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BAD WÖRISHOFEN | TÜRKHEIM UND DAS UNTERALLGÄU
Türkheim Zahl der Flüchtlinge könnte sich bald verdoppeln Seite 32 DONNERSTAG, 17. MÄRZ 2016
Tischtennis Ein Comeback mit Ausrufezeichen Seite 34
Mindelheim
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NR. 64
Wenn der Tierschutz zu kurz kommt Justiz Ein Landwirt steht wegen missgebildeter und verletzter Schweine vor Gericht. Über eine Anzeige, die drei Jahre nach der Kontrolle erstattet wird, und den Frust der Amtstierärzte kommen „Berge von Post“ mit neuen Vorschriften, die selbst die Experten teils gar nicht auf Anhieb verstehen (siehe Infokasten). Kennen müssen die Veterinäre die Regeln dennoch, beispielsweise wenn jemand ein Pferd in die Schweiz verkaufen will und eine Detailfrage zu den neuen Pferdepässen hat. Auch die Überwachung von großen Kühlhäusern, Molkereien, Milch- und Wildkammern beziehungsweise Wildverarbeitungsbetrieben fällt in das Aufgabengebiet der Veterinäre. Für die Exportabfertigung von Molkereiprodukten müssten sie beispielsweise sogar die chinesischen Vorschriften kennen, so Mareis. Des Weiteren beschäftigen sich die Veterinäre mit Tierarzneimitteln und tierischen Nebenprodukten: Zu Letzterem gehören die Tierkörperbeseitigung und die Biogasanlagen, in denen Gülle verarbeitet wird – auch das sind laut Veterinäramt rund 75 im Landkreis. Hinzu kommen Cross-Compliance-Kontrollen von landwirtschaftlichen Betrieben, die ebenfalls zum
VON MELANIE LIPPL Unterallgäu Diese Anklageschrift ist nichts für schwache Nerven: Von eitrigen Entzündungen ist die Rede, von missgebildeten oder gebrochenen Gliedmaßen, abgestorbenen schwarzen Stellen und von Ferkeln, die nicht ohne Stütze stehen können oder eine „abnormal sitzende Körperhaltung“ aufweisen. Ein Unterallgäuer Landwirt hatte sich jüngst vor dem Memminger Amtsgericht zu verantworten, weil bei einer Kontrolle in seinem Schweinezuchtbetrieb acht Tiere negativ aufgefallen sind. Fünf davon hätten laut Anklageschrift sofort getötet werden müssen. Entdeckt worden waren die Verletzungen und Missbildungen bei einer Kontrolle des Veterinäramts im April 2012. Angezeigt wurden die Verstöße gegen das Tierschutzgesetz jedoch erst Anfang 2015. Der Landwirt und sein Rechtsanwalt hatten Einspruch gegen den daraufhin verhängten Strafbefehl eingelegt. In der folgenden Gerichtsverhandlung war sogar von einer möglichen Verjährung die Rede – letzten Endes wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von 900 Euro eingestellt. Wie aber kann es sein, dass es drei Jahre von der Kontrolle bis zur Anzeige dauert? Und warum gab es seitdem keine weitere Kontrolle mehr in dem Betrieb? Antworten auf diese Fragen gibt es im Veterinäramt am Unterallgäuer Landratsamt. Wie dessen Leiter Dr. Armin Mareis erklärt, wollte man dort die Erkenntnisse aus einer ersten Anzeige gegen den Landwirt abwarten. Bereits bei einer Kontrolle 2009 war der Betrieb negativ aufgefallen. Die Verstöße, die dann 2012 bei den Schweinen entdeckt wurden, „haben wir als sehr gravierend empfunden“, erklärt der Amtstierarzt. Und auch für die zuständige Pathologin des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, die einige Tiere untersucht hat, sei der Fall „nicht alltäglich“ gewesen. Der Frust der Unterallgäuer Amtstierärzte wird im Gespräch schnell spürbar. Schon seit Jahren beklagen Mareis und sein Team die schlechte personelle Ausstattung und die steigende Zahl an Aufgaben. „Was uns am Herzen liegen würde, kommt dabei ins Hintertreffen“, sagt Mareis und meint damit den Tierschutz. „Wer soll sich für die Tiere einsetzen, wenn nicht wir?“ Auch Landrat Hans-Joachim Weirather ist verärgert: „Das Ministerium verweigert sich beharr-
Diesen Ferkeln eines bayerischen Landwirtschaftsbetriebs geht es offensichtlich gut. Doch ob sich alle Tierhalter an die gesetzlichen Vorschriften halten, lässt sich nicht so leicht überprüfen: Es gibt zu wenig Kontrollen. Archivfoto: Wolfgang Widemann
„Wer soll sich für die Tiere einsetzen, wenn nicht wir?“ Dr. Armin Mareis, Leiter des Veterinäramts
Was der Rechnungshof kritisiert Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat nach dem Bayern-Ei-Skandal ein Gutachten über das Veterinärwesen und die Lebensmittelüberwachung veröffentlicht. Einige einige Punkte daraus: ● Informationsverteilung Häufig werden Informationen ungefiltert an alle Ämter übersandt – überall müssen sie gesichtet, bewertet und sortiert abgelegt werden. Eine zentrale Stelle könnte den Aufwand reduzieren. ● Informationssuche Eine Suche in der Fachdatenbank ist aufwendig, da Dokumente teils unstrukturiert abgelegt sind, sich widersprechen oder veraltet sind. Der Oberste Rechnungshof hat festgestellt, dass eine Suche nicht immer alle nötigen Unterlagen liefert. ● Zu wenig Kontrollen Seit Jahren ist bekannt, dass Kontrollen nicht im vorgeschriebenen Turnus und der nötigen Anzahl gemacht werden. Das
Umweltministerium soll die Ursachen „nachhaltig beseitigen“. ● Lebensmittelüberwachung aller Betriebe, die Lebensmittel herstellen, verarbeiten, vermarkten, importieren oder exportieren. Die vorgegebenen Frequenzen der Routinekontrollen werden nicht eingehalten. ● Tiergesundheit Auch die Anzahl der vorgeschriebenen Kontrollen im Bereich Tiergesundheit wird seit Jahren nicht erreicht. Bei der Verordnung zur Schweinehaltungshygiene wurden 2015 weniger als 50 Prozent der vorgeschriebenen Kontrollen durchgeführt, heißt es in dem Gutachten. ● Dokumentation Die Landratsämter teilten dem Rechnungshof mit, dass die Dokumentation sehr aufwändig ist. Ein wesentlicher Grund dafür sei das Qualitätsmanagementsystem, das als sehr unübersichtlich bezeichnet wird.
● Umfangreiche Listen Die Checklisten für die Vor-Ort-Prüfungen von Landwirten bei „Cross-ComplianceKontrollen“ sind umfangreich. Allein die Anleitung, wie die Formulare und IT-Systeme richtig auszufüllen sind, umfasst zehn Seiten. Dazu kommen weitere Kontrolllisten – in Bayern sind insgesamt 52 Seiten zu beachten. Neben der schriftlichen Dokumentation sind die Kontrollen auch in verschiedenen Datenbanken zu erfassen, zudem werden die Kontrollen mehrfach kontrolliert. ● Antibiotika-Einsatz Tierhalter müssen Antibiotika-Einsätze an die Ämter melden. Weil die Mengen häufig über den Kennzahlen liegen, haben viele Nutztierhalter Pläne zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes aufzustellen – die Ämter müssen diese kontrollieren. (Quelle: Rechnungshof)
lich, unser Veterinäramt personell angemessen auszustatten“, sagt er. Es gebe keine Personalbedarfsbemessung, die sich am Aufgabenumfang orientiere. Im Unterallgäu gebe es beispielsweise allein fast 142 000 Rinder – mehr als im gesamten Regierungsbezirk Unterfranken, wo rund 121 000 Rinder registriert sind.
„So etwas nicht zu berücksichtigen, grenzt an Ignoranz. Ich muss es leider so deutlich sagen!“, erklärt der Landrat. Fünf Amtstierärzte sind im gesamten Unterallgäu unterwegs, dazu gibt es zwei Veterinärassistenten und drei Verwaltungsangestellte. Wie viel mehr Personal nötig
wäre? „Aus dem Bauch raus gesagt: Das Doppelte“, sagt Mareis. Denn die Aufgaben seien vielfältig. Da ist zum einen die Tierseuchenbekämpfung: Die Veterinäre sollen verhindern, dass sich Geflügelgrippe, Rinder-Tbc und Co. ausbreiten. Für Exporte von Tieren müssen die Unterlagen ausgefüllt werden. Dazu
Pflichtprogramm gehören: Diese wirken sich auf die Prämien der Bauern aus. Natürlich achten die Veterinäre dabei auch auf das Wohl der Tiere. Zusätzlich sollten sie jedoch auch unangemeldete Tierschutz-Kontrollen machen. In der Realität sieht die Sache anders aus. „Wir kommen mit dem Zeug nicht nach, von dem Anzeigen da sind“, sagt Mareis. Akutes hat Vorrang: 174 Tierschutz-Anzeigen gingen im Jahr 2015 ein, „alles neue Sachen“ – und alles Dinge, bei denen ein Besuch allein meist nicht reicht. Im Schnitt machen zwei der fünf Ärzte 33 Tierschutzkontrollen im Monat. Doch damit ist die Arbeit nicht getan: Teils müssen Tiertransporte organisiert werden. Notizen und Fotos aus dem Stall müssen aufbereitet werden. Die Tierärzte können den Halter mündlich belehren, per Bescheid Änderungen fordern, ein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit verhängen oder die Sache an den Staatsanwalt weitergeben. 2000 landwirtschaftliche Betriebe gibt es im Unterallgäu. Zu wenig Kontrollen, zu viel Bürokratie – und plötzlich taucht wieder etwas auf, mit dem keiner gerechnet hat. „Es ist ein ewiger Frust, manchmal ist es mehr, mal weniger.“
Lärm und Stau haben ein Ende: Freude in drei Orten Verkehr Mindelheim, Pfaffenhausen und Hausen dürfen sich auf Ortsumfahrungen freuen – doch es dauert noch Landkreis Von ausgezeichneten Nachrichten sprachen übereinstimmend die CSU-Landes- und Bundespolitiker Stephan Stracke, Franz-Josef Pschierer und Georg Nüßlein sowie Mindelheims Bürgermeister Stephan Winter: Drei Verkehrsprojekte aus dem Raum Mindelheim haben gestern eine wichtige Zwischenetappe genommen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gab im Verkehrsaussschuss des Deutschen Bundestages in Berlin bekannt, dass die drei geplanten Ortsumfahrungen von Pfaffenhausen, Hausen und Mindelheim an der B16 in den Entwurf für den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurden. Konkret bedeutet das: Pfaffenhausen, Mindelheim und Hausen sollen spätestens bis zum Jahr 2030
eine Ortsumfahrung erhalten. Noch müssen die Vorhaben aber ein paar Hürden nehmen. Die Wichtigste: Der Bundestag muss zustimmen. Mit dem heutigen Tag beginnt eine sechswöchige Beteiligung der Öffentlichkeit. Alle Interessierten können Einwendungen vorbringen. Stellungnahmen können ab 21. März beim Bundesverkehrsministerium eingereicht werden. Für Mindelheim wäre es die zweite Umfahrung, nachdem die Allgäuer Straße durch das Wachstum des Industriegebiets und der Ver-
brauchermärkte in den vergangenen Jahren zumindest in Stoßzeiten an ihre Kapazitätsgrenze stößt. Deshalb haben sich der Bundestagsabgeordnete Stephan Stracke, Wirtschaftsstaatssekretär Franz-Josef Pschierer und der Mindelheimer Bürgermeister Stephan Winter verstärkt für eine zweite Umfahrung eingesetzt. Stracke sprach von einer ausgezeichneten Nachricht für Mindelheim und die Firma Grob. Dies biete erstklassige Entwicklungsperspektiven. Seit Jahren fordern auch die Menschen in
Pfaffenhausen und Hausen Ortsumfahrungen. Für Salgens Bürgermeister Johann Egger ist es sogar das wichtigste Projekt seiner Gemeinde. Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ulrich Lange aus Nördlingen, war im Vorjahr mit dem Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein in Hausen und hat sich von der Notwendigkeit einer Umfahrung überzeugen lassen. Nüßlein weist darauf hin, dass noch keine Projektdetails wie Linienführung einer Straße oder Lärmschutzmaßnahmen beschlossen seien. Im Entwurf steht nun, dass Mindelheim im Osten zweispurig umfahren werden soll. Auch für Pfaffenhausen ist ein zweispuriger Neubau geplant. Für Hausen heißt es, der Neubau werde zwei- bis dreistreifig umgesetzt. Nicht geschafft
hat den Sprung auf die Liste die Ortsumfahrung von Loppenhausen, obwohl die B16 den Ort durchschneidet. Das Bundesverkehrsministerium hat eine Nutzen-Kosten-Analyse für jedes Projekt erstellt. Projekte seien dann gesamtwirtschaftlich sinnvoll, heißt es einer Pressemitteilung, wenn der Nutzen größer ist als die Kosten. Gestärkt werden soll auch die A7 zwischen Hittistetten und Memmingen. Das Stück Hittistetten – Illertissen kann auf sechs Fahrstreifen erweitert werden. Der Abschnitt zwischen der A 96 und Kaufbeuren wurde ebenfalls in den vordringlichen Bedarf aufgenommen. Der Abschnitt Kempten – Kaufbeuren ist im weiteren Bedarf und soll Planungsrecht erhalten. (jsto)
Kommentar VON JOHANN STOLL
zu den Umfahrungen
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Hausen darf sich besonders freuen
E
s sind gute Nachrichten, die gestern aus Berlin kamen. Mindelheim, Pfaffenhausen und Hausen dürfen sich ernsthafte Hoffnungen auf eine Umfahrung machen. Noch sind zwar einige Hürden zu nehmen. Aber das Bundesverkehrsministerium hat die Notwendigkeit der drei Projekte anerkannt. Damit hat sich der Einsatz vor allem der CSU-Politiker Pschierer, Nüßlein und Stracke ausgezahlt. Sie machen seit Jahren Druck, dass sich die Verkehrslage in und um Mindelheim verbessert. Besonders freuen darf sich Hausen und sein engagierter Bürgermeister Johann Egger. Er hat nie locker gelassen und immer wieder auf die prekäre Verkehrslage des Ortes hingewiesen. Er ist erhört worden. Leider hat es für Loppenhausen nicht gereicht, dessen Bewohner ohne Frage auch stark unter dem Verkehr leiden. Etwas überraschend ist die Hereinnahme der zweiten Umfahrung für Mindelheim. Sie ist bei Licht besehen nur deshalb zu rechtfertigen, weil die Firma Grob einen derartigen Aufschwung nimmt, dass die Politik dem großen Arbeitgeber und Steuerzahler entgegenkommen musste. In der Allgäuer Straße leben sehr wenige Menschen. Wenn Umfahrungen vor allem dazu dienen sollen, lärmgeplagte Menschen vor Lastwagen und Autos besser zu schützen, wäre eine Umfahrung für andere Orte sinnvoller. Siehe Loppenhausen.
Raus damit! Diese Geräte machen niemanden fit Wer schlägt nicht gerne zu, wenn es in Sportläden oder Discountern zum Frühjahr wieder tolle Sportartikel gibt? Ob Hanteln, Hometrainer oder ein halber Ball: Am Anfang macht man sich noch mit Begeisterung an die verschiedenen Workouts. Doch schon bald liegen die Geräte nur noch in der Ecke oder stehen im Keller herum. Das einzige, was diese Dinger noch bewegen, ist das schlechte Gewissen, das sie einem machen. Das muss nicht sein: Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, jemals ein Arnold Schwarzenegger zu werden – und gehen Sie lieber an die frische Luft, in einen Sportverein oder ins Fitnessstudio, am besten gemeinsam. Ist effektiver, motivierender und macht mehr Spaß als zu Hause im stillen Kämmerlein zu sporteln. (home)
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