209-232 dieser Arbeit. G 49/50, 8. Vgl. zu diesem Abschnitt bes. G 61, 5-14. G 61, 7 (Hervorh. v. Welte). Vgl. S. Kierkegaard, Philosophische Brocken 52-107. G 61, 12. Ausführlicher als in der Vorlesung, in der dieses Problem nur als ein solches genannt wird, äußert sich Welte zu dieser Frage in seinem Aufsatz ‘Vom historischen Zeugnis zum christlichen Glauben’,in: SE 337-350; vgl. bes. 337-339. Vgl. das Motto zu den ‘Philosophischen Brocken’, ebd. 1. Vgl. S. Kierkegaard, Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift, 1. Teil, 55-117, bes. 8598. G. E. Lessing, Über den Beweis des Geistes und der Kraft, in: Gesammelte Werke, Bd. 8, hrsg. v. P. Rilla, Berlin 1956, 12 und 14. G 61, 10 (Hervorh. v. Welte). W 62, 7 (Hervorh. v. Welte). G 61, 13 (Klammerbemerkung v. Welte; „des Wandels“ meint wohl: ‘dem Wandel’). Vgl. auch die Zusammenfassung der Argumente gegen den Absolutheitsanspruch des Christentums in der 1. Beilage zu G 54: „gegen die Relativität geschichtlichen Anspruchs zu viel, gegen die Liberalität der universalen Kommunikationsbereitschaft (Jaspers) zu wenig, gegen die Unsicherheit geschichtlicher Vergewisserung, gegen das späte Auftauchen in der Geschichte“ (Klammerbemerkung v. Welte). Als Beleg für Jaspers’ Bestreitung der Kommunikationsbereitschaft
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jeglichen Offenbarungsglaubens genüge der Hinweis auf eine Stelle aus K. Jaspers, Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung, München 1962, 206f: „Liberalität und Dogmatismus: ... Es ist der Unterschied des offenen, liebenden Kampfes vom unoffenen, lieblosen Kampf um das Wahre. Im lieblosen Kampf ist dies allein Wahre durch die Offenbarung, eine Kirche, einen Meister, eine Schule, ein System schon da. Der Kämpfende hat sich ihr als einer in der Welt anerkannten, mächtigen oder als einer noch ohnmächtigen, von ihm geglaubten Instanz unterworfen.Die Liberalität ist tolerant. Diese Toleranz ist nicht die der Gleichgültigkeit gegen das heimlich Verachtete ... . Toleranz ist vielmehr das Ernstnehmen des Fremden, das Hinhören und Sichangehenlassen. Toleranz will das, was in der Zeit nur in der Bewegung des Kampfes in grenzenloser Kommunikation möglich ist, nicht reduzieren lassen auf eine einzige Farbe.“ Gegen die Bestreitung der Offenheit, Gesprächsbereitschaft und Gesprächsmöglichkeit des Christentums durch Jaspers will Welte zeigen, daß in einem gemäßen Verständnis von Geschichtlichkeit sich das Dasein der Wahrheit in der Geschichte als dialogisch, als Kommunikation von je ge schichtlichem Ursprung mit je geschichtlichem Ursprung erweist und daß daher gerade auch die Wahrheit der christlichen Offenbarung als absolute und universale, alles betref fende Wahrheit ihr Dasein in der Geschichte nur hat im offenen und universalen Gespräch mit allen geschichtlichen Ursprüngen und deren geschichtlichen Gestalten. Die Wahrheit der einen Offenbarung in Jesus Christus, die alle Zeiten und Räume umgreift und betrifft, hat als diese eine unbedingte und universale ihr Da nur in universaler Kommunikation. Schlösse sie irgendeine Gestalt und damit irgendeinen ursprünglichen Aufgang von Wahrheit aus sich aus, so wäre mit ihrer Universalität sie selbst aufgehoben. Die absolute und universale Wahrheit ist nur als Hinhören und als Dialog mit allen möglichen Gestalten von Wahrheit. Ihr Anspruch hat nicht den Sinn, jemanden oder etwas auszuschließen, sondern alle einzuschließen in die Ansage des Heils durch Gott in Jesus Christus (vgl. F 56, 135). Vgl. die Auseinandersetzung mit Jaspers in HV 221-226; F 56, 50-53,134-136. Vgl. Mph 43, 67f. G 49/50, 16af; G 54, 9f; G 61, 14; G 67/68, 1; W 62, 2f. Vgl. z. B. SE 380-409; SE 413; ZG 255-257; ZE 229; HV 17f, 54; vgl. dazu auch P. Hünermann, Der Durchbruch. Vgl. zu diesem Abschnitt von den geschichtsphilosophischen Vorlesungen G 49/50, 8-18; G 54, 6-15; G 67/68, 1-5,52-54. G 49/50, 9f. G 49/50, 11; vgl. auch G 54, 7: „Das Christentum hat das Bewußtsein von der Geschichtlichkeit der Geschichte entscheidend in die Welt gebracht“. G 54, 7. Welte erinnert an dieser Stelle an die These von K. Löwith, „daß die moderne Geschichtsphilosophie dem biblischen Glauben an eine Erfüllung entspringt und daß sie mit der Säkularisierung ihres eschatologischen Vorbildes endet“ (K. Löwith, Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie (1953), in: Sämtliche Schriften 2, hrsg. v. K. Stichweh, Stuttgart 1983, 7-239, ebd. 12). Nach Löwith ist die philosophische Frage nach Sinn und Ziel der Geschichte erst durch die jüdisch-
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christliche Tradition und ihren Glauben an Sinn und Vollendung der Geschichte möglich geworden, die dem griechischen Denken in seinem Schauen auf den ewigen und unwandelbaren Logos, der alles Geschehen als ein sich zyklisch wiederholendes bestimmt, fremd war. Erst durch die jüdisch-christliche Tradition bricht das eschatologische und lineare Geschichtsdenken hervor. Löwith sieht in dem Fortschrittsdenken der modernen Geschichtsphilosophie die Säkularisierung des iblischen linearen und teleologischen, auf zukünftige Vollendung hin ausgerichteten Geschichtsbildes zu einem Fortschrittsglauben. Die modernen futuristischen, der Zukunft zugewandten Geschichtstheorien entspringen dem biblischen Glauben an die Erfüllung und Vollendung der Geschichte durch Gott und sind nur aufgrund dieser im biblischen Glauben wurzelnden Offenheit gegenüber der Zukunft und dem in ihr aufgehobenen eschatologischen Sinn möglich geworden. Sie sind christlichen Ursprungs, aber zumeist antichristlich in ihrer Tendenz, indem sie Hoffnung und Eschaton des biblischen Glaubens nur in säkularisierter Form übernehmen. Aus der Hoffnung auf Gottes Heilswillen und Heilshandeln wird der Glaube an die unbegrenzten Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen in geistiger, sittlicher und technischer Hinsicht, und an Stelle des Glaubens an das Reich Gottes tritt der Glaube an ein innergeschichtliches Fortschreiten zu immer größerem Glück bis hin zu einem Vollendungszustand der Menschheit in der Geschichte. Vgl. auch die im angegebenen Band enthaltenen weiteren Texte zu diesem Thema. G 54, 80. Vgl. auch CRW 63, wo Welte das Hervortreten der geschichtlichen Einmaligkeit als besonderes Kennzeichen der altisraelitischen Religion bestimmt und darin die Vorbereitung des christlichen Geschichtsbewußtseins sieht, in dem die geschichtliche Einmaligkeit „in eine ganz neue und entscheidende Dimension emporgehoben“ wird. Vgl. S. 386 Anm. 37 dieser Arbeit das Zitat von G 54, 7. Vgl. Jer 31,31-34 und Hos 2,18-25. G 49/50, 14: „Das Christentum trat mit seiner so merkwürdigen geschichtlichen Verfassung in eine Welt, die spätantike, ein, deren führende Begriffe und damit auch deren Begreifens- und Verstehensmöglichkeiten im Ganzen nicht primär aufs Geschichtliche hingeordnet waren. Und es konnte in dieser Situation natürlich nicht nur das Christentum die Geistigkeit revolutionieren, welche es vorfand und in die es eintrat, es konnte umgekehrt auch die Auslegung, welche die Christen sich vom Wesen ihres Christentums gaben von der Geistigkeit ihrer Zeit und Welt bestimmt und unter Umständen alteriert werden, und dies natürlich besonders dort, wo die Botschaft Jesu in einer theoretischen Durchdringung Theologie wurde. Denn womit hätten die Christen schließlich diese Durchdringung und theoretische Interpretation der überlieferten Botschaft, von der sie lebten, leisten sollen, wenn nicht mit ihren Denk- und Verstehensmöglichkeiten, mit ihren Kategorien“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch G 54, 6-8. G 49/50, 15. G 49/50, 15. Vgl. G 49/50, 11-14. Welte verweist hier auf die Bücher VII und VIII von Augustins ‘Confessiones’ und das darin durchbrechende Bewußtsein der Geschichtlichkeit des Glaubens. Mit
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der Entscheidung des Glaubens für die geschichtliche Person Jesu und dem Einbringen der ganzen Existenz des Glaubenden in diese Entscheidung verwandelt sich die Zeitlichkeit von der gleichmäßig und gleichgültig dahinfließenden Zeit zum Augenblick, in dem der Glaubende erst in den vollen Ernst und die volle Wirklichkeit seines Seins gelangt. Das gleichgültige Dahinfließen der Zeit ist verwandelt in die Wirklichkeit des Augenblicks, in dem sich das Ganze des Lebens entscheidet und der alle weiteren Momente der Zeit mit dieser im Augenblick geschehenden Entscheidung für die geschichtlich konkrete Person Jesu als das Heil für den Glaubenden selbst und das Heil im Ganzen qualifiziert. Mit dieser Veränderung der Zeitlichkeit zur Zeitlichkeit des Glaubens als der qualifizierenden Zeitlichkeit des Augenblicks geht aber auch eine Verwandlung der Zeit der Geschichte einher. Augustins ‘De Civitate Dei’ ist der Niederschlag dieses neuen Geschichtsbildes, das in Konsequenz der Einmaligkeit und universalen Heilsbedeutung des Offenbarungsereignisses in Jesus alle Völker einreiht und einbezieht in die eine Geschichte, die nun „Weltgeschichte“ (G 49/50, 14) ist. Alle Völker und alle Zeiten sind Teil der einen unumkehrbaren Geschichte, die in der Schöpfung beginnt, in Jesus ihre Sammlung und Erlösung findet und in der Vollendung aufgehoben wird in die Ewigkeit Gottes. „Augustins Civitas Dei ist nichts weniger als der wirklich erste, aber großartige Augenaufschlag der Weltgeschichte im abendländischen Bewußtsein“ (G 49/50, 14).46) Vgl. W. Kasper, Einführung in den Glauben, Mainz 31973, 136. G 54, 8. G 49/50, 16b. G 67/68, 53f: „... als sie (die Geschichte, Zusatz v. mir) erstmals bei Hegel mächtig in der Philosophie auftritt, da erscheint sie in der großartigen Verkleidung der sich selbst entwickelnden Idee, und so noch einmal platonisch, es ist wie die Vollendung und der höchste, aber auch letzte Triumph des Platonismus. Die Dialektik der Idee verhüllt auf die sublimste Weise das eigentlich Geschichtliche der Geschichtlichkeit“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. SE 417 Anm. 4. G 54, 11. Vgl. hierzu SE 380-409; ZG 241-257; B. Casper, Der Systemgedanke in der späten Tübinger Schule und in der deutschen Neuscholastik, in: Philosophisches Jahrbuch 72 (1964/65) 161179; P. Hünermann, Der Durchbruch 21-48; J. R. Geiselmann, Die Katholische Tübinger Schule. Ihre theologische Eigenart, Freiburg 1964, 280-368. Als Denker, bei denen neben Welte das Bedenken von Geschichtlichkeit und Geschichte im Raum der Theologie greifbar wird, vgl. etwa K. Rahner, Hörer des Wortes. Zur Grundlegung einer Religionsphilosophie, München 1941; ders., Die Geschichtlichkeit der Theologie und die Zukunft der Kirche, in: Th. Michels (Hrsg.), Geschichtlichkeit der Theologie (9. Salzburger Forschungsgespräch), Salzburg/München 1970, 13-30; J. B. Lotz, Zur Geschichtlichkeit des Menschen, in: Scholastik 26 (1951) 321-341; ders., Geschichtlichkeit und Ewigkeit, in: Scholastik 29 (1954) 481-505; A. Brunner, Geschichtlichkeit, München/Bern 1961; O. Cullmann, Christus
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und die Zeit. Die urchristliche Zeit- und Geschichtsauffassung, Zürich 31961; F. Gogarten, Theologie und Geschichte, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 50 (1953) 339-394; W. Kamlah, Christentum und Geschichtlichkeit. Untersuchungen zur Entstehung des Christentums und zu Augustins ‘Bürgerschaft Gottes’, 2. neubearb. und erg. Aufl., Stuttgart 1951. G 49/50, 16a. W 62, 10-15 und 116-130. Vgl. auch G 67/68, 199f. W 62, 118f. Vgl. G 61, 17f. W 62, 12. K. R. Popper, Logik der Forschung, 7., verb. und durch einen Anhang verm. Aufl., Tübingen 1982, 49: „ W i r hoffen, mit Hilfe eines neu zu errichtenden wissenschaftlichen Systems neue Vorgänge zu entdecken; an dem falsifizierenden Experiment haben wir höchstes Interesse, wir buchen es als Erfolg, denn es eröffnet uns Aussichten in eine neue Welt von Erfahrungen; und wir begrüßen es, wenn diese uns neue Argumente gegen die neuen Theorien liefert“ (Hervorh. v. Popper). ebd. 31: „Die Theorie ist das Netz, das wir auswerfen, um die Welt’ einzufangen, - sie zu rationalisieren, zu erklären und zu beherrschen. Wir arbeiten daran, die Maschen des Netzes immer enger zu machen“ (Hervorh. v. Popper). W 62, 13. W 62, 127f: Es „zeigt sich, daß das naturwissenschaftlich-echnische Weltbild nur Schein, ein totaler und absoluter ist, ein Schein, der sich allerdings fast unvermeidlich einstellt: Hier sei das Eigentliche, das Objektive, das Endgültige, das alles Erklärende zu gewinnen. Diese Transmission ist naturwissenschaftlich nicht zu rechtfertigen ...“. W 62, 119f und 126f. II. DIE TRANSZENDENTALITÄT DER GESCHICHTLICHKEIT
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Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 2-7; G 54, 15-30; G 67/68, 6-15. G 67/68, 10. G 49/50, 3. G 54, 17 und 25. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Analyse der Geschichtlichkeit des Daseins durch Heidegger hinzuweisen und auf seine Ableitung der Geschichtlichkeit des nicht daseinsmäßigen Seienden über die primäre Geschichtlichkeit des Daseins. Hier geht Welte eins mit Heidegger. Über die Geschichtlichkeit des Menschen als universaler Offenheit, bei Heidegger über die Geschichtlichkeit des Daseins als In-der-Welt-seins, wird die Geschichtlichkeit zur Bestimmung alles Seienden. Vgl. zu M. Heidegger SZ 381: „Aus dieser vorläufigen Analyse des noch vorhandenen und doch irgendwie ‘vergangenen’, der Geschichte angehörenden Zeugs wird deutlich, daß dergleichen Seiendes nur auf Grund seiner Weltzugehörigkeit geschichtlich ist. Die Welt aber hat die Seinsart des Geschichtlichen, weil sie eine ontologische Bestimmtheit des Daseins ausmacht ... . Primär geschichtlich behaupten wir - ist das Dasein. Sekundär geschichtlich aber das innerweltlich Begegnende ...“
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(Hervorh. v. Heidegger) und ebd. 388: „Die These von der Geschichtlichkeit des Daseins sagt nicht, das weltlose Subjekt sei geschichtlich, sondern das Seiende, das als In-der-Welt-sein existiert. Geschehen der Geschichte ist Geschehen des In-der-Welt-seins Geschichtlichkeit des Daseins ist wesenhaft Geschichtlichkeit von Welt ...“ (Hervorh. v. Heidegger). G 49/50, 4: „Die Gegenstände der Mathematik sind in sich geschichtslos, die algebraischen Funktionen, die geometrischen Verhältnisse haben keine Geschichte, das Mathematische überhaupt hat keine Geschichte, wohl aber hat die Mathematik eine Geschichte...“. G 49/50, 3. G 49/50, 5. G 54, 16. G 54, 16. G 54, 22: „In diesem Bezug (zum Menschen, Zusatz v. mir) gründet das Da ihres (der Natur, Zusatz v. mir) Seins, in diesem ist es, und ohne diesen wäre es verloren. Ihr ‘Sein für uns’... ist gerade ihr eigenes Sein. Anderswo ist dieses in der Welt nicht zu finden“ (Hervorh. v. Welte). G 54, 18f: „Sein (des Naturseienden, Zusatz v. mir) eigenes Sein ist in dem, was es für sich ist, gar nicht gegeben und in diesem Sinne gar nicht da. Es bleibt nicht übrig, wenn der Bezug zum Menschen weggenommen, es verschwindet mit diesem Bezug in die Nacht der reinen Bewußtlosigkeit“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. hierzu auch W 62, 16-30, bes. 24f: „Wäre das Seiende in seinem Sein vollständig verschlossen und blind, abgehend sich und anderen, dann wäre es weder wahr noch unwahr, weder seiend noch nicht seiend ... . Sein (von Seiendem) ist selbst Da-sein für: nämlich für möglichen Hinblick“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte) und ebd. 30: „Wir sahen das Seiende in seinem Sein nicht verschlossen, vielmehr sich über sich hinaus öffnend und offen sich jedem möglichen Denken zubringend. Wir sahen, daß dieses sich im Offenen zum Vorschein Bringen zum Sein des Seienden selbst gehört: darin gerade und erst ist es da“ (Hervorh. v. Welte). G 54, 23: „Wenn aber nun der Mensch, konkret gesehen, geschichtlich ist und nie anders als geschichtlich, dann ist auch das eigene Sein der Natur und nicht bloß ein diesem gegenüber äußerer Aspekt geschichtlich“. G 54, 25 (Hervorh. v. Welte). G 54, 27 (Hervorh. v. Welte). G 54, 30. G 54, 27: „Ganz gewiß, es kann nicht gedacht werden, daß Gottes Sein dem Menschen und durch den Menschen der Geschichtlichkeit anheimgegeben sei, wie das Sein alles Seienden sonst“. G 54, 28: „Wenn aber die Geschichte als Geschichte (aus Gott und) in Gott als ihrem Grunde lebt, wenn sie als solche eine Wirklichkeit für Gott ist und wenn sein die Geschichte Gründen eine Wirklichkeit für Gott ist: dann ist Gott nicht einfach außerhalb der Geschichte, dann geschieht die Geschichte, ihr Sein, ihre Wirklichkeit, der Wandel in Gott und aus Gott und so, daß dieses Geschehen für Gott Wirklichkeit
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ist: dann ist Gott selbst in diesem Sinne geschichtlich...“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). G 54, 25f: „Im Ganzen der Welt bestimmt Geschichtlichkeit nicht nur die Aspekte, sondern gerade das Dasein des Seien-den, es ist eine transzendentale (d.h.) eine Seinsbestimmung, und dies eben deswegen, weil der primäre Ort der Geschichtlichkeit das Sein des Menschen ist. Denn der Mensch ist nicht nur ein Ding unter anderen Dingen, er ist selber ein transzendentales Seiendes, ein Seiendes, dessen Sein in seinem Lichte und seiner Kraft mit dem Sein alles dessen, was ist, mit dem Sein überhaupt von Anfang verknüpft ist: anima est quodammodo omnia“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). G 54, 29. G 54, 29: „Und in diesem Sinne kann und muß man sagen: Geschichtlichkeit betrifft wirklich alles dessen, was ist, einschließlich dessen, auf Grund dessen ist, was ist, denn sie entspringt dort, wo alles Sein entspringt. Sie ist ein schlechthiniges Transzendentale wie ens, res, unum, aliquid, verum, bonum, nur ist sie zum Unterschied von diesen klassischen, ein konkretes Transzendentale. Nur kommt sie (wie auch die anderen Transzendentalien) jeglichem Seienden je in verschiedener Weise zu, anders der Natur, anders dem Menschen, anders Gott. Dem Menschen aber kommt sie so auf durchaus vorzügliche Weise zu, in ihm ist die Geschichtlichkeit alles Seienden gesammelt, in ihm hat sie ihre eigentliche Stätte, denn was aus dem obersten Grunde hervorging, das Sein alles Seienden, ist im Seienden selbst ihm anheimgegeben und er der Geschichte“ (Klammerbemer-kung und Hervorh. v. Welte). Vgl. S. 390 Anm. 12 dieser Arbeit. Neben der dort zitierten Stelle G 54, 23 taucht nur noch an der oben angeführten Stelle G 54, 29 das Wort ‘konkret’ in diesem Kapitel auf. Dort darf es wohl verstanden werden als Hinweis darauf, daß die Geschichtlichkeit zum Menschen in seiner faktisch endlich-zeitlichen Verfaßtheit gehört in Absetzung gegen eine Betrachtung, die in Absehung von der endlich-zeitlichen Verfaßtheit des Menschen auf die Bestimmung eines überzeitlichen und ewigen Wesensbestandes des Menschen zielt. B. GESCHICHTLICHKEIT UND GESCHICHTE I. DIE SEINSCHARAKTERE DES GESCHICHTLICHEN
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In der Vorlesung G 67/68 setzt die Betrachtung der Seinsweise des Geschichtlichen mit dem Bedenken des Miteinanderseins ein, wobei dieses als die geschehende Zeit bestimmt wird. Diese betonte Stellung des geschichtlichen Miteinanderseins ist wohl von der in diese Zeit fallenden Beschäftigung und Berührung Weltes mit dem dialogischen Denken beeinflußt, das ihm besonders durch die Arbeit von B. Casper über das dialogische Denken zugetragen wurde. Im Wintersemester 1966/67 hielt Welte ‘Übungen über das Prinzip des dialogischen Denkens bei F. Rosenzweig’. Auch die Vorlesung ‘Die Person als das Un-begreifliche’ vom Sommersemester 1966 zeigt in der Entfaltung des „Ereignisses der Begegnung“ (16,20,21,22,26,44,48) und dessen Erhellung als Sprache (95-112) starke Anklänge
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an Rosenzweig, auf den neben M. Buber und F. Ebner wiederholt (5,8,9,46,110) verwiesen wird. Und auch in der hermeneutischen Vorlesung V 69/70 macht sich die Berührung mit dem dialogischen Denken bemerkbar. Vgl. etwa V 69/70, 68-75 die Erläuterungen über das Sichgeschenkt-Werden der Sprache und die Bestimmung der Sprache als Gespräch, bes. 74 den Hinweis auf Rosenzweig, Ebner, Buber und Casper und 130-132 die Bestimmung der Zukünftigkeit der Sprache als die Zukunft, die die anderen sind. Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 19-28; G 54, 30-37; G 61, 16-21,24f; G 67/68, 42-51. G 49/50, 20. H. Rickert, Die Grenzen. Vgl. etwa ebd. 227: „Die empirische Wirklichkeit ... wird Natur, wenn wir sie betrachten mit Rücksicht auf das Allgemeine, sie wird Geschichte, wenn wir sie betrachten mit Rücksicht auf das Besondere und Individuelle“ (Hervorh. v. Rickert). Die Bestimmung derGeschichte vom Einzelnen her in Unterscheidung zum Allgemeinen findet sich schon bei Aristoteles, der die Historie als die Sammlung des Einzelnen und Zufälligen der Dichtkunst als der Darstellung des Allgemeinen gegenüberstellt (De arte poetica 9. 1451b 6f). Diese Bestimmung floß auch in die geschichtstheoretischen Untersuchungen des vergangenen Jahrhunderts ein. So sieht auch F. Meinecke in Anknüpfung an L. v. Ranke als die „erste und dringendste Aufgabe“ des Historikers, „im Erkennen geschichtlicher Dinge ... ihr Anderssein, ihre Eigentümlichkeit, ihre Individualität zu verstehen“ (F. Meinecke, Deutung eines Rankewortes (1942), in: Werke IV, hrsg. v. E. Kessel, Stuttgart 1959, 117-139, 118) und setzt sie ab gegen die gleichwohl auch notwendige Betrachtung der Geschichte „als den Ablauf von Ursachen und Wirkungen“ (ebd. 117), die die Bedeutung des Vergangenen nur in seiner Hervorbringung der Gegenwart, nicht aber in seiner Individualität und seiner Bedeutung an ihr selbst sieht (ebd. 117-120). Und im 20. Jahrhundert betont etwa K. R. Popper, der die Möglichkeit der Aufstellung von allgemeinen Gesetzen, aus denen die Zukunft prognostizierbar wäre, für Geschichts- und Sozialwissenschaften verneint, „daß die Geschichtswissenschaf t durch ihr Interesse für tatsächliche, spezifiche Ereignisse im Gegensatz zu Gesetzen oder Verallgemeinerungen charakterisiert ist“ (K. R. Popper, Das Elend des Historizismus, Tübingen 1965, 112; Hervorh. v. Popper). G 54, 33: „Das Geschichtliche ist je das Einmalige und Einzelne als solches. Das will heißen: als das einmalige Einzelne ist es das Geschichtliche“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch hierzu H. Rickert, Die Grenzen 229: Die Geschichtswissenschaft ist „auf das einmalige individuelle wirkliche Geschehen in seiner Einmaligkeit und Individualität gerichtet.Wo die Wirklichkeit in ihrer Individualität und Besonderheit erfaßt werden soll, da ist es einfach logisch
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widersinnig, sie unter allgemeine Begriffe bringen oder Gesetze des Historischen aufstellen zu wollen, die, wie wir wissen, als Gesetze notwendig Allgemeinbegriffe sind“ (Hervorh. v. Rickert). G 54, 33f; G 61, 18. Vgl. auch hierzu H. Rickert, Die Grenzen 230: Die Naturwissenschaft betrachtet „die einzelnen Individuen lediglich als Exemplare von allgemeinen Begriffen ... . Weil die Individuen hier überhaupt nur als Gattungsexemplare interessieren“ (Hervorh. v. Rickert). G 54, 34f. G 54, 33 (Hervorh. v. Welte). Vgl. F. Meinecke, Die Entstehung des Historismus, in: Werke III, hrsg. v. C. Hinrichs, München 1959, 468, wo er im Kapitel über Goethe diesen Ausdruck zitiert. G 49/50, 21: „Geschichtliche Ereignisse, ein Krieg, ein Friedensschluß, eine Revolution, eine Staatsgründung etc. - können durchaus als Fall eines Allgemeinen gedacht werden, ja mehr noch: sie können gar nicht ohne dies gedacht werden. Ein Ereignis wie ein Krieg kann gar nicht als solcher begriffen werden, es sei denn, es stehe mir die allgemeine Vorstellung ‘Krieg’ bereits zur Verfügung, unter der das Einzelne als darunter fallend, begreifbar ist“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. dazu H. Rickert, Die Grenzen 303-308. Vgl. H. Rickert, Die Grenzen 305. Nach Rickert geschieht die geschichtliche Begriffsbildung dadurch, daß allgemeine Begriffe so verbunden und kombiniert werden, daß daraus historische Begriffe mit individuellem Inhalt entstehen. G 49/50, 20f. G 49/50, 22. G 54, 37. G 54, 35. Vgl. H. Rickert, Die Grenzen 305f: „Die Geschichte dagegen benutzt zwar ebenfalls das Allgemeine, um überhaupt wissenschaftlich denken und urteilen zu können, aber es ist für sie lediglich Mittel, d.h. es bildet den Umweg, auf dem sie wieder zum Individuellen, als ihrem eigentlichen Gegenstand, zurückzukommen sucht“ (Hervorh. v. Rickert). G 49/50, 22f (Hervorh. v. Welte). Vgl. H. Rickert, Die Grenzen 304: Der Historiker kann den Bedeutungsgehalt von Eigennamen „nur so auf einen anderen übertragen, daß er ihren Inhalt mit Hilfe von allgemeinen Wortbedeutungen angibt. Es dürfen also auch die Eigennamen in einer historischen Darstellung nur als Stellvertreter für einen Komplex von Worten mit allgemeiner Bedeutung auftreten, denn erst dann ist die Darstellung für jeden verständlich, der sie hört oder liest“. Vgl. auch K.-G. Faber, Theorie der Geschichtswissenschaft, 5., erw. Aufl., München 1982, 56: „Es zeigt sich also, daß der Historiker immer dann, wenn er Eigennamen und Zeitangaben gebraucht, bei dem Adressaten seiner Aussage soviel Kenntnis von Allgemeinem über das mit dem Namen und der Zeitbestimmung Bezeichnete, über den Ort und die Zeit stillschweigend voraussetzt, wie zum Verständnis des Satzes erforderlich ist“. G 49/50, 26. Vgl. auch G 54, 36 und G 61, 20. Vgl. etwa ME 98 die Rede von der „Begriffsmetaphysik“ und
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Atheismus 194 die Fassung der Metaphysik als eine bestimmte Weise zu denken, nämlich „vorstellend“ und „objektivierend“. G 49/50, 22. G 49/50, 23: „Im Einzelnen als dem Walten eines Ursprünglichen west Geschichte“. G 49/50, 23; G 67/68, 50f. G 49/50, 23,26f. Wie sich diese Bestimmungen der geschichtlichen Einzelheit ab der Vorlesung G 54, die den Geschehenscharakter des Geschichtlichen herausstellt und unterstreicht, zur Bestimmung der geschichtlichen Einzelheit von der Anfänglichkeit und Gegenwärtigung des Geschehens her wandeln, wird sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit (vgl. S. 98-103) zeigen. G 54, 33. G 49/50, 26f. Vgl. H 50, 151-157; H 54/55, 200-202; SE 226. H 59/60, 215. H 59/60, 215. Vgl. S. 77-83 dieser Arbeit. G 49/50, 24; vgl. auch G 61, 24. G 49/50, 24. G 49/50, 25. Vgl. H. Rickert, Die Grenzen 359-372. Rickert bezeichnet hier den geschichtlichen Zusammenhang neben der Allgemeinheit der Begriffe und der Allgemeinheit der Werte als das „dritte Allgemeine“ der Geschichte (360), das aber selbst wieder ein „Individuelles und Besonderes“ (361) ist. Und er unterscheidet die Subsumtionsverhältnisse von geschichtlich Allgemeinem und dem Allgemeinen in den Naturwissenschaften als „Einordnung“ von „Teilen“ oder „Gliedern“ in ein Ganzes von der „Unterordnung“ von „Exemplaren“ unter den allgemeinen Inhalt eines Begriffes (360f) und als „Allgemeinheit, die dem Ganzen im Verhältnis zu seinen einzelnen Teilen zukommt“, von „der Allgemeinheit, die der Inhalt eines Begriffes gegenüber seinen Exemplaren besitzt“ (362). G 49/50, 27. Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 28-32; G 54, 30-33; G 61, 21-26; G 67/68, 54-56. G 67/68, 54. G 54, 31; vgl. G 61, 28, wo Welte von dem „dialektischen Zusammenhang des Einzelnen und des Ganzen in der Geschichte“ spricht. G 54, 30f; G 61, 23-25. G 49/50, 28-32. ‘Dasein’ meint hier nicht den Menschen als Da des Seins, sondern es meint zunächst die Faktizität alles Seienden in Raum und Zeit. Da alles Geschichtliche aber letztlich im Seinsverstehen des Menschen als Dasein im Sinne des Da des Seins gründet, so wird sich das „Dasein inmitten“ letztlich auch nur über seine Gründung im Dasein des Menschen als Bestimmung des Geschichtlichen erweisen. Vgl. G 61, 50, wo das Geschehen der Geschichte so bestimmt wird, „daß dieses immer ein Mittleres ist zwischen ... . Immer kommt es von daher und geht dorthin, und ist als Gegenwart immer in der Mitte“ (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 29; vgl. G 49/50, 29f; G 61, 21 und G 67/68, 44. Vgl. G 49/50, 30: „... wenn wir den Gestaltenzug der Geschichte betrachten, ... so ist gerade dies das Ergreifende und Bedeutende an diesem vielen Einzelnen des Geschehens: vieles hätte je sein können, ... aber eines, nur eines ist damals geschehen“ (Hervorh. v .Welte).
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Vgl. dazu den Abschnitt der Vorüberlegungen über die Nivellierung der Bedeutsamkeit des Einzelnen in der modernen Naturwissenschaft in deren Betonung der Gleich-Gültigkeit des Einzelnen gegenüber der Allgemeinheit des immer Gleichen S. 51-56 und das Kapitel über Bedeutsamkeit S. 128-137 dieser Arbeit. G 67/68, 55; vgl. G 61, 25: „... das Einzelne ist als Einzelnes auch universal“ und G 49/50, 28, wo Welte von der „Unendlichkeit der Einzelheit“ spricht. G 49/50, 31. G 49/50, 31: „... der physikalische Erdkörper kann im eigentlichen Sinne und an ihm selbst weder inmitten noch außerhalb (des Sonnensystems, Zusatz v. mir) sein, weil für ihn selbst ja dieser Raum und dieses Zusammen von Körperdingen gar nicht offen, gar nicht da sind, sodaß er dies ermessen und sich selbst als darin befinden könnte. Er weiß nichts davon und verhält sich darum nicht dazu als einem Raum vor ihm und für ihn, aus dem her er sich auf seinen Platz zurücknehmen und also sich darauf befinden, da-sein könnte. So kommt ihm, diesem Körper selbst, überhaupt kein Sein inmitten zu. Er hat dies nur von uns aus gesehen, da wir die Räume und in ihnen die Plätze, an denen dieser Körper auch vorfindbar sein könnte, ermessen“ (Hervorh. v. Welte). G 61, 42 (Hervorh. v. Welte); vgl. zu diesem Abschnitt bes. G 54, 37-41; G 61, 41-52. G 54, 39 (Hervorh. v. Welte). Eigens thematisiert aber ist dies in dem Aufsatz ‘Über zwei Weisen, das Ewige zu denken’ aus dem Jahre 1980, in ZE 25-42. ZG 28. Vgl. F. Rosenzweig, Das neue Denken, in: Gesammelte Schriften III, 139-161. Vgl. S. 74f dieser Arbeit. Vgl. ZE 25-34. ZG 315; ZE 248. ZG 280. Vgl. dazu bes. ZG 292-318 und J. Chr. und. Hier zeigt sich eine Bestätigung und Ergänzung der Arbeit von S. Kusar, Dem göttlichen Gott entgegen denken. Der Weg von der metaphysischen zu einer nachmetaphysischen Sicht Gottes in der Religionsphilosophie Bernhard Weltes, Freiburg 1986, die in ausgezeichneter Weise das Aufbrechen und Überschreiten der überlieferten Metaphysik durch Welte darstellt. Vgl. G 61, 42, zitiert S. 83 dieser Arbeit. G 54, 38f. Vgl. G 54, 39f. Vgl. G 61, 42. G 54, 40. G 54, 40f. G 49/50, 44; vgl. G 61, 50: „Von der Gerichtetheit des sich zeitigenden Geschehens der Geschichte kommt es, daß dieses immer ein Mittleres ist zwischen ... . Immer kommt es von daher und geht dort hin, und ist als Gegenwart immer in der Mitte“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. dazu G 49/50, 32-54; G 54, 41-45; G 61, 43-52; G 67/68, 33-56.
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Als eine knappe Zusammenfassung hiervon kann der Aufsatz ‘Meditation über Zeit’ (1971), in: ZG 15-27 gelesen werden. Vgl. S. 79f dieser Arbeit. G 49/50, 32-54. G 49/50, 32; vgl. auch Rph 143: „Zur Zeitigung des Zeitlichen gehört es, daß das darin je Aufgehende auch das Vergehende ist“. G 49/50, 32. Aristoteles, Physica 11. 219b 1f: „touto gár estin o chrónos, arithmòs kinéseos katà tò próteron kaì ústeron“ (Dies also ist die Zeit, die Zahl der Bewegung nach dem Früher und Später). G 49/50, 34 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 34. G 49/50, 35. G 49/50, 35 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 35. G 49/50, 38. G 49/50, 38 (Hervorh. v. Welte). Hier taucht der Begriff des Neuen auf, der in der Betrachtung des Geschehenscharakters des Geschichtlichen in den folgenden geschichtsphilosophischen Vorlesungen mehr in den Vordergrund tritt. G 49/50, 39: „Nur daß das Behalten des Vergehens ein grund gebendes Bei-uns-halten ist, dies ermöglicht die Bedeutsamkeit des Vergangenen als eines wesentlichen Momentes der Geschichte“. G 49/50, 39. W 62, 40. G 49/50, 40. G 49/50, 41. G 49/50, 42-44. G 49/50, 42. G 49/50, 42. G 49/50, 45-52; vgl. auch HV 129f und EH 19-23. Welte trennt streng Zeit und Geschichte von einem wie auch immer zu denkenden Jenseits der Geschichte. Dieses wird hier weder vorausgesetzt noch geleugnet, sondern die Geschichte wird nur an ihr selbst betrachtet, und insofern zeigt sich der Tod dort, wo er geschieht, als Ende der Geschichte. „Wer den Tod stirbt, der ist für die Geschichte zu Ende in dem Sinn, daß, was immer über Jenseits und Unsterblichkeit zu denken und zu glauben sein mag, jedenfalls nicht in die Geschichte fällt. Das geschichtliche Geschehen der Menschen ist mit dem Tod durchaus zu Ende und es wird dadurch für die Geschichte gänzlich und endgültig etwas, was gewesen ist“ (G 49/50, 45; Hervorh. v. Welte). G 49/50, 47 (Hervorh. v. Welte). In der Ausarbeitung des Todes als Ausstand und Einstand, als innerer und qualifizierender Endlichkeit erinnern Weltes Analysen an Heidegger und seine Bestimmung des Dasein als „Sein zum Tode“ (vgl. SZ §§ 46-53). Und auch bei Heidegger wurzelt die Geschichtlichkeit im Dasein als Sein zum Tode, d.h. in der Endlichkeit der Zeitlichkeit (vgl. SZ 383-387). Im Unterschied zu Heidegger aber steht Weltes Phänomenologie des Todes hier nicht im Zusammenhang einer Daseinsanalyse, sondern im Rahmen seiner Geschichtsphilosophie, in der über
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das Phänomen des Todes als innerer Endlichkeit der Zeitlichkeit des Daseins die besondere Einmaligkeit und Bedeutsamkeit des Geschichtlichen entfaltet wird. Vgl. G 49/50, 49. G 49/50, 49f. G 49/50, 50. G 49/50, 50. G 49/50, 48. Die Ausarbeitung des Todes als Ermöglichung von Geschichtlichkeit, wie sie sich in der Vorlesung G 49/50 darstellt, fehlt in den folgenden Vorlesungen. Auch dies ist ein Zeichen für die später andere Sichtweise, die das Geschehen des Geschichtlichen nicht mehr nur vom Dasein des Menschen und seiner Endlichkeit her entwickelt, sondern auf ein umfassenderes, vom Sein selbst ereignetes Geschehen blickt. Gleichwohl muß gesagt werden, daß der Tod als das die Einmaligkeit und Bedeutsamkeit des Einzelnen Qualifizierende weiterhin für die Geschichtlichkeit konstitutiv bleibt. Aber so, wie die Person als einzelne in der Entfaltung der Geschichtlichkeit in den Hintergrund tritt dadurch, daß eine weitere Dimension des Geschichtlichen an die Oberfläche drängt, so tritt damit zugleich auch die Betrachtung des Todes zurück. G 49/50, 51 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 52. G 49/50, 53. G 49/50, 44: „Das geschichtlich Einzelne ist so da inmitten der Zeit, daß es in jedem Da das Ganze der Zeit in sich versammelt in einer verschlungenen Begründungsstruktur von Entspringenlassen, Behaltensein, Ankünftigkeit, welche im Ganzen als Einheit oder gar nicht sein kann“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch G 61, 50: „... jedes Geschehen zeitigt, indem es seine Stunde zeitigt, die ganze Zeitlichkeit“ (Hervorh. v. Welte) und G 67/68, 40f. Vgl. die Randnotiz G 67/68, 30: „Zeit nicht äußeres Maß der Geschichte, sondern Geschichte ist sich zeitigende Zeit“. G 54, 40. ZG 21. ZG 21: „Ist die Zukunft die für unser Erleben aktuellste und in diesem Sinne primärste Dimension der Zeit ...“. In der Betonung der Zukunft als „primärste Dimension der Zeit“ schwingt wohl auch Heideggers Betonung des Entwurfscharakters des Daseins als Seinkönnen und als Sorge und der damit zusammenhängende Vorrang der Zukunft in der eigentlichen Zeitlichkeit als dem Vorlaufen in den Tod als dem Übernehmen des eigensten Seinkönnens mit. Dieser Vorrang aber wird von Welte nicht ausdrücklich ausgearbeitet und im Sinne Heideggers als Kriterium der Unterscheidung von Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit genommen. G 61, 43. Zum Geschehen des Geschichtlichen als Geschehen der Einheit von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vgl. auch ‘Erfahrung und Geschichte’(1970), in: ZG 28-40. Vgl. G 61, 43f; G 67/68, 33-37. G 67/68, 34-36. Vgl. P 66, 103-112. P 66, 97 (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 36. G 67/68, 36: „In diesem Sinne können wir sagen: wir sind - jetzt, heute - unsere Herkunft, wir sind das von unserer Herkunft gezeitigte Geschlecht“.
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112) G 67/68, 38: „Finden wir uns also gezeitigt von der Herkunft, so finden wir uns gleichzeitig als zeitigend, als in unsere eigene Zeitigung herausgestellt und herausgefordert. Und darum ist jeder Mensch und jede Generation zwar Ergebnis, aber nicht nur das: jeder Mensch, jede Generation ist auch Anfang, Neuheit, ein Unvergleichliches, das es noch nie gab. In mir, in uns schlägt das Gewesene als das Herkünftige um in das Anfängliche als das ganz Neue, und dies ist die Zeitigung, in der wir selber gezeitigt, uns selbst und das Heute unseres heutigen Daseins zeitigen. Der Umschlag ist das Geschehen, in dem sich ereignet: Gegenwart. Jetzt. Heute“. Vgl. auch G 67/68, 45f; G 61, 43f und G 54, 42f. 113) G 54, 42f; G 61, 20; G 67/68, 38 und 48-50. 114) G 67/68, 38 und 49. 115) Vgl. ZG 226, LN 57 und ME 98 die Rede von der „Begriffsmetaphysik“. 116) G 54, 42. 117) G 67/68, 38 und 48. Vgl. auch P 66, 105 und ZG 46 die Charakterisierung der je neu gezeitigten herkünftigen Sprache als „etwas, das es noch niemals gab“ und ZG 45 und Gl 50 die Charakterisierung der Begegnung von Ich und Du in eben diesen Worten. 118) Das Phänomen der Freiheit wird von Welte in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen nicht eigens thematisiert, aber es scheint wie hier, so an verschiedenen Stellen auf. Die anfängliche Zeitigung der Gegenwart schafft gegenüber dem Gewesenen eine Differenz und ein Gegenüber, sie reißt das Jetzt vom Vergangenen los im Sinne einer kausalen, rein mechanischen Verkettung. Sie zeichnet das geschichtliche Gründen als ein zirkelhaftes, dialektisches und dialogisches Gründen aus, in dem jeder Pol bestimmend-bestimmt und bestimmt-bestimmend an den anderen verwiesen ist. So ist die Geschichte als Geschichte nicht als mechanischer Kausalzusammenhang zu fassen. Sie ist, wenn sie als ein in allen Teilen determinierter Prozeß verstanden wird, gar nicht als Geschichte betrachtet. Denn als Geschichte zeitigt sie sich als die Zeit in der Einheit aller ihrer Ekstasen. Geschichtliche Zeitlichkeit aber als die in sich erstreckte Erstreckung der Zeit bedeutet die Loslösung des zeitlichen Daseins vom jeweiligen Jetzt, das als in sich verschlossenes gar nicht Jetzt wäre. Es setzt als Jetzt schon Abstand, Differenz, Offenheit und damit Freiheit voraus. Zeitlichkeit als die Zeitigung der Einheit der Zeit ermöglicht Freiheit. Von Welte hier nicht eigens thematisiert, ist das Thema Freiheit in der Entfaltung der Einheit der geschichtlichen Zeitlichkeit und der Betonung der Anfänglichkeit je jeder Gegenwart jedoch mit angezeigt. Und es bleibt zu vermerken, daß in der geschichtlichen Zeitlich-keit das Moment der Freiheit mitschwingt. Zum Thema Freiheit vgl. grundsätzlich DF; F 47; F 52; F 56. Auf den ersten beiden Seiten von F 52 wird die Freiheit als „die Bewegerin“(1) der Geschichte angesprochen; vgl. dazu auch F 47, 1. 119) G 67/68, 37. 120) G 67/68, 37. 121) G 61, 46. Hingewiesen sei an dieser Stelle darauf, daß die Kennzeichnung der Gegenwart als „Auslegung“ und „auslegende Anverwandlung“, in der das Gewesene, „gegenwärtig geworden“, „wirkend im Geschehen der jetzigen Stunde“ (G 61, 47f) wird, erst in der Vorlesung G 61, also nach dem
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Erscheinen von Gadamers WM (1960) auftaucht, der das Verstehen als „Anverwandlung“ (266) und „Auslegung“ (366) begreift. Mag sich in der Verwendung und Verknüpfung dieser Ausdrücke eine beginnende Rezeption von WM durch Welte anzeigen, so bleibt doch festzuhalten, daß die Sache, um die es hier geht, schon vorher bei Welte ausgesprochen und entfaltet ist. Vgl. etwa schon die Vorlesung W 51. Welte redet dort von der Wirklichkeit der Überlieferung als einer „Neuschöpfung“ (132), einer „schöpferischen Anverwandlung und Übersetzung“ (132) und als einer „Neugeburt“ (133) in der jeweiligen Gegenwart. In der Vorlesung G 54, 85 entfaltet Welte die Identität des Geschichtlichen im Andenken als selbst geschichtliches Geschehen, in dem das Geschichtliche nur im Wandel als es selbst ist und zu bewahren ist, der Wandel mithin zu ihm als Geschichtlichem mit hinzugehört. In der Geschichtlichkeit des Andenkens zeigt sich ein Phänomen, welches mit dem, was Gadamer als „Wirkungsgeschichte“ (WM 284-290) beschreibt, vergleichbar ist. Vgl. dazu auch G 49/50, 38 die Wandelbarkeit des Gewesenen als Gründen. Gleichwohl aber darf vermutet werden, daß Gadamers Buch in Richtung auf ein weiteres und noch intensiveres Durchdenken von Geschichtlichkeit und Geschichte anregend gewirkt hat. Eine ausdrückliche und intensive Beschäftigung und Auseinandersetzung mit Gadamer erfolgt im Wintersemester 1967/68 und im Sommersemester 1968, in denen Welte zwei Seminare über ‘Das philosophische Problem der Hermeneutik im Hinblick auf die Theologie’ abhält, in denen er sich auch mit WM auseinandersetzt und denen im Wintersemester 1969/70 eine Vorlesung über Hermeneutik folgt, in der immer wieder auf Gadamer Bezug genommen wird. Die Kenntnis von WM aber ist schon früher anzusetzen. In der Vorlesung W 62, 6 etwa wird Gadamer in einer Randbemerkung als Vertreter einer Richtung, die sich mit dem Problem der Geschichtlichkeit befaßt, genannt, und in der Vorlesung V 62/63, 198 taucht er in der Besprechung des Zirkels der Vorsicht als der geschichtlichen Verschiebung des hermeneutischen Zirkels von Ganzem und Teilen auf. Im Blick auf Weltes Verständnis von Geschichtlichkeit und Geschichte aber bleibt anzumerken, daß hierin, wie noch zu zeigen sein wird, der Einfluß Heideggers und sein Gedanke von der Seinsgeschichte der entscheidende ist. Inwieweit und in welcher Weise Gadamers WM auf Weltes eigene Ausarbeitung einer philosophischen Hermeneutik gewirkt hat, bedürfte einer eigenen Untersuchung innerhalb einer Auseinandersetzung mit Weltes Hermeneutik. Vgl. dazu auch das von Heidegger in SZ §§ 72-76 zur Wiederholung Gesagte. G 61, 47-49; G 67/68, 39f. G 67/68, 46. Vgl. S. 77-79 dieser Arbeit. G 49/50, 44. G 54, 42. G 67/68, 38. Vgl. S. 73 und 74f dieser Arbeit. G 67/68, 47: „So sind wir als der Ort, an dem je das Ganze der Zeit und der Geschichte sich ereignet und sich erneuert, wir sind als geschehend im (je größeren) Geschehen der Geschichte, und das Geschehen der Geschichte (als das je größere) geschieht und ist da, indem das menschliche Dasein
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geschieht und da ist. Auf diese seltsame Weise ist die Geschichte als ein Eines und Umfassendes, wiewohl sie nur da ist im Medium der einzelnen kurzlebigen Menschen“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). In den geschichtsphilosophischen Vorlesungen vgl. zum personalen Selbstsein G 49/50, 5477; zum Miteinandersein G 49/50, 117-124; G 54, 51-65; G 67/68, 15-41. Zum Thema Person und Miteinander äußert sich Welte in mehreren Veröffentlichungen, vgl. SE 74-82; ZG 41-52; Philosophische Meditation über den Personbegriff, in: Das Personverständnis in der Pädagogik und ihren Nachbarwissenschaften, hrsg. v. J. Speck, Münster 1966, 9-19 (weitestgehend identisch mit dem Aufsatz ‘Zum Begriff der Person’, in: Die Frage nach dem Menschen. Aufriß einer philosophischen Anthropologie. Festschrift für Max Müller zum 60. Geburtstag, hrsg. v. H. Rombach, Freiburg/München 1966, 11-22, der in ZG 41-52 wieder abgedruckt ist und auf den hier deshalb Bezug genommen wird); ZE 53-71; Rph 115-132; J. Chr. und 324-327; HV 199-203; DL 16-21; Gl 45-52. Von den Vorlesungen vgl. bes. P 66. Vgl. auch die Vorlesungen ‘Über den Begriff Gottes’, in denen bei der Frage nach der Personalität Gottes diese in ihren Grundzügen dargelegt wird (B 52, 79-89; B 56/57, 72-75; B 60/61, 186-195; B 66/67, 198-202) und vgl. W 51, 37-55. Zum Begriff der Person als Selbstbesitz und Selbstüberschreitung und darin als Freiheit vgl. auch F 52, 12-23 und DF 6979. Die Seinsweise des Miteinander wird auch in den Vorlesungen über ‘Philosophische Soziologie im Hinblick auf das Verständnis des Christentums als Kirche’ (S 53; S 57/58; S 61/62) breit entfaltet. G 49/50, 55. G 49/50, 58-60; P 66, 8-13; ZG 40-44. G 49/50, 60. ZG 42. ZG 47. Hier bestätigt sich Kants Forderung, daß der Mensch nie nur als Mittel gebraucht werden dürfe. Vgl. I. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Kant’s gesammelte Schriften, hrsg. v. der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. IV (1911) 385-463, 429: „Handle so, daß du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst“ (Hervorh. v. Kant). Darin liegt der Ansatzpunkt zu einer ontologisch begründeten Ethik, die Welte zwar nicht ausführt, zu der er aber die ontologischen Grundlagen bereitstellt. G 49/50, 60. G 49/50, 61. Vgl. auch ZG 46; P 66, 27,33. J. Chr. und 324. G 49/50, 61. So wird auch verständlich, warum das geschichtlich Einzelne nur mit Namen genannt werden kann oder die Begriffe, in denen es gefaßt werden soll, durch Kombination so weit individualisiert werden müssen, daß sie als Individualnamen fungieren können.
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143) Dieser Ausdruck kommt so bei Welte nicht vor. Als Anknüpfungspunkte können aber die Bestimmungen des Geistes als „die Selbstüberschreitung ins andere schlechthin“, als „die Offenheit überhaupt“ und als „transzendentale Relation“ in der Vorlesung W 51, 26 gelesen werden: „Nun ist diese Relation (des Geistes auf Welt, Zusatz v. mir) ja insofern merkwürdig, 1) daß der Geist selbst nicht nur das eine lied, sondern das Ganze der Relation ist: das Ich, das Sehen, das Dasein des Gesehenen. 2) Und daß sie im Prinzip alles Mögliche umfaßt, also nicht, wie sonst Relationen und relative Verhältnisse, nur einen Ausschnitt von Gesichtspunkten gibt. = transzendentale Relation“ (Hervorh. v. Welte). Auch der Ausdruck „transzendentale Offenheit“ in W 51, 47 weist in dieselbe Richtung, insofern der Begriff der Offenheit in sich schon Begriff des Transzendierens ist. Und weiter machen die Ausdrücke „beim anderen sein“ und „universal-transzendierend sein“ (G 49/50, 59) die transzendierende Dimension in Weltes Personverständnis deutlich. 144) G 49/50, 59. 145) W 51, 47. 146) G 49/50, 55. 147) Vgl. M. Heidegger, SZ §§ 12f. 148) ZE 36. Neben dem In-der-Welt-sein als relationale Bestimmung nennt Welte auch die Bestimmung des Daseins als Da des Seins und des Denkens als Danken als solche relationalen Bestimmungen, die Ausdruck eines gegenüber dem Denken in der Kategorie der Substanz anderen Denkens sind. Vgl. auch Gl 21. 149) Vgl. P 66, 2f; ZE 57; Mph 43, 120 und Boethius, Liber de persona et duabus naturis, in: Patrologia Latina 64, hrsg. v. P. Migne, Paris 1847, 1335-1354, 1343: „Persona est naturae rationalis individua substantia“. 150) Aristoteles, De anima 8. 431b 21: „... óti e psychè tà ónta pos esti pánta“. Vgl. Thomas von Aquin, De anima L. II, l. 5, n. 283: „... secundum vero esse immateriale ... res non solum est id quod est, sed etiam est quodammodo alia“ und STh I, q. 84, a. 2: „...anima quodammodo est omnia ...“. In der Vorlesung G 67/68, 29 weist Welte ausdrücklich auf das Fehlen der personalen Dimension in der relationalen Bestimmung des Menschen bei Aristoteles hin. 151) G 49/50, 128. 152) Vgl. W 51, 46. 153) W 51, 48 (Hervorh. v. Welte). 154) G 49/50, 56: „Der Horizont des personalen Bei-sich-seins ist, vor allen faktischen Begegnungen, immer schon ein unbegrenzter. Immer kann ich auch schon ans Undenkbare denken und mit ihm rechnen, das Unvorstellbare einbeziehen in meine vorstellenden Erwägungen, das Unvordenkliche der Vergangenheit, für immer und hoffnungslos Versunkene doch hervordenken, und zwar als das Unvordenkliche und zu mir seine dunkle Sprache sprechen lassen, das Undurchdringliche, Unberechenbare der Zukunft doch in meine Berechnungen und durchdringenden Erwägungen einbeziehen als das beunruhigend Undurchdringliche, immer schon kann ich alle Grenzen, welche sich irgendwo durch den Horizont meines Bei-mir-seins ziehen, auch überschreiten, ja ich habe sie schon immer überschritten“ (Hervorh. v. Welte).
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155) Vgl. SE 440: „Der Stand des Menschen in sich selbst ist nicht nur ethisch, sondern ursprünglicher schon ontologisch unantastbar ...“. 156) Vgl. zum Miteinandersein G 49/50, 117-124; G 54, 51-65; G 67/68, 15-30; W 51, 37-55; dazu gehören auch die soziologischen Vorlesungen S 53, S 57/58 und S 61/62. 157) G 49/50, 121f; P 66, 39-42. 158) G 49/50, 121 (Hervorh. v. Welte). 159) W 51, 43 (Hervorh. v. Welte). 160) W 51, 43. 161) G 67/68, 24. 162) G 49/50, 137 (Hervorh. v. Welte); vgl. auch G 54, 64. 163) Auf das Phänomen der Verantwortung geht Welte in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen ausdrücklich nur in der Vorlesung G 49/50, 100-116 ein und hier nicht im Horizont des Miteinanderseins als Verantwortung gegenüber dem anderen, sondern im Zusammenhang der je augenblicklich sich vollziehenden Heilsentscheidung je jedes einzelnen Selbst. 164) G 49/50, 119f; vgl. W 51, 37f. 165) Rph 118. Vgl. bes. auch P 66, 20-33; DL 17f. 166) W 51, 48. (Hervorh. v. Welte). 167) Die Zeitlichkeit der personalen Begegnung wird allerdings in der Vorlesung W 51 nicht ausgesprochen, und auch in der Vorlesung V 62/63, 64-78, welche die Entzogenheit, Unabschließbarkeit und Unverfügbarkeit des Du in ähnlicher Weise entfaltet, ist das Verhältnis zum Du, hier im Hinblick auf mein Verstehen des Du in seinem zu mir sprechenden Wort, nicht auf seine darin gegebene eigene Zeitlichkeit hin befragt. Diese aber wird in der Vorlesung P 66, bes. 68-83, ausdrücklich Thema. 168) ZG 41-52. 169) ZG 13. 170) Vgl. S. 391 Anm. 1 dieser Arbeit. 171) F. Rosenzweig, Gesammelte Schriften III, 151f. Vgl. dazu auch B. Casper, Das dialogische Denken 156-173. Vgl. auch Weltes Forderung eines „neuen Denkens“ für das Bedenken der Person unter Hinweis auf Buber und Rosenzweig in P 66, 8 und 16. 172) P 66, 16,20,21,22,26,44,48. 173) Vgl. etwa Mph 43, 11: Es ist „kaum ein Zweifel daran möglich ..., daß die einfache Frage nach dem Sein, wie sie Aristoteles in der Metaphysik stellt, die höchste Frage ist, die gestellt werden kann, die, von deren Lösung schlechthin nichts unberührt bleibt. ... So hat uns diese kurze Umschau doch das eine mit ziemlicher Eindeutigkeit nahegelegt: wir müssen den Versuch machen, das Höchste und Abgründigste zu klären, was geklärt werden kann: das Sein“ (Hervorh. v. Welte). 174) Vgl. die kurze Entfaltung des Daseins als Selbstsein und Mitsein in SZ §§ 25-27, die in ihrer Denkbewegung vom Selbstsein des Daseins, nicht aber vom anderen her und diesen nicht in seiner Anderheit denkt. 175) G 67/68, 30-41. 176) Vgl. SE 417 Anm. 4. 177) Vgl. auch B. Casper, Das dialogische Denken 355. 178) Als Beispiele seien folgende Texte zitiert: P 66, 82f: „Das Jetzt der in der personalen Begegnung sich zeitigenden Zeit des Schicksals ist nicht bloß ein Maß für das, was geschieht,
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179) 180) 181) 182) 183) 184) 185) 186) 187) 188) 189)
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(Marke) es ist das Geschehen selbst, die Gegenwärtigung der Gegenwart. Es ist als Geschehen so etwas wie Sein selbst. Hier ist Zeit Sein. In diesem Sinne: wo in der Begegnung sich zwischen Dir und mir der Augenblick des Schicksals gezeitigt hat: da kann ich sagen: jetzt ist etwas, und dieses jetzt ist auf eine mächtige und selbst unvergleichliche Weise, dergegenüber alles andere, von dem wir sonst sagen, es ist, bloß erscheint, wie ein Schatten“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). B 52, 89: „Wir sehen: nur in personalen Begegnungen können Seinscharaktere wie Dasein, Gegenwart, Fülle, für uns entscheidende Dichte haben, außerhalb von solchen bleibt der Sinn von Sein für uns leer, ohne Grund und Ort und Sinn“ (Hervorh. v. Welte). B 52, 92: „Die unvergleichliche Lebendigkeit, Fülle, Dichte, Nähe des Seins, die in der personalen Begegnung liegt, dies ist, ja dies ist ausgezeichnete Stätte des Seins“ (Hervorh. v. Welte). B 60/61, 203: „Wir können also sagen: durch das Seiende von personalem geistigem Charakter kommt das Sein alles Seienden, das Sein des Seienden überhaupt allererst zur Gegebenheit, zum Anwesen, bekommt sein Da, durch Personen kommt es allererst zum Da-sein alles Seienden im Ganzen“ (Hervorh. v. Welte). B 66/67, 199f: „Es (das Ich, Zusatz v. mir) steht in der Beziehung von Ich und Du, diese Beziehung zeigt sich als konstitutiv für das Ich selber Sein wie auch für das an den Tag Kommen des Logos, des Zuspruchs des Seins im ganzen“. Vgl. auch S 61/62, 218f. Diese Sätze klingen wie eine Bestätigung der Frage von B. Casper, in der er im eben genannten Aufsatz ‘Zeit und Heil’ 193 einer möglichen Begegnung von Heidegger und den dialogischen Denkern den Weg einer Antwort weist: „Wie, wenn der Andere sich als die für das Ereignis entscheidende ‘Gegnet’ zeigte?“ (Hervorh. v. Casper). ZG 49; vgl. P 66, 68-83. P 66, 16,20,21,22,26,44,48. ZG 52. P 66, 23 (Hervorh. v. Welte). ZG 49f; P 66, 50,59-66. P 66, 68-83. P 66, 82f. P 66, 86. J. Chr. und 325 (Hervorh. v. Welte). Vgl. S. 119 dieser Arbeit. P 66, 74; vgl. ebd. 75. Vgl. W 51, 48 und S 57/58, 37: „Ich bin“ in der Begegnung „nicht nur dieses: Du da. Sondern auch: Du da mit mir. Nicht nur dieses: daß Du da bist an meiner Seite, lebt in mir, sondern daß Du mit mir da bist. Daß Du, indem du dieses: du selbst zu sein, vollziehst, mich angehst, mich in Dein Leben einbeziehst, von dir her mich meinst ...“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. Logik des Ursprungs und Freiheit der Begegnung, in: ZG 53-63. ZG 45; P 66, 25. Vgl. ZE 58. P 66, 15; ZG 47f. ZG 49. Vgl. P 66, 68-83. ZG 49.
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196) ZG 50: „In der Begegnung geschieht das, was man ‘Begriff der Person’ nennen kann“ (Hervorh. v. Welte). 197) ZG 50; vgl. P 66, 60. 198) Vgl. G 49/50, 100-116. 199) ZG 51. 200) ZG 52. 201) P 66, 126. 202) SE 74-82. 203) Vgl. dazu auch Gl 60 die Gründung glaubender Beziehung und Begegnung zwischen Ich und Du in einer „vorausgehenden Gabe“, die als „sich zeitigende Zeit gewährt und schenkt, daß wir einander bisweilen Glauben zu schenken vermögen“, welche Gründung das Ereignet- und Gewährtsein von Ich und Du und deren Begegnung, der Beschreibung in ZG 51f vergleichbar, betont. 204) G 49/50, 124. 205) Vgl. S. 111f dieser Arbeit. 206) G 54, 60f. 207) G 54, 103. 208) G 67/68, 40 (Hervorh. v. Welte); vgl. G 67/68, 30: „Das universale Miteinander ... ist und waltet als geschehende Zeitlichkeit“ (Hervorh. v. Welte). 209) J. Chr. und (1977); Person und Welt (1980), in: ZE 53-71 und Gl (1982) 45-52. 210) In den geschichtsphilosophischen Vorlesungen, in denen die Geschichtlichkeit Thema ist, wird im Blick auf die Person Jesu als dem geschichtlichen Ursprung des Christentums Person und Ereignis schon früher zusammengestellt. Vgl. G 49/50, 180 die Rede vom „geschichtlichen Absolutheitsanspruch eines einzigen, alle und das ganze der Geschichte einfordernden personalen Ereignisses“; ebd. 184: „... eine Person ... auftretend in einem Ereignis“ (Hervorh. v. Welte) und ebd. 185 die Rede vom „personalen Ereignischarakter“ des Christentums und bes. G 54, 169: „Die Gewähr (der Hoffnung der Geschichte, Zusatz v. mir) ist die Person und das Ereignis Jesu, die Person als Ereignis, das Ereignis der Person“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch G 61, 1. Auffallend aber ist, daß etwa im Kapitel über die Personalität in der Vorlesung G 49/50 die Ereigniskategorie keine Rolle spielt. Dies zeigt, daß das Bedenken der Geschichtlichkeit gerade des Christentums, das seinen geschichtlichen Ursprung in der Person Jesu hat, als Anstoß wirkt, die Person als Ereignis zu denken. Vgl. dazu auch SE 452-458. 211) J. Chr. und 325 (Hervorh. v. Welte). 212) J. Chr. und 325. 213) ZE 58 (Hervorh. v. Welte). 214) Gl 49. 215) P 66, 81-83. 216) G 67/68, 38,172 und G 54, 42. 217) Gl 49f. 218) ZG 61. 219) Vgl. etwa ZE 36, wo Welte auf die Bestimmung des Denkens als Danken durch M. Heidegger hinweist. Vgl. für M. Heidegger etwa WiM 48-52. 220) Vgl. auch P 66, 16: Das „denkende Wort und sein Gesagtes d.h. Gedachtes hat dann nicht den Sinn eines objektiven und objektivierenden Begriffes, weil nicht mehr die Funktion eines begreifenden Fassens. Es hat den Sinn eines offenbarenden
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221) 222) 223) 224) 225) 226) 227) 228) 229)
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Winkes aus der Erfahrung des Ereignisses der Begegnung in dieses immer wieder mögliche Ereignis“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. G 49/50, 55; W 51, 21-23. Vgl. ZE 61,67. Vgl. ZE 65. Vgl. bes. G 49/50, 140-145; G 54, 90-105; G 61, 27-40; G 67/68, 15-41; W 51, 99f. G 54, 29 und 30. Vgl. G 49/50, 117. G 49/50, 124. Vgl. S. 118 dieser Arbeit. G 67/68, 30. G 67/68, 40. In der Bestimmung des Miteinander als die „sich ereignende, geschehende Zeit“ deutet sich auch - bei aller Nähe zu Heidegger, die sich noch zeigen wird - ein Weitergehen über Heidegger hinaus an, der die Geschichtlichkeit in der Zeitlichkeit des Daseins und dann in der diese zeitigenden Epochalität des Seins gründet, in welcher Gründung bei Heidegger die Bestimmung des Daseins als Mitsein keine Rolle spielt. Vgl. dazu S. 112-114 dieser Arbeit. G 54, 92. G 54, 92. G 54, 93 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). S 53, 45; vgl. auch M 18: „Ich-Du und Wir sind die beiden Antlitze desselben personalen mitmenschlichen Seins“. G 54, 95 (Hervorh. v. Welte). Vgl. G 54, 96; G 49/50, 142f. Vgl. S 53, 45f. G 61, 35. G 61, 28 und 29. G 54, 100: „Dieses welthafte wir alle ist je und je sowohl Träger der Geschichte, wie es auch je selbst geschichtlich geschieht“ (Hervorh. v. Welte). G 61, 31. G 54, 98. Vgl. G 54, 91f; G 61, 28 und 35. Die Bestimmung des geschichtlichen Wir als des öffentlichen im Gegensatz zu privaten Erscheinungen des Wir bedeutet nicht, daß ein privates Wir, etwa als Wir einer Freundschaft oder Familie, keine Geschichte hat und sich nicht geschichtlich vollzieht, sondern das öffentliche Wir korrespondiert im Gegensatz zum privaten der Geschichte, in die alle einzelnen Personen als die von ihrem Personsein her ins Unbegrenzte und Offene eines öffentlichen Wir Verwiesenen einbegriffen sind. Die Geschichte, die einem öffentlichen Wir zugehört, meint das Zusammen von Welt und Menschen, das von ihrem Wesen her alle angeht und alle betrifft und in das alle auch mit ihrer je privaten Geschichte einbezogen und verwoben sind und von dem ihre je private Geschichte sowohl geprägt ist als diese auch jene prägt. Die je privaten Geschichten reichen immer auch in die öffentliche und sind ihrerseits von dieser gegründet. Von daher sind Personen immer auch öffentliche Personen. Beides ist nicht als rein trennbar nebeneinanderzulegen, sondern beides gehört zusammen wie das Ineinander von transzendentaler Selbstgehörigkeit und transzendentaler Offenheit, welche Offenheit als Offenheit auf universales Mitsein immer schon Öffentlichkeit mit begründet. Die Geschichte, deren Träger das öffentliche Wir ist, meint die Geschichte als
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die letztlich alle Menschen in ihrem geschichtlichen Dasein umfassende eine Weltgeschichte. G 54, 100. G 61, 35. G 61, 35; vgl. G 67/68, 162f. G 54, 97. G 54, 99. Vgl. G 54, 99. G 49/50, 138. G 54, 103. G 67/68, 30-41, bes. 41. G 54, 103 und 129. Als Andeutung auf einen die Geschichte gründenden Grund wurde oben schon die Stelle G 54, 100 interpretiert. Vgl. S. 124 und S. 405 Anm. 239 dieser Arbeit. Vgl. S. 163-185 dieser Arbeit. Vgl. G 54, 103-105; W 51, 99f. G 49/50, 54 (Hervorh. v. Welte). Vgl. zur Bedeutsamkeit auch bes. G 54, 45-72 und HV 72115. Und vgl. auch M. Heidegger SZ §§ 18 und 31, die selbstverständlich auch in Weltes Gedanken zur Bedeutsamkeit mit eingegangen sind. G 49/50, 62; HV 74-76. HV 73. G 49/50, 64 (Hervorh. v. Welte). Vgl. SE 20: „Sinn ist die mögliche Übereinkunft meiner mit mir selbst als Übereinkunft mit meiner Welt“ (Hervorh. v. Welte). Rph 58 und HV 83f. Das bleibt mit Welte gegen die Kritik R. Schaefflers festzuhalten. Vgl. dazu dessen Rezension zu Weltes Rph in: Philosophisches Jahrbuch 86 (1979) 201-209, bes. 203-206 und Weltes Reaktion darauf in: ZE 38-42. Schaeffler wirft Welte ein funktionales Verständnis von Sinn vor, nach dem Einzelnes nur sinnvoll sein kann, wenn das Ganze sinnvoll ist, da dieses das Worumwillen vorgibt, dem das Einzelne als Mittel dient. Diese Unterstellung eines Verständnisses von Sinn im Horizont der Zweck-Mittel-Relation, in welcher der Sinn des Mittels vom Sinn des Zwecks garantiert ist, wird Weltes Anliegen nicht gerecht. Gleichwohl aber behauptet Welte die Einheit des Sinnes von Einzelnem und Ganzem. Diese Einheit aber ist nicht die von Mittel und Zweck. Schaeffler versteht das Ganze bei Welte nur im Sinne des Zwecks gegenüber den Mitteln und die von Welte für den Sinn postulierte Unbegrenztheit und Unendlichkeit als endlose Dauer. Schaeffler leugnet die Nichtigkeit eines Teilsinnes als Folge der Nichtigkeit des Sinnes des Ganzen. Auch für Welte ist der Sinn von Einzelnem nicht Mittel zum Zweck des Ganzen. Der Sinn des Ganzen wird nicht mit Hilfe der Einzelsinne aufgebaut und mittels ihrer gleichsam zusammengesetzt, sondern der Sinn des ganzen und der Sinn des Einzelnen sind in der Weise identisch, daß ohne den Sinn des Ganzen vom Sinn des Einzelnen nicht gesprochen werden kann. Sinn bei Welte meint nicht Sinnhaftigkeit des Mittels in Hinsicht eines Zwecks, sondern Sinn überhaupt. Sinn ist unteilbar, auch unteilbar in Mittel und Zweck. Der Sinn des Einzelnen ist bei Welte nicht Teil des Ganzen im Sinne des Mittels. Allenfalls ist sein Verhältnis zum Sinn des Ganzen in der Rede von der
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Partizipation zu umschreiben. Er ist aber als Sinn des Einzelnen nicht verschieden vom Sinn des Ganzen, sondern er schwingt als Sinn in der Unbedingtheit von Sinn überhaupt. Und so ist auch die von Welte postulierte Unendlichkeit des Sinnes nicht endlose Dauer, sondern die als Postulat im Endlichen erscheinende mit der Zeitlichkeit unverrechenbare Ewigkeit. Der Sinn des Ganzen ist nicht ohne den Sinn alles Einzelnen und umgekehrt, weil Sinn des Ganzen und Sinn des Einzelnen ein Sinn sind. Sinn meint Einheit und Ganzheit. Die Sinnhaftigkeit eines Mittels zur Erreichung eines Zwecks ist nicht die, welche Welte in seiner Rede vom Sinn anzielt, sondern in seinem Sinne muß die relative Sinnhaftigkeit des Mittels getragen sein von einem Sinn, der die Relation als ganze sinnvoll macht, denn sonst fällt die Sinnhaftigkeit als Mittel ins Nichtige und Sinnlose. Sinn des Ganzen und Sinn des Einzelnen sind nicht verschiedene Sinne, die als Teil und Summe im Verhältnis der Addition oder als Mittel und Zweck im Verhältnis der Funktionalität stehen, sondern der Sinn des Einzelnen ist als Sinn vom Sinn überhaupt, der alles trägt, mithin auch den Sinn des Ganzen, ereignet. Sinn des Einzelnen und Sinn des Ganzen sind eins und untrennbar. Auch die als sinnvoll erfahrene Tat der Liebe, die Schaeffler als Beispiel für den Sinn von Einzelnem unabhängig vom Sinn des Ganzen anführt, zeigt doch ein Gesolltes auf, das diese einzelne Tat in ein alles Umfassendes stellt, in dem ein Maß alles als sinnvoll oder sinnlos bemißt und das Sinnlose als nicht Seinsollendes setzt und so die einzelne sinnvolle Tat in den Zusammenhang einer Defizienz stellt, die zeigt, daß ihr Sinn letztlich zugleich Sinn von allem ist. Die einzelne als sinnvoll erfahrene Tat weist in ein alles bemessendes Maß, den unbedingten Sinn, der ihren Sinn erst ereignet und bemißt und der sie als unendliches Maß in den Horizont des Ein-und-Alles stellt. Der Sinn des Einzelnen steht nicht auf sich selbst, sondern er ist Sinn auf dem Grunde von und als Sinn überhaupt. Vgl. zum Verhältnis von Sinn des Ganzen und Sinn von Einzelnem auch SE 18-24, bes. 21: „Sinn als eigentlichen und echten gibt es je und je für jedes Wort und jede Tat und jedes kurze Glück in jeder Gegenwart des Menschen nur dann, wenn es Sinn im Ganzen seines Lebens gibt, in Vergangenheit und Zukunft, in Geburt und Tod, im ganzen Kreise, der nichts, was mir zugehört, außer sich hat“, und vgl. F 47, 34,37f. HV 77. G 49/50, 64. G 49/50, 68; HV 85. Heil als Ganzsein der Person, als positive Übereinstimmung ihrer mit sich selbst, als Erfüllung ihres Sinnentwurfs ist hier zunächst philosophisch zu verstehen, noch nicht aber in seinem spezifischen Gehalt als theologische Kategorie. G 49/50, 69. HV 83-87, bes. 87: „Das Weltdasein, immer schon vom Prinzip der Bedeutsamkeit bestimmt, ist in dieser Bestimmung geordnet und angesprochen auf sein Heil als auf den Sinn vom Sein überhaupt“. Welte findet die Bestimmung des Sinnes von Sein als Heil bestätigt im Phänomen der Sprache, in der sich die Erfahrung einender und heilender Übereinstimmung mit dem, was ist, etwa in den Ausdruck fassen kann: „Es
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i s t etwas mit ihm“ oder im negativen und unerfüllten Falle: „Es ist doch alles nichts“ (ebd. 85). D.h., in Erfahrungen positiver Übereinstimmung tritt das Sein des Seienden hervor und wird in seinem Sinn offenbar, während in negativen Erfahrungen, in denen die Bedeutsamkeit eines begegnenden Seienden negativ erfüllt ist, dessen Sein als „nichtiges Sein“ hervorkommt. „Es ist zwar, aber so, daß in seinem Sein das, was Sein eigentlich besagt, verstellt und verschüttet ist“ (ebd. 85). Vgl. auch B 66/67, 208f. HV 85; vgl. G 49/50, 70, wo das Heil als „die gestillte Fülle des Seins“ beschrieben wird. Vgl. auch B 66/67, 205-211. Hier wird das Gute als das Vollkommene und Vollendete als der Sinn von Sein beschrieben. HV 87. G 49/50, 69. G 49/50, 70: „Sein (des Seienden, Zusatz v. mir) Heil wäre auch mein Heil, in dem Sinne, daß wenn ich es als für sich sinnvoll, als geborgen und gestillt in seiner Wesensfülle denken könnte, dann wäre auch mein Gedanke selber damit zufrieden und erfüllt, er hätte seinen Sinn und sein Heil“ (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 66. Vgl. HV 90-94. G 49/50, 75. G 49/50, 72 (Hervorh. v. Welte). Rph 45-95; vgl. auch LN, bes. 37ff und ZE 43-50. Als frühen Beleg der Rede vom Nichts vgl. SE 34. Vgl. auch S. Kusar, Dem göttlichen Gott entgegendenken, Freiburg 1986, 265-300, bes. 298f Anm. 153 den Hinweis auf die Ersetzung der Rede vom „Sein selbst“ in PhGl durch die Rede vom „anderen des Seienden“ oder vom „Nichts“ in Rph. M. Heidegger, WiM 52. Vgl. bes. ME 94-104; ZG 219-227. Vgl. auch die Hinweise in LN 57-60 und SE 36. G 49/50, 70; vgl. SE 128f. G 49/50, 74. G 49/50, 74; vgl. SE 129. G 49/50, 74. Vgl. dafür HV 104-115 und Rph 115-132. Vgl. dazu bes. G 54, 53-64. G 54, 49 (Hervorh. v. Welte). G 54, 52. 286) G 54, 53. 287) G 54, 54. 288) G 67/68, 21f. G 54, 55. G 54, 56. G 54, 56 (Hervorh. v. Welte). G 54, 56. Vgl. G 54, 64, wo Welte ausdrücklich die „steinzeitlichen Jäger“ nennt, deren Spuren sich in wenn auch spärlichen - Resten erhalten haben. Diese Stelle zeigt die Weite und Universalität von Weltes Verständnis von Geschichte auch in seiner konkreten Zuwendung zu ihr. G 54, 64. G 54, 60. G 54, 65. Vgl. zu diesem Abschnitt G 54, 64-72. G 54, 64f: „Die geschichtliche Bedeutsamkeit und ihre kommunikative
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Macht erweist sich als im Wesen unerschöpflich, hat keine Grenze. Und dies, diese Unerschöpflichkeit des Geschichtlichen ist doch immer wieder erstaunlich. Denn wir sprechen ja von der Unerschöpflichkeit des einzelnen Geschehens, das als Einzelnes ja doch das Begrenzte ist, nur dieses, an nur diesem Ort und in nur dieser Stunde, und zeigt uns das so begrenzte ein unbegrenztes Leben von Bedeutsamkeit, eine unbegrenzte Macht der Kommunikation, eine unerschöpfliche Fülle des ausstrahlenden Seins. Wir begegnen einer wahrhaft geheimnisvollen Unendlichkeit des Endlichen, einer Unerschöpflichkeit des immer bloß Einzelnen“ (Hervorh. v. Welte). G 54, 66 und vgl. G 54, 85. G 54, 85. G 54, 65f. G 54, 67. G 54, 68. G 49/50, 77-92. G 49/50, 81. Vgl. ZG 15-27, bes. 21-27; Die Lehrformel 100-117, bes. 110f. G 49/50, 77-92. In der Fassung des Seins des Geschichtlichen als entscheidende Augenblicklichkeit in der Vorlesung G 49/50 schlägt sich die Beschäftigung Weltes mit Kierkegaard nieder, über den er im Wintersemester 1950/51 eine Vorlesung und eine Übung abhält. Weltes Verständnis der Augenblicklichkeit als entscheidende in der Vorlesung G 49/50 ist geprägt von Kierkegaards Kategorien des Einzelnen, des Augenblicks und der diesen zugehörigen Kategorien der Entscheidung und der Wirklichkeit (vgl. etwa Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift, 1. Teil, 118-243 und 2. Teil, bes. 1-64 und Der Begriff Angst 82-95). G 49/50, 78 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 80: „Insofern also kann und muß man sagen, daß jeder Augenblick des geschichtlichen Geschehens von der unendlich entscheidenden Endgültigkeit erfüllt ist und eben von daher seine Seinsdichte und seinen ontologischen Rang als Augenblick hat, wenn auch nicht jeder in der gleich offenbaren und vollständigen Weise“ (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 79. Vgl. Aristoteles, De anima B 5. 417b, 6f. Vgl. J. G. Droysen, Grundriß der Historik § 2. Vgl. HV 36 und V 62/63, 31. Vgl. S 57/58, 55. Rph 128. HV 35-41. G 67/68, 172. Vgl. Grundriß der Historik § 86 und G 49/50, 164; G 54, 127; G 61, 88 und Grundriß der Historik § 81 und G 49/50, 164; G 54, 126; G 61, 88. G 49/50, 81f (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch hierzu S. Kierkegaard, bes. Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift, 2. Teil, 1-64. Vgl. G 49/50, 83: „Wo hingegen dieser geschichtliche Augenblickscharakter außer Spiel bleibt, da kann zwar auch Wirklichkeit sein, aber der entfalteten Sammlung des Augenblicks gegenüber unentfaltet und ins Mögliche zerstreut. ... die Wirklichkeit ist mit der Möglichkeit auf eigentümliche Weise vertauschbar und nicht eigentlich und voll von ihr geschieden ...“
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(Hervorh. v. Welte). 320) Diese Einsicht wird für das Verstehen der Geschichtlichkeit des Christlichen entscheidend bleiben. Denn wenn erst in der Augenblicklichkeit des Geschichtlichen sich Wirklichkeit zeitigt und alles, was den Menschen in seine eigene Wirklichkeit bringt und als Wirklichkeit betrifft, geschichtlich geschieht, dann kann sich auch die Offenbarung Gottes, in der Gott in die Wirklichkeit des Menschen einbricht und Wirklichkeit für ihn wird, nur geschichtlich ereignen. Vgl. G 49/50, 83-85. 321) G 49/50, 86. 322) G 49/50, 87. 323) Vgl. W 51, 27: „Aber dieser Gedanke (der Relativität unseres Standpunkts, Zusatz von mir) ist nur deswegen möglich, weil wir an unsere Ansicht einen nicht mehr relativen, sondern absoluten Maßstab anlegen“ (Hervorh. v. Welte). 324) G 49/50, 87 und 109. Vgl. L. v. Ranke, Über die Epochen, 59f: „Ich aber behaupte: jede Epoche ist unmittelbar zu Gott und ihr Wert beruht gar nicht auf dem, was aus ihr hervorgeht, sondern in ihrer Existenz selbst, in ihrem Eigenen selbst“. 325) G 49/50, 87 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). 326) G 49/50, 92. 327) G 49/50, 94: „So zeigt sich schließlich der geschichtliche Moment als der Kreuzungspunkt, d.h. der Verwirklichungs- und Entscheidungspunkt des endlichen Zeitspielraumes und der je unendlichen personalen Bedeutungstiefe, deren Gehalt sich je im Augenblick endgültig verwirklicht und entscheidet“ (Hervorh. v. Welte). 328) ZG 15-27, bes. 21-27 und Die Lehrformel 100-117, bes. 110f. 329) G 54, 41-48; G 61, 18-21. 330) G 54, 44: „Die so sich zeitigende Gegenwart nennen wir den geschichtlichen Augenblick“ (Hervorh. v. Welte). 331) G 61, 18f: „Das unvergleichliche Einmal des Augenblicks: das scheint eine Grundeigentümlichkeit der Zeit der Geschichte zu sein“. 332) G 54, 44. 333) G 54, 45. 334) G 54, 48. 335) P 66, 81-83. 336) P 66, 81f: „In der Begegnung ereignet sich der Augenblick“. 337) P 66, 82f. 338) ZG 21-27. 339) ZG 22. 340) ZG 23. 341) ZG 22. 342) ZG 23; vgl. V 69/70, 204 die Rede vom „geschenkten Augenblick der Erfahrungen“. 343) ZE 253. 344) ZG 22. 345) ZG 23. 346) Die Lehrformel 110f: „Im Ereignis geschieht je etwas, und es geschieht so, daß es aus sich selber hervortretend und sich öffnend ... den ... Menschen angeht und anruft und, falls er sich öffnet, in dessen Eigenstes eintritt oder doch in dessen Eigenstes hineinruft. Es er-eignet sich ... und es eignet sich zu ...“ (Hervorh.
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v. Welte). Vgl. die fast identische Aufnahme dieser Stelle in ZG 313. Die Lehrformel 111. G 49/50, 175 (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 139; W 62, 115; WG 186; Die Lehrformel 100; J. Chr. und 328; bes. SE 417 Anm. 4: „Der Gedanke der epochalen Geschichte des Seinsverständnisses wurde bei mir angeregt durch Martin Heideggers Begriff der Seinsgeschichte. Doch ist er diesem gegenüber selbständig gebildet“. Vgl. auch WMR 48. Vgl. SZ 1: „Die konkrete Ausarbeitung der Frage nach dem Sinn von ‘Sein’ ist die Absicht der folgenden Abhandlung“ (Hervorh. v. Heidegger) und ebd. § 5. Hum 72. Hum 72; vgl. auch O. Pöggeler, Sein als Ereignis, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 13 (1959) 597-632, 617. SZ 25; N II, 462. WiM 9. ID 38: „Allein wir suchen die Kraft nicht im schon Gedachten, sondern in einem Ungedachten, von dem her das Gedachte seinen Wesensraum empfängt“. KMPh 234f (Hervorh. v. Heidegger). WiM 28. 358) WiM 31. 359) WiM 31. 360) WiM 32. SZ 186. WiM 34. WiM 35. WiM 47 (Hervorh. v. Heidegger). WiM 52. WdG 5: „Die ontologische Differenz ist das Nicht zwischen Seiendem und Sein“. Hum 77: „Die Lichtung selber aber ist das Sein“. WW 18. HW 332; vgl. auch SG 108. Hum 81f; vgl. auch SG 122. SG 108. SG 114 (Hervorh. v. Heidegger). Vgl. SG 143. Vgl. SG 158 und 161. Hum 56f; vgl. auch SG 158. SG 158 (Hervorh. v. Heidegger). SG 159; vgl. auch WW 28. SG 110 (Hervorh. v. Heidegger). SG 158; N II, 481. SG 154; vgl. HW 206 und K 43. Vgl. SG 154. ZS 9: „Seinsgeschichte heißt Geschick von Sein, in welchen Schickungen sowohl das Schicken als auch das Es, das schickt, an sich halten mit der Bekundung ihrer selbst. An sich halten heißt griechisch epoché. Daher die Rede von Epochen des Seinsgeschickes. Epoche meint hier nicht einen Zeitabschnitt im Geschehen, sondern den Grundzug des Schickens, das jeweilige An-sich-halten seiner selbst zugunsten der Vernehmbarkeit der Gabe, d.h. des Seins im Hinblick auf die Ergründung des Seienden“. Vgl. SG 160f.
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HW 208. SD 62. SG 158. HW 260: „Die Metaphysik wäre als Geschichte der Wahrheit des Seienden als solchen aus dem Geschick des Seins selbst ereignet“. Vgl. auch bes. N II, 335ff. HW 332: „Das Griechische, das Christentum, das Neuzeitliche, das Planetarische und das im angedeuteten Sinne Abend-Ländische denken wir aus einem Grundzug des Seins, den es als die Alétheia in der Léthe eher verbirgt als enthüllt. Doch dieses Verbergen seines Wesens und der Wesensherkunft ist der Zug, in dem das Sein sich anfänglich lichtet, so zwar, daß ihm das Denken gerade nicht folgt. ... Dergestalt beirrt das Sein, es lichtend, das Seiende mit der Irre. Das Seiende ist in die Irre ereignet ...“ (Hervorh. v. Heidegger). WiM 12; N II, 353. WiM 7. Vgl. auch N II, 345ff. N II, 350 (Hervorh. v. Heidegger). WiM 11. Vgl. ID 62. ID 51: „Das Sein des Seienden wird im Sinne des Grundes gründlich nur als causa sui vorgestellt“. ID 45; vgl. N II, 347f. N II, 485; ZS 20-25; vgl. O. Pöggeler, Sein als Ereignis, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 13 (1959) 597-632, 622. ID 58. 398) ID 59. 399) ZS 5. 400) ZS 20 (Hervorh. v. Heidegger). ZS 22f. 402) ZS 23. 403) ZS 24. Vgl. etwa G 54, 103 und 129; G 61, 37-40; G 67/68, 127-183; W 51, 88-94; W 62, 87-115; WG 185f; HV 51-57; SE 416-419; ZG 38f; ZG 152f; ZG 306f; ZE 220-224; ZE 234f; Credo ut 16-25; Die Lehrformel 100-105; J. Chr. und 328-330; als Hinweise in den Vorlesungen vgl. bes. die hermeneutischen Vorlesungen, etwa V 48/49, 84 und 87; V 58, 56 und 62-78; V 62/63, 92-99; V 69/70, 107 und 119-123. G 61, 37. G 61, 39. Die Lehrformel 103; vgl. Credo ut 20. Vgl. S. 411 Anm. 349 dieser Arbeit. G 67/68, 134 und 135. Vgl. G 67/68, 133-135. G 67/68, 135 (Hervorh. v.Welte). G 67/68, 137; vgl. auch G 54, 103 und W 51, 89. G 67/68, 139; vgl. auch ZG 38. G 54, 103. G 67/68, 141. G 54, 129. W 51, 101. G 67/68, 139. G 54, 129; vgl. WG 187. Vgl. SE 328f. Vgl. SE 141.
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422) SE 134. 423) W 51, 89f (Hervorh. v. Welte). 424) W 51, 89. 425) W 51, 97; WG 186 u. a.. 426) HV 52. 427) Vgl. W 51, 108-112, bes. 108: „Alle Weltbildungen dieser Art, so konkret und historisch gebunden sie sind, zeigen nun doch auf eine mehrfache Weise ihre Abkunft aus dem transzendentalen Horizont, der schlechthin alles, in dem, was es schlechthin ist, im vorn hinein umfaßt. Es entsteht im Innern einer solchen historischen Welt eine Art sekundärer perspektivischer Transzendentalität“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch HV 51: „Der transzendentale, alles einbegreifende Grund unseres Seinsverständnisses als unseres Verstehenshorizontes zeigt sich immer in einer konkret-geschichtlichen Abwandlung. Diese modifiziert je und je die transzendentale Natur des Verstehenshorizontes“ 428) G 67/68, 153f; vgl. SE 119. 429) Vgl. ME 219. 430) G 67/68, 155f: „Die Einzigartigkeit der Weltzeit, verbunden mit der grundsätzlichen Universalität des Horizontes aller Weltzeiten bringt es mit sich, daß das geschichtliche Leben das Unvergeßliche ist“. 431) G 67/68, 138. 432) G 54, 103. 433) Vgl. G 67/68, 164. 434) Vgl. S 168 dieser Arbeit. 435) G 67/68, 143. 436) G 67/68, 143; vgl. G 61, 39; Die Lehrformel 103; J. Chr. und 328. 437) ZG 152. 438) Vgl. M. Heidegger, SZ 151, 324. 439) G 67/68, 144f; vgl. auch SE 125 den „Kanon des Selbstverständlichen“(Hervorh. v. Welte). Zur Notwendigkeit der Negativität der Erfahrung als Erfahrung des Fremden als Bedingung der Erfahrung des Eigenen als Eigenen vgl. S. 225 dieser Arbeit. 440) G 67/68, 146. 441) ZG 307; vgl. Credo ut 25 und die Lehrformel 105. 442) G 67/68, 147. 443) G 61, 39. 444) Vgl. Gl 23 den Hinweis auf die Uhrenzeit als System der Sicherung und Verfügbarmachung des Unverfügbaren. 445) Vgl. S. 160f dieser Arbeit. 446) G 67/68, 164; vgl. die in anderem Zusammenhang stehende Beschreibung der Möglichkeit der Zeitigung des Augenblicks der Erfahrung als „bisweilen jäh, bisweilen in langsamem Wachstum“ in V 69/70, 203. 447) Vgl. G 67/68, 171. 448) G 67/68, 172. 449) G 67/68, 38 und 48. 450) G 54, 42. 451) J. Chr. und 329. 452) V 62/63, 93. 453) V 62/63, 93. 454) G 67/68, 152; vgl. HV 52. 455) Vgl. etwa G 67/68, 150f. 456) W 62, 95f; G 67/68, 149f.
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W 62, 97. W 62, 96f. Vgl. G 67/68, 135. W 62, 93: „Dabei sehen wir, daß die epochalen Welt- und Wahrheitsgestalten nie statisch festzulegen sind. Sie sind immer in Bewegung, an allen Punkten“. G 67/68, 146. G 67/68, 147; vgl. W 62, 91f: „Der Ursprung entläßt eine Epoche aus sich und er hält sie zugleich in sich“. G 67/68, 147. W 62, 95. G 67/68, 148. G 67/68, 148. G 67/68, 148. Die Beschreibung der mittleren Zeiten als „Gleichgewicht zwischen der freien Entfaltung der reichen Möglichkeit einerseits und der noch ungebrochenen Einheit des epochalen Lebensgrundes andererseits“ und der Nachsatz: „Darin können sie zum Rang des Klassischen aufsteigen“ lassen darauf schließen, daß der Begriff des Klassischen bei Welte nicht reiner Stilbegriff ist, insofern zwischen dem Gleichgewicht von Inhalt und Form und dem Klassischen keine Identität gesetzt ist. Es läßt sich vermuten, daß in Weltes Auffassung des Klassischen der Gedanke des Normativen mitschwingt. Worin aber die Normativität des Klassischen liegt gegenüber dem bloßen Gleichgewicht von Einfachheit und Fülle und auch gegenüber der Normativität, die auch in frühen und späten Zeiten als dem Austrag des Zuspruchs des Seins schwingt, wird von Welte nicht ausdrücklich gemacht. Es ist hier nicht Thema. Weltes Begriff des Klassischen kann wohl verglichen werden mit dem von Gadamer in WM 269-275 Gesagten. Die Definition des Klassischen durch Gadamer, „daß die Fortdauer der unmittelbaren Sagkraft eines Werkes grundsätzlich unbegrenzt ist“ und die daran angeschlossene Frage: „Liegt am Ende solche geschichtliche Vermittlung der Vergangenheit mit der Gegenwart, wie sie den Begriff des Klassischen prägt, allem historischen Verhalten als wirksames Substrat zugrunde?“ (WM 274) dürften auch für Welte Gültigkeit haben. Auch für ihn haben über das Klassische hinaus grundsätzlich und der Möglichkeit nach alle geschichtlichen Zeiten und Gestalten als das einmalig Einzigartige unbegrenzte Sagkraft, und sie fordern auch als das Unvergeßliche das Andenken je jeder Gegenwart. Und es gilt für Welte auch, daß das Klassische als Geschichtliches seine Normativität nur geschichtlich entfalten kann (vgl. für Gadamer WM 271 die Beschreibung des Klassischen als „den grundsätzlichen Vollzug der Bewahrung, die - in immer erneuerter Bewährung - ein Wahres sein läßt“). Der Unterschied zum Nicht-Klassischen scheint innerhalb dessen in der Helle seiner Strahlkraft und der je größeren Unmittelbarkeit und Unverhülltheit zu liegen, in der es in seiner geschichtlichen Bedeutsamkeit je neue Gegenwart als Zuspruch von Wahrheit bewegt und einfordert, aber dies nur auf dem Grunde der grundsätzlichen Normativität alles Geschichtlichen als des Einzigartigen und Unvergeßlichen. Das Klassische ist nicht Höhepunkt einer evolutiven Entwicklung, in der dieser frühere und spätere Phasen überholt oder negiert, sondern das Klassische hat als Geschichtliches seine Herkunft und Zukunft bleibend und unablösbar bei sich. Zu fragen bleibt, ob die
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Möglichkeit des Klassischen nach Welte ausschließlich auf die „mittleren Zeiten“ beschränkt werden muß. Vgl. etwa Credo ut 21-23 u. a.. Vgl. ZG 307. ZE 235. ZE 239. Vgl. J. Chr. und 329. Vgl. SE 117f. Vgl. W 62, 96; G 67/68, 145. Die Lehrformel 107. SD 62. Vgl. N II, 353. Vgl. V 48/49, 84. Zu vgl. ist auch ‘Das Heilige in der Welt und das christliche Heil’ (1948/49), in: SE 113-151, wo das Heilige in seiner Phänomenalität als das Vertrauteste und Nächste und doch zugleich Unberührbare und Entzogene, als das in seiner Entzogenheit Anwesende entfaltet und die Welt als der je „qualitativ bestimmte Raum möglicher Gegenwärtigkeit“ (118) bestimmt wird, in welchen Bestimmungen der Gedanke der Geschicklichkeit der Wirklichkeit als im Hintergrund mitschwingend mit gedacht werden kann, aber er wird nicht als Geschick des Seins ausgesprochen und nicht auf dessen Geschichtlichkeit hin bedacht, wenn auch diese Bestimmungen in einem kurzen Blick auf die Geschichte zusammengefaßt werden in der Beschreibung der Geschichte „als die immer neue Ankunft des Unerhörten, als das immer neue Heraufsteigen aus dem Unaussprechlichen, aus dem heiligen Grunde“ (148). Darin zeigt sich, daß schon früh der Gedanke der Geschicklichkeit und Geschichtlichkeit des Grundes von Wirklichkeit, hier als das Heilige betrachtet, mitschwingt, welche Geschichtlichkeit allerdings nicht als solche eigens bedacht und im Blick auf die Geschichte selbst, wie die Vorlesung G 49/50 zeigt, noch nicht zu vollem und klarem Durchbruch gelangt ist. Darin zeigt sich ein weiteres Mal, wie der Gedanke des Geschicklich-Geschichtlichen schon in den frühen Texten aufleuchtet, jedoch in der Breite der Entfaltung seiner selbst und seiner Konsequenzen und Implikationen sowohl für den besonderen Blick auf das Geschichtliche als solches wie auch im Blick auf andere Themen, wie etwa dem der Wahrheit, des Verstehens, der Erfahrung, der Personalität u. a. erst nach und nach ausdrücklicher wird, er mithin selbst geschichtlich geschieht. Vgl. V 58, 56: „Es gibt kein System der Geschichte, sondern nur das je neue Offensein für ihren Gang und die von ihr je heraufgeführten Weisen zu sein“ und V 62/63, 93f: Die „epochalen Verschiebungen sehen wir in unableitbarer Einmaligkeit je aus unberechenbaren Gründen aufsteigen. Es gibt kein System der Epochen und ihrer Sprache. Die umfassenden epochalen Mächte, die Welt und Sprache im Großen bestimmen, sind je unvergleichlich einmalig ... und unableitbar von rationalen Regeln. D.h. Schicksal, Geschick. Geschichtlichkeit“ (Hervorh. v. Welte). W 51, 88-91. Als Zusammenfassung der Vorlesung W 51 kann der Aufsatz WG gelesen werden. Dort vgl. für diesen Zusammenhang 185f. Was im folgenden zur Vorlesung W 51 gesagt wird, gilt ebenso für diesen Aufsatz. W 51, 91. Vgl. WG 186. W 51, 89.
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W 62, 16. Vgl. W 62, 16-29. W 51, 90 (Hervorh. v. Welte); WG 186. W 62, 30. W 62, 40. W 51, 30f. Vgl. G 54, 27f und S. 61f dieser Arbeit. Eine parallele Beobachtung läßt sich von einem Blick auf die Vorlesungen ‘Über den Begriff Gottes’ machen. In der Vorlesung B 52 fehlt der Gedanke ganz. In der Vorlesung B 56/57 zeigt sich z. B. in der Formulierung: „Die Geschichte steht im Gange von Gewährung und Entzug“ (B 56/57, 172) der Gedanke der Seinsgeschichte im Hintergrund an. Und er findet seine Entfaltung im Verstehen religiöser Epochen aus dem diese gründenden, dem Menschen entzogenen Geschick der Entbergung und Verbergung, „der Nähe und der Ferne, des Leuchtens und des sich Versagens“ (B 56/57, 165) des Geheimnisses selbst (vgl. B 56/57, 162-167). Dies verstärkt sich in der Vorlesung B 60/61, in der im Schlußkapitel das Göttliche als Gestalt und Offenbarung entfaltet wird, welche Epiphanie als „Ereignis und Geschick“ (B 60/61, 236) bestimmt wird und in dem daraufhin die Geschichte im Bild eines Stromes beschrieben wird, „dessen stets bewegte Fläche in immer neuen Figuren ins Unabsehbare zielt. Immer wieder neu und immer wieder anders schickt sich diesem bewegten Element der himmlische Strahl zu aus der immer selben Quelle des Lichts, und immer wieder neu und immer anders fängt das bewegliche Element den Strahl wiederleuchtend (gemeint wohl ‘widerleuchtend’, Zusatz von mir) auf“ (B 60/61, 244f; Her vorh. v. Welte). Diese Ausführungen zur Geschichtlichkeit des Geheimnisses als Gestalt und Offenbarung wurden in der Vorlesung B 66/67 aufgenommen und zum Teil ergänzt und fassen sich in dem Satz zusammen: „Der Gott als der epiphanische Gott ... ereignet sich geschichtlich (Gott Abrahams), er begründet, sich so ereignend, geschichtliche Zeiten und Welten und erweist damit seine geschichts-stiftende Macht“ (B 66/67, 228; Klammerbemerkung v. Welte). Diese Beobachtungen zeigen an, wie der Gedanke der Geschicklichkeit des Geschichtlichen ausdrücklicher und betonter wird. G 49/50, 78. Vgl. SG 185. Vgl. Die Lehrformel 111. Vgl. dazu etwa die Stellen zur Entschiedenheit des Seins des Seienden als Widerspruch gegen das nichtige Nichts in den Vorlesungen ‘Über den Begriff Gottes’ B 52, 27-31; B 56/57, 3539; B 60/61, 103-110; B 66/67, 113-118. Vgl. L. v. Ranke, Über die Epochen 59f und S. 410 Anm. 324 dieser Arbeit. G 67/68, 172. G 67/68, 14 (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 140f. Vgl. S. 165f dieser Arbeit. Vgl. Die Lichtung (1948); Die Gottesfrage im Denken Heideggers (1964), in: SE 262-276; La question (1971); Gott im Denken Heideggers (niedergeschrieben nach Weltes HeideggerSeminar im Sommersemester 1973 - vgl. Erinnerung 249 -, veröffentlicht 1975), in: ZG 258280. Die Manuskripte zu den Seminaren ‘Das Heilige im Denken M. Heideggers’ vom Winter-semester
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1957/58 und dessen Fortsetzung im Sommersemester 1958 und ‘Die Gottesfrage im Denken M. Heideggers’ im Sommersemester 1973 geben in dieser Frage keine weiteren Einsichten über das in den Veröffentlichungen Gesagte hinaus. Vgl. zum Folgenden auch die Interpretation von Heidegger-Aufsätzen Weltes als Stationen auf dem Weg zur nachmetaphysischen Sicht Gottes durch S. Kusar, in: Dem göttlichen Gott entgegen denken, Freiburg 1986, 245-265. Die leitende Frage, unter der Kusar Weltes Heidegger-Aufsätze interpretiert, ist weitergefaßt als die dieser Untersuchung, welche die Aufsätze speziell unter der Frage des Verhältnisses von Sein und Gott betrachtet. Für diese Frage erscheint mir der Aufsatz ‘Le question’ von 1971, auf den Kusar nicht eingeht (vgl. 245f), bedeutend, da er eine wichtige Station auf dem Denkweg Weltes zur Gottesfrage bei Heidegger gerade in Hinsicht des Verhältnisses von Sein und Gott markiert. 501) Nach Welte hat Heidegger in einem Brief zu dem Aufsatz von 1973 (vgl. ZG 258-280) interessiert Stellung genommen und den Abdruck dieses Textes anstelle eines eigenen Beitrags für einen brasilianischen Sammelband über europäische zeitgenössische Philosophie vorgeschlagen (vgl. Erinnerung 249f). Der entsprechende Brief Heideggers an Welte findet sich in Weltes Nachlaß und ist datiert vom 13. August 1974 (nun veröffentlicht in: Fragend und lehrend den Glauben weit machen, hrsg. v. K. Hemmerle, München/Zürich 1987, 124). Darin heißt es: „Ihr sorgfältig vorsichtiges Mitdenken ist so erfreulich wie selten. ...Sie folgen klar einem Zug meines Denkens in seinen sich wandelnden Stadien. Er könnte, das wissen Sie selbst, z. B. durch eine Erörterung des Wesens der modernen Technik und der immer noch nicht bedachten Gründung der neuzeitlichen Wissenschaft in diesem Wesen angereichert werden.Ich habe keine Bedenken zu Ihrem Text, aber einen Vorschlag: Sie könnten bei einer Veröffentlichung durch eine Fußnote auf der ersten Seite die Leser bitten, zuvor den Schlußabschnitt ... zu beherzigen. Dadurch wäre verhindert, daß man gegen Ihre Absicht sich dennoch aus Ihrem Text feste Thesen besorgte und abgerissene Meinungen, statt fragend unterwegs zu bleiben. Dies fällt freilich unserem informationsgierigen Zeitalter immer schwerer. ... Seit Jahren lehne ich ein Interview über mein Denken grundsätzlich ab. Doch in diesem Falle gibt es einen vollgültigen Ersatz: Ihren eigenen Text und die Art Ihres Mitdenkens“ (Hervorh. v. Heidegger). 502) Vgl. dazu E. Coreth, Auf der Spur der entflohenen Götter? Martin Heidegger und die Gottesfrage, in: Wort und Wahrheit 9 (1954) 107-116; M. Müller, Existenzphilosophie im geistigen Leben der Gegenwart, 3., wesentl. erw. und verb. Aufl. Heidelberg 1964, 63-72; G. Siewerth, Martin Heidegger und die Gotteserkenntnis, in: Gesammelte Werke 3 (Gott in der Geschichte. Zur Gottesfrage bei Hegel und Heidegger), hrsg. v. A. von Stockhausen, Düsseldorf 1971, 264-279; ders., Martin Heidegger und die Frage nach Gott, ebd. 280-293; H. Danner, Das Göttliche und der Gott bei Heidegger, Meisenheim a. d. Glan 1971; J. Brechtken, Geschichtliche Transzendenz bei Heidegger. Die Hoffnungsstruktur des Daseins und die gottlose Gottesfrage, Meisenheim a. d. Glan 1972; A. Gethmann-Siefert, Das Verhältnis von Philosophie und Theologie im Denken Martin
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Heideggers (Symposion 47), Freiburg 1974; A. Jäger, Gott. Nochmals Martin Heidegger, Tübingen 1978. Die Lichtung 412. Die Lichtung 412: „Nur ein ... Mitdenken wird auch fähig sein, auf die Frage einzugehen, ob das Denken Martin Heideggers nihilistisch und atheistisch sei oder nicht. Denn nur dann werden wir diese Frage beantworten können, wenn wir uns die andere vorher klargemacht haben: ob Gott ein Seiendes sei, oder nicht vielmehr das Sein und damit also kein Seiendes“. Vgl. dazu auch M. Müller, Existenzphilosophie im geistigen Leben der Gegenwart, 3., wesentl. erw. und verb. Aufl., Heidelberg 1964, 65 Anm. 1, der diese Identifizierung von Sein und Gott bei Heidegger durch Welte als ein Mißverstehen des Gedankens Heideggers deutet. Die Lichtung 412. Hum 77: „Die Lichtung selber aber ist das Sein“. Hum 76 (Hervorh. v. Heidegger). Hum 76. SE 269. SE 269. SE 269. Welte verweist in diesem Zusammenhang in der Vorlesung B 60/61, 120f auf Kant. Vgl. auch ME 82. Vgl. I. Kant, Kritik der reinen Vernunft B 641: „Man kann sich des Gedankens nicht erwehren, man kann ihn aber auch nicht ertragen, daß ein Wesen, welches wir uns auch als das höchste unter allen möglichen vorstellen, gleichsam zu sich selbst sage: Ich bin von Ewigkeit zu Ewigkeit, außer mir ist nichts ohne das, was bloß durch meinen Willen etwas ist; aber woher bin ich denn? Hier sinkt alles unter uns, und die größte Vollkommenheit, wie die kleinste schwebt ohne Haltung bloß vor der spekulativen Vernunft, der es nichts kostet, die eine so wie die andere ohne die mindeste Hindernis verschwinden zu lassen“ (Hervorh. v. Kant), in: Kant’s gesammelte Schriften, Bd. III, hrsg. von der Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften, Berlin 1911, 409. ID 64. SE 273. VA 177. ID 45. ID 65. Hum 102 (Hervorh. v. Heidegger). Vgl. dazu das kurze undatierte Exposé ‘Bemerkungen zum Seinsbegriff Heideggers’ aus dem Nachlaß Weltes, das Anfang/Mitte der fünfziger Jahre entstanden sein dürfte und in dem Welte die Bedeutung der Heidegger’schen Aussagen über das Verhältnis von Sein, Nichts und Heiligem zu Gott und dem Fehl Gottes als phänomenologische Anzeigen schon klar faßt und betont, bes. 4: „Keine metaphysische Aussage (über Identität oder Nicht-Identität zweier Gegenstände des vorstellenden Denkens, ‘Dinge an sich’). Bezeichnet die Genauigkeit des Weilens beim Aufgehenden, welches alles weitere (außer Nichts-Sein-Heilig) versagt. (Achtung der Grenzen, Hum.br. 103)“ (Klammerbemerkungen und Hervorh. v. Welte) und ebd. 5: „Wie zu denken: ... nicht als formales genus-species Verhältnis ... nur als dessen eigene noch verschlossene Tiefe kann es ursprünglich aufgehen, und darum handelt es sich“ (Hervorh. v. Welte); (nun veröffentlicht in:
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Fragend und lehrend den Glauben weit machen, hrsg. v. K. Hemmerle, München/Zürich 1987, 133-138, 137 u. 138). Zu vgl. ist auch Weltes Handexemplar von ‘Sein und Zeit’, in dem auf S. 36 neben dem Abschnitt über die Verdecktheit der Phänomene die Worte „Heilig, Gott“ und kurz danach neben der Bemerkung Heideggers über die Verstellung der Phänomene durch Begriffe und deren Systeme die Worte „Ursache, Substanz“ von Welte beigefügt sind. Diese Marginalien Weltes unterstreichen seine Betonung der Notwendigkeit des phänomenologischen Verständnisses der Rede Heideggers vom Heiligen und Göttlichen und dem Fehl Gottes und seine Deutung der Verneinung des Seins als Gott durch Heidegger im Sinne des Gottes der Metaphysik als causa sui. SE 276. 520) SE 276. 521) SE 276. 522) ZS 5. 523) SE 276. La question 162-164. La question 163: „Et la pensée nous mène à dire que l’Etre disparaît dans l’événementappropriation. Il devient événement et se donne: éclaircissement, pré-sence (Lichtung, Anwesen). Le terme ‘Etre’ disparaît aussi dans cette expérience“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). La question 164. La question 164. La question 164. SE 276. La question 164. La question 164; vgl. Neue Züricher Zeitung vom 05.10.1969, Nr. 606, S. 51. Auf diese Äußerung Heideggers verweist Welte auch am Ende des Abschnitts über Heidegger in der Vorlesung Ph 70/71 u. 72/73, 187-235, wo er auf den Seiten 232-234 knapp auf Heideggers Gottesgedanken eingeht (vgl. dort 234). La question 164: „L’éminent est le Dieu. Son existence a d’après ce texte la forme de la dissimulation et de la privation que nous préoccupe“. ZG 258. ZG 258. ZG 279. ZG 277-279; vgl. VA 166 und 171. ZG 264 (Hervorh. v. Welte). ZG 264; vgl. WiM 52. ZG 264; vgl. Hum 76: „Doch das Sein - was ist das Sein? Es ist Es selbst“. ZG 265 (Hervorh. v. Welte). ZG 273. ZG 274. ZG 279. ZG 278 (Hervorh. v. Welte). Vgl. dazu auch die Darstellung Gottes als epiphanische Gestalt des absoluten Geheimnisses in Rph 132-150; B 56/57, 162-170; B 60/61, 220-270; B 66/67, 225-228. ZG 280. ZG 203-218. ZG 219-227. G 54, 128f. B 52, 64-69.
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Vgl. Thomas von Aquin, STh I, q. 3, a. 7 und ScG L. I, cap. 25. Thomas von Aquin, STh I, q. 3, Einl.. Thomas von Aquin, STh I, q. 3, a. 5; ScG L. I, cap. 25. B 52, 64f; vgl. B 60/61, 116; Mph 43, 119f; PhGl 156; vgl. zu diesen Fragen auch bes. ZG 208-218. B 66/67, 171 (Hervorh. v. Welte). B 52, 67. Vgl. dazu Weltes Ausführungen zu Meister Eckhart, der die Bestimmung des Seins für Gott ausdrücklich verneint, in: ME 85-110 verneint. Vgl. Meister Eckhart, DW I, 402, 1f: „Und enist er noch güete noch wesen noch wárheit noch ein, waz ist er denne? Er ist nihtes niht, er enist weder diz noch daz“ (übersetzt ebd. I, 522: „Wenn er nun weder Gutheit noch Sein noch Wahrheit noch Eins ist, was ist er dann? Er ist gar nichts, er ist weder dies noch das“). Und vgl. etwa Nikolaus von Kues, De Deo abscondito, in: Opera omnia IV (Opuscula I), hrsg. v. P. Wilpert, Hamburg 1959, 1-10, bes. 8: „GENTILIS: Sic igitur deo non conveniret esse. CHRISTIANUS: Recte dicis. GENTILIS: Est ergo nihil. CHRISTIANUS: Non est nihil neque non est, neque est et non est, sed est fons et origo omnium principiorum essendi et nonessendi“. Vgl. etwa SE 36 und LN 57-60. Vgl. ZG 215-218, bes. 216: „Sie (die Metaphysik, Zusatz v. mir) birgt in sich einen Hintergedanken zur Metaphysik, mit dem sie wie auf dem Sprunge über sich hinaus verhofft. Sie birgt die Möglichkeit, über das Seiende ganz hinauszuspringen und das begriffliche Feststellen zu überwinden in das hinein, was jenseits aller Begriffe ist. Die Metaphysik birgt einen Keim der Möglichkeit zur Überwindung der Metaphysik“. Vgl. auch ZG 219-227. Vgl. ME 105-110 und vgl. B 60/61, 119 das Zitat des Anfangs des ersten Spruchs des Tao Tê King von Lao-Tse: „Tao, kann es ausgeprochen werden,/ ist nicht das ewige Tao./ Der Name, kann er genannt werden,/ ist nicht der ewige Name./ Das Namenlose ist des Himmels und der Erde/ Urgrund ...“ (zitiert nach der Übersetzung von Victor von Strauss, hrsg. v. W.Y. Tonn, Zürich 1959, 57). B 52, 68. B 66/67, 171; vgl. B 52, 69; SE 319 und Rph 71. SE 328 (Hervorh. v. Welte). Vgl. zum Denken des überkategorialen Seins auch Mph 43, 118127. Die Lehrformel 115: „Wenn das Weltalter der Metaphysik für uns eine geschickhafte Notwendigkeit war, wenn es christlich verstanden, eine Fügung Gottes war, so ...“. Vgl. auch G 54, 128f. ZG 315; Atheismus 194. J. Chr. und 336; G 67/68, 206 u. a.. ZG 280. Vgl. zu diesem Abschnitt auch ZG 203-218 und ZG 219-227. SZ 19. 569) WiM 9. 570) WiM 8. 571) WiM 10. WiM 49. SZ 22. WiM 9. SG 158.
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576) 577) 578) 579) 580) 581) 582) 583) 584) 585) 586) 587) 588)
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SZ 26; KMPh 198. KMPh 198. WiM 49. SG 33. WiM 49. WiM 49. WiM 49. Die Lehrformel 110; Atheismus 194. ME 84; vgl. ME 87. ZG 226; ME 98. Die Lehrformel 112. SF 105. Vgl. Mph 43, 124: Es „ist aber gerade dieses (das Denken des Seins, Zusatz v. mir), was als oberste Grenz-Möglichkeit des geistigen Verhaltens sich ankündigt, doch gerade als die höchste und einzige Erfüllung unseres geistigen Seins, in der allein wir als denkende Wesen ganz wären, was wir sind. Also gerade nicht eine gleichgültige außerhalb unseres eigentlichen Seins liegende sonderbare und ausgefallene Möglichkeit, wie man sich als geistiges Wesen auch verhalten könnte, sondern als die einzige Wesenserfüllung, um die es in all unserem Denken geht, denn dies ist ja immer notwendig eine Bewegung vom Seienden zum Sein“ (Hervorh. v. Welte). Und vgl. B 60/61, 122f: „... 1. daß dem Unbegreiflichen vielleicht eine eigene Weise des Denkens zukommt, die zwar Denken ist, vielleicht sogar im höchsten Sinne, aber nicht Begreifen, und 2. daß das Unbegreifliche und Unendliche im Grund und im Herzen alles Seienden als das Unbegreifliche doch eigentümliche Bezüge unterhält zum Begriff ...“. 589) SE 328: „Aber eben dieses ‘ist’ wird ja in der transzendierenden Seinsverwunderung und Seinsfrage überschritten. In solchem Überschritt wird also das Unausdenkliche, Unbegreifliche, Unaussprechliche gedacht“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. SE 128. 590) Vgl. Mph 43, 123: „Es (das Denken, Zusatz v. mir) darf ... sich an nichts Seiendem und an keiner für Seiendes geltenden Kategorie mehr festhalten wollen, es muß sich sozusagen von allem Halt abstoßen in den reinen Abgrund des unendlichen Raumes, der ihm von selber her eröffnet ist. Es darf in diese Weite nicht, seinem gewöhnlichen Drange folgend, kategoriale Linien, Grenzen und Gestalten eintragen, es darf nicht ‘etwas’ denken, sondern muß versuchen, ‘nichts’ zu denken, nämlich nichts Seiendes. Und es muß zusehen, was hinter dieser Negation Positives steht und zu ihm spricht. Dieses Nichts-denken heißt nicht: nicht denken. Im Gegenteil: es heißt, daß das Denken in seiner eigensten und unbegrenzesten Weite und in seiner höchsten Wachheit sich befindet, hier einmal ganz bei sich, reines Denken, welches nicht im Betrieb des Seienden mehr auf- und untergeht, in welcher einem der Verstand buchstäblich stille steht, in der unbegrenzten Stille und Offenheit seiner selber verweilt, verstummend, aussagelos, wortlos, kategorie-los sich dem öffnend und verstummend, was nur so zu ihm sprechen kann“ (Hervorh. v. Welte). In diesem frühen Text spricht Welte schon vom „Nichts-denken“, wobei aber die Entfaltung dieses Denkens noch nicht wie in späteren Texten mit einer Metaphysik-ritik verbunden wird. 591) Vgl. B 52, 25; SE 130.
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Vgl. B 56/57, 96-108. B 52, 55 (Hervorh. v. Welte); vgl. B 56/57, 103 und B 66/67, 104. B 52, 61 (Hervorh. v. Welte). 595) Vgl. ZG 222 und 226. 596) SE 140. SE 141. Vgl. SE 142. Die Lehrformel 115; vgl. ZE 36 und J. Chr. und 335. Die Rede von der Überwindung der Metaphysik und vom Nachmetaphysischen ist bei Welte im Horizont der Geschichtlichkeit gemeint und nur darin angemessen verstehbar. Sie unterscheidet sich daher grundlegend von der Rede vom Ende der Metaphysik im Sinne etwa des Kritischen Rationalismus, der alles ablehnt, „was das Empirische überschreitet“ (Atheismus 194). Im Sinne des Geschichtlichen bedeutet Ende nicht nichtiges Nicht-mehr, sondern Gewesensein und damit Gegenwart und Zukunft. ZG 316. J. Chr. und 335. ZG 216. ZE 42: „In der Tat, dieser Begriff (des Ereignisses, Zusatz v. mir) ist mir wichtig geworden und ist es noch. Und gewiß hat das so ansetzende Denken seinen Bezug zur Zeit und zur Geschichte“. ZE 38; vgl. Die Lehrformel 116 und SE 457. ZE 38. ZE 42. W 62, 16-29; vgl. zu Weltes Gedanken über die Wahrheit auch W 51; WG und ME 45-. Vgl. Thomas von Aquin, De veritate q. 1, a. 1. W 62, 17. W 62, 21 (Hervorh. v. Welte). W 62, 22. W 62, 23. Für Heideggers Verständnis von Wahrheit und seine Kritik an der AdaequatioLehre vgl. SZ 212-230 und WW. W 62, 26f: „Dann ist Wahrheit etwa wie ein Gespräch: die Offenheit des Seienden hat darin das erste Wort: es zeigt sich, Hinblicke erst möglichend, als das Maßgebliche für alles Denken. Aber das Denken seinerseits hat auch sein Wort. Es bringt den lebendigen Raum (Blick), in dem das sich Offenbaren, das Maßgebliche des Seienden, sich erst entfalten kann. Es ist der Ort der Entfaltung und des Waltens der Wahrheit ...“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). W 62, 27f (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte); vgl. W 62, 31. W 62, 16. W 62, 31 (Klammerbemerkung v. Welte). M. Heidegger, WW 16. W 62, 30. W 62, 30. Vgl. W 51, 72-114; WG 183-187; W 62, 50-72. WG 186; vgl. W 51, 97,100. W 51, 97; WG 186. W 62, 35; vgl. W 51, 122f. Vgl. auch Mph 43, 55-61,67f,111f. W 62, 36 (Hervorh. v. Welte). W 62, 40.
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627) Vgl. SE 437. 628) W 62, 42f. 629) Vgl. Mph 43, 68: „So besteht jede Relativität und ist jede Relativität allein auf Grund der sie tragenden Absolutheit des Seins“ (Hervorh. v. Welte). 630) W 62, 43. 631) G 67/68, 172; vgl. ebd. 38 und 48 und G 54, 42. 632) W 51, 122 (Hervorh. v. Welte); vgl. W 62, 4. 633) W 62, 4. 634) G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes 11: „Die wahre Gestalt, in welcher die Wahrheit existirt, kann allein das wissenschafftliche System derselben seyn“. 635) Vgl. W 62, 86. 636) W 62, 114 (Hervorh. v. Welte). 637) Vom Gedanken der Geschichtlichkeit des Seins und der Wahrheit ist in Bezug auf die Theologie das Verhältnis von Offenbarung und Geschichte als das Verhältnis von Gott und Geschichte im Hinblick auf eine Geschichte Gottes neu zu durchdenken. Vgl. G 54, 27-29; Rph 142-145 und den Hinweis auf F. Rosenzweig in: ZE 37. 638) W 62, 26. 639) Vgl. dazu auch Weltes Bestimmung der Wahrheit des Glaubens als Ereignis in: ZG 283-291. 640) Vgl. S. 133-139 dieser Arbeit. 641) G 49/50, 125-135. Als allgemeiner Hintergrund zu Weltes Ausführungen über das geschichtliche Verstehen ist W. Diltheys Versuch einer „Kritik der historischen Vernunft“ zu lesen. Vgl. bes.: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften (Gesammelte Schriften VII), hrsg. v. B. Groethuysen, Darmstadt 31961, 191-227. Welte setzt sich mit Dilthey nicht direkt auseinander. Er nennt ihn nur in der Vorlesung W 51, 126 als Theoretiker des Hinübersetzens in andere geschichtliche Welten. Aber Diltheys Werk klingt inhaltlich verschiedentlich an, etwa in der Rede vom Divinatorischen (V 58, 71,76,77; V 62/63, 107; vgl. W 51, 126), vom Einfühlen (G 67/68, 158), vom geschichtlichen Verstehen in der Kategorie des Personalen, von der Notwendigkeit des Selbstseins für das Verstehen fremden Selbstseins, welche Anklänge aber nicht den direkten Bezug auf Dilthey spüren lassen oder gar voraussetzen, sondern sich aus Weltes Gedanken selbst ergeben. Dilthey spielt in Weltes Gedanken nur im Sinne einer allgemeinen Kenntnisnahme seines Werkes hinein. Welte hat über Dilthey in der Doppelvorlesung Ph 70/71 u. 72/73, 78-123 gelesen. Darin stützt er sich aber in hohem Maße auf die Arbeit von P. Hünermann, Der Durchbruch, aus der er auch seine Dilthey-Zitate zieht. Ein Unterschied zu Dilthey liegt darin, daß Welte nicht so sehr das historische Verstehen und die historische Bildung (vgl. Dilthey, Gesammelte Schriften VII, 215f) betont, sondern vor allem die lebendige Anverwandlung und sein Augenmerk auf der Integration und Verwirklichung geschichtlichen Verstehens ins lebendige Dasein als Tradition im Unterschied zur Historie liegt, denn für Welte ist der Bezug zum Gewesenen immer auch der den Menschen als Dasein einfordernde und beanspruchende Bezug zum Sein selbst, in welchem die Epochen transzendental geeint und so gegeneinander offen und füreinander verstehbar sind. Gegenüber Dilthey betont Welte nicht so sehr die Relativität alles Geschichtlichen, als vielmehr die Absolutheit
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der geschichtlichen Relativitäten, welche relative Absolutheit die Einheit der Geschichte trägt und das historistische Mißverständnis des Geschichtlichen als bloßer Relativität, das sowohl Relativität als solche als auch Geschichte in beziehungslose Atome auflöst, überwindet. G 49/50, 131 (Hervorh. von Welte). Dieser Zusammenhang wird bei Welte etwa in den hermeneutischen Vorlesungen nach und nach deutlicher. In den Vorlesungen V 48/49 und V 58 ist das Kriterium wirklichen Verstehens der Ernst und die Öffnung des Selbst zur Begegnung und zum Gespräch, in der Vorlesung V 62/63 ist die Begeg-nung, in der Verstehen geschieht, als Geschick beschrieben, und in der Vorlesung V 69/70 ist das Verstehen auf seine ihm eigene Zeitlichkeit als die Zeitlichkeit der Erfahrung, des Unherstellbaren des geschenkten Augenblicks hin vertieft. Vgl. V 48/49, 139-148; V 58, 168-172; V 62/63, 257-272; V 69/70, 196-212. G 49/50, 87; vgl. G 49/50, 95. Vgl. dazu die zwei Möglichkeiten geschichtlicher Betrachtung, die L. v. Ranke als Aufgabe des Historikers beschreibt, in: L. v. Ranke, Über die Epochen 54-63. Gl 67. G 54, 79f. Vgl. G 49/50, 126. V 69/70, 241; vgl. HV 202. V 69/70, 240. G 49/50, 127. G 49/50, 128. Vgl. dazu auch V 58, 158f; V 62/63, 251-254; V 69/70, 146-148. ‘Glaube’ ist hier nach Welte „in einem vortheologischen, aber nicht in einem un-theolgischen Sinne“ (V 58, 159) gemeint. Glaube als Weise personaler Vergewisserung darf hier nicht im Sinne religiösen Glaubens verstanden werden. Gleichwohl aber schwingt der religiöse Glaube als Glaube an Gott, vom menschlichen Vollzug her gesehen, in diesem „vortheologischen Glauben“ als der Weise personaler Vergewisserung. G 49/50, 129. V 69/70, 146. V 69/70, 146. In der Vorlesung V 69/70 entfaltet Welte das dialektische Ineinander der Vorgabe des Glaubens und der Vorsicht der Kritik eingehend. Vgl. V 69/70, 146-174, bes. 147: „Aber der unerläßliche Vorschuß des Glaubens muß, falls es sich um angemessenes Verstehen handelt, begleitet sein von der Vorsicht der Kritik, kraft derer der Hörende hörend auch selber zusehen will und zusieht (im Hören) ... .In der Vorgabe des Glaubens kommt im Mitvollzug die Führung der Rede ins Spiel des Hörens, in der kritischen Vorsicht die eigene vollziehende Lebendigkeit des Hörenden, d.h. selber Mitvollziehenden“ (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte) und ebd. 200f. Vgl. auch V 58, 159-162; V 62/63, 254-259. Gl 62. G 49/50, 129; vgl. HV 201 den „Schein von Unzuverlässigkeit“ und Gl 62 den „Schein ..., der Glaube als mitmenschlicher Glaube sei ein nicht kontrollierbares Abenteuer“. G 49/50, 125. Vgl. etwa G 49/50, 129; V 58, 168-172; V 62/63, 257-272.
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G 54, 49-61; Vgl. S. 133-137 dieser Arbeit. G 67/68, 163. G 54, 72-90. G 67/68,158-183,201-211; W 51, 92-96,122-133; W 62, 134-146; V 48/49, 139-150; V 58, 62-77; V 62/63, 92-107; V 69/70, 117-123,178-196. Zum Problem des Weltdialogs und des Übersetzens vgl. auch WG 188-191 und Weltes Abhandlungen zur Methode der Theologie und Christologie. W 62, 137. G 54, 72-90. Der Ausdruck „Andenken“ zur Benennung des wesentlichen Kontakts des geschichtlichen Daseins mit dem Vergangenen mag von Heideggers HölderlinInterpretationen mit angeregt sein. G 54, 72f (Hervorh. v. Welte). G 54, 73. G 54, 74. G 54, 74. Vgl. G 54, 76. Vgl. G 54, 76f. G 54, 76 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). Vgl. S. Kierkegaard, Philosophische Brocken; ders., Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift und F. Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (Unzeitgemäße Betrachtungen, Zweites Stück), in: Nietzsche. Werke III, 1, hrsg. v. G. Colli und M. Montinari, Berlin/New York 1972, 239-330 (vgl. dazu Ph 70/71 u. 72/73, 28). G 54, 76f. G 54, 53. W 51, 133. G 54, 80. G 54, 83. G 54, 85 (Hervorh. v. Welte). In der Betonung der Unausschöpflichkeit des Geschichtlichen und der je anfänglichen Macht des Betreffens des Gewesenen im Andenken ist die von Gadamer für die Hermeneutik entfaltete „Ausschöpfung des wahren Sinnes“ als ein „unendlicher Prozeß“ und die darin waltende Bedeutung des „Zeitenabstandes“ (WM 282) im Horizont einer Philosophie des Geschichtlichen vorweggenommen. Aus solchem Gleichklang des Gedankens ist die spätere Rezeption Gadamers durch Welte zu sehen und zu beurteilen. G 54, 85f. Vgl. G 54, 88f. V 58, 63,67b; V 69/70, 120,182; vgl. auch G 67/68, 160,170; W 62, 142. Vgl. V 62/63, 90-92. Welte betont in der Vorlesung V 69/70 die Bedeutung des „Zeitenabstandes“ für die Differenz der Welten (V 69/70, 173f), welche Aufnahme dieses Gadamer’schen Ausdrucks (vgl. WM 275-283) die Beschäftigung und Auseinandersetzung Weltes mit Gadamer zeigt. Vgl. auch S. 425 Anm. 680 dieser Arbeit. W 62, 137. Vgl. zum „Übersetzen“ G 67/68, 201-211; W 51, 122-133; W 62, 134-146; V 58, 62-77; V 62/63, 92-107; V 69/70, 117-123 und 178-196; WG 189; Credo ut 25; Die Lehrformel 108. Vgl. V 69/70, 121-123. Die Tatsache, daß jedes Gespräch, mithin auch jegliches Verstehen, Übersetzen ist, ist in der Vorlesung V 69/70 explizit ausgesprochen. Welte ist hier angereg
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von Rosenzweigs ‘Nachwort zu den Hymnen und Gedichten des Jehudi Halevi’, in: Gesammelte Schriften IV, 1, 1-18, auf das er ausdrücklich verweist (123). Die grundsätzliche Offenheit der Welten, in der jede Welt je eine Weise ist, die e i n e Welt zu verstehen ist schon in den früheren Vorlesungen ausgesprochen (vgl. W 51, 95,108,123f; V 58, 68; V 62/63, 99f; G 67/68, 153f,158; vgl. auch ME 219), hier nun aber in Anlehnung an Rosenzweig deutlicher gemacht auf seine Voraussetzungen hin, daß nämlich „die Möglichkeiten jeder Welt als zumeist unentfaltete, aber entfaltbare Möglichkeiten in jeder anderen Welt bereitliegen. Und damit: daß auch die Wurzeln der Möglichkeiten jeder Sprache in jeder anderenSprache bereitliegen. Daß also jede Sprache potentiell jede andere Sprache enthält“ (V 69/70, 122; Hervorh. v.Welte). Vgl. bei Rosenzweig bes. 3. V 62/63, 101; Die Lehrformel 108. Vgl. W 51, 122f die Gründung von Überlieferung im apriorischen Bezug auf die Wahrheit dessen, was ist. V 58, 72; V 62/63, 99. Vgl. etwa W 51, 108-112 und HV 51-57. V 58, 69. Zur Darlegung der Methodik des geschichtlichen Weltdialogs vgl. G 67/68, 157173; W 51, 122-133; W 62, 134-145; V 48/49, 139-151; V 58, 69-77; V 62/63, 99-107; V 69/70, 162-196; WG 188-190. G 67/68, 170. Vgl. W 62, 134f; V 58, 63f; V 62/63, 101; V 69/70, 172,177. V 58, 63. G 67/68, 165. G 67/68, 177. V 58, 69-71 und 74; W 62, 142-144. Vgl. dazu auch V 62/63, 196-223 die Erweiterung des „hermeneutischen Zirkels“ zwischen dem Verstehen des Einzelnen und dem des Ganzen durch den „Zirkel der Vorsicht“ als dem zirkelhaften Hin und Her zwischen der zu verstehenden Sache und der Weise ihres gedanklichen Vollzugs als Folge der Erfahrung der geschichtlichen Verschiebung des hermeneutischen Zirkels in der Erfahrung der Andersheit anderer geschichtlicher Seinsverständnisse, welche Erfahrung die Relativität der Weise des eigenen Verstehens offenlegt, und die Erweiterung durch den daraus folgenden „kommunikativen Zirkel“ als dem zirkelhaften Hin und Her zwischen der geschichtlichen Verstehensweise des Verstehenden und der des zu Verstehenden. Darin zeigt sich eine Übereinstimmung Weltes mit der grundsätzlichen Negativität der Erfahrung bei Gadamer (vgl. WM 335-340). Vgl. auch ZG 33 den Hinweis auf Gadamer in eben diesem Zusammenhang. Inhaltlich ist der Gedanke bei Welte aber schon vor WM da, wie etwa die Vorlesung V 58, 69-71 und 74 zeigt. WG 188; vgl. V 48/49, 142f; F 56, 39. Vgl. dazu H.-G. Gadamer, WM 250-290. In Weltes Gründung der Beanspruchung der Gegenwart durch ihre Herkunft als Zeugnis von Wahrheit in der transzendentalen Bezogenheit auf die Wahrheit des Seins zeigt sich Gadamers Versuch, von der Geschichtlichkeit her die Legitimität der Tradition und die Zugehörigkeit von Tradition und Vernunft, Tradition und Freiheit gegenüber einer radikalen Aufklärung, die Tradition als das Unvernünftige
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einer autonomen Vernunft entgegensetzt, durch Welte schon vor WM ontologisch vertieft. W 62, 137; vgl. G 67/68, 207; W 51, 114,125; V 58, 68,75; V 62/63, 101,107; V 69/70, 183; WG 189; Credo ut 25; Die Lehrformel 108 u. a.. V 62/63, 104; vgl. Credo ut 26. W 62, 137. W 62, 141. W 62, 137f. Vgl. V 58, 74; V 62/63, 211-219; W 62, 142-144. W 62, 140. V 62/63, 103. Credo ut 26 (Hervorh. v. Welte). Vgl. dazu auch M. Müllers Forderung einer „Metahistorik“ als „analogia historica“, in: ‘Was ist Metaphysik - heute? Drei Betrachtungen zu ihrem Selbstverständnis’, in: Philosophisches Jahrbuch 92 (1985) 53-67, 66f. V 69/70, 181f; vgl. H.-G. Gadamer, WM 289f. G 67/68, 170f: „In der aneignenden Verwandlung wird das Einstige unser Einstiges und in dieser Stellung ein neues, ein Element unserer eigenen Welt“ (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 171f: „So zeitigt sich aus unserem epochalen Ursprung das Unsere, unvergleichlich, einzigartig, jedoch wie eine Antwort auf einen alten Zuspruch, eine Antwort jedoch, die dem alten Gespräch eine neue Richtung gibt und bahnt, eine Richtung ins Noch-nie-Dagewesene“. V 58, 71,76,77; V 62/63, 107; vgl. W 51, 126; W 62, 140; vgl. auch M 38 die Benennung des Zugangs zu dem, was „nicht auf die Weise bloßer abstrakter Berechnung und formaler Deduktion“ erreichbar ist, als „divinatorisch“. Vgl. auch H.-G. Gadamer, WM 267. V 62/63, 107. V 58, 76. Als Erläuterung und Vertiefung des Gedankens der Divination als Ausdruck für die Geschichtlichkeit und Unverfügbarkeit des Verstehens kann etwa auch der Abschnitt über das Moment der Erfahrung im Verstehen, deren Zeitlichkeit als Zeitlichkeit des Unverfügbaren und die Nennung von „Treue und Geduld als hermeneutische Prinzipien“ (V 69/70, 212; Hervorh. v. Welte) in der Vorlesung V 69/70, 196-212 gelesen werden. Diese Vorlesung entfaltet darin das Verstehen als Geschichte breiter und zeigt im Vergleich zu den vorhergehenden Vorlesungen das stete Weiterdenken und Weiterwirken des Gedankens der Geschichtlichkeit bei Welte. Zur Unverfügbarkeit des geschichtlichen Verstehens vgl. auch den in großer zeitlicher Nähe zu dieser Vorlesung stehenden Aufsatz ‘Erfahrung und Geschichte’ von 1970, in: ZG 28-40, in welchem dem Zusammenhang von Erfahrung und Geschichte nachgedacht und die Erfahrung als das Geschehen der Geschichtlichkeit des Daseins erkannt wird, wobei wiederum das „Unverfügliche der Erfahrung“ (32-34) betont wird. Zum Problem der Nicht-Fixierbarkeit des Kriteriums personalen Verstehens vgl. bes. V 58, 168-177; V 62/63, 259-276 und V 69/70, 240-242; vgl. auch S. 213-216 dieser Arbeit. W 51, 96 (Hervorh. v. Welte). Vgl. V 48/49, 142f. G 67/68, 165. W 62, 110. W 62, 110.
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G 67/68, 179. Vgl. etwa auch W 51, 114-121 und W 62, 105-107. Zur Wiederholung vgl. M. Heidegger, SZ 385-387. Vgl. auch hierzu M. Heidegger, SZ 383-392 und das dort zur Wiederholung und Überlieferung Gesagte, auf das Welte etwa in der 4. Beilage zur Vorlesung W 51 hinweist. G 67/68, 172; vgl. ZG 176f und Gl 68. Vgl. G 54, 88f. Vgl. dazu die knappen Andeutungen in W 62, 116f, bes. 117: Die „Autorität ist gerade im Gespräch mit der Geschichte, hörend auf das je sich Zusprechende und ihm antwortend“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. W 51, 133. II. DIALEKTIK DER GESCHICHTE
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G 61, 53f. Vgl. dazu auch bes. G 54, 105-118; G 61, 53-57; G 67/68, 57-59. G 67/68, 59 (Hervorh. v. Welte). G 61, 54 (Hervorh. v. Welte). Vgl. S. 128-133 dieser Arbeit. G 49/50, 90. G 49/50, 167; G 54, 106,111,115,125,146; G 61, 54; G 67/68, 90. G 54, 105; G 61, 53; G 67/68, 118. G 54, 106. G 49/50, 182; G 54, 112; G 61, 54. G 54, 128; G 67/68, 56,57,58,116; vgl. ME 244. G 67/68, 55. 12) G 54, 142. 13) G 61, 53. 14) G 54, 113. 15) G 54, 111. G 67/68, 89,90,95,98. G 67/68, 115,116,118,121. G 67/68, 58. Vgl. K. R. Popper, Das Elend des Historizismus, Tübingen 1965 G. W. F. Hegel, Die Vernunft in der Geschichte 183: „... was der Geist jetzt ist, das war er immer; er ist jetzt nur das reichere Bewußtsein, der tiefer in sich ausgearbeitete Begriff seiner selbst“. G. W. F. Hegel, Die Vernunft in der Geschichte 30. G. W. F. Hegel, Die Vernunft in der Geschichte 105. Vgl. etwa G 67/68, 53f: „Und als sie (die Geschichte, Zusatz v. mir) erstmals bei Hegel mächtig in der Philosophie auftritt, da erscheint sie in der großartigen Verkleidung der sich selbst entwickelnden Idee, und so noch einmal platonisch, es ist die Vollendung und der höchste, aber auch letzte Triumph des Platonismus. Die Dialektik der Idee verhüllt auf die sublimste Weise das eigentlich Geschichtliche der Geschichtlichkeit. Und erst nach diesem großartigen Ende kann sie in ihrer eigenen Gestalt im europäischen Denken aufsteigen als das nie aus einer allgemeinen Idee zu Gewinnende, das immer Anfängliche und darum Einzelne, das je
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aus seinem je eigentümlichen, ihm eigenen Anfang und Aufgang zu verstehen und zu gewinnen ist“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch Ph 70, 84f. Welte sieht aber auch die Wahrheit, die im Gedanken Hegels von der Idee der Geschichte liegt, und dies darin, daß Hegel die Geschichte bewegt sieht von einem Logos, einem inneren Antrieb, und zwar dem Antrieb, das Unendliche und Göttliche, das Absolute zu realisieren (vgl. H 50/51, 120f und 156; H 54/55, 146), aber er verneint gleichzeitig Hegels Idee der Geschichte im Sinne der das wirkliche Geschehen in allen seinen Momenten in sich enthaltenden und mit Notwendigkeit aus sich entfaltenden Logik der absoluten Vernunft, wonach die Geschichte als der notwendige, a priori deduzierbare Gang der Idee konstruiert werden kann (vgl. H 50/51, 156f). G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes 434. Vgl. G 49/50, 160. G 54, 115,116. G 61, 67. G 54, 115; vgl. G 61, 55 und S 53, 68. G 54, 116; vgl. G 61, 55. SF 35f. G 61, 55: „Sie (die Idee, Zusatz v. mir) ist etwas wie eine geistige Größe, Gedanke, jedoch nicht von der Art eines abstrakten Gedankens, der als abstrakter nichts bewegt und gleichgültig dagegen ist, was mit ihm gemacht wird. Sie ist etwas wie ein antreibender Gedanke, der es an sich hat, seine eigene Realisierung, dieses Geschehen in Gang zu bringen, zu beleben, ihm Sinn und Ziel zu geben. In diesem Sinne konnte Hegel sagen, die Idee sei die Einheit des Begriffs und der Realität“. Vgl. G. W. F. Hegel, Wissenschaft der Logik II, 173ff. Vgl. G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes 429: „Die Zeit erscheint daher als das Schicksal und die Nothwendigkeit des Geistes, der nicht in sich vollendet ist ...“. G 67/68, 72. Zum Freiheitsverständnis Weltes, das, wie schon betont (vgl. S. 398 Anm. 118 dieser Arbeit), in den geschichtsphilosophischen Vorlesungen verschiedentlich durchscheint, aber nicht eigens thematisiert ist, vgl. grundsätzlich DF, wo Welte Freiheit versteht als Einheit von „Bestimmen und Bestimmtsein“ (108), als Freiheit, die „nicht frei sein kann, ohne bestimmt zu sein“ (112), denn wo „der bestimmende Grund fernbleibt, da bleibt die Sache, um die es geht, auch mir selber fremd, und ich bleibe mir selbst im Geschehen aus. ... Ich komme nur insofern als ich selber zum Handeln, zum Wählen, zum Entscheiden aus meinem UrSprunge, ja, ich b i n nur ich selbst im Entscheiden, als ich selber bestimmt bin und gewählt bin von dem einsichtigen Worumwillen, von dem Grund, von dem her es mir hell wird, warum ich dies tun will eher als jenes. Ich kann im Ur-Sprunge nur bestimmend ich selbst sein, insofern ich in dieser Weise mich bestimmt finde. ... Das, was mich bestimmt, das mir Einsichtige meines Grundes, das, worin ich mir einsichtig aus dem Nicht-Ich entgegenkomme, ermöglicht mir, mich selber zu entscheiden. Es eröffnet mir gerade mein Vermögen zu sagen: Ich will. Es ist also weit davon entfernt, meiner Selbstbestimmung in die Arme zu fallen und sie auf die Seite zu schieben. Es ermöglicht und eröffnet sie allererst. Wo ich weiß, was ich will, da vermag
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ich allererst zu wollen. Wir können also sagen, daß Freiheit als anfängliche Macht des Wollens und Wählens selbst eine Weise ist, bestimmt zu sein, sie ist niemals bloße Indetermination“ (105f; Hervorh. v. Welte). Am Beispiel des schöpferisch freien Spiels des Künstlers zeigt Welte, wie „im Grunde der reinsten Freiheit die Freiheit gleich der Notwendigkeit ist, aber nicht einer äußeren, zwingenden, begrenzenden Notwendigkeit, sondern einer inneren befreienden und erfüllenden Notwendigkeit“ (120): „Die ideelle Bestimmung, auf die wir hier blicken, ist also weit davon entfernt, den Spielenden unfrei zu machen. Sie macht ihn gerade erst frei, indem sie ihm sich gewährt und ihn erfüllt und darin zugleich den positiven Gehalt der Freiheit hervorgehen läßt. ... Die Idee wächst in ihrer bestimmenden Macht in ihm selber, und so erwacht die Freiheit aus ihrer Unsicherheit, wird munter und versucht erste Schritte“ (119). Vgl. auch F 47, 21-23,68; F 52, 50-65; S 57/58, 189-194, bes. 190: „Nicht bestimmt zu sein ist ein Mangel der Freiheit ...“ und S 61/62, 188193. G 61, 56. PhGl 176, 178; SE 160; F 47, 71. Vgl. dazu bes. SF, wo Welte das menschliche Dasein in Anknüpfung an Pascal, Kierkegaard und Nietzsche als endliche Unendlichkeit, als das Seiende im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit, eingehend entfaltet. Vgl. auch Thomas von Aquin über das Böse, in: SE 155169; den ersten Teil des Aufsatzes ‘Zur Christologie von Chalkedon’, in: SE 429-448; Nietzsches Atheismus und das Christentum, in: SE 228-261; Nietzsches Idee vom Übermenschen und seine Zweideutigkeit, in: ZE 158-175. G 54, 17,25. Vgl. dazu S. 57-64 dieser Arbeit. Vgl. SE 150: „... denn was könnte die Geschichte anders sein denn das Gestaltwerden der menschlichen Hoffnungen?“ und SE 145f, wo Welte die „Geschichte des Menschen als die konkrete Gestalt, in der sein Wesen sich verwirklicht“, bestimmt. G 61, 86. G 67/68, 90. G 61, 73. G 67/68, 176; vgl. W 62, 103. G 67/68, 178f (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 90,91,98,158; G 54, 108-112,115; G 61, 73-75,79,85; G 67/68, 94,164,176; W 62, 103; vgl. auch S 53, 84f; S 57/58, 132f; S 61/62, 128. G 61, 79,83. 45) G 54, 110. 46) G 54, 108,109. Vgl. G 54, 109-111. Vgl. G 67/68, 55 und S. 82 dieser Arbeit. G 49/50, 158; G 54, 123. G 54, 111f (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 75. Vgl. SF 46; F 52, 80; SE 442. G 67/68, 76. F 47, 27. Vgl. Thomas von Aquin, De veritate q. 1, a. 1. Vgl. F 52, 80, wo Welte die Konvertibilität von Wahrheit und Gutheit folgendermaßen deutet: „Die Alten sagten: das Wahre ist das Gute. Was uns öffnet, indem es uns offenhält, was ist, das bewegt uns auch, indem es uns ruft zu unserem Heil ...“.
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Vgl. G 49/50, 156,157,158; G 54, 113; G 61, 70; G 67/68, 79; vgl. auch SF 43-47. Vgl. G 54, 113f; G 61, 72f. Vgl. G 54, 118f; SE 155; F 47, 24f; F 52, 84; F 56, 66f. G 61, 72. G 67/68, 73. Vgl. zum folgenden G 67/68, 71-79. G 67/68, 75. 62) G 67/68, 75. 63) G 67/68, 75. 64) G 67/68, 75 (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 76. G 67/68, 79; vgl. G 49/50, 70f; SF 38; M 31. G 61, 62. Vgl. zu diesem Abschnitt bes. G 49/50, 136-145, 151-154; G 61, 57-65; G 67/68, 60-73 und neben den geschichtsphilosophischen Vorlesungen etwa auch SE 77f; M 31f; Frieden 165f; S 53, 80-86; S 57/58, 127-134; S 61/62, 127f. 68) G 61, 67. 69) G 67/68, 63. 70) G 61, 62. 71) G 49/50, 144. 72) G 49/50, 138; vgl. G 49/50, 152; S 53, 85. 73) S 57/58, 130. 74) Vgl. G 67/68, 61-65; G 61, 60-62. 75) Vgl. auch G 67/68, 104 und S 57/58, 131. 76) Vgl. G 49/50, 160. 77) S 57/58, 136; S 61/62, 129; vgl. G 54, 121; G 61, 57,77; G 67/68, 62; S 53, 61f,94; S 57/58, 135-142; S 61/62, 129-131. 78) S 57/58, 137 (Hervorh. v. Welte); vgl. SE 79. 79) Vgl. M 17-19 und 31. 80) G 49/50, 137. 81) G 49/50, 138. 82) Vgl. G 49/50, 138 und 139. 83) G 49/50, 147 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). 84) G 61, 58. 85) G 49/50, 152 (Hervorh. v. Welte). 86) G 67/68, 79,113,117,122; G 54, 125,127,144. Vgl. für die Idee des „Eins und Alles“ als Bestimmung des Menschen auch Frieden 168 und S 57/58, 165,166,170. 87) G 67/68, 79. 88) G 61, 66 (Hervorh. v. Welte). Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 70f; G 54, 116-123; G 61, 65-73 und 75-78; G 67/68, 66-70; M 11-28; Frieden 163-168; SF 38f. 89) G 67/68, 66 (Hervorh. v.Welte). 90) M 11. 91) G 54, 117. 92) G 54, 117. 93) G 54, 117. 94) G 54, 115,116. 95) G 61, 65 (Hervorh. v. Welte). 96) G 54, 116. 97) M 11-20; vgl. Frieden 167f und G 54, 116-119. 98) M 11. 99) M 13. 100) M 14. 101) M 14. 102) M 15: „Beim Menschen also legt sich die zunächst einfache ontologische Grundbestimmung der Macht in diese doppelte
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Möglichkeit auseinander. Bei ihm gibt es sowohl die Macht der Macht wie die Macht der Ohnmacht“. 103) M 16. 104) Vgl. S. 109f, 112-114 und 247 dieser Arbeit. 105) M 19. 106) M 22 (Hervorh. v. Welte). 107) Vgl. M 21-28; Frieden 164f. 108) M 22. 109) M 23,26; G 54, 113f; G 61, 72f. 110) G 54, 117. 111) G 54, 119 (Hervorh. v. Welte). 112) G 61, 69 (Hervorh. v. Welte). 113) G 61, 69. 114) M 37. 115) G 61, 69. 116) Vgl. G 49/50, 158; G 54, 122; G 61, 76-78; G 67/68, 67-69; S 61/62, 130-135. 117) G 67/68, 67 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). 118) G 54, 122 (Hervorh. v. Welte). 119) Vgl. dazu G 49/50, 158; G 54, 123; G 61, 77f; S 57/58, 139; S 61/62, 130-135. 120) G 54, 123. 121) Vgl. G 49/50, 99-105. 122) G 49/50, 100 (Hervorh. v. Welte). 123) G 67/68, 108f. 124) G 49/50, 99 (Hervorh. v. Welte); vgl. auch G 49/50, 100,109. 125) G 49/50, 100. 126) Vgl. S. 112-114 dieser Arbeit. 127) G 49/50, 102,103,109. 128) G 49/50, 102 und 103. 129) G 49/50, 99. 130) DF 108; vgl. dazu S. 429 Anm. 32 dieser Arbeit. 131) Vgl. dazu auch ME 154 und 159. 132) G 49/50, 99. 133) ZE 162. 134) Welte selbst gebraucht diese Ausdrücke im Zusammenhang der Unendlichkeit in SF 42f und 68. 135) SF 43: „Das absolut Sinnvolle der Idee kann auch das unendlich Sinnvolle genannt werden. Aber nun bedeutet Unendlichkeit kein Extensives mehr, jedenfalls nicht primär. Im Unbedingten scheint die Unendlichkeit intensiv in sich gesammelt“. 136) Vgl. Mph 43, 53 und 62f. 137) G 54, 124; vgl. SF 48. 138) Vgl. dazu G 49/50, 152-154,158,160-164; G 54, 124-129; G 61, 62,66-68,79f; G 67/68, 7983,85,99,113; SF 41-50. 139) G 61, 80; SF 49. Vgl. G 49/50, 153,158; G 54, 125,128; G 61, 67,68; G 67/68, 81,82,84,85,99,102,113; vgl. dazu etwa auch SE 80; Rph 161; ZE 164f; ME 245f. 140) Vgl. G 61, 80. 141) G 67/68, 113 (Hervorh. v. Welte); vgl. die Beschreibung der Idee menschlichen Daseins S 57/58, 158: „Gott ist dem Menschen so innerlich, daß er bewußt oder nicht, nie aufhören kann, vom Absoluten, vom Vollkommenen, vom alles Umfassenden zu leben: von der Idee der Wahrheit selbst in allem Denken, des schlechthin Rechten und Guten in allem Handeln, der Allmöglichkeit des All-umfassens, alles in allem sein in der Ausbreitung der Gedanken, in der Steigerung der Macht:
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in der Ausweitung der Kommunikation im gewollten Glanze der Hoheit, in dem Willen zu einem göttlich großen, reinen und freien Leben: Das Göttliche zeigt sich als das Maß, von dem er und auf das hin der Mensch ist und lebt“. 142) G 67/68, 81. 143) G 54, 125 (Hervorh. v. Welte); vgl. G 49/50, 164; G 54, 128, 138,141; G 61, 67; G 67/68, 81,93,96,108. Das Thema des Bildes Gottes ist ein zentrales bei Welte. Es ist die biblische Umschreibung seines Verständnisses des Menschen als endlicher Unendlichkeit. Vgl. dazu etwa SF 41-50; SE 244; Ph 70/71 u. 72/73, 68; ZE 192f. Im Zusammenhang der Phänomenologie des Miteinander wird es verwandt in SE 81f; S 53, 115; S 57/58, 133,142,156. Zum Thema des Bildes Gottes vgl. auch die Ausführungen Weltes in ME 126-129 und 145-174, auf die er in ZE 193 Anm. 1 in diesem Zusammenhang ausdrücklich verweist, da ihm Meister Eckhart in seinem Denken über den göttlichen Grund oder Funken der Seele als „der wichtigste Denker“ in dieser Sache gilt. Im Zusammenhang des Bild-Gottes-Seins des Menschen weist Welte in Hinsicht des Menschen als Erkennen des öfteren auch hin auf homas von Aquin, STh I, q. 88, a. 3: „... in luce primae veritatis omnia intelligimus, et indicamus; inquantum ipsum lumen intellectus nostri ... nihil aliud est, quam quaedam impressio veritatis primae“ (vgl. etwa ME 53,164; S 57/58, 142) und Augustinus und dessen Verständnis Gottes als „vita vitarum“, „vitae vita“ und „interior intimo meo et superior summo meo“ (Confessones III, 6,10; X, 6,10 und III, 6,11; vgl. SE 440 und S 57/58, 142). 144) G 49/50, 91,154,158. 145) G 49/50, 154 (Hervorh. v. Welte). 146) G 49/50, 154 (Klammerbemerkungen und Hervorh. v. Welte). 147) G 54, 128. 148) G 49/50, 164; G 54, 125,128; SE 82; SE 245. Vgl. Gen 1, 27. 149) ME 128. 150) G 67/68, 86. 151) G 54, 127. 152) G 49/50, 161. 153) Vgl. dazu die Fragestellung S. 39-41 dieser Arbeit. 154) G 54, 126. 155) G 54, 126; vgl. G 54, 117. 156) G 54, 126. Vgl. die Rede vom „theologischen Grundzug“ in G 67/68, 99,102,105,107,113; vgl. auch die von Welte in seinen Aufsätzen zu Nietzsche (SE 228-261 und ZE 158-175) vorgetragenen Interpretationen der Rede Nietzsches vom Übermenschen und vom Tod Gottes. 157) Grundriß der Historik § 81 (Hervorh. v. Droysen). Vgl. G 49/50, 163f; G 54, 126; G 61, 126f. 158) Grundriß der Historik § 86 (Hervorh. v. Droysen). Vgl. G 54, 127; G 61, 89 und vgl. dazu Joh 1,8. 159) G 54, 131. 160) G 67/68, 85. 161) Vgl. zu diesem Abschnitt G 54, 121-135; G 61, 81-86; G 67/68, 90-98,164-181; W 62, 102114. Wie das Sein des Geschichtlichen als Geschehen in der Vorlesung G 49/50 nicht eigens hervortritt, so wird auch nicht die Endlichkeit des Geschichtlichen vom Geschehen her als Vergehen entfaltet. Inhaltlich aber ist Wichtiges dazu auch in der Vorlesung G 49/50 bei der Entfaltung des ‘Daseins inmitten’ als Vergänglichkeit
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162) 163) 164) 165) 166) 167)
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und bei der Entfaltung der Endlichkeit der Zeitlichkeit gesagt (vgl. G 49/50, 32-54 und S. 8797 dieser Arbeit). G 61, 81. G 54, 132. G 61, 82. G 54, 131. G 54, 133 (Hervorh. v. Welte). M. Müller, Erfahrung und Geschichte. Grundzüge einer Philosophie der Freiheit als transzendentale Erfahrung, Freiburg/München 1971, 374 (Hervorh. v. Müller). Der Ausdruck ist dort gebraucht im Sinne des immer vergeblichen Versuchs, durch Fixierung des gegenwärtigen Zustandes der Geschichtlichkeit zu entkommen. Im Unterschied zu M. Müller steht die Geschichtslosigkeit des Ein-für-allemal jedoch bei Welte in einer dialektischen Spannung mit der Unendlichkeit, die im selben Ein-für-allemal waltet (vgl. S. 239-242 dieser Arbeit). Das Ein-für-allemal ist auch für Welte geschichtslos, wenn es sich als endliches als unvergänglich nur behauptet, aber bei Welte ist immer auch der Gedanke mit anwesend und betont, daß es überhaupt nur in einer Dialektik von Endlichkeit und Unendlichkeit gesehen werden kann, es im Zug der Unendlichkeit steht und es so offen für das Ein-für-allemal im Sinne des ephápax ist, das alle Geschichte erfüllend in sich schließt. Von daher fällt bei Welte das Ein-für-allemal nicht einfachhin unter das Verdikt der Geschichtslosigkeit, sondern nur in Hinsicht seiner endlichen Fixierungen, während es im Hinblick auf den Sinn des Geschichtlichen gerade Beschreibung von dessen Wesentlichkeit darstellt. G 54, 132. Vgl. G 54, 133f; G 61, 83f; G 67/68, 91-93. G 67/68, 91-93. G 61, 85; vgl. G 67/68, 96. G 54, 134. Vgl. dazu G 67/68, 164-181 und W 62, 102-114. Vgl. W 62, 106-108. 175) Vgl. G 67/68, 180. G 67/68, 95. 177) G 67/68, 95. G 67/68, 83,84,197. SE 102: „Alles Dialektische hat diesen Charakter des Verweises über sich hinaus“. G 67/68, 120; vgl. G 67/68, 83,89; G 49/50, 87,162. Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 88-98,117; G 54, 135-138; G 67/68, 61,83,87-90. G 61, 90. G 49/50, 152. Vgl. G 49/50, 93. HV 122f; vgl. SE 249; Gl 34. G 67/68, 87. G 49/50, 97 (Hervorh. v. Welte); vgl. ebd. 98 und 117; G 54, 144,137; G 67/68, 61,83; ME 244f; In Bezug auf das Dasein als Wille, der das Gute und darin alles, was ist, will, vgl. SE 157; SE 177f; ZE 167; Frieden 166. G 49/50, 97 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 117 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 97 (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 101.
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G 67/68, 80,83. G 49/50, 146. PhGl 176, 178; SE 160; F 47, 71; vgl. SF. G 61, 86f. Vgl. dazu G 49/50, 145-154; G 54, 135-142; G 61, 86-88; G 67/68, 105-108. Das Thema der Endlichkeit als Einzelheit und Vielheit wird auch in den soziologischen Vorlesungen behandelt. Vgl. dazu S 53, 105-118; S 57/58, 162-165; S 61/62, 140-171 (darin zur Einzelheit 140-146 und 162-165). G 54, 136. G 54, 136. G 49/50, 147 und 156. G 49/50, 147. Vgl. G 49/50, 147 und 148. G 49/50, 146. S 61/62, 163. Vgl. G 49/50, 150. G 67/68, 107. G 49/50, 147 und 156. Vgl. dazu G 49/50, 156-167; G 54, 142-146; G 61, 86-88; G 67/68, 101-105; M 31-36; Frieden 168-173; S 53, 105-118; S 57/58, 161f,164f; S 61/62, 146,159-162,165-169; ZE 101f. G 54, 142 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 159,163; G 54, 144; G 61, 90; G 67/68, 105; Frieden 169,170. G 67/68, 103,104,116; M 31,32,33,34; Frieden 169, 170. G 49/50, 147 und 156. G 49/50, 162. G 49/50, 166. G 49/50, 157 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). In seiner Schrift ‘Über das Wesen und den rechten Gebrauch der Macht’ (vgl. M 39-59) versucht Welte, im Blick auf das Evangelium ein „Ethos der Macht“ (37) als der endlichen Macht zu entwerfen, die immer in der Notwendigkeit der Frage nach der Rechtmäßigkeit einer möglichen Anwendung von Gewalt zur Verteidigung des im Endlichen gefährdeten die wesentliche Macht ermächtigenden Rechts und deren Verhältnis zur wesentlichen Gewaltlosigkeit des Rechts als Recht steht. Welte betont, daß in der endlichen Wirklichkeit des geschichtlichen Miteinander in der Verantwortung dafür, daß das Recht einen Ort in der Wirklichkeit habe, die Frage nicht mit einem „einfachen undialektischen und allzu klaren Ja oder Nein zur Macht“ (54f) zu beantworten ist, sondern nur mit „dem Ja im Nein und dem Nein im Ja“ (57), sodaß gehandelt werden muß „nach der Ordnung dieser Welt, aber i m G e i s t e der ‘neuen Schöpfung’„ (55; Hervorh. v. Welte), sodaß darin für den Einzelnen auch die Möglichkeit der Freiheit zu einer verantwortlichen Gewissensentscheidung im Sinne eines klaren Ja zum Wesen der Macht als der Macht zur Ohnmacht geborgen sein muß. In dieser Frage zeigt sich die vom Endlichen unablösbare Möglichkeit der Schuld (58f) als dem Stehen in der Notwendigkeit der Entscheidung und darin der Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit der Mittel, die immer nur Endliches entscheiden kann und darin immer schuldig wird, einmal gegen die nicht verwirklichten Möglichkeiten und zum anderen gegen ihren unendlichen Anspruch, hier den der Macht als des vom Recht ermächtigten Vermögens zu sein, das sein Sein vollbringt in der seinlassenden
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Offenheit und Wahrheit alles dessen, was ist. Vgl. zur Schuld als Kategorie des Geschichtlichen den folgenden Abschnitt e). G 54, 139,141,142. 217) Vgl. G 49/50, 160,163; G 67/68, 80f. G 49/50, 160,163. 219) Vgl. G 49/50, 91,154,158. G 49/50, 106. Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 105-116; G 67/68, 108-112; M 58f; SE 155-169; SE 442448; HV 140-161; SF 92-94; F 47, 58-82; F 56, 61-73. Auch für das Thema Schuld ist auf die Bedeutung hinzuweisen, die Kierkegaard (vgl. bes. Die Krankheit zum Tode) für Weltes Denken hat, was besonders wiederum für die Ausführungen in der Vorlesung G 49/50 gilt. Im Hinblick auf den Verlauf dieses Abschnitts sei hier schon vorbemerkt, daß Welte der Sache nach Schuld des Bösewerdens und „geschichtliche Schuld“ unterscheidet (vgl. S. 291-293 dieser Arbeit), wenn er auch letztere nicht breit ausarbeitet. Diese Unterscheidung selbst und die sehr differenzierte Ausarbeitung der bösen Schuld aber ist deutlicher Hinweis auf die unterschiedliche Rolle, die das Ethische bei Welte im Vergleich zu Heidegger spielt, der dem Vorwurf einer Ausklammerung des Ethischen ausgesetzt ist. Vgl. G 49/50, 103. G 49/50, 106 (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 108. SF 77-86; SE 155-169; vgl. dazu auch S. 303-310 dieser Arbeit. Vgl. G 49/50, 108. Vgl. F 47, 3,58f. G 49/50, 108; HV 159-161; F 56, 70. G 49/50, 112; HV 150. G 49/50, 112 (Hervorh. v. Welte). Vgl. F 47, 73. G 49/50, 112 (Hervorh. v. Welte). Vgl. etwa F 47, 77-80; HV 151. G 49/50, 115f; F 47, 78-82; F 56, 77-90; HV 152-158. G 49/50, 115. HV 145f. G 49/50, 115 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte); vgl. F 47, 80f; F 56, 79f; HV 154f. F 47, 78. G 49/50, 117. G 67/68, 109: „Es ist die Tragik der Endlichkeit, die vom Gang der Geschichte nicht abzulösen ist. Ihr im Grunde göttlicher Anspruch zerbricht immer wieder in sich selbst.Darum gehört zum Gang der Geschichte auch die geschichtliche Schuld“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch G 67/68, 108, 112. G 67/68, 109. G 67/68, 108f; vgl. auch F 47, 31; F 52, 66-70. G 67/68, 108; vgl. F 52, 68f. SZ 284. SZ 285: „... seinkönnend steht es (das Dasein, Zusatz v. mir) je in der einen oder anderen Möglichkeit, ständig ist es eine andere nicht und hat sich ihrer im existentiellen Entwurf begeben. Der Entwurf ist nicht nur als je geworfener durch die Nichtigkeit des Grundseins bestimmt, sondern als Entwurf selbst wesenhaft
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nichtig. Diese Bestimmung meint wiederum keineswegs die ontische Eigenschaft des ‘erfolglos’ oder ‘unwertig’, sondern ein existentiales Konstitutivum der Seinstruktur des Entwerfens. Die gemeinte Nichtigkeit gehört zum Freisein des Daseins für seine existentiellen Möglichkeiten. Die Freiheit aber ist nur in der Wahl der einen, das heißt im Tragen des Nichtgewählthabens und Nichtauchwählenkönnens der anderen....Und das bedeutet: Das Dasein ist als solches schuldig, wenn anders die formale existentiale Bestimmung der Schuld als Grundsein einer Nichtigkeit zu Recht besteht“ (Hervorh. v. Heidegger). G 54, 190; G 67/68, 109; M 58f. G 67/68, 112: „So tritt immer wieder das große Bösewerden des geschichtlichen Prozesses auf; nicht die Tragik und Schuld, die diesen Prozeß bloß begleitet, sondern das Bösewerden und sich Verfinstern des Prozesses selber“. G 67/68, 112. G 61, 62 (Hervorh. v. Welte). Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 151f,159-162; G 54, 145147; G 61, 89-91; G 67/68, 85-89,97-100,113-120,168,181; HV 119-125; Gl 33-35. G 54, 130; G 61, 79. G 67/68, 86; vgl. ebd. 87. S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode 8 und vgl. ebd. 25. Vgl. dazu SF 50. Gl 35. SF 31. SF 40. G 54, 138; vgl. auch ZE 77. G 54, 145f (Hervorh. v. Welte); vgl. auch die 4. Beilage zu G 54. G 54, 145 (Hervorh. v.Welte); vgl. G 67/68, 86f. G 67/68, 87; vgl. ebd. 98. H. Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, 3 Bde., hrsg. v. W. Kranz, Berlin 81956, Bd. I, 162, Frg. 53. Vgl. G 67/68, 98; SF 40. Vgl. G 49/50, 151; G 67/68, 100; H 50/51, 157; S 53, 102. G 67/68, 118. G 49/50, 162; G 67/68, 89,119f. G 67/68, 120 (Hervorh. v. Welte). G 61, 62. J. G. Droysen, Grundriß der Historik § 86 (Hervorh. v. Droysen). G 61, 89f. Vgl. Weltes Ausführungen zu Heideggers Verständnis der Sprache, in: ZG 260. III. DIE NEIGUNG DER GESCHICHTE IN DIE UNWAHRHEIT
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G 54, 145; G 61, 91; vgl. SF 50. S 57/58, 165. G 61, 91. G 49/50, 166. Vgl. dazu G 49/50, 166; G 54, 149f; SF 99-107; S 57/58, 167-169 und als von Welte mit bedachten Hintergrund S. Kierkegaard,
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Die Krankheit zum Tode, bes. 25-74. G 67/68, 119. Vgl. SE 247f; S 53, 96-101, bes. 100; S 57/58, 150-156, bes. 155; Rph 155-158; HV 179-181. SF 105. G 67/68, 28,48; vgl. G 67/68, 172; G 54, 42; P 66, 105; ZG 45,46. Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 164-166; G 54, 147-151; G 61, 91-96; G 67/68, 109112,117f; SE 155-169; SE 246-253; SE 441-448; ZE 170-175; DF 123-130; SF 77-97; ME 221-226; SE 144-146; F 52, 80-85; F 56, 61-73; S 53, 101-106; S 57/58, 166-169;S 61/62, 151-165,251-255. SF 74; ZE 172; SE 248; ME 225. Vgl. S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode 29: „... denn Weltlichkeit ist eben, daß man dem Gleichgültigen unendlichen Wert beilegt“. SF 77,87; S 61/62, 158. Vgl. zu B. Pascal, Pensées, Frg. 139 und 183 und zu S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode 29-32. Vgl. auch HV 176-179. S 61/62, 151. Vgl. G 49/50, 155. SF 79; S 61/62, 158. G 54, 148; G 61, 93. ME 221: „Im Bösen ist der eine Mensch der Zerstörer der Rechte und Ansprüche und Freiheiten des anderen Menschen und dies in verschiedenen Formen der Unterdrückung ...“. Vgl. G 61, 94; S 53, 101,104f; S 61/62, 162; F 52, 84,85. Vgl. außer SE 155-169; SE 228-261 und ZE 158-175 auch SE 429-448; F 47, 58-74; F 52, 8085; F 56, 61-73; DF 123-130; ME 221-226. Diese Reihe zeigt die Kontinuität des Verständnisses Weltes über den Grund des Bösen. Vgl. etwa die erste und grundlegende Veröffentlichung dazu (Thomas von Aquin und das Böse, erstveröffentlicht in: Gregorianum 32, Rom 1951) bis hin zum Nietzsche-Aufsatz von 1981, in: ZE 158-175. Vgl. auch die Dissertation von A. Tischinger, Das Phänomen der Schuld. Das menschliche Dasein zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit in der Religionsphilosophie Bernhard Weltes, Freiburg 1986. Für die letzteren vgl. SE 166-169; ZE 170-173; DF 124. ZE 172f; SE 447. S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode 10. SE 156 (Klammerbemerkung von Welte). F 52, 84. Vgl. auch F 47, 62f; F 56, 65-69; bes. 63f die Rede vom „ursprünglichen NichtWollen des Bösen“; SE 155; SE 443. Welte verweist in SE 252 auch auf die Bibel und die dort vorliegende Entsprechung der Erzählung von der Schöpfung des Menschen in Gen 1,27, in der es heißt: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild“ und der Erzählung von der Versuchung des Menschen, in der die Schlange in Gen 3,5 spricht: „Ihr werdet sein wie Gott und erkennt Gut und Böse“. Die mögliche Ablösung des Bildes Gottes von seinem Urbild ist darin beschrieben als die Versuchung, in der das Abbild sich als Urbild setzt. Diese Verkehrung aber wird unmittelbar verbunden mit der Erkenntnis des Guten und des Bösen. D.h., auch im Bösen als der Verkehrung des Abbildes ins Urbild bleibt der Mensch bestimmt vom Urbild als dem Grund und Sinn seines Seins als Abbild des Guten. DF 127. ME 225.
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DF 128; F 47, 73; F 52, 85; F 56, 66-68; SE 165; SE 443. F 56, 69 (Hervorh. v. Welte). 29) G 54, 119 (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch die Stellen zu Schelling und Kierkegaard, auf die Welte dabei verweist: F. W. J. Schelling, Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände, in: Ausgewählte Werke VII, 308: „Indem nun die Seele lebendige Identität beider Principien (des Eigen- und des Universalwillens, Zusatz v. mir) ist, ist sie Geist; und Geist ist in Gott. Wäre nun im Geist des Menschen die Identität beider Principien ebenso unauflöslich als in Gott, so wäre kein Unterschied, d.h. Gott als Geist würde nicht offenbar. Diejenige Einheit, die in Gott unzertrennlich ist, muß also im Menschen zertrennlich seyn - und dieses ist die Möglichkeit des Guten und des Bösen“; ders., Philosophie und Religion, in: Ausgewählte Werke VI, 638: „Die Seele, die, sich in der Selbstheit ergreifend, das Unendliche in sich der Endlichkeit unterordnet, fällt damit von dem Urbild ab ...“; S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode 9: „Ein solches abgeleitetes, gesetztes Verhältnis ist des Menschen Selbst, ein Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält, und, indem es sich zu sich selbst verhält, zu einem Anderen sich verhält ...“, sodaß „das Selbst durch sich selber nicht zu Gleichgewicht und Ruhe gelangen oder darinnen sein kann, sondern allein dadurch, daß es, indem es sich zu sich selbst verhält, zu demjenigen sich verhält, welches das ganze Verhältnis gesetzt hat“. F. Hölderlin, Sämtliche Werke (Große Stuttgarter Ausgabe), hrsg. v. F. Beissner, Bd. 2,1, Stuttgart 1951, 165. Vgl. bei Welte etwa S 57/58, 149 und 157. Vgl. auch G 49/50, 164f; G 61, 95f. DF 124; vgl. F 47, 64; F 52, 82; F 56, 62. Vgl. Thomas von Aquin, De veritate q. 24, a. 7: „Unde et natura rationalis, quae ordinata est ad bonum absolute per actiones multifarias, non potest habere naturaliter actiones indeficientes a bono, nisi ei naturaliter et immutabiliter insit ratio universalis et perfecti boni; quod quidem esse non potest nisi natura divina. ... Et inde est quod inter naturas rationales solus Deus habet liberum arbitrium naturaliter impeccabile et confirmatum in bono: creaturae vero hoc inesse impossibile est, propter hoc quod est ex nihilo ut Damascenus (lib. II, cap. XXVII) et Gregorius Nyssenus (lib. VII de libero arbitrio, cap. VI) dicunt: et ex hoc est particulare bonum in quo fundatur ratio mali, ut Dionysius dicit, IV. cap. de divinis nominibus“. („Daher denn kann die vernünftige Natur, die auf das Gute schlechthin durch mannigfache Tätigkeiten hingeordnet ist, nicht von Natur aus Tätigkeiten haben, die unfehlbar sind im Guten, es sei denn, es wohne ihr naturhaft und unveränderlich der Wesensgrund des universalen und vollkommenen Guten inne; das aber kann nur die göttliche Natur sein. ... Daher hat Gott allein unter den vernünftigen Naturen ein freies Entscheiden, das von Natur aus unfehlbar und im Guten befestigt ist: daß dieses jedoch einem Geschöpf eigen wäre, ist unmöglich, weil es aus dem Nichts ist, wie Johannes Damascenus (II, 27: PG 94, 959) und Gregor von Nyssa (De libero arbitrio VII, 6: PG 40, 503) sagen: und darum ist es ein teilhaftes Gut; darin gründet
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das Wesen des Bösen, wie Dionysius sagt (De divinis nominibus IV: PG 3, 718)“. (Übersetzung nach Welte, Über das Böse (Quaestiones Disputatae 6), Freiburg 1959, 54f)). Und vgl. F. W. J. Schelling, Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Gegenstände, in: Ausgewählte Werke VII, 296: „Der reale und lebendige Begriff (der Freiheit, Zusatz v. mir) aber ist, daß sie ein Vermögen des Guten und des Bösen sey“. Vgl. auch das Schelling-Zitat (Ausgewählte Werke VII, 308) S. 439 Anm. 30 dieser Arbeit. SE 166. Vgl. J. G. Droysen, Grundriß der Historik § 81. IV. HOFFNUNG ALS WAHRHEIT DER GESCHICHTE
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Vgl. zu diesem Abschnitt G 49/50, 154f,169-181; G 54, 151-165; G 61, 96-104,117-126; G 67/68, 120-129; HV 167-226; SF 109-119; ZE 72-85; SE 144-151; SE 102-106; Gl 21-38; LN 65-70; F 56, 99-123. G 49/50, 155. G 54, 152; vgl. G 61, 99f. G 67/68, 120. ZE 77; G 67/68, 123. G 67/68, 122; vgl. auch ZE 78. Bei Ernst Bloch vgl. Das Prinzip Hoffnung, 3 Bde., Frankfurt 21967, etwa III, 1413, 1524,1628. G 49/50, 171. G 49/50, 155,169; vgl. auch Gl 21-31. ZE 77. G 67/68, 121. G 67/68, 123. Vgl. G 49/50, 169; G 54, 153f; G 61, 100,103; G 67/68, 121,128. G 49/50, 154. G 61, 100. G 61, 103 (Hervorh. v. Welte). G 61, 97 (Hervorh. v. Welte). G 54, 151; vgl. auch die Umschreibung der Hoffnung in ZE 73: „Es ist entdeckt worden, daß menschliches Leben wesentlich Hoffnung ist, d.h. menschliches Leben wird so gelebt, daß dieses Leben immer in einer interessierten und aktiven Antizipation der noch ungewissen besseren Zukunft sich vollzieht“. Vgl. ZE 75. Vgl. G 49/50, 168,169; G 54, 164; G 61, 104; G 67/68, 128. G 49/50, 169; G 54, 163; G 61, 99; G 67/68, 123f; SE 146. F 56, 112f. SE 147. G 49/50, 172 (Hervorh. v. Welte). Vgl. auch HV 190-192. SE 148 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). HV 191. G 54, 165. G 67/68, 124. Vgl. F 56, 110: „... unser Dasein als Einzelne und in der Gemeinschaft der Geschichte ist ... wie ein Ruf nach Antwort aus dem Schweigen, nach Sichtbar-, d.h. Offenbarwerden des Unsichtbaren allen Sinn und alle Freiheit
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Verwahrenden. Ein harrender, d.h. hoffender Ruf nach Offenbarung und Antwort, so, daß solches in diesem unserem Zeitdasein zu tragen und zu befreien vermöchte ...“(Hervorh. v. Welte). Vgl. Rph 132-150; B 60/61, 220-270; B 66/67, 225-228. Rph 132f; vgl. B 60/61, 228. B 60/61, 221f. Vgl. Thomas von Aquin, STh I, q. 2, a. 3. B 60/61, 227. Vgl. Meister Eckhart, DW II, 492,8-493,2: „wan ê die crêatùren wàren, dó enwas got niht ‘got’, mêr: er was, daz er was. Aber dó die crêatúren gewurden und sie empfiengen ir geschaffen wesen, dó enwas got niht ‘got’ in im selben, mêr: er was ‘got’ in den crêatúren“ (übersetzt ebd. 728: „denn, ehe die Kreaturen waren, war Gott (noch) nicht ‘Gott’: er war vielmehr, was er war. Als die Kreaturen aber wurden und sie ihr geschaffenes Sein empfingen, da war Gott nicht in sich selber ‘Gott’, sondern in den Kreaturen war er ‘Gott’) (Klammerbemerkungen und Hervorh. nach DW). Meister Eckhart, DW I, 40, 1f: „... von allen namen vri und von allen formen blóz ...“ (übersetzt ebd. 437). G. E. Lessing, Die Erziehung des Menschengeschlechts § 4, in: Gesammelte Werke, hrsg. v. P. Rilla, VIII, 591: „Erziehung gibt dem Menschen nichts, was er nicht auch aus sich selbst haben könnte: Sie gibt ihm das, was er aus sich selber haben könnte, nur geschwinder und leichter. Also gibt auch die Offenbarung dem Menschengeschlechte nichts, worauf die menschliche Vernunft, sich selbst überlassen, nicht auch kommen würde: sondern sie gab und gibt ihm die wichtigsten dieser Dinge nur früher“. Vgl. dazu etwa Weltes Hinweis auf F. Rosenzweig und dessen Impulse für ein neues Offenbarungsverständnis, in: ZE 37: „Gott geschieht und ereignet sich im ‘Stern der Erlösung’, in Schöpfung und Offenbarung, in Erlösung und Verheißung, als ein immer wieder sich erneuernder geschichtlicher Prozeß“ (Hervorh. v. Welte). Und vgl. ebd. 41f die Auseinandersetzung Weltes mit der Kritik R. Schaefflers an seinem epiphanischen Gottesverständnis. Rph 136; vgl. B 60/61, 228f. Rph 136. Rph 137. Rph 137. Rph 143. Vgl. B 60/61, 244f: „Geschichte ist wie ein Strom: dessen stets bewegte Fläche in immer neuen Figuren ins Unabsehbare zielt. Immer wieder neu und immer wieder anders schickt sich diesem bewegten Element der himmlische Strahl zu aus der immer selben Quelle des Lichts, und immer wieder neu und immer anders fängt das bewegliche Element den Strahl wiederleuchtend (gemeint wohl ‘widerleuchtend’, Zusatz v. mir) auf“ (Hervorh. v. Welte). B 60/61, 259. Vgl. dazu S. 420 Anm. 560 dieser Arbeit das ausführliche Zitat. Vgl. Meister Eckhart, DW I, 40, 1-3: „Ez ist von allen namen vri und von allen formen blóz, ledie und vrí zemále, als got ledie und vrí ist in im selber“ (übersetzt ebd. 437: „Es (das Fünklein der Seele, Zusatz von mir) ist von allen Namen frei und aller Formen bloß, ganz ledig und frei, wie Gott ledig und frei ist in sich selbst“).
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B 60/61, 261. Rph 150. Vgl. HV 185-190. HV 189. In der Betonung des Personalen als des Raumes der Wirklichkeit des Wirklichen zeigt sich einmal mehr der Unterschied zu Heidegger und die vermittelnde Nähe zum Denken des Dialogischen. Welte betont bei allem Ausgang vom Sein und dessen Epochalität im Bedenken von Geschichtlichkeit und Geschichtlichem immer auch das Personale als die Offenheit und Stätte der Wirklichkeit des Aufgangs von Sein und der Zeitigung von Zeit. Vgl. S. 112-114 dieser Arbeit. G 49/50, 177. HV 213. HV 215. Vgl. auch den Hinweis Weltes in LN 68f, daß das Moment des Bedürfnisses personaler Zeugen auch in anderen Religionen und auch in den asiatischen, die dem auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen, eine Rolle spielt, was dort etwa im Meister-SchülerVerhältnis greifbar wird. G 49/50, 177f (Hervorh. v. Welte). G 49/50, 178,179,182; HV 220,221; SE 106,110; S 53, 90,91; S 57/58, 214. Welte nennt das mit dem Ausdruck „absolute Konkretion“ Benannte auch „unbedingte Konkretion“ (HV 216, 217,221,224) oder „unendliche Konkretion“ (G 54, 171; HV 221; F 56, 122). In HV 221 treten alle drei Benennungen nebeneinander auf. G 49/50, 180f; G 61, 118. G 49/50, 180 (Hervorh. v. Welte). G 67/68, 55. G 61, 125f; vgl. HV 221-226. Vgl. G 49/50, 180: „Aus der inneren Logik der Geschichte selbst erscheint als die Bedingung des Wirklichwerdens und Grundgewinnens ihrer Hoffnung gerade das, was als das am meisten Paralogische und Paradoxe empfunden werden muß: der geschichtliche Absolutheitsanspruch eines einzigen, alle und das Ganze der Geschichte einfordernden personalen Ereignisses“ (Hervorh. v. Welte). Der Vorwurf der Kommunikationslosigkeit, die K. Jaspers dem Absolutheitsanspruch des Christentums als wesentlich zu ihm gehörende unterstellt, zeigt sich nach Welte im Blick auf die historische Faktizität als gerechtfertigt, im Blick auf die Wesentlichkeit und Wahrheit des christlichen als eines geschichtlichen Absolutheitsanspruchs aber als ein Mißverständnis (vgl. F 56, 136; vgl. dazu auch S. 385 Anm. 31 dieser Arbeit). Vgl. G 49/50, 184. C. DER HINBLICK AUF DAS CHRISTENTUM
1)
Vgl. dazu G 49/50, 181-185; G 54, 165-174; G 61, 105-140; G 67/68, 181-211; zum Problem der Tradition vgl. auch W 51, 134-142; W 62, 147-162.
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443
I. DAS CHRISTENTUM ALS MÖGLICHE ANTWORT AUF DIE FRAGE DER GESCHICHTE (Eine inhaltliche Deutung) 2)
3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) 15)
HV 189. Vgl. SE 151: „Die Überlegung dieser Art beweist freilich nicht, daß Jesus das Heil ein für allemal ist. Diese Weisung kann nur dem Worte und Werke Jesu selber entnommen werden. Aber sie gelangt zu den Bedingungen seines möglichen Verständnisses“ (Hervorh. v. Welte). HV 189. G 54, 165f. Joh 14,9: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“. Röm 10,11-13; Gal 3,26-28; Eph 2,14. Mk 1,15. Offb 21,1-4. G 49/50, 182f; G 61, 113b-115. G 61, 112. Joh 14,6; Joh 6,68. G 61, 113a; HV 227; B 56/57, 180. G 49/50, 171; vgl. HV 226. S 57/58, 183. G 54, 169,174; G 61, 113a,113b,127; G 67/68, 182. II. DAS CHRISTENTUM ALS WESENSERFÜLLUNG DES GESCHICHTLICHEN (Eine formale Deutung)
1) 2) 3) 4) 5) 6)
7) 8) 9)
Vgl. die Problemstellung von Geschichtlichkeit und Christentum S. 27-41 dieser Arbeit. G 49/50, 84. G 49/50, 185; vgl. G 54, 169. Hebr 10,10. Mk 1,15; Eph 1,10; Gal 4,4. G 61, 116f (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). Vgl. auch S. 385 Anm. 31 dieser Arbeit und die dort gegebenen Hinweise auf Stellen, an denen sich Welte mit Jaspers auseinandersetzt. Welte gibt, wie schon betont, Jaspers in seiner Kritik Recht im Hinblick auf defiziente Realisierungen des Absolutheitsanspruchs des Christentums, in denen sich dieser in exklusiven Systemen fixiert, nicht aber im Hinblick auf dessen Wesentlichkeit (vgl. F 56, 134-137). G 54, 169f (Hervorh. v. Welte). 4. Beilage zur Vorlesung G 54 (Klammerbemerkung und Hervorh. v. Welte). Vgl. SE 354: „Das in Jesus offenbar gewordene Gottesheil jedoch fordert seinem ganzen Sinn nach, indem es nämlich als Heil anruft, gerade uns selbst im Vollzuge und in der Wirklichkeit je unseres Daseins. Das Heil kann nur als je unser Heil Heil sein, Erlösung ist nur Erlösung, wenn sie uns erlöst. Sie ist eine Wirklichkeit, die das, was sie ist, in der Weise ist, daß sie uns selbst einbezieht in ihre waltende Macht und die also nur so erfahren und bejaht werden kann, daß wir uns ihrer waltenden Macht anheimgeben und so uns in sie einbezogen finden“ (Hervorh. v. Welte).
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10) 11)
12)
13) 14) 15) 16) 17) 18)
444
Vgl. G 61, 125f. Vgl. dazu auch ZG 239 Anm. 9 Weltes Hinweis auf U. Mann, Das Christentum als absolute Religion, Darmstadt 1970, der in diesem Buch versucht, den Absolutheitsanspruch des Christentums von seinem Wesen her mit einer „materialen Toleranz“ zu verbinden, d.h. einer Toleranz, die die Möglichkeit von Wahrheit in anderen Religionen anerkennt. Vgl. ebd. 5: „Wenn der Absolutheitsanspruch vom Christentum erhoben wird, so muß er zugleich sein Korrelat finden in einer unbedingten und das heißt absoluten Toleranz.Toleranz gehört wesenhaft zum Christentum. Man unterscheidet zwischen einer formalen und einer materialen Toleranz. Die formale Toleranz ist jene, welche in der modernen pluralistischen Gesellschaft durchs staatliche Gesetz von uns gefordert wird; sie bedeutet das Prinzip der völligen Religionsfreiheit. Damit ist es jedoch nicht getan, wenn, wie verlangt, die Toleranz unbedingt und das heißt absolut sein muß. Dem Christentum ist also aufgegeben, eine inhaltliche Toleranz zu verwirklichen, und das heißt theologisch: es muß ernstlich damit gerechnet werden, daß Gott auch außerhalb des Christentums sich heilsam offenbaren kann“. In der Aufdeckung des Absolutheitsanspruchs des Christentums als geschichtliches Geschehen in der Ordnung personaler Kommunikation ist auch die Geschichte des Christentums neu anzueigenen und sind neue Wege zu suchen für das Gespräch sowohl mit Andersgläubigen als auch mit Nichtgläubigen. Vgl. B 56/57, 163f; B 60/61, 242-245; Die Lehrformel 115. B 56/57, 163-184, bes. 181-184; B 60/61, 245-270, bes. 269f. SE 338. Vgl. SE 350. Vgl. Gl 56. Vgl. in Hinsicht der Frage der Vergewisserung der Glaubwürdigkeit der Person Jesu und damit in Hinsicht auch der fundamentaltheologischen Aufgabe der Bereitstellung von Glaubwürdigkeitsgründen G 49/50, 133-135: „Alles Christentum gründet, vom Menschen her gesehen, im Glauben. Der Glaube aber ist kein Verhältnis zu Sätzen, zu Wahrheiten, zu Sachen, der Glaube ist ein Verhältnis zu einer Person, nämlich zur Person Jesu, er ist auf jeden Fall eine Weise des personalen Mitseins mit dieser geschichtlichen Person. ...Hat man dies erst einmal gesehen, dann fällt Licht auf den ganzen Fragenkreis der Vergewisserung im Glauben, des Findens der Gründe der Credibilität, welcher im neuzeitlichen christlichen Bewußtsein eine so große und nicht immer segensreiche Rolle spielte. Auf jeden Fall wird sichtbar, daß die Vergewisserung im personalen Grunde, das Ausmachen des Bodens der Glaubwürdigkeit nicht gemessen werden darf an den kategorialen Modi der sich im Begreifen schließenden und verfügenden Seinsversicherung im Sachhaften. Die Versuchung dieses Mißverständnisses ist freilich in der Neuzeit fast unvermeidlich geworden durch das ungeheuere Vordrängen und die methodische Anschärfung und Ausarbeitung eben der Sachkategorien und der damit zusammenhängenden intensiven Verfügbarmachung der sachhaften Momente des Daseins. So mußte der Schein entstehen, als ob diese Weise des Bescheidwissens und der Vergewisserung die Modi überhaupt unseres erkennenden und wissenden Daseins seien. An diesen Modi und der ihnen eigentümlichen Exaktheit gemessen mußten darum die
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19) 20) 21) 22) 23) 24)
25) 26) 27) 28) 29) 30) 31)
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445
Grundlagen des Glaubens an die Person Jesu immer als etwas höchstens Ungefähres und Ungenaues erscheinen, ein Mangel, den man ja auch an einer so sehr Entscheidung heischenden Sache nicht hingehen lassen kann. Und diese Sache wird nämlich im Grunde nicht besser, sondern im Grunde eher schlimmer, wo dann von christlicher Seite unter dem Einfluß derselben kategorialen Verschiebung versucht wird, die Grundlagen der Glaubwürdigkeit des Christentums immer mehr in den herrschenden, sachhaft bestimmten kategorialen Ebenen festzumachen und den ihnen zugeordneten sich schließenden Formen des Begreifens und Beweisens. All dies kann am Ende nur die Unexaktheit der Grundlagen des Christentums schärfer hervortreten lassen. ... Was vielmehr notwendig ist, das ist das Sehen und auch das Ausarbeiten jenes durchaus eigenständigen Modus von Erkennen und von Vergewisserung, welche wir Verstehen und Glauben nennen“ (Hervorh. v. Welte). Gl 58. Vgl. zur Unterscheidung von ästhetischem, theoretischem und entscheidendem oder ernstem Verstehen V 48/49, 183-204; V 58, 145-177; V 62/63, 237-276; V 69/70, 196-201,225-242. G 61, 124,132,138; B 56/57, 182; B 60/61, 269; SF 118; LN 66; EH 44; Gl 73. Gl 61. Vgl. ZG 283-291, bes. 286-291. Vgl. zu diesem Abschnitt G 54, 173f; G 61, 127-140; G 67/68, 184-211; W 51, 122-211; W 62, 131-167, bes. 147-167; WG; Credo ut; SE 410-426; HV 51-57; Die Lehrformel; ZG 292318; J. Chr. und; ZE 233-248; ZE 211-232. Vgl. dazu auch die hermeneutischen Vorlesungen V 48/49, 150-154; V 58, 77f, 177-191; V 62/63, 95,196-223,277-292; V 69/70, 188-195 und die Vorlesungen zur Soziologie des Christentums als Kirche, in denen auch das Amt als Element der Tradition erörtert wird, S 53, 139-166; S 57/58, 225-256; S 61/62, 230-277. Vgl. etwa G 61, 132-134. W 51, 141 (Hervorh. v. Welte). Vgl. etwa SE 358f; SE 412; V 62/63, 178f; S 53, 141-157; S 57/58, 229-235; S 61/62, 233240. S 53, 155. SE 358. SE 412; Credo ut 17. Vgl. SE 354-361; SE 414f; W 62, 159; V 62/63, 285-288; Credo ut 16; Die Lehrformel 100. Vgl. auch die 4. Beilage zur Vorlesung W 51 über die Ursprünglichkeit des Wahrheitsvollzugs des Offenbarungswortes in Hinsicht seiner Überlieferung: „... sein echtes Ergreifen ist nur in eins mit dem Ergreifen der eigenen Existenz möglich“. SE 415; V 62/63, 287; vgl. W 62, 159. Vgl. auch SE 361: Das „Interesse des Glaubens verwandelt das bloß historische Faktum in das Zeugnis des Höchstbedeutsamen und für mich, den Glaubenden oder Glaubensbereiten Entscheidenden. In solcher aus dem Glauben geborenen Einstellung allein bezeugt sich im Historischen jenes epistetón, welches das ganze Wesen der Theologie bestimmt: das Heil Gottes in Jesus Christus. Das Gespräch des Glaubens mit dem Glauben ist so der Weg, der die Theologie vor die Vollendung Gottes führt“. Vgl. S. 222-232 dieser Arbeit. V 69/70, 188.
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V 58, 178. SE 362f: „Die Explikation des menschlichen Seinsverstännisses hat den Namen Philosophie. So hat die Theologie, da sie dem Weg der Offenbarung nachgehend auf dieses Seinsverständnis zurückgreifen muß, Philosophie zu treiben und also eine philosophische Bemühung und Methodik der historischen hinzuzufügen“ (Hervorh. v. Welte). W 62, 161. G 67/68, 207. Credo ut 26. Credo ut 26 (Hervorh. v. Welte); vgl. etwa auch V 58, 189f. V 58, 184; vgl. dazu bes. die 2. Beilage zur Vorlesung W 51. Vgl. die 2. Beilage zur Vorlesung W 51. V 58, 184f. V 62/63, 289; Credo ut 27,28. V 58, 186; vgl. Credo ut 27. Credo ut 27. G 67/68, 207. G 67/68, 208f; W 62, 164. Vgl. etwa G 67/68, 204f; W 62, 164; Credo ut 27. G 67/68, 205. V 69/70, 190 (Klammerbemerkung v. Welte). Vgl. G 67/68, 208. Vgl. Weltes Beitrag zum Fall Küng ‘Die philosophisch-theologische Problematik’, in: Herderkorrespondenz 34 (1980) 77-81, 79: „Darum sind Dogmen relativ in bezug auf dieses Seinsverständnis und die darin herrschenden Fragen. Sie sind auch relativ hinsichtlich des Gesichtspunktes und damit auch hinsichtlich der Begrifflichkeit und der Sprache, die sie anwenden. Aber sie sind nicht relativ hin-sichtlich der Sache, die sie sagen“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. ZE 228. Die philosophisch-theologische Problematik 80. Vgl. ZE 227f; Die philosophisch-theologische Problematik 80. ZE 228; Die philosophisch-theologische Problematik 80. Mt 28,19f. Apg 2,6. Die Lehrformel 109. Vgl. Die Lehrformel 109-114; J. Chr. und 330-335; ZG 312-315. G 67/68, 198-211. G 67/68, 199. Vgl. auch S. 51-56 dieser Arbeit. G 67/68, 205. W 62, 166. Vgl. G 54, 174. G 49/50, 184. G 54, 174 (Hervorh. v. Welte).
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D. ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE 1)
2)
Vgl. dazu auch den Schluß der Vorlesungen G 54, 174; G 61, 140; G 67/68, 211 und W 62, 167, in denen Welte die Unabschließbarkeit des Gedankens über die Geschichte und die Unerläßlichkeit des Weiterdenkens zum Ausdruck bringt. Vgl. etwa G 54, 174: „Dies sind Gedanken, nicht um das Thema zu beenden und gar zu erschöpfen, eher, um es in seiner Unerschöpflichkeit Ihrem Weiterdenken anheimzugeben“ (Hervorh. v. Welte). Vgl. M. Heidegger, SZ 151 und 324.
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F. ABKÜRZUNGEN Die im folgenden aufgeführte Literatur und deren hier verwendete Abkürzungen sind mit Ausnahme der Vorlesungsmanuskripte Weltes, die in der Reihenfolge ihrer Bedeutung für diese Arbeit angeordnet sind, chronologisch und nicht alphabetisch geordnet. I. WELTE 1. Vorlesungsmanuskripte Die Seitenangaben folgen bei Abweichung der Zählung von Welte der Paginierung durch Martina Schlatterer. Hervorgehoben wird von mir nur das, was von Welte offensichtlich schon bei der Niederschrift der Manuskripte als sachliche Hervorhebung und nicht in einer späteren Vorbereitung auf den Vortrag der Vorlesung als Lesehilfe gemeint ist. Kommas wurden, wo sie unerläßlich scheinen und ihr Fehlen der Hast der Niederschrift zuzuschreiben ist, stillschweigend ergänzt, ebenso wie eindeutig auf Flüchtigkeit hinzeigende Unregelmäßigkeiten in der Rechtschreibung. G 49/50 G 54 G 61 G 67/68
Geschichtlichkeit als Grundbestimmung des Christentums (Wintersemester 1949/50). Geschichtlichkeit und Christentum (Sommersemester 1954). Geschichtlichkeit und Christentum (Sommersemester 1961). Geschichtlichkeit und Offenbarung (Wintersemester 1967/68).
W 51 W 62
Wahrheit und Überlieferung (Sommersemester 1951). Wahrheit und Geschichtlichkeit (Sommersemester 1962).
V 48/49
Fundamentaltheologische Theorie des Verstehens (Wintersemester 1948/49). Das Verstehen als philosophisches und fundamentaltheologisches Problem (Sommersemester 1958). Verstehen als philosophisches und theologisches Problem (Wintersemester 1962/63). Hermeneutik (Wintersemester 1969/70).
V 58 V 62/63 V 69/70
Ingeborg Feige: Geschichtlichkeit
B 52 B 56/57 B 60/61 B 66/67
Der philosophische Begriff Gottes (Sommersemester 1952). Der Begriff Gottes (Wintersemester 1956/57). Über den Begriff Gottes (Wintersemester 1960/61). Der Begriff Gottes (Wintersemester 1966/67).
S 53 S 57/58
Soziologie der Religion (Sommersemester 1953). Soziologische Grundbegriffe zum Verständnis des Christentums als Kirche (Wintersemester 1957/58). Philosophische Soziologie im Hinblick auf das Verständnis des Christentums als Kirche (Wintersemester 1961/62).
S 61/62
H 50 H 54/55 H 59/60
Hegel und die Vernunftgrundlagen des Christentums (Sommersemester 1950). Hegel als Denker des Christentums (Wintersemester 1954/55). Hegels theologischer Gedanke (Wintersemester 1959/60).
F 47 F 52 F 56
Freiheit. Schuld. Gnade (Sommersemester 1947). Vom Wesen der Freiheit (Sommersemester 1952). Freiheit des Geistes und christlicher Glaube (Sommersemester 1956).
P 66
Die Person als das Un-begreifliche (Sommersemester 1966).
Mph 43
Einführung in die Metaphysik (Sommersemester 1943).
Ph 70
Geschichte der neueren Philosophie im Blick auf die Theologie (Sommersemester 1970). Geschichte der neueren Philosophie von Nietzsche bis zur Kritischen Theorie; Geschichte der Philosophie des 20. Jahrhunderts (Doppelvorlesung Wintersemester 1970/71 und Wintersemester 1972/73).
Ph 70/71 u. 72/73
449
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450
2. Veröffentlichte Schriften a) Monographien PhGl Der philosophische Glaube bei Karl Jaspers und die Möglichkeit seiner Deutung durch die thomistische Philosophie, in: Symposion. Jahrbuch für Philosophie, hrsg. v. Max Müller u. a., Bd. 2, Freiburg 1949, 1-190. M
Über das Wesen und den rechten Gebrauch der Macht. Eine philosophische Untersuchung und eine theologische These dazu (Politik. Schriftenreihe zu grundsätzlichen und aktuellen Fragen), (11960), 2., verb. Aufl., Freiburg 1965.
SE
Auf der Spur des Ewigen. Philosophische Abhandlungen über verschiedene Gegenstände der Religion und der Theologie, Freiburg 1965.
HV Heilsverständnis. Philosophische Untersuchung einiger Voraussetzungen zum Verständnis des Christentums, Freiburg 1966. SF
Im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit. Gedanken zur Deutung des menschlichen Daseins, Frankfurt 1967.
DF
Determination und Freiheit, Frankfurt 1969.
DL
Dialektik der Liebe. Gedanken zu einer Phänomenologie der Liebe und zur christlichen Nächstenliebe im technologischen Zeitalter, (11973), 2., um ein Vorwort von Bernhard Casper und die Ansprache von Klaus Hemmerle zum Tode Bernhard Weltes erw. Aufl., Frankfurt 1984.
ZG
Zeit und Geheimnis. Philosophische Abhandlungen zur Sache Gottes in der Zeit der Welt, Freiburg (11975) 21979.
WMR Die Würde des Menschen und die Religion. Anfrage an die Kirche in unserer Gesellschaft, Frankfurt 1977. Rph Religionsphilosophie, Freiburg 1978. ME Meister Eckhart. Gedanken zu seinen Gedanken, Freiburg 1979. LN
Das Licht des Nichts. Von der Möglichkeit neuer religiöser Erfahrung, Düsseldorf 1980.
EH
Der Ernstfall der Hoffnung. Gedanken über den Tod, Freiburg 1980.
ZE
Zwischen Zeit und Ewigkeit. Abhandlungen und Versuche, Freiburg 1982.
Gl
Was ist Glauben? Gedanken zur Religionsphilosophie, Freiburg 1982.
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b) Aufsätze und Beiträge Die Lichtung
Die Lichtung des Seins. Bemerkungen zur Ontologie Martin Heideggers, in: Wort und Wahrheit 3,1 (1948) 401-412.
WG
Wahrheit und Geschichtlichkeit, in: Saeculum 3 (1952) 177-191.
Credo ut
Credo ut intelligam als theologisches Programm heute, in: Wissenschaft und Verantwortung. Universitätstage 1962 (Veröffentlichungen der Freien Universität Berlin), Berlin 1962, 16-30.
Frieden
Über die Fraglichkeit des menschlichen Friedens und über die Verheißung des göttlichen Friedens, in: Vom Frieden, hrsg. v. der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung (Hannoversche Beiträge zur politischen Bildung, Bd. IV), Hannover 1967, 163-179.
Die Lehrformel Die Lehrformel von Nikaia und die abendländische Metaphysik, in: Zur Frühgeschichte der Christologie. Ihre biblischen Anfänge und die Lehrformel von Nikaia (Quaestiones Disputatae 51), hrsg. v. Bernhard Welte, Freiburg 1970, 100117. La question
La question de Dieu dans la pensée de Heidegger, in: Revista portuguesa de filosofia 27, Braga 1971, 147-165.
Atheismus
Atheismus oder verborgene Religiosität? Ein Gespräch mit Prof. Dr. Bernhard Welte, in: Herder-korrespondenz 30 (1976) 192-200.
HH
Heilsverständnis und Heilsdifferenz, in: Befreiter Mensch. Von der heilsgeschichtlichen Erfahrung, hrsg. v. Johann Reikerstorfer, Wien 1976, 9-18.
J. Chr. und
Jesus Christus und die Theologie, in: Theologie - was ist das?, hrsg. v. Georg Picht/Enno Rudolph, Stuttgart 1977, 323-339.
Erinnerung
Erinnerung an ein spätes Gespräch, in: Erinnerung an Martin Heidegger, hrsg. v. Günther Neske, Pfullingen 1977, 249-256.
CRW
Christentum und Religionen der Welt, in: Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft. Enzyklopädische Bibliothek in 30 Bden, hrsg. v. Franz Böckle/Franz-Xaver Kaufmann/Karl Rahner/ Bernhard Welte, Teilbd. 26, Freiburg 1980, 39-126.
Die philosophisch-theolo gische Problematik
Die philosophisch-theologische Problematik, in: Herderkorrespondenz 34 (1980) 77-81.
Ingeborg Feige: Geschichtlichkeit
452
II. SONSTIGE AUTOREN Aristoteles De anima Physica De arte poetica
De anima, ed. W. D. Ross, Oxford 1956. Physica, ed. W. D. Ross, Oxford (11950), repr. with corrections 1956. De arte poetica, ed. I. Bywater, Oxford (21911), repr. 1953.
Thomas von Aquin STh ScG De veritate De anima
Summa Theologiae, Textus ex recensione Leonina, Turin/Rom 1952-1956. Summa contra Gentiles, Textus ex recensione Leonina, Turin/Rom 1961. Quaestiones disputatae de veritate, ed. Raimundo Spiazzi, Turin/Rom 1964. In Aristotelis librum de anima commentarium, ed. A. M. Pirotta, Turin/Rom 1959.
Meister Eckhart DW
Die deutschen und lateinischen Werke, hrsg. im Auftrage der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die deutschen Werke, Bd. I-III (Predigten), hrsg. u. übers. v. Josef Quint, Stuttgart 1958-1976.
Pascal, B. Pensées
Pensées, hrsg. v. Léon Brunschvicg (Oeuvres de Blaise Pascal XII-XIV), Paris 1921/1925.
Hegel, G. W. F. Phänomenologie des Geistes
Phänomenologie des Geistes, in: Gesammelte Werke, hrsg. v. der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 9, hrsg. v. Wolfgang Bonsiepen/Reinhard Heede, Hamburg 1980.
Ingeborg Feige: Geschichtlichkeit
Wissenschaft der Logik II
Wissenschaft der Logik, Zweiter Teil. Die subjektive Logik (1816), in: Gesammelte Werke, hrsg. v. der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bd. 12, hrsg. v. Friedrich Hogemann/Walter Jaeschke, Hamburg 1981. Die Vernunft in Die Vernunft in der Geschichte (Vorlesungen über der Geschichte die Philosophie der Weltgeschichte, Bd. I), unveränderter Nachdruck der 5. Aufl. v. 1955, hrsg. v. Johannes Hoffmeister, Hamburg 1970.
Schelling, F. W. J. Ausgewählte Werke
Schelling. Ausgewählte Werke in 8 Bden (unveränderter reprographischer Nachdruck aus: F. W. J. von Schellings sämmtliche Werke, 10 Bde, Stuttgart/Augsburg, J. G. Cotta’scher Verlag, Darmstadt 1973-1983.
Kierkegaard, S. Die Krankheit zum Tode Philosophische Brocken
Die Krankheit zum Tode, übers. v. Emanuel Hirsch (Gesammelte Werke 24. u. 25. Abteilung), Düsseldorf/Köln 1954. Philosophische Brocken, übers. v. Emanuel Hirsch (Gesammelte Werke 10. Abteilung), Düsseldorf/Köln 1952.
Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift
Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift zu den Philosophischen Brocken, Erster und Zweiter Teil, übers. v. Hans Martin Junghans (Gesammelte Werke 16. Abteilung), Düsseldorf/Köln 1957/1958.
Der Begriff Angst
Der Begriff Angst, übers. v. Emanuel Hirsch (Gesammelte Werke 11. u. 12. Abteilung), Düsseldorf/ Köln 1952.
Ranke, L. von Über die Epochen
Über die Epochen der neueren Geschichte, hrsg. v. Theodor Schieder/Helmut Berding (Leopold von Ranke, Aus Werk und Nachlaß, hrsg. v. Walther Peter Fuchs/Theodor Schieder, Bd. 2), München 1971.
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Ingeborg Feige: Geschichtlichkeit
Droysen, J. G. Grundriß der Historik
Grundriß der Historik, in: Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte, hrsg. v. Rudolf Hübner, München 51967, 317-366.
Rickert, H. Die Grenzen
Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffs bildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften, 5., verb., um einen Anhang und ein Register verm. Aufl., Tübingen 1929.
Rosenzweig, F. Gesammelte
Franz Rosenzweig. Der Mensch und sein Werk. Schriften Gesammelte Schriften, hrsg. v. Rachel Rosenzweig/ Edith Rosenzweig-Scheinmann, Abt. I-IV, Den Haag 1976-1984.
Heidegger, M. SZ WiM KMph WdG WW Hum
K
HW VA ID SG
Sein und Zeit, Tübingen (11927) 151979. Was ist Metaphysik?, Frankfurt (11929) 111975. Kant und das Problem der Metaphysik (11929), 4., erw. Aufl., Frankfurt 1973. Vom Wesen des Grundes, Frankfurt (11929) 71983. Vom Wesen der Wahrheit (1930), Frankfurt (11943) 61976. Über den Humanismus, in: Platons Lehre von der Wahrheit. Mit einem Brief über den „Humanismus“, Bern (11947) 31975, 53-119. Die Kehre, in: Die Technik und die Kehre (Opuscula aus Wissenschaft und Dichtung 1), Pfullingen (11962) 51982, 37-47. Holzwege, Frankfurt (11954) 61980. Vorträge und Aufsätze, Pfullingen (11954) 41978. Identität und Differenz, Pfullingen (11957) 71982. Der Satz vom Grund, Pfullingen (11957) 51978.
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N ZS SD
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Nietzsche, 2 Bde, Pfullingen (11961) 41982. Zeit und Sein (1962), in: Zur Sache des Denkens, Tübingen (11969) 21976, 1-25. Zur Sache des Denkens, Tübingen (11969) 21976.
Gadamer, H.-G. WM
Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 41975.
Casper, B. Das dialogische Das dialogische Denken. Eine Untersuchung der Denken religionsphilosophischen Bedeutung Franz Rosenzweigs, Ferdinand Ebners und Martin Bubers, Freiburg 1967. Zeit und Heil
Zeit und Heil. Überlegungen zu Martin Heidegger und einigen gegenwärtigen jüdischen Denkern, in: Ebraismo Ellenismo Christianismo II, hrsg. v. Marco M. Olivetti, Padua 1985 (Archivio di filosofia 53 (1985) n. 2-3) 173-195.
Hünermann, P. Der Durchbruch Der Durchbruch geschichtlichen Denkens im 19. Jahrhundert. Johann Gustav Droysen, Wilhelm Dilthey, Graf Paul Yorck von Wartenburg. Ihr Weg und ihre Weisung für die Theologie, Freiburg 1967.
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G. LITERATUR
I. VERÖFFENTLICHTE SCHRIFTEN WELTES
Diese Bibliographie in Auswahl ist in zwei Teile gegliedert (1. Monographien, 2. Aufsätze und Beiträge), wobei die Titel innerhalb jedes Teils in chronologischer Folge nach den Erscheinungsjahren angeordnet sind. Eine vollständige Bibliographie der veröffentlichten Schriften Wel-tes, erstellt vom Arbeitsbereich Christliche Religionsphilosophie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Brsg., ist erschienen in: Fragend und lehrend den Glauben weit machen. Zum Werk Bernhard Weltes anläßlich seines 80. Geburtstages, hrsg. v. Klaus Hemmerle (Schriftenreihe der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg), München/Zürich 1987, 139-166. 1. Monographien -
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Die postbaptismale Salbung, ihr symbolischer Gehalt und ihre sakramentale Zugehörigkeit nach den Zeugnissen der alten Kirche (Freiburger Theologische Studien 51), Freiburg 1939. Der philosophische Glaube bei Karl Jaspers und die Möglichkeit seiner Deutung durch die thomistische Philosophie, in: Symposion. Jahrbuch für Philosophie, hrsg. v. Max Müller u. a., Bd. 2, Freiburg 1949, 1-190. (Auch selbständig erschienen im selben Jahr). Die Glaubenssituation der Gegenwart. Ein Vortrag, Freiburg 1949. (Auch in: SE 17-46). Gemeinschaft des Glaubens. Gedanken über die Kirche, Frankfurt 1952. Vom Wesen und Unwesen der Religion, Frankfurt 1952. (Auch in: SE 279-296). Vom Geist des Christentums, Frankfurt (11955) 21966. Die Wesensstruktur der Theologie als Wissenschaft. Freiburger Rektoratsrede am 14. Mai 1955 (Freiburger Universitätsreden, NF 19), Freiburg 1955. (Auch in: SE 351-365). Nietzsches Atheismus und das Christentum, Darmstadt (11958) 21964. (Auch in: SE 228-261). Über das Böse. Eine thomistische Untersuchung (Quaestiones Disputatae 6), Freiburg 1959. (Ohne Anhang mit Texten aus: Thomas von Aquin, De veritate auch in: - Gregorianum 32 (1951) 405-424: Über den Grund der Möglichkeit des Bösen nach den Quaestiones disputatae de veritate des hl. Thomas. SE 155-169). Über das Wesen und den rechten Gebrauch der Macht. Eine philosophische Untersuchung und eine theologische These dazu (Politik. Schriftenreihe zu grundsätzlichen und aktuellen Fragen), (11960) 2., verb. Aufl., Freiburg 1965.
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Auf der Spur des Ewigen. Philosophische Abhandlungen zu verschiedenen Gegenständen der Religion und der Theologie, Freiburg 1965. Heilsverständnis. Philosophische Untersuchung einiger Voraussetzungen zum Verständnis des Christentums, Freiburg 1966. Im Spielfeld von Endlichkeit und Unendlichkeit. Gedanken zur Deutung des menschlichen Daseins, Frankfurt 1967. Determination und Freiheit, Frankfurt 1969. Dialektik der Liebe. Gedanken zur Phänomenologie der Liebe und zur christlichen Nächstenliebe im technologischen Zeitalter, (11973), 2., um ein Vorwort von Bernhard Casper und die Ansprache von Klaus Hemmerle zum Tode Bernhard Weltes erw., Aufl., Frankfurt 1984. Zeit und Geheimnis. Philosophische Abhandlungen zur Sache Gottes in der Zeit der Welt, Freiburg (11975) 21979. Die Würde des Menschen und die Religion. Anfrage an die Kirche in unserer Gesellschaft, Frankfurt 1977. Religionsphilosophie, Freiburg (11978) 31980. Der Atheismus: Rätsel, Schmerz, Ärgernis (Antwort des Glau- bens 1), hrsg. v. Informationszentrum Berufe der Kirche, Freiburg 1978. Meister Eckhart. Gedanken zu seinen Gedanken, Freiburg 1979. Das Licht des Nichts. Von der Möglichkeit neuer religiöser Erfahrung, Düsseldorf 1980. Der Ernstfall der Hoffnung. Gedanken über den Tod, Freiburg 1980. Zwischen Zeit und Ewigkeit. Abhandlungen und Versuche, Freiburg 1982. Was ist Glauben? Gedanken zur Religionsphilosophie, Freiburg 1982.
2. Aufsätze und Beiträge -
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Die Lichtung des Seins. Bemerkungen zur Ontologie Martin Heideggers, in: Wort und Wahrheit 3,1 (1948) 401-412. Die Leiblichkeit als Hinweis auf das christliche Heil, in: Beuroner Hochschulwoche 1948 (Leib und Verleiblichung. Vom Ethos der Berufe), Freiburg 1948, 79-109. (Auch in: SE 83-112: Leiblichkeit als Hinweis auf das Heil in Christus). Das Heilige in der Welt und das christliche Heil, in: Freiburger Dies Universitatis I, 1948/49 (Kosmos, Tier und Mensch), Freiburg 1949, 139-183. (Auch in: SE 113-151: Das Heilige in der Welt und das christliche Heil). Zur geistesgeschichtlichen Lage der Fundamentaltheologie, in: Theologische Quartalschrift 130 (1950) 385-406. (Auch in: SE 297-314: Zur Lage der Fundamentaltheologie heute). Über den Grund der Möglichkeit des Bösen nach den Quaestiones disputatae de veritate des hl. Thomas von Aquin, in: Gregorianum 32 (1951) 405-424. (Auch in: SE 155-169: Thomas von Aquin über das Böse). Wahrheit und Geschichtlichkeit, in: Saeculum 3 (1952) 177-191. Hegels Begriff der Religion - sein Sinn und seine Grenze, in: Scholastik 27 (1952) 210-225. (Auch in: SE 211-227: Hegels Begriff der Religion).
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Der philosophische Gottesbeweis und die Phänomenologie der Religion, in: Studi filosofici intorno all’ „Esistenza“, al Mondo, al Trascendente (Analecta Gregoriana, vol. 67), Roma 1954, 283-304. (Auch in: SE 315-336: Der Gottesbeweis und die Phänomenologie der Religion). Vom historischen Zeugnis zum christlichen Glauben, in: Theologische Quartalschrift 134 (1954) 1-18. (Auch in: - Lebendiges Zeugnis 18 (1963) 15-30. SE 337-350. Zum Strukturwandel der katholischen Theologie im 19. Jahrhundert, in: Freiburger Dies Universitatis II, 1953/54 (Gestaltende Kräfte im 19. Jahrhundert), Freiburg 1954, 25-55. (Auch in: SE 380-409). „Homoousios hemin“. Gedanken zum Verständnis und zur theologischen Problematik der Kategorien von Chalkedon, in: Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart, 3 Bde, hrsg. v. Alois Grillmeier/Heinrich Bacht, Bd. 3 (Chalkedon heute), Würzburg 1954, 5180. (Auch in: SE 429-458: Zur Christologie von Chalkedon). Die Zahl als göttliche Spur. Eine Bonaventura-Interpretation, in: Festschrift zur Feier des 350jährigen Bestehens des Heinrich-Suso-Gymnasiums in Konstanz, hrsg. v. der Direktion des Gymnasiums, Konstanz 1954, 147-158. (Auch in: SE 49-61). Die Philosophie in der Theologie, in: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 1457-1957. Die Festvorträge bei der Jubiläumsfeier, Freiburg 1957, 27-41. (Auch in: SE 366-379). Die Grenze im Leben der Wissenschaft, in: Freiburger Dies Universitatis VI, 1957/58 (Bedeutung und Funktion der Grenze in den Wissenschaften), Freiburg 1958, 9-19. (Auch in: SE 62-73: Die Grenze als göttliches Geheimnis). Aktuelle Fragen zur Eucharistie. Diskussionsbeiträge, in: Aktuelle Fragen zur Eucharistie, hrsg. v. Michael Schmaus, München 1960, 184-194. (Auch in: SE 459-467: Zum Verständnis der Eucharistie). Der Weg der Heimat, in: Martin Heidegger 26. September 1959, hrsg. v. der Stadt Meßkirch, Meßkirch 1960, 3-13. (Auch in: Bodenseebuch, Konstanz 1963, 60-64). Vom rechten Hören, in: Gespräch ohne Partner. Die Krise des Hörens, hrsg. v. Klaus Hemmerle, Freiburg (11960) 21961, 9-26. (Auch in: Fragestellungen einer Akademie. Ausgewählte Beiträge zum 25-jährigen Bestehen der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg, hrsg. v. Dietmar Bader, München/Zürich 1981, 104-114). Die Theologie zwischen Erbe und Neubeginn. Ein geistesgeschichtlicher Querschnitt durch die wissenschaftliche Arbeit der Freiburger Theologischen Fakultät, in: Festschrift der Universität Freiburg zur Eröffnung des zweiten Kollegiengebäudes, hrsg. v. Johannes Vincke, Freiburg 1961, 9-30. Meister Eckhart als Aristoteliker, in: Philosophisches Jahrbuch 69 (1961) 64-74. (Auch in: SE 197-210). Credo ut intelligam als theologisches Programm heute, in: Wissenschaft und Verantwortung. Universitätstage 1962 (Veröffentlichungen der Freien Universität Berlin), Berlin 1962, 16-30.
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Miteinandersein und Transzendenz, in: Freiburger Dies Universitatis X, 1962/63 (Der Einzelne und die Gemeinschaft), Freiburg 1963, 1-8. (Auch in: SE 74-82). Sur la méthode de la Théologie, in: L’homme devant Dieu. Mélanges offerts au Père Henri de Lubac. Perspectives d’aujourd’hui (Théologie. Etudes publiées sous la direction de la Faculté de Théologie S.J. de Lyon-Fourvière 58), Paris 1963, 307-317. Das Gute als Einheit des Unterschiedenen. Eine thomistische Betrachtung, in: Sein und Ethos. Untersuchungen zur Grundlegung der Ethik, hrsg. v. Paulus Engelhardt (Walberger Studien der Albertus-Magnus-Akademie, Bd. 1), Mainz 1963, 129-143. (Auch in: SE 170-184: Thomas von Aquin über das Gute. Entwurf eines Systems). Der Wissenschaftscharakter der Theologie im Verhältnis von Denken und Erfahrung, in: Das Verhältnis von Denken und Erfahrung im wissenschaftlichen Erkennen (Mainzer Universitätsgespräche, Wintersemester 1962), Mainz 1964, 5-10. „Ens per se subsistens“. Bemerkungen zum Seinsbegriff des Thomas von Aquin, in: Philosophisches Jahrbuch 71 (1963/64) 243-252. (Auch in: SE 185-196: Zum Seinsbegriff des Thomas von Aquin). Die Gottesfrage im Denken Heideggers, in: Innerlichkeit und Erziehung. In memoriam Gustav Siewerth, hrsg. v. Franz Pöggeler, Freiburg, 1964, 177-192. (Auch in: SE 262-276). Ein Vorschlag zur Methode der Theologie heute, in: Gott in Welt. Festgabe für Karl Rahner, 2 Bde, hrsg. v. Johannes Baptist Metz/Walter Kern/Adolf Darlap/Herbert Vorgrimler, Freiburg/Basel/ Wien 1964, Bd. 1, 271-286. (Auch in: SE 410-426). Gotteserkenntnis und Atheismus, in: Concilium 2 (1966) 389-406. (Auch in: ZG 109-123: Die philosophische Gotteserkenntnis und die Möglichkeit des Atheismus). Der Glaube und die Welt der religiösen Anschauungsformen, in: Christentum und Religion, hrsg. v. Heinrich Kahlefeld/Ulrich Mann/Bernhard Welte/Claus Westermann, Regensburg 1966, 91-106. (Auch in: ZG 149-158). Zum Begriff der Person, in: Die Frage nach dem Menschen. Aufriß einer philosophischen Anthropologie. Festschrift für Max Müller zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Heinrich Rombach, Freiburg/München 1966, 11-22. (Auch in: ZG 41-52). Philosophische Meditation über den Personbegriff, in: Das Personverständnis in der Pädagogik und ihren Nachbarwissenschaften, hrsg. v. Josef Speck, Münster 1966, 9-19. Der Gott der Philosophen und der Gott Jesu Christi, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 67 (1966) 375-381. Rückblick auf die Metaphysik. Thomas von Aquin und Heideggers Gedanke von der Seinsgeschichte, in: Wort und Wahrheit 22 (1967) 747-757. (Auch in: ZG 203-218: Thomas von Aquin und Heideggers Gedanke von der Seinsgeschichte).
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Über die Fraglichkeit des menschlichen Friedens und über die Verheißung des göttlichen Friedens, in: Vom Frieden, hrsg. v. der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung (Hannoversche Beiträge zur politischen Bildung, Bd. 4), Hannover 1967, 163-179. Beobachtungen zum Systemgedanken in der Tübinger Katholischen Schule, in: Theologische Quartalschrift 147 (1967) 40-59. (Auch in: ZG 241-257). Bemerkungen zum Gottesbegriff des Thomas von Aquin, in: Theologie und Glaube 58 (1968) 405-416. (Auch in: ZG 219-227). Antworten der Hochscholastik, in: Wer ist das eigentlich - Gott?, hrsg. v. Hans Jürgen Schultz, München 1969, 145-152. Die Christen und die Philosophie, in: Krise der Kirche - Chance des Glaubens. Die kleine Herde heute und morgen, hrsg. v. Karl Färber, Frankfurt 1969, 67-74. Theologie als Wissenschaft. Beiträge zu einem Gespräch mit Hubertus Halbfas, in: Christ in der Gegenwart 21 (1969) 77-78. Logik des Ursprungs und Freiheit der Begegnung, in: Freiheit in der Begegnung. Otto Karrer zum 80. Geburtstag, hrsg. v. Jean-Louis Leuba/Heinrich Stirnimann, Frankfurt/Stuttgart 1969, 21-29. (Auch in: ZG 53-62). Erfahrung und Geschichte, in: Wort und Wahrheit 25 (1970) 145-153. (Auch in: ZG 28-40). Über den Sinn von Wahrheit im Bereich des Glaubens, in: Die Zeit Jesu. Festschrift für Heinrich Schlier, hrsg. v. Günther Bornkamm/Karl Rahner, Freiburg 1970, 297-305. (Auch in: - Universitas 26 (1971) 719-732. ZG 283-291). Die Lehrformel von Nikaia und die abendländische Metaphysik, in: Zur Frühgeschichte der Christologie. Ihre biblischen Anfänge und die Lehrformel von Nikaia, hrsg. v. Bernhard Welte (Quaestiones Disputatae 51), Freiburg 1970, 100-117. La question de Dieu dans la pensée de Heidegger, in: Revista portuguesa de filosofia 27, Braga 1971, 147-165. Meditation über Zeit, in: Theologische Quartalschrift 151 (1971) 289-299. (Auch in: Geschenkte Zeit, hrsg. v. Josef Blank/Bernhard Welte, Freiburg 1975, 11-36. ZG 15-27). Versuch zur Frage nach Gott, in: Die Frage nach Gott, hrsg. v. Joseph Ratzinger (Quaestiones Disputatae 56), Freiburg (11972) 21973, 11-26. (Auch in: - Theologisches Jahrbuch (Leipzig) 1975, 230-240. ZG 124-138 (überarbeitet). Gottesbilder heute. Zur Gottesproblematik in der säkularisierten Gesellschaft der Gegenwart, hrsg. v. Eckhart Pilick, Königstein 1979, 1-10: Versuch eines Weges zu Gott in einer säkularisierten Welt). Ein Experiment zur Frage nach Gott, in: Gott in dieser Zeit, hrsg. v. Leonard Reinisch (Beck’sche Schwarze Reihe 84), München 1972, 37-48. Sprechen in der Kirche. Grundüberlegungen zur Sprache im religiösen Bereich, in: Geist und Leben 43 (1972) 42-49. (Auch in: Pastorale Aufsätze 6, hrsg. v. Hugo Aufderbeck, Leipzig 1973).
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Wissenschaftliche Intelligenz, Lebensintelligenz und Glaube, in: Der Mensch vor dem Anspruch der Wahrheit und Freiheit. Festgabe für Johann Baptist Lotz, Frankfurt 1973, 99108. (Auch in: ZG 79-92 (überarbeitet)). Die Suche nach dem Sinn. Aus religionsphilosophischer Sicht, in: Christ in der Gegenwart 27 (1973) 166. Der Kult in integrierten und in den fortschrittlichen Gesellschaften, in: Jahres- und Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft 1973, 1-13. (Auch in: ZG 93-106). Religiöse Sprache, in: Archiv für Literaturwissenschaft 15 (1973) 7-21. (Auch in: - ZG 159177.) Theologisches Jahrbuch (Leipzig) 1976, 468-481). Die Krisis der dogmatischen Christusaussagen, in: Die Frage nach Jesus, hrsg. v. Ansgar Paus, Graz 1973, 151-179. (Auch in: ZG 292-318). Das Denken. Martin Heidegger 85 Jahre, in: Christ in der Gegenwart 26 (1974) 302. Thomas von Aquin und der Streit um den Aristotelismus, oder: Mut und Besonnenheit. Zum 700. Todestag des Thomas von Aquin, in: Linzer Theologisch-praktische Quartalschrift 122 (1974) 313-324. (Auch in: ZG 181-202). Was hat die Philosophie in der Theologie zu tun?, in : Theologische Quartalschrift 154 (1974) 303-310. Hegels theologischer Entwurf als Ausdruck einer geschichtlichen Situation und als Impuls einer neuen Geschichte der Theologie, in: Kirche und Theologie im 19. Jahrhundert, hrsg. v. Georg Schwaiger (Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts, Bd. 11), Göttingen 1975, 137-146. (Auch in: ZG 228-240). Bemerkungen zur religiösen Sprache, in: Erbe und Auftrag 51 (1975) 81-89. Der Gedanke des neuen Humanismus und die Dialektik von Integration und Fortschritt (vorgetragen im September 1973 in Córdoba/Argentinien), in: ZG 65-78. Über die verschiedenen Bedeutungen des Nichts, in: Denken im Schatten des Nihilismus. Festschrift für Wilhelm Weischedel zu seinem 70. Geburtstag, hrsg. v. Alexander Schwan, Darmstadt 1975, 26-33. (Auch in: ZE 43-52). Heilsverständnis und Heilsdifferenz, in: Befreiter Mensch. Von der heilsgeschichtlichen Erfahrung, hrsg. v. Johann Reikerstorfer, Wien 1976, 9-18. Atheismus oder verborgene Religiosität? Ein Gespräch mit Prof. Dr. Bernhard Welte, in: Herderkorrespondenz 30 (1976) 192-200. Suchen und Finden. Ansprache zur Beisetzung von Martin Heidegger, in: Christ in der Gegenwart 28 (1976) 188. (Auch in: Erinnerung an Martin Heidegger, hrsg. v. Günther Neske, Pfullingen 1977, 253256). Erinnerung an ein spätes Gespräch, in: Erinnerung an Martin Heidegger, hrsg. v. Günther Neske, Pfullingen 1977, 249-252. Denken und Sein. Gedanken zu Martin Heideggers Werk und Wirkung, in: Herderkorrespondenz 30 (1976) 373-377. Religion in menschenwürdiger Gesellschaft, in: Menschenwürdige Gesellschaft, hrsg. v. den Salzburger Hochschulwochen, Graz 1977, 181-214.
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Was ist eigentlich ein Gedanke?, in: Theologische Quartalschrift 157 (1977) 243-254. (Auch in: ZE 11-24). Jesus Christus und die Theologie, in: Theologie - was ist das?, hrsg. v. Georg Picht/Enno Rudolph, Stuttgart 1977, 323-339. (Auch in: Wer ist Jesus Christus? hrsg. v. Joseph Sauer, Freiburg 1977, 151-164). Gedanken zu 150 Jahren Theologischer Fakultät Freiburg, in: Gestalten und Ereignisse. 150 Jahre Erzbistum Freiburg 1827-1977, hrsg. v. Joseph Sauer, Karlsruhe 1977, 209-229. (Auch in: ZE 135-157: 150 Jahre Theologische Fakultät Freiburg als Exempelfall theologischer Entwicklung (erweitert)). Der Tod - Ernstfall der Hoffnung, in: „Ich will euch Hoffnung und Zukunft geben“. 85. Deutscher Katholikentag. Vom 13. bis 17. September 1978 in Freiburg, hrsg. v. Generalsekretariat des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Paderborn 1978, 470-480. Die kulturelle Welt als Grund und die Religion, in: Theologie der Gegenwart 21 (1978) 1-10. Der Verlust der integralen Sinneserfahrung als Quelle des Verlustes der religiösen Dimension, in: Der Mensch ohne Hand oder: Die Zerstörung der menschlichen Ganzheit. Ein Symposion des Werkbundes Bayern, hrsg. v. Deutschen Werkbund Bayern, München 1979, 106-124. (Auch in: ZE 176-191). Religiöse Erfahrung heute und Sinnerfahrung, in: Sozialisation, Identitätsfindung, Glaubenserfahrung, hrsg. v. Günther Stachel, Zürich/Einsiedeln/Köln 1979, 122-133. Religiöse Erfahrung heute, in: Erbe und Auftrag 55 (1979) 195-207. Vom Sinn der Marienverehrung, in: Erbe und Auftrag 55 (1979) 407-413. (Auch in: ZE 272-279: Zur Theorie der Marienverehrung (überarbeitet)). Singe und geh deines Weges. Von der Heiterkeit als der Tugend des älteren Menschen, in: Mut zur Tugend. Über die Fähigkeit, menschlicher zu leben, hrsg. v. Karl Rahner/Bernhard Welte, Freiburg 31980, 227-235. Über zwei Weisen des philosophischen Denkens und deren Folgen für die Religionsphilosophie, in: Philosophisches Jahrbuch 87 (1980) 1-15. (Auch in: ZE 25-42: Über zwei Weisen, das Ewige zu denken). Über den Sinn, die Notwendigkeit und die Grenzen einer „Enthellenisierung“ des Christentums, in: Klaus Kremer, Leiden 1980, 76-91. (Auch in: ZE 233-248 (überarbeitet)). Christentum und Religionen der Welt, in: Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft. Enzyklopädische Bibliothek in 30 Bden, hrsg. v. Franz Böckle/Franz-Xaver Kaufmann/Karl Rahner/Bernhard Welte, Teilbd. 26, Freiburg 1980, 39-126. Ideologie und Religion, in: Glaube in moderner Gesellschaft. Enzyklopädische Bibliothek in 30 Bden, hrsg. v. Franz Böckle/ Franz-Xaver Kaufmann/Karl Rahner/ Bernhard Welte, Teilbd. 21, Freiburg 1980, 79-106.
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Person und Welt, in: Person und Verantwortung. Zur Bedeutung und Begründung von Personalität, hrsg. v. Annette Schavan/Bernhard Welte, Düsseldorf 1980, 9-25. (Auch in: ZE 53-71: Person und Welt. Überlegungen zur Stellung der Person in der modernen Gesellschaft). Zeit und Gebet. Für Georg Picht, in: Erbe und Auftrag 56 (1980) 8-14. (Auch in: ZE 251-259). Der mystische Weg des Meister Eckhart und sein spekulativer Hintergrund, in: Freiheit und Gelassenheit. Meister Eckhart heute, hrsg. v. Udo Kern, München/Mainz 1980, 97-102. Die philosophisch-theologische Problematik, in: Herderkorrespondenz 34 (1980) 77-81. Besinnung im Wandel. Über die Stellung und Aufgabe des älteren Menschen, in: Christ in der Gegenwart 32 (1980) 141-142. Christlicher Glaube und Erfahrung, in: Lebendige Seelsorge 31 (1980) 173-178. Gespräch mit einem Atheisten, in: Lebendige Seelsorge 31 (1980) 243-245. Der Übermensch Nietzsches und seine zweideutige Fragwürdigkeit, in: Concilium 17 (1981) 397-401. (Auch in: ZE 158-175: Nietzsches Idee vom Übermenschen und seine Zweideutigkeit (überarbeitet)). Säkulare Veränderung der Theologie. Was sind die Folgen für das Christentum?, in: Herderkorrespondenz 35 (1981) 458-460. Wahrheit, Sprache und Geschichte - Untersucht im Blick auf die Sprache in der Kirche, in: Theologie in Freiheit und Verantwortung, hrsg. v. Karl Rahner/Heinrich Fries, München 1981, 70-95. (Auch in: ZE 211-232: Sprache, Wahrheit und Geschichte). Ende und Neubeginn. Erinnerungen an den April 1945, in: Das Ende, das ein Anfang war, Freiburg 1981, 115-121. Grenze als philosophisch-theologische Bestimmung, in: Christliches ABC heute und morgen 1 (1982) 9. Dasein als Hoffnung und Angst, in: ZE 72-95. Dasein im Symbol des Spiels, in: ZE 96-108. Der Geist begegnet dem Geist. Versuch über bildende Kunst, in: ZE 109-111. Auf der Suche nach dem verlorenen Ursprung. Essay über ein Gedicht von Karl Krolow und einen Gedanken von Martin Heidegger, in: ZE 112-120. Glaube und universale Bildung in dieser Zeit, in: ZE 192-208. Vom Leuchten des Angesichts Gottes über den Jahren der Menschen, in: Auf dem Weg durch die Zeit. Predigten und Besinnungen zum Kirchenjahr, hrsg. v. Theodor Maas-Ewerd, Regensburg 1982, 239-241. Zur Lage der Theologie heute und zur Rolle der Philosophie im Rahmen dieser Situation, in: Die Angewiesenheit der Theologie auf das philosophische Fragen, hrsg. v. Bernhard Casper (Schriftenreihe der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg), München/Zürich 1982, 65-71.
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II. SONSTIGE LITERATUR
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Wachter, Emil, Sehen und Denken - Überlegungen zu Aquarellen und Zeichnungen von Bernhard Welte, in: Fragend und lehrend den Glauben weit machen, hrsg. v. Klaus Hemmerle (Schriftenreihe der Katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg), München/Zürich 1987, 56-67. Weischedel, Wilhelm, Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus, 2 Bde, München 31975. Weiß, Bardo, Rezension zu Bernhard Welte, Meister Eckhart. Gedanken zu seinen Gedanken (1979), in: Theologische Revue 76 (1980) 329. Wiplinger, Fridolin, Wahrheit und Geschichtlichkeit. Eine Untersuchung über die Frage nach dem Wesen der Wahrheit im Denken Martin Heideggers, Freiburg/München 1961.