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„VOM GENERALBAUINSPEKTOR GENEHMIGT…“ – ALBERT SPEERS MEDIENPOLITIK ALS „GENERALBAUINSPEKTOR FÜR DIE REICHSHAUPTSTADT“ (GBI) ZWISCHEN 1937 UND 19441 Alexander Kropp Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde auch dem kulturpolitischen Sektor der Architektur und Bildenden Kunst eine zentrale propagandistische Rolle zugewiesen. Hitlers ureigenes Interesse an Architektur, die er als „Wort aus Stein“2 verstand, und die Vorstellung, mit der Baukunst seine politische Rolle als „Reichsbaumeister“ zu unterstreichen und öffentlichkeitswirksam zu propagieren, sind sinnfälliger Ausdruck dieser Funktionsbeschreibung. Vor allem die Neugestaltungspläne für die sogenannten „Führerstädte“ – Berlin, München, Nürnberg, Hamburg und Linz – sind immer wieder Thema in wissenschaftlichen Publikationen oder Ausstellungen3 gewesen. 1
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Titelblatt Baukunst November 1938
Folgender Aufsatz basiert auf dem gleichnamigen Vortrag des Verfassers im Fachforum Theologie/ Geisteswissenschaften beim Akademischen Forum am 3. Mai 2008 während der 122. Cartellversammlung in Bonn. So Hitler in seiner Eröffnungsrede zur 1. Deutschen Architektur- und Kunsthandwerksausstellung im Haus der Deutschen Kunst in München am 22. Januar 1938. Zit. n. Domarus, Max: Hitler. Reden und Proklamationen 1932 - 1945. Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen. Bd. 1. Würzburg 1962, S. 778. Als jüngstes Beispiel „Mythos Germania. Schatten und Spuren der Reichshauptstadt“, die vom Verein Berliner Unterwelten seit März 2008 in unmittelbarer Nähe zum Holocaust-Mahnmal gezeigt wird.
In: Verantwortungsvolle Wissenschaft. Festschrift zum Akademischen Forum zur 122. Cartellversammlung des Cartellverbandes Katholischer deutscher Studentenverbindungen. Samstag, 3. Mai 2008, Universität Bonn. Hg. v. U. Margedant/H. Quaden/M. Klein. Stuttgart 2009
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Besonders die Neugestaltungspläne für Berlin standen in den letzten Jahren in einem starken Focus öffentlichen und wissenschaftlichen Interesses. Durch den 1999 erfolgten Umzug von Parlament und Regierung der Bundesrepublik Deutschland von Bonn nach Berlin kam es nicht zuletzt durch die Nutzung ehemaliger NS-Ministerien, so zum Beispiel des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums Hermann Görings als Bundesfinanzministerium, zu einer verstärkten Hinwendung und Auseinandersetzung mit der Rolle Berlins als NS-Machtzentrale und seiner baulichen Hinterlassenschaften aus dieser dunkelsten Epoche der jüngeren deutschen Geschichte. Hitler ließ schon kurz nach seiner Ernennung als Reichskanzler keinen Zweifel daran, dass er der Hauptstadt eine neue städtebauliche und architektonische Ausrichtung zu geben gedenke: „Berlin als Reichshauptstadt eines 65-Millionen-Volkes muß städtebaulich und kulturell auf solche Höhe gebracht werden, dass es mit allen Hauptstädten der Welt konkurrieren kann.“4 Allerdings erwies sich die Berliner Stadtbauverwaltung als Institution, mit der Hitler diese Vorstellung nicht in steinerne Realität umsetzen konnte. Deshalb schuf er per Erlass am 30. Januar 1937 als Sonderbaubehörde den „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“ (GBI) und vergab diesen „führerunmittelbaren“ Posten an Albert Speer (1905 – 1981)5, der bis zu diesem Zeitpunkt als Chefarchitekt des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg plante und baute. Speer und sein junges Team – er holte lauter ehemalige Kommilitonen aus Berliner Studientagen in seine Behörde, die größtenteils nach 1900 geboren waren – entwickelten nunmehr „nach den Ideen des Führers“ die Neugestaltungspläne für Berlin6, das 1950 in „Germania“ umbenannt werden sollte. Dabei oblag dem GBI die grundlegende städtebauliche Planung, während die eigentlichen architektonischen Entwürfe von Speer beauftragte freie Architekten wie zum Beispiel Wilhelm Kreis oder Peter Behrens lieferten. Einige markante Bauten im Zuge der Neugestaltung Berlins übertrug Generalbauinspektor Speer an den „Privatarchitekten“ Speer - also an sich selbst! Der vom GBI entwickelte Generalbebauungsplan sah als signifikantes Merkmal und Rückgrat ein monumentales Achsenkreuz in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung vor, dessen 38,5 bzw. 50 Kilometer lange Straßen sich etwa in der Höhe des Brandenburger Tores schnitten. Die vier Enden dieser zwei Hauptstraßen schlossen an einen 4 5
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Zit. n. Larsson, Lars Olof: Die Neugestaltung der Reichshauptstadt. Albert Speers Generalbebauungsplan für Berlin. Stuttgart 1978, S. 22. Vgl. Durth, Werner: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900 - 1970. München 1992; Fest, Joachim: Speer. Eine Biographie. Berlin 1999; Reif, Adalbert: Albert Speer. Kontroversen um ein deutsches Phänomen. München 1978; Schmidt, Matthias: Albert Speer. Das Ende eines Mythos. Die Aufdeckung seiner Geschichtsverfälschung. Speers wahre Rolle im Dritten Reich. Bern u.a. 1982; Sereny, Gitta: Das Ringen mit der Wahrheit. Albert Speer und das deutsche Trauma. München 1995; Van der Vat, Dan: Der gute Nazi. Leben und Lügen des Albert Speer. Berlin 1997. Als Synonyme für die Neugestaltungspläne werden die Begriffe „Berlin-Planung“ oder „GermaniaPlanung“ verwendet. Auch die Begriffe „Informationspolitik“, „Medienarbeit bzw. Medienpolitik“, „Öffentlichkeitsarbeit“ oder „Pressepolitik“ werden inhaltlich gleich verstanden und hier verwendet.
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Völkischer Beobachter, 28. Januar 1938 Das Programm für die Neugestaltung Berlins (links) und der sogenannte Achsenplan (rechts)
Autobahnring an, der später die Stadtgrenze markieren sollte. An den vier Enden waren jeweils Verkehrsflughäfen geplant, die mittelfristig den als „Weltflughafen“ titulierten Flughafen Tempelhof ersetzen sollten. Ergänzt wurde das vorgesehene Straßensystem durch mehrere schmalere, zwischen den Achsen verlaufende Radialstraßen, die vom Zentrum aus bis an die Stadtgrenze gezogen waren, sowie vier breite, konzentrisch um den innerstädtischen Bereich angelegte Ringe. Darüber hinaus sah der Plan zungenförmige Grünflächen vor, die von der Peripherie bis weit in die Innenstadt hinein reichen sollten, sowie neue Wohnstädte an den beiden Hauptachsen.7 Als Herzstück der Neugestaltungspläne galt stets das gut sieben Kilometer lange Mittelstück der insgesamt rund 38 Kilometer langen Nord-Süd-Achse, das durch zwei gewaltige Bauwerke bestimmt gewesen wäre: Zum einen sollte sich im Spreebogen eine riesige Kuppelhalle erheben, die auf einer quadratischen Grundfläche von 315 x 315 m errichtet worden wäre und deren Kuppel mitsamt dem Adler als Abschlussbekrönung etwa 320 m in den Berliner Himmel geragt hätte. Sie sollte maximal 180.000 Menschen aufnehmen und das städtebauliche Zentrum von „Germania“ bilden, das Platz für etwa 10 Millionen Einwohner bieten sollte. Zum anderen sollte sich weiter südlicher ein riesiger, römisch-antik anmutender Triumphbogen mit 117 m Höhe, 170 m Breite und 119 m Tiefe erheben, in dessen Attikakranz Hitler die Namen der 1,8 Millionen gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges einmeißeln lassen wollte - so stellt sich das „Bauwerk T“ (die Planung dafür lief unter absoluter Geheimhaltung) im Rückblick 7
Vgl. hierzu Reichhardt, Hans J./Schäche, Wolfgang: Von Berlin nach Germania. Über die Zerstörungen der Reichshauptstadt durch Albert Speers Neugestaltungsmaßnahmen. Berlin 61998, S. 142ff.
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als gebaute Dolchstoßlegende dar. Zwischen dem vom Triumphbogen aus gesehen etwa 1,3 km weiter südlich liegenden Südbahnhof bis hinauf zum Spreebogen mit der Großen Halle sollten sich schließlich verschiedene Gebäudeblöcke aneinander reihen, darunter verschiedene Ministerien, Bauten der Partei bzw. Parteiorganisationen, aber auch der privaten Wirtschaft.8 Neben diesen Planungen, die einen Großteil der täglichen Arbeit einnahmen, entwickelte der Generalbauinspektor eine ganz eigene Medienarbeit, die sich vom „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ (RMVP) emanzipierte, moderne Züge trug und mit Instrumenten operierte, die bis heute zu den bewährten Methoden klassischer PR bzw. Öffentlichkeitsarbeit gehören. Obwohl Speer später in seinen Memoiren behauptete, eine recht unbedeutende, kaum wahrnehmbare Informationspolitik zu den Neugestaltungsplänen für Berlin betrieben zu haben9, lassen die dazu erhaltenen Akten im Bundesarchiv ein gänzlich anderes Bild hervortreten.10 Mit dieser Aussage suggerierte Speer, dass die Pressearbeit ab 1937 etwas völlig Nebensächliches und Unwichtiges gewesen ist und die Zeitungen sowie die Fachzeitschriften äußerst gering und sporadisch über die Neugestaltung Berlins informiert wurden bzw. berichten konnten. Allerdings lag die reale Medienhoheit über die Berliner Neugestaltungsplanungen beim GBI, während das Reichspropagandaministerium nur wenig Einfluss auf die Veröffentlichungspraxis und -strategien nehmen konnte. Der GBI trat in den folgenden Jahren sowohl als Nachrichtenproduzent, als auch als Nachrichtenkontrolleur auf und entwickelte eine eigene Öffentlichkeitsarbeit. Schon kurz nach seiner Ernennung durch Hitler am 30. Januar 1937 beschäftigte sich Speer umgehend mit der Frage der Informationspolitik gegenüber den damaligen Medien, insbesondere den Zeitungen. Bereits auf der Pressekonferenz am 8. Februar 1937 wurden die Journalisten angewiesen, alle 8
Auswahlliteratur: Larsson, Neugestaltung der Reichshauptstadt, 1978; Reichhardt/Schäche, Von Berlin nach Germania, 1998; Willems, Susanne: Der entsiedelte Jude. Albert Speers Wohnungsmarktpolitik für den Berliner Hauptstadtbau. Berlin 2002; Kropp, Alexander: Die politische Bedeutung der Repräsentationsarchitektur im Dritten Reich. Die Neugestaltungspläne Albert Speers für den Umbau Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ 1936 - 1942/43. Neuried 2005. 9 Speer schrieb dazu 1969 in seinen „Erinnerungen: „Hitler war ängstlich darauf bedacht, daß unsere Entwürfe nicht veröffentlicht wurden. Lediglich Teile wurden bekanntgegeben, da wir nicht gänzlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit arbeiten konnten (…). So gaben wir gelegentlich in harmlos erscheinende Planungsteile Einblick, auch die städtebauliche Grundkonzeption wurde mit Genehmigung Hitlers durch einen Artikel, den ich schrieb, publik gemacht.“. Speer, Albert: Erinnerungen. Frankfurt am Main 1969, S. 154. 10 Die erwähnten Quellen des Bundesarchivs bilden die Grundlage der derzeit entstehenden Dissertation des Verfassers bei Prof. Dr. Karl Möckl (Universität Bamberg) unter dem Arbeitstitel „Albert Speers Kultur- und Medienpolitik. Ein Beitrag zur Rolle des ‚Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt’ im NS-Herrschaftssystem“. Bisher ist dieses Thema nicht einmal ansatzweise näher beleuchtet worden. Dieser Aufsatz ist als erster Ertrag dieser langjährigen Forschungen zu verstehen.
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Berichte und Artikel über Bauvorhaben in Berlin Generalbauinspektor Speer zur Genehmigung vorzulegen, bevor sie veröffentlicht werden konnten. Institutionell bildete sich diese von Speer ausgeübte Medienhoheit in der Weise ab, dass seit Frühjahr 1939 in der Planungsstelle der GBI-Behörde innerhalb der Abteilung I.3 (Leitung: Dr. Rudolf Wolters) die Unterabteilung „K. Presse u. Pressearchiv“ eingerichtet worden war, der als Pressereferent Rudolf Krocker vorstand. Die Informationspolitik bzw. Öffentlichkeitsarbeit des GBI gegenüber den damaligen Medien hinsichtlich der „Germania-Planung“ umfasste insgesamt sieben Schwerpunkte: 1. Aus- und Umbau der Ost-WestAchse 1937 – 193911 2. Runder Platz12 3. Oberkommando des Heeres/Soldatenhalle 4. Neugestaltung Großer Stern/Siegessäule 5. Neugestaltung des Grunewaldes 6. Hochschulstadt im Grunewald 7. Neue Reichskanzlei (ab 1939)13 Die eigentlichen markanten Bauten, wie der vorgesehene Amtssitz Hitlers („Führerpalast“) im Spreebogen, die Große Halle oder der Triumphbogen durften auf Weisung Hitlers tatsächlich nicht detailliert oder überhaupt nicht publiziert werden, weshalb Speer die Konzentration der Informationspolitik auf die genannten Schwerpunkte legen musste. Einen planungsunabhängigen Akzent bildete die Pressearbeit zur Tätigkeit Speers als Architekt, die dem GBI sehr wichtig war und auf die er ein besonderes Augenmerk richtete.
Achsenperspektive des Modells
11 heute: Straße des 17. Juni 12 Der Runde Platz und das Oberkommando des Heeres hätten sich auf dem Areal des heutigen Kulturforums in unmittelbarer Nachtbarschaft zum Potsdamer Platz befunden. 13 Vgl. zur Neuen Reichskanzlei Schönberger, Angela: Die Neue Reichskanzlei von Albert Speer. Zum Zusammenhang von Ideologie und Architektur. Berlin 1981 oder Kropp, Repräsentationsarchitektur im Dritten Reich, 2005, S. 99ff.
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Im Folgenden soll anhand der unterschiedlichen medialen Bereiche aufgezeigt werden, wie die Informationspolitik des GBI differenziert gestaltet wurde. Presse und Fachpresse: Ausgehend von der Presseanweisung vom Februar 193714 versuchte der GBI, seinen Einfluss auf die Presseberichterstattung geltend zu machen. Im Juni 1938 wurden die verschiedenen Bauträger, aber auch Reichspressechef Otto Dietrich darauf hingewiesen, keinerlei Informationen zu verschiedenen Bauvorhaben ohne ausdrückliche Erlaubnis durch den GBI herauszugeben. In der Folgezeit gab es viele Anfragen von Journalisten nach vielfältigen Informationen. Die GBI-Pressestelle reagierte ihrerseits durch Abgabe von Pressemitteilungen und organisierte unter anderen Pressebesichtigungen wie zum Beispiel am Runden Platz, zur Baustelle der Neuen Reichskanzlei oder im Grunewald. Wie in den Medien berichtet wurde, kontrollierte der GBI durch eine tägliche Pressedurchsicht, die Pressereferent Krocker in Form eines Presseberichtes an Speer lieferte. Bis in die Bildunterschriften hinein - Speer war sehr auf die Angabe des Zusatzes „… nach der Planung des Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“ bedacht - redigierte die GBI-Pressestelle eingesandte Pressetexte. Speer versuchte auch, einen eigenen exklusiven Journalisten-Kreis aufzubauen: Vom GBI bevorzugte „Schriftleiter“ sollten immer wieder durch Pressehintergrundgespräche mit ihm selbst oder andere exklusive Einladungen, wie zum Beispiel zu den verschiedenen Eröffnungen der Wanderausstellung „Neue Deutsche Baukunst“ ab Herbst 1940, an den GBI gebunden werden. Allerdings zeigte sich in der Pressepolitik des GBI ein Manko: Speer wurde in der Presse größtenteils als Organisator von Bauvorhaben dargestellt und konnte weniger ein Image als Architekt aufbauen. Hauptgrund dafür war – wie oben schon andeutungsweise erwähnt -, dass die von Speer für Berlin geplanten Großbauten der Großen Halle, des Führerpalastes oder des Triumphbogens auf Weisung Hitlers nicht veröffentlicht werden durften. Speer reagierte auf diese Tatsache damit, dass er im Sommer 1939 eine groß angelegte und von ihm direkt mit geplante Pressekampagne über die Nürnberger Reichsparteitagsbauten bzw. seine Arbeit als Architekt startete und die Kontrolle sowie Beeinflussung der Berichterstattung über das Reichsparteitagsgelände nunmehr selbst in die Hand nahm.15
14 In der Pressekonferenz im Propagandaministerium am 8. Februar 1937 wurde den anwesenden Journalisten folgende Presseanweisung in die Blöcke diktiert: „Ueber öffentliche Bauvorhaben in der Reichshauptstadt darf nur dann geschrieben werden, wenn Generalbauinspektor Speer diese Berichte und Artikel genehmigt hat.“ NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit. Edition und Dokumentation, Bd. 5/I. 1937. Bearb. v. Karin Peter. München 1998, S. 116 (Presseanweisung Nr. 337) 15 Allerdings erschienen in der Fränkischen Tageszeitung im August 1939 nur zwei der auf fünf Folgen angesetzten ganzseitigen Artikel mit Bildern, da der Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September die Veröffentlichung der ausstehenden Berichte verhinderte.
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Kurz bevor Speer schließlich zum Rüstungsminister im Februar 1942 ernannt wurde ging der GBI so weit, nicht nur spezielle Artikel über seine Tätigkeit als Architekt zu initiierten (z.B. in der Frankfurter Zeitung), sondern anschließend die Weiterverwertungsrechte dieser Artikeln zu erwerben, um sie vor allem in der Provinzpresse erneut zu veröffentlichen.16 Zum Leitmedium innerhalb der architektonischen Fachpresse, die gleichfalls vom GBI bzw. der GBI-Pressestelle mit Material versorgt wurde, avancierte spätestens ab Herbst 1938 die Ausgabe B der Zeitschrift „Kunst im Deutschen Reich“ mit dem Heftteil „Die Baukunst“. Die einzelnen Monatsausgaben der „Baukunst“ wurden bis Mai 1944 in der GBI-Dienststelle durch den bereits oben erwähnten Wolters durchgängig redaktionell betreut und von ihm zusammen mit Speer programmatisch festgelegt. Im Oktober 1938 erschien die erste Ausgabe der „Baukunst“ mit dem Themenschwerpunkt „Paul Ludwig Troost“, dem „ersten Lieblingsbaumeister“ Hitlers.17 Bereits im November 1938 gab es ein Themenheft mit dem Schwerpunkt „Berlin“, wobei vor allem der Runde Platz und die an ihm geplanten Bauten im Mittelpunkt der Veröffentlichung standen. Doch die Informationspolitik des GBI wandte sich neben der Presse und der Fachpresse auch anderen Medien zu, die in die Öffentlichkeit hineinwirkten. So entwickelte der GBI verschiedene Strategien, die Neugestaltungsplanungen öffentlich zu präsentieren und mit seinem Namen zu verbinden, obgleich der Krieg vielen Planungen letztlich ein klares Ende setzte. Ausstellungen: In der Vorkriegszeit fanden neben den ab 1937 immer in den Sommermonaten durchgeführten „Großen Deutschen Kunstausstellungen“ im Haus der deutschen Kunst in München im Frühjahr 1938 und im Winter 1938/39 an gleicher Stelle die 1. und 2. Deutsche Architektur- und Kunsthandwerks-Ausstellung statt, die beide von Hitler eröffnet wurden. Ein besonderer Schwerpunkt auf der zweiten Schau bildete die Neugestaltung Berlins. Dabei wurden die Bauten der Großen Halle und des Triumphbogens nicht ausgestellt, sondern Modelle unter anderem vom Runden Platz, dem Oberkommando des Heeres oder der Neuen Reichskanzlei gezeigt. In der Kriegszeit organisierte der GBI schließlich die Architekturausstellung „Neue Deutsche Baukunst“, die zwischen Herbst 1940 und Herbst 1943 durch zehn verschiedene Städte tourte: Belgrad, Sofia, Budapest, Lissabon, Kopenhagen, Madrid, Barce16 Mit der für Speer wohl überraschenden Ernennung zum Rüstungsminister hörte diese Pressearbeit hinsichtlich Speers als Architekt abrupt auf. 17 Bekannte Bauten: Haus der deutschen Kunst in München (erhalten), Neugestaltung des Königplatzes in München mit Führerbau (heute: Musikhochschule) und Verwaltungsbau der NSDAP (heute: Haus der Kulturinstitute). Troost, 1878 geboren, starb im Januar 1934, was letztlich mit den Weg für Speer und seinen Aufstieg bei Hitler frei machte.
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Postkarte 2. Architekturausstellung 1938-39 – Runder Platz
lona, Ankara, Istanbul und Izmir. Weitere geplante Ausstellungen in Bukarest und Athen fielen kriegsbedingt aus. Zur Ausstellung veröffentlichte der GBI auch einen Katalog gleichen Titels, der zudem in mehreren zweisprachigen Versionen erschien (bulgarisch, ungarisch, griechisch, kroatisch, serbisch, rumänisch, portugiesisch, spanisch, dänisch schwedisch und türkisch). Diese Ausstellungen wurden ebenfalls pressepublizistisch durch die GBI-Pressestelle begleitet bzw. die Berichterstattung mit Pressemitteilungen und -anweisungen beeinflusst. Bücher: Auch auf dem Gebiet der Bücherproduktion entwickelte der GBI eine rege Aktivität. So gründete der GBI im Juni 1941 eine eigene „Verlagsgruppe Speer“, in der verschiedene Bücher bzw. Buchreihen erscheinen sollten. Tatsächlich veröffentlichte der GBI zwischen 1939 und 1944 zehn Publikationen, so zum Beispiel ein opulentes, in mehreren Auflagen veröffentlichtes Buch über die Neue Reichskanzlei (1940)18, eine „Bauordnungslehre“ von Ernst Neufert (1943), aber auch zwei Künstlermonographien über Speer selbst (1943) und Wilhelm Kreis (1944). Geplant waren große Veröffentlichungen über die gesamte Neugestaltung Berlins, das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, ein Handbuch „Das deutsche Theater“ sowie weitere Künstlermonographien beispielsweise zu berühmten Baumeistern der Vergangenheit wie Leo von Klenze oder David Gilly. 18
Grundlage bildeten zwei „Baukunst“-Ausgaben vom Juli und September 1939, die hier in erweiterter Form als Buchmonographie herausgebracht wurden.
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Filme: Ein weiteres mediales Betätigungsfeld Speers war auch der Dokumentarfilm. Ein erster Schwerpunkt bildete dabei der Film „Das Wort aus Stein“ von 1938, worin die Neugestaltungsplanungen Berlin erstmals filmisch dargestellt wurden. Allerdings beschränkte sich der Einblick auf die Bauvorhaben „Runder Platz“ und „Erweiterungsbau der Reichskanzlei“, der später dann nur noch als „Neue Reichskanzlei“ bezeichnet wurde. Ebenfalls im Jahr 1938 gab der GBI einen Auftrag an die Universum Film AG (Ufa), einen weiteren Dokumentarfilm über die Neugestaltungsmaßnahmen zu drehen. Allerdings kam es mitten im Produktionsprozess zu einem Wechsel der Filmfirma, denn der GBI beauftragte im Mai 1940 die Leni-Riefenstahl-Film GmbH, den Film unter Verwendung des bisher vorliegenden Materials weiterzudrehen. Der nie fertig gestellte Film, der den Titel „Der Führer baut seine Reichshauptstadt“ tragen sollte, wurde hauptsächlich von dem Bergfilmer Arnold Fanck gedreht, der beispielsweise Modellaufnahmen von der Großen Halle oder dem Gesamtmodell unter anderem im Filmatelier im Reichstagsgebäude aufnahm. Parallel dazu waren noch Filme über die Reichskanzlei und über Bunkerbauten geplant, die aber über erste Produktionsschritte nicht hinauskamen. Abschließend stellt sich die Frage, welche Motivation des GBI für diese Öffentlichkeitsarbeit, die auch als Imagepolitik beschrieben werden kann, gegenüber den verschiedenen Medien vorherrschend war. So lässt sich feststellen, dass sie maßgeblich durch jene Vorstellung Speers gespeist war, sich mit den auf „ewig“ angelegten Bauten letztlich in die Weltbaugeschichte einschreiben zu wollen und diesen Anspruch durch publizistische und andere mediale Zeugnisse breit zu dokumentieren. Nur so ist zu verstehen, warum Speer zu einem „zweiten Schinkel“ avancieren wollte und sich als solcher verstand. Es lässt sich außerdem die These aufstellen, dass Speer mit seiner Kommunikationsfähigkeit, seinem Organisationstalent, seinem Ehrgeiz und seinem Machtwillen als Rüstungsminister jene Energie für die Verwirklichung des „Endsiegs“ auch deshalb freisetzte, um eines zu erreichen: die Realisierung der geplanten Großbauten. Sie blieben allerdings nur Phantasien auf Papier, während am Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 nicht nur Deutschland und andere europäische Staaten darniederlagen, sondern mit dem Holocaust, dem Völkermord an den europäischen Juden als schrecklichstes Verbrechen der Menschheitsgeschichte ein nachhaltiges Erbe dieses „Ringens um den Weltpokal“ (Hitler) blieb.