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Kaktus - Tim Kurzbach

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    August 2018
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Blickpunkt Tim Kurzbach Der rot-grüne OB-Kandidat im Gespräch Kaktus: Tim, du bist ein Novum in dieser Stadt … Tim: Huch, wie das, ich bin hier geboren?? Kaktus: Nein, so war das nicht gemeint. Niemand ist mehr Solinger als du, aber als rot-grüner Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl wirst du nach dem einstimmigen Beschluss des grünen Kreisverbandes als solcher auch auf dem Wahlzettel am 13. September stehen. Wie viel grün steckt in dir? 6 Tim: Definitiv viel – und deswegen fühle ich mich wirklich auch als grüner Kandidat! Ich war schon ganz früh Mitglied in Jugendverbänden, die sich ganz viel um Nachhaltigkeit, Klimaschutz und eine liberalere Gesellschaft bemühen. Das hat mich geprägt. Und ich werde auch als Solingens Oberbürgermeister die Herausforderungen des Klimawandels annehmen und daher die notwendigen Veränderungen in den Bereichen Energie, Mobilität, Wohnen und Wirtschaft aktiv vor Ort – und vor allem gemeinsam mit Politik, Bevölkerung und Verwaltung – gestalten. Und was den Solinger in mir angeht: Ja, ich empfinde für unsere Stadt Leidenschaft! Ich bin in Solingen geboren, ich kenne und mag diesen Menschenschlag zwischen Rheinländer und tief-bergischem Sturkopp. Und ich glaube an die riesigen Chancen unserer Stadt, wenn wir nur endlich alle Kräfte bündeln. Vor allem aber streite ich leidenschaftlich für unser Gemeinwohl: für demokrati- sche Entscheidungen, für solidarisches Handeln, für ein echtes Miteinander. Das mache ich beruflich, das mache ich ehrenamtlich und eben auch in der Politik. Kaktus: Was bedeutet das für das grüne Herzensthema einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung Solingens? Tim: Die Grünen haben sich bzgl. der Regionalplanaufstellung eindeutig positioniert, was den Flächenverbrauch und die Ausweisung neuer Gewerbegebiete angeht. Das tue ich auch: Wenn wir Solingen nach vorne bringen wollen, müssen wir Ökonomie und Ökologie wo immer möglich zusammen denken, wenn´s gut läuft, sogar miteinander verzahnen. Nur so können wir die großen Herausforderungen wie Infrastruktur, Qualifizierung von Fachkräften und Steigerung der Innovationsfähigkeit meistern. Eindimensionale Lösungen führen in eine Sackgasse, und Solingen braucht endliche greifbare Lösungen und konkrete Veränderungen. Kaktus: Und was, wenn das nicht geht? Tim: Es muss gelingen, sonst rutscht unsere Stadt weiter ab. Ich möchte alle Beteiligten in einen verbindlichen Dialog einbinden und gemeinsam mit Bürgerinitiativen, Unternehmerinnen und Unternehmern, Politik und Verwaltung Lösungen erarbeiten. Es wird von allen Seiten Kompromissfähigkeit brauchen. Ich glaube, Kaktus: Und wo bleiben die Unternehmen mit ihren Flächenwünschen? Tim: Solingen befindet sich nach wie vor in einem tiefgreifenden Strukturwandel, den ich intensiv begleiten und fördern möchte. Aber ich fühle mich auch dem Ziel des minimierten Flächenverbrauchs verpflichtet, so dass die Wirtschaftsförderung unter einem OB Tim Kurzbach sicherlich sehr viel stärker darauf verpflichtet würde, ansiedlungs- und/oder verlagerungswilligen Unternehmen die notwendige Unterstützung zu geben, damit sie ihren Flächenbedarf möglichst umweltschonend realisieren können – nach dem Motto „Brache vor Freiraum“. Trotzdem werden wir nicht darum herum kommen, an der einen oder anderen Stelle Gewerbegebietsausweisungen vorzunehmen. Aber so etwas wie mit Buschfeld, wo Landschaftsschutzgebiet massiv betroffen ist, soll es nicht wieder geben. Lasst uns die Wirtschaft stärken – aber nicht in den alten Bildern – sondern neue Wege beim Gewerbe gehen. Wir müssen dafür nicht jede grüne Wiese zubauen, aber wir müssen anfangen, geschäftlichen Erfolg von oberster Stelle an möglich zu machen. Ich bin mir sicher, wir finden für jeden Betrieb, der hier Erfolg haben will, eine passende Liegenschaft. Ich bin mir sicher, wir können möglich machen, was Menschen sich erträumen. Ich bin mir sicher, in unserer Stadt kann gutes Geld verdient werden und ein gutes Leben gelingen. Kaktus: Wo siehst du Entwicklungspotenzial für den Wirtschaftsstandort Solingen? Tim: Vor allem in den Bereichen Gesundheits-, Kreativ- und Digitalwirtschaft sowie in neuen Dienstleistungen und dem Handwerk. In Zusammenarbeit mit Fachhochschulen und Universitäten sollten wir Innovationen entwickeln und die Marke Solingen im Markt neu platzieren. Unser Zukunftsplan bietet daher direkte Perspektiven für den Unternehmensstandort Solingen. Wir brauchen neue Unternehmen in unserer Stadt, die mit ihrem kreativen Team bewusst in eine landschaftlich reizvolle Gegend wollen, oder die sich ganz einfach die teuren Metropolen nicht leisten können oder wollen. Denk-Fabriken also, Zulieferer für die Global Player oder Kreativunternehmen, die ihre oftmals digitale Erfolgs-Nische im Markt gefunden haben. Das sind Unternehmen mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen, die Beschäftigung bringen und nicht in großer Menge streichen. Unternehmen, die hier Gewerbesteuer zahlen. Und die meist Vorstellungen von ihrem neuen Standort haben, die wir mit unserer so vertrackten Gewerbeflächen-Topografie auch realistisch erfüllen können. Daneben müssen wir dafür sorgen, dass die Erfordernisse des Strukturwandels in allen Köpfen ankommen. Konkret heißt das: gute Ideen zu unterstützen, wie etwa die Umstellung des Busnetzes in Solingen auf Elektromobilität oder die Stärkung von Quartieren, denn Solingen lebt durch seine Stadtteile und Quartiere. Kaktus: In der Vergangenheit setzten die politischen Mehrheiten häufig darauf, städtische Dienstleistungen zu veräußern, weil angeblich Private besser wirtschaften können als die öffentliche Hand. Wo stehst du da? Zu unserer neunten Wanderung unter dem Motto „Ab ins Grüne“ haben wir in diesem Jahr nach Müngsten eingeladen. Trotz Aprilwetter fanden sich über 20 Interessierte ein, die mit uns gemeinsam den ‚Rundweg Baum- und Walderleben’ erkundeten. Unter fachkundiger Führung von Dr. Jan Boomers erfuhren wir Wissenswertes über das „Bergische Habitat“, den Biotop- und Artenschutz und die Entwicklung der Wupper. Begleitet wurden wir von unserem OB-Kandidaten Tim Kurzbach. 7 Blickpunkt dabei hilft es anzuerkennen, dass die Grün- und Freiräume wichtig sind für unsere Lebensqualität und ein so hohes Potential für die Zukunftsentwicklung Solingens darstellen, dass wir sie nicht nur schützen, sondern aus meiner Sicht sogar perspektivisch aufwerten müssen. Blickpunkt Tim: SPD und Grüne haben in der letzten Ratsperiode gemeinsam mit der BfS und mit Unterstützung der damaligen DSW den privatisierten Teil der Solinger Stadtwerke erfolgreich zurück gekauft. Das war ein hartes Stück Arbeit, aber heute ist es weitgehend unumstritten in Solingen, dass unser Stadtwerk zu 100 % städtisch bleiben soll. Ich möchte alle städtischen Betriebe leistungsstark, gut geführt und sozial vorbildlich erhalten – sie sind ein verlässlicher Partner für die Wirtschaft, aber eben auch für die Bürgerinnen und Bürger, sie nehmen ihren öffentlichen Auftrag ernst, sie dienen der Daseinsfürsorge und sie bieten sichere und tariflich entlohnte Arbeitsplätze. Dieses Pfund muss in kommunaler Hand bleiben! Kaktus: Kreativwirtschaft ist ein schöner Begriff, das klingt so nach sauberem, schönem Arbeiten für die Gut-Bürgerschaft, die sich Kunst und Kultur leisten kann. Was soll das heißen? Tim: Am besten lässt sich das am Südpark sehen: Mit der Regionale 2006 sind die drei bergischen Städte aufgrund ihres guten städtbaulichen Konzeptes sehr stark vom Land gefördert worden. Daraus sind viele auch heute noch nachwirkende Impulse für eine positive Stadtentwicklung entstanden – u. a. Solingens Südpark mit den Ateliers, dem Museum, dem Stückgut, dem neu gestalteten Bahnhof und nicht zuletzt der Lebenshilfe und dem neuen Arztzentrum. Das ist eine Entwicklung, die ich unterstützen möchte. Öffentliche Gelder als Anschubfinanzierung für kluge, kreative Konzepte. Damit Solingen für seine Menschen als Lebens- und Arbeitsort attraktiv bleibt. Kaktus: Ein Teil der Solinger Bevölkerung ist von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Die jetzige Verwaltungsmeinung und auch andere Stimmen setzen eher auf Themen wie Sicherheit und Sauberkeit und leiten daraus ihre politischen (Ausgrenzungs- und Überwachungs-)Ideen ab. Tim: Ich setze da lieber auf den Ausbau von Angeboten der sozialen Arbeit, um Jeder und Jedem seine Chance in Solingen zu geben. Mein Solingen ist ein soziales Solingen, das akzeptiert, dass es soziale Unterschiede gibt und das aktiv darauf hinwirkt, dass diese Unterschiede nicht zu Ausgrenzung und sogar Vertreibung führen. Jeder Mensch soll hier willkommen sein. Jeder Mensch hat das Recht auf Unterstützung da, wo er sie braucht, auf Solidarität und auf ein stärkendes, unterstützendes Miteinander. Kaktus: Und wie stehst Du zum Thema Videoüberwachung im öffentlichen Raum? 8 Tim: Die Idee, vermehrt Überwachungskameras im öffentlichen Raum zu platzieren, macht uns alle implizit zu potenziellen Tatverdächtigen. Das ist mit meinen Freiheitsidealen nicht zu vereinbaren. Da, wo kriminelle Handlungen zu verfolgen bzw. zu ahnden sind, möchte ich mich dafür einsetzen, Polizei und Justiz zu stärken. Vor Ort stehe ich jedoch für präventive Maßnahmen, bessere politische Bildung, mehr soziale Gerechtigkeit und die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements. Kaktus: Bedeutet Ehrenamt nicht immer auch die Verlagerung von eigentlich städtischen Aufgaben auf die Bevölkerung unter Ausnutzung des schlechten Gewissens? Tim: Schlimmstenfalls kann es das sein – aber ich glaube, dass sich sehr viele Menschen tatsächlich für ihr Gemeinwesen einsetzen möchten und dies ja auch schon in vielfältiger Art tun. Als OB-Kandidat komme ich ja viel herum. Man wird immer wieder eingeladen, soll Rede und Antwort stehen – und man glaubt es nicht, aber ich lerne jeden Tag neue engagierte Menschen und Gruppen kennen. Dieser Gemeinsinn ist ein ungeheures Potential für eine bunte und vielfältige Gesellschaft, in der wir immer wieder vom anderen lernen können. Aus meiner Sicht muss der OB ein Ermöglicher dieses Engagements sein und die hierfür notwendigen Strukturen im Rathaus schaffen. Kaktus: Welche? Tim: Wir haben eine Bevölkerung, die in weiten Teilen eine mich anrührende Willkommenskultur pflegt, die ehrenamtlich engagiert ist, ohne groß darüber zu reden, die sich einbringt in Form von Bürgerinitiativen, die mitreden möchte. Das will ich unterstützen. Ich will als Oberbürgermeister den Bürgerinnen und Bürgern meiner Stadt zuhören, von ihnen lernen und von ihnen profitieren. In diesem Sinne möchte ich als OB meiner Stadt auch dienen. Kaktus: Das allein reicht aber nicht! Tim: Ich will die Perspektive auf unsere Stadt verändern. Wir müssen als Solingerinnen und Solinger endlich wieder mit Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein auftreten. Ich will als Oberbürgermeister unsere starke Marke „Solingen“ professionell vorantreiben und damit für Solingen werben. Das wäre spürbar ein anderer Stil als Lethargie und Selbstmitleid. Wir haben zwar eine Wirtschaftsstruktur, die sich im Wandel befindet, ja. Aber wir haben auch den Willen zur engeren Zusammenarbeit von Wirtschaftsförderung, Wissenschaft, Verwaltung und Unternehmen, damit wir uns zukunftsfähig entwickeln können. Und ich glaube, da steckt viel Neues, viel Mögliches drin, das wir gemeinsam heben können und müssen. So haben wir – SPD und Grüne gemeinsam – den Weg zur Haushaltskonsolidierung auf den Tisch gelegt. Wir wollen durch umsichtiges Sparen bei gleichzeitiger gezielter Investition einen neuen Weg beschreiten. Kaputt sparen bringt uns nicht weiter und wird es mit mir nicht geben. Und wir haben eine Bildungslandschaft, die auf dem Weg zu einem integrativen Schulsystem mit längerem gemeinsamem Lernen schon eine ganze Strecke hinter sich gebracht hat. Ich glaube, dass Schule in der heutigen Zeit einen viel ganzheitlicheren Stellenwert in unserer Gesellschaft hat. Dem müssen wir gerecht wer- den: durch den Ausbau der offenen Ganztagsschule, durch Schwerpunkt- und Profilbildung der einzelnen Schulen, durch die Förderung von lebenslangem Lernen. Das ist der Grundstein, mit dem wir der sozialen Spaltung begegnen können. Denn allein Bildung garantiert den sozialen Aufstieg. Aber Bildung ist immer mehr als Schule allein. Wir wollen möglichst viele Menschen dabei unterstützen, sich zu bilden. Und da, wo es noch hapert, werden wir gemeinsam mit dem Jobcenter intelligente, bedarfsgerechte und nachhaltige Konzepte erarbeiten, um Langzeitarbeitslosen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Kaktus: In letzter Zeit hat man viel von der angeblich desolaten Situation der Solinger Verwaltung gehört. Die Veröffentlichung „Lust statt Frust – Verwaltung gemeinsam gestalten“ der Komba war ein deutliches Signal. Tim: Richtig, und ich beobachte das schon seit längerem. Da ist zum einen die Tatsache, dass jahrzehntelange Haushaltsicherungskonzepte zu einem drastischen Personalabbau in der Verwaltung geführt haben, der sich mittlerweile nicht nur in Unzufriedenheit und hoher Arbeitsbelastung zeigt, sondern auch darin, dass die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben immer länger dauert und die Krankheitsquote bei den Kolleginnen und Kollegen weiter steigt. Gerade in finanziell schwierigen Zeiten muss die Arbeit in der Verwaltung anders ausgerichtet werden: Wir wollen das Rathaus öffnen, die Solingerinnen und Solinger bei Entscheidungen wirklich einbinden und dadurch auch völlig neues Engagement freisetzen. Kaktus: Und zum anderen? Tim: Zum anderen ist aber auch aufgrund starrester Hierarchien vor allem dem Verwaltungsmittelbau jeglicher Raum zum Atmen und zum kreativ Denken genommen worden, d.h., diejenigen, die noch da sind, wurden mehr oder weniger zu BefehlsempfängerInnen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen einen großartigen Job, aber sie bekommen nicht die Unterstützung der Stadtspitze, wenn sie etwas voranbringen wollen. Das werde ich umgehend ändern. Kaktus: Was würdest du anders machen? Tim: Ich begreife Verwaltung als einen Dienstleistungsbetrieb in einem Team. Für die Bürgerschaft, indem sie alle Dienstleistungen freundlich, kompetent und am Einzelnen orientiert erbringt. Für die Politik, indem sie ihr das notwendige Fachwissen zur Verfügung stellt, das sie für gute, verantwortungsbewusste Entscheidungen braucht. Damit aus diesem Verhältnis eines wird, das die notwendigen Veränderungen in allen Bereichen unseres Lebens kreativ, nachhaltig und vor allem gemeinsam definiert und umsetzt, braucht es mehr Zusammenarbeit, mehr Vertrauen ineinander und vor allem mehr Stärkung des individuellen Denkens. Kreativ zu sein ist angesichts des Schuldenbergs der Stadt kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit, die uns allen gemeinsam die Gestaltung des Solingen von morgen ermöglicht. WIR für SIE muss die Botschaft über dem Eingang am Rathausplatz 1 sein. Das meint: Mein Team, die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und ich suchen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern nach den besten Lösungen. Solingen ist eine schöne, eine grüne Stadt mit einer engagierten Bürgerschaft, viel Wirtschaft im Wandel und – alles in allem – viel Potential. Deswegen meine ich, dass wir, dass Solingen selbstbewusst in die Zukunft blicken sollte. Kaktus: Vielen Dank für das Gespräch. Blickpunkt 9