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Jagd Auf Die - Dolphin

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Biologie Dornenkronenseesterne Jagdsaison Der Riffkiller ist nicht etwa der Taucher, sondern die gefräßige Dornenkrone Foto: H. Corneli/www.seatops.com Jagd auf die Riffkiller Ihr hübsches Äußeres täuscht über ihre schlechten Eigenschaften hinweg. Dornenkronen sind gefräßige Räuber, die sich auf den Verzehr von Steinkorallenpolypen spezialisiert haben. Als Einzelgänger sind sie eher harmlos – aber treten sie in Massen auf, können sie ganze Korallenriffe vernichten! Biologie Dornenkronenseesterne Clean up Im Team sammeln die freiwilligen Helfer vor Moalboal die Riffkiller ein. Sie werden dann an Land gebracht Nicht anfassen! Dornenkronen sind Seesterne mit bis zu 20 Armen die mit Giftstacheln besetzt sind 64 tauchen.de 8/2011 Ritter der Riffe Mit Holzschwertern werden die Dornenkronen eingesammelt. Die Giftstacheln können schmerzhaft sein! Fotos: N. Probst/www.seatops.com; H. Corneli/www.seatops.com (2) Foto: M. Kress Neue FressFeiNde L eise tuckern die philippinischen Auslegerboote (Bankas) über das spiegelglatte Meer, der tief über dem Horizont stehenden Sonne entgegen. Ein idyllischer Anblick, für den die Taucher an Bord aber heute keinen Blick haben. Auf sie wartet kein gewöhnlicher „Fun Dive“, sondern harte Arbeit, bei der es gilt, so viele Dornenkronenseesterne wie möglich einzusammeln. Die gefräßigen „Riffkiller“ fallen schon seit Jahren immer wieder über die prachtvollen Korallengärten vor der Halbinsel Moalboal her, die vor der Westküste von Cebu liegt. Um ein Massenaufkommen und damit die Zerstörung der Riffe zu vermeiden, organisieren Rudy Poitiers-Lapaz und Eddi Schaap vom Dolphin House & Ravenala Resort regelmäßig Säuberungsaktionen. Tatkräftig unterstützt werden sie dabei von umliegenden Tauchschulen und Gästen. Auch Erwin und Christine aus Wien lassen es sich nicht nehmen, am aktiven Riffschutz teilzunehmen. „Wir sehen das als unseren persönlichen Beitrag zum Erhalt der Umwelt, unsere Enkel sollen sich schließlich auch einmal an dieser herrlichen Unterwasserwelt erfreuen können“, so ihr Kommentar. Gemeinsame Aktion Mit Plastiksack und Holzschwert bewaffnet gleiten sie wenige Minuten später mit anderen Tauchern in die Tiefe. Helle Flecken verraten ihnen, wo der bis zu 60 Zentimeter große Seestern bereits am Werk war. Die rotbraune, orangene oder blauviolette Stachelkugel hat sich auf das Vertilgen von Steinkorallen (Scleractinia) spezialisiert. Dabei stülpt das Tier seinen lappenarti- Tritonshorn, Helmschnecken, Ringelwürmer, Harlekingarnelen, NapoleonLippfische, Kugelfische, Drückerfische – sie alle haben es auf die Dornenkronen abgesehen. Doch ihre Bestände, insbesondere die der Fische, werden durch die Überfischung immer mehr dezimiert. Renate Hirse, Präsidentin des VIT (Verband Internationaler Tauchschulen e.V.), konnte bei einem Tauchgang vor Panglao/Philippinen beobachten, wie eine Seeanemone „genüsslich“ eine Dornenkorne verspeist. Nächtliche rAubzüGe Solange die Dornenkronen einzeln am Riff auftauchen, ist noch alles gut. Wenn sie aber in Massen wie eine Heuschreckenplage über die Polypen herfallen, richten sie erhebliche Schäden im Riff an. Das Problem: Ihre Fraßrate übersteigt mit einem Quadratmeter Korallenfläche pro Tier und Monat deutlich die Wachstumsund Regenerationsrate der Korallen. In Guam wurden auf einem Saumriff von 38 Kilometern Länge in einem Zeitraum von nur zweieinhalb Jahren 90 Prozent der Korallen bis in eine Tiefe von 65 Metern vernichtet! Die elastische Haut der Seesterne ermöglicht es ihnen, sich um die feinen Korallenäste zu wickeln. Gefressen wird meist nachts. Dazu stülpt die Dornenkrone ihren Magen nach außen um die Polypen und sondert Verdauungsenzyme aus. Die „Korallen-Suppe“ wird dann einfach später aufgeschlürft! 8/2011 tauchen.de 65 Biologie Dornenkronenseesterne AuFbAu eiNes seesterNs Madreporenplatte randstacheln Pedicellarien randplatten Oberseite After Fotos: D. Fleetham/www.seatops.com (2) Papillen dornen stacheln Ambulakralfüßchen Ambulakralstacheln Mund Ambulakralrinne uNterseite Schale gegen Dornen Das Tritonshorn kann 50 Zentimeter lang werden und zählt zu den größten Meeresschnecken der Welt! Die Super-Schnecke macht besonders gern Jagd auf Dornenkronen. Es bohrt seine Beute an und sondert lähmende Sekrete ab. Wegen des schönen Gehäuses wird das Tritonshorn gefangen und ist vielerorts vom Aussterben bedroht! 66 tauchen.de 8/2011 Auch wenn Dornenkronen bis zu 20 Arme haben, der Grundbauplan entspricht dem eines fünfarmigen Seesterns. Die Fortbewegung erfolgt mit Hilfe der Stacheln und Ambulakralfüßchen über ein hydraulisches System. Unkaputtbar Wird dem Dornenkronenseestern ein Arm abgerissen, wächst er einfach nach. Aus einem kleinen Stück Arm kann sogar ein neues Tier entstehen rOtes Meer Foto: N. Probst/www.seatops.com Die Korallenriffe des Roten Meeres sind nicht nur schön und einzigartig, sondern auch wichtige Stützpfeiler des ägyptischen Tourismus. Tote Riffe ziehen keine Taucher an. Deshalb beobachtet und kontrolliert die HEPCA (Hurghada Environmental Protection and Con- gen Magensack über die Koralle, um mit Hilfe von Enzymen die Polypen aus ihren Gehäusen zu schlürfen. Zurückbleibt nur das blankgeputze, weiß leuchtende Kalkskelett. Dieser Vorgang dauert normalerweise mehrere Stunden und ist mit ein Grund, warum die Dornenkrone erst mit Beginn der Dämmerung aktiv wird. Den Tauchern bleibt also wenig Zeit – denn sie während der Dunkelheit im begrenzten Licht der Lampe aufzuspüren macht wenig Sinn. Auf dem Riffdach, in sechs Metern Tiefe, herrscht besonders reges Treiben. Überall knistert und knackt es zwischen den Korallen, als könnte man hören, wie die Seesterne ihre relativ kurzen, sieben bis 23 Arme entfalten und sich mittels ihrer röhrenförmigen Ambulakralfüßchen, an deren Enden sich kleine Saugnäpfe befinden, aus ihrem Versteck winden. Immer mehr Dornenkronen kommen zum Vorschein, um über Tisch-, Geweih- und Porenkorallen herzufallen. Die bis in 25 Metern Tiefe das Riff durchstreifenden Tauchteams haben alle Hände voll zu tun. Ein Seestern nach dem anderen wird mittels Holzschwert in die mit Draht verstärkten Säcke bugsiert. Klingt einfach, erfordert aber viel Geschick und Geduld, denn oft hängen die wirbellosen Stachelhäuter (Echinodermata) zwischen den Verästelungen der Geweihkorallen fest. Beim Herauspuhlen ist Vorsicht geboten. Zum einen sollen keine Korallenzweige zu Bruch gehen, zum anderen muss jeder Hautkontakt mit dem Prädator vermieden werden. Eine Verletzung durch die bis zu fünf Zentimeter langen, spitzen Stacheln der Dornenkrone ist sehr schmerzhaft, da sie von einer giftigen Schleimschicht umgeben sind. Das Gewebe um die Einstichstelle schwillt an. Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufstörungen und Taubheitsgefühl können die Folge sein. Zum Glück ist in den meisten Fällen keine ärztliche Behandlung notwendig. Schmerzund Desinfektionsmittel sowie eine Pinzette zum Entfernen abgebrochener Stachelreste genügen. Wer glaubt, sich durch dickes Neopren vor Stichen schützen zu können, irrt. Die kräftigen Dornen durchdringen selbst Füßlingssohlen mühelos! robust und wehrhaft Die zur Ordnung der Stachelsterne (Spinulosida) gehörende Dornenkrone (Acanthaster planci) ist nicht nur äußerst wehrhaft, sondern auch stark regenerationsfähig. servation Association) die Entwicklung der Dornenkronen-Population im Roten Meer sehr genau. Tauchtouristen können dabei mithelfen, indem sie einfach vorgefertigte Steckbriefe (siehe oben) ausfüllen und an die HEPCA mailen. Wenn es dann tatsächlich an einigen Riffen zu einer Dornenkronen-Explosion kommt, werden „clean-ups“ organisiert, bei denen ein Großteil der Seesterne entfernt wird. Ein kleiner Teil bleibt allerdings am Riff, um den natürlichen Feinden wie Drücker- und Kugelfischen einige „Leckerbissen“ zu lassen. 100 000 Dornenkronen konnten in den letzten Jahren gefangen werden. Weitere Infos: www.hepca.com 8/2011 tauchen.de 67 Biologie Dornenkronenseesterne Schonzeit für den Atlantik Der gesamte Indopazifik wird von Dornenkronen bewohnt. Die Karibik ist bisher verschont geblieben da der Seestern im Atlantik nicht vorkommt Natürliche Fressfeinde kennt der in allen Korallenriffen der tropischen und subtropischen Regionen des Indopazifiks und Roten Meers vorkommende Seestern kaum. Sein Erzfeind, das große Tritonshorn (Charonia tritonis), eine Schnecke, wurde wegen seines schönen Gehäuses stark dezimiert. Die paar Drücker-, Kugel- und Lippfische, die manchmal an ihm herumknabbern, kann er leicht verkraften. Abgefressene Teile werden einfach wieder erneuert – und sollte mal ein Arm verloren gehen, bildet sich daraus gleich ein komplett neuer Seestern! Bei der Fortpflanzung wird ebenfalls nicht gekleckert. Ein großes DornenkronenWeibchen kann in der Fortpflanzungssaison bis zu 60 Millionen Eier ins Freiwasser entlassen, die dann durch die zur gleichen Zeit ausgestoßenen Samen der Männchen befruchtet werden. Die daraus entstehenden Larven treiben mit den Meeresströmungen zum nächsten Korallenriff, wo sie sich niederlassen und in Seesterne verwandeln. Die winzigen Nachkommen ernähren sich circa zwei Jahre lang von Phyto-Plankton, ehe sie sich auf das Polypengewebe von Korallen spezialisieren. Normalerweise fällt ein Großteil der Larven Fischen, Riesenmuscheln, Ringelwürmern, Krebsen, Garnelen, Schnecken und kurioserweise auch Koral68 tauchen.de 8/2011 Dornenkronen-Verbreitung lenpolypen zum Opfer, so dass nur wenige Individuen überleben. Der farbenfrohe Raubstern, zwischen dessen Stacheln oft kleine Kardinalbarsche (Siphamia zaribae) und die Seesterngarnele (Periclimenes soror) Schutz suchen, stellt dann kaum eine Gefahr für das Korallenriff dar. Im Gegenteil, durch das Dezimieren der schnellwüchsigen „Acropora-Spezies“ verbessert er die Verbreitung anderer, langsamer wachsender Korallenarten, was wiederum eine höhere Vielfalt an Bewohnern nach sich zieht. schadensbegrenzung Treten die ansonsten nützlichen Dornenkronen allerdings in Massen auf, entwickeln die Tiere einen unersättlichen Appetit. Dabei geraten sie in einen Rauschzustand, der sie Tag und Nacht fressen lässt. Zurückbleibt ein vollständig verwüstetes Korallenriff, das durch Algenbewuchs und Erosion kaum mehr in der Lage ist, sich zu erholen. In den 60er-Jahren vernichteten Millionen von Individuen in der Nähe von Guam 90 Prozent der dortigen Korallenriffe. Über den Grund solcher Populationsexplosionen streiten sich die Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Eine Ursache könnten Düngemittel und andere Verunreinigungen sein, die vor allem nach starken Regenfäl- len unkontrolliert ins Meer gelangen. Aber auch der Temperaturanstieg des Oberflächenwassers durch die globale Erwärmung und die damit verbundene Anreicherung an Nährstoffen könnten das Überleben der Acanthaster-Larven begünstigen, so dass sich diese in zu großer Zahl an den nahen Riffen ansiedeln. Strategien zur Schadensbekämpfung mussten entwickelt werden. Einfach abwarten, bis das Areal leergefuttert ist und die „Riffkiller“ verhungert sind, würde nicht nur mannigfaltige Ökosysteme zerstören, sondern auch menschliche Nahrungsressourcen und touristische Ziele. Die Dornenkronen mit Gift zu bekämpfen ist zwar wirksam, aber aufwendig und kostspielig, da oft mehrere Arme injiziert werden müssen. Die bislang beste und bewährteste Methode ist das Einsammeln und anschließende Verbrennen der Tiere. Neu ist ein kürzlich entwickelter Duftstoff, der die Seesterne anlocken soll, so dass die aufgestellten Fallen nur noch in Intervallen geleert werden müssen. Egal mit welcher Methode man gegen die Dornenkronen zu Felde zieht, ohne aktive Riffschützer wie Rudi und Eddi von Moalboal, würde es um einige Plätze bereits schlecht bestellt sein. Auch heute tragen die Tauchteams wieder schwer an ihrer Last. gefräßige Jäger Fotos: F. Banfi/www.seatops.com (links); N. Probst/www.seatops.com; S. Zankl (unten links) Dornenkronen fallen insbesondere über Steinkorallen her. Dabei stülpen sie ihren Magen über die Polypen und sondern Verdauungsenzyme aus GreAt bArrier reeF In den letzten 40 Jahren wurde das größte Saumriff der Welt, das Great Barrier Reef in Australien (siehe Foto unten), von drei großen Dornenkronen-Plagen heimgesucht. Diese Massenaufkommen richten mehr Schäden an als jede andere Beeinträchtigung am Barriereriff. Das Australian Institute of Marine Jugendform Foto: NASA, by MISR Als Brachiolaria-Larve (links) ernährt sich die Dornenkrone von Plankton. Nach einer Metamorphose entsteht der Seestern Unersättlich • Nach einem Fressrausch bleiben nur die weißen Kalkgerüste der Korallen übrig Die mit Seesternen prall gefüllten Säcke sind kaum noch zu transportieren. Es ist bereits dunkel, als auch Erwin und Christine wieder an Bord klettern. Müde, aber glücklich über die erfolgreiche Aktion erfahren sie, dass über Tausend Dornenkronen eingesammelt wurden. „Vielleicht ist das ein gutes Zeichen. Letztes Jahr waren es noch mehr als 2000 Tiere“, meint Rudi und hofft, dass sich die Zahl beim nächsten Mal noch weiter verringert. Als die Auslegerboote wenig später zum Dolphin House Resort zurückfahren, genießen alle entspannt und zufrieden den klaren Sternenhimmel. Ein gutes Gefühl, zum Erhalt der prachtvollen Korallengärten vor Moalboal beigetragen zu haben. Barbara und Helmut Corneli sind ein perfektes team. seit 1982 fotografieren und beschreiben sie die Meere. Beide zählen zu den erfolgreichsten UWFotografen der Welt. sie wohnen und arbeiten als Freiberufler im elsass. Science (AIMS) gründete daraufhin eines der größten Monitoring-Projekte der Welt. Diese langzeitliche Beobachtung kombiniert reine Sichtungsmeldungen mit DNA-Analysen und stellte fest, dass das Massenauftreten der Seesterne im Norden des Great Barrier Reefs beginnt und dann südwärts zieht. Bis sich ein Riff von der Plage erholt, dauert es zwischen 10 und 20 Jahren! Außerdem konnten die Untersuchungen beweisen: Je mehr Plankton vorhanden ist, desto mehr Dornenkronen-Larven überleben. Düngemittel und Verschmutzungen der Küstengewässer fördert wiederum das Planktonwachstum und indirekt somit auch die Dornenkronen! Wenn dann ein Riff auch noch durch zu hohe Temperaturen oder Zyklone geschwächt ist, dauert die Regeneration erheblich länger. Infos: www.aims.gov.au. 8/2011 tauchen.de 69