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Ökobilanzen im Bauwesen - die Bedeutung der funktionellen Einheit JULIAN KÜMMEL Institut für Werkstoffe im Bauwesen, Universität Stuttgart
Abstract The Life Cycle Assessment (LCA) according to ISO 14040 is a tool which has been created to collect and assess the environmental impact associated with a product. With regard to the potential influence of the functional unit on the result of an LCA, the choice of a functional unit has a special significance. In the building industry, construction materials, components and buildings are conceivable functional units. Comparing single construction materials without any assigned function is not goal directed. The single construction material as a functional unit is only relevant in production processes. With regard to the long service life of buildings the utilisation phase has a special significance. The integration of the utilisation phase is absolutely necessary. Therefore the whole building as a functional unit is of crucial significance.
Einleitung Das Thema Ökologie ist aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Was unter dem Begriff Ökologie verstanden wird, variiert in Abhängigkeit derer, die ihn verwenden. Die Bandbreite reicht dabei vom Leben im Einklang mit der Natur bis hin zum Marketinginstrument Ökologie. Ökologische Aspekte, oftmals gleichgesetzt mit Umweltschutz, wurden und werden in der Öffentlichkeit kontrovers und meist subjektiv auf emotionaler Ebene diskutiert. Um diese Diskussion auf ein objektiveres Fundament zu stellen, wurden in den letzten Jahren diverse, in ihrer Anzahl steigende Instrumente kreiert. Eines dieser Instrumente ist die Ökobilanz. Waren zu Anfang die Ergebnisse noch weitgehend vom Gutdünken des jeweiligen Erstellers einer Ökobilanz-Studie abhängig, so wurde durch umfangreiche Normungsarbeiten, die schließlich in die Normenreihe ISO 14040 [1], [2-5] mündeten, ein verbindlicher Rahmen vorgegeben.
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Die Norm ISO 14040 definiert eine Produkt-Ökobilanz als die Zusammenstellung und Beurteilung der Input- und Outputflüsse und der potentiellen Umweltwirkungen eines Produktsystems im Verlauf seines Lebenswegs.
Prinzipiell beruht das Konzept einer Ökobilanz auf folgenden Grundgedanken [7]: • Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung und Aufbereitung, der Herstellung und Nutzung bis hin zum Recycling und zur Entsorgung. • Erfassung aller mit dem Lebenszyklus verbundenen Einflüsse auf die Umwelt wie Emissionen in Luft, Wasser und Boden, Abfälle, Rohstoffverbrauch, Naturrauminanspruchnahme. • Zusammenfassung dieser Einflüsse hinsichtlich möglicher Wirkungen und Bewertungen mit dem Ziel, umweltorientierte Entscheidungen zu unterstützen.
Die in der Norm enthaltenen Regeln müssen, um die Umsetzung zu vereinfachen und die jeweiligen spezifischen Randbedingungen zu berücksichtigen, für die einzelnen Industrien interpretiert werden. Für den Bereich des Bauwesens wird dabei auf die folgenden Literatur verwiesen: [6], [7], [8], [9].
Steht die Auswahl von Baustoffen zur Debatte, wird man oft mit der Frage konfrontiert, welcher Baustoff sei den besser oder gar ökologischer. Hier gilt es anzumerken, daß ein reiner Baustoffvergleich als nicht zielführend zu erachten ist. Erst die Zuordnung einer Funktion oder Anwendung des Baustoffs als einzelner oder im Zusammenwirken mit anderen Baustoffen erlauben vergleichende Aussagen. Man spricht dabei in der Sprache der Ökobilanz von einer funktionellen Einheit. Die Wahl einer geeigneten funktionellen Einheit im Bereich des Bauwesens ist Gegenstand des nachfolgenden Artikels.
Funktionelle Einheit nach ISO 14040 Die funktionelle Einheit dient als Maß für den Nutzen eines Produktes oder eines Produktsystems, wobei auch Dienstleistungen als funktionelle Einheit denkbar sind. Sie definiert somit die Leistungsfähigkeit eines Produkts oder Produktsys-
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tems. Die funktionelle Einheit ist im Rahmen der Zieldefinition1 festzulegen. Das Ergebnis einer Ökobilanz wird durch die Wahl der jeweiligen funktionellen Einheit beeinflußt.
Gleichzeitig dient die funktionelle Einheit als Bezugseinheit der im Rahmen der Sachbilanz in Form von Input- und Outputströmen erhobenen Daten (z. B. Rohstoffverbrauch, Energieverbrauch, Abfälle, etc.). Die Daten werden hierzu auf die funktionelle Einheit normiert. Auch in der Phase der Wirkungsabschätzung2 bleibt der Bezug zur funktionellen Einheit bestehen.
Für vergleichenden Ökobilanzstudien ist eine vergleichbare funktionelle Einheit unabdingbar. Darüber hinaus müssen die zu vergleichenden Bilanzen nach derselben Methodik durchgeführt werden. Dies ist gewährleistet, wenn die Anforderungen der Norm eingehalten werden. Ebenso sind die verwendeten Vorstufen3 konsistent zu wählen.
Die Norm ISO 14040 definiert die funktionelle Einheit als quantifizierter Nutzen eines Produktsystems für die Verwendung als Vergleichseinheit in einer Ökobilanzstudie.
Funktionelle Einheiten im Bauwesen Nach [6] sind funktionelle Einheiten prinzipiell auf den nachfolgenden weiter unterteilbaren Ebenen denkbar:
1
Nach ISO 14040 ist eine Ökobilanz in die Phasen Zieldefinition, Sachbilanz, Wirkungsabschät-
zung und Auswertung unterteilt. 2
Im Rahmen der Wirkungsabschätzung werden die Sachbilanzdaten entsprechend ihrer potentiel-
len Wirkung in sogenannten Wirkungskategorien zusammengefaßt. Ein Beispiel einer Wirkungskategorie ist das Treibhauspotential. 3
Als Vorstufen werden Prozesse bezeichnet, deren Umweltlasten nicht direkt bei der Herstellung
eines Produkts auftreten, jedoch bei der Bilanz zu berücksichtigen sind. Ein Beispiel hierzu ist der Strom. Der Stromverbrauch vor Ort ist mit keine direkten Umweltlasten verbunden. In der Bilanz sind jedoch auch die Umweltlasten aus der Stromerzeugung zu berücksichtigen.
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Baustoff
(z. B. 1t Zement oder 1 m³ Porenbetonsteine)
Bauteil
(z. B. ein Fenster der Größe 1 m x 1 m oder 1 m² Außenwand)
Gebäude
(z. B. 1 Einfamilienhaus oder 1 Produktionshalle)
Gebäudenutzen (z. B. 500 m² beheizte Lagerfläche)
Die weitere Charakterisierung der funktionellen Einheit erfolgt über Leistungsmerkmale wie z. B. den Wärmedurchgangskoeffizient, das Schallschutzmaß oder statische Anforderungen. Aber auch ein definierter Kostenrahmen ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen.
Baustoffe können einzeln oder im Verbund mit anderen in den unterschiedlichsten Anwendungsfällen eingesetzt werden. Dies bedeutet, daß die funktionelle Einheit je nach Anwendungsfall variiert, mit der Konsequenz, daß reine BaustoffVergleiche in der Regel nicht zielführend sind. Lediglich bei der Analyse von Herstellungsprozessen spielt der Einzelbaustoff als funktionelle Einheit eine Rolle.
Im Gegensatz zu vielen anderen Produkten besitzen die "Produkte des Bauens" eine weitaus höhere Lebensdauer. Gleichzeitig fallen während der Nutzungsphase, insbesondere bei beheizten Wohngebäuden ein großer Teil der Umweltlasten an (Dies gilt für Gebäude nach dem Standard der derzeit gültigen Wärmeschutzverordnung). Aus diesem Grund kommt der Nutzungsphase eine besondere Bedeutung zu. Ebenso ist dem Zusammenhang zwischen Anfangssystemqualität und Konsequenzen auf die Nutzungsphase Rechnung zu tragen. Ein Beispiel soll dies erläutern. Die aus ökologischer Sicht erhöhte Anfangsinvestition in einem Dämmstoff rechnet sich bei der Einbeziehung der Nutzungsphase in die Betrachtung. Dies unterstreicht die Bedeutung einer lebenszyklusumfassenden Betrachtungsweise. In [6] werden die folgenden Beispiele funktioneller Einheiten aufgeführt:
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Tabelle 1: Beispiele funktioneller Einheiten [6] Funktionelle Einheit
Ziel der Studie
Massen- oder Volumen- Schwachstellenanalyse einheit Baustoff eines Produktionspro-
Funktion des Systems
Beispiel
Bereitstellung einer definierten Menge Baustoff
kg Zement
Massen- oder Volumen- Optimierung von Ferti-
Konditionierung einer defi-
kg Baustahl
einheit Baustoff
nierten Menge Baustoff
zesses gungsabläufen
Massen- oder Volumen- Verfahrenstechnische Bereitstellung einer definiereinheit Baustoff und logistische Optimie- ten Menge Baustoff
m3 Bimsstein
rungen Flächeneinheit eines Bauteils
Produkt- und Qualitätskontrolle
Bereitstellung eines Bauteils m2 Fenster mit definierten k-Wert und gWert
Flächeneinheit eines Bauteils
Bauteiloptimierung
Bereitstellung eines Bauteils
m2 Wand
mit definierter Statik und kWert
Flächeneinheit eines Bauteils
Gesamtgebäude
Gesamtgebäude
Analyse neuer oder optimierter Applikationen
Bereitstellung eines Bauteils mit definiertem Aufbau
Komplettlösungen und
Bereitstellung eines Bauteils
integrale Bauteilopti-
mit optimiertem Systemver-
m2 Wand
(Dämmung x, Wandbaustoff y, k-Wert) 1 Gebäude
mierung
halten
Sensitivitäts- oder Dominanzanalyse
Bereitstellung einer definierten Nutzfläche bestimmter
1 Wohnhaus mit
Randbedingungen
120m2 WF
Gesamtgebäude
Strategische Entscheidungen
Wettbewerbsfähigkeit sichern 1 Gebäude
Gesamtgebäude
Politische Rahmenbe-
Innovationsfähigkeit des
dingungen verbessern (Gesetzgebung)
Produktsystems oder der Branche stärken
1 Gebäude
Beispiele Im folgenden Kapitel werden die funktionellen Einheiten Baustoff, Bauteil und Gebäude näher erläutert. Die zur Illustration angeführten Beispiele sind aus [6], [7, 8] entnommen wo diese eingehender diskutiert werden. Ebenso sind dort die methodischen Grundlagen, die jeweiligen Randbedingungen sowie die verwendete Datenbasis dokumentiert.
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Baustoff Der Baustoff als funktionelle Einheit ist in der Regel nur für den Baustoffhersteller von Bedeutung. Sein Interesse gilt der Analyse der Produktion. Umweltlasten können identifiziert und einzelnen Prozeßschritten zugeordnet und letztendlich auf das jeweilige Produkt bezogen werden.
Es können so Optimierungspotentiale aus ökologischer Sicht aufgedeckt werden. Der Fokus der Betrachtung liegt dabei auf dem Herstellungsprozeß. Die Systemgrenze dieser Betrachtung ist das Werkstor des Herstellers. Eine Grundvoraussetzung ist, daß bei Optimierungsmaßnahmen die funktionelle Einheit in ihren technischen Eigenschaften unverändert bleibt. Bei veränderter funktioneller Einheit ist eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben. Um den Einfluß auf nachfolgende Lebensphasen zu untersuchen, ist in diesem Fall die Systemgrenze entsprechend zu erweitern.
Anhand der gewonnenen Erkenntnisse kann ein ökologische Baustoffprofil des jeweiligen Baustoffs erstellt werden. Dabei kann der Baustoff auch aus mehreren Einzelbaustoffen zusammengesetzt sein (z. B. Beton). Diese Baustoffprofile dienen als Basis für weiterführende Betrachtungen auf Bauteil oder Gebäudeebene.
Bauteil Das Bauteil, die nach dem Baustoff nächstgrößere funktionelle Einheit ist sowohl für den Planer als auch für den Baustoffhersteller von Interesse. Das Ziel ist dabei die Optimierung der Herstellung oder der Vergleich von Konstruktionen.
Beim Vergleich von Konstruktionen reicht in der Regel ein reiner Vergleich von physikalischen Eigenschaften nicht aus. Über den jeweiligen Anwendungsfall werden Grundanforderungen gestellt, die weiter eingegrenzt werden. Anforderungen an ein Außenbauteil können beispielsweise an den Wärmedurchgangskoeffizienten, das Schalldämm-Maß oder die Tragfähigkeit gestellt werden. Durch das Zusammenwirken der Einzelbaustoffe soll ein Gesamtoptimum erzielt werden. Das Interesse richtet sich dabei nicht auf den Vergleich einzelner Baustoffe, sondern auf eine geeignete Auswahl für den jeweiligen Anwendungsfall.
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Das nachfolgende Beispiel einer Porenbeton-Außenwand zeigt unterschiedliche Erfüllungsmöglichkeiten vorgegebener Grundanforderungen. Vorgegeben wurde ein k-Wert von 0,3 W/m²K und eine vergleichbare Tragfähigkeit. Der Aufbau der Außenwandkonstruktionen ist in Bild 1 dargestellt.
ó
ì
ö
λPB = 0,12 W/mK
ó
ì
ú÷
ì
λPB =
λPB = 0,12 W/mK
Variante 1
ø
ó PB Planblock Mauerwerk (400 kg/m3)
0,16 W/mK
Variante 2
Außenputz (Kalk-Zement)
Variante 3
ì Innenputz (Gips) ö EPS - Wärmedämmputz (λ = 0,07 W/mK) ú WDVS (Kunstharzputz) (ohne Dämmstoff) ÷ Polystyrol PS15 (WLG 040)
15
365
10
10 40
300
10
10 80
175
10
ø PB Planblock Mauerwerk (650 kg/m3)
Bild 1: Aufbau der Beispiel- Außenwandkonstruktionen mit k-Wert 0,3 W/m2K
Die Ergebnisse der Bilanzierung auf Wirkbilanz-Ebene sind in Bild 2 dargestellt. Zusätzlich zu den ausgewählten Wirkungskategorien ist der Verbrauch an nicht erneuerbarer Primärenergie4 dargestellt. Die zum Teil gegenläufige Tendenz der Einzelwerte verdeutlicht die Bedeutung einer konkreten Zieldefinition zu Beginn der Ökobilanzstudie sowie die Notwendigkeit der Gewichtung der einzelnen Wirkungskategorien zueinander.
4
Primärenergie aus Kohle, Gas, Öl, etc.
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800 67,3
642
700 555
600
0,119
63,5
Variante 1
0,109
59,8
533
Variante 2
0,104
Variante 3
500
0,040
400 300 0,013
200
0,013
0,013
0,013 0,012
100 0 PE n.erneuerbar [MJ]
GWP [kg CO2-Äq.]
AP [kg SO2-Äq.]
NP [kg PO4-Äq.]
POCP [kg C2H4-Äq.]
P rim ä re ne rg ie nich t e rne ue rba r 700
W D V S (o.Dä m m stoff)
[ MJ / m2 Wand ]
600
Po ly styrol P S 15
500 400
Au ß e npu tz
300
W ärm e däm m pu tz
200
Po re nbe to n M aue rw erk
Abkürzungen Primärenergie (PE) Treibhauspotential (GWP), Versauerungspotential (AP), Eutrophierungspotential (NP) Photooxidantienpotential (POCP)
100
In nen putz 0
Va
r ia
1 nte
Va
r ia
2 nt e Va
ri a
nt
e3
Bild 2: Bilanzergebnisse der Varianten der Außenwand
Neben der Betrachtung der reinen Herstellungsaufwendungen können Bauteile im definierten Anwendungsfall in Zusammenhang mit dem Lebenszyklus betrachtet werden. Diese Art der Betrachtungsweise ist insbesondere für die Gebäudeaußenhülle von Interesse. Hier sind die Wechselwirkungen zwischen Nutzungsphase und Anfangssystemqualität am ausgeprägtesten. Zur Erläuterung soll das nachfolgende Beispiel dienen. Im Beispiel werden 3 Außenwandkonstruktionen mit kWerten von 0,24, 0,30 und 0,45 W/m²K betrachtet. Die Bezugseinheit ist jeweils 1 m² Außenwandfläche eines typischen kleineren Gebäudes. Zur Bereitstellung des Wärmebedarfs wurde ein Gas-Brennwert Heizgerät (BW) und ein ÖlNiedertemperatur Heizgerät (NT) in Ansatz gebracht. Der Aufbau der Außenwandkonstruktionen ist in Bild 2 dargestellt.
200
J. Kümmel ó
ì
ö
λPB = 0,12 W/mK
ú
ì
λPB = 0,11 W/mK
ó
ì
λPB = 0,12 W/mK
Außenputz (Kalk-Zement) ó PB Planblock Mauerwerk (400 kg/m3)
Variante 1
Variante 2
Variante 3
k = 0,30 W/m2K
k = 0,24 W/m2K
k = 0,45 W/m2K
ì Innenputz (Gips) ö EPS - Wärmedämmputz (λ = 0,07 W/mK) ú PB Planblock Mauerwerk (350-400 kg/m3)
15
365
10
10 40
365
10
15
240
10
Bild 2: Aufbau der Wandkonstruktionen mit unterschiedlichen k-Werten
Bild 3 zeigt, daß eine erhöhte Investition in die Anfangssystemqualität in Form eines geringeren k-Werts sich in Bezugs auf die Nutzungsphase bereits nach 5 Jahren auszahlt. Dies bedeutet, daß bei ausschließlicher Betrachtung der Herstellungsaufwendungen die Wahl auf die im Lebenszyklus deutlich ungünstigere Variante fallen würde. Hierdurch wird die Bedeutung von Lebenszyklusbetrachtungen unterstrichen.
Weiterhin zeigt das Bild, daß der Anteil nicht erneuerbarer Primärenergie für den Fall der Bauteilherstellung (Nutzungsjahr Null) nur eine untergeordnete Rolle spielt. Dieses Ergebnis kann nicht auf die weiteren Wirkkategorien übertragen werden. Die Erfahrung zeigt, daß im Bereich anderer Wirkungskategorien der
Primärenergie nicht erneuerbar [ MJ/m 2 ] .
Baustoffherstellung durchaus eine Bedeutung zuzuschreiben ist.
Variante 1 mit Gas BW Heizgerät
4000
Variante 1 mit Öl NT Heizgerät Variante 2 mit Gas BW Heizgerät
3500 3000
Variante 2 mit Öl NT Heizgerät Variante 3 mit Gas BW Heizgerät
2500
Variante 3 mit Öl NT Heizgerät
2000 1500 1000 500 0 0
5
10 Nutzungsdauer in Jahren
Bild 3: Primärenergieverbrauch nicht erneuerbar der Varianten
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Gebäude Erst das Gebäude als Ganzes reflektiert die Zielsetzung des Bauens. Die Bilanzierung von Bauteilen stellt nur eine Übergangsstufe zur Betrachtung von ganzen Gebäuden dar. Alle Parameter und Randbedingungen können erst auf Gebäudeebene erfaßt werden. Dabei ist aufgrund der Lebensdauer von Gebäuden insbesondere der Nutzungsphase Rechnung zu tragen. Ebenso ist eine örtliche Auflösung der Bilanz erst auf Gebäudeebene bekannt. In diesem Zusammenhang sind beispielsweise die Ausrichtung des Gebäudes, der Untergrund (Abhängigkeit der Aushubaufwendungen vom Untergrund) und sämtliche Distributionswege (Zulieferentfernungen, Entsorgungsentfernungen) zu nennen. Beim im folgenden betrachteten Einfamilienhaus (Bild 4) handelt es sich um ein Gebäude in Massivbauweise. Als Wandbaustoff für die Außen- und Innenwände wurde ausschließlich Bimsstein eingesetzt. Der Jahresheizwärme-bedarf (14415 kWh/a) wurde nach DIN 4108 und der Wärme-schutzverordnung berechnet.
Bild 4: Beispielgebäude
Als Nutzungsdauer wurden 60 Jahre angesetzt. Im Rahmen der Nutzungsphase wurden unterschiedliche Heizsysteme, Instandsetzungsarbeiten am Außenputz und der Austausch der Fenster betrachtet.
Die Ergebnisse der Bilanzierung sind in Bild 5 dargestellt.
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100%
CO2 - Äq. 255t
4280 GJ
SO2 - Äq. PO4 - Äq. C2H4 - Äq. 259 kg 29 kg 54 kg 10 Jahre WP
90% 80%
Herstellung Wärmepumpe
70%
10 Jahre Gas BW
60% Renovierung
50% 15 Jahre Gas BW
40% 30%
Herstellung Gas BW - Gerät
20%
25 Jahre Gas NT
10% Herstellung Gebäude
oo xi da
nt ie
n
ng Ph ot
ph i
er u
un g Eu tro
rs au er Ve
au s ei bh Tr
PE
ni ch t
er n
eu er
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ba r
kt
0%
Bild 5: Lebenszyklusanteile Primärenergie und Wirkungskategorien
Auch hier zeigt sich, daß der Anteil der Herstellung mit rund 10% Primärenergieverbrauch eine eher untergeordnete Rolle spielt. Die Verteilung des Treibhauspotentials gleicht im wesentlichen den Primärenergieverbrauch. Ein anderes Bild ergibt sich für die Wirkungskategorien Versauerung und Eutrophierung. Die Baustoffherstellung, Heizgeräteherstellung und Instandsetzung ergeben in Summe fast 50% der Lebenszyklusaufwendungen.
Zusammenfassung Mit der Ökobilanz nach ISO 14040 wurde ein Instrument geschaffen Umweltwirkungen verbunden mit Produktsystemen zu erfassen und zu bewerten. Im Hinblick auf den potentiellen Einfluß der funktionellen Einheit auf das Bilanzergebnis kommt der Wahl einer geeigneten funktionellen Einheit einer besonderen Bedeutung zu. Im Bauwesen sind funktionelle Einheiten auf Baustoff, Bauteil oder Gebäudeebene denkbar. Ein reiner Vergleich einzelner Baustoffe ohne der Zuordnung einer konkreten Funktion ist in der Regel nicht zielführend. Der Einzelbaustoff als funktionelle Einheit spielt nur bei der Betrachtung von Produktionsprozessen eine Rolle. Im Hinblick auf die Lebensdauer von Gebäuden kommt der Nutzungsphase eine gesonderte Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund ist eine Integration der Nutzungsphase unumgänglich. Somit kommt dem Gesamtbauwerk als funktionelle Einheit eine zentrale Bedeutung zu.
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Literatur [1] EN ISO 14040: Umweltmanagement - Ökobilanz- Prinzipien und allgemeine Anforderungen, 1997 [2] EN ISO 14041: Umweltmanagement - Ökobilanz - Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens sowie Sachbilanz, 1998 [3] ISO/DIS 14042: Environmental management – Life cycle assessment – Life cycle impact assessment, 1998 [4] ISO/DIS 14043: Environmental management – Life cycle assessment – Life cycle interpretation, 1998 [5] ISO TR 14049: Illustrative examples on how to apply ISO 14041 – Life cycle assessment – Goal and scope definition and inventory analysis, 1998 [6] Eyerer, P.; Reinhardt, H.-W. (Hrsg): Ökologische Bilanzierung von Baustoffen und Gebäuden, Wege zu einer ganzheitlichen Betrachtung, Basel; Boston; Berlin: Birkhäuser, 1999 [7] Kreißig, J.; Baitz, M.; Betz, M.; Eyerer, P.; Kümmel, J.; Reinhardt, H.-W.: Leitfaden zur Erstellung von Sachbilanzen in Betrieben der Steine-Erden-Industrie, 1997. [8] Kreißig, J.; Eyerer, P.; Kümmel, J.; Reinhardt, H.-W.: Wirkungsanalyse und Auswertung in der Steine-Erden-Industrie, 1999. [9] Lünser, H.: Ökobilanzen im Brückenbau: eine umweltbezogene, ganzheitliche Bewertung, Basel; Boston; Berlin: Birkhäuser, 1999
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