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SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Wissen Eingeschleppt - Der Kampf gegen räuberische Säugetierein Neuseeland Von Ingrid Norbu Sendung: Dienstag, 22. März 2016, 8.30 Uhr Redaktion: Udo Zindel Regie: Maria Ohmer Produktion: SWR 2016 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Wissen können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Die Manuskripte von SWR2 Wissen gibt es auch als E-Books für mobile Endgeräte im sogenannten EPUB-Format. Sie benötigen ein geeignetes Endgerät und eine entsprechende "App" oder Software zum Lesen der Dokumente. Für das iPhone oder das iPad gibt es z.B. die kostenlose App "iBooks", für die Android-Plattform den in der Basisversion kostenlosen Moon-Reader. 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Sie teilen sich ein Territorium und rufen sich gegenseitig, um zu wissen, wo der andere gerade ist. Sie sind nachtaktiv und normalerweise hört man ihre Rufe tagsüber nicht. Erzählerin: Schauplatz Neuseeland, die Inselgruppe, die ungefähr 20.000 Kilometer von Europa entfernt auf der anderen Seite der Erde liegt. Der Kiwi ist der offizielle Nationalvogel Neuseelands, doch hier, in einem Vogelschutzpark der Hauptstadt Wellington, tönen seine Rufe aus Lautsprechern. Das ist ebenso seltsam wie typisch für den Inselstaat: Kiwis sind hier zwar so beliebt, dass sich die Neuseeländer selbst den Spitznamen "Kiwis" gaben, aber kaum jemand dort hat die Laufvögel jemals in freier Wildbahn erlebt. Kiwis sind nahezu ausgestorben. Sie und andere heimische Vogelarten waren den von Menschen eingeführten Säugetieren nicht gewachsen. Ansage: Eingeschleppt – Der Kampf gegen räuberische Säugetiere in Neuseeland. Eine Sendung von Ingrid Norbu. Erzählerin: In nur wenigen hundert Jahren hat Neuseeland etwa die Hälfte seiner weltweit einzigartigen, heimischen Vogelarten verloren, vor allem durch sogenannte invasive Kleinsäuger. In Zeiten der Globalisierung verbreiten sich absichtlich oder unabsichtlich eingeführte Tier- und Pflanzenspezies in vielen Regionen der Welt und bedrohen dort heimische Ökosysteme. Aber Neuseeland ist ein besonderer Fall, erzählt Mick Clout, Professor für Ökologie an der Universität Auckland. OT 02: Mick Clout (NZ is a unique place ... our natural eco systems.) Übersetzer: Neuseeland ist weltweit einmalig, weil es der letzte Fleck ist, der von Menschen besiedelt wurde, vor erst 750 Jahren. Als entlegenes Archipel ist Neuseeland vom Rest der Welt isoliert, und die Arten, die sich einst hier ansiedelten und sich hier weiterentwickelten, hatten sich an diese spezielle Umwelt angepasst. Säugetiere z.B. und viele Pflanzenarten gab es hier nicht. Erst die Menschen brachten Spezies aus anderen Teilen der Welt nach Neuseeland. Besonders durch eingeschleppte Säugetiere wurde das ursprüngliche Ökosystem massiv verändert. 2 AT 01: im Wald (immer unter Erzählertext) Erzählerin: [Wer nach Neuseeland kommt und ein fremdartiges Naturparadies erwartet, wird schnell enttäuscht. Um Professor Clouts Grundstück südlich von Auckland grasen scheckige Kühe auf hügeligem Weideland. Die Farmhäuser hier sind aus Holz gezimmert.] Zum Privatland des Ökologie-Professors gehört ein Stück Wald mit schwindelerregend hohen Bäumen, in deren Kronen Vögel flattern. Auf dem Waldboden verrotten gestürzte Stämme. Es ist dunkel, kühl und feucht. Ein Stück Neuseeland, das so ähnlich aussieht wie zu der Zeit, als sich hier die ersten Menschen um 1250 nach Christus ansiedelten. Die ersten Siedler, die Maori, waren von Südseeinseln aus hierher gesegelt, erzählt Mick Clout: OT 03: Mick Clout (The Maori people ... are very damaging ones) Übersetzer: In ihren Booten brachten die Maori Hunde mit und auch eine polynesische Rattenart muss an Bord ihrer Boote gelangt sein. Die Maori waren erfahrene Jäger und der Moa, ein riesiger, flugunfähiger Vogel, den es nur in Neuseeland gab, wurde von ihnen ausgerottet. Damit begann die erste große Veränderung des natürlichen Ökosystems in Neuseeland. Außerdem betrieben die Maori Brandrodung, um ihnen aus Polynesien vertraute Gemüse und andere Pflanzen hier anbauen zu können. Der enorme Wandel kam dann aber mit der Ankunft der Europäer vor etwa 250 Jahren, sie schleppten viele Pflanzen und Tiere – speziell räuberische Säugetiere – ein oder setzten sie absichtlich aus. Und die haben das heimische Ökosystem seither schwer geschädigt. AT 01: im Wald Erzählerin: Über unseren Köpfen flattert eine neuseeländische Taube – Kereru in der Sprache der Maori. Sie ist mit einem halben Meter Länge sehr groß, aber mit ihrem braungrünen Gefieder fällt sie kaum auf im Laub der Bäume. Da sie Früchte frisst und mit ihrem Kot deren Samen verteilt, sichert sie den Fortbestand des Waldes. Die ersten europäischen Einwanderer führten im 18. Jahrhundert andere Taubenarten in Neuseeland ein, die die Kereru aus vielen Regionen verdrängten. Meist waren es Briten, die sich ein Stück Heimat im Südpazifik schaffen wollten. OT 04: Mick Clout (The Europeans introduced ... damaged the native wild life.) Übersetzer: Die Europäer brachten auch Nutztiere mit, Schafe, Rinder und Ziegen z.B., dazu Katzen, die eine große Bedrohung für die heimische Tierwelt waren, Kaninchen und Hasen. Sie hielten das für sinnvoll. Als sie dann erkennen mussten, dass Kaninchen ihr Weideland untertunnelten und dass ihr Vieh in Kaninchenbauten einbrach, brachten sie Hermeline, Frettchen und Wiesel ins Land, um die – von ihnen 3 eingeführten – Kaninchen wieder zu dezimieren. [Sie führten also weitere Schädlinge ein, die bereits verbreitete Schädlinge bekämpfen sollten. Das gelang aber nicht gut, denn tatsächlich brachten diese räuberischen Säugetiere einen Teil unserer endemischen Vogelarten an den Rand des Aussterbens und darüber hinaus.] Um 1840 wurde obendrein der Fuchskusu, Possum genannt, aus Australien eingeführt – als lohnende Jagdbeute wegen seines dichten Fells. Besonders die Possums haben sich explosionsartig vermehrt und unsere heimische Tierwelt zerstört. AT 02: im Nationalmuseum Te Papa (die Geschichte wird auf Englisch erzählt) Erzählerin: Im Nationalmuseum "Te Papa" in Neuseelands Hauptstadt Wellington erfahren Besucher, dass die Inselgruppe bis vor rund 80 Millionen Jahren Teil des Superkontinents Gondwana war, zusammen mit Australien, der Antarktis, Indien, Afrika und Südamerika. Als Gondwana auseinanderbrach, drifteten die Landmassen mit ihren pflanzlichen und tierischen Bewohnern über die Erdoberfläche, angetrieben von riesigen Magmaströmen im Erdinneren. Durch diese Kontinentaldrift „wanderte“ Neuseeland nach Südosten, bis auf seine derzeitige Position, isoliert im Südpazifik, 2.000 Kilometer östlich von Australien. Flora und Fauna des neuseeländischen Archipels entwickelten sich eigenständig weiter, auch wenn immer wieder Pflanzensamen und Vögel aus anderen Regionen, getrieben von Wind und Meeresströmungen, auf die Inseln gelangten. Säugetiere gab es – außer einer kleinen Fledermausart und Seehunden an den Küsten – keine in Neuseeland. Paläontologen haben dort zwar Fossilien heimischer Kleinsäuger gefunden, doch die waren längst ausgestorben, bevor Menschen die Inseln erreichten. Im Laufe von Millionen von Jahren konnten sich so, unbedroht von Raubtieren, z.B. Vogelarten entwickeln, die klangvolle Namen auf Maori tragen: Kiwi, Takahe, Kakapo, Hihi, Kereru. Viele dieser Arten können nicht fliegen, leben am Boden und brüten dort auch ihre Eier aus. Das macht sie zur leichten Beute für Ratten und andere Kleinsäuger. OT 05: Mick Clout (Everyone knows about … for 20 y now.) Übersetzer: Der klassische neuseeländische Vogel, den vermutlich viele kennen, ist der Kakapo, der größte – und mit bis zu vier Kilogramm Gewicht – auch der schwerste Papagei der Welt. Er kann nicht fliegen und ist nachtaktiv, ein sehr seltsamer Vogel, charismatisch und einfach großartig. Ich unterstütze seit 20 Jahren ein Rettungsprogramm für Kakapos. Erzählerin: Mick Clout glaubt, dass sich das Sterben der neuseeländischen Arten aufhalten lässt. Er hat 2013 mit anderen engagierten Bürgern eine gemeinnützige Stiftung gegründet: "Predator-free NZ 2040 – Raubtierfreies Neuseeland bis zum Jahr 2040". Umweltbehörden des Inselstaates unterstützen freiwillige Helfer bei ihren Artenschutzbemühungen im ganzen Land, Geschäftsleute und Landbesitzer 4 beteiligen sich, Universitäten arbeiten mit privaten Naturparkbetreibern zusammen, über die Internet-Plattform "Predator-free NZ" wird jeder Neuseeländer aufgerufen mitzuhelfen. AT 04: Zealandia Erzählerin: Das Gezwitscher im Vogelschutzpark Zealandia in der Hauptstadt Wellington ist ohrenbetäubend – doch es tönt aus Lautsprechern, wie schon die Kiwi-Rufe zu Beginn der Sendung. Ein Film zeigt die Animation eines längst ausgestorbenen Moa, drei Meter hoch, knapp 300 Kilogramm schwer, mit gefährlichen Krallen. Ein flugunfähiger Riesenvogel mit langem Hals und winzigem Kopf, größer noch als ein Vogel Strauß, der zur Jagdbeute der Maoris wurde und verschwand. Insgesamt neun Unterarten des Moa lebten einst in den Wäldern Neuseelands, selbst die Kleinwüchsigeren dieser Arten waren noch so groß wie Truthähne. AT 05: in Zealandia, draußen Erzählerin: Ein Vogel ruft auffallend laut und kraftvoll im Wald. Das sei ein Tui, sagt Rangerin Kathlyn Kelly, ein Vogel aus der Familie der Honigfresser; der neuseeländische Vogel des Jahrs 2005, nach dem auch eine heimische Biermarke benannt ist. OT 08: Kathlyn (Before Zealandia was ... and cell phone rings.) Übersetzerin: Bevor Zealandia eingezäunt wurde und Possums und Ratten ferngehalten werden konnten, gab es nur sechs Tui-Brutpaare in Wellington. Heute ist der Vogel der häufigste in der Stadt. Tuis ernähren sich von Nektar, Früchten und Insekten. Sie haben ein wunderbar dezentes, schwarz wirkendes Federkleid, das in der Sonne grünlich und bläulich schimmert, mit einem weißen Federbüschel an der Kehle, wie ein Pastor. Außerdem haben sie einen doppelten Kehlkopf. Damit erzeugen sie eindrucksvolle Töne – und sie können sogar sprechen, wenn sie trainiert werden. Die Vögel sind mittlerweile so häufig in der Stadt, dass sie angefangen haben, Feuerwehr- und Polizeisirenen nachzuahmen und das Klingeln von Mobiltelefonen. AT 06: Tui im Wald Erzählerin: Jeder Tui singt anders. Ihre Melodien setzen sich aber meist aus glockenähnlichen Klängen, Klick- und Pfeiflauten zusammen. AT 06: im Wald 5 Erzählerin: ["Zealandia" war das erste von mittlerweile sechs privaten Schutzgebieten in Neuseeland. Sie sind auf freiwillige Helfer angewiesen und finanzieren sich durch Eintrittsgelder und Spenden. "Zealandia" wurde auf dem Areal eines ehemaligen Wasserreservoirs von Wellington angelegt. Das tief eingeschnittene Tal mit Stauseen und Moorgebieten ist elf Kilometer lang und etwa einen Kilometer breit.] Zur Fütterung zeigen sich zwei Takahe den Besuchern, mit ihrem leuchtend blaugrünen Gefieder, kräftigen roten Schnäbeln und roten Fängen mit langen Krallen – eine Art bodenbrütendes Moorhuhn, das nicht fliegen kann und daher besonders gefährdet ist. Takahe-Hennen brüten nur einmal im Jahr ein oder höchstens zwei Eier aus. Die Sterblichkeitsrate ihrer Küken sei hoch, erzählt Kathlyn Kelly: OT 09: Kathlyn (The Takahe was … on Mana Island.) Übersetzerin: Man dachte, die Takahe seien längst ausgestorben, bis in den späten 40er-Jahren eine Handvoll von ihnen auf der Südinsel Neuseelands wieder entdeckt wurde. Überall sonst hatten Hermeline und Ratten die Laufvögel getötet. Dann wurde ein umfangreiches Rettungsprogramm gestartet. Die Takahe wurden auf isolierte Inseln vor der Küste gebracht, ihre Eier wurden bei idealen Temperaturen in Brutkästen ausgebrütet und die Küken per Hand aufgezogen, bis sie in den Bergen wieder ausgewildert werden konnten. Heute gibt es wieder bis zu 250 Takahe. Wir haben Glück: Puffin und Hito hier sind ein älteres Paar, 21 Jahre alt, das seine Brutphase hinter sich hat. Sie wurden von der Insel Mana zu uns nach Zealandia gebracht und haben so einem jüngeren Takahepaar das Territorium und den Brutplatz dort überlassen. Erzählerin: Der Takahe bleibt ein Sorgenkind für Naturschützer. Wie auch der Kiwi, der Nationalvogel Neuseelands, der im Park "Zealandia" eine Erdhöhle bewohnt. Die größte Unterart ist mit 65 Zentimetern Länge der braune Kiwi. Der nachtaktive, gedrungene Vogel, dessen haarfeines Gefieder wie ein Fell scheint, sucht auf dem Waldboden nach Sämereien und Beeren. Dabei helfen ihm sein hervorragender Geruchssinn – und sein langer Schnabel, mit dem er auch diese seltsamen Töne von sich geben kann. AT 07: Kiwi vom Band Erzählerin: Kiwis sehen schlecht, hören aber sehr gut. Die Schnepfenstrauße wie sie im Deutschen heißen, haben keinen sichtbaren Schwanz und – als Laufvögel – nur verkümmerte Flügel. Erwachsene Tiere können sich mit ihren kräftigen Beinen und scharfen Krallen aber gegen Fressfeinde wie Hermeline wehren. AT 01: im Wald 6 Erzählerin: Ganz anders der dritte große Vogel Neuseelands, der auch auf dem Boden brütet und nicht fliegen kann: der Kakapo. Mick Clout, der Ökologieprofessor aus Auckland, ist Vorsitzender einer aufwändigen Kakapo-Rettungskampagne. Nur auf drei kleinen Inseln im Süden Neuseelands, die weit genug von den Küsten entfernt liegen, können die vom Aussterben bedrohten Lauf-Papageien bisher vor räuberischen Säugetieren geschützt werden. OT 10: Mick Clout (They are no breeding ... radio transmitters on.) Übersetzer: Auf den beiden Hauptinseln Neuseelands gibt es keinen brütenden Kakapo mehr, wir konnten nur ein oder zwei alte männliche Tiere in Fjordland auf der Südinsel retten. Kakapos bauen ihre Nester in einem Erdloch und haben einen strengen Körpergeruch. Deshalb sind sie für Fressfeinde wie Hermeline leicht zu finden. Besonders weibliche Tiere sind gefährdet. Derzeit gibt es nur noch 125 Kakapos auf der Welt. Wir haben ihnen allen Namen gegeben und sie tragen Ortungssender. Erzählerin: Die Inseln im Süden Neuseelands, auf denen Kakapos Zuflucht fanden, sind gesperrt für die Öffentlichkeit. Dieser ungewöhnliche Papagei hat ein grünbraunes Gefieder, ist so groß wie ein Fasan und ihm werden die Flugeigenschaften eines Ziegelsteins nachgesagt, wenn er sich von einem Baum, auf den er mit seinem kräftigen Fängen geklettert ist, einfach herunterfallen lässt. Dazu kommt sein ungewöhnliches Balzverhalten. OT 11: Mick Clout (The males will ... could not do like that.) Übersetzer: Die männlichen Kakapos versammeln sich und beginnen zu röhren. Weibliche Tiere suchen sich dann die aus, die am lautesten röhren. Ich kann das mal nachmachen (macht nach). Doch die Vögel können noch viel lauter werden. Sie quäken und schreien dazu, aber das kann ich leider nicht imitieren. Erzählerin: Kakapos balzen nur, wenn neuseeländische Harzeiben, bis zu 50 Meter hohe Bäume, die die Maori Rimu nennen, ausreichend Früchte tragen. Tatsächlich können sich die Lauf-Papageien ohne Eile fortpflanzen, denn sie werden mehr als 100 Jahre alt. AT 10: Crofton Down, unter Erzählerin Erzählerin: Unterwegs mit Kelvin Hastie in einem kleinen Stück Urwald in Crofton Down, dem Stadtteil von Wellington, der zur ersten raubtierfreien Gemeinde Neuseelands erklärt wurde. Feiner Sprühregen hängt in der Luft. Der steile Pfad ist aufgeweicht und rutschig. Luftwurzeln versperren den Weg. Bei jedem Schritt muss man aufpassen, 7 nicht über Unterholz zu stolpern. Aus einer Baumhöhle zwängt sich ein flugfähiger Kaka-Papagei, ein braunes Federknäuel mit kräftigem Schnabel – nicht zu verwechseln mit dem Laufvogel Kakapo. OT 12: Kelvin (We are just there ... chicks warm.) Übersetzer: Wir sehen hier, wie die Kaka-Mutter aus ihrer Bruthöhle kommt. Sie sieht schläfrig aus. Ist ja auch etwas kalt heute. Sie hält da drinnen ihre Küken warm. Erzählerin: Auch Kaka-Papageien kommen nur in Neuseeland vor, mit jeweils einer Unterart auf der Nord- und der Südinsel. Sie ernähren sich von Nektar, Früchten und Insekten, die sie mit ihrem kräftigen Schnabel aus Baumrinden picken. Ihr Bestand ist vor allem durch die explosionsartige Zunahme Europäischer Wespen gefährdet, die ihnen die Nahrungsgrundlage wegfressen. Die Küken der grün-rötlich gefiederten Kakas sind direkt nach dem Schlüpfen am meisten gefährdet, erzählt Kelvin Hastie: OT 14: Kelvin (When the Kaka baby ... chance of survival.) Übersetzer: Eine Woche lang lernen die Küken auf dem Waldboden klettern und fliegen. Während dieser Zeit bitten wir Hundebesitzer, dass sie ihre Tiere an der Leine führen, und wer eine Katze hat, sollte sie nachts möglichst im Hause halten, damit die Küken eine größere Überlebenschance haben. Erzählerin: Tagsüber werden im Wald Wachen aufgestellt, die das Flüggewerden der kleinen Kakas beaufsichtigen. Ratten und andere Räuber haben in Crofton Down ohnehin keine Chance mehr. OT 15: Kelvin (If you have ... local bird population.) Übersetzer: 200 Familien fangen Ratten in ihren Gärten – und wir haben zusätzliche überall im Wald Fallen aufgestellt. Fast alle in der Gemeinde beteiligen sich. Sie schauen jeden Tag nach, ob etwas gefangen wurde. Die Kombination vom Bewachen der Küken im Wald und dem Kontrollieren der Fallen hat unseren heimischen Vögeln geholfen. Erzählerin: Kelvins Nachbar Toby Green ist von Anfang an dabei gewesen. Mitunter greift er auch zu drastischen Methoden, um Tierhalter zu warnen. Er holt sein Handy aus der Jackentasche und zeigt ein Video. 8 OT 16: Toby (We are talking ... size of the rats.) Übersetzer: Ich habe mit Nachbarn über die Ratte gesprochen, die wir in einer Falle gefunden haben und ihnen dieses Video gezeigt. Zukünftig wollen sie ihre Katze nachts im Haus halten, weil sie die Größe dieser Ratte wirklich besorgt hat. Erzählerin: Die tote Ratte auf dem Video hat rotbraunes Fell und ist 35 cm lang. [Toby betont, dass auch er Katzen liebt, aber mit dieser Nachricht will er erreichen, dass Katzenhalter ihre Lieblinge unter Kontrolle halten, wie es bei Hunden längst gesetzlich vorgeschrieben ist.] Wie man mit räuberischen Haustieren umgehen soll, dieses hochemotionale Thema bleibt erst einmal ausgeklammert. Das Programm "Raubtierfreies Neuseeland" hat schon genug Gegner, sagt Darren van Hoof. Er leitet das Unterrichtsprogramm im Park Zealandia. OT 17: Darren (I think the big ... in the middle either.) Übersetzer: Ich denke, im Moment ist die Bevölkerung gespalten. Besonders auf der Südinsel mit vielen sehr entlegenen Gebieten können wir Schädlinge nicht mit Fallen fangen. Wir müssen Köder mit dem Gift Natriumfluoracetat, kurz "1080" genannt, aus der Luft streuen. Farmer und Jäger sind strikt dagegen – wir Naturschützer sind dafür. Wenn wir das nicht tun, werden wir zukünftig etwa 60 heimische Tierarten verlieren, auch den Nationalvogel Kiwi. Aber der Einsatz von Natriumfluoracetat wird in den Medien und auf Facebook kontrovers diskutiert. Das lässt kaum jemanden kalt. AT 11: Arthur's Pass Wald Erzählerin: Unterwegs im Arthur's-Pass-Nationalpark auf der Südinsel Neuseelands, in mehr als 1.000 Metern Höhe. Ein Spazierweg führt an Südbuchen vorbei, deren Stämme und Äste in dem meist starken Wind hier so krumm und schief gewachsen sind, das sie aussehen wie eine Armee von Invaliden, die sich tapfer gegen das raue Klima verteidigt. Judy Charles, 76 Jahre alt, ist im Dorf Arthur's Pass zu Hause und war einige Jahre Vorsitzende des örtlichen Umweltschutzvereins. Es sei eine tägliche Gewohnheit, die Tierfallen am Weg zu kontrollieren, sagt sie. [Bunte Dreiecke an den Baumstämmen zeigen die Richtung an, in denen sie aufgestellt wurden. Gefragt nach Einsatz von Natriumfluoracetat winkt Judy Charles ab. Dazu möchte sie nicht in ein Mikrofon sprechen.] OT 18: Judy Charles (Mainly we trap ... That sounds good.) Übersetzerin: Wir fangen die schädlichen Säugetiere hauptsächlich mit Fallen. Wir schützen so den grau gemusterten Kiwi. Wir haben die Vögel mit speziell dafür ausgebildeten Hunden 9 gestellt und winzige Mikrofone mit Sendern an ihnen befestigt. So konnten wir ihre Rufe hören und fanden heraus, wie sie sich verhalten und wann sie brüten. Als ihre Küken groß waren, nahmen wir ihnen die Sender wieder ab und jetzt konzentrieren wir uns wieder auf das Kontrollieren der Fallen. Zwölf Brutpaare leben in einem entlegenen Tal hier. Ich denke, es geht ihnen gut. Wir hören sie nachts rufen. Und das hört sich schön an. AT 11: Arthur's Pass Erzählerin: Ein Drittel Neuseelands steht unter Naturschutz, zumeist Gebiete, die nicht für die Landwirtschaft taugen. Zwei Drittel des Inselstaates werden intensiv genutzt. 34 Millionen Schafe weiden auf dem Archipel und ähnlich viele Rinder. Neuseeland ist einer der weltgrößten Produzenten von Milchpulver, das nach China und Afrika exportiert wird. Unterwegs in ländlichen Regionen sieht man immer wieder Plakate von Tierschützern, auf denen steht: "1080 kills everything." – "Natriumfluoracetat tötet alles". Neuseeland verbraucht tatsächlich vier Fünftel der weltweiten Produktion dieses biologisch abbaubaren Giftes. [Seit Ende der Fünfzigerjahre schon wird Natriumfluoracetat dort großflächig eingesetzt, vor allem um die bis zu 70 Millionen Possums zu dezimieren, die als größte Bedrohung für die biologische Vielfalt Neuseelands gelten.] Doch der Jahrzehnte lange Abwurf giftiger Köder aus der Luft führt bis heute zu erbitterten Diskussionen. Naturschützer sind gewöhnlich für den Einsatz des Giftes, und viele Viehzüchter unterstützen sie darin, weil Possums zur Verbreitung von Rinder-TBC beitragen. Jäger und Tierschutzaktivisten sind meist gegen den Einsatz und warnen u.a. vor Vergiftung der Trinkwasservorkommen. Der Primärwald im Arthur's Pass Nationalpark steht seit fast 90 Jahren unter strengem Naturschutz. Auf den mehr als 1.000 Quadratkilometern alpiner Wildnis können räuberische Säugetiere nicht nur mit Hilfe von Fallen gefangen werden, meint Ranger Chris Stuart. OT 19: Chris Stuart (Without using ... all the higher?) Übersetzer: Ohne den Einsatz von Natriumfluoracetat würden wir unseren Wald und die Tiere verlieren. Wir versuchen, das den Leuten klar zu machen, aber manche wollen davon nichts wissen. Das Gift wurde von den neuseeländischen Umweltschutzbehörden genehmigt und alle, die dort etwas zu sagen haben, unterstützen den Einsatz. Erzählerin: Die leuchtend grünen Giftköder von der Größe eines Zigarettenfilters werden nur in entlegenen, unbewohnten Schutzgebieten aus der Luft ausgebracht. Je mehr Freiwillige Fallen kontrollieren, desto kleinere Mengen des Giftes werden benötigt. Der Ökologieprofessor Mick Clout setzt sowohl Fallen als auch Gift ein, um sein privates Stück Wildnis zu schützen. 10 OT 20: Mick Clout (For about 20 ... completely predator free.) Übersetzer: Seit ungefähr 20 Jahren sorge ich dafür, dass sich hier keine Possums und Ratten ansiedeln, aber sie versuchen es natürlich immer wieder. Ich habe Fallen aufgestellt, wie die, neben der wir stehen, die Possums schnell töten. Wir legen auch Gift aus, das die Possums fressen – und dann verenden sie. Mein Wald hier ist nur ein kleines Beispiel für viele noch eher ursprüngliche Wälder im ganzen Land. Damit Possums und Ratten nicht immer wieder eindringen können, müssten wir die Urwaldstücke miteinander verbinden. Dies ist nur ein kleiner Mikrokosmos und ein Beispiel dafür, was Umweltschützer im ganzen Land versuchen. Ich würde mir wünschen, dass Neuseeland komplett frei wird von räuberischen Tieren. Erzählerin: Auch in Deutschland bedrohen invasive Arten heimische Ökosysteme. Bodenbrütende Großtrappen z.B., die mit bis zu 15 Kilogramm Gewicht zu den schwersten flugfähigen Vögeln der Welt zählen, sind nur noch im dünn besiedelten westlichen Brandenburg zu finden. Zäune schützen ihre Gelege vor eingeschleppten nordamerikanischen Waschbären und sibirischen Marderhunden, aber auch vor heimischen Füchsen und Mardern. Deutschland ist aber keine isolierte Insel, deshalb sind Aktionen wie in Neuseeland hier nicht durchführbar. Das neuseeländische Archipel dagegen könnte eines Tages wieder frei von räuberischen Säugetieren sein, so hoffen Mick Clout und seine Mitstreiter. So wie es einst vor der Ankunft der Menschen auf diesen entlegenen Inseln war. ***** 11