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Keep It Simple And Stupid Bürogebäude, Augsburg

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Architektur  Keep it simple and stupid Bürogebäude, Augsburg Eine gründliche Planungsphase mit intensiver Kommunikation, starke, natürliche Materialien, eine schlichte Konstruktion, kurze Bauzeit: So lauten die Zutaten für einen Büroneubau im Sheridan-Park Augsburg. Das Ergebnis überzeugt. lattkearchitekten, Augsburg Foto: Eckhart Matthäus Dipl.-Ing. Frank Lattke, Architekt BDA www.lattkearchitekten.de 32 1968 geboren in Tübingen 1989 – 1992 Tischlerlehre 1993 – 2000 Architekturstudium an der TU München und ETSAM Madrid/ES 2000 – 2001 Berufspraxis als Architekt bei DonovanHill Architects, Brisbane Seit 2001 eigenes Büro in Augsburg 2002 – 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Holzbau, Prof. Hermann Kaufmann, Fakultät für Architektur der TU München 2007 – 2010 Projektleiter TES EnergyFacade (WoodWisdom ERA Net) 2010 – 2014 Projektleiter smartTES (WoodWis- dom ERA Net) 2010 – 2014 Mitarbeit E2ReBuild (Forschungs- projekt 7. Rahmenprogramm) ab 2014 Projektpartner Forschungsprojekt leanWOOD (WoodWisdom Net) Frank Lattke ist Mitglied im Netzwerk Holzbau Augsburg und Vorsitzender des BDA KV Augsburg-Schwaben. 2281–8 Foto: Eckhart Matthäus   DBZ 11 | 2015    DBZ.de 33 e Pröllstraß Max-Josef -Metzger -Straße Architektur | Bürogebäude, Augsburg Lageplan, M : 5 000 Lageplan, M 11 : 5 000 des Parks, mit unverbaubarem Blick über Grasflächen und Bäume. Das Zuhause der 45 Mitarbeiter: Ein großflächig verglaster Holzbau aus der Feder von lattkearchitekten, nachhaltig, energieeffizient und weitestgehend aus Naturmaterialien errichtet. Glas und Holz prägen den Gebäudeeindruck außen, drinnen gesellen sich noch Vinylteppich, Kupfer und Filz zur Materialpalette des Neubaus hinzu. Die Energiezufuhr sichert eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes. Sie produziert mehr Strom als das Haus benötigt. Ein Grundwasserbrunnen speist das im Estrich verlegte Heiz- und Kühlsystem. Ein Fernwärmeanschluss sichert den Restwärmebedarf. Ziel: ein Bauwerk, das Kommunikation fördert Die beiden Gemeinschaftsbüros hatten sich schon zuvor ein Gebäude geteilt, „doch wir waren an den Kapazitätsgrenzen angekommen und fanden keine adäquate Bestandsfläche in Augsburg, sodass wir uns entschlossen, selbst zu bauen“, erinnert sich Florian Grashei, einer der Partner von Förschner & Partner. Der Auftrag der drei Bauherren, Förschner, Grashei und Sethmacher an die Architekten: mit dem Bauwerk späteren Generationen keinen Sondermüll zu hinterlassen und dabei ein Gebäude zu realisieren, das offene Kommunikation zwischen allen Mitarbeitern nicht Foto: Eckhart Matthäus Eine grüne Lunge, Gewerbeflächen und Wohnungsbauten: Der rund 96 ha große SheridanPark ist die größte Konversionsfläche der Stadt Augsburg. Seit 2006 füllt sich das von den US-Streitkräften angelegte Areal nach und nach mit Anwohnern und Unternehmen, die hier ihre Büros und Gewerbeflächen eröffnen. Nach seiner Fertigstellung sollen auf dem Areal im Stadtteil Pfersee einmal 2 000 Menschen leben und 4 000 arbeiten. Auch die Steuerberater Förschner & Partner sowie die Anwaltskanzlei Sethmacher & Kollegen gehören zu denjenigen, die das Gelände als Standort gewählt haben. Ihr neues Bürogebäude grenzt direkt an die grüne Lunge Nachhaltig, energieeffizient, weitestgehend aus Naturmaterialien errichtet und geplant von lattkearchitekten: Der großflächig verglaste Holzbau ist ein Baustein auf den Konversionsflächen Sheridan-Park in Augsburg 34                          Grundriss Obergeschoss, M 1 : 333 1/3      A 12 14 13 5 4 3 10 11 2 9 8 7 6 15 10 10 16 16 13 13 A Grundriss Erdgeschoss, M 1 : 333 1/3 Grundriss Erdgeschoss, M 1 : 333 1/3 nur erlaubt, sondern fördert und trotzdem Türen hat. „Ein Gebäude also, in dem der Kollege von links unten hinten mit dem Kollegen rechts oben vorne problemlos kommunizieren kann“, drückt es Steuerberater Grashei aus. „Wir verstehen uns als ein Unternehmen und wir wollen dies auch leben.“ Mit diesen Worten seien die drei zu ihm gekommen, fasst Frank Lattke seine Erinnerung an die deutliche Forderung der Bauherren zusammen. Er übersetzte sie in einen zweigeschossigen Massivholzbau mit einer großzügigen Mittelzone, in der eine einläufige Treppe Platz findet. Neben dem Treppenauge ziehen sich ein breiter Umgang respektive eine breite Galerie durch das Gebäude: die Kommunikationszone der Büromitarbeiter. Von hier aus gelangen die Angestellten in ihre Einer-, Zweier- und Dreierbüros. Die Trennwand zwischen den Büros und jener Mittelzone dient gleichzeitig als Archiv: Tiefe Schranknischen aus Brettsperrholz – die gleichzeitig tragende Wände sind – verbergen Aktenmaterial unsichtbar hinter kupferbeschlagenen Türen. DBZ 11 | 2015    DBZ.de 1 Windfang 2 Empfang 3 Prüfer 4 Serverraum 5 Technik 6 WC Herren 7 WC Damen 8 Duschen 9 Garderobe 10 11 12 13 14 15 16 17 Büro Drucker Lager/ Archiv Besprechungsraum Archiv Gemeinschaft Berater WC Die in regelmäßigen Abständen dazwischen angeordneten Glastüren zu den einzelnen Büros erlauben es den dahinter sitzenden Mitarbeitern, Blicke quer durchs Gebäude hindurch nach oben, unten und nach draußen in den Park zu werfen. Dem offenen Eingangsbereich mit dem dort angesiedelten Empfang liegt im Grundriss diagonal gegenüber der Aufenthaltsbereich der Anwälte und Steuerberater. Türen finden sich hier keine. Auf der zur Mittelzone hin offenen Eckfläche sind die Teeküche, Tische und Stühle angeordnet, die den Mitarbeitern einen Treffpunkt bieten. Digitale 3D-Pläne erlauben durchgängige Fertigung Um die Kommunikationszone in der Gebäudemitte tagsüber auszuleuchten, integrierten die Architekten ein großzügiges, nach Norden orientiertes Oberlicht in die Dachlandschaft. Bei düsterem Wetter oder bei Dunkelheit sorgen Einbauleuchten in der Decke für Licht. „Um die Auslässe dafür im Zuge un- Foto: Eckhart Matthäus 1 Eine einläufige Treppe in der Mittelzone des Bürogebäudes ist Verbindung in das Obergeschoss seres CNC-gesteuerten Abbunds gezielt ausfräsen zu können, musste die Lage der Leuchten und auch deren Art bzw. Größe bereits bei der Werkstattplanung feststehen und durfte nicht erst nachträglich festgelegt werden“, informiert Karl-Heinz Roth, technischer Leiter der Merk Timber GmbH, die zur Ed. Züblin gehört. Die Merk Timber GmbH hat sowohl den Holzbau des Büroneubaus im Sheridan-Park erstellt, als auch die vorge­ fertigten Fassadenelemente. Entsprechend mussten die Architekten derartige Details sehr früh festlegen. Die gesamte Planung lieferte Lattke daher in digitaler Form, sodass die Holzbauer die Maße direkt in ihre Fertigungsplanung einlaufen lassen konnten und die Fertigung darauf abstimmen. So etwas sei auch heute noch selten, kommentiert Moser. „Die meisten Architekten liefern 2D-Pläne in Papierform, aus denen wir keine zuverlässigen Daten ziehen können.“ Steckdosen, die Kabelführung, auch die Lage der Fassadenstöße im Zusammenhang 35 Foto: Eckhart Matthäus Architektur | Bürogebäude, Augsburg Schnitt AA, M 1 : 333 1/3  Foto: Eckhart Matthäus Weil Brandabschnitte wegen der Entfluchtung über den umlaufenden Balkon überflüssig waren, konnten die Architekten einen weitestgehend offenen Grundriss realisieren Tiefe Schranknischen aus Brettsperrholz – die gleichzeitig tragende Wände sind – verbergen diskret sensibles Aktenmaterial hinter kupferbeschlagenen Türen 36   mit der Fassadenrhythmik wurden bei diesem Bauvorhaben durchgehend vor Beginn der Fertigung geklärt. „Um zu dem von uns gewünschten Vorfertigungsgrad zu kommen, waren viele Abstimmungs­ gespräche notwendig“, betont Lattke. Der Architekt, die Projektbeteiligten und immer wieder auch die Bauherren arbeiteten sich auf diese Weise Detail für Detail durch das Bauwerk. „Wir haben Visualisierungen des Gebäudes“, erzählt Grashei. „Wenn wir die heute vor das fertige Gebäude halten, erkennen wir kaum einen Unterschied. Alles – in­ klusive des Innenausbaus – wurde so gezeichnet, wie es später ausgeführt wurde.“ Mit einem hohen Vorfertigungsgrad konfektionierte Merk Timber den Holzbau im Werk vor und setzte dort die Fenster und hochwertigen Anschlüsse im aufgestellten Zustand ein. Vor Ort wurden die angelieferten Bauteile montiert, die Fassadenplatten eingehängt und das Dach gedeckt. So dauerte es ab Beginn der Holzbauarbeiten nur vier Monate, bis das komplette Büro fertiggestellt war – inklusive der Inneneinrichtung. Foto: Eckhart Matthäus Schottenbauweise – einfacher geht es nicht Zu dieser kurzen Bauzeit beigetragen hat sicher auch die einfache Struktur des Baukörpers. Sämtliche Innen- und Außenwände des in Schottenbauweise erstellten Büros sind tragend, die Fassaden groß- zügig verglast. „Draußen haben wir nur Brettsperrholz, Holzweichfaserdämmung und silbern lasierte Dreischichtplatten eingesetzt. „Simpler geht es nicht“, beschreibt Lattke. Im Gebäudeinneren bestimmen mit Ausnahme der Kupfertüren vor den Regalen nur sichtbar belassene, weiß lasierte Brettsperrholzwände das Bild. Und die 16 m lange und in bis zu 4 m breiten Elementen gelieferte Deckenplatte oberhalb des Erdgeschosses ist multifunktional. Sie kragt aus und wird draußen zum Balkon. Jedes Büro verfügt über einen Ausgang ins Freie: Im Erdgeschoss direkt auf die grüne Wiese vor dem Haus, im Obergeschoss auf den umlaufenden Balkon. Dieser ist nicht nur Freisitz, sondern auch Fluchtweg. Rechtlich gesehen der erste, um es genau zu sagen. Diese Finesse ermöglichte es den Architekten, den Bau ohne zusätzliche Brandabschnitte und geschlossene Treppenhäuser realisieren zu dürfen. Der Balkon sowie der weite Dachüberstand oberhalb des Balkons in Kombination mit einem innen liegenden Blendschutz garantieren darüber hinaus, dass das Gebäude selbst an extrem heißen Tagen nicht überhitzt. Eine einfache Lösung, die ganz ohne Technik funktioniert. „Keep it simple and stupid“, for­ muliert Lattke das Motto, das er mit dem Neubau im Sheridan-Park umsetzen wollte. Manchmal ist der einfachste Weg einfach der beste. Christine Ryll, München Sämtliche Innen- und Außenwände des in Schottenbauweise erstellten Büros sind tragend DBZ 11 | 2015    DBZ.de 37 Foto: Eckhart Matthäus Architektur | Bürogebäude, Augsburg Jedes Büro verfügt über einen Ausgang ins Freie, weswegen Brandabschnitte überflüssig wurden Foto: Eckhart Matthäus Der Balkon ist nicht nur Freisitz und Fluchtweg, der dient wie sein Überdach als Sonnenschutz 38 1 Konstruktionsvollholz 2 Brettschichtholz 3 OSB-Platte 4 Konstruktionsvollholz, angeschrägt, zum Einhängen der Schalung 5 Wandaufbau: Dreischichtplatte, lasiert, Befestigung nicht sichtbar Hinterlüftung/ Befestigung Schalung Holzweichfaserdämmung, beständig Holzweichfaserdämmung Brettsperrholz, Sicht-Oberfläche lasiert 6 Elastomerbitumen Dampfsperrbahn, selbstklebend 7 Zweilagige Abdichtungsbahn, verklebt 8 OSB-Platte 9 Deckbrett, Fichte, gehobelt und lasiert 10 Fugenband 11 3-Scheiben-Isolierverglasung, Sonnenschutzbeschichtung Rahmen, Fichte, lasiert luftdichte Abklebung 12 Schwellholz 13 Fugenabschluss: Korkstreifen 14 Trennlage, PE-Folie 15 Tropfblech, Aluminium 16 Holzweichfaserdämmung, beständig 17 Mörtelbett, schwindarm 18 Bodenaufbau: Teppich, vollflächig verklebt Estrich Trenn- und Gleitlage Kühlsystem, EPS mit Aluminiumauflage Ausgleichdämmung Abdichtung Bodenplatte, Stahlbeton PE-Folie Wärmedämmung und Schalungssystem Sauberkeitsschicht Magerbeton 19 Elastomerbitumen Kaltselbstklebebahn   Baudaten Baukosten Objekt: Bürogebäude FGS Gesamt brutto: 2,61 Mio. € Standort: Gesamt netto: 2,20 Mio. € Pröllstraße 23, 86150 Augsburg Hauptnutzfläche: 1 2 3 1 Typologie: Bürogebäude (KG 200–700) 2 708 €/m² brutto Bauherr: Förschner, Grashei, Sethmacher Immobilien GbR (KG 200–700) 823 €/m³ brutto Brutto-Rauminhalt: Nutzer: Kanzlei für Steuerberater und Rechtsanwälte 4 6 Energiebedarf Architekten/Bauleitung: Primärenergiebedarf: lattkearchitekten, Dipl.-Ing. Frank Lattke Architekt BDA, Augsburg, www.lattkearchitekten.de 127,31 kWh/m²a nach EnEV 2009 Endenergiebedarf: 95,26 kWh/m²a nach EnEV 2009 Mitarbeiter: Dipl.-Ing. Johannes 5 Frischholz Jahresheizwärmebedarf: 47,09 kWh/m²a nach EnEV 2009 Bauzeit:  März 2013 – August 2013 Detail M 1 : 20 geschlossen / Dach, M 1 : 20 Detail Attika, Stoß Außenwand Fachplaner Tragwerksplanung: bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, München, www.bauart-konstruktion.de  Techn. Gebäudeausrüstung: Frank Industrie- und Gebäudetechnik GmbH, Puchheim, www.frank-tec.com   Gebäudehülle U-Wert Außenwand = U-Wert Bodenplatte = U-Wert Dach = Uw-Wert Fenster = Ug-Wert Verglasung = Luftwechselrate n50 = (Fensterlüftung) 0,17 W/(m²K) 0,24 W/(m²K) 0,12 W/(m²K) 1,0 W/(m²K) 1,0 W/(m²K) 1/h Lichtplanung: Stephan Meyer, Korona Leuchten GmbH, Augsburg, www.korona-licht.de  Innenarchitekt:        DREIMETA, Augsburg, www.dreimeta.com  Projektdaten  Grundstücksgröße: 2 030 m² Grundflächenzahl: 0,24 Detail Balkon/Fluchtweg, M 1 : 20         Geschossflächenzahl: 0,48 Hauptnutzfläche: 641,29 m² Nebennutzfläche: 124,23 m² Funktionsfläche: 13,69 m²     Brutto-Grundfläche: 967,40 m² Brutto-Rauminhalt: 3 182,72 m³   Verkehrsfläche: 188,19 m²   Detail Bodenplatte/Fassade, M 1 : 20        DBZ 11 | 2015    DBZ.de 39