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Freitag, 20.01.2017 SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs: Vorgestellt von Bettina Winkler Faszinierender Gesamtklang The Mirror of CLAUDIO MONTEVERDI „Missa in illo tempore“ HUELGAS ENSEMBLEPAUL VAN NEVEL dhm 88875143482 (SONY MUSIC) Virtuos und einfühlsam FERDINAND FISCHER From Heaven on Earth Lute Music from Kremsmünster Abbey Hubert Hoffmann CHALLENGE CLASSICS CC72740 Spezialisten für hebräische Barockmusik Salomone Rossi THE SONGS OF SOLOMON Hebrew Prayers and Instrumental Music Profeti della Quinta PAN CLASSICS PC 10343 Leicht und duftig Receuil de Pieces pour les Autres Instruments Musique de Chambre, Accomodé pour les Flȗtes à bec Französische Kammermusik für Blockflöten French Chamber Music for Recorders Eva Legêne und Astrid Andersson, Blockflöten Anne Legêne, Viola da Gamba Ricarda Hornych, Theorbe Corey Jamason, Cembalo Cornetto COR 10048 Ausgezeichnete Interpreten Francesca Caccini La liberazione di Ruggiero dall’isola di Alcina Allabastrina – La Pifarescha Elena Sartori GLOSSA GCD 923902 Sprühend vor Musikalität und Spiellust Concertos of JOSEF GURETZKY The Harmonious Society of Tickle-Fiddle Gentlemen CHANDOS CHAN 0816
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Signet „SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs“, am Mikrophon: Bettina Winkler. 2017 gibt es nicht nur das Reformations-Jubiläum zu feiern, alle Musikbegeisterten wissen, dass dies auch ein Monteverdi-Jahr ist. Am 15. Mai 1567, also vor 450 Jahren, wurde der Komponist aus Cremona getauft – das genaue Geburtsdatum ist nicht überliefert. Schon trudeln die ersten Neueinspielungen mit Werken von Monteverdi ein – eine davon mit dem Huelgas Ensemble unter der Leitung von Paul van Nevel will ich Ihnen gleich vorstellen. Aber es gibt noch mehr in der heutigen Sendung: Lautenmusik von Ferdinand Fischer, hebräische Gesänge von Salomone Rossi und französische Kammermusik für Blockflöten aus dem 18. Jahrhundert, aber auch eine Oper von Francesca Caccini und Cellokonzerte von Josef Gouretzky. Neugierig geworden? Dann legen wir gleich mal los – mit Monteverdi! Seine „„Missa in illo tempore““ ist eigentlich eine Messe im alten Stil, zu der er sich von der gleichnamigen Motette von Nicolas Gombert hat anregen lassen. Zehn verschiedene Motive aus dieser Motette verarbeitet er in den einzelnen Messteilen und schafft damit eine imposante Kathedrale der Kontrapunktik. Eine Herausforderung für jeden Chor – das Huelgas Ensemble unter der Leitung von Paul van Nevel zeigt hier einmal mehr seine Kunstfertigkeit und Ausdrucksstärke, wenn es dieses Geflecht aus Stimmen zu einem faszinierenden Gesamtklang formt. Claudio Monteverdi: „Missa in illo tempore“, Kyrie
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Paul van Nevel und sein Huelgas Ensemble mit dem Kyrie aus Claudio Monteverdis „Missa in illo tempore“. Was diese Aufnahme, die bei der deutschen harmonia mundi erschienen ist, besonders spannend macht, ist die Tatsache, dass die Musiker dieser Messe weltliche Madrigale von Vorgängern Monteverdis gegenüberstellen, in denen sich bereits das abzeichnet, was sich musikalisch in den kommenden Jahren bei Monteverdi weiterentwickeln wird, also gleichsam ein musikalischer Spiegel, der sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft blicken lässt. Neben Madrigalen von Nicola Vicentino, Giaches de Wert und Luca Marenzio ist auch ein Stück von Cesare Tudino dabei: „Amor i’ho molti e molt’anni pianto“ – „Amor, viele Jahre habe ich dir mit Tränen mein Leid geklagt“. Cesare Tudino: „Amor i’ho molti e molt’anni pianto“
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„Amor i’ho molti e molt’anni pianto“, ein Madrigal von Cesare Tudino, das Paul van Nevel und sein Huelgas Ensemble auf ihrer neuen Aufnahme der „Missa in illo tempore“ von Claudio Monteverdi gegenüberstellen. Und hier kann man ganz deutlich erkennen, dass sich später bei Monteverdi die Kontrapunktik, das Gewebe der unterschiedlichen Stimmen verdichtet und erweitert hat. In dieser Messe wollte er in einem in mehrfacher Hinsicht großen Kraftakt seine Meisterschaft in der Anwendung polyphoner Imitationstechniken der vorigen Komponisten beweisen. Alle Motive aus der Motetten-Vorlage von Gombert werden immer wieder in neue Imitationsformen gegossen und dicht aneinander gewebt, ein kompakter Kontrapunkt, der so viel weiter geht als die frühere Renaissance-Polyphonie. Wie das Huelgas Ensemble mit dieser Herausforderung umgeht, begeistert mich! Hier noch ein weiterer Ausschnitt aus Monteverdis „Missa in illo tempore“: das Sanctus. Claudio Monteverdi: „Missa in illo tempore“, Sanctus
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Das Huelgas Ensemble unter der Leitung von Paul van Nevel mit dem Sanctus aus Claudio Monteverdis „Missa in illo tempore“. Unter dem Titel „The mirror of Claudio Monteverdi“ ist diese Produktion bei der deutschen harmonia mundi erschienen. Für mich bereits jetzt eine der schönsten Einspielungen im Monteverdi-Jahr 2017, Musik, die fasziniert und berauscht. Der Name Monteverdi sagt sicherlich den meisten Liebhabern der Alten Musik etwas, aber wie steht es mit Ferdinand Fischer? Nein, ich meine nicht den Rastatter Hofkapellmeister,
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sondern einen Benediktinerpater, der in der Abtei Kremsmünster in Oberösterreich lebte. Seine Werke für Laute sind nun zum ersten Mal zu hören. Aufgenommen hat sie Hubert Hoffmann, der Fischers Werke auch entdeckt hat – er schreibt: „Als ich vor einigen Jahren das Benediktinerstift Kremsmünster in Oberösterreich besuchte, um die dort verwahrten Lauten zu sehen, konnte ich noch nicht ahnen, dass dieser Besuch mein Leben als Laute spielender Musiker von Grund auf verändern würde. Bei einer ersten oberflächlichen Sichtung der an diesem Ort aufbewahrten, überwiegend handschriftlichen Lautenmanuskripte fiel sofort eine ganz unerwartete Anzahl ausgedehnter, zyklisch geformter Variationssätze in bestimmten Tabulaturbüchern ins Auge. Diese waren liebevoll kalligrafisch in winzigen Buchstaben niedergeschrieben und setzten für ihre Realisierung beträchtliches spieltechnisches Vermögen voraus. Später lernte ich, dass es sich beim Schreiber dieser Tabulaturen um einen Konventualen mit Namen Pater Ferdinando Fischer handelte, und dass die prachtvoll, vielspänige Palisanderlaute im Notenarchiv, deren Wirbelkasten nur mehr lose durch einen dünnen Nagel mit dem Hals verbunden war, einstmals das von ihm gespielte Instrument war. Meine Neugierde war geweckt!“ Und meine auch, als ich dies las und die CD zum ersten Mal in meinen Player legte! Hier gleich einmal eine kleine Kostprobe: das Präludium und zwei Arien aus der Partita in d-Moll. Ferdinand Fischer: Partita d-Moll, Präludium und zwei Arien
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Präludium und zwei Arien aus der Partita d-Moll von Ferdinand Fischer, einem Pater aus dem Benediktinerstift Kremsmünster, entdeckt und zum ersten Mal eingespielt von Hubert Hoffmann. Er verwendet hier eine elfchörige Laute nach einem Original von Joachim Tielke von 1696 aus der Werkstatt von Andreas von Holst, ein Instrument, das für die Interpretation dieser Stücke geradezu prädestiniert zu sein scheint. Hoffmann schreibt noch weiter im Booklet zu seiner CD: „Bald stellte sich heraus, dass Vieles der von diesem Schreiber notierten Musik nirgendwo sonst in den zahllosen, über die ganze Welt verstreuten Lautenmanuskripten aus dieser Zeit aufzufinden war. Es handelte sich also um Unikate. Ganz außergewöhnlich waren diese Werke zudem und von auffallender kompositorischer wie formaler Qualität: Neue Lautenmusik in Form zyklischer Poesien eines lautenbegeisterten Paters an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert.“ Hubert Hoffmanns Entdeckung ist wirklich ein Glücksfall. Insgesamt vier Tabulaturbücher von Fischer sind erhalten, in denen sich an die 800 Stücke in Einzelsätzen, Satzfolgen und Kopien von Drucken finden. Fischer, der 1652 in Kuchl geboren wurde, trat 1677 in Kremsmünster ein, war Professor an den Hochschulen des Stifts und übernahm bis 1791 das Amt des Priors. Danach lebte er bis zu seinem Tod 1725 als Pfarrer in Buchkirchen bei Wels. Nur ein paar biografische Daten, die wenig über den Musiker und Komponisten aussagen, der sein Können wohl weitgehend autodidaktisch erwarb. Für ihn sprechen noch heute seine Lautenstücke, die wir dank Hubert Hoffmann jetzt hören können. Ferdinand Fischer: Partita c-Moll, Präludium und Allemande
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Hubert Hoffmann mit Präludium und Allemande aus der Partita c-Moll des Benediktinerpater Ferdinand Fischer. Zum ersten Mal liegen nun einige seiner wiederentdeckten Stücke als Einspielung bei CHALLENGE CLASSICS vor. Hubert Hoffman erweist sich hier als virtuoser und einfühlsamer Interpret dieser intimen Musik, die bislang in den Archiven des
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Benediktinerstifts Kremsmünster in Oberösterreich schlummerte. Musik für stille Stunden, die sich sicherlich über Ihre Aufmerksamkeit freuen würde! „SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs“, am Mikrophon: Bettina Winkler. Und nun möchte ich Ihnen gerne Musik von Salomone Rossi vorstellen. Dieser Komponist, der aus einer alten jüdisch-italienischen Familie stammt, war zunächst Geiger und später Kapellmeister am Hof der Gonzagas in Mantua. Salomone Rossi war mit Leone da Modena befreundet, der mit dafür verantwortlich war, dass im Jahre 1605 durch einen rabbinischen Erlass mehrstimmige Chormusik in der Synagoge möglich wurde. 1623 erschienen Rossis „Lieder Salomos“ in acht Stimmbüchern beim venezianischen Verlag Pietro und Lorenzo Bragadini – 33 Stücke für verschiedene Vokalensembles von drei bis acht Stimmen, in denen die chorale Psalmodie mit der Mehrchörigkeit im Stil der Gabrielis kombiniert wird. Gedacht waren diese Kompositionen zur Feier besonderer Sabbat- und Festtage in der Synagoge. Das Ensemble Profeti della Quinta hat dieses frühbarocke Repertoire bereits 2009 beim Label PAN CLASSICS herausgebracht und es mit Instrumentalmusik von Salomone Rossi kombiniert, jetzt ist endlich wieder eine Neuauflage dieser Produktion verfügbar. Salomone Rossi: „Herr, unser Herrscher“, Psalm 8
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Eine Vertonung des 8. Psalms „Herr, unser Herrscher“ und die Sonata settima von Salomone Rossi mit den Profeti della Quinta unter der Leitung von Elam Rotem. Obwohl Rossis Instrumentalmusik bisweilen ein wahrhaftes „Feuerwerk“ entzünden kann, klingen seine „Lieder Salomos“ dagegen eher konservativ. Grund dafür mag die Tatsache sein, dass in Sachen Kunstmusik im jüdischen Gottesdienst zu jener Zeit eine kontroverse Diskussion im Gange war. Das orthodoxe Lager wollte mehrstimmige Musik in der Synagoge gänzlich verbieten, die liberaler Eingestellten wollten Musik nach dem Vorbild des Ersten Tempels unter König Salomo zum Lobe Gottes im Gottesdienst erlauben. Seit 1612 gab es in Mantua ein jüdisches Ghetto, was den Komponisten in seiner eigenen Identität bestätigt haben mag. In den Titeln seiner Publikationen hatte er schon vorher seinen Namen selbstbewusst mit dem Zusatz „Ebreo“ versehen. Mantua hatte damals rund 50.000 Einwohner, etwa 2.230 waren Juden. Dieses friedliche Miteinander fand 1630 in jähes Ende, alle Juden wurden aus der Stadt vertrieben, eine Folge der österreichischen Invasion während des Mantuanischen Erbfolgekrieges. Hier noch eine weitere Kostprobe von der Wiederauflage der Lieder Salomos von Salomone Rosse mit den Profeti della Quinta: ein Gebet „Lobet den Herrn, den Hochgelobten!“. Salomone Rossi: „Barchú“, Gebet
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Ein Gebet aus den Liedern Salomos von Salomone Rossi, vorgestellt von Profeti della Quinta unter der Leitung von Elam Rota, der das Ensemble in Galiläa gegründet hat. Heute ist es in der Schweiz ansässig, wo alle seine Mitglieder weiterführende Studien an der Schola Cantorum Basiliensis absolvieren. Da Hebräisch die Muttersprache der Sänger ist, und sie sich zudem auf die italienische Musik des Frühbarock spezialisiert haben, bilden sie das ideale Ensemble für die hebräische Musik von Salomone Rossi. Erschienen ist diese Produktion, die ich Ihnen gerne ans Herz legen würde, beim Label PAN CLASSICS, eine Wiederauflage aus dem Jahr 2009. Jetzt möchte ich Ihnen französische Kammermusik für Blockflöten aus dem 18. Jahrhundert vorstellen. Aufnahmen mit Werken von Michel Blavet, Jacques-Martin Hotteterre, François Couperin oder Marin Marais – alles Hofmusiker mit dem Titel „Ordinaire de la Musique de la Chambre du Roi“ – gibt es mittlerweile viele, aber trotzdem hat mich folgende Einspielung,
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die beim Label Cornetto erschienen ist, aufhören lassen. Dort spielen Eva Legêne und Astrid Andersson die Blockflöten, dazu kommen Anne Legêne, Viola da Gamba, Ricarda Hornych, Theorbe, und Corey Jamason, Cembalo. Nein, das sind nicht die bekannten Stars der AlteMusik-Szene, aber die unprätentiöse Art und Weise, wie sie diese Musik interpretieren, lädt auf gefällige Art zu einer musikalischen Zeitreise an den Hof von Versailles ein – wie etwa mit den folgenden beiden Stücke aus Michel Blavets „1er Receuil de Pieces avec des doubles et variations“ von 1744: ein zartes Präludium und die ergreifend schöne Pastorale „Pourquoi Doux Rossignols“. Michel Blavet: „1er Receuil de Pieces avec des doubles et variations“, Präludium und Pastorale „Pourquoi Doux Rossignols“
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Ein echter Hinhörer: Eva Legêne und Astrid Andersson, Flöten und Ricarda Hornych, Theorbe, mit einem Präludium und einer Pastorale von Michel Blavet. Neben den bereits genannten Komponisten gibt es noch einen weiteren auf dieser Produktion, den ich bisher nicht kannte, und über den man auch nur wenig weiß: ClairNicolas Roget. Mitte des 18. Jahrhunderts lebte er in Paris und veröffentlichte zwei verschiedene Musiksammlungen: sechs Sonaten für zwei Flöten 1739 und sechs Sonaten für Flöte und Continuo 1739. Sein Stil ist hörbar von der italienischen Musik beeinflusst. Clair-Nicolas Roget: Sechs Sonaten für zwei Flöten, Gratioso und Allegro
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Gratioso und Allegro aus den Sechs Sonaten für zwei Flöten von Clair-Nicolas Roget, leicht und duftig gespielt von Eva Legêne und Astrid Andersson. Ihre CD „Receuil de Pieces pour les Autres Instrumens“ mit weiteren Werken von Michel Blavet, Jacques-Martin Hotteterre, François Couperin und Marin Marais ist beim Stuttgarter Label Cornetto erschienen – eine kleine Preziose abseits des Mainstreams, die Ihre Beachtung verdient hat. Sie hören „SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs“, am Mikrofon ist Bettina Winkler. Alcina, die Zauberin aus Ariosts Dichtung „Orlando furioso“, bekam nicht nur durch Händel und Vivaldi eine Stimme, auch Francesca Caccini hat sich dieses Stoffes angenommen. Die Tochter von Giulio Caccini und Zeitgenossin Monteverdis war von 1607 bis 1641 freischaffende Musikerin. Als ausgezeichnete Sängerin begleitete sie sich selbst auf dem Cembalo, der Laute oder der Gitarre und war neben Jacopo Peri die wichtigste und bestbezahlte Musiker-Persönlichkeit am Hof der Medici in Florenz. Zu dieser Zeit herrschte auch Christina von Lothringen als Großherzogin in der Toscana, die durch ein umfangreiches Netz von Beziehungen Frauen am Hof unterstützte und förderte. Francesca Caccinis Ballettoper „La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina“ – „Die Befreiung Ruggieros von der Insel Alcinas“, die erste Oper einer Komponistin, ist alles andere als eine einfache Gelegenheitskomposition, hier handelt es sich um ein musikalisches Meisterwerk, das für den Karneval im Jahr 1625 von der Großherzogin Maria Magdalena von Österreich, einer der beiden Herrscherinnen in Florenz, in Auftrag gegeben wurde. Damit sollte die Verlobung von Maria Magdalenas Lieblingstochter Margherita mit Ladislav Sigismund von Polen gefeiert werden. Nun können Sie diese Oper auch hören – meines Wissens die einzige Einspielung, die es im Moment gibt! Erschienen ist sie beim Label GLOSSA, die Rolle der Alcina übernimmt Elena Biscuola, den Ruggiero singt Mauro Borgioni, Gabriella Martellacci tritt als Melissa auf, dazu kommen noch weitere Solisten und die Ensembles Allabastrina und La Pifarescha unter der Leitung von Elena Sartori.
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Hier ein kurzer Dialog, in dem Alcina den verzauberten Ruggiero bittet, auf ihrer Insel zu bleiben, während sie ihr Königreich inspizieren will. Unterstützt wird sie dabei von drei Jungfrauen, die Ruggieros Anwesenheit preisen. Anschließend stimmt Ruggiero einen Lobpreis auf die Liebe an. Francesca Caccini: La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina, 1. Szene (Ausschnitt)
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Ein Ausschnitt aus der ersten Szene von Francesca Caccinis Opernballett „La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina“ mit Elena Biscuola als Alcina, Mauro Borgioni als Ruggiero, Emanuela Galli, Francesca Lombardi Mazzulli und Gabriella Martellacci als Trio di Damigelle und den Ensembles Allabastrina und La Pifarescha unter der Leitung von Elena Sartori. Kurz noch einmal zu Erinnerung der Inhalt dieser Alcina-Oper: Der junge Ritter Ruggiero wird von der Zauberin Melissa gerettet, die von seiner Verlobten Bradamante gesandt wurde, um ihn vom Liebeszauber der Magierin Alcina zu erlösen. Ruggiero ist hier auf zweifache Weise ein Verräter: Er hat die Treue zu seiner zukünftigen Frau verraten, und er hat Alcina ewige Liebe geschworen, kurz bevor er auch ihr den Rücken zukehrt und sie, überzeugt von Melissas Worten, augenblicklich vergisst. Beide Frauen, Alcina und Melissa, kümmern sich dann aber weniger um den Verräter, sondern versuchen, sich gegenseitig voll Wut mit allen Mitteln zu vernichten. Das Ergebnis ist die Verwandlung des Verräters in einen Gott: gedankenlos, verwirrt und unbeständig, aber geschützt vor allen Konflikten. Bei Francesca Caccini endet die Oper mit einer großen Erlösungsszene, in der Melissa allen zunächst das wahre Antlitz von Alcinas Zauberinsel zeigt: eine kahle, felsige Wüste. Doch dann tanzen die befreiten Damen der Insel und fordern alle zum Mittanzen auf. Melissa kommt mit einer von Zentauren gezogenen Kutsche auf die Bühne und preist mit allen zusammen in einem Schlussmadrigal die Schönheit der toskanischen Frauen und den Wert der Tugendhaftigkeit. Gabriella Martellacci ist die Melissa, Emanuela Galli eine der ehemals verzauberten Damen, dazu kommen wieder die Ensembles Allabastrina und La Pifarescha unter der Leitung von Elena Sartori. Francesca Caccini: La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina 4. Szene (Ausschnitt)
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Der Schluss von Francesca Caccinis Ballettoper „La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina“ in einer aktuellen Einspielung, die beim Label GLOSSA erschienen ist. Die Leitung des ausgezeichneten Solisten- und der beiden Instrumentalensembles Allabastrina und La Pifarescha übernahm Elena Sartori. Mit dieser Aufnahme schließt sich wieder eine Lücke im musikalischen Renaissance-Repertoire, zudem handelt es sich hier um die erste Oper einer Komponistin, die auch als gefeierte Sängerin am Hof der Medici in Florenz lebte. Mein Tipp: Begeben Sie sich einmal in aller Ruhe auf die Spuren dieser beeindruckenden Musikerin, von der es noch viel zu entdecken gibt. Eine Entdeckung ist auch die letzte CD, die ich Ihnen für heute vorstellen möchte: Cellokonzerte von Josef Guretzky, die die Harmonious Society of Tickle-Fiddle Gentlemen beim Label CHANDOS veröffentlicht hat. BBC Radio 3 beschreibt dieses Ensemble als „Lieferant von berauschender und erhebender Musik“ – wenn das keine Vorschusslorbeeren sind. Dieses Ensemble kitzelt nicht nur die Saiten seiner Instrumente, es sprüht vielmehr vor Musikalität und Spiellust. Den Solo-Part bei diesen Konzerten übernimmt die ungarische Cellistin Kinga Gáborjáni, die auch zum Ensemble gehört und die Herren-Truppe kräftig aufmischt. Josef Antonin Guretzky stammt aus der Nähe des mährischen Olmütz, das bekannt ist für seine unvergleichlichen Sammlungen mit mitteleuropäischer Musik aus der zweiten Hälfte
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des 17. Jahrhunderts. Geboren wurde er 1709, vielleicht hat er bei Antonio Caldara in Wien studiert, er scheint auf jeden Fall am Hof des Grafen Wenzel von Morzin in Prag angestellt gewesen zu sein. 1735 kam Guretzky zu Rudolf Franz Erwein Graf von Schönborn in Wiesentheid im heutigen Bayern. Und der wiederum war ganz wild auf Musik für Solo-Cello, er war selbst ein ausgezeichneter Cellist und komponierte auch. In seiner Musikaliensammlung finden sich mehr als 100 Cello-Konzerte, darunter Werke von Andrea Zani und Antonio Caldara, die ihm gewidmet sind. Und so schrieb auch Josef Guretzky Konzerte für seinen Brötchengeber, insgesamt neun an der Zahl. Und die verlangen dem Solisten einiges an Virtuosität ab! Das ist genau das richtige Repertoire für uns, sagte sich die Harmonious Society of TickleFiddle Gentlemen und nahm vier dieser Cello-Konzerte von Guretzky auf – alles Ersteinspielungen. Ich wünsche Ihnen nun viel Freude mit dem Konzert in D-Dur, die Solistin ist, wie schon gesagt, Kinga Gáborjáni. Josef Guretzky: Cello Concerto D-WD 575 D-Dur (1735)
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The Harmonious Society of Tickle-Fiddle Gentlemen mit ihrer Solistin Kinga Gáborjáni spielte das Cello-Konzert in D-Dur von Josef Guretzky, der mit dieser Komposition seinem Arbeitgeber, dem cellobegeisterten Rudolf Franz Erwein Graf von Schönborn in Wiesentheid, sicherlich viel Freude bereitet hat. Heute können wir an diesem Ohrenschmaus teilnehmen und die Musik des mährischen Komponisten dank dieser Aufnahme genießen. Seine faszinierende und häufig unorthodoxe Musik ist nur eine von vielen Facetten, die die Vielfalt und den Reichtum des musikalischen Austausches zwischen den tschechischen Landen und Bayern im 18. Jahrhundert aufzeigen. Erschienen sind diese vier Cello-Konzerte und ein Violinkonzert beim englischen Label CHANDOS – hörenswert nicht nur für Cellobegeisterte. Und das war meine letzte Empfehlung in „SWR2 Treffpunkt Klassik – Neue CDs“ für heute. Die komplette Sendung können Sie eine Woche lang nachhören, die CD-Liste steht im Internet. Dazu finden sie die einzelnen CD-Besprechungen auch noch separat in unserer Rubrik CD-Tipps. Ich hoffe, ich konnte Sie für die eine oder andere Neuerscheinung begeistern! Fürs Zuhören bedankt sich Bettina Winkler.